Protocol of the Session on June 5, 2013

Bevor wir offiziell mit der Tagesordnung beginnen, gratuliere ich - nicht minder offiziell - dem Finanzminister Helmuth Markov zu seinem heutigen Geburtstag. Viel Spaß bei dieser Geburtstagsfeier!

(Beifall)

Ich darf Sie darüber informieren, dass der Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes, Drucksache 5/6236, durch die Einreicher zurückgezogen wurde. Ferner wurde der Antrag unter dem Titel „Verantwortung der Landesregierung für eine Stabilisierung und Verringerung der Strompreise in Brandenburg“ - offenbar mangels Zuständigkeit der Landesregierung - durch den Antragsteller zurückgezogen.

Gibt es zu dem vorliegenden Entwurf der Tagesordnung Bemerkungen? - Bitte sehr, Herr Bischoff.

Herr Präsident, ich beantrage im Namen aller fünf Parlamentarischen Geschäftsführer, die Tagesordnungspunkte 9 und 10 der heutigen Sitzung in Verbindung zu beraten, das heißt zusammenzulegen, und pro Fraktion 10 Minuten Redezeit vorzusehen. Die Begründung ist, dass beide Tagesordnungspunkte inhaltlich die gleiche Zielrichtung verfolgen.

Das ist in Ordnung. Es handelt sich um die Flughafenthematik; daher gehören beide Punkte zusammen. Wir haben in dem Zusammenhang auch zwei namentliche Abstimmungen zu absolvieren.

Wenn es Einverständnis mit der Zusammenlegung der beiden Tagesordnungspunkte gibt, bitte ich um Ihre Zustimmung. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Sie sind mit der Zusammenlegung einverstanden.

Jetzt stimmen wir über die gesamte Tagesordnung ab. Wer ihr zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Stimmenthaltungen? - Gegenstimmen? - Beides ist nicht der Fall. Die Tagesordnung ist mit der beschlossenen Änderung bestätigt.

Ich habe Ihnen mitzuteilen, dass Herr Minister Baaske ab 16 Uhr von Frau Ministerin Kunst und Herr Minister Schöneburg von 10 bis 12 Uhr von Frau Ministerin Tack vertreten werden. Herr Minister Woidke ist ganztägig im Hochwassereinsatz.

Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 1:

Aktuelle Stunde

Thema: Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg - Die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung steht im Mittelpunkt

Antrag der Fraktion der SPD

Drucksache 5/7341

Ferner liegt Ihnen ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen in der Drucksache 5/7372 vor.

Wir beginnen die Debatte mit dem Beitrag der SPD-Fraktion. Die Abgeordnete Lehmann spricht zu uns.

Bevor Frau Lehmann am Rednerpult ist, darf ich die Gelegenheit nutzen, Landfrauen aus Radewege als unsere Gäste zu begrüßen.

(Allgemeiner Beifall)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gesundheit als Wirtschafts- und Standortfaktor mit den Feldern Gesundheitsversorgung, Gesundheitswirtschaft und Gesundheitswissenschaft verspricht positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und ist geeignet, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Berlin und Brandenburg haben das in den Jahren 2004 bzw. 2006 jeweils für ihre Region erkannt und ihre Politik entsprechend ausgerichtet. Damit wurde in beiden Ländern der Paradigmenwechsel vom Kostenfaktor Gesundheit zur Zukunftsbranche Gesundheit vollzogen.

Der Weg zum Masterplan „Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg“ war nur noch ein kleiner Schritt und wurde Ende November 2007 von beiden Regierungen beschlossen. Der Masterplan „Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg“ bietet bis heute als deutschlandweit einziger Masterplan eine länderübergreifende Strategie zur Weiterentwicklung der Gesundheitswirtschaft.

Berlin-Brandenburg ist in besonderem Maße durch die Gesundheitswirtschaft geprägt. Allein 14 % aller Erwerbstätigen arbeiten in diesem Bereich. Die Gesundheitswirtschaft leistet damit im Vergleich zu anderen Regionen den höchsten Beitrag zur regionalen Erwerbstätigkeit. Besonders personalintensiv sind die stationäre und die ambulante Versorgung sowie die Altenhilfe.

Die Berlin-Brandenburger Gesundheitswirtschaft zeichnete sich in den vergangenen Jahren durch ein überdurchschnittliches Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum aus. Das Beschäftigungswachstum in der Gesundheitswirtschaft in den vergangenen vier Jahren lag mit einem Plus von etwa 8 % deutlich über

dem in der Gesamtwirtschaft von etwa 4 %. Treiber des Zuwachses waren die stationäre und die ambulante Altenhilfe sowie die ambulante Versorgung in Gänze. Aber auch im Krankenhausbereich und in der pharmazeutischen Industrie gab es Zuwächse.

In Zukunft wird nicht nur aufgrund des demografischen Wandels, sondern auch aufgrund eines gesteigerten Gesundheitsbewusstseins die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen aus dem Gesundheitsbereich und für die Gesundheit weiter zunehmen. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, müssen gegenwärtige Rahmenbedingungen auf den Prüfstand gestellt werden.

Der Masterplan „Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg“ wird derzeit fortgeschrieben. Dem ging eine Evaluierung durch das Institut Arbeit und Technik der Fachhochschule Gelsenkirchen voraus. Mit der Fortschreibung des Masterplans sollen die bisher zwölf Handlungsfelder gebündelt und stärker professionalisiert werden. Die vier neuen Handlungsfelder umfassen die Biotechnologie und den Pharmabereich, die Medizintechnik, neue Versorgungsformen und Rehabilitation sowie Prävention, Gesundheitsförderung und Gesundheitstourismus. Darüber hinaus werden Themenfelder benannt, die für alle vier Handlungsfelder Relevanz haben und für die weitere Entwicklung der Gesundheitswirtschaft eine bedeutende Rolle spielen. Es sind dies die Themen Fachkräfte, Ansiedlung, Bestandsentwicklung, Internationalisierung, Telemedizin und alternde Gesellschaft.

Bei der Fortschreibung des Masterplans „Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg“ ist uns vor allem die Feststellung wichtig, dass die Gesundheitswirtschaft eine besondere Branche ist und dass neben den wichtigen Zielen des Wirtschafts- und des Beschäftigungswachstums auch immer die Gesundheitsversorgung der Menschen zur Erhöhung ihrer Lebensqualität im Mittelpunkt stehen muss.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Bei der Weiterentwicklung der regionalen Gesundheitswirtschaft treffen somit immer sozial- und wirtschaftspolitische Aspekte zusammen. Ganz bewusst haben wir in unseren beiden Anträgen - in dem Antrag zur Aktuellen Stunde und im Entschließungsantrag - die Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg und die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung in einen Kontext gestellt. Darüber hinaus ist es uns wichtig, dass sich unsere gesundheitspolitischen Ansätze in den Handlungsfeldern des Masterplans wiederfinden, weil wir damit breit aufgestellt sind und mit den Akteuren an der Umsetzung arbeiten können.

Eine wichtige Säule der Gesundheitsversorgung sind die Krankenhäuser und die Tageskliniken. Mit der Fortschreibung des Dritten Krankenhausplans konnten wir alle 52 Krankenhäuser an den 62 Standorten erhalten. In den nächsten fünf Jahren wird es aber darum gehen, die Krankenhäuser - vor allem die in den ländlichen Regionen - zu Ankern der gesundheitlichen Versorgung weiterzuentwickeln. Hierzu bedarf es innovativer Ideen und Lösungen. Neue Wege müssen gesucht und beschritten werden. Sektoren- und fächerübergreifende Versorgungsformen zur Sicherung der gesundheitlichen Versorgung und zur optimalen Nutzung vorhandener Ressourcen sind ebenso gefragt wie eine verstärkte Zusammenarbeit von Ärztinnen und Ärzten mit den im Pflegebereich Tätigen. Mit dem Handlungsfeld „Neue Versorgungsformen“ reagiert der Masterplan auf

diese neuen Herausforderungen und ist damit für uns Brandenburger besonders wichtig.

Neue Versorgungsformen sind aber auch im ambulanten Bereich erforderlich. Das Institut Arbeit und Technik der Fachhochschule Gelsenkirchen hat in seinem Evaluationsbericht dazu unter anderem ausgeführt:

„Nicht zuletzt hat sich das Land Brandenburg mit der Strategie zur ‚Künftigen Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung in Brandenburg‘ … und der Erprobung des Projektes ‚AGnES‘ … sowie der Initiative ‚Innovative Gesundheitsversorgung in Brandenburg‘ …, die die flächendeckende Einführung von AGnES-Zwei vorangebracht hat, auch als Trendsetter neuer innovativer Versorgungsmodelle gezeigt.“

Innerhalb des Masterplans werden wir uns wohl bei der Aufnahme des Handlungsfeldes „Neue Versorgungsformen“ gegenseitig ergänzen und voneinander gut profitieren können. Fachkräfte und alternde Gesellschaft sind zwei Themenfelder, die neu aufgenommen werden sollten. Sie tangieren Brandenburg direkt und unmittelbar. Bei dem Themenfeld Fachkräfte geht es nicht nur um deren Gewinnung, sondern auch um den Erhalt der Arbeitskraft durch optimierte Arbeits- und Lebensbedingungen. Natürlich ist die alternde Gesellschaft in der Fortschreibung des Masterplans in besonderer Weise zu berücksichtigen. Durch die zielgruppenorientierte Entwicklung von altersbezogenen Technologien eröffnet sie der Wirtschaft neue Chancen. Betreuung und Pflege älterer Menschen werden jedoch personalintensiv bleiben. Nicht alles kann hier durch bzw. mit Technik ersetzt werden. Die Komplexität in der Pflege, aber auch der Wunsch nach menschlichen Kontakten setzt dem Einsatz von Technik in diesem Bereich sehr schnell Grenzen.

Mitten in den Gesprächen zur Fortschreibung des Masterplans „Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg“ kündigt die Charité alle Verträge mit den Lehrkrankenhäusern - wohlgemerkt: Sie kündigt alle Verträge mit allen Krankenhäusern, auch mit den Berliner Krankenhäusern. Ein „tolles“ Timing und eine „tolle“ Öffentlichkeitsarbeit! Die Charité hat sich damit einen Bärendienst erwiesen. Wie schon öfter in den letzten Monaten hatte sie auch in diesem Fall kein gutes Händchen.

Unsere politische Forderung an dieser Stelle ist klar: Innerhalb der Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg muss und wird es auch in der Perspektive elf Lehrkrankenhäuser geben, und das natürlich ohne Wenn und Aber, ohne jegliche Bedingungen in Richtung Patientenversorgung oder gar für die inhaltliche Ausrichtung unserer Häuser.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wichtig ist für uns auch, an der bisherigen gemeinsamen Linie mit Berlin festzuhalten, in Brandenburg für beide Länder bedarfsgerecht Rehabilitationseinrichtungen vorzuhalten. Hochleistungsmedizin in Berlin, Rehabilitation in Brandenburg - das ist, wie wir finden, eine gute, plausible Arbeitsteilung, die beiden Ländern auch eine entsprechende Entwicklungsperspektive eröffnet: Hochleistungsmedizin in Verbindung mit Wissenschaft und Forschung in Berlin, Reha- und Gesundheitstourismus einschließlich Prävention in Brandenburg. Die gemeinsame Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg eröffnet uns also

viele Chancen. Andere Regionen beneiden uns um diese länderübergreifende strategische Ausrichtung.

Mit der Fortschreibung des Masterplans stellt sich die Gesundheitsregion für die Zukunft neu auf. Dieser Prozess muss politisch begleitet werden. Die Gesundheitsregion benötigt letztlich auch ein politisches Bekenntnis. Die Aktuelle Stunde heute wird dem gerecht. Unser Entschließungsantrag setzt politische Akzente für Brandenburg. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Es spricht der Abgeordnete Schierack.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Abgeordnete! Liebe Frau Lehmann, ich habe tatsächlich geglaubt, Sie sagen heute etwas Neues, was die Aktuelle Stunde gerechtfertigt hätte. Stattdessen höre ich wieder Allgemeinplätze, die Sie hier verbreiten.

(Beifall CDU und FDP)

Es ist schade um die Zeit; denn immerhin ist es heute die vierte Aktuelle Stunde in dieser Legislaturperiode, in der wir in diesem Landtag über die gesundheitliche Versorgung und die Gesundheitsregion diskutieren. Vier Aktuelle Stunden in vier Jahren - ich darf Sie höflich fragen, was es letzten Endes für die Menschen in ihrem Umfeld gebracht hat. Gibt es im Land Brandenburg, in den Praxen in den Regionen mehr Ärzte? Ist die Wartezeit reduziert worden? Das interessiert unsere Menschen. Findet jeder Mensch in Brandenburg in einer angemessenen Zeit den Facharzt, den er wünscht? Sind die Krankenhäuser für die Zukunft ordentlich ausfinanziert, oder was sind die neuen Strukturen für die Zukunft, von denen Sie gesprochen haben? - Das wären die richtigen Fragen gewesen, die Sie heute hätten stellen können und auf die Sie eine Antwort hätten geben müssen, meine Damen und Herren!

(Beifall CDU und FDP)

Frau Lehmann, Sie schreiben etwas, was selbstverständlich ist: Die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung steht im Mittelpunkt. - Man könnte meinen, dass das bei Ihnen früher nicht so gewesen ist. Ich kann Sie aber verstehen; denn so wenig Gesundheitspolitik wie in den letzten vier Jahren unter Frau Tack gab es in diesem Land noch nie.

(Beifall CDU und FDP)

Wenn ich das so höre, dann frage ich mich ernsthaft, worin die fachliche Kompetenz von Frau Tack besteht.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Kommen Sie zur Sa- che! - Frau Lehmann [SPD]: Werden Sie nicht persönlich!)

Ich will deutlich sagen, die Ministerin und auch die Staatssekretärin waren noch nie so weit entfernt vom Gesundheitsfach wie derzeit.

(Frau Lehmann [SPD]: Peinlich! Absolut peinlich!)