Sigmar Gabriel

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Kollege McAllister hat vorhin eine ddp-Meldung vorgetragen und dabei den Eindruck erweckt, ich hätte die CDU mit Methoden der Nazis verglichen.
Ich habe dazu Folgendes zu sagen: Erstens. Da der Herr Ministerpräsident gerade darauf hingewiesen hat, dass man Zitate sinnvollerweise vollständig vortragen sollte, würde ich aus der ddp-Meldung gerne einen weiteren Satz vorlesen, der nicht ganz unwichtig ist. Den hat Herr McAllister hier nicht vorgetragen. Dort steht:
„Er“
- also Gabriel
„betonte zugleich, dass es ihm fern liege, CDU und Nazis zu vergleichen.“
Es wäre gut gewesen, wenn Sie das mit vorgelesen hätten.
Worum geht es? - Ich habe, bezogen auf die tumultähnlichen Auseinandersetzungen in den Landtagssitzungen der letzten Tage, gesagt, Herr McAllister,
- weil ich an zwei dieser Tumulte leider habe teilnehmen müssen; deswegen weiß ich das; übrigens gibt es hier im Haus eine Lautsprecheranlage, was dem einen oder anderen vielleicht bekannt ist - dass wir aufpassen müssen, nicht das Geschäft derjenigen zu betreiben, die in der Vergangenheit die parlamentarische Demokratie durch solche Tumulte bekämpft haben. Ich habe mehrfach - dafür gibt es dort oben ungefähr ein Dutzend Journalisten, die Sie fragen können - gesagt:... unbewusst das Geschäft derjenigen betreiben, die durch die Verhinderung der freien Rede Parlamente zerstören wollten. - Denn was uns hier inzwischen gelegentlich passiert - das Beispiel des Kollegen Lenz zeigt das -, ist, dass bereits Tumulte beginnen, bevor der Redner seine Rede begonnen hat. Dass wir uns hier gelegentlich welche einschenken, dass es dann auch mal laut hergeht und dass die Präsidentin oder der Präsident dann für Ruhe sorgen muss, ist normaler parlamentarischer Alltag. Aber wenn es so weit geht, dass Abgeordnete nicht mehr die freie Rede im Parlament ausüben können und, bevor sie etwas gesagt haben - das war beim Kollegen Lenz der Fall -, solche Tumulte ausbrechen und beim nächsten Mal Sozialdemokraten möglicherweise das Gleiche bei einem CDU-Kollegen machen - auch das habe ich in der Pressekonferenz gesagt -, dann wird die freie Rede im Parlament eingeschränkt. Diese Methoden sind Methoden, die wir alle nicht wollen und die wir auch nicht unbewusst zulassen dürfen; denn das waren die Methoden derjenigen, die versucht haben, den Parlamentarismus zu bekämpfen.
Ich stehe zu jedem Wort und zu jedem Satz dessen, was ich vorhin gesagt habe. Sie können eine Latte von Journalisten fragen. Es gibt keinerlei Vergleiche mit der CDU. Ich habe mehrfach gesagt: Es geht mir nicht um eine Partei, sondern um die freie Rede im Parlament. Dafür allerdings soll
ten wir alle eintreten und nicht bereits Kolleginnen und Kollegen am Reden hindern, wenn sie noch nicht einmal angefangen haben zu sprechen!
Herr Kollege McAllister, in der Tat passieren manchmal Dinge, die nicht in Ordnung sind. Der damalige Vergleich war unmöglich. Es war aber auch unmöglich, Gerhard Schröder mit Erich Honecker zu vergleichen. Das ist dem damaligen Vergleich vorangegangen. Ich weiß nicht, ob Sie damals dabei waren. Ich war dabei. Das ist der Grund.
Ich wiederhole das, was ich in der Pressekonferenz gesagt habe, noch einmal. Es geht nicht um den Vergleich der CDU mit Nazi-Methoden. Vielmehr geht es darum, dass wir das Recht auf freie Rede offen halten müssen. Es kann nicht sein, dass wir uns wechselseitig so hochschaukeln, dass wir am Ende Kollegen daran hindern - Herr Bode, offensichtlich vertreten die Mitglieder der SPD-Fraktion und auch ich eine völlig andere Auffassung über diesen Hergang als Sie -, hier zu reden. Ich habe dann wörtlich gesagt: Es kann schon deshalb nicht um die CDU und die Nazis gehen, weil das Gleiche sozusagen im Umkehrschluss als Reaktion auf das, was Herrn Lenz passiert ist, auch bei uns irgendwann passiert, sodass wir
wechselseitig nicht mehr dazu beitragen, dass im Parlament frei geredet werden kann.
Es gibt noch einen zweiten Vergleich, wer auch mit dieser Art verhindert hat, dass freie Reden möglich sind: Das waren Kommunisten. Auch die haben das gemacht.
Ich sage Ihnen noch einmal - ich meine das wirklich absolut ernst -: Wir müssen bei allem, was uns hier auch immer passiert, stets darauf achten, dass die Menschen frei reden können. Dafür bin ich eingetreten. Sie können es mir glauben. Deshalb steht das da auch drin. Es geht nicht darum, dass ich hier etwas relativiere. Ich sage jetzt exakt das Gleiche - was übrigens zum Teil sogar in der ddpMeldung steht, was auch alle Kollegen auf den Journalistenbänken gehört haben -, was ich in diesem Gespräch mit den Journalisten gesagt habe.
Es kann nicht wahr sein, dass wir zulassen, dass jemand, der hierher kommt, nicht einmal die Chance hat, in Ruhe zu reden, weil die in der Zeitung mit den vier großen Buchstaben veröffentlichten Vorurteile dazu geführt haben, dass gegen den betreffenden Kollegen tumultartig vorgegangen wird. Das kann nicht das Ergebnis unserer Debatte sein. Nur darum ist es gegangen.
Wenn es für Sie einfacher ist, will ich es Ihnen, Herr McAllister, noch einmal deutlich und in großer persönlicher Freundschaft sagen: Niemals werde ich Ihre Partei und auch sonst keine demokratische Partei inhaltlich mit den Nazis oder mit den Methoden der Nazis vergleichen. Das habe ich auch nicht getan. Ich sage Ihnen aber: Das freie Rederecht zu beschneiden, hat nur eine einzige Tradition derjenigen, die die Parlamente nicht wollten. Wir dürfen hier nicht auch unbewusst deren Methoden einführen lassen. Das Wort „unbewusst“ habe ich auch gesagt. Ich habe nichts von dem, was ich tatsächlich gesagt habe, zurückzunehmen. Und glauben Sie mir: Ich hätte mir auch nicht gewünscht, dass Sie dieses Thema in dieser Art und Weise hochziehen.
Wörtlich habe ich gesagt: Wir dürfen auch nicht unbewusst mit den Methoden der Nazis die Redefreiheit im Parlament beschränken.
Ich sage Ihnen - das ist meine letzte Bemerkung zu diesem Thema -: Herr McAllister, Ihren Vorwurf, wir würden hier immer wieder versuchen, ein bisschen mit Dreck zu schmeißen, und würden das dann ein bisschen zurücknehmen, weise ich aufs Schärfste zurück. Darum geht es in dieser Debatte überhaupt nicht; jedenfalls mir nicht, überhaupt nicht!
Ich würde mich freuen, wenn es uns trotz aller unterschiedlichen Debattenkulturen gelingen würde, wieder dahin zu kommen, dass wir dem Gegner nicht Lügen unterstellen und ihn nicht daran hindern, hier frei seine Meinung zu sagen, bevor er überhaupt das Rednerpult betreten hat.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für den Vertreter einer Partei, die gerade auf Bundesebene die Kontrolle über ihre Finanzpolitiker verloren hat, sind Sie ganz schön mutig, Herr Althusmann. Das muss ich sagen.
Ich weiß ja noch, wie Sie erklärt haben, der Kirchhof sei sozusagen ein glanzvolles Stück. Jetzt versuchen Sie, ihn zu verstecken.
Sie rechnen uns vor, was Niedersachsen durch die SPD und durch die Grünen in Berlin verloren hätte oder verlöre. Rechnen Sie doch bitte einmal dem geschätzten Publikum vor, was dieses Land durch die Steuerpolitik von Merkel, Kirchhof und Merz verliert. So sehr unterscheidet die sich ja nicht. 43 Milliarden Euro Steuerausfälle bedeuten Ausfälle für das Land Niedersachsen von 2 Milliarden Euro. So gut könnten selbst wir nicht regieren, um das wieder gutzumachen, was Sie da gerade verbraten, meine Damen und Herren. Das ist die Wahrheit.
Sie sagen uns, wir verstecken etwas. Warum veröffentlichen Sie nicht die 418 angeblichen Steuerschlupflöcher, die Sie streichen wollen. Die Wahrheit ist doch, dass sich dahinter noch mehr solcher Glanzleistungen wie die Streichung der Steuerfreiheit von Nachtund Schichtarbeit verbergen. 9 Millionen Schichtarbeiterinnen und Schichtarbeitern sagen Sie: Wir nehmen euch die Steuerfreiheit weg, holt euch das doch bitte über Tarifverhandlungen wieder. - Das sagt eine Partei, die gemeinsam mit der FDP die Tarifvertragsfreiheit infrage stellen will und die angeblich dagegen ist, dass die Lohnkosten weiter steigen. 17 % Lohnerhöhung wäre das. Sie zerschlagen die Möglichkeit, Tarifverträge zu machen - das wollen Sie jedenfalls -, und nehmen den Leuten noch Geld aus dem Portemonnaie. Das ist natürlich ein Glanzstück Ihrer Finanzpolitik in Deutschland. Das kann man nicht anders sagen.
Wenn wir schon dabei sind: Sie haben eben gesagt, was es so an Wahllügen gibt. Da lese ich doch in der Bild-Zeitung - man hat ja ein gutes Archiv; da guckt man mal nach -:
“Einige Politiker finden immer Begründungen für Einnahmeverbesserungen. Eine Mehrwertsteuererhöhung aber wäre der Overkill fürs Handwerk, würde noch mehr Beschäftigte in die Schwarzarbeit treiben. Ich bin für ein Moratorium. Wir
sollten fünf Jahre lang auf Steuererhöhung verzichten. Dadurch wird ein Staat gezwungen mit dem Geld auszukommen, das zur Verfügung steht."
Aus der Bild-Zeitung! Raten Sie, wer das war! Das war der Ministerpräsident dieses Landes, Herr Wulff.
Bis vor kurzem war die Mehrwertsteuererhöhung tabu, weil sie volkswirtschaftlich schädlich ist. Damit hat er übrigens Recht gehabt. Jetzt aber soll die Mehrwertsteuer um zwei Punkte erhöht werden, wenn die CDU an die Regierung käme.
Sie wollen den Leuten dabei noch weismachen, dass das durch eine Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung wieder herauskäme. Rentner und Kinder mit Familien, in denen die Frauen nicht arbeiten, hätten aber nichts davon. Dazu müssen Sie einmal Ihren Kollegen aus der FDP, Herrn Hermann, fragen. Dem senken Sie die Sozialversicherungsbeiträge um den „gigantischen“ Betrag von 3 Cent. Herr Hermann, eine Bruttoarbeitsstunde im Kfz-Handwerk ungefähr 13 Euro oder 14 Euro, so in der Größenordnung. 21 % davon sind die Sozialabgaben. Wenn Sie die zu 100 % streichen würden, hätten Sie 2,60 Euro Entlastung. Die wollen nur 1 % wegnehmen. Dann haben Sie ungefähr 3 Cent Entlastung. Das verbessert dann die Wettbewerbsfähigkeit?
- Bei brutto und netto sollten Sie besonders vorsichtig sein.
Wer die Menschen mit Nettoeinkommen von 1 000 Euro in eine private Krankenversicherung treiben will, wie Sie das mit Ihren Kopfpauschalen vorhaben, der hat wirklich keine Ahnung von brutto und netto. Sonst wüssten Sie, dass sich die Mehrheit der Familien so einen Unsinn nicht leisten kann, Herr Althusmann. Das ist die Wahrheit über Ihre Politik.
Der Arbeitgeber Hermann wird also um 3 Cent entlastet. Gleichzeitig wird seinen Kunden die Mehrwertsteuer um 2 Punkte hochgesetzt. Das ist eine Glanzleistung für wirtschaftspolitischen Unsinn, den die CDU da aufgeboten hat!
All das bieten Sie den Leuten an: Nacht- und Schichtarbeit besteuern, Pendlerpauschale herunter. Ich höre noch seine Reden hier, wie er erzählt hat, im Flächenland geht das alles nicht.
Ich sage Ihnen: Was Sie nicht mitgekriegt haben, ist die Bewertung, die inzwischen über die Politik abgegeben wird, die wir gemacht haben. Sie zitieren so schöne Dinge. Ich halte Ihnen lieber den Economist gar nicht vor. Den können Sie sich hinterher von Herrn McAllister übersetzen lassen. Da steht drin, dass der Überraschungsstaat Deutschland sei. Hier steht: In Deutschland haben sich die Rahmenbedingungen für Unternehmen im vergangenen Jahr so deutlich verbessert wie in keinem anderen hoch entwickelten Industrieland der Welt. So resümiert das Handelsblatt.
Und: Mit Blick auf den Arbeitsmarkt war Deutschland 2004 der Top-Reformer, urteilt der Chefökonom der Weltbankagentur. - Das letzte Zitat: Es hat sich ganz einfach etwas getan in Deutschland, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt, sagt der Weltbankvizepräsident Michael Klein. - Das ist die Beurteilung über die Schröder'sche Politik. Wir haben viel Ärger dafür gekriegt. Die Exportbedingungen verbessern sich aber, meine Damen und Herren. Wir sind auf einem guten Wege. Falls der Redebeitrag, den Sie geliefert haben, für mich ein Abschiedsgeschenk sein sollte, vielen Dank. Das ist Ihnen gelungen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hirche, vielen Dank, dass Sie die BertelsmannStiftung zitiert haben. Auch ich finde das sehr erfreulich. Aber ich finde, Sie sollten den Menschen und den Kolleginnen und Kollegen im Parlament sagen,
dass das Daten der Jahre 2002 und 2003 sind. Das sollten Sie schon sagen.
Es freut uns doch alle, wenn sich das Land gut entwickelt hat, scheinbar u. a. deshalb, weil wir im Jahr 2002 anständig regiert haben.
- Er hat es doch zitiert, nicht ich. Sie müssen sich bei Ihrem Wirtschaftsminister beklagen, wenn er Studien zitiert, die unsere Regierungszeit untersucht haben. Dann dürfen Sie sich nicht bei mir beklagen.
Herr Minister Hirche, erklären Sie doch einmal, warum Sie auf die Regelung bei der Tonnagesteuer hinweisen - zu Recht; das ist gut für unsere maritime Wirtschaft -, warum aber ausgerechnet dies eine Regelung ist, die Herr Kirchhof nach seinem Steuerkonzept wieder abschaffen will. Erklären Sie das doch einmal!
Sie suchen sich immer das heraus, was gerade passt. Bei meiner Debatte über Nachtund Schichtarbeit
haben wir seinerzeit mit Gewerkschaften diskutiert. Am Ende der Debatte haben wir uns gesagt, wir können das nicht durchsetzen und machen das nicht. Aber bei uns ist nie einer auf die Idee gekommen, die Gewerkschaften kurz und klein zu schlagen, sodass sie keine Chance mehr haben, und gleichzeitig zu fordern, sie sollten sich 17 % Lohnerhöhung holen. Das sind ein paar Unterschiede bei uns.
Aber eigentlich hatte ich mich wegen des Kollegen Rösler gemeldet. Ich finde, nicht nur Angst, sondern auch Feigheit ist eine große Feindin der Freiheit. Sie waren in Ihrer Regierungszeit zu feige zu verhindern, dass die Sozialversicherungsbeiträge von 34 % auf 43 % gestiegen sind. Heute beschimpfen Sie uns, dass wir die Sozialbeiträge nicht genug gesenkt haben. Wir haben sie wenigstens gesenkt, Sie haben sie gesteigert.
Sie waren zu feige, den Menschen die Wahrheit zu sagen, dass die deutsche Einheit nicht aus der Portokasse zu bezahlen ist. Sie haben mithilfe der FDP und mit Frau Merkel im Kabinett innerhalb von sechs Jahren 395 Milliarden Euro zusätzliche Schulden gemacht. Sie werfen uns vor, dass wir in sieben Jahren 130 Milliarden Euro zusätzliche Schulden gemacht haben. Ich sage Ihnen, das ist immer noch zu viel; aber das sind zwei Drittel weniger Schulden, als Sie zu verantworten hatten. Dass jemand, der sozusagen die Täter von gestern repräsentiert, sich uns als Retter von Morgen darstellen will, ist, wie ich finde, eine außerordentlich betrübliche Veranstaltung.
Sie sind diejenigen, die die Sozialbeiträge so hoch gezogen haben, dass sich die Handwerksbetriebe das heute nicht mehr leisten können.
Sie sind diejenigen, die den Leuten versprochen haben: Wir brauchen die neuen Straßen, die neuen Krankenhäuser, die neuen Schulen; das alles können wir aus der Portokasse bezahlen. Sie sind
diejenigen gewesen, die vor dem Bundesverfassungsgesicht verklagt werden mussten, damit sie endlich bereit waren, mehr Kindergeld herauszurücken. Wir haben das realisiert. Sie haben sich gegen Ganztagsschulen geäußert. Sie haben im Lande sogar gegen Kindertagesstätten gestimmt. Sie sind die Letzten, die eine Chance hätten, uns etwas vorzuwerfen. Sie wollen das Land nicht ins 20. Jahrhundert - Herr Kirchhof hat gesagt, welches Familienbild er hat -, nein, ins 19. Jahrhundert zurückbringen, meine Damen und Herren.
Erzählen Sie uns nichts über die Feinde der Freiheit! Feigheit, Herr Rösler, war das, was Sie in Ihrer Regierungszeit abgeliefert haben. Wir hatten den Mut, das endlich zu verändern.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei dem Redebeitrag des Kollegen von der FDPFraktion hatte ich den Eindruck, dass das eigentlich ein Thema ist, bei dem man am Ende möglicherweise doch zu gemeinsamen Beurteilungen kommt und vielleicht auch einen Weg findet; denn der Kollege von der FDP hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das eigentliche Thema am Ende sein wird, wie wir ein relativ aufwändiges Konzept der Frühförderung finanzieren.
Ich wäre insbesondere Frau Vockert und anderen dankbar, wenn sie nicht versuchen würden, bei diesem Thema nach alter Manier einfach nur zu sagen, dass wir das alles schon machen. Wir machen das natürlich nicht. Wir haben es nicht gemacht, und Sie machen es zurzeit auch nicht.
Worum geht es? - Erstens. Wir wissen, dass die Geburtenzahlen sinken. Es hat nicht nur etwas mit Gerechtigkeit zu tun, sondern auch ökonomisch können wir es uns nicht leisten, dass wir einen Teil der jungen Menschen, die bei uns aufwachsen, z. B. in sozialen Brennpunkten, in bildungsfernen Familien und Bevölkerungsschichten, nicht stärker fördern; denn wenn es weniger Kinder in Deutschland gibt, dann müssen wir aus denen, die da sind, endlich mehr machen. Darum geht es. Das ist auch ein ökonomisches Thema.
Zweitens. Warum in den sozialen Brennpunkten? Weil da der größte Nachholbedarf besteht. Wir wissen doch - darüber diskutieren wir schon sehr lange; da sind die Auffassungen auch zwischen Ihrem Kultusminister und uns gar nicht so weit voneinander entfernt -, wie es ist, wenn man in einem Stadtteil lebt, in dem der Ausländeranteil in Grundschulen und in Kindergärten 70 % beträgt; da ziehen die Deutschen weg und anderes mehr.
Da machen die Briten etwas, was in Deutschland nur im Rahmen von ein oder zwei Modellprojekten gemacht wird; mehr gibt es hier nicht. Ich glaube, in Berlin ist das einzige Modell in Deutschland. Sie
arbeiten in zwei Richtungen, nämlich einmal in Richtung der Eltern. Wir beklagen in Sonntagsreden immer wieder, dass die Eltern sozusagen zu wenig ihrem Erziehungsauftrag gerecht werden. Das britische Konzept geht davon aus, dass auch in Richtung der Eltern gearbeitet werden muss, dass sie zu beteiligen sind. Die zweite Richtung ist in Richtung Grundschule.
So etwas gibt es bei uns deshalb nicht, weil man dazu nicht nur qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher braucht, sondern auch Sozialpädagogen, Psychologen, Erziehungsberater, manchmal Theaterpädagogen, manchmal Sportpädagogen. Das ist ein relativ teures Konzept. Niemand bezweifelt, dass der Kultusminister das nicht aus dem Stegreif finanzieren kann. Aber so zu tun, als sei alles in Ordnung und wir machten das alles wunderbar, hilft den betroffenen Kindern und Eltern nicht, das fördert sie nicht. Des Weiteren vergessen wir den Grundsatz: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr oder jedenfalls viel schwieriger. - Wir werden uns auch aus ökonomischen Gründen mehr darum kümmern müssen, dass aus Kindern, die heute bildungsfern aufwachsen, etwas wird. Indem Sie sagen, Frau Vockert - ich verstehe das; wir alle haben schon einmal solche Reden gehalten -, wir machten das alles schon, helfen Sie den Kindern, den Eltern und der Volkswirtschaft nicht.
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - Deswegen ist meine Bitte, in den Ausschussberatungen vorurteilsfrei darüber zu beraten, mit welchen Schritten wir die Finanzmittel organisieren können, um das offensichtlich im Kern nicht völlig umstrittene Projekt umsetzen zu können. Ich sage ausdrücklich in Richtung FDP-Fraktion: Ich hoffe, dass Sie dort ein bisschen vermittelnd eingreifen können.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Sander, was ich bei Ihnen am meisten bewundere, ist, dass Sie, wenn wir über Atomenergie reden, jedes Mal Ihr Theologieexamen ablegen.
Denn Sie verkünden immer Glaubenssätze. Ich meine, wir sollten keine theologische Debatte über
Glauben führen, sondern ein paar Zahlen sprechen lassen.
- Seien Sie vorsichtig, Frau Kollegin! Ich glaube, Sie wissen nicht genau, worüber Sie reden. Das geht Ihnen ja häufiger so.
Herr Minister Sander, Sie nennen es eine Ideologiedebatte, aber Deutschland ist bei der Zukunftstechnologie Weltmarktführer. Ein paar Zahlen: Bei der Windenergie exportieren wir 51 %. Bei der Solarenergie haben wir Japan abgehängt und sind Weltmarktführer. Im Bereich der Bioenergie haben wir in Europa die meisten Flächen für nachwachsende Rohstoffe. Das haben wir u. a. über die Gesetze der Bundesregierung erreicht, die Sie immer diskreditieren.
Wenn wir wie Sie auf den Ausbau der Kernenergie gesetzt hätten, wenn wir wie Sie China und Japan bereist hätten und Niedersachsen nicht nur für Bayern und Baden-Württemberg als Atomklo anbieten würden - wie Sie das ja für Ihre Aufgabe halten -, sondern auch noch weltweit Atommüll nach Niedersachsen geholt hätten, dann hätten wir in Niedersachsen mehr als 100 000 Arbeitsplätze weniger im Bereich der erneuerbaren Energien und nicht mehr, wie das heute der Fall ist. Sie betätigen sich in diesem Bereich als Arbeitsplatzvernichter!
Übrigens hat nicht nur Herr Minister Hirche in der Neuen Presse angekündigt, er sei für den Ausbau von Kernkraftwerken, sondern auch die Sächsische Landesregierung hat gerade offen erklärt, dass sie für den Neubau eines Atomkraftwerkes eintritt.
- Ich habe gehört, dass derjenige, der das gewesen ist, offensichtlich Ihrer Partei angehört und nicht unserer. Sie können ja mal nachfragen.
- Deswegen wird es auch nicht dazu kommen. Da können Sie sicher sein. Insofern ist auch eine Minderheitenbeteiligung manchmal ganz gut. Aber bei Ihnen verschlimmert das die Politik.
Ich sage Ihnen: Wenn Sie die Restlaufzeiten der Atomkraftwerke verlängern, Herr Kollege Sander, dann verhindern Sie 10 Milliarden Euro Investitionen, die die Energieindustrie für erneuerbare Energien zugesagt hat, und 9,3 Milliarden Euro Investitionen in die Infrastruktur. Das sind 20 Milliarden Euro, die Sie in den Wind schreiben. Und dann behaupten Sie, Sie wollten in Deutschland etwas für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit tun? - Das Gegenteil ist der Fall. Sie vernichten in diesem Bereich Arbeitsplätze.
Nach Auffassung der Experten geht es um 130 000 Arbeitsplätze. Die FAZ hat am 6. April dieses Jahres sogar von 370 000 zusätzlichen Arbeitsplätzen bis ins Jahr 2020 gesprochen. Das ist das Ergebnis der Energiepolitik, die wir betreiben.
Der Kollege Thiele hat etwas zur Versorgungssicherheit gesagt. Lieber Herr Kollege Thiele, in Deutschland haben wir - ohne dass das Schwierigkeiten bereitet - im Jahr Ausfälle von 15 Minuten. Das ist die geringste Ausfallquote in ganz Europa.
In Ländern mit einem höheren Anteil von Atomkraft - wie Großbritannien oder Frankreich - liegt der Ausfall bei 85 bzw. 65 Minuten. Ohne den Zuwachs bei den erneuerbaren Energien hätte Deutschland den Franzosen in diesem Winter keinen Strom liefern können, als ihnen wegen der vielen Stromheizungen aufgrund des Atomstroms in Frankreich das Netz zusammengebrochen ist. Wir haben im Winter mit den erneuerbaren Energien Strom nach Frankreich gebracht, weil dort die Netze zusammengebrochen sind. Das ist die Realität in Deutschland!
Ich bin gespannt, wie es mit Ihren theologischen Glaubenssätzen aussieht, wenn in diesem Jahr in Frankreich wegen Niedrigwasserstand an der Rhône die Kapazitäten der dort stehenden Atomkraftwerke heruntergefahren werden müssen und Deutschland mit erneuerbaren Energien wieder die Energiesicherheit Frankreichs gewährleistet.
Mal sehen, wie dann Ihre Antwort zu diesem Thema lautet. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Ich melde mich, um zunächst etwas zu korrigieren. Herr Kollege Althusmann, ich habe mit meinen Kollegen Ihrer Rede lauschen dürfen. Meine Kollegen sagen, Sie hätten behauptet, ich hätte vor vier Wochen eine solche Aussage gemacht. Ich stelle hier fest: Das ist falsch.
- Meine Kollegen sagen - ich habe es auch so gehört -, Sie hätten behauptet, vor vier Wochen.
Zweitens wiederhole ich noch einmal, was ich im Jahr 2003 schon einmal gesagt habe. Hören Sie gut zu. Natürlich kann man darüber streiten, ob es Aufgabe des Steuerzahlers ist, die Subvention von Nacht- und Schichtarbeit für die Arbeitgeber zu zahlen.
Aber dann ist es nur konsequent - und das lassen Sie natürlich hier weg -, wenn man gleichzeitig für eine deutliche Erhöhung der Bruttolöhne eintritt. Das geht natürlich nicht mit einer Partei, die gleichzeitig drauf und dran ist, die Tarifvertragsfreiheit in Deutschland infrage zu stellen. Das ist die Position, die ich vertreten habe.
Sie müssen sich also entscheiden. Entweder Sie sind dafür, den Menschen, den Krankenschwestern und den Schichtarbeitern im Stahlwerk und bei Volkswagen, die Löhne und Gehälter durch die Streichung der Steuerbefreiung für Nacht- und Schichtzuschläge zu kürzen.
Dann sagen Sie das offen! Oder Sie sagen ihnen: Nein, wir sind dafür, dass ihr das gleiche Nettoeinkommen behaltet. Das würde bedeuten, dass die Bruttoeinkommen deutlich erhöht werden müssen. Das müssten dann die Arbeitgeber zahlen. Dafür brauchen Sie übrigens starke Gewerkschaften und Tarifvertragsfreiheit. Wenn Sie das mit uns durchsetzen wollen, wenn Sie uns sozusagen über eine höhere Lohnsteigerung von der Steuersubvention befreien wollen, dann passt das nicht mit Ihrem Kampf gegen Tarifvertragsfreiheit, gegen Mitbestimmung und gegen Gewerkschaften zusammen. Das, was Sie da machen, ist unlogisch. Sie produzieren den betrieblichen Häuserkampf. Unterstellen Sie uns nicht, wir würden den Blödsinn mitmachen und den Leuten die Steuerbefreiung für Nacht- und Schichtarbeit nehmen,
damit die Chefs sich morgens über gute Börsenkurse und über eine Senkung ihres Spitzensteuersatzes freuen können.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin, vielen Dank für Ihre Inschutznahme. Ich muss Ihnen allerdings sagen, dass ich mich nicht von jedem beleidigen lasse.
Ja, 1 : 1. Ich wollte allerdings noch sagen: Falls er meinen Körperumfang gemeint hat, gilt das Motto „lieber dick als doof“.
- Ich habe ein Motto zitiert. Wenn Sie jetzt Angst haben, dass ich noch zunehme, dann ist das Ihr Problem.
Jetzt aber zum Thema, Herr Althusmann. Sie haben die Chance verspielt, dass wir im Ältestenrat über das Verfahren der Fragestunde reden. Das ist vorhin hier beantragt worden. Es stimmt zwar, dass Zusatzfragen den ursprünglichen Gegenstand der Fragen nicht verändern dürfen. Wenn aber die Antworten der Landesregierung praktisch die gesamte politische Debatte abdecken - wie das eben in der Mini-Regierungserklärung Ihres Ministerpräsidenten zur Verteidigung Ihres Kultusministers der Fall gewesen ist -,
dann wird uns keine Geschäftsordnung der Welt daran hindern, die Landesregierung auch zu den Gegenständen zu befragen, die sie selbst in die Debatte eingebracht hat, meine Damen und Herren.
Wenn Sie wissen wollen, wie sich Ihre eigene Fraktion zu dieser Frage verhält, dann empfehle ich Ihnen, einmal nachzulesen, was der heutige Innenminister und damalige Abgeordnete Schünemann - als Sie noch in der Opposition waren -, gesagt hat, als die damalige Regierung durch den damaligen Ministerpräsidenten auf Fragen Ihres damaligen Oppositionsführers hin umfangreich geantwortet hat. Die CDU-Fraktion hatte dies seinerzeit ebenfalls zum Anlass genommen, den Gegenstand der Fragestellung auszudehnen.
Also lassen Sie die Kirche im Dorf! Wenn Ihre Leute präzise antworten, dann fragen wir auch präzise. Wenn Ihre Leute hier aber Regierungserklärungen abgeben, dann werden wir bei allem nachfragen, was Sie hier zum Besten geben, lieber Herr Kollege Althusmann.
Ich melde mich nach § 77, nicht nach § 75 der Geschäftsordnung, Herr Althusmann. Ich habe auch nichts dagegen, dass Sie hier reden wollen. Ich will
bloß eine Bemerkung zu dem machen, was der Kollege Gansäuer gesagt hat.
Meine Damen und Herren, die Frage, ob die Geschäftsordnung eng oder weit ausgelegt wird, hat u. a. etwas damit zu tun, ob sich alle Beteiligten im Parlament - und dazu zählt auch die Regierung, Herr Kollege Gansäuer - an die Spielregeln halten, die übrigens auch in der Geschäftsordnung stehen. Dort steht u. a., dass nach bestem Wissen und Gewissen zu antworten ist. Wir haben aber den Eindruck, dass das nicht der Fall gewesen ist.
Darauf dürfen wir als Parlamentsfraktion aber reagieren. Was auch immer der GBD Ihnen sagt, Herr Gansäuer: Es ist Sache des jeweiligen Sitzungspräsidenten zu entscheiden, ob der Vorspann der Antwort der Regierung den Beratungsgegenstand bereits so ausdehnt, dass gar nicht anders gefragt werden kann als so, wie hier gefragt wurde.
Herr Gansäuer, ich sage Ihnen noch etwas. Dann bin ich aber auch dafür, dass wir das Fass richtig aufmachen und über die Frage reden, ob es eigentlich sein darf, dass Erklärungen, die nach der Geschäftsordnung eigentlich anderen Instrumenten zugeordnet sind - z. B. dem Instrument der Regierungserklärung -, innerhalb der Fragestunde abgegeben werden. Darf es sein, dass die Oppositionsfraktionen auf solche Ausführungen der Regierung nicht antworten können, sondern lediglich mit Fragen reagieren können?
Herr Kollege Gansäuer, wir sind das Parlament, und das Parlament hat hier das Sagen. Die Regierung ist hier eher Gast, als dass sie das Parlament dominieren kann. Wir als Parlament müssen die Debatte dominieren.
- Ich habe Ihnen vorhin ein Beispiel dafür genannt, dass das früher genau umgekehrt der Fall gewesen ist. Ich bin da viel ehrlicher, als Sie sich das selbst zutrauen.
Herr Kollege Gansäuer, ich bitte darum, dass wir das Fass dann richtig aufmachen und die Frage stellen, ob wir dann nicht auch andere Spielregeln für die Regierung in die Geschäftsordnung und in die Verfassung des Landes einbringen müssen, damit hier keine Dominanz der Regierung entsteht,
wie wir sie aus Bayern kennen, wo ihr am Ende jedes Tagesordnungspunktes das Wort erteilt wird. Das entspricht nicht der norddeutschen bzw. der niedersächsische Verfassungstradition. Wir leben hier nicht in Süddeutschland, sondern in Norddeutschland, und hier gibt es eine andere Verfassungstradition.
Ich bitte darum, dass wir auch darüber offen reden. Dann bin ich gerne bereit, über das Thema so eng zu verhandeln, wie Sie das - aus Ihrer Sicht nachvollziehbar - hier eingefordert haben.
Frau Ministerin, ich habe zwei Fragen.
Die erste Frage betrifft die Veröffentlichungspflicht gegenüber der Öffentlichkeit. Halten Sie es für angemessen, dass wegen des Fehlens eines Zusatzes gegenüber der Öffentlichkeit der Eindruck vermittelt werden kann, dass derjenige, dessen Name auf dem Briefkopf steht, nicht nur Mitglied der Landesregierung, sondern auch noch tätiges Mitglied in einer Kanzlei ist? Halten Sie es deshalb nicht für notwendig - auch wenn es nach Ihrer Rechtsauffassung nicht erforderlich ist, das zu veröffentlichen -, die Öffentlichkeit darüber zu in
formieren, dass jemand nicht mehr in einer Kanzlei tätig ist, damit nicht ein Werbeeffekt entsteht?
- Kein Problem. Wir können auch darüber gern reden.
- Wir reden über Mitglieder der Landesregierung, Herr Kollege. Für diese gilt die Verfassung, falls Ihnen das nicht klar ist.
Meine zweite Frage, Frau Ministerin. Halten Sie es für angemessen, dass mit einem Brief, auf dessen Kopf der Name eines Mitgliedes der Landesregierung steht, ein Ministerium aufgefordert wird, sich zu einer bestimmten Angelegenheit zu verhalten oder Stellung zu beziehen,
dass also eine Anwaltskanzlei mit dem Namen eines Ministers an ein Landesministerium schreibt und die Mitarbeiter dieses Landesministeriums auffordert, zu einer bestimmten Frage Stellung zu nehmen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Deutsche Bundesbank hat in ihrem Monatsbericht April 2005 erläutert, worum es bei den Öffnungsklauseln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes geht. Damit es nicht ganz so einseitig abläuft, wie Herr Möllring es versucht hat, will ich ihre Aussagen einmal vorlesen:
„Zudem ist weiteren Einwendungen des betreffenden Defizitlandes Rechnung zu tragen, beispielsweise bei Belastungen aus Finanzbeiträgen zu Gunsten der internationalen Solidarität“
- und jetzt kommt es
„sowie zur Verwirklichung der Ziele der europäischen Politik, insbesondere den Prozess zur Einigung Europas.“
Die Bundesbank verweist mithin darauf, dass die EU-Kommission gesagt hat: Wenn Länder im Prozess der europäischen Einigung besondere Lasten haben, dann ist dem Rechnung zu tragen, und dann kann man sie nicht starr an die bisherigen Regelungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes binden. Diesen besonderen Belastungen sollte Rechnung getragen werden.
Warum sagt die EU-Kommission das? Herr Möllring weiß das natürlich. Die EU-Kommission führt die Probleme der Bundesrepublik Deutschland bei der Einhaltung der Defizitgrenzen seit Jahren in jedem Weißbuch darauf zurück, dass Deutschland ein Sonderproblem hat. In jedem Weißbuch wird festgestellt, dass es nur ein Land in Europa gibt, das eine Wiedervereinigung zu verkraften hat, die in jedem Jahr einen Transfer von 80 Milliarden Euro von West- nach Ostdeutschland verursacht.
Das zeigt auf der einen Seite die Stärke der deutschen Volkswirtschaft. Jemand anders kann das nämlich nicht. Manchmal wünsche ich den ameri
kanischen Analysten eine Wiedervereinigung mit Mexiko. Dann wüssten sie, was das kostet und welche Beiträge man dafür aufbringen muss.
Auf der anderen Seite heißt das natürlich, dass Leistungen erbracht werden müssen - und zwar im Wesentlichen vom Bund, Herr Minister Möllring -, die anderen Ländern nicht auferlegt werden. Der Grund, warum der Bund die 79 % des Defizits verantwortet, die Sie hier mehrfach zitiert haben, ist, dass die großen Lasten in der Sozialversicherung entstehen, z. B. bei der Finanzierung der Rentenauszahlung. Jedes Jahr müssen allein 80 Milliarden Euro aus Steuermitteln in die Rente gezahlt werden. Auch das Defizit in der Arbeitslosenversicherung zahlt der Bund. Übrigens bedeutet auch die Entlastung der niedersächsischen Kommunen von der Sozialhilfe zusätzliche Lasten für den Bund.
Der eigentliche Grund ist also, dass wir etwas haben, was andere nicht haben, nämlich die Kosten der deutschen Einheit - die wir aber, das sage ich ausdrücklich, auch tragen wollen. Diese Kosten sind der Grund, warum die EU-Kommission korrekterweise sagt, dass Deutschland anders behandelt werden muss als andere Länder.
Deshalb, Herr Finanzminister, finde ich, sollten Sie aufhören, Schuldzuweisungen zu betreiben. Wenn Sie sagen, hier gehe es um die Ablösung dieser Bundesregierung, dann sage ich: Hier predigen die Täter von gestern,
die dafür gesorgt haben, dass die Kosten der deutschen Einheit verheimlicht wurden. Sie hatten die Staatsverschuldung des Bundes aus der Zeit von Helmut Schmidt - von Konrad Adenauer bis Helmut Schmidt wurden dafür fast 40 Jahre gebraucht - mit 150 Milliarden Euro schon vor der deutschen Einheit fast verdoppelt. Und dann haben Sie sie auf 750 Milliarden Euro steigen lassen, weil Ihre Partei - Sie waren schon dabei - den Leuten erklärt hat: Das kostet nichts, das machen wir aus der Portokasse, dafür muss niemand mehr bezahlen. Deswegen sind wesentliche Teile der deutschen Einheit auf Pump finanziert.
Damals hätten wir die Mehrwertsteuer erhöhen müssen. Jetzt wäre das konjunkturschädlich. Damals hätten wir das gekonnt. Sie haben den Leuten falsche Versprechungen gemacht. Sie haben den Arbeitern und Angestellten die soziale Einheit Deutschlands in die Kassen geschoben. Dafür müssen heute die Defizite finanziert werden. Das ist der Grund für die schwierige Lage Deutschlands. Das ist der Grund, warum die EU dem Rechnung trägt. Das ist der Grund, warum Sie hier eine Märchenstunde abgeliefert, aber nichts zur Finanzpolitik erklärt haben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bevor wir in den Tagesordnungspunkt zum Thema Jugendarbeitslosigkeit eintreten, hätte die SPDFraktion gerne etwas geklärt, was für sie von grundsätzlicher Bedeutung ist, nämlich ob sie den
Antworten, die sie von der Landesregierung gleich bekommen wird, eigentlich trauen kann.
Wir haben in der gestrigen Aktuellen Stunde erlebt, dass die Landesregierung durch Frau Ministerin von der Leyen eine Antwort gegeben hat, die - jedenfalls nach unserem Eindruck - nicht der Wahrheit entsprochen hat. Frau Ministerin von der Leyen, ich hatte Sie gefragt, ob es stimmt, dass aus dem Jahr 2004 Haushaltsreste in Höhe von 1,2 Millionen Euro im Bereich der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit zur Verfügung stehen, die Sie nicht zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit verbrauchen.
Sie haben sich dann dankenswerterweise zu Wort gemeldet und ausweislich des Protokolls gesagt:
„Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da ich direkt gefragt worden bin, gebe ich auch eine direkte Antwort. Die Mittel sind durch Bescheid belegt und werden ausgezahlt, soweit sie abgerufen werden. Mit anderen Worten: Sie sind in das Thema Jugendarbeitslosigkeit investiert.“
Meinen Zwischenruf mit der Frage „Keine Haushaltsreste?“ haben Sie mit dem Wort „Nein“ beantwortet.
Frau Ministerin, Ihr Staatssekretär hat mit Schreiben vom 8. Dezember 2004 den Staatssekretär im Finanzministerium darauf hingewiesen, dass im Haushaltsjahr 2004 Mittel aus dem Programm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Höhe von 1,2 Millionen Euro nicht benötigt worden seien. Er wollte sie einer Stiftung zum Erhalt einer Jugendbildungsstätte zuführen. Darauf hat ihm der Staatssekretär im Finanzministerium mit Schreiben vom 17. Dezember mitgeteilt, dass er dieser Bitte leider nicht nachkommen könne, weil nicht verbrauchte Mittel - auch aus dem Bereich Jugendarbeitslosigkeit - zur Deckung des Haushaltsfehlbetrages eingesetzt werden müssen.
Frau Ministerin, ich hatte gestern nicht ohne Absicht gefragt. Meine Bitte ist, dass Sie vor Eintritt in den Tagesordnungspunkt Jugendarbeitslosigkeit die Gelegenheit ergreifen, sich zu korrigieren. Ihre Aussage war, jedenfalls nach den uns vorliegenden Dokumenten, eindeutig falsch, das war eine Falschaussage gegenüber dem Parlament.
Wir glauben, dass wir darauf zurückkommen mussten, bevor wir in die Debatte über die Jugendarbeitslosigkeit eintreten. Wir wollen wissen, ob man sich darauf verlassen kann, dass die Aussagen der Landesregierung uns gegenüber korrekt sind.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ist stelle zunächst fest, dass ich Sie gestern nach Haushaltsresten gefragt habe. Ihre Auskunft war: Es gibt keine Haushaltsreste.
Da ich Sie, Frau Ministerin, an einer anderen Stelle einmal falsch zitiert habe, finde ich es nur fair, dass ich Ihnen im Gegenzug jetzt auch das Recht auf ein Missverständnis einräume; es war ja nicht mehr als ein Zwischenruf. Gestern war offensichtlich unklar, um was es geht.
Was ich Ihnen aber nicht durchgehen lassen kann, ist die Behauptung, der Bund sei daran schuld.
Ich äußere mich ja auch zum Verfahren. Es geht doch um die Frage, ob wir uns bei der bevorstehenden Besprechung zu der Großen Anfrage auf der gleichen Grundlage der Informationen befinden.
- Dagegen werden Sie nichts tun können. Ich habe mich schon auf den richtigen Paragrafen der Geschäftsordnung bezogen. Ich gebe keine persönliche Erklärung ab, ich rede auch nicht zu einem Tagesordnungspunkt, sondern ich habe mich außerhalb der Tagesordnung gemeldet, und Ihre Präsidentin hat mir das Wort erteilt. Deswegen rede ich jetzt.
Frau Ministerin, Sie haben am 8. Dezember aufgefordert, mit den 1,2 Millionen Euro eine Stiftung zur Erhaltung einer Jugendbildungsstätte in Juist zu gründen.
Da ich den Eindruck habe, dass die Ministerin schon wieder eine falsche Auskunft gegenüber dem Parlament gibt, möchte ich sie noch einmal fragen, warum sie nicht offen zugibt, dass die 1,2 Millionen Euro nicht für die Jugendarbeitslosigkeit eingesetzt worden sind.
Das Verfahren, das Sie machen wollten, ist übrigens von Ihrem Finanzminister gestoppt worden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Rösler, Lernen heißt in der Pädagogik: dauernde Verhaltensänderung.
Bei Ihnen stellen wir fest: Sie haben überhaupt nichts aus der Debatte um die Gefahren der Atom
energie gelernt. Was wir nicht wollen - nur damit auch Sie es einmal gehört haben -, ist, dass Sie eine - zugegeben - existierende Gefahr, nämlich die der Klimakatastrophe, nutzen, um eine andere Gefahr, nämlich die der Entsorgung radioaktiver Abfälle und des Betriebs von Kernenergieanlagen, damit auszublenden. Wir möchten nicht die Pest gegen die Cholera tauschen. Das wollen wir nicht.
Wir dachten, dass Menschen Ihrer Ausbildung, Ihrer Energie, Ihrer Dynamik auch in der Lage wären, nachzuvollziehen, welche Debatten es in diesem Land Niedersachsen und in Deutschland über Atomenergie in den letzten 30 Jahren gegeben hat, die am Ende zu einem Atomkonsens aller in Deutschland geführt haben, auch der Energiewirtschaft. Sie wollen aus diesem Atomkonsens wieder aussteigen.
Es gibt zwei Voraussetzungen dafür, dass wir in Deutschland eine gesicherte Endlagerung für abgebrannte oder wiederaufbereitete Kernelemente finden: Erstens. Die Endlagerung - das ist der Unterschied zu Ihnen - ist mit dem Ausstieg aus der Kernenergie verbunden und nicht die Voraussetzung zum Neubau von Atomenergieanlagen.
Sie wollen die Endlagerung nutzen, um neue Atomkraftwerke in Betrieb nehmen zu können. Sie betreiben das Geschäft der Atomindustrie. Das tun wir nicht. Wir legen Wert auf diesen Unterschied. Wir wollen nicht in ein Boot mit Ihnen.
Die zweite Voraussetzung dafür ist, dass Sie ein Endlagerkonzept haben, bei dem man im Zweifel in der Lage ist, die abgebrannten Elemente wieder herauszuholen, wenn Probleme bei der Endlagerung auftreten. Nun wissen alle, dass das beim Salzstock nicht möglich ist. Deswegen plädieren wir dafür - wir dachten, es gebe dafür eine gemeinsame niedersächsische Überzeugung; übrigens haben früher die Vertreter der CDU im Landtag, die aus der Region Gorleben kamen, den Standpunkt mit uns gemeinsam vertreten -, dass in ganz Deutschland nach Möglichkeiten der Endlagerung gesucht wird, z. B. auch im Granit, wie es auch in anderen europäischen Ländern der Fall ist, damit man das wieder herausholen kann, wenn es Probleme gibt. Sie aber wollen denjenigen, die die Atomenergie in Bayern und Baden-Württemberg
ausbauen wollen, Niedersachsen als Atomklo für ihre Endlagerung anbieten. Das ist das, was Sie wollen.
Sie spielen mit der Gesundheit der Bevölkerung. Sie sind diejenigen, die die Interessen des Landes Niedersachsen und der Menschen hier zugunsten der parteipolitischen Interessen verhökern, die Ihre Leute in Berlin, aber vor allen Dingen in Bayern und Baden-Württemberg zu vertreten haben. Das ist Ihre Politik.
Sie interessieren sich überhaupt nicht für einen Energiemix. Vor allen Dingen haben Sie offensichtlich aus der Auseinandersetzung um die Frage, wie wir mit der Energieeinsparung weiter umgehen, wie wir regenerative Energiequellen fördern und wie wir die Technologie im Umgang mit fossilen Brennstoffen verbessern, überhaupt nichts gelernt. Ihre Alternative des Einsatzes der Kernenergie auch in Zukunft ist keine zukunftszugewandte Alternative. Sie gefährdet die Gesundheit der Menschen. Sie ist gegen das Interesse des Landes Niedersachsen. Es hat überhaupt nichts damit zu tun, dass wir etwas dagegen hätten, mehr für Klimaschutz zu tun. Sie sind diejenigen, die sich einer solchen Debatte im Kern verweigern. Sie wollen zurück in die 50er-Jahre - allerdings nicht dieses Jahrhunderts, sondern des letzten Jahrhunderts. Da wollen wir nicht mit. Das ist der Unterschied zwischen uns.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr McAllister, ob das alles zutrifft oder nicht, werden wir hier noch erleben. Wir jedenfalls haben eben festgestellt, dass bei einem der wichtigsten Projekte, nämlich bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und auch der Jugendarbeitslosigkeit in Niedersachsen, vor Ort nicht nur die Stimmen zu hören sind, die Sie zitiert haben, sondern auch diejenigen, die Ihnen unterstellen, dass Sie von wichtigen Projekten zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit abrücken. Herr Oppermann hat das eben belegt. Deswegen möchte ich Sie gerne fragen, was Sie eigentlich tun wollen, um die Entwicklung, die wir in unserem Bundesland seit etwa einem Jahr erleben können, zu stoppen.
In Niedersachsen lag die Zahl der Arbeitslosen im April 2005 um 20 % über dem Wert des gleichen Monats im Vorjahr. Damit ist die Steigerung bei uns doppelt so stark wie im übrigen Bundesgebiet. Das heißt, dass die Arbeitslosigkeit in Niedersachsen wesentlich stärker angestiegen ist als im restlichen Bundesgebiet. Das Wichtigste dabei allerdings ist, dass wir im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit von dem Spitzenplatz, den wir in den vergangenen Jahren eingenommen haben, inzwischen auf den Platz zurückgefallen sind, der für sich die rote Laterne in Anspruch nehmen kann. Im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit können wir in der Zeit von April 2004 bis April 2005 eine Steigerung um immerhin 43,6 % feststellen. Das ist
ebenfalls ungefähr doppelt so viel wie in der gesamten Bundesrepublik. Im Bereich der jugendlichen Arbeitslosen unter 20 Jahren hat Niedersachsen eine Steigerungsquote von fast 130 % aufzuweisen.
Man könnte dann immer sagen: Das hat etwas mit den neuen Zählungen nach Hartz IV zu tun. Allerdings müsste einmal jemand begründen, warum die Steigerungsraten in anderen Bundesländern, die ja alle vor den gleichen Veränderungen im Bereich Hartz IV stehen, weit unterhalb der Werte liegen, die wir in Niedersachsen zu verzeichnen haben.
Herr Wirtschaftsminister, manchmal lohnt es sich ja, Ihre Reden, die Sie hier im Landtag gehalten haben, hinterher noch einmal nachzulesen. In der letzten Plenarsitzung haben Sie als großen Erfolg zu verkaufen versucht, dass im Dezember 2004 lediglich 684 nicht vermittelte Ausbildungsplatzbewerber 1 484 Angeboten gegenübergestanden hätten. Wir weisen noch einmal darauf hin, dass dies erstens zum großen Teil keine Ausbildungsplätze, sondern Praktikaplätze gewesen sind und dass wir zweitens schon im letzten Jahr zum ersten Mal seit vielen Jahren in Niedersachsen wieder eine unausgeglichene Ausbildungsplatzbilanz hatten. In all diesen Bereichen - im Bereich der Gesamtarbeitslosigkeit, im Bereich der Ausbildungsplätze, im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit der unter 25-Jährigen, im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit der unter 20-Jährigen - trägt Niedersachsen inzwischen im Bundesgebiet die rote Laterne, obwohl wir in den Jahren 2002 und 2003 an der Spitze der Entwicklung gestanden haben.
Ich möchte einmal daran erinnern, dass die Jugendarbeitslosigkeit von 2002 auf 2003 in ganz Deutschland um 20 % gestiegen war. In einem einzigen Bundesland war sie damals aber um mehr als 40 % gesunken. Das war Niedersachsen. Diesen Erfolg, den wir in Niedersachsen gemeinsam mit Arbeitgebern, gemeinsam mit Gewerkschaften und gemeinsam mit dem Landesarbeitsamt erzielt haben,
haben Sie ins Gegenteil verkehrt. Wir hatten eine Zeit, in der es ein Bündnis für Ausbildung und Arbeit gab. Dieses Bündnis hat sich vor allem auf den Bereich Ausbildungssituation konzentriert. Davon ist in Ihrer Regierungszeit nichts übrig geblieben. Zum jetzigen Zeitpunkt erleben wir,
dass die Zahl der gemeldeten Berufsausbildungsstellen zwischen Januar und April 2005 im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres zum ersten Mal um 10 % zurückgegangen ist. Der Bestand an unbesetzten Ausbildungsstellen betrug im April 2005 in Niedersachsen 18 675. Dieser Zahl stehen 28 845 nicht vermittelte Bewerber gegenüber. Dieses Verhältnis ist das schlechteste seit Jahren. Wir wollen von Ihnen wissen, was Sie tun, um diese rote Laterne wieder abzugeben. Wir wollen wissen, ob Sie die Kürzungen, die Sie im letzten Haushalt im Bereich der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit vorgenommen haben, angesichts dieser Zahlen zurückzunehmen bereit sind.
Ferner wollen wir wissen, ob es stimmt, dass aus dem Jahr 2004 Haushaltsreste in Höhe von 1,2 Millionen Euro im Bereich der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit zur Verfügung stehen, die Sie nicht verausgaben, sondern dem Finanzminister überantworten wollen. Wir wollen also wissen, ob zwischen Reden und Handeln bei Ihnen ein Unterschied besteht, ob Sie zu dem stehen, was wir in der letzten Plenarsitzung verabredet haben, nämlich dass die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit endlich wieder Schwerpunkt der Arbeit auch dieser Landesregierung werden soll.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich nenne Ihnen ein paar Zahlen, die nichts mit Hartz IV zu tun haben und die nichts
damit zu tun haben, dass es Statistikprobleme gibt, und danach erklären Sie mir bitte einmal, wie Sie Ihre Bilanzen hier verkaufen wollen. Im Jahre 2004, vor Hartz IV, gab es in Niedersachsen 113 505 Jugendliche, die nach der Ausbildung keinen Arbeitsplatz gefunden haben. Das waren doppelt so viele wie im Jahre 2003. Das ist eine dramatische Verschlechterung, weit stärker als im Rest der Bundesrepublik. Im Jahre 2004, vor Hartz IV, gab es 72 576 arbeitslose Jugendliche, die nach der Schule weder Ausbildung noch Arbeit gefunden haben. Das waren doppelt so viele wie im Jahre 2003. Nun erklären Sie einmal, was das mit einer guten Leistung Ihrer Landesregierung zu tun hat!
Hinsichtlich der dramatischen Steigerungsraten im Zeitraum April 2004 bis April 2005 kann man zwar sagen, dass diese etwas mit mehr Ehrlichkeit zu tun haben. Aber warum in Niedersachsen doppelt so viele junge Leute unter 25 Jahren arbeitslos sind wie im Rest der Bundesrepublik, können Sie niemandem erklären - jedenfalls nicht mit der Behauptung, dass Sie dafür besonders viel getan hätten, meine Damen und Herren.
Das hat nichts mit Statistik zu tun. Das hat etwas damit zu tun, dass Sie in der Bilanz, die Herr McAllister hier so stolz vorgelegt hat, etwas verschweigen. Herr McAllister hat zunächst ausgeführt, dass der Rückgang der Ausbildungsplätze nicht so stark wie erwartet gewesen sei. Herr McAllister, wir haben in unserer Regierungszeit mit Arbeitgebern und Gewerkschaften die Steigerung der Zahl der Ausbildungsplätze verabredet und nicht einen geringeren Rückgang.
Sie verkaufen heute schon einen mäßigen Rückgang als Erfolg. Wir brauchen bei zunehmenden Schulabgängerzahlen aber mehr und nicht weniger Ausbildungsplätze. Die Latte, die Sie anlegen, ist so niedrig, dass auch der Faulste im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit darüber springt. Das ist gar kein Problem.
Sie haben jetzt einen Rückgang um 10 % der gemeldeten Ausbildungsplätze verzeichnet. Bei Ihnen müssten alle Alarmglocken läuten. Stattdes
sen halten Sie hier Beschwichtigungsreden. Ich sage Ihnen: Sie wollen das Thema nicht aktiv bekämpfen. Aus Ihrer Sicht kann mit Blick auf die Bundestagswahl und auch auf Wahlen wie in Nordrhein-Westfalen die Arbeitslosigkeit gar nicht hoch genug sein, damit Sie das als Erpressungspotenzial benutzen können.
- Oh, natürlich. Ich weiß gar nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist, Herr Rösler: Auch in Niedersachsen dürfen Menschen zur Bundestagswahl wählen gehen. Sie wollen dort nichts tun. Ich sage Ihnen: Sie haben für den Bereich der Jugendarbeitslosigkeit mit Herrn Hirche einen Tu-nix-Minister. Die eigentliche Zuständigkeit dafür liegt aber bei der Sozialministerin. Ich habe auf die Frage, ob Sie 1,2 Millionen Euro an Haushaltsmitteln aus dem vergangenen Jahr übrig haben, die Sie jetzt nicht zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit einsetzen wollen, weder von Ihnen, Frau Ministerin, noch von Ihnen, Herr Hirche, etwas gehört. Wir möchten angesichts der schlechtesten Ausbildungsbilanz seit Jahren - vorher hatten wir immer mehr Ausbildungsplätze als offene Bewerbungen und haben wir jedenfalls alle Schulabgänger untergebracht; Sie aber haben doppelt so viele arbeitslose Jugendliche wie im Rest der Republik - gerne wissen, ob Sie die Kürzungen in diesem Jahr sogar noch fortsetzen wollen.
Wir wollen von Ihnen wissen, ob Sie das Geld dafür ausgeben wollen, wofür der Landtag das Geld genehmigt hat, oder ob Sie gegen die Interessen der Jugendlichen das Geld dem Finanzminister geben und die jungen Leute nach der Schule auf der Straße lassen.
Herr Präsident, das ist ausschließlich meine Schuld. - Ich wollte bei allen unterschiedlichen Auffassungen zu der Petition den Kollegen Biallas bitten, zu überlegen, ob seine Formulierung mit der geltenden Rechtslage, nach der wir verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen können, übereinstimmt. Er sagte als Begründung dafür, dass es das bei Christen nicht gäbe, solange die nicht des Terrorismus verdächtigt werden. Der Umkehrschluss ist wohl mit dem Gesetz, das zugegebenermaßen gegen unsere Stimmen, aber verabschiedet wurde, nicht vereinbar. Sie können es nicht in Umkehrschluss damit begründen, prinzipiell seien Menschen, die dem Islam angehören, die Moslems sind - -
- Oh doch, das haben Sie hier gesagt. Ich glaube nicht, dass Sie das ernst meinen. Wenn doch, hätten wir hier im Landtag ein erhebliches Problem.
Herr Biallas, Sie haben fast wörtlich gesagt, Christinnen und Christen würden solange nicht vor den Kirchen einer verdachtsunabhängigen Kontrolle unterzogen werden, wie es nicht Christen gibt, die des Terrorismus verdächtigt werden. Erstens gibt es die, leider. Weltweit, leider. Zweitens ist im Zusammenhang mit der Debatte über verdachtsunabhängige Kontrollen vor den Moscheen der Schluss, dass Sie davon ausgehen, dass gerade dort deshalb kontrolliert werden müsse, weil man allgemein die Menschen, die dieser Religionsgemeinschaft zugehören, dem Verdacht unterziehen muss, sie könnten den Terrorismus unterstützen, unzulässig.
Ich sage Ihnen: Mit dem Gesetz, über das wir hier reden, hat das nichts zu tun. Das ist nicht die Grundlage, auf der wir das hier gemacht haben eine allgemeine Verdächtigung gegenüber Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften.
Nehmen Sie das also bitte zurück, oder interpretieren Sie sich selbst neu, Sie haben ja die Möglichkeit dazu.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bemerkung des Kollegen Lehmann hat mich veranlasst, mich zu Wort zu melden. Herr Lehmann, es geht hier nicht um die Qualität von Fragen.
- Nein, Entschuldigung! Das ist nicht das, was die Geschäftsordnung regelt. Das muss hier jeder für sich selbst verantworten. Hier geht es darum, ob die Landesregierung die Fragesteller aus dem Parlament ernst nimmt. Darum geht es.
Sie müssen sich entscheiden, ob wir die Beantwortung von Zusatzfragen hier zur Farce werden lassen wollen. Wir hatten hier ja schon einmal eine Veranstaltung, in der ein Minister meinte, eine Vorlesestunde mit Namen und Vornamen durchführen zu müssen.
Sie müssen entscheiden, ob das Ihre Vorstellung von Parlamentarismus ist oder ob es nicht besser wäre - wir haben ja auch Zuschauer hier -, darauf zu achten, dass, wenn ein Parlamentarier eine Frage stellt, der Minister sie auch tatsächlich beantwortet. Wir wissen, dass er sie beantworten kann. So viel Wissen, meine Damen und Herren, hat der Kultusminister. Aber er weigert sich, weil er weiß, was dabei herauskommen würde.
Sie müssen jetzt wissen, wie wir hier in Zukunft miteinander weiter verfahren wollen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir streiten uns hier über zwei wichtige Themen, die die Bundesrepublik Deutschland seit Jahrzehnten bewegen, nämlich die Fragen: Wie stellen wir die Energiesicherheit her? Wie sichern wir die Gesundheit der Menschen und die Umwelt? Herr Sander, es ist falsch, wenn wir die Klimakatastrophe gegen die Gefährdung durch Radioaktivität ausspielen.
Ich will Ihnen einmal eine Geschichte erzählen. Das ist auch der Grund, aus dem ich mich gemeldet habe. Der Kollege Runkel ist hierher gekommen und hat den Vortrag gehalten, den alle Lobbyisten der Atomenergie seit Jahrzehnten halten: Wir haben alles im Griff. Es ist alles sicher. Das ist kein Problem. Ihr habt nur keine Ahnung von der Wissenschaft.
Herr Runkel, mit 18 Jahren habe ich das erste Mal Schacht Asse besucht. Das ist eine so genannte Versuchsendlagerung. Wir sind mit der Schule
hingefahren. Dort empfingen uns solche Wissenschaftler wie Sie. Sie haben gesagt: Es ist alles sicher. - Da haben wir gefragt: Das ist ja komisch. Hier ist ein Salzstock mit drei abgeteuften Schächten. Schacht 1 ist abgesoffen, Schacht 3 ist abgesoffen. In Schacht 2 lagert ihr Atommüll, ohne dass ihr das zurückholen könnt, obwohl ihr es Versuchsendlagerung nennt. - Darauf haben die gesagt: Das ist alles kein Problem. Wir wissen ganz genau, dass das sicher ist. - Sie haben uns Zahlen vorgestellt, Berechnungen. Wir als dumme Schüler haben gefragt: Wenn die Schächte rechts und links daneben abgesoffen sind, woher wissen Sie so genau, dass das beim zweiten Schacht nicht passieren kann? - Darauf haben die uns solche Vorträge wie Sie gehalten.
Inzwischen wissen wir - Herr Sander hat das Problem auszubaden -, dass es in Schacht 2 Laugeneinbrüche gibt, dass die nicht wissen, woher das Wasser kommt und wie sie es stoppen sollen. Sie haben kein Konzept, wie sie die so genannte Versuchsendlagerung sicher machen können.
Ich sage Ihnen: Wenn wir hier über Verantwortung für künftige Generationen sprechen, habe ich die Nase voll von solch undifferenzierten Vorträgen, wie Sie sie hier gehalten haben. Das ist unglaublich.
Wir können doch nicht nur, weil Sie ein Lobbyinteresse daran haben, die Gefahren der Atomenergie auf Dauer ignorieren. Das ist eine hoch gefährliche Angelegenheit für Generationen. Ich bin nicht dagegen, dass da weitergeforscht wird. Ich bin auch nicht dagegen, dass man darüber diskutiert. Da gibt es eben unterschiedliche Meinungen. Aber mit einer solchen platten Haltung hierher zu kommen und zu sagen, wir haben alles im Griff, ihr habt nur nicht genug gelesen - das ist ein bisschen dünn, Herr Runkel.
Letzte Bemerkung, Herr Präsident. - Weil immer das Thema Arbeitsplätze kommt: Wir haben 160 Milliarden DM in die Subventionierung der Atomwirtschaft gesteckt - 160 Milliarden! Wir haben nicht einmal einen Bruchteil davon in erneuerbare
Energien gesteckt. Aber bis zum Ende 2004 waren in der Windkraftbranche, Herr Runkel, Herr Sander, 61 000 Menschen beschäftigt, in der Atomwirtschaft sind es 30 000 und bei erneuerbaren Energien insgesamt 120 000 Menschen.
Ja. - Wenn Sie sich um Arbeitsplätze bemühen wollen, dann spielen Sie das nicht gegen die Sicherheit von Menschen aus, sondern sehen Sie sich an, wo die Mehrzahl beschäftigt ist: in den modernen Technologien und nicht in den Technologien des letzten Jahrhunderts, meine Damen und Herren!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege McAllister, ob die Aktuelle Stunde ein Reinfall war, sollte man immer erst am Ende beurteilen.
Um bei dem Beispiel mit dem Europapokal zu bleiben: Wenn man das so macht wie Sie, dann muss man allerdings auch bei der regulären Spielzeit auf dem Platz sein, und vor allem darf man am Ende keine Eigentore schießen. Genau das befürchten wir aber.
Der erste Punkt ist: Wir stimmen dem Ministerpräsidenten ausdrücklich zu, dass es bei der Neuordnung der Aufgabenverteilung natürlich darum gehen muss, dass die Finanzmittel, die bisher durch den Bund für die Aufgabenerledigung zur Verfügung gestellt wurden - z. B. in den Gemeinschaftsaufgaben -, nach Möglichkeit dauerhaft in den Länderhaushalten bleiben müssen. Man kann sicherlich darüber reden, ob der Bund eine Interessenquote erhält. Aber das muss über 2012 hinaus passieren. Das ist ausdrücklich richtig.
Meine Frage ist, Herr McAllister: Warum haben Sie das eigentlich, als wir exakt das am 10. September 2003 im Landtag beantragt haben, abgelehnt? Was haben Sie eigentlich in der Debatte um die Föderalismusreform getan, um diese Position einzubringen? Sie kommen doch jetzt wie Zieten aus dem Busch
- wir haben noch mehr Beispiele - und erklären, es gibt da noch ein großes Thema, bei dem Sie offensichtlich die Möglichkeiten nutzen wollen, die Sache am Ende scheitern zu lassen.
Der zweite Punkt ist: Wenn Sie über den Länderfinanzausgleich und über die Steuersystematik in Deutschland reden wollen, dann kann ich nur hoffen, dass Sie Ihre Position aus der Zeit, in der Sie in der Opposition waren, grundlegend geändert haben.
Ihr damaliger Oppositionschef und Ihr finanzpolitischer Sprecher haben von der damaligen SPDRegierung gefordert, dass wir uns auf den Vorschlag Bayerns, Baden-Württembergs und übrigens auch Nordrhein-Westfalens zu einem stärkeren Steuerselbstbehalt und zum Steuerföderalismus in Deutschland einlassen sollten. Dies hätte - das ist in der Kommission berechnet worden das Land Niedersachsen 150 Millionen Euro gekostet, die wir, weil wir es nicht mitgemacht haben, für den Landeshaushalt erreichen könnten. So viel zum Thema Eigentore. Ich hoffe, dass Sie sich von dieser Position verabschieden.
Aber für viel wichtiger ist doch die Frage: Was bezwecken Sie eigentlich mit dem Versuch, kurz vor Neubeginn ein neues Thema anzuschneiden, ein
neues Fass aufzumachen? - Herr Ministerpräsident, wir haben einmal nachgesehen: Von sechs Sitzungen sind Protokolle einsehbar. Da kann die Öffentlichkeit feststellen, was Sie dort getan haben. Wir haben festgestellt, dass Sie bei vier dieser Sitzungen überhaupt nicht anwesend waren.
Eine davon war die konstituierende Sitzung. Sie haben Frau Heister-Neumann geschickt, die auch immer anwesend war.
Weiter haben wir uns die Wortmeldungen angesehen und geguckt, was eigentlich eingebracht worden ist: von Ihnen gar nichts.
Von Frau Heister-Neumann gibt es einen Zwischenruf, immerhin eine Nachfrage und eine siebenzeilige Bemerkung, dass sie sich den Ausführungen ihres Vorredners anschließt - ansonsten gar nichts.
Ich frage mich: Was haben Sie in dieser Zeit eigentlich gemacht? Warum haben Sie eigentlich das, was Sie jetzt als so wichtig erachten, nicht in der Föderalismuskommission beantragt, obwohl die SPD-Fraktion Sie im Landtag darauf hingewiesen hat? Was haben Sie eigentlich in dieser Föderalismuskommission gemacht?
Sie haben uns als Antwort gegeben - ich zitiere den Herrn Ministerpräsidenten am 27. Mai im Landtag -:
„Wir haben vom Arbeitsstil her vereinbart, dass wir unsere Positionen innerhalb der Vorgespräche der Arbeitsgruppen und der Fachkreise einbringen. Damit können wir bisher auch zufrieden sein.“
Dann haben Sie noch gesagt:
„Durch erfolgreiche Führung der Vorgespräche konnten alle unsere Positionen Eingang in das Positionspapier
- der Ministerpräsidentenkonferenz
finden.“