Georgia Langhans
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Last Statements
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Busemann, ich finde trotz allem: Der Anteil der Gymnasien, die nachinspiziert werden müssen - nämlich 9 % -, ist relativ hoch. Das sollte uns beunruhigen.
Eine Schule kann nur dann qualitativ gut arbeiten, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Deshalb frage ich Sie: Welchen Einfluss haben Ihrer Einschätzung nach Rahmenbedingungen wie sehr volle Klassen mit über 30 Schülerinnen und Schülern und sehr volle Stufenpläne auf die Unterrichtsprobleme, die jetzt an den Gymnasien aufgetreten sind?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Asyl- und Flüchtlingspolitik dieser Landesregierung hat in der Tat nichts Positives vorzuweisen. Sie haben sich in diesem Bereich im Wesentlichen mit gnadenlosen Abschiebungen, mit Abschottung und mit Misstrauen ausgezeichnet.
Seit Jahren halten Sie an der dauerhaften Unterbringung von Asylbewerbern in Ausreiselagern fest, obwohl der Zustrom von Asylbewerbern seit Jahren rückläufig ist und die Unterbringung dort auch heute noch deutlich mehr kostet, als wenn man diese Menschen dezentral unterbrächte. Sie nehmen es billigend in Kauf, dass sich der Aufenthalt der Flüchtlinge dort inzwischen über mehrere Jahre hinzieht. Vor allen Dingen für Familien mit Kindern ist das unzumutbar. In einem Fall lebt eine Familie seit sechs Jahren in einem Lager.
Sie halten an den diskriminierenden Wertgutscheinen fest, obwohl Bargeldauszahlung rechtlich
durchaus möglich und kostengünstiger wäre.
Erst auf massiven Druck der Öffentlichkeit war diese Landesregierung bereit, eine Härtefallkommission einzurichten, die ihren Namen jedoch nicht verdient, weil Kranke, Alte, Menschen mit Behinderungen und alleinstehende Frauen faktisch keine Chance auf die Anerkennung eines Härtefalls haben.
Sie haben ein Handlungskonzept gegen Zwangsheirat verabschiedet, das Frauen, die Opfer von Zwangsheirat sind, nicht wirklich hilft, weil Sie ihnen ein eigenständiges Aufenthaltsrecht verweigern.
Meine Damen und Herren, im August dieses Jahres ist eine gesetzliche Bleiberechtsregelung in Kraft getreten, die geduldeten Flüchtlingen unter bestimmten Bedingungen eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe ermöglicht. Auch hier hat sich Herr Schünemann als Scharfmacher hervorgetan. Noch in der letzten Plenarsitzung hat der Innenminister
deutlich gemacht, dass er ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht nur für diejenigen gewünscht
hätte, die ihren Lebensunterhalt bereits durch eigene Erwerbstätigkeit bestreiten.
Er weiß ganz genau, dass geduldeten Flüchtlingen vor der Bleiberechtsregelung der Zugang zum Arbeitsmarkt faktisch verwehrt war. Das nenne ich Zynismus.
Meine Damen und Herren, nun zu Ihrer sogenannten Integrationsoffensive. Immer noch fließen 90 % der Mittel für Integrationsmaßnahmen in die
Sprachförderung. Andere Bereiche werden eklatant vernachlässigt. Die finanzielle Unterstützung der Kommunen bei der Ausbildung von Integrationslotsen ist zu gering. Es mangelt an dringend notwendigen rechtlichen Verbesserungen für Menschen mit Migrationshintergrund. Da ist zwar auf Ihrer Seite mitunter von gleichberechtigter Teilhabe die Rede; aber gemeint sind nur Mitwirkung und ehrenamtliches Engagement. Von einer erleichterten Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatlichkeit sind wir weiter entfernt denn je.
Die Absicht der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen von CDU und FDP, den Anteil der Zugewanderten im öffentlichen Dienst zu erhöhen, bleibt eine hohle Phrase, wenn nicht gleichzeitig konkrete Ziele und die zu ihrer Erreichung erforderlichen Maßnahmen definiert werden. Natürlich muss hinterher überprüft werden, ob sich diese Maßnahmen als wirkungsvoll erwiesen haben. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass Sie von CDU und FDP dazu nicht bereit sind.
Meine Damen und Herren, Integrationsund
Flüchtlingspolitik und Asylpolitik sind nicht voneinander zu trennen. Ihre Integrationspolitik bleibt unglaubwürdig, wenn die Asylpolitik im Gegenzug weiterhin von Ausgrenzung und Misstrauen geprägt bleibt.
Vielen bleibeberechtigten Flüchtlingen sitzt weiterhin die Angst im Nacken, was passieren könnte, wenn sie ihren Arbeitsplatz verlieren. Eine Studie in Hamburg hat nachgewiesen, dass viele Flüchtlingskinder aus Sorge um einen gesicherten Aufenthaltsstatus unter massiven psychischen Stö
rungen leiden. Ein hoher Prozentsatz dieser Kinder plagt sich sogar mit Suizidgedanken.
Meine Damen und Herren, das ist dramatisch. Das sollte auch dieser Landesregierung zu denken geben. Es kann nicht angehen, dass hier nur diejenigen willkommen sind, die diesem Land nutzen. Wir haben auch eine humanitäre Verpflichtung gegenüber den Menschen und vor allen Dingen gegenüber den Kindern, die aus ihren Heimatländern vor Krieg, Verfolgung und Folter geflohen sind.
Meine Damen und Herren, sie leben seit vielen Jahren hier, sind integriert und haben hier ihren Mittelpunkt gefunden. Sie kommen der humanitären Verpflichtung nicht nach. Sie verwehren den Flüchtlingen, die schon lange hier leben, durch Ihre inhumane Politik nicht nur die gesellschaftliche, sondern auch die soziale Teilhabe. Dabei ist gestern in Straßburg, meine Damen und Herren - ich darf Sie daran erinnern -, die Charta der Grundrechte der Europäischen Union unterzeichnet worden. Erstmals sind dort soziale Rechte als Menschenrechte festgeschrieben worden. Das,
meine Damen und Herren, sollte Ihnen endlich Anlass zum Wandel in der Asyl- und Flüchtlingspolitik in diesem Lande geben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hogrefe, dass Sie hier nüchtern vortragen, mag wohl sein.
Aber Ihre Kolleginnen und Kollegen auf den Rängen der CDU und FDP, die trunken - -
- Darf ich mal ausreden?
Meine Damen und Herren, dass Sie auf den Rängen von CDU und FDP, trunken von Begeisterung, diesen Klamauk veranstalten, ist dieses Hauses meines Erachtens wirklich nicht würdig.
So, jetzt können Sie weiterschimpfen. - Meine Damen und Herren, bei der Europapolitik und der internationalen Zusammenarbeit vermisse ich auch in diesem Haus die politischen Akzente. In diesem Jahr haben wir das 50-jährige Bestehen der Römischen Verträge, quasi die Geburtsstunde der Europäischen Union, gefeiert. Der Deutschen Ratspräsidentschaft ist es gelungen, den Verfassungsvertrag vor dem endgültigen Scheitern zu retten. Die Landesregierung hätte diese historische Situation zum Anlass nehmen müssen, den Austausch und die Begegnung von Menschen, Organisationen und Initiativen aus Niedersachsen mit Partnern in den EU-Staaten besonders zu fördern. Diese Chance haben Sie vertan. Sie haben sich stattdessen auf Festakte und Selbstdarstellungstermine beschränkt - und auf den Klamauk, den wir heute Abend erlebt haben.
Meine Damen und Herren, erschreckend wenige Abgeordnete haben die Gelegenheit genutzt, mit jungen Menschen an den Schulen über Europa zu diskutieren.
Das Thema Europa hat offensichtlich wenig Konjunktur, wenn es um Inhalte geht, was im Übrigen auch, Herr Hogrefe, heute Abend an Ihrer Rede zu merken war.
Meine Damen und Herren, erstmals haben wir an dem Subsidiaritätsprüfverfahren des AdR teilgenommen. Ich hoffe, dass dies keine Eintagsfliege bleibt. Zukünftig sollten der Aufgabenzuschnitt und die Arbeitsweise im EU-Ausschuss weiter verbessert werden. Ob gesetzliche Vorhaben der EU auf der europäischen Ebene richtig angesiedelt oder aus Ländersicht gerechtfertigt sind, dazu sollte der Ausschuss künftig zeitnah und auch inhaltlich Stellung nehmen. Das Parlament muss sich endlich in die Europapolitik einmischen und darf das nicht ausschließlich der Landesregierung überlassen.
Denn dieser Ausschuss, meine Damen und Herren, muss bei der Information sowie zur Bewusstseinsund Meinungsbildung in Niedersachsen
einen notwendigen und deutlich wahrnehmbaren Beitrag leisten.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung stellt immer wieder die Förderung des ehrenamtlichen Engagements in den Vordergrund. Die Entwicklungszusammenarbeit auf Landesebene ist
solch ein ehrenamtlicher Bereich. Sie haben in diesem Jahr den Haushaltsansatz erhöht. Das ist erfreulich. Dennoch: Auch für 2008 reichen die bereitgestellten Mittel nicht aus, damit der VEN die ihm zugedachte Rolle als Koordinator der entwicklungspolitischen Initiativen in Niedersachsen kompetent wahrnehmen kann.
Entwicklungszusammenarbeit, meine Damen und Herren, ist keine Einbahnstraße, sondern sie findet auch hier direkt bei uns statt. Wenn es um die notwendige Informations-, Bildungs- und Koordinierungsarbeit geht, dann ducken Sie sich weg. Eine Schmalspurpolitik, die lediglich der Beruhigung des Gewissens dient, ist ungeeignet, Probleme zu lösen und Menschen zu begeistern.
An dieser Stelle möchte ich auf den einzigen positiven Aspekt niedersächsischer Europapolitik hinweisen: Das EIZ leistet eine hervorragende Arbeit.
Seine Internetseiten sind bundesweit vorbildlich. Hier werden der europäische Gedanke und die
europäische Politik hervorragend vermittelt. Herzlichen Dank dafür an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des EIZ!
Auf der anderen Seite trägt das EIZ als Aushängeschild auch zu einem falschen Bild bei. Bürgerinnen und Bürger, die die Seiten im Netz besuchen, gewinnen den Eindruck, in Niedersachsen wird eine hervorragende Europapolitik gemacht.
Das ist leider nicht der Fall. Das stellt man fest, wenn man hinter diese schöne Kulisse guckt. Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen beklagen ständig, dass Europa sachfremde Vorgaben mache. Aber die Chancen, die europaweite Regelungen und Initiativen bieten, nutzen Sie
nicht. Geradezu skurrile Züge trägt dabei die Abwehr europäischer Anforderungen im Naturschutz oder Gesundheitsschutz durch den Umweltminister. Ich nenne hier nur die Stichworte „FFH“ und „Vogelschutzrichtlinie“, „Umgebungslärmrichtlinie“ und „REACH“.
Dabei ist doch klar: Nur eine langfristig, auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Politik wird erfolgreich sein. Sie muss auf Interessensausgleich aufbauen, der für den gesamten Raum der Europäischen Union gilt. Politik muss Rahmen setzen in Richtung Wachsen und Bewahren, einen Ausgleich zwischen Schutz und Nutzung ermöglichen. Das ist der Auftrag von Lissabon, Barcelona und Göteborg.
Meine Damen und Herren, heute ist in der Tat ein besonderer Tag für Europa. Mit der Unterzeichnung des EU-Vertrages von Lissabon wird die jahrelange Auseinandersetzung um einen EU-Verfassungsvertrag beendet. Wir als Bündnis-Grüne sind mit diesem Kompromiss zufrieden, auch wenn wir uns wesentlich mehr gewünscht hätten.
Mit der Unterzeichnung des Vertrages von Lissabon sollte die Phase der institutionellen Reformen nun endlich beendet sein. Es ist höchste Zeit, dass wir uns wieder den zentralen Themen und den zentralen Fragen der inhaltlichen Ausgestaltung europäischer Politik widmen. Dringende Fragen zum Klimaschutz, der Struktur der Energieversor
gung und - es wird Sie nicht wundern - der Migrationspolitik stehen zur Lösung an.
Herr Ministerpräsident Wulff mahnt heute an, dass die Verhandlungen über eine Bund-Länder-Vereinbarung über die Zusammenarbeit in EU-Angelegenheiten wieder aufgenommen werden müssen. Er fordert Zugeständnisse des Bundes und meint damit eine größere Mitsprache der Länder.
Meine Damen und Herren, bevor diese Landesregierung mehr Kompetenzen in der deutschen Europapolitik einfordert, sollte sie meines Erachtens erst einmal hier eine solide Europapolitik nachweisen.
Sie sollten Schluss machen mit Ihrer Kulissenpolitik, Europa und internationale Politik ernst nehmen und sie nicht weiter als Stoff für Polemik und Sonntagsreden missbrauchen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hogrefe, auch durch die Beratungen im Ausschuss ist dieser Antrag der CDU/FDP-Koalition nicht besser geworden. Er fällt eindeutig in die Kategorie „überholt, überflüssig und inhaltsleer“. Noch immer stehen wir auf dem Standpunkt: viele Worte, wenig Taten.
Meine Damen und Herren, die deutsche Ratspräsidentschaft ist beendet. Nach der ersten Euphorie über den Reformvertrag tritt jetzt eine gewisse Ernüchterung ein. Denn erkauft wurde diese Rettung wichtiger Neuerungen im Verfassungsvertrag beispielsweise mit dem Verzicht auf Transparenz. Der Reformvertrag wird wieder nur für Experten verständlich sein. Auch die Verschiebung der
Ratsabstimmungen mit doppelter Mehrheit auf das Jahr 2007 führt dazu, dass die Beschlussfassungen weitere zehn Jahre wenig nachvollziehbar bleiben.
Die deutsche Ratspräsidentschaft hat es auch nicht geschafft, weitergehende Verbesserungen im internationalen Klimaschutz und zur Energiesolidarität zu erreichen. Es bleibt beim Einstimmigkeitsprinzip wichtiger Bereiche der europäischen Umwelt- und Energiepolitik. Dies, meine Damen und Herren, macht entschlossenes Voranschreiten in diesen Bereichen ausgesprochen schwierig. Derzeit stocken beispielsweise die Verhandlungen zur Verteilung der Klimaschutz- und Energieziele auf die Mitgliedsstaaten.
Meine Damen und Herren, Ernüchterung tritt auch ein, wenn man sich die Verteilung der EU-Fördermittel in Niedersachsen anschaut. Mangelnde
Transparenz und fehlende Beteiligung der Öffentlichkeit bereits bei der Festlegung der Förderschwerpunkte zeichnen diese Landesregierung
aus.
Meine Damen und Herren, es ist zwar richtig, dass wir auf der Ebene der Europäischen Union Lob gehört haben. Nichtsdestotrotz, Herr Hogrefe,
steckt auch hier wieder einmal der Teufel im Detail - im Detail deshalb, weil die Detailplanungen bei der EU-Kommission nicht vorgelegt werden. Deshalb bleibe ich bei der Behauptung: Es ist der Landesregierung nicht gelungen, sich vom üblichen Gießkannenprinzip zu verabschieden.
Da werden Spaßbäder und asphaltierte Feldwege finanziert. Gelder, die eigentlich den Kommunen zustehen, werden für zweifelhafte Großprojekte wie den neuen Kohlehafen in Stade ausgegeben und damit auch noch der Betrieb eines klimaschädigenden Kohlekraftwerks mitfinanziert. Meine Damen und Herren, Energiekonzerne brauchen keine Subventionen!
In dieser Förderperiode wird Niedersachsen das letzte Mal Strukturfondsmittel in dieser Höhe erhalten. Deshalb müssen die Gelder meines Erachtens so eingesetzt werden, dass sie in den Regionen eine nachhaltige Entwicklung befördern. Sie dürfen nicht für Projekte mit kurzzeitiger Wirkung verschwendet werden.
Meine Damen und Herren, statt in Köpfe investieren Sie wieder nur in Beton. Ihr Antrag ist ein trauriger Beweis für Ihr Unvermögen, Politik für Europa und die Menschen in Niedersachsen zu machen. Ihre gefälligen Bekenntnisse zu Europa in Sonntagsreden reichen eben für eine zukunftsfähige Europapolitik in Niedersachsen nicht aus.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alle meine Vorrednerinnen haben sich schon zu den Prüfverfahren geäußert. Wir sind uns fraktionsübergreifend einig, dass die Einführung eines solchen Frühwarnsystems begrüßt wird. Wir haben Kritik am Verfahren geäußert, weil es einer Vereinfachung und Überarbeitung der für die Analyse notwendigen Formulare bedarf. Wir waren uns darüber einig, dass die Prüfungsfrist für die regionalen Parlamente eindeutig zu kurz ist. Ich möchte jetzt darauf auch deshalb nicht weiter eingehen, weil hierüber in der Tat fraktionsübergreifend Einigkeit geherrscht hat.
Ebenfalls ist klar, meine Damen und Herren, dass es notwendig ist, im Landtag über die Optimierung der Beratungsabläufe im Europaausschuss nachzudenken. Auch diese Auffassung teilen wir. Baden-Württemberg hat bereits 2006 nicht nur entschieden, die Federführung und Hauptverantwortung für alle Querschnittsthemen der EU dem EUAusschuss zu übertragen, sondern auch ein Frühwarnsystem eingerichtet. Ein eigenes Fachreferat des Landtags, das in der Landesvertretung in Brüssel angesiedelt ist, unterrichtet das Parlament frühzeitig über geplante rechtliche Normen der EU, um rechtzeitig eine Subsidiaritätsprüfung einzuleiten. Darüber sollten wir künftig im Hinblick auf den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten nicht nur nachdenken; vielmehr sollten wir hier ein ähnliches Verfahren umsetzen, damit wir uns stärker in die Entscheidungen der Landesregierung auf Bundes- und Europaebene einmischen können, aber auch unsere Stellungnahmen direkt in Brüssel abgeben können, um dort unserem Parlament größeren Einfluss zu sichern.
Meine Damen und Herren, im Gegensatz zu Ihnen sind wir der Auffassung, dass die Beteiligung an einem Prüflauf zur Subsidiaritätskontrolle bedeutet, sich auch inhaltlich mit den entsprechenden EUVorgaben und EU-Vorschlägen auseinanderzuset
zen. Die Stellungnahme an den AdR ausschließlich auf die Verfahrensweise der Subsidiaritätskontrolle zu beschränken, erscheint uns als zu kurz gesprungen. Nicht umsonst haben sich alle zuständigen Fachausschüsse beteiligt und haben sich inhaltlich zu den EU-Dokumenten geäußert.
Die gemeinsame europäische Energiepolitik mit den Aspekten Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit ist aus Sicht der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften von herausragender Bedeutung. Die regionale Ebene trägt dabei die Verantwortung für die lokale Umsetzung europäischer Energiepolitik. Daher ist zu begrüßen, dass die Europäische Union den Klimaschutz, der Versorgungssicherheit und der Wettbewerbsfähigkeit im Strom- und Gasmarkt hohe Priorität einräumt.
Leider stellen wir fest, dass weder Verbraucher noch kleinere Energieunternehmen bisher von der Liberalisierung der Elektrizitäts- und Gasmärkte profitiert haben. Deshalb begrüßen wir ausdrücklich die Initiative der EU-Kommission, die Stromnetze von den Stromerzeugern zu trennen. Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass auch die Bundesnetzagentur Missbräuche beim diskriminierungsfreien Zugang zu den Netzen nicht vollständig verhindern kann. In anderen EU-Ländern ist diese Trennung zwischen Netz und Betrieb bereits Realität, was einen positiven Effekt für die Preisentwicklung hat. In Bayern, Nordrhein
Westfalen und Hessen sind die Regierungen
schon sehr viel weiter als diese Landesregierung. Dort haben sich die Landesregierungen im Sinne der EU-Kommissionsvorschläge ausgesprochen
und fordern die strikte Trennung von Netz und Betrieb. Sie, meine Damen und Herren von der CDU, haben in diesen wichtigen Fragen leider noch nicht die politische Weitsicht Ihrer konservativen Kollegen.
Sie haben nicht genug Mut, um sich zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes von den liberalistischen Ideen Ihres Koalitionspartners abzusetzen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Nationalen Integrationsplan „Gemeinsam für mehr Integration“ erklären die Länder übereinstimmend: Integration kann nur gelingen, wenn sich auch die staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen den Zugewanderten öffnen und der Zuwanderungsrealität Rechnung tragen. Deshalb streben die Länder die interkulturelle Öffnung ihrer Verwaltung an, zu der sowohl Qualifizierungsmaßnahmen für alle öffentlichen Bediensteten als auch Bemühungen zur Erhöhung des Anteils von Menschen mit Migrationshintergrund gehören. - So weit die Selbstverpflichtung der Länder.
Meine Damen und Herren, wie sieht die Situation in Niedersachsen aus? - Ca. 1,2 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund leben derzeit in Niedersachsen. Das ist ein Anteil von ca. 16 % an der Gesamtbevölkerung. Alle Prognosen gehen davon aus, dass der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund weiter steigen wird. Allerdings stellen wir fest, dass sich diese kulturelle Vielfalt bisher in nur unzureichendem Maße in den staatlichen Institutionen widerspiegelt. Das hat aber auch damit zu tun - zumindest hier in Niedersachsen -, dass diese Landesregierung in erster Linie auf Sprachförderung als Integrationsmaßnahme setzt. Natürlich sind Sprachkenntnisse eine wichtige Voraussetzung für Integration, beileibe aber nicht die einzige. Inzwischen hat aber auch unser Innenminister das erkannt.
Meine Damen und Herren, vor zwei Jahren hat meine Fraktion eine Integrationsbeauftragte des Landes Niedersachsen, die Ausbildung von Integrationslotsen und die Hochschulausbildung muslimischer Religionslehrerinnen gefordert. Sie haben diesen Antrag damals jedoch abgelehnt. Heute sind diese Forderungen mindestens erfüllt worden. Es freut uns im Nachhinein, dass wir Ideengeber für den Innenminister geworden sind.
Meine Damen und Herren, die Forderung nach mehr Migranten im öffentlichen Dienst ist bundesweit Konsens. Von daher reicht es eben nicht mehr aus, sich nur um eine verstärkte Öffnung im Polizeidienst zu bemühen. Wir brauchen einen konkreten Handlungsrahmen, um diese Forderungen auch in die Praxis umsetzen zu können. Wir brauchen Migrantinnen als Erzieherinnen in den Kindertagesstätten. Wir brauchen sie als Lehrerinnen an den Schulen. Ich darf noch einmal daran erin
nern: Bereits im Jahr 1996 gab es einen Beschluss der Kultusministerkonferenz zur interkulturellen Bildung und Erziehung in den Schulen.
Meine Damen und Herren, Pädagoginnen sind für Kinder ein Vorbild. Sie sind Beispiel dafür, dass Menschen mit Migrationshintergrund gleichberechtigt sind und hoch qualifiziert und erfolgreich arbeiten können. Das macht Jugendlichen Mut und stärkt ihr Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Wir brauchen Richter und Staatsanwälte mit Migrationshintergrund, und wir brauchen in der Verwaltung, in den Ausländerbehörden, Menschen, die mehr als einen kulturellen Hintergrund haben. Sie kennen die Probleme Ihres Gegenübers. Sie können sich besser in sie hineinversetzen und ihnen zur Seite stehen.
Meine Damen und Herren, da kulturelle Vielfalt und die damit verbundene interkulturelle Kompetenz inzwischen ein entscheidender Wettbewerbsvorteil und ein Standortfaktor geworden sind, müssen im öffentlichen Dienst die Zugangschancen für Ausbildung und Einstellung von Migrantinnen und Migranten erheblich verbessert werden. Die Wirtschaft ist da schon einen großen Schritt weiter. Diversity und Vielfalt sind für die Wirtschaft keine Fremdworte mehr. Sie hat es längst erkannt und hat einen Paradigmenwechsel dahin gehend vorgenommen, nicht mehr auf die Defizite von Migrantinnen und Migranten zu sehen und diese in den Vordergrund zu stellen, sondern sich ihrer Stärken zu bedienen. Die Vodafone-Stiftung beispielsweise unterstützt mit ihrem Stipendienprogramm ausschließlich junge Migrantinnen und Migranten. Das tut sie sehr erfolgreich.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich gern meiner Verwunderung darüber Ausdruck verleihen, dass die FDP-Fraktion ausweislich der Redezeitliste zu diesem für uns, für die Migranten und auch für die Zukunft unser gesellschaftlichen Entwicklung wichtigen Thema überhaupt kein Wort zu sagen hat. Sie wird hierzu nicht reden. Das spricht, ehrlich gesagt, nicht für die FDP. Ja, so ist das.
- Ja, vor allem bei diesem Thema scheint mir das bei der FDP der Fall zu sein.
Meine Damen und Herren, wir müssen von der Verlautbarungsebene auf die Handlungsebene kommen. Wir müssen mit einer gezielten Informa
tionskampagne junge Menschen auf Ausbildungsberufe im öffentlichen Dienst aufmerksam machen. Wir brauchen ein Handlungskonzept, dessen Ziel es sein muss, die Ausbildungs- und Beschäftigungsquote von Migranten im öffentlichen Dienst unter Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit und interkultureller Kompetenz bei den Einstellungen langfristig zu erhöhen. Dieser Ansatz ist meines Erachtens dringend erforderlich, um den Kommunen, die von der Landesregierung aufgerufen wurden, Integration zur Chefsache zu machen, als gutes Beispiel auf Landesebene voranzugehen; denn Chefsache ist die Integrationspolitik in Niedersachsen eben leider noch nicht.
Mit Verlaub, Frau Lorberg: Ihr Redebeitrag war wirklich eine kleine Lachnummer.
Wenn Sie die Presseberichterstattung verfolgt haben, dann werden Sie gelesen haben, dass der Anteil von Migranten im Polizeidienst 1,6 % beträgt
und dass man sich heute darum bemüht, diesen Anteil zu erhöhen. Ihr Innenminister hat im Übrigen in einem Gastkommentar gefordert, dass der Anteil von Migranten im öffentlichen Dienst erhöht werden müsste.
- Aber dann tun Sie es doch! Das wird sich doch nicht von selbst erledigen! Dafür müssen wir etwas machen! Aber da verweigern Sie sich!
Aber wir haben noch immer große Hoffnungen.
Mit der gleichen Vehemenz, mit der Sie auch heute diesen Antrag wieder ablehnen, haben Sie damals unseren Antrag mit der Integrationsleitstelle usw. abgelehnt. Wir haben jedoch die Hoffnung, dass Sie diesem Antrag in zwei Jahren möglicherweise zustimmen.
Von daher sehe ich das im Moment nicht so schwarz. Bei Ihnen dauert es eben ein bisschen länger, bis Sie zu der Erkenntnis kommen, dass es notwendig ist, zu handeln und nicht nur ausschließlich zu reden.
Wir lieben das Abseits; das wissen Sie doch.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag von CDU und FDP ist nach den Beratungen und auch nach dem, was Sie hier heute dargelegt haben, leider nicht besser geworden. Er bleibt ein Showantrag mit äußerst magerer Substanz; auch das ist eben schon gesagt worden.
Bereits Anfang der 90er-Jahre hatte das Kultusministerium ein Programm zur Umsetzung der Agenda 21 im Schulbereich mit dem Titel „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ aufgelegt. Bereits damals wurde unter Rot-Grün ein Netz regionaler Umweltbildungszentren in Niedersachsen aufgebaut, Netzwerke für nachhaltige Entwicklung entstanden, und eine entsprechende Lehrerfortbildung wurde organisiert. Zu jenem Zeitpunkt wurde das Thema Nachhaltigkeit von Ihnen, meine Damen und Her
ren von CDU und FDP, noch als Spielwiese für Drittweltstaaten und Spinner abgestempelt.
- Ja, so war es damals.
Die Bundestagsdrucksache, auf die Sie sich in Ihrer Begründung beziehen, stammt aus dem Jahre 2004. VENRO, der Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen, hat bereits 2005 ein Konzept zur UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ vorgelegt. Ihre Kollegen in NRW haben 2006 einen Aktionsplan entwickelt, und Sie kommen jetzt mit einem Antrag, der sich nach einer Seite Vorspann auf eine einzige Forderung, nein, eine Bitte an die Landesregierung beschränkt: Entwicklung eines niedersächsischen Aktionsplans.
Meine Damen und Herren, man hat den Eindruck, dass lediglich die Tatsache, dass Ihr Wirtschaftsminister gemeinsam mit dem Präsidenten der Kultusministerkonferenz ein Papier zur nachhaltigen Entwicklung unterzeichnet hat, der Beweggrund für diesen Antrag gewesen ist. Meines Erachtens wäre es besser, die beiden FDP-Minister setzten sich in ihren Ressorts mehr für nachhaltige Entwicklung ein. Damit wäre uns eindeutig mehr geholfen als mit zwei Seiten folgenlos bedruckten Papiers. Wo bleibt in Ihrem Antrag die Frage nach der Auswertung bereits gemachter Erfahrungen, wo der Hinweis, wie Sie auf vorhandene Arbeit aufbauen und Angebote weiterentwickeln wollen? - Seit Jahren leisten die UNESCO-Schulen - darauf sind alle Vorredner eingegangen - in Niedersachsen hervorragende Arbeit. Die Wilhelm-RaabeSchule in Lüneburg pflegt seit 1998 intensive Kontakte zur Region Eastern Cape. Diese Schule ist dafür mit dem Schülerfriedenspreis und dem Bundespreis für Ökologie ausgezeichnet worden.
In Ihrem Antrag fordern Sie, auch außerschulische Partner einzubeziehen. Aber Sie nennen - auch das ist hier schon angesprochen worden - keine Zahlen; Sie sagen nicht, welche Mittel Sie den NGOs und nicht nur denen, sondern insbesondere den Schulen für die Bildungsarbeit für nachhaltige Entwicklung zur Verfügung stellen wollen.
Sie wissen, dass Austausch und Begegnungen gerade bei Schulen Geld kosten.
Meine Damen und Herren, die Verbände haben auf dem Bildungskongress konkret beschrieben, welche Unterstützung sie benötigen. Sie haben indessen dem VEN, der in diesem Bereich seit Jahren Hervorragendes leistet, in den letzten Jahren die Mittel drastisch gekürzt. Bildung für nachhaltige Entwicklung bedeutet nicht nur, so wichtig es auch ist, ein besonderes Aufgabengebiet der Bildung für Kinder, Jugendliche, Studenten und die besonders Engagierten in der Gesellschaft, nein, es ist auch eine Aufgabe der Bildung der gesamten Gesellschaft.
Meine abschließende Feststellung: Sie werden mit diesem Antrag den Herausforderungen der UNDekade für nachhaltige Entwicklung in keinster Weise gerecht. Sie treiben wieder einmal nur einen Papiertiger durch die Straßen. Ihnen fehlen der feste Wille und das Können, die Zukunft politisch zu gestalten. - Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nicht nur das Thema Kinderarmut, auch das Thema Wertgutscheine ist in diesem Haus nicht zum ersten Mal Gegenstand von Debatten. Aber verändert hat sich in Niedersachsen auch auf diesem Gebiet nichts. Trotz jahrelanger Forderungen von Kirchen, Wohlfahrts- und Flüchtlingsverbänden sowie der kommunalen Spitzenverbände, die Wertgutscheine abzuschaffen, hat sich weder die Landesregierung noch die Regierungskoalition bewegt.
Verändert haben sich allerdings die Asylbewerberzahlen: Sie sind so drastisch zurückgegangen, dass sie jetzt auf dem niedrigsten Stand seit schätzungsweise 20 Jahren sind. Nach Ihrer Logik, meine Damen und Herren, ist dies eine Folge von konsequenter Beibehaltung der Gutscheinpraxis. Aber so ganz kann dies nicht stimmen; denn zahlreiche Bundesländer sind inzwischen dazu übergegangen, Bargeld auszuzahlen. Es wäre eigentlich folgerichtig, dass es aufgrund der Tatsache, dass mehrere Bundesländer Bargeld auszahlen, zu einem Anstieg der Asylbewerberzahlen gekommen wäre. Das ist aber mitnichten der Fall.
Danke. - Herr Innenminister, Sie beharren darauf, dass nur Wertgutscheine ungewollte Zuwanderung verhindern könnten. Das ist meines Erachtens eine grobe Fehleinschätzung, wie die Zahlen zeigen.
Auch Ihre Argumentation, Wertgutscheine könnten Alkoholmissbrauch und Drogenhandel verhindern oder Schleuserbanden Einhalt gebieten, war schon damals falsch und wird auch heute durch gebetsmühlenartiges Wiederholen nicht besser; denn keines der Bundesländer, die Bargeld auszahlen, beklagt einen Anstieg von Aktivitäten der Schleuserbanden oder von Drogenkriminalität. Spätestens hier sollten sich die Koalitionsfraktionen fragen, was andere Bundesländer können, was Niedersachsen nicht kann. Das Asylbewerberleistungsgesetz gilt bundesweit.
Diese Frage stellen sich inzwischen auch Kommunen, und hier wächst der Widerstand gegen die bevormundende Praxis der Landesregierung. Die Kommunen wollen nicht länger hinnehmen, dass Asylbewerber ständig Pöbeleien, offenen Anfeindungen und ausländerfeindlichen Äußerungen beim Einkauf mit Wertgutscheinen ausgesetzt werden.
Die Räte der Landeshauptstadt Hannover, der Stadt Oldenburg und der Stadt Göttingen haben
inzwischen gehandelt, auch mit den Stimmen der FDP und CDU. Sie haben sich für die Bargeldauszahlung an Asylsuchende ausgesprochen. Übereinstimmend beklagen die Kommunen in ihren Resolutionen und Anträgen an die Landesregierung den hohen Verwaltungsaufwand und die zusätzlichen Kosten, übereinstimmend weisen sie auf die wiederkehrenden Schwierigkeiten im Einzelhandel mit der Auszahlung von Wechselgeld hin. Auch das eingeschränkte Wahrenangebot für Asylsuchende wird als Problem angesprochen.
Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, Sie haben sich Bürokratieabbau, Kostenreduzierung und die Erweiterung kommunaler Handlungsspielräume auf Ihre Fahnen geschrieben und eigens dafür ein Modellkommunen-Gesetz verabschiedet. Wenn Sie dieses Gesetz ernst nehmen und nicht völlig unglaubwürdig werden wollen, dann kann es für Sie keinen Grund mehr geben, die kostenintensiven und verwaltungsaufwendigen Gutscheine beizubehalten.
Unser Antrag entspricht den Zielen der Entbürokratisierung. Deshalb sehen wir keinerlei Anlass, die Kommunen diesbezüglich weiterhin zu bevormunden und ihren Handlungsspielraum einzuengen. Es muss ihnen überlassen werden, nach eigenem Ermessen zu entscheiden, ob sie Bargeld oder Wertgutscheine ausgeben. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schünemann, es ist interessant, was Sie eben zur Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel gesagt haben. Natürlich ist das richtig. Aber ich wundere mich, warum Sie dann ständig behaupten, wenn wir Bargeld ausgeben würden, würden die Asylbewerberzahlen steigen. Sie schreiben das sogar noch in Ihren Antwortbriefen an die Kommunen und weisen darauf hin, dass Sie die Wertgutscheinpraxis bewusst beibehalten wollen, um eine ungewollte Zuwanderung in die Sozialhilfesysteme zu verhindern. Lesen Sie das noch einmal nach, ich bringe Ihnen das mit.
- Das sehe ich auch so. Diese Logik finde ich genauso merkwürdig wie das, was Sie mir unterstellt haben. Aber Sie schreiben es.
Ich möchte noch auf einen anderen Punkt hinweisen. Ich wundere mich, mit welchem unglaublichen Beharrungsvermögen Sie sich noch immer für die Wertgutscheine aussprechen, obwohl aus anderen Bundesländern Erfahrungen völlig anderer Art vorliegen. Sie nehmen diese Erfahrungen nicht zur Kenntnis. Jedes Mal, wenn es um restriktive Maßnahmen für Menschen geht, die in Deutschland keinen gesicherten Aufenthalt haben - und Sie wissen ganz genau, dass die Asylverfahren heute leider unglaublich lange dauern
und sich mitunter auch über Jahre hinziehen können - -
- Es ist so! Hier leben 20 000 geduldete Flüchtlinge.
- Fangen Sie doch nicht solche Diskussionen an!
Es ist jedenfalls hoch interessant, welches Beharrungsvermögen Sie zeigen, obwohl es andere Erfahrungen gibt. Wenn es tatsächlich rechtswidrig ist, was unsere Nachbarländer tun, dann frage ich mich, warum der Bundesgesetzgeber nicht einschreitet. Warum können sie das weiterhin machen? Oder werden Sie demnächst Anzeige erstatten?
- Aha. Darauf bin ich gespannt. - Mir ist völlig unbegreiflich, aus welchem Grunde Sie weiterhin an der Wertgutscheinpraxis festhalten. Die Wertgutscheine haben überhaupt keinen Sinn, außer dass die Menschen, die aus wirklich furchtbaren Zuständen hierher geflohen sind, weiter drangsaliert werden.
Es ist nicht möglich, mit Wertgutscheinen für Telefonkosten, Fahrtkosten, Kosten für Schreibmaterial und Schulmaterial aufzukommen. Ich weiß nicht ob Sie wissen,
wie viel Geld diese Leute bekommen. Sie bekommen 41 Euro in bar als Taschengeld und 186 Euro in Wertgutscheinen. Das sind gerade einmal 70 % des Sozialhilfesatzes. Davon können diese notwendigen Dinge nicht gekauft werden. Alle Kommunen fordern Sie immer wieder auf, die Wertgutscheinpraxis abzuschaffen.
- Aber selbstverständlich, die kommunalen Spitzenverbände haben das 2003 in der Anhörung von Ihnen verlangt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dies sind ja nicht der erste Schaufensterantrag und die dazugehörigen Schaufensterreden der Regierungskoalition zur niedersächsischen Europapolitik.
Sie führen mit diesem Antrag Ihre Tradition der großen Worte und kleinen Taten fort. „Die Erfolge der deutschen Ratspräsidentschaft nutzen“ überschreiben Sie Ihren Antrag, und es ist zweifellos positiv, dass es der Bundeskanzlerin gelungen ist, die bleierne Zeit in der Verfassungsfrage zu beenden. Auch beim Klimaschutz kann sie Erfolge verbuchen.
Was dann aber in Ihrem Antrag folgt, hat herzlich wenig mit der Ratspräsidentschaft zu tun. Punkte, die zufällig in diesem Halbjahr abgeschlossen wurden und keinen besonderen Einsatz der Ratspräsidentschaft erforderten, deuten Sie zu großen Erfolgen um. Die Arbeit der Kommission und die Arbeit des Parlaments würdigen Sie mit keinem einzigen Wort. Auch die große Idee, meine Damen und Herren, die nationalen Egoismen zugunsten eines gemeinsamen Europas, einer Wertegemein
schaft, aufzugeben, findet überhaupt keinen Eingang in Ihren Antrag.
Im Gegenteil, er ist Beleg dafür, dass die notwendige politische Integration Europas immer noch der wirtschaftlichen Integration hinterherhinkt. Der negative Ausgang der Referenden in Frankreich und den Niederlanden hat vor allem eines gezeigt: Die Bürgerinnen und Bürger haben Angst um ihre soziale und um ihre wirtschaftliche Situation. Ihr Vertrauen in die Gestaltungskraft der nationalen wie auch der europäischen Ebene ist tief erschüttert. Darauf gehen Sie mit keiner Zeile ein. Der Tenor des Antrages bleibt typisch für das Verständnis der Regierungskoalition von Europa und von europäischer Politik: Die EU wird als Wirtschaftsgemeinschaft verstanden, deren Vorteile es abzuschöpfen gilt.
Meine Damen und Herren, Jaques Delors hat einmal gesagt, man müsse Europa einen tieferen Sinn geben, ihm eine Seele einhauchen. Denn niemand verliebe sich in einen gemeinsamen Markt. Diesem Gedanken verweigert sich Ihr Antrag vollständig.
Ausgelassen haben Sie Bereiche, in denen Sie sich EU-Vorgaben verweigert haben. Ich erinnere an die mangelhafte Umsetzung der FFH-Richtlinie und - jetzt ganz aktuell - an die mangelhafte und höchst zweifelhafte Umsetzung der EU-Richtlinien im Zuwanderungsgesetz. Hier hat sich Niedersachsen wieder einmal besonders negativ hervorgetan. Stichwort: Familienzusammenführung.
Meine Damen und Herren, Niedersachsen profitiert von der EU. 2,5 Milliarden Euro Fördermittel erhält das Land für die Förderperiode 2007 bis 2013. Aber ob die Landesregierung das Geld auch so einsetzen wird, wie es nötig wäre, wage ich zu bezweifeln. Die Diskussionen der letzten Wochen zeigen, dass gerade die wirklich strukturschwachen Gebiete, wie der Landkreis Lüchow-Dannenberg, nicht die Mittel bekommen sollen, die sie so dringend nötig haben. Der Celler Landrat Klaus Wiswe wirft der Landesregierung mangelnde Transparenz im Zusammenhang mit der Ziel-1Förderung vor. Er kritisiert, dass es keinerlei Informationen darüber gebe, für welche Projekte das Land bereits Geld reserviert hat. - So viel zu vertrauensvoller politischer Arbeit.
Niedersachsen soll beim Klimaschutz und im Energiebereich eine führende Rolle in Deutschland
einnehmen. Diese Forderung kann ich nur unterstützen. Allerdings wird der Neubau von Kohlekraftwerken, den die CDU in ihren Juister Thesen unterstützt, keinesfalls zu einer Reduzierung von Treibhausgasen beitragen. Ihre Europapolitik produziert klimaschädliche Gase, und zur Verbesserung des politischen Klimas trägt sie auch nicht gerade bei.
Solidarität und Verantwortung für die gemeinsame Welt auch jenseits der eigenen Grenzen - das gehört zum großen europäischen Traum. Dafür müssen wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die EU stärken und mehr gemeinsame Anstrengungen für soziale Gerechtigkeit wagen. Das gelingt Ihrem Antrag nicht. Die große Aufgabe auf nationaler wie auf europäischer Ebene liegt darin, einen Weg in die Zukunft der EU zu finden und diesen Weg so auszugestalten, dass er den Wünschen, den Interessen und den Bedürfnissen der Menschen, die in diesem Europa leben, gerecht wird. Dem werden Sie mit diesem Antrag leider nicht gerecht. - Danke.
Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! In den ursprünglichen Programmentwürfen der Niedersächsischen Landesregierung zu EFRE sind die Bereiche Energieeffizienz und Klima gar nicht vorgesehen gewesen. Ich finde, die Frage ist immer noch nicht ganz geklärt, ob tatsächlich 300 Millionen Euro Mittel fließen sollen oder nicht.
Sicher ist, dass 12 Millionen Euro fließen sollen. Diese sollen auch dem Umweltministerium zur Verfügung stehen, aber nicht etwa zusätzlich. Vielmehr werden die 112 Millionen, die für das Umweltministerium vorgesehen sind, nicht um diese 12 Millionen aufgestockt. Nun stellt sich für mich natürlich die Frage: Bei welchen Programmpunkten wird gekürzt, um diese 12 Millionen freizubekommen? Welche Programme werden dann nicht stattfinden, damit diese 12 Millionen in den erwähnten Programmteil einfließen können?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die SPD legt heute einen Antrag zur Fortsetzung der Behandlung schwerstkranker Drogenabhängiger mit Heroin vor. Wir unterstützen diesen Antrag. Er enthält Forderungen, die meine Fraktion bereits im letzten Jahr in eigenen Anträgen formuliert hat und denen der Sozialausschuss zugestimmt hat, allerdings, wie Sie wissen, mit der Folge, dass die Forderung nach Zulassung von Diamorphin als erstattungsfähiges Medikament anschließend auf Druck einiger in der CDU zurückgezogen werden musste - eine, wie ich finde, nicht zu überbietende Peinlichkeit. Schon damals ist sichtbar geworden, dass zumindest die CDU bei diesem Thema absolut uneins ist.
Diesen Schlingerkurs erleben wir zurzeit auch in der schwarz-roten Koalition in Berlin. Immer noch meinen einige in CDU und CSU, man könne durch repressive Maßnahmen von der Last befreit werden, auf der Straße Drogenabhängige ertragen zu müssen. Die damit verbundenen Illusionen von einer drogenfreien Gesellschaft werden in zynischer Weise auf dem Rücken der Schwerstabhängigen ausgetragen.
- So ist es!
Die Erfahrungen aus der Arbeit mit Drogenabhängigen im Rahmen des Bundesmodells zeigen ganz eindeutig, dass Schwerstabhängige nur mit dem Ansatz der Heroinsubstitution erreicht werden können.
Nun gibt es aber etliche CDU-Mitglieder, die längst erkannt haben, dass man mit rückwärtsgewandten und illusorischen Auffassungen nicht weiterkommt. Das haben im Übrigen auch die Oberbürgermeister aller Städte betont, in denen das BundesModellprojekt bisher lief. Auch sie haben die Fortsetzung der Heroinsubstitution angemahnt. Die Abgabe von Diamorphin an Schwerstabhängige ist eine medizinische Notwendigkeit.
Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Auswertung der deutschen Modellprojekte belegen den Erfolg; darüber haben wir in den vergangenen Debatten ausführlich gesprochen. Auch das Sozialministerium hat bekannt, sich den aus der Studie gewonnenen Erkenntnissen nicht länger verschließen zu wollen. Doch welche Konsequenz haben Sie daraus gezogen? Die Ministerin hat sich geweigert, in diesem Sinne eine Bundesratsinitiative zu starten, offenbar in Sorge darum, dass dies den Berliner Hardlinern nicht gefallen könnte. Da war der hessische Ministerpräsident Koch schon wesentlich weiter. Die Devise der Großen Koalition lautet derzeit: vertagen, verschieben und aussitzen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Ich habe das Gefühl, genau dieses Spielchen wird im Moment auch in Niedersachsen gespielt.
Es ist zu hören, dass das Hannoveraner Projekt - Frau Elsner-Solar ist darauf schon eingegangen vermutlich bis Mitte 2008 verlängert werden soll. Das bedeutet, dass Neuaufnahmen von Schwerstabhängigen in dieses Projekt nicht gestattet werden. Das bedeutet, dass Abhängigen Hilfe verweigert wird. Solange sich die Bundeskoalitionäre einer Änderung des Betäubungsmittelgesetzes verweigern, muss nach meinem Dafürhalten geklärt werden, wie zumindest die Weiterführung des einzigen Heroinabgabeprojektes in Niedersachsen finanziell gesichert und wie die Aufnahme weiterer Schwerstabhängiger geleistet werden kann.
Meine Damen und Herren, auf Bundesebene wurde zu dieser Thematik inzwischen ein gemeinsamer Antrag von FDP, Grünen und Linken erarbeitet. In diesem Zusammenhang appelliere ich an die FDP, sich an Ihren Koalitionspartner CDU zu wenden,
um endlich darauf hinzuwirken, dass die notwendigen Konsequenzen aus dem Modellversuch gezo
gen werden. Im Übrigen halte auch ich den Vorschlag der CDA, den Fraktionszwang aufzuheben und die Abstimmung über diese ethisch wirklich tiefgreifende Frage freizugeben, für sehr gut.
Ich bin sicher: Das wird sich für die Schwerstkranken auf jeden Fall positiv auswirken. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es überrascht mich nicht, mit welcher seltenen Einmütigkeit hier zumindest die Erkenntnis einhergeht, dass wir dringend den Zuzug ausländischer Fachkräfte nach Niedersachsen erleichtern müssen. Die Wirtschaftsverbände haben die Problematik dargestellt. Der Zuzug ist u. a. erforderlich, weil der in
ländische Arbeitsmarkt den Fachkräftebedarf inzwischen nicht mehr decken kann.
Meine Damen und Herren, auch der jetzt vorgelegte Kompromissvorschlag der Bundesregierung, hoch qualifizierten Ausländern die Zuwanderung zu erleichtern, ist völlig unzureichend und zementiert die bisherige Abschottungspolitik dieser Bundesregierung weiter. Niedersachsen hat ein Übriges dazu beigetragen. So verhindert diese Politik, dass die weltweit besten Forscher, die weltweit kreativsten Fachkräfte nach Niedersachsen kommen. Sie ist außerdem zunehmend dafür verantwortlich, dass der Ingenieur- und Fachkräftemangel zu einer Gefahr für den wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland und in Niedersachsen wird.
Meine Damen und Herren, der Vorschlag des Innenministers - wir haben ihn gerade hier gehört ist mit Sicherheit ein lobenswerter Anfang, aber er reicht nicht aus. Es muss beispielsweise auch möglich sein, in besonders nachgefragten Berufen auf eine Verdienstschwelle völlig zu verzichten. Die FDP hat diesen Vorschlag des Innenministers Schünemann mitgetragen. Mit diesem Mittragen sind Sie aber noch weit hinter den Forderungen Ihrer eigenen Fraktion im Bundestag geblieben.
Sie haben die Überlegung in den Raum gestellt, Zuwanderung nach einem Punktesystem zu handhaben. Herr Bode, das hat Ihre Bundestagsfraktion schon lange gefordert. Interessant ist Folgendes: Immer wenn es darum geht, in Niedersachsen verbale Attacken gegen Zuwanderungspolitik zu führen, sind Sie groß da. Aber wenn es darum geht, wirklich konkret zu werden, ziehen Sie sich immer wieder zurück. Wenn es anders wäre, wäre der Vorschlag, den Sie hier auf den Tisch legen, bereits in den Vorschlag des Innenministers mit eingeflossen. - Das, was ich dargestellt habe, ist also in der Tat bedauerlich.
Aber selbst das wäre noch nicht ausreichend. Ausländische Absolventen niedersächsischer Hochschulen müssen innerhalb eines Jahres nach erfolgreichem Abschluss einen uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Auch das ist eine Forderung, die mir in Ihrem Vorschlag sehr gefehlt hat.
Meine Damen und Herren, Ihre Lippenbekenntnisse täuschen nicht darüber hinweg, dass Sie immer dann, wenn es konkret wird, die restriktive Zuwanderungspolitik Ihres Innenministers mittragen. Ob es um die Bleiberechtsregelung, das Härtefallverfahren oder um Abschiebung geht - immer folgen Sie Ihrem Minister Gnadenlos.
Liebe FDP, einer Fraktion, die den Wirtschaftsminister in dieser Regierung stellt, sollte bekannt sein, dass Weltoffenheit und Toleranz inzwischen längst zu einem ganz bedeutenden Standortfaktor avanciert sind.
Wer aktive Toleranz, Antidiskriminierung und die positive Gestaltung gesellschaftlicher Vielfalt vernachlässigt, kann letztlich auch keine Zuwanderung hoch Qualifizierter erwarten; denn diese Menschen haben viel zu bieten und bekommen dafür in anderen Ländern auch viel geboten. Sie sind nicht darauf angewiesen, sich in Niedersachsen Repressalien und langfristig ungesicherten Aufenthaltsbedingungen zu unterwerfen. In anderen Ländern werden sie mit offenen Armen empfangen, und dort findet dann auch das entsprechende Wachstum statt.
Zum Schluss mein Fazit: Dieser Beitrag der FDP für die Aktuelle Stunde ist wieder einmal viel Lärm um nichts gewesen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 50 Jahre Sicherheit, Frieden und Stabilität, 50 Jahre gemeinsamer Wirtschaftsraum, 50 Jahre ohne große soziale Verwerfungen - Europa ist ein Erfolgsmodell. Alle könnten zufrieden sein. Glücklicherweise sind diese Erfolge für viele inzwischen selbstverständlich geworden. Die EU hat nicht nur in der Vergangenheit große Herausforderungen gemeistert; sie steht auch zukünftig vor großen Aufgaben. So muss sie die Globalisierung sozial gerecht und
nachhaltig gestalten. Auch die Bekämpfung des Klimawandels und des Terrorismus kann nur gemeinsam geleistet werden.
dpa meldete vor zwei Tagen, dass EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering darauf setzt, dass die Feierlichkeiten in Berlin zum 50. Geburtstag der Europäischen Union eine Aufbruchsstimmung mit sich bringen. In der Verfassungs- wie in der Klimafrage brauchen wir Ergebnisse, so sagt er. Die Berliner Erklärung der Mitgliedstaaten der EUKommission und des Parlaments müsse klarmachen, dass nur ein einiges Europa die globalen Herausforderungen meistern könne.
Meine Damen und Herren, von dieser Aufbruchsstimmung ist in Ihrem Antrag leider nicht allzu viel zu spüren. Stattdessen fallen Sie schon in der Überschrift in die Beschwörung nationaler Egoismen zurück. Sie fordern in der Überschrift: „Die Chancen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft entschlossen für Niedersachsen und seine Bürgerinnen und Bürger nutzen“.
Die Renationalisierungstendenzen sind unübersehbar. Ich hoffe, dass die deutsche Ratspräsidentschaft ihnen entschieden entgegentritt und im Sinne des EU-Parlamentspräsidenten Pöttering agieren wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wir könnten Ihrem Antrag zustimmen, weil Sie darin viele Aspekte, die auch in unseren Augen wichtig sind, aufgenommen haben. Ich nenne als Beispiel den Aspekt eines sozialen Europas. Aber Ihre Kritik an den Richterinnen und Richtern und dem Generalanwalt des Gerichtshofes im Zusammenhang mit den Entscheidungen zum VW-Gesetz ist absolut inakzeptabel.
Sie überschreiten meines Erachtens damit wirklich die Grenze des noch hinnehmbaren Populismus.
Meine Damen und Herren, nach dem zweifachen Nein zur EU-Verfassung in Frankreich und in den Niederlanden sind die Bürgerinnen und Bürger zutiefst verunsichert. Sie haben nicht nur Angst um ihre soziale und wirtschaftliche Perspektive, sondern ihnen fehlt auch das Vertrauen in die Gestal
tungskraft der nationalen und der europäischen Ebene. Hier sind die Landesregierung und das Parlament gefordert, die politischen Prozesse öffentlich sichtbarer und transparenter zu machen. Die Bürgerinnen und Bürger wollen schlicht und einfach wissen, wer für welche Entscheidung verantwortlich ist.
Eine europäische Öffentlichkeit wird aber nur dann geschaffen, wenn diese Bürgerinnen und Bürger auch über Alternativen öffentlich diskutieren und sich über Bürgerbegehren direkt an europäischer Politik beteiligen können. Dafür sollten wir in Niedersachsen ein Forum bieten. Es reicht nicht aus, nur mit einer blutleeren, etwas dürftigen Resolution an Kommunen und Schulen in Niedersachsen zu appellieren, den europäischen Gedanken stärker zu verbreiten. Diese Verantwortung können Sie nicht auf Schulen und Kommunen abschieben.
Wir alle sind gefordert, auch außerhalb dieses Parlaments. Ich finde es viel wichtiger, als hier Resolutionen zu verabschieden, bei den Menschen draußen für die Vorteile Europas zu werben. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit etwas mehr als 100 Tagen gibt es in Niedersachsen eine Bleiberechtsregelung. Der niedersächsische Innenminister rechnet damit, dass bis Ende September 7 000 der ca. 22 000 geduldeten Flüchtlinge eine zweijährige Aufenthaltserlaubnis
bekommen werden. Aufgrund welcher Wahrscheinlichkeitsrechnung diese Zahlenangaben zustande kommen, bleibt allerdings ungeklärt. Tatsache ist nämlich, dass bis Dezember lediglich 69 Personen einen positiven Bescheid erhalten haben. Es gibt Kommunen, die bis heute noch keine einzige Aufenthaltserlaubnis ausgegeben haben.
Noch am 24. November hat Herr Ministerialdirigent Gutzmer in einer Sendung im Nordwestfunk jedem Geduldeten geraten, möglichst schnell loszulaufen, um sich eine Stelle zu sichern. Es wäre schön, wenn es so einfach wäre.
Erstens ist die Praxis in den Ausländerbehörden leider nicht so. Sie zeigt nämlich, dass es ohne Pass keine Arbeitserlaubnis und ohne Arbeitserlaubnis keine Aufenthaltserlaubnis gibt.
Zweitens waren Geduldete bisher von sämtlichen Integrationsmaßnahmen ausgenommen. Sie durften nicht an Sprachkursen teilnehmen. Sie durften keine Arbeit aufnehmen. Sie waren von Qualifizierungsmaßnahmen ausgeschlossen. Jungen Menschen sind die Ausbildungsplätze verwehrt worden. Neben dem fehlenden Nachweis eines Arbeitsplatzes führt in Niedersachsen ein langer Katalog von Ausschlussgründen dazu, dass, wie wir schätzen, mehr als 95 % der Geduldeten keine Chance auf ein Bleiberecht haben werden. Unter diesen faktischen Ausschluss fallen im Übrigen auch erwerbsunfähige, kranke, behinderte und alte Menschen. In einer solchen Situation und unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage haben Geduldete keine faire Chance auf dem Arbeitsmarkt.
Wir brauchen - mein Kollege von der SPD hat das schon angesprochen - eine gesetzliche Bleiberechtsregelung. Bis dahin dürfen diejenigen, die potenziell unter eine solche Regelung fallen, nicht abgeschoben werden. Herr Schünemann, ich möchte Sie an dieser Stelle ausdrücklich auffordern, Ihren Widerstand gegen eine gesetzliche Bleiberechtsregelung, die großzügiger als die niedersächsische Schmalspurversion sein sollte, aufzugeben.
Solange Sie dieses nicht tun, ist unser Antrag zum Abschiebungsmoratorium nicht erledigt, sondern weiterhin bitter nötig. Eine wirksame Bleiberechtsregelung war und ist überfällig. Sie kann nur dann wirksam sein, wenn nicht weiter nach der Devise
gehandelt wird: ohne Arbeit keine Aufenthaltserlaubnis, ohne Aufenthaltserlaubnis keine Arbeit.
Herr Schünemann, Sie schlagen sich mit Ihrer Weigerung, den nach langem Tauziehen gefundenen Kompromiss der Großen Koalition zu akzeptieren, erneut auf die Seite der Hardliner in der CSU. Unter dem Kampfbegriff „keine Zuwanderung in die Sozialsysteme“ wollen Sie eine längst überfällige politische Lösung verhindern.
Im Gegensatz zu Ihnen hält der CDU-Innenexperte Hans-Peter Uhl den Kompromiss für vernünftig. Er sagt in der Süddeutschen Zeitung: Die 180 000 Geduldeten, die nicht arbeiten dürfen, kosten den Staat 1,3 Milliarden Euro im Jahr. Wir zwingen die Leute zur Untätigkeit. Mit der neuen Regelung hätten sie die Möglichkeit zu arbeiten und den Staat zu entlasten. - Dem kann man eigentlich nichts mehr hinzufügen.
Es ist schon peinlich: Da ringt die Koalition seit mehr als einem Jahr erfolglos um das Zustandekommen einer Änderung des Zuwanderungsgesetzes, und Sie, Herr Schünemann, spielen bei diesem unwürdigen Geschachere um die inhumanste Bleiberechtsregelung im Schulterschluss mit Ihrem bayrischen Kollegen eine miese Rolle. Dabei sieht der Entwurf bereits heute drastische Verschärfungen im Ausländerrecht vor: grundlegende Beschneidungen des Rechts auf Familiennachzug, neue Sanktionen in der Integrationspolitik und eine Verschärfung des Ausweisungs- und Ausbürgerungsrechts. Sie, Herr Schünemann, wollen aber immer noch mehr. Niedersachsen nimmt mit diesem Innenminister weiterhin den fragwürdigen Platz eins in der Riege derer ein, die für Abschottung, Ausgrenzung, Inhumanität und Misstrauen in der Ausländerpolitik stehen - und das auch immer mit Unterstützung der FDP. Niedersachen hat einen solchen Innenminister nicht verdient.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Lorberg! Vielleicht sollte ich Sie noch einmal darüber aufklären, dass die Geduldeten bis heute, auch nach der neuen Bleiberechtsregelung, keinerlei Zugang zu Integrationskursen haben. Sie haben keine Berechtigung dafür.
Dann will ich Ihnen noch eines sagen: Ihre Bemerkung, man könne mit vielen Tricksereien ein Aufenthaltsrecht bekommen,
zeigt doch wieder einmal sehr deutlich Ihr grundsätzliches Misstrauen gegen alle diese Menschen, die hier geduldet sind.
Ich möchte Ihnen auch sagen, dass das, was Sie hier wieder erklären, nicht stimmt. Die Ausländerbehörden erlauben diesen Menschen, die seit Jahren hier leben, keine Arbeitsaufnahme. Den Jugendlichen wird verboten, in Ausbildungsbetriebe zu gehen und eine Ausbildung zu machen.
- Herr Biallas, Sie sind doch jetzt gar nicht dran.
Und dann erzählen Sie hier ständig und immer wieder die Mär von der Zuwanderung in die Sozialsysteme. Warum ermöglichen Sie den Menschen keine Arbeitsaufnahme, wenn das Arbeitsamt sie ihnen gestattet? Nicht die Arbeitsämter, sondern die Ausländerbehörden sagen: Nein, wir wollen nicht, dass sie in Arbeit kommen.
Solange wir dieses Problem nicht lösen, können Sie nicht behaupten, es gebe eine Einwanderung in die Sozialsysteme.
Herr Minister, Sie haben zu Recht gesagt, dass Arbeitsminister Müntefering es versäumt habe, die Vorrangprüfung wegfallen zu lassen. Aber verweigern nicht auch Sie sich dem, was jetzt auf Bundesebene vorgesehen ist, nämlich in dieser Zeit eine vorübergehende Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, um eine Arbeit ohne Vorrangprüfung aufnehmen zu können?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich etwas zu der ewig wiederkehrenden Mär von Schlepperorganisationen sagen. Dass Sie damit hier noch immer hausieren gehen, Herr Schünemann, ist schon mehr als peinlich; denn die Zahl der Zuwanderer hat so drastisch abgenommen, dass man davon in der Tat wirklich nicht mehr reden kann. Seit Jahren nimmt die Zahl immer weiter ab. Dass Sie damit noch immer kommen, ist wieder einmal ein Zeichen für das unglaubliche Misstrauen, das Sie allen Zuwanderern entgegenbringen.
Um es noch einmal klarzustellen: Wir hätten keine Zuwanderung in die Sozialsysteme, wenn Sie sich anders verhalten würden. Keiner der geduldeten Flüchtlinge ist berechtigt, an Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen. Keiner ist berechtigt, an Integrationsmaßnahmen teilzunehmen.
Es ist einfach so; das wird verweigert. Hier leben bereits Leute, die die Fähigkeit haben, das Gymnasium zu besuchen, bzw. die eine hervorragende Ausbildungssituation hätten, wenn sie es denn machen dürften. Warum brauchen Sie Zuwanderung von außen, wenn ein Teil dieser Menschen, die wir hier brauchen, die qualifiziert und gut sind, bereits hier lebt?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Nacke, dass Sie als Schwulen- und Lesbenbeauftragter der CDU-Fraktion die ehelichen Pflichten in die gesetzliche Regelung aufnehmen wollen, wundert mich nun doch.
Seit fünf Jahren gibt es eingetragene Lebenspartnerschaften in Deutschland. Gegen den erbitterten Widerstand der Opposition im Bundestag ist das Lebenspartnerschaftsgesetz von der damaligen rot-grünen Bundesregierung verabschiedet worden.
Zweifellos war das ein entscheidender Schritt nach vorn für die Anerkennung von Schwulen und Lesben, hin zu mehr Toleranz und Weltoffenheit. Heute kommt keine Vorabend-Soap mehr ohne Schwule und Lesben aus. Niemand stört sich an der Darstellung gleichgeschlechtlicher Ehen, in denen auch Kinder aufwachsen und erzogen werden.
Mit der Verabschiedung des Lebenspartnerschaftsgesetzes waren wir das erste Land in der EU, das ein solches Gesetz hatte. Heute haben nicht nur die skandinavischen Länder gleichgezogen. Viele andere europäische Staaten, wie Groß
britannien, Tschechien und Slowenien haben sogar weitergehende Partnerschaftsregelungen.
Meine Damen und Herren, deshalb unterstützen wir natürlich den Antrag der SPD. Es ist dringend geboten, dass das Land Niedersachsen das Landesrecht an das Lebenspartnerschaftsgesetz anpasst, und zwar in vollem Umfang.
Die SPD handelt und redet hier aber anders als auf der Bundesebene.
Das finde ich sehr bedauerlich. Insbesondere bei der Debatte zur Änderung des Personenstandsgesetzes hat sie sich nicht gerade fair gegenüber Schwulen und Lesben verhalten. Die in diesem Gesetzentwurf vorgesehene Vorschrift, dass Ehen auf dem Standesamt zu schließen sind, hat die Große Koalition gekippt, sodass dies den Ländern überlassen bleibt. Das könnte dann so aussehen, dass die Ehe in Bayern beim Notar und in Rheinland-Pfalz bei der Kreisverwaltung - Tür an Tür mit der Kfz-Zulassungsstelle - geschlossen wird.
Meine Damen und Herren, ich sehe das Problem auf einer ganz anderen Ebene. Die vollständige rechtliche Gleichstellung sichert das Gesetz eben noch nicht. Die von Union und FDP regierten Länder haben damals im Bundesrat die zustimmungsbedürftigen Regelungen wie beispielsweise die Anerkennung im Steuerrecht zu Fall gebracht. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Klagen einiger CDU-regierter Länder verworfen hat, stellt sich die Frage des Abstandsgebots nicht mehr, und einer wirklichen Gleichstellung steht nichts mehr im Wege.
Meine Damen und Herren, um zu einer Beseitigung eines gleichheitswidrigen Rechtszustands zu kommen, müsste Ihr Antrag meines Erachtens eben auch gleichzeitig die Aufforderung an die Landesregierung enthalten, sich im Bundesrat für die Angleichung im Steuerrecht, im Beamtenrecht und im Adoptionsrecht einzusetzen.
Aber so weit wollen Sie offensichtlich nicht gehen. Seit Monaten schmort nämlich ein diesbezüglicher Antrag der Grünen im Rechtsausschuss des Bundestages. Bislang haben sich CDU und SPD geweigert, ihn in die Beratung zu nehmen; er ist jetzt von den Grünen noch einmal im Bundestag eingebracht worden.
Meine Damen und Herren, die vollständige Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Heteroehen ist keine verfassungsrechtliche Frage mehr, sondern ausschließlich eine Frage des politischen Willens. Von daher ist Ihr Antrag wohl in der Zielsetzung richtig, aber er greift meines Erachtens zu kurz und wird der eigentlichen Problematik eben nicht gerecht. - Danke.
Herr Minister Busemann, meiner Meinung nach sind wir uns einig in der Einschätzung, dass Schülerinnen und Schüler, die überhaupt keinen Abschluss haben, auf dem Arbeitsmarkt nahezu chancenlos sind. Hinsichtlich der Frage, ob Schülerinnen und Schüler, die einen Hauptschulabschluss gemacht haben, mehr Chancen haben, gehen unsere Meinungen aber wahrscheinlich schon wieder auseinander; denn nur ein Minimum dieser Schülerinnen und Schüler findet anschließend eine Ausbildungsstelle. Die meisten landen nach wie vor in der schulischen Vollzeitausbildung oder in Warteschleifen.
Ich frage die Landesregierung: Welches Konzept bietet sie Schülerinnen und Schülern an, damit diese sich weiterqualifizieren und einen höheren Abschluss als den Hauptschulabschluss erlangen können?