Nils Wiechmann

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Last Statements

Liebe Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesen Tagen besucht der UNSonderberichterstatter für das Recht auf Bildung, Herr Munoz, Deutschland. Er kommt nicht zu einem Routinebesuch, wie es uns die Bundesbildungsministerin gern weismachen möchte, sondern er kommt, um das große Problem der mangelnden Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit im deutschen Schulsystem besonders für Kinder mit Migrationshintergrund und aus sozial benachteiligten Familien zu untersuchen. Dieser Besuch des UN-Sonderberichterstatters ist eine Bankrotterklärung für all diejenigen, die aus PISA nichts gelernt haben und die immer noch die Dreigliedrigkeit des deutschen Schulsystems wie eine Monstranz vor sich hertragen.
Meine Damen und Herren, es ist ein Skandal, dass, wer aus ärmeren Verhältnissen oder aus einer Migrantenfamilie stammt, auch bei uns in Rheinland-Pfalz mehr als viermal schlechtere Karten hat, einen höheren Schulabschluss zu erreichen als Kinder aus reichen Elternhäusern.
Meine Damen und Herren, zur gleichen Zeit gibt es wieder einmal Streit in dieser Landesregierung, weil die FDP – das auch nicht zum ersten Mal – versucht, mit ideologischen Argumenten eine solche falsche und ungerechte Bildungspolitik immer noch weiter zu zementieren.
Meine Damen und Herren, die Übergangsempfehlungen der Grundschulen zum Besuch der weiterführenden Schulen sind im gegliederten Schulwesen eine zentrale Schaltstelle für die Verteilung von Bildungs- und Lebenschancen. Der FDP-Fraktionsvorsitzende, Herr Kuhn, und seine Partei halten es für falsch, dass Eltern wie bisher über die Schullaufbahn ihrer Kinder entscheiden können.
Er – Herr Kuhn – mutmaßt, dass ein solches Modell am Ende auf eine Gesamtschule für alle hinauslaufen würde. Dabei hat eine aktuelle Studie der Universität Duisburg-Essen zur Zuverlässigkeit der Übergangsempfehlungen der Grundschulen eindeutig erwiesen, dass das Risiko, aufgrund einer falschen Grundschulempfehlung einer nicht geeigneten Schulart zugewiesen zu werden, um ein Vielfaches höher ist als aufgrund angeblich übersteigerter Bildungsansprüche der Eltern.
Ich will zur Verdeutlichung nur eine Zahl aus dieser Studie zitieren: Das relative Risiko für Realschüler, einer falschen Schulform zugewiesen zu werden, ist aufgrund einer unzutreffenden Schullaufbahnempfehlung rund vierundzwanzigmal höher als aufgrund angeblich überhöhter elterlicher Bildungsansprüche.
Das hat sehr wohl etwas zu sagen, Herr Kollege Creutzmann.
Meine Damen und Herren, trotz eindringlicher Warnungen vieler Experten davor, der Schullaufbahnempfehlung nach der Grundschule ein höheres oder gar entscheidendes Gewicht beizumessen, will die FDP diese Empfehlung nach der vierten Klasse verbindlich machen.
Sie will somit das Elternrecht auf Entscheidung über die Schullaufbahn ihrer Kinder beschneiden. Das werden wir vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht zulassen. Wir stehen dabei ganz eng an der Seite der Eltern, vor allem, weil es uns um die Interessen der Kinder geht und
nicht um eine rein ideologisch begründete Bildungspolitik aus der Mottenkiste.
Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass sich die Schullaufbahnempfehlungen in der Praxis laut dieser eben schon zitierten Studie häufig an sozialen Kriterien, wie zum Beispiel am Bildungsniveau der Elternhäuser, orientieren.
Sie wirken damit auch noch verstärkt sozial selektiv in unserem sowieso schon sehr sozial selektiven Schulsystem, weil sie Schülerinnen und Schülern bei gleicher Leistungsfähigkeit, aber unterschiedlicher sozialer Herkunft unterschiedliche Übergangsempfehlungen ausstellen.
Lesen Sie die Studie, Herr Kollege Creutzmann.
Bei den Empfehlungen werden Kinder aus einkommensstarken Elternhäusern oft begünstigt, aus ärmeren Familien trotz gleicher Leistungsfähigkeit benachteiligt.
Meine Damen und Herren, für uns GRÜNE steht fest, die Entscheidung über eine weiterführende Schulform nach der vierten Klasse ist ohne Wenn und Aber falsch.
Wir brauchen endlich leistungsfähigere und tatsächlich gerechtere Schulen mit einem längeren gemeinsamen Lernen und einer besseren individuellen Förderung. Das muss Ziel jeglicher bildungspolitischer Reformen sein;
denn das machen uns die PISA-Siegerländer vor.
Herr Kollege Kuhn, daran sollten wir uns orientieren. Es darf nicht sein, dass aufgrund eines sozial ungerechten Auswahlverfahrens wie der Schullaufbahnempfehlung,
das offenkundig noch nicht einmal zuverlässig ist, fundamentale Bildungs- und Lebenschancen verteilt werden.
Meine Damen und Herren, deshalb Finger weg von verbindlichen Schullaufbahnempfehlungen.
Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Während die SPD noch versucht, irgendwie etwas an Substanz an der Bildungspolitik der Landesregierung zu verteidigen, äußert Frau Morsblech sehr offen und ehrlich ihre Kritik an der bisherigen Schulpolitik dieser Landesregierung. Das hat sie doch zum Ausdruck gebracht. Problem dieser Landesregierung ist doch, dass sie keine gemeinsamen Projekte mehr im Bereich der Schulpolitik hat und sie abgewirtschaftet hat.
Während die FDP immer mehr neue Vorschläge unterbreitet, um das Aussortieren im Schulsystem auch noch zu perfektionieren, setzen wir GRÜNE auf eine bessere individuelle Förderung jedes Schülers und jeder Schülerin. Wenn wir dem Vorschlag der FDP folgen würden, würden wir die Eltern von ihrer Erziehungspflicht entmündigen.
Herr Creutzmann, das ist Ihr Vorschlag.
Im Gegenteil müssen wir aber vielmehr die Elternrechte stärken und die Kommunikation zwischen Schule und Elternhaus verbessern. Dazu gibt es nicht einen einzigen substanziellen Vorschlag von der FDP in diesem Haus.
Meine Damen und Herren, wir können es uns nicht leisten, auch nur einen einzigen jungen Menschen zurückzulassen und auszusortieren. Aufgabe von Schule muss es doch vielmehr sein, alle ihr anvertrauten Schülerinnen und Schüler so gut wie möglich zu fördern und nicht sie nach unten auszusortieren. Deshalb – das sage ich als Abschluss – bin ich sehr zuversichtlich, dass wir in einer neuen Zusammensetzung in der nächsten Legislaturperiode uns endlich auf den Weg machen können, zukunftsfähige, gerechte und bessere Schulpolitik in diesem Land zu betreiben.
Ich danke Ihnen.
Herr Minister, besteht die Möglichkeit für 17-jährige Jugendliche beispielsweise aus Baden-Württemberg, bei einer rheinland-pfälzischen Fahrschule an diesem Modellprojekt teilzunehmen? Wenn ja, wie wirkt sich das
auf die Fahrschülerzahlen in den Fahrschulen in Rheinland-Pfalz im grenznahen Bereich aus?
Es ist aber möglich, dass 17-Jährige, die in BadenWürttemberg ihren ersten Wohnsitz haben, in Rheinland-Pfalz ihren „Führerschein mit 17“ machen?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gestern wollte Herr Dr. Gölter mit meiner Kollegin Frau Thomas „Großer Gott wir loben dich“ anstimmen. Jetzt – so oft passiert das nicht – könnte ich mit der CDU „Wenn wir schreiten Seit’ an Seit’“ tatsächlich anstimmen,
weil momentan im ganzen Land die Abiturprüfungen im Gange sind.
Als ich Abitur gemacht habe – das ist noch nicht lang her – war es klar, dass am Ende eine bestimmte Note, die geschrieben wurde, oder die Durchschnittsnote auf dem Abiturzeugnis erscheint.
In diesem Jahr ist in Rheinland-Pfalz vieles anders. Die Schülerinnen und Schüler streiten mit dem Bildungsministerium darüber, nach welcher Prüfungsordnung das Abitur abgelegt wird. Die Schülerinnen und Schüler protestieren. Die Ministerialverwaltung rotiert. Die Schulen müssen Stellungnahmen verfassen. Die Gerichte verhandeln über Klagen betroffener Schülerinnen und Schüler. Jetzt ist die Frage auch noch Gegenstand der heutigen Landtagsdebatte.
Das sind nicht gerade optimale Rahmenbedingungen für die derzeitigen Abiturientinnen und Abiturienten in den Prüfungswochen.
auch ist offensichtlich, dass der Informationsfluss zwischen dem Ministerium und den Betroffenen nicht so funktioniert hat, wie es hätte sein müssen.
Meine Damen und Herren, Anfang Dezember hat das Verwaltungsgericht in Neustadt der Klage eines Schülers des Gymnasiums in Wörth stattgegeben, der darlegen konnte, dass er über die Verordnung des Bildungsministeriums nicht ausreichend informiert worden sei. Das Gericht hat damit vehement dem Ministerium und der Ministerin widersprochen, die immer auch im zuständigen Fachausschuss gesagt hat, alle Schülerinnen und Schüler seien umfassend und richtig informiert gewesen.
Jetzt hat es lange Diskussionen gegeben. Nunmehr gibt es zwei Schulen, an denen es Ausnahmeregelungen gibt. Das ist auf der einen Seite ein Erfolg für die protestierenden Schülerinnen und Schüler, die sich gegen die starre Haltung des Ministeriums gerichtlich durchgesetzt haben, auf der anderen Seite aber auch eine große Peinlichkeit für diese Landesregierung, die die Beschwerden von Schülerinnen und Schülern nicht hinreichend ernst genommen hat, sodass diese den Klageweg beschreiten mussten.
Leider geht das schlechte Theater immer noch weiter, wie wir den Medien entnehmen können.
Meine Damen und Herren, die Facharbeit ist zurzeit keine wirklich freiwillige Leistung, da ohne diese Arbeit die optimale Punktzahl für das Abitur nicht erreicht werden kann. Nicht nur, dass diese Regelung rückwirkend eingeführt wurde, sondern vor allem, dass Zweifel an der ausreichenden Information aller Schülerinnen und Schüler gerichtlich bestätigt wurden, erzwingen aus unserer Sicht ein Handeln der Ministerin.
Frau Ministerin, für uns Grüne ist klar, dass das Bildungsministerium die offensichtlichen Versäumnisse endlich eingestehen und dem ganzen Abiturjahrgang 2006 in Rheinland-Pfalz die Wahlmöglichkeit zwischen alter und neuer Prüfungsordnung eröffnen sollte, bevor immer neue Problemfälle auftauchen.
Das haben auch die Landesschülervertretung und der Landeselternbeirat gefordert. Es kann nicht angehen, dass Schülerinnen und Schüler benachteiligt werden, nur weil Frau Ahnen das Gesicht nicht verlieren will.
Frau Ministerin, entscheiden Sie im Sinn der Schülerinnen und Schüler, und lassen Sie ihnen die Wahl zwischen alter und neuer Prüfungsordnung.
Sie werden sehen, dass sich mit ein bisschen Gnade und Gerechtigkeit viele Probleme in Wohlgefallen auflösen.
Frau Ministerin, ich verspreche Ihnen, dass ich keine hämische Pressemitteilung machen werde, wenn Sie über Ihren Schatten springen und dem ganzen Abiturjahrgang endlich diese Möglichkeit eröffnen.
Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Diese lebhafte Debatte am heutigen Morgen zeigt, dass die Landesregierung und insbesondere auch die regierungstragenden Fraktionen durchaus getroffen sind, weil sie wissen, dass es Versäumnisse in der Zuständigkeit dieser Landesregierung und in der Zuständigkeit des Bildungsministeriums gegeben hat.
Wer ist denn dafür verantwortlich? Wer trägt Verantwortung für die Schulen in unserem Land? Wer trägt dafür Verantwortung? Das ist die Bildungsministerin Frau Ahnen. Ganz genau darum geht es.
Meine Damen und Herren, uns als GRÜNE geht es um die Schülerinnen und Schüler in diesem Land, in Rheinland-Pfalz. Es geht uns um Gerechtigkeit.
Deshalb ergibt sich für uns aus der Debatte, dass die Abiturprüfungsordnung geändert werden muss. Eine Facharbeit muss wieder ein echter Bonus sein.
Eine freiwillig vorgelegte Arbeit, die ein Schüler selbstständig und neben der regulären Unterrichtszeit anfertigt, soll in Zukunft tatsächlich nur noch zur Verbesserung der Note beitragen können. Dies kann sowohl für die leistungsstarken Schülerinnen und Schüler einen zusätzlichen Anreiz schaffen, als auch für die schwächeren Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit eröffnen, ihre Abiturdurchschnittsnote zu verbessern.
Darum muss es uns gehen. Schülerinnen und Schülern, die keine Facharbeit anfertigen, dürfen keine Nachteile erwachsen.
Meine Damen und Herren, einen anderen Aspekt, der heute noch nicht beleuchtet wurde, möchte ich kurz noch anreißen.
Gerade vor dem Hintergrund, dass immer mehr Studiengänge durch die Einführung des Numerus clausus beschränkt werden, dürfen unsere rheinland-pfälzischen Abiturientinnen und Abiturienten im Vergleich zu den anderen Abiturientinnen und Abiturienten der anderen Bundesländer nicht benachteiligt werden.
Das werden sie im Moment. Das kann nicht angehen, meine Damen und Herren.
Genau deshalb muss die Abiturprüfungsordnung wieder geändert werden.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident meine Damen und Herren! Ein Ergebnis der verfehlten Wirtschaftspolitik in unserem Bundesland ist die verheerende Bilanz in der Ausbildungsmarktpolitik. Die Landesregierung und die Wirtschaftspolitik der Landesregierung hat es mit zu verantworten, dass die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge für das Ausbildungsjahr 2005/2006, also für dieses Ausbildungsjahr, auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren gesunken ist.
Dies erfolgt bei gleichzeitig steigenden Zahlen von Schulabgängern. Diese Zahl ist ständig steigend, also steht eine ständig steigende Anzahl von Bewerberinnen und Bewerbern einem kleinen Angebot von Ausbildungsplätzen gegenüber.
Das sage ich Ihnen gleich, Herr Ministerpräsident.
Mit einem Minus von 5,3 % bei den abgeschlossenen Ausbildungsverträgen für das Ausbildungsjahr 2005/2006 verzeichnet Rheinland-Pfalz den höchsten Rückgang aller alten Bundesländer.
Die Kammern haben beim zuständigen Bundesinstitut für berufliche Bildung – genau das ist das Institut, das bundesweit die Statistik über den Ausbildungsmarkt führt – gerade einmal 26.445 abgeschlossene Ausbildungsverträge in Rheinland-Pfalz gemeldet. Für das Ausbildungsjahr gab es aber von den Arbeitsverwaltungen 36.633 Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz.
Vor diesem Hintergrund und vor diesen Zahlen dann von erfolgreichem Handeln und von erfolgreichen und bewährten Strukturen Ihrer Politik zu reden, halte ich schlicht und ergreifend für zynisch, meine Damen und Herren.
Sie werden das auch gleich wieder tun – das weiß ich ganz genau –, und Sie werden dann auch wieder darauf verweisen, in anderen Bundesländern sei es noch viel, viel schlimmer. Ich glaube ganz ehrlich, vor diesem Hintergrund der Zahlen, die ich eben gerade erläutert habe, ist es unfair und ungerecht den jungen Menschen gegenüber, auf andere Bundesländer zu verweisen, da sei es noch viel schlimmer, meine Damen und Herren.
Herr Pörksen.
Die Basis für die wirtschaftliche Entwicklung in Rheinland-Pfalz bildet natürlich in erster Linie eine gute und qualifizierte berufliche Ausbildung von jungen Menschen hier in Rheinland-Pfalz. In den Empfehlungen der rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern für eine zukunftsorientierte Landespolitik ist unter dem Titel „Den demografischen Wandel gestalten“ der folgende Satz zu finden: „Die rheinland-pfälzischen Unternehmen verzeichnen bereits heute einen Mangel an qualifizierten Fachkräften.“ – Das war ein Zitat der rheinlandpfälzischen Industrie- und Handelskammern.
Das heißt, bereits heute besteht ein Mangel an Fachkräften, und nicht erst – wie häufig prognostiziert – nach 2015 oder 2020. Das heißt auch, bereits heute müssen Politik und Wirtschaft verstärkt und ganz vehement in die Ausbildung dieser dringend benötigten qualifizierten Fachkräfte investieren, meine Damen und Herren.
Die Appelle an die Wirtschaft und die bisher durchgeführten Maßnahmen der öffentlichen Hand sind alle richtig und wichtig, aber sie reichen offensichtlich in keinem Fall aus, um die berufliche Ausbildung der jungen Menschen zu garantieren. Die Ausbildungsbereitschaft der rheinland-pfälzischen Wirtschaft ist 2005 noch einmal um 8,5 % zurückgegangen. Gerade einmal 25 % der Betriebe bilden überhaupt noch aus. Rund 19.000 der knapp 37.000 Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz verblieben ohne Einmündung in ein betriebliches Ausbildungsverhältnis, wie es so harmlos formuliert ist. Das ist ohne Zweifel ein Skandal und einer der größten Skandale in der Wirtschaftspolitik unserer Landesregierung.
Ich nenne Ihnen fünf Punkte, die ein solches wirklich wirksames Sofortprogramm beinhalten müsste.
Gut, dann erzähle ich Ihnen das gern in der zweiten Runde.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zwei kurze Vorbemerkungen zu dem, was Herr Creutzmann und Herr Bauckhage gesagt haben.
Zum einen haben Sie die mangelnde Ausbildungsfähigkeit angesprochen, die Sie immer wieder wie eine Monstranz vor sich hertragen, Herr Creutzmann. Wer ist denn seit 15 Jahren für die Schulpolitik in unserem Land verantwortlich? Das ist doch insbesondere die FDP.
Hören Sie doch damit auf, sich an dieses Pult zu stellen und zu sagen: Ja, wir sind zwar dafür verantwortlich, aber die Schülerinnen und Schüler sind selbst schuld.
Der zweite Punkt ist, dass Sie Überschriften zitiert haben. Ich zitiere jetzt endlich einmal eine Überschrift von der einzig neutralen Stelle, die es im Bereich der Berufsausbildung gibt, und zwar ist das das Bundesinstitut
für Berufsbildung. Am 12. Januar 2006 lautete die Überschrift: „Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge fällt auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung.“ – Herr Creutzmann, so sind die Realitäten und nicht so, wie Sie sie immer gern darstellen wollen.
Meine Damen und Herren, unser Sofortprogramm „Vorrang für Ausbildung“ enthält fünf Punkte.
Zum einen müssen wir natürlich die Wirtschaft wieder stärker in die Pflicht nehmen, in den nächsten Jahren zusätzliche Ausbildungsverträge anzubieten. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt ist, über regionale und über branchenspezifische Ausbildungsverbünde müssen wir zusätzliche Ausbildungskapazitäten schaffen.
Der dritte Punkt ist, dass sowohl das Land als auch die Kommunen ihrer Vorbildfunktion tatsächlich gerecht werden müssen und ebenfalls zusätzliche Ausbildungsplätze vorhalten müssen.
Der vierte Punkt ist, dass diese Landesregierung Ausbildungsverbünde nicht nur immer zwischen zwei privaten Betrieben, sondern auch Verbünde zwischen privaten Unternehmen und kommunalen Betrieben, berufsbildenden Schulen und gemeinnützigen Ausbildungsträgern tatsächlich finanziell und organisatorisch unterstützen muss.
Der fünfte Punkt ist, dass wir die Kapazitäten der Fachschulen und der Berufsfachschulen mit Blick auf den steigenden Bedarf entscheidend vergrößern müssen.
Meine Damen und Herren, mit einem solchen von uns GRÜNEN schon seit Jahren immer wieder in die Diskussion gebrachten Programm könnten wir mehr jungen Menschen in Rheinland-Pfalz endlich eine wirkliche berufliche Perspektive geben. Die haben es verdient. Wir sind dafür verantwortlich, dass wir eine berufliche Zukunft für die jungen Menschen in unserem Land tatsächlich zur Verfügung stellen.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es wurde schon auf Berlin verwiesen. Deshalb kann ich mir das sparen. Ich möchte aber noch einmal ein bisschen in die Historie hineinblicken.
Die vorliegenden Anträge beschäftigen sich mit einem einfachen und überschaubaren Tatbestand. Meine Fraktion will ein allgemeines Hochschulzugangsrecht für Meisterinnen und Meister und gleichwertig qualifizierte Berufstätige. SPD, FDP und CDU wollen den Hochschulzugang für besonders qualifizierte Berufstätige lediglich weiter öffnen.
Ich möchte für meine Fraktion heute nur noch einmal zwei Punkte aus der Diskussion im September-Plenum und auch der Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur Ende September 2005 aufgreifen. Ich möchte erst einmal eine Pressemitteilung vom 11. November 2004 der FDPFraktion aus dem Landtag Rheinland-Pfalz zitieren: „Kuhn und Handwerkskammern fordern uneingeschränkten Hochschulzugang für Meister. Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag, Werner Kuhn, und Vertreter der rheinland-pfälzischen Handwerkskammern fordern den uneingeschränkten Hochschulzugang für Meister.“ – Dann heißt es weiter: „Die FDP wird sich in der Koalition dafür einsetzen, dass besonders qualifizierte Berufstätige – insbesondere Meister – möglichst noch in dieser Legislaturperiode den uneingeschränkten Zugang zur Hochschule erhalten, sagte Kuhn nach einem Gespräch mit den Handwerkskammern.“
Im September-Plenum des letzten Jahres war die Aussage schon ein bisschen undeutlicher. Darin hat Herr Kuhn gesagt: „Wir vertrauen auf die Entscheidungskraft derjenigen Menschen, die diesen beruflichen Werdegang hinter sich gebracht haben.“ – Dann führt er weiterhin aus: „Insofern ist es nach unserer Einschätzung nicht mehr notwendig, diese Hürden zu belassen. Es geht in der Tat auch um ein Stück Freiheit und Vertrauen in das Individuum, das in der Lage ist, seinen beruflichen Weg und seinen Bildungsweg selbst zu bestimmen.“
Herr Kollege Kuhn, in der darauf folgenden Ausschusssitzung haben Sie nur noch gesagt, dass Ihre Fraktion der Meinung sei, dass eine weitere Öffnung der Fachhochschulen für Meisterinnen und Meister vernünftig sei. Sie seien davon überzeugt, dass es nicht richtig wäre, diese Öffnung so weit zu ermöglichen, dass auch ein Zugang zu den Universitäten möglich werde.
Herr Kollege Kuhn, das zeigt Ihre Entwicklung und die Wankelmütigkeit der FDP in Rheinland-Pfalz. Sie sind wieder einmal als Tiger abgesprungen und als Bettvorleger gelandet.
Meine Damen und Herren, wir bleiben bei unserer Meinung, dass Meisterinnen und Meister und gleichwertig qualifizierte Berufstätige ausreichend qualifiziert sind, eine verantwortliche Entscheidung für ein Studium zu treffen und ein Hochschulstudium ihrer Wahl mit Erfolg abzuschließen.
Ich möchte noch einen zweiten Punkt erwähnen. Ich möchte auch hier mit einem Zitat beginnen, und zwar von Frau Kollegin Schleicher-Rothmund. Diese hat im Plenum im September letzten Jahres gesagt: „Hier ist die erfreuliche Feststellung zu machen, dass die Zahl der Studierenden im Probestudium im Wintersemester 1997/1998 bei 62 Studierenden lag und auf 328 Studierende im Wintersemester 2004/2005 gestiegen ist. Damit lag der Anteil der Studierenden im Probestudium bei 0,35 %, eine Prozentzahl, die sich mit einem erleichterten Hochschulzugang steigern lässt, ohne dass es dabei zu Qualitätseinbußen käme.“
Frau Schleicher-Rothmund, zwei Dinge sind bei diesem Beitrag, den Sie vorgebracht haben, bemerkenswert, und zwar zum einen die wirklich geringe Zahl an Studierenden ohne Abitur aus dem Berufsleben und zum anderen Ihre Aussage, dass es durch diese Studierenden nicht zu Qualitätseinbußen kommen würde. Ich stimme Ihnen bei beiden Sachen zu.
Frau Kollegin, machen Sie diese Tatsachen auch einmal Ihrem Minister klar. Dieser sieht nämlich den Untergang des gesamten Bildungswesens kommen, wenn 0,35 % aller Studierenden – 328 von über 90.000 – ohne Abitur ein Studium beginnen.
Herr Zöllner, ich möchte Sie gern zitieren. Sie sagen: „Die Konsequenzen würden … nach meiner festen Überzeugung das gesamte Bildungssystem aufs Schwerste irritieren und gefährden.“ – Wenn man das Plenarprotokoll weiter liest, sagen Sie an meine Fraktionsvorsitzende gewandt: „Hinter Ihrer Forderung steht, dass unter dem Mantel der Gleichwertigkeit das Schulsystem mit dem Virus der Beliebigkeit infiziert wird und wir Gefahr laufen, durch Erkrankung und Qualitätsverlust massive Schäden zu bekommen.“
Meine Damen und Herren, diese Zitate sprechen für sich. Ich kann mit aller Ruhe und zum Abschluss feststellen, dass wir uns in unserer Haltung bestätigt fühlen, dass hoch qualifizierte Berufstätige oder Meisterinnen und Meister durchaus in der Lage sind, eine eigenverantwortliche Entscheidung für ein mehrjähriges Studium zu treffen und dies auch mit einem überdurchschnittlichen Erfolg. Deswegen wollen wir eine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung für Meisterinnen und Meister und hoch Qualifizierte.
Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es freut mich, dass ich schon häufiger in dieser Debatte erwähnt worden bin. Zunächst einmal möchte ich aber die Gelegenheit nutzen, mich zu bedanken. Zuallererst bedanke ich mich bei allen Kindern und Jugendlichen sowie bei allen Expertinnen und Experten, die unsere Arbeit in den vergangenen anderthalb Jahren so kreativ, so konstruktiv und auch kritisch – das habe ich gerade vorhin in einem Gespräch mit jungen Menschen noch einmal mitbekommen – begleitet haben. Gleichzeitig bedanke ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, vor allem bei den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen sowie auch bei allen Kolleginnen und Kollegen und bei allen Sachverständigen, insbesondere bei unserer Vorsitzenden, Frau Brede-Hoffmann.
Liebe Ulla,
dir einen ganz herzlichen Dank für die größtenteils wirklich gute Zusammenarbeit und für die sehr unkonventionelle Art und Weise der Arbeit, auf die wir uns alle gemeinsam eingelassen haben.
Meine Damen und Herren, wir hatten uns der Aufgabe gestellt, Empfehlungen und Leitlinien zu erarbeiten, die Wege und Möglichkeiten aufzeigen sollten, um die wachsende Distanz junger Menschen gegenüber politischen Institutionen, Organisationen und Akteurinnen und Akteuren abzubauen. Ich glaube, es ist uns in den vergangenen Wochen und Monaten gelungen, einen ernsthaften und ernst gemeinten Dialog mit Kindern und Jugendlichen zu führen. Dieser Dialog hat zu vielen Empfehlungen geführt, die notwendige Schritte hin auf einem Weg zur Überwindung der Distanz zwischen jungen Menschen und der Politik sind. Meine Vorredner haben bereits viele Gemeinsamkeiten erwähnt. Ich halte es für wichtig, dass ich auch noch einmal betone, dass
wir in diesem Bericht viele Gemeinsamkeiten niedergeschrieben haben.
An einigen Stellen hätten wir GRÜNEN uns aber mutigere und weiter gehende Schritte und Empfehlungen gewünscht. Frau Mangold-Wegner und Frau Morsblech, ich danke Ihnen herzlich. Sie haben bereits einige politische und inhaltliche Unterschiede erwähnt. Ich halte das auch für richtig so; denn es gehört zur Ehrlichkeit dazu, dass man Unterschiede nicht unter den Teppich kehrt. Ich meine aber, dass es falsch ist, sie in einer meiner Meinung nach unangemessenen Polemik in diese Parlamentsdebatte einzubringen. Sie werden sicherlich nicht überrascht sein, dass ich die Gelegenheit nutze, einige unserer Vorschläge aufzugreifen und richtig zu stellen, die wir als Fraktion unterbreitet haben.
Die Arbeit der vergangenen Monate hat uns allen gemeinsam gezeigt, wie wichtig es ist, dass wir nicht über Kinder und Jugendliche sprechen, sondern dass wir mit ihnen gemeinsam reden, damit wir Politik transparenter, glaubwürdiger, verständlicher und interessanter gestalten. Deshalb müssen wir auf Kinder und Jugendliche zugehen. Dafür gibt es natürlich kein Patentrezept, sondern es bedarf einer bunten Palette von Mitwirkung, von Mitbestimmung und von Selbstverwaltung, am Besten im unmittelbaren Lebensumfeld von Kindern und Jugendlichen.
Meine Damen und Herren, eine entscheidende Ursache für mangelndes Vertrauen von Kindern und Jugendlichen in Politik und in Politikerinnen und Politiker ist oftmals die Erfahrung, dass man eh nichts ändern könne und man von den Politikerinnen und Politikern nicht ernst genommen werde.
Um mit Saint-Exupéry zu sprechen: Die Kinder müssen mit uns großen Leuten viel Nachsicht haben. – Kinder und Jugendliche haben der Demokratie dennoch nicht den Rücken gekehrt. Das haben die zahlreichen Gespräche in den vergangenen 18 Monaten gezeigt. Kinder und Jugendliche wollen schnelle und kurzfristige Lösungen für ihre Wünsche, Anliegen und Probleme. Sie wünschen sich lebendige Formen der Zusammenarbeit, die auch Spaß machen und bei denen etwas herauskommt.
Partizipation, so wie ich sie verstehe, muss in überschaubaren Zeitabläufen passieren. Es muss klar definierte Rahmenbedingungen geben, es muss altersgerechte Informationen geben, und es müssen altersgerechte Methoden zur Anwendung kommen. Natürlich muss es so etwas wie eine Identifikation und eine Nähe zum Partizipationsobjekt geben.
Kinder und Jugendliche brauchen eine starke Stimme. Die stärkste Stimme, die es gibt, ist die eigene. Bisher sind junge Menschen im politischen Geschehen wenig vertreten. Gleichzeitig werden ihnen aber immer mehr – auch ungefragt – Lasten für die Zukunft aufgebürdet. Genau das ist der Punkt, den wir ändern müssen.
Meine Damen und Herren, junge Menschen möchten mehr direkten Einfluss. Demokratie lebt vom Mitmachen und Mitgestalten. Dies muss auch vermehrt für Kinder und Jugendliche gelten. Es greift nämlich zu kurz, die Ideen, Bedürfnisse und Forderungen der Kinder und
Jugendlichen immer nur anzuhören. Wir müssen viel Vertrauen in sie, in ihre Entscheidungen und in ihre sehr realistische Sichtweise haben, damit wir ihnen in allen Bereichen ihres Lebens nicht nur Mitsprache, sondern echte Mitbestimmung ermöglichen können.
Kinder und Jugendliche wollen und können ihre Interessen am besten durchsetzen, wenn sie mehr Rechte haben. Ich will versuchen, anhand von vier ganz konkreten Punkten, die teilweise schon angesprochen worden sind, deutlich zu machen, wo wir GRÜNEN uns andere und weiter gehender Forderungen der EnqueteKommission und mehr Rechte für Kinder und Jugendliche gewünscht hätten.
Der erste Punkt, der bereits angesprochen worden ist, ist die Demokratisierung von Schulen. Wir müssen dafür sorgen, dass Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit haben, demokratische Regeln von Anfang an in ihrem Schulalltag zu erleben und auch einzuüben. Leider führt die heutige Schulrealität noch häufig zu der Erfahrung, dass trotz intensiven Bemühens nichts von den Schülerinnen und Schülern geändert werden kann.
Zum Beispiel können heute die Schülerinnen- und Schülervertretungen gerade einmal darüber entscheiden, welche Farbe das Plakat für das Schulfest haben soll, aber sie können nicht über Dinge entscheiden, die den Schulalltag tatsächlich betreffen. Für eine wirkliche Mitbestimmung und für eine Politik auf Augenhöhe wollen wir die Schülerinnen- und Schülervertretungen stärken, und wir wollen an allen rheinland-pfälzischen Schulen – das ist bereits erwähnt worden – eine Schulkonferenz als oberstes beschlussfassendes Gremium einführen.
Wir wollen eine Schulkonferenz einführen, die sich jeweils aus der gleichen Anzahl von Schülerinnen und Schülern, von Lehrerinnen und Lehrern, aber auch von Eltern zusammensetzt und über alle wichtigen Dinge des Schulalltags entscheidet. So bekommen wir es hin, tatsächlich Schülerinnen und Schüler an ihrem konkreten Lebensumfeld, nämlich der Schule, besser zu beteiligen.
Der zweite Punkt ist der der Stärkung der Studierendenvertretungen. Darüber wurde auch in der EnqueteKommission diskutiert. Wir haben zum Beispiel mit Vertretern des AStA der Universität Mainz diskutiert. Viele Studierende sind gesellschaftlich und politisch engagiert, obwohl sie – das füge ich hinzu – einen Großteil ihrer vorlesungsfreien Zeit darauf verwenden müssen, Geld zu verdienen. Sowohl das rheinland-pfälzische Modell der Studienkonten als auch grundsätzliche Diskussionen um Studiengebühren erschweren tatsächlich das ehrenamtliche Engagement zusätzlich.
Herr Kollege, jetzt hören Sie einmal zu.
Damit das Engagement gerade in dem, was wir wollen, nämlich zum Beispiel in der verfassten Studierenden
schaft, wieder attraktiver wird, haben wir als eine von vielen Möglichkeiten und als eine von vielen Forderungen zum Beispiel die Ausweitung der Mitbestimmungsmöglichkeiten auf ein allgemeinpolitisches Mandat vorgesehen und auch in unserem Minderheitenvotum dokumentiert.
Auch der dritte Punkt ist schon erwähnt worden. Das ist die Senkung des Wahlalters. Meine Damen und Herren, es gibt keine verfassungsrechtlich zwingenden Gründe, das Wahlrecht auf ein bestimmtes Alter, zum Beispiel auf 18 Jahre, festzuschreiben. Wir wollen – ich betone, das haben wir offensiv von Anfang an vertreten –, dass Jugendliche schon mit 16 Jahren wählen dürfen. Bei Kommunalwahlen wurden damit in vielen anderen Bundesländern sehr gute Erfahrungen gemacht. In einer Demokratie sollte grundsätzlich gelten, dass alle Menschen, die von Entscheidungen betroffen sind, tatsächlich auch an deren Zustandekommen beteiligt werden. Um die Einflussmöglichkeiten gerade von Jugendlichen unter 18 Jahren zu stärken, wäre eine Senkung des Wahlalters bei Kommunalwahlen, ähnlich wie in vielen anderen Bundesländern, eine wichtige Empfehlung gewesen. Ich sage ganz ehrlich: Ich bedaure es sehr, dass es dafür in der Kommission keine Mehrheit gab.
Der vierte Punkt, den ich erwähnen möchte, ist die bessere Förderung von außerschulischen Partizipationsprojekten. Damit die hohe Bedeutung der außerschulischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen keine politische Floskel bleibt, muss sie sich eben auch in ihrer finanziellen Ausstattung und in ihrer langfristigen Absicherung widerspiegeln. Die Förderung von Kinder- und Jugendpartizipation ist auch in Zeiten enger Haushalte wichtig und dringend notwendig.
Kinder- und Jugendparlamente müssen in der Zukunft über eigene finanzielle Mittel frei verfügen können. Die Einrichtung solcher Gremien darf nicht ein reines Alibi sein, sondern wir müssen den Kindern und Jugendlichen zeigen, dass es sich lohnt, sich einzumischen. Wir müssen sie und ihre Entscheidungen, die sie treffen und verantworten, tatsächlich ernst nehmen. Wir dürfen Kinder- und Jugendparlamente nicht als demokratische Spielwiese ansehen.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch einen Punkt ansprechen, der mir ganz besonders bei den vielen Besuchen und Gesprächen aufgefallen ist. Das ist das Thema „Jugend und Rechtsextremismus“. Rassistische und antisemitische Weltanschauungen und rechtes Gedankengut stellen auch bei uns in Rheinland-Pfalz keineswegs nur ein Randphänomen dar. Das haben wir in der Enquete-Kommission erlebt.
Deshalb ist es umso wichtiger, dass Angebote, in denen Kinder und Jugendliche jenseits von rechtsextremistischer Propaganda direkte, auch persönliche Beziehungen aufbauen können, ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln und erleben können, verstärkt ausgeweitet werden. Deshalb richte ich einen Appell an uns alle, auch an die Verantwortungsträger in den Kommunen:
Wir dürfen es nicht zulassen, dass Jugendräume und Begegnungsstätten aufgrund leerer Kassen eingespart und geschlossen werden und rechtsextreme Gruppierungen – wie das auch in der Anhörung formuliert worden ist – tatsächlich die vorhandenen und entstehenden Lücken zu nutzen versuchen, um junge Menschen in ihren braunen Kameradschaften einzubinden.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Eine gute und gelingende Kinder- und Jugendarbeit, die an den Bedürfnissen und Wünschen von Kindern und Jugendlichen orientiert ist und die Begegnungsmöglichkeiten zwischen jungen Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft schafft und ermöglicht, kann dabei helfen, Vorurteile abzubauen. Sie kann auch dazu beitragen, weltoffen und tolerant miteinander umzugehen.
Meine Damen und Herren, leider ist es uns in der Enquete-Kommission nicht gelungen, für die Themengebiete „Partizipation von jungen Menschen mit Migrationshintergrund“ und „Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Partizipation“ besondere Empfehlungen zu formulieren. Das ist ein Punkt, der gerade erst heute in einer Diskussion, die ich geführt habe, von jungen Menschen kritisiert worden ist. Ich bin der Meinung, wir müssen uns eingestehen, dass wir dort nicht so weit gekommen sind, wie wir uns das vielleicht alle gewünscht hätten. Ich meine, das ist eine zentrale Aufgabe auch für die Arbeit dieses Parlaments und die Arbeit von Politikerinnen und Politikern für die Zukunft. Wir müssen uns um die Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund kümmern. Wir müssen dafür sorgen, dass sie sich tatsächlich beteiligen können und beteiligt werden an unserem Gemeinwesen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Zukunftsentscheidungen dürfen nicht mehr gegen, sondern müssen in der Zukunft konsequent mit Kindern und Jugendlichen getroffen werden.
Kinder und Jugendliche sollen selbst Anwalt oder Anwältin ihrer Interessen sein. Nur so können die anstehenden Probleme gelöst und gleichzeitig die Entwicklung junger Menschen zu selbstständigen und selbstbewussten Persönlichkeiten gefördert werden. Deshalb müssen wir jungen Menschen mehr Möglichkeiten zu wirklicher Partizipation geben.
Unseren Worten, die im Einsetzungsbeschluss formuliert sind, müssen Taten folgen. Dafür sind wir als verantwortliche Politikerinnen und Politiker zuständig.
Es geht darum, dass wir die vorgeschlagenen Empfehlungen zeitnah umsetzen, damit nicht der Bericht der Enquete-Kommission als gut zu lesende Prosa irgendwo in die Rundablagen fällt. Ich glaube, die Umsetzung dieser Empfehlungen ist eine Voraussetzung für ein zukunftsfähiges und kinder- und jugendgerechtes Rheinland-Pfalz. Sie ist auch Messlatte dafür, dass wir nicht nur die angehörten Kinder, Jugendlichen und Experten,
sondern auch unsere eigene Arbeit der vergangenen eineinhalb Jahre ernst nehmen.
Ich danke Ihnen.
Herr Staatssekretär, verfügt auch die Landesregierung über ein Kontingent an WM-Karten für Kaiserslautern?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich muss mit einem Geständnis beginnen. Der Titel unserer Aktuellen Stunde ist nicht ganz zutreffend.
Hören Sie einmal zu.
Die Chancen für eine gute Schulbildung in RheinlandPfalz sind nicht nur für benachteiligte Schülerinnen und Schüler schlecht, nein, sie sind für alle Schülerinnen und Schüler schlecht.
Wenn hohe Selektivität, geringe Gymnasialquote und eine hohe Belastung vieler Schulen zusammentreffen, dann ist die Bilanz verheerend:
Bei den Leistungen nur unterer Durchschnitt, bei der sozialen Ungerechtigkeit aber an der Spitze.
Die PISA-Ergebnisse zeigen einmal mehr deutlich die Auswirkungen einer verfehlten und verheerenden Bildungspolitik in Rheinland-Pfalz.
Diese Landesregierung und vorneweg die FDP setzen immer auf Elitenbildung, auf Eliteschulen und betonieren damit die soziale Ungleichheit.
Kinder aus sozial benachteiligten Familien und Kinder mit Migrationshintergrund bleiben bei der Bildungspolitik dieser Landesregierung auf der Strecke.
Ich werde Ihnen das dezidiert erklären, Frau Kollegin Morsblech.
Von den eingeleiteten schulpolitischen und pädagogischen Veränderungen nach dem ersten PISA-Schock im Jahr 2000 profitiert in diesem Bundesland offensichtlich
fast niemand. Seit dem Jahr 1991, also seit fast 15 Jahren, seitdem Sie Regierungsverantwortung tragen, verlassen über 20 % der Kinder mit Migrationshintergrund pro Jahr die rheinland-pfälzischen Schulen ohne einen Abschluss. Das ist ein Armutszeugnis für Ihre Bildungspolitik, meine Damen und Herren.
Das ist es doch, Herr Schweitzer.
Beim Vergleich der PISA-Ergebnisse der Bundesländer nimmt Rheinland-Pfalz im Hinblick auf die hohe Selektivität des Schulwesens innerhalb von Deutschland eine Spitzenposition hinter Bayern und Sachsen-Anhalt ein. So liegt der Anteil der unter 15-Jährigen, die ein Gymnasium besuchen, bei gerade einmal 25,8 %. Das bedeutet, Rheinland-Pfalz belegt nur den 13. Platz unter den 16 Bundesländern.
Beim Blick auf die Wahrscheinlichkeit des Gymnasialbesuchs in Abhängigkeit von der sozialen Herkunft der Schülerinnen und Schüler eröffnet sich ein sehr trauriges Bild. So ist beispielsweise die Wahrscheinlichkeit für rheinland-pfälzische Facharbeiterkinder, ein Gymnasium zu besuchen, 4,6-fach niedriger als für Kinder, die der sozialen Oberschicht zugeordnet werden. Das bedeutet nicht nur eine tief greifende soziale Ungerechtigkeit im rheinland-pfälzischen Schulsystem, sondern das bedeutet auch im Ländervergleich den drittletzten Platz. Nur in Bayern und Sachsen-Anhalt ist die soziale Selektion noch ausgeprägter als in Rheinland-Pfalz.
Deshalb haben wir die Landesregierung schon immer aufgefordert und fordern sie auch heute auf, endlich für mehr soziale Chancengleichheit sowie für eine bessere und gerechtere Bildungspolitik in diesem Land einzutreten, meine Damen und Herren.
Die PISA-Studie und die PISA-Ergänzungsstudie haben den gewaltigen Vorteil, dass wir erstmals die Wirkung von bildungspolitischen Maßnahmen der Landesregierung tatsächlich beurteilen können. Die gleichen Wissens- und Kompetenzfelder wie bei der vorherigen PISA-Studie wurden getestet. Somit können wir Leistungsvergleiche anstellen. Um es vorwegzunehmen: Schlechter kann das Ergebnis für die Bildungsministerin gar nicht ausfallen. Das Urteil ist vernichtend. Es lautet in den Bereichen Mathematik, Lesekompetenz und naturwissenschaftliche Kompetenz: Fortschritte vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2003 sind nicht signifikant. Sie sind nicht erkennbar. In Rangplätzen ausgedrückt, im Vergleich der erreichten Fortschritte der vergangenen Jahre bedeutet das, dass wir sowohl in Mathematik als auch in der Lesekompetenz als auch in der naturwissenschaftlichen Kompetenz den vorletzten Platz belegen.
Das sind die Auswirkungen der Bildungspolitik in Rheinland-Pfalz. Schonungslos haben Sie offen gelegt, dass Rheinland-Pfalz in einem der zentralen Felder der Landespolitik, nämlich in der Schulpolitik, nicht in der Lage ist, mit dem Entwicklungs- und dem Reformtempo der anderen Bundesländer mitzuhalten. Bei uns steht nach
wie vor nicht die individuelle Förderung aller Schülerinnen und Schüler im Vordergrund, sondern leider das Aussortieren und die soziale Selektivität.
Meine Damen und Herren, was wir brauchen, sind wirkliche Reformen.
Wir brauchen endlich ein in sich stimmiges Gesamtkonzept für ein längeres gemeinsames Lernen, für eine bessere individuelle Förderung aller Schülerinnen und Schüler und insbesondere für die Benachteiligten und die Kinder mit Migrationshintergrund. Wir brauchen ohne Wenn und Aber endlich mehr Freiräume und mehr Selbstständigkeit für die einzelnen Schulen. Solche Reformen würden die Vielfalt fördern, die Unterrichtsqualität verbessern und sind der Schlüssel für eine zukunftsfähige und gerechte Bildungspolitik in diesem Land.
Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Nervosität ist mehr als deutlich. Anders sind die Argumentationen von Frau Brede-Hoffmann, Frau Morsblech und der Ministerin nicht zu erklären. Das sind abenteuerliche Interpretationen der PISA-Studie gewesen, die sie uns hier dargelegt haben.
Wollen Sie allen Ernstes bestreiten, dass bei uns in Rheinland-Pfalz die Abhängigkeit zwischen der sozialen Herkunft und den Chancen auf einen hohen Bildungsabschluss fundamental höher als im Bundesdurchschnitt ist?
Wollen Sie denn allen Ernstes bestreiten, dass leider bei uns seit langer Zeit jedes Jahr Kinder mit Migrationshintergrund die Schule ohne einen Abschluss verlassen? Das können Sie doch nicht bestreiten, weil das Fakt ist und weil Sie mit Ihrer Bildungspolitik dafür die Verantwortung tragen.
Ich will Ihnen ganz deutlich sagen: Sie haben die Computernutzung angesprochen. 17 % – das steht in der PISA-Studie – der rheinland-pfälzischen Schülerinnen und Schüler benutzen mehrmals wöchentlich den Computer an der Schule. Soll ich Ihnen einmal sagen, wie viel es in Bayern sind? Mehr als doppelt so viel. Das ist der Unterschied. In Bayern zum Beispiel wird investiert.
Hören Sie doch auf, zu sagen, wir investieren in die Computernutzung. – Es gibt viele, viele Bundesländer, die uns, was Investition in die Bildungspolitik angeht, voraus sind. Dann ist es auch das CSU-geführte Bayern. Deswegen ist es das Zentrale, dass wir die Investitionen in den Bildungsbereich stärken, wir nicht nur bildungspolitische Sonntagsreden im Parlament halten, sondern wir endlich mit dieser konzeptionslosen Defizitbekämpfung und dem hilflosen Aktionismus, den diese Landesregierung in der Bildungspolitik jeden Tag wieder aufs Neue praktiziert, aufhören. Deshalb sage ich Ihnen ganz deutlich, meine Damen und Herren, es ist gut und es freut mich, dass in Rheinland-Pfalz am 26. März endlich klare, gerechte und faire Chancengleichheit und eine bessere Bildungspolitik zur Wahl stehen. Diese Bildungspolitik machen nämlich nicht Sie in der Landesregierung, sondern sie ist von uns, von den GRÜNEN. Deswegen weiß ich auch, Frau Kollegin Brede-Hoffmann, dass Sie natürlich nervös sind, weil Sie wissen, dass wir konzeptionell in der Bildungspolitik durchaus Antworten auf die zentralen Fragen geben.
Das ist die mit der individuellen Förderung von allen Kindern, sowohl denen, die mit Migrationshintergrund hierher kommen, als auch den Benachteiligten, aber natürlich auch den Hochbegabten. Wir sind diejenigen,
die für soziale Chancengerechtigkeit in der Bildungspolitik stehen.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In Familien investieren, Familien entlasten und unterstützen und die Qualität von frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung ausbauen – das sind die Leitlinien, und zwar die Leitlinien unseres GRÜNEN-Änderungs- und Entschließungsantrags zum vorliegenden Gesetzentwurf zum Ausbau der frühen Förderung.
Meine Damen und Herren, wir wollen erstens Familien durch den Ausbau und die Flexibilisierung der Angebote entlasten. Wir wollen zweitens Familien durch eine spürbare finanzielle Entlastung und durch die Erweiterung der Zugänge zu frühkindlicher Bildung unterstützen. Wir wollen drittens die Kinder individuell fördern und die Qualität der Förderung weiterentwickeln.
Es ist an der Zeit, Kinder und ihre Familien mit ihren Bedürfnissen, mit dem, woran sie sich orientieren, tatsächlich in den Mittelpunkt der Gestaltung der Kinderbetreuung zu stellen.
Kinder und Eltern sind diejenigen, die wir als Gestaltende begreifen und mit einbeziehen müssen.
Längst ist wissenschaftlich bewiesen, dass Kinder von Geburt an bis zum Alter von ungefähr sechs Jahren am intensivsten lernen. Schon sehr früh werden die Grundlagen dafür gelegt, dass Kinder sich entwickeln und sich eine erfolgreiche Bildungsbiographie erschließen können.
Auch unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft profitieren im wahrsten Sinn des Wortes von einer Verbesserung der frühkindlichen Bildung. In einer globalisierten Welt und in einer Gesellschaft, die immer älter wird, ist eine gelungene und kindgerechte frühkindliche Bildung eine notwendige Voraussetzung, um unsere Gesell
schaft lebendig und entwicklungsfähig zu erhalten und unseren gesellschaftlichen Wohlstand zu sichern.
Deshalb wollen wir als GRÜNE in Familien und Kinder investieren. Deshalb haben wir zahlreiche Änderungsanträge zum vorliegenden Gesetzentwurf eingebracht.
Der Ausbau der frühkindlichen Bildung muss zukunftsfähig gestaltet werden. Eine bloße Erweiterung des bisherigen Kindergartenangebots um Plätze für Kinder ab zwei Jahren – denn das sieht der Gesetzentwurf der Landesregierung vor – ist bloße Augenwischerei.
Frau Kollegin Brede-Hoffmann, wenn Sie in Ihrer Pressemitteilung meinen, wir hätten Ihre großartige Reform verschlafen, dann müssen Sie feststellen, dass Sie und wahrscheinlich auch große Teile Ihrer Fraktion ihre Augen vor der Wirklichkeit verschließen.
Wir sind diejenigen gewesen, die schon viel früher als Sie immer wieder Initiativen für eine Stärkung der frühkindlichen Bildung und eine Stärkung des Bildungsauftrags des Kindergartens in dieses Parlament eingebracht haben.
Meine Damen und Herren, es ist an der Zeit, die frühe Förderung auf neue Beine zu stellen. Wir wollen das Angebot kinder- und elterngerechter gestalten. Wir wollen Familien entlasten, wir wollen sie durch ein bedarfsdeckendes Betreuungsangebot unterstützen, und wir wollen die Qualität der frühkindlichen Bildung ausbauen.
Die Halbierung der Elternbeiträge für alle Kindertagesstätten ist ein zentrales Anliegen unserer Reformvorschläge. Wir wollen, dass alle Kinder gute Bildungschancen haben. Wir wollen die Zugänge zu den Bildungsangeboten in allen Kindertagesstätten erweitern, und wir wollen Familien wirklich und spürbar entlasten, nämlich um durchschnittlich 300 Euro pro Jahr und Kind.
Alle Kinder – ich wiederhole alle Kinder – unter drei Jahren müssen einen Anspruch auf Bildung, Betreuung und Förderung haben, wenn ihre Eltern dies wollen. Das Tagesbetreuungsausbaugesetz, auf das Sie sich immer wieder beziehen, hat den Ländern und den Kommunen aufgegeben, mehr Plätze zur Betreuung und Bildung für alle Kinder unter drei Jahren zu schaffen. Die tägliche Betreuungszeit soll sich am Bedarf der Eltern und der Kinder orientieren. Auch in den Kita-Ferien soll eine Betreuung dann sichergestellt werden, wenn Eltern ihre Kinder in dieser Zeit nicht betreuen können.
So wollen wir Eltern und Familien unterstützen. Deswegen haben wir diesen Änderungsantrag eingebracht.
Zu den Anforderungen, die ich vorhin erwähnt habe, äußert sich der Regierungsentwurf nur bruchstückhaft. Die Entlastung von Familien umfasst aber auch die Ermittlung des Bedarfs sowie die Planung des Angebots an frühkindlicher Bildung und Betreuung. Eltern – das wissen Sie alle – bleiben bei der Bedarfsermittlung viel zu häufig noch außen vor. Sie werden, wenn überhaupt,
dann erst viel zu spät nach ihren Bedürfnissen gefragt. Eltern müssen aber als Partner bei der Angebotsgestaltung mitwirken können. Dafür schaffen wir mit unserem Änderungsantrag einen guten Rahmen.
Um die Qualität der pädagogischen Arbeit in den Kindertagesstätten zu stärken, wollen wir, dass alle Kindertagesstätten eine pädagogische Konzeption entwickeln. Dabei sollen sie mit den Eltern zusammenarbeiten.
Eine pädagogische Konzeption ist das pädagogische Profil einer Kindertagesstätte. Eine Konzeption zeigt darüber hinaus auf, wie der Auftrag zur Förderung der Kinder jeweils umgesetzt werden soll.
Nein, das tun Sie nicht.
Herr Kollege Mertes, schauen Sie in den Gesetzentwurf zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes. Das steht dort eben nicht darin. Das TAG hat auf Bundesebene Vorgaben gemacht. Aber gerade in den Bereichen, in denen es um die pädagogische Weiterentwicklung geht, kneifen Sie. Das ist das Problem.
Meine Damen und Herren, wir wollen, dass alle Kinder in der deutschen Sprache so gefördert werden, dass sie, wenn sie in die Schule kommen, dem Unterricht folgen können. Wir wollen die Sprachförderung nicht erst im letzten Kindergartenjahr intensivieren. Das ist nämlich Ihre Vorstellung. Wir wollen von Anfang an eine intensive Sprachförderung.
Wir wollen – das unterscheidet uns wahrscheinlich von Ihnen –, dass Mehrsprachigkeit Bildungsziel in den Kindertagesstätten wird. Wir wollen auch, dass Kinder mit anderer Herkunft auch in ihrer Herkunftssprache gefördert werden können. Wir wollen außerdem, dass die interkulturelle Bildung intensiviert wird.
Meine Damen und Herren, Häuser für Kinder, der Begriff, den wir immer wieder in die Debatte einbringen, sollen Schule machen. Die große Altersmischung eröffnet Kindern breite Bildungs- und Erfahrungsräume. Insbesondere im ländlichen Raum und in kleinen Gemeinden bieten Häuser für Kinder oder andere altersgemischte Gruppen die nötige Beweglichkeit und Flexibilität im Angebot zur bedarfsgerechten Angebotsstruktur für die Eltern. So können auch in kleinen Einrichtungen
Kinder jeden Alters aufgenommen werden. Auch darin sehen wir eine Unterstützung von Eltern und Familien. Deshalb haben wir das in unserem Änderungsantrag so formuliert.
Wir schlagen vor – damit sind wir sehr nah an dem dran, was Herr Kollege Lelle gesagt hat –, die Schuleingangsphase flexibel zu gestalten. Schülerinnen und Schülern wollen wir die Möglichkeit geben, die ersten beiden Klassenstufen in der Grundschule in einem bis zu drei Schuljahren absolvieren zu können. Die Kinder sollen so auch in der Grundschule gut Fuß fassen können. Ihre individuelle Förderung soll gleich zu Beginn der Schullaufbahn möglich sein. Ich bin der Auffassung, dass damit den Eltern die Entscheidung leichter fallen wird, wann sie ihr Kind einschulen lassen. Es kann aber nicht sein – insofern haben wir ein großes Problem mit dem Antrag der Fraktion der CDU –, dass wir jetzt Kinder mit fünf Jahren zwangseinschulen wollen. In NordrheinWestfalen gab es unter Rotgrün eine flexible Schuleingangsphase. Die neue nordrhein-westfälische Landesregierung unter CDU-Führung hat die flexible Schuleingangsphase abgeschafft. Deshalb müssen Sie erst einmal für sich überlegen, was Sie eigentlich wollen. Sie fordern hier etwas, was Sie in anderen Ländern abschaffen. Das ist das Problem mit Ihren Vorschlägen.
Meine Damen und Herren, frühkindliche Bildung und Förderung sind Zukunftsinvestitionen.
Zukunft kann aber nicht mit Halbherzigkeiten gestaltet werden. Das hat sich bereits bei der Reform des Kindertagesstättengesetzes Ende des Jahres 2002 gezeigt. Deswegen rufe ich Sie auf und ermuntere Sie: Seien Sie mutiger und stimmen Sie unseren Vorschlägen zu, damit nicht erneut an Kindern, Eltern und an der Zukunft vorbei gehandelt wird.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Heinrich, soll ich Ihnen einmal sagen, weshalb das Thema heute auf der Tagesordnung steht und weshalb ich es für richtig halte, dass es heute auf der Tagesordnung steht? Wir müssen endlich davon wegkommen, immer nur zu sagen, wie toll alles sei. Wir müssen in diesem Haus auch einmal darüber sprechen, welch katastrophale Situation sich derzeit an den Berufsfachschulen darstellt.
Wir müssen außerdem in diesem Haus darüber sprechen, wie wir endlich die Verantwortung der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen einfordern und die miserable Situation an den Berufsfachschulen wirksam bekämpfen können.
Meine Damen und Herren, im vergangenen Schuljahr wurde mit großen Erwartungen und im Konsens – wir hatten nichts gegen die Strukturreform der berufsbildenden Schulen – die Berufsfachschule eingerichtet. Dieses Bildungsangebot hat das Berufsgrundbildungsjahr abgelöst. Zwei Absichten steckten dahinter. Zum einen die Absicht, mehrjährige Warteschleifen an den berufsbildenden Schulen zu verhindern, und zum anderen die Absicht, mehr jungen Menschen einen höherwertigen Schulabschluss, nämlich den qualifizierten Sekundarschulabschluss I zu ermöglichen. Dazu sollten in großer Zahl Fördermaßnahmen angeboten und durchgeführt werden. Über einen Aufnahmetest zur Feststellung der Leistungsfähigkeit der aufgenommenen Schülerinnen und Schüler sollten zielgerichtet Fördermaßnahmen, die sich zumindest auf dem Papier und in den entsprechenden Verordnungen und auch in der Stundentafel sehr gut ausmachen, von Anfang an ergriffen werden. Es sollte zielgerichtet Förderunterricht erteilt und es sollten zeitweise besondere Lerngruppen gebildet werden.
So weit zur wohlklingenden Theorie. Wenn Sie sich aber einmal anschauen, wie die heutige Praxis aussieht, dann muss man konstatieren, dass die Krise auf dem Lehrstellenmarkt im vergangenen Schuljahr die miserabelste Unterrichtssituation an den rheinland-pfälzischen berufsbildenden Schulen seit vielen Jahren verursacht hat. Aufgrund einer Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir wurde öffentlich, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler an den Berufsfachschulen zwischen dem Schuljahr 2003/2004 und dem Schuljahr 2004/2005 um rund 37,5 % auf rund 26.700 gestiegen war.
Die direkte Folge daraus war – das können Sie sich sicherlich denken, aber ich sage es Ihnen gern noch einmal –, dass der strukturelle Unterrichtsausfall bei dieser Schulform innerhalb von einem Jahr von 6,9 % auf 11,2 % hochgeschnellt ist. Damit ist die Berufsfachschule die Schulart mit dem höchsten Unterrichtsausfall.
Daran zeigt sich wieder einmal, dass diese Landesregierung die berufsbildenden Schulen seit Jahren chronisch vernachlässigt und nicht adäquat unterstützt und allen politischen Sonntagsreden zum Trotz nicht strukturelle Verbesserungen im Bereich der berufsbildenden Schulen anstrebt.
Meine Damen und Herren, es sollte doch klar sein, dass für zusätzliche Fördermaßnahmen auch zusätzliche Lehr- und Betreuungskräfte zur Verfügung gestellt werden müssen. Das ist doch vollkommen logisch. Es kam aber natürlich, wie es kommen sollte und wie es kommen musste. In den Klassen der Berufsfachschule I hat sich die größere Zahl der erfolglosen und enttäuschten Lehrstellenbewerber wieder gefunden. Insbesondere die Berufsfachschule I stellt anstelle des ehemaligen Berufsgrundbildungsjahres das Sammelbecken für die einjährige Warteschleife dar.
Nach der einhelligen Einschätzung der Lehrerverbände, mit denen auch Sie gesprochen haben, hat die Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler keine Aussicht, die zweite Klassenstufe, also die Berufsfachschule II zu erreichen, um tatsächlich eine Zusatzqualifikation, nämlich die mittlere Reife, zu erreichen.