Andreas Bernig

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da die CDU und die FDP weiterhin das Vergabegesetz kritisieren, obwohl der Evaluationsbericht eine sehr differenzierte Bewertung vornimmt und gute Hinweise zur Verbesserung gibt, die die Landesregierung auch aufgreifen wird, darf ich Sie noch einmal darauf hinweisen, dass 13 von 16 Ländern Landesgesetze haben, die die Tariftreue und teilweise auch Mindestentgeltregelungen enthalten. Aktueller Spitzenreiter bei der Höhe des Mindestlohns ist Schleswig-Holstein mit 9,18 Euro.
Es obliegt nunmehr der CDU und Ihnen, Herr Homeyer, den Brandenburgerinnen und Brandenburgern zu erklären, warum Sie ein Mindestentgelt von 8,50 Euro für zu hoch halten. Warum werden in Schleswig-Holstein 9,18 Euro und in Berlin 8,50 Euro gezahlt? Was ist denn in diesen beiden Bundesländern anders als in Brandenburg?
Haben nicht die Brandenburgerinnen und Brandenburger auch einen Anspruch auf existenzsichernde Löhne und fair bezahlte Arbeit? Die Linke sagt Ja.
Wir stehen uneingeschränkt für gute Arbeit und gute Entlohnung, ohne Wenn und Aber.
Gerne gebe ich zu: Dass ein Mindestlohn in Deutschland endlich überhaupt Realität ist - darauf sind wir Linke auch ein bisschen stolz. Nicht nur die Brandenburger Linke hat dazu einen erheblichen Beitrag geleistet. Aber das, was jetzt im Bund vorgelegt worden ist, dass die unter 18-Jährigen und die Auszubildenden ausgenommen werden sollen, dass der Mindestlohn real erst 2017 kommt und auch noch die Langzeitarbeitslosen generell ausgenommen werden, womit quasi eine Niedriglohnreserve geschaffen wird, das alles entspricht nicht unseren Vorstellungen von einem flächendeckenden Mindestlohn.
Damit komme ich konkret zum Evaluierungsbericht, den Sie logischerweise ausschließlich aus kritischer Sicht gelesen haben. Ich habe in diesem Bericht einige andere Aspekte gefunden. Der Bericht bietet eine gute Grundlage, um unser Vergabegesetz hinsichtlich seiner Anwendung und Umsetzung weiter auszugestalten. Vieles hat der Wirtschaftsminister dazu schon gesagt und ist auch in der Stellungnahme zum Bericht enthalten.
Ich möchte trotzdem noch einmal auf einige Punkte eingehen und unsere Sicht darstellen und den Vorwurf von CDU und FDP, dass das Brandenburgische Vergabegesetz ein Bürokratiemonster bzw. mittelstandsfeindlich sei, ausräumen.
Stichwort Kostenerstattung: Ein großer Teil, nämlich 47 %, der befragten öffentlichen Auftraggeber, gab an, dass sich diese einfach gestaltet. Allerdings waren auch 34 % der befragten Kommunen gegenteiliger Auffassung.
Auch wir sind uns des Umstandes eines höheren Verwaltungsaufwandes bewusst. Aber wir müssen uns auch genau anschauen, warum solche divergierenden Unterschiede in der kommunalen Selbstverwaltung bestehen. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Feststellung der Evaluatoren auf Seite 70, dass die öffentlichen Auftraggeber das Vergabegesetz mehrheitlich für schwer verständlich erachten, während die Auftragnehmer weniger Verständnisschwierigkeiten haben. Das zeigt, dass der Umgang mit dem Vergabegesetz, Herr Homeyer, für die Unternehmen ein Stück Normalität ist.
Stichwort Höhe des Mindestentgelts: Laut Evaluationsbericht hält die absolute Mehrheit der Befragten - das waren 61 % - die Höhe des Mindestentgelts für angemessen. 25 % der Befragten hält den geltenden Mindestarbeitsentgeltbetrag für zu gering. Lediglich 7 % geben an, dass sie die Mindestarbeitsentgelte für zu hoch halten.
Meine Damen und Herren von der CDU, Sie sehen: Der Großteil der Unternehmen will und zahlt auch faire Löhne.
Die Unternehmen wurden auch danach befragt, ob aus ihrer Sicht kleine und mittlere Unternehmen durch das festgesetzte Mindestarbeitsentgelt stärker betroffen seien als größere Unternehmen. Dies wurde von 58 % der Befragten verneint. Kleine und mittlere Unternehmen sind aus Sicht der Auftragnehmer nicht stärker von der Mindestlohnregelung betroffen als größere Unternehmen. Das steht schwarz auf weiß im Bericht. Trotzdem wird hier immer wieder behauptet, das Vergabegesetz sei mittelstandsfeindlich.
Darüber hinaus hat das Gutachten weitere praktische Bedarfe hinsichtlich der Überarbeitung des Brandenburgischen Vergabegesetzes aufgezeigt, die die Landesregierung in eine Gesetzesüberarbeitung einbeziehen wird. Hervorheben möchte ich, dass die Landesregierung der Überarbeitung der Kontrollmechanismen positiv gegenübersteht. Das betrifft die Kontrolldichte als auch die Kontrollintensität, und sicherlich gehört auch die Vereinfachung dazu, das ist eine wichtige Forderung auch von Gewerkschaftsseite.
Zu anderen Vergabeaspekten hat mein Kollege Kosanke schon etwas gesagt. Dazu äußere ich mich jetzt nicht, weil die Zeit davonläuft.
Bleibt das Fazit: Der vorgelegte Evaluierungsbericht bietet eine Grundlage, das Vergabegesetz den Anforderungen der Praxis anzupassen. Das heißt zum einen, bürokratische Hemmnisse abzubauen, und zum anderen, eine breite Akzeptanz für die Anwendung weiterzuentwickeln. Ziel ist es, die Wirtschaft vor Dumpingangeboten konkurrierender Unternehmen auf Kosten der Steuerzahler zu schützen. Für die Linke steht fest: Arbeitsplätze, die auf der Ausbeutung von Menschen beruhen und ordentlich bezahlte Arbeitsplätze bedrohen, gehören endlich abgeschafft!
Steuermillionen zur Subventionierung von Dumpinglöhnen sind Misswirtschaft und widersprechen der volkswirtschaftlichen Vernunft. Das Brandenburgische Vergabegesetz ist deshalb unverzichtbar.
Vielen Dank, Herr Präsident. Schönen guten Morgen alle miteinander!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor fast einem Jahr haben wir uns - damals noch auf dem Brauhausberg - mit dem Thema „Gute Arbeit in Brandenburg und Deutschland“ befasst.
- Ja, das ist auch wichtig.
Damals haben wir in einer Entschließung zehn Schwerpunkte benannt, um bessere bundesdeutsche Rahmenbedingungen für gute Arbeit zu schaffen. Heute können wir feststellen, dass wir dabei ein Stück des Weges vorangekommen sind, auch wenn das Schrittmaß noch nicht als ausreichend erscheint und wir unseren Blick auch verstärkt über den Tellerrand hinaus, auf die europäische Dimension richten müssen.
Immerhin können wir heute feststellen, dass es endlich gelungen ist, die Einführung des flächendeckenden gesetzlichen
Mindestlohns auf den Weg zu bringen. Gestern war der Gesetzentwurf im Kabinett.
Damit ist die Umsetzung einer Forderung auf dem gesetzgeberischen Weg, die bereits vor mehr als zehn Jahren durch die damalige PDS erhoben wurde, die dann nach und nach bei den Gewerkschaften bahnbrechend war und heute quasi von allen Parteien - außer von der FDP - als „ihre“ Idee verkauft wird.
Leider bleiben bisher vier Wermutstropfen: 8,50 Euro garantieren schon heute nicht mehr eine armutssichere Rente. Dazu bedarf es mindestens 10 Euro. Bis 2017 sollen Ausnahmen für tariflich vereinbarte Entgelte unter 8,50 Euro möglich sein. Erst ab 2018 soll dann eine Anhebung ins Auge gefasst werden.
Es sollen Personengruppen wie Rentner, Langzeitarbeitslose, Praktikanten, Saisonkräfte oder Jugendliche unter 18 Jahren vom Mindestlohn ausgenommen werden. So ist jedenfalls die bisherige Diskussion. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist aber nichts anderes als eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, die wir ablehnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will es noch einmal ganz deutlich sagen: Wenn der Mindestlohn nicht ohne Wenn und Aber für alle Beschäftigten gilt, verdient er seinen Namen nicht, weil er seine Funktion als unmissverständliche Lohnuntergrenze verfehlt.
Im Land haben wir unsere Hausaufgaben zur Frage des Mindestlohnes gemacht. Im Vergabegesetz haben wir die Untergrenze von 8 Euro auf 8,50 Euro angehoben und per Landtagsbeschluss festgelegt, dass diese 8,50 Euro im Herbst dieses Jahres überprüft werden sollen.
Bekanntlich hatten die Gewerkschaften in der Mindestlohnkommission der Anhebung auf 8,50 Euro nicht zugestimmt. Wegen der zeitlichen Verzögerung der Kommissionsentscheidung und wegen der zweijährigen Laufzeit schlugen sie 9,37 Euro vor. Das entsprach bisher der untersten Entgeltgruppe im öffentlichen Dienst, die nach dem Abschluss des Tarifvertrages von vor zwei Tagen auch obsolet sein dürfte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein wichtiger Aspekt guter Arbeit ist die Tarifbindung. Vor einem Jahr haben wir uns in der Entschließung mit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung noch etwas schwergetan und einen Prüfauftrag erteilt. Im Koalitionsvertrag ist nunmehr die Feststellung verankert, dass der Geltungsbereich des Arbeitnehmerentsendegesetzes für alle Branchen geöffnet werden soll. Das ist eine wichtige Maßnahme, soziale Standards im europäischen Wettbewerb nicht zu unterbieten und die Tarifbindung wesentlich zu erhöhen.
Auch die Ausweitung der Tarifbestimmungen auf alle Beschäftigten einer Branche nach dem Tarifvertragsgesetz soll nunmehr erleichtert werden. Der Koalitionsvertrag bindet die Allgemeinverbindlichkeitserklärung nicht mehr zwingend an das
Kriterium der 50%igen Tarifbindung. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, der aber durch weitere ergänzt werden muss, zum Beispiel durch die Abschaffung des Vetorechts der Vertreter im Tarifausschuss.
Auch im Land hat sich etwas bewegt. Erst im Februar haben Arbeitsminister Günter Baaske und Arbeitssenatorin Dilek Kolat den neu ausgehandelten Tarifvertrag für die Beschäftigten des Elektrohandwerks in Berlin/Brandenburg für allgemein verbindlich erklärt. Insgesamt gelten in Berlin/Brandenburg inzwischen 101 Tarifverträge als allgemein verbindlich.
Diese positive Entwicklung für gute Arbeit kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Tarifbindung in Brandenburg noch zu gering ist. Nur 23 % der Betriebe sind tarifgebunden. Der Anteil der tarifgebundenen Beschäftigten liegt bei 51 %. Zählt man die Betriebe dazu, die sich bei der Entlohnung an einem Tarifvertrag orientieren, steigt die Zahl auf 51 % der Betriebe, wobei 73 % der Beschäftigten einbezogen sind.
Hier stellt sich allerdings die Frage: Wenn sich die Betriebe angeblich an einem Tarifvertrag orientieren - warum binden sie sich dann nicht gleich daran? - Diese Frage stellen sich auch die Sozialpartner im Sozialpartnerdialog, der seit Mai 2011 auf der Grundlage einer gemeinsamen Erklärung von Regierung, Gewerkschaften und Arbeitgebern geführt wird. Dabei geht es um die Stärkung der Handlungsfähigkeit der Tarifparteien, die Erhöhung ihres Organisationsgrades und der Tarifbindung sowie um den Beitrag der Sozialpartner zu guter Arbeit und zur Fachkräftesicherung.
Um nicht nur zu reden, sondern auch zu handeln, hat das Arbeitsministerium im Dezember 2013 die Sozialpartnerrichtlinie erlassen, die in enger Abstimmung mit den Gewerkschaften und den Unternehmerverbänden erarbeitet wurde. Nach dieser Richtlinie können mit ESF-Mitteln zum Beispiel Projekte zur Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz, für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Pflege, für internes Weiterbildungs- und Ausbildungsmanagement, für die Entwicklung von flexiblen Arbeitszeitmodellen und zur Verbesserung der Aufstiegsmöglichkeiten für Frauen gefördert werden. Das sind alles wichtige Stichpunkte, die gute Arbeit ausmachen.
Insgesamt werden wir bei diesem Thema auch weiterhin nur gemeinsam mit den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden vorgehen und erfolgreich sein können. In diesem Zusammenhang weise ich auf die gerade laufenden regulären Betriebsratswahlen hin. Auch die Bildung von mehr Betriebsräten soll durch die Sozialpartnerrichtlinie befördert werden.
Einen wichtigen Beitrag für gute Arbeit leisten die Wirtschaftsförderrichtlinien des Landes. Bekanntlich haben wir die Vergabe von Fördergeldern an solche Kriterien wie Tarifbindung, Leiharbeiterquote und Zahl der Auszubildenden gebunden. So konnten allein im Jahr 2013 allein im Bereich der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ 3 224 Arbeitsplätze gesichert und 698 neu geschaffen werden. An Ausbildungsplätzen wurden 107 erhalten und 58 neu geschaffen.
Hinsichtlich der Leiharbeit sind die Festlegungen des Koalitionsvertrages unbefriedigend. Unsere Forderungen, Leiharbeit
auf ihren eigentlichen Zweck zurückzuführen, gleichen Lohn für gleiche Arbeit ab der ersten Arbeitsstunde zu zahlen, die Mitbestimmung der Betriebsräte zu sichern und die Einsatzzeit im Unternehmen auf drei Monate zu beschränken, können damit nicht erfüllt werden. Hier gibt es also noch erheblichen Nachbesserungsbedarf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Landesdienst sind wir in der Frage „gute Arbeit“ ebenfalls vorangekommen. Für die Beamten wurde zwar das Tarifergebnis nicht 1:1 übernommen, dafür wurde aber eine Reihe weiterer Festlegungen - zum Beispiel für altersgerechte Arbeiten - getroffen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft bezeichnet das Ergebnis als Durchbruch, da es erstmals gelungen ist, die Pflichtstunden für einen großen Teil der Lehrer abzusenken.
Für ältere Polizisten gibt es die Möglichkeit, die Arbeitszeit auf 80 % zu 85 % des Gehalts zu kürzen. Vom DGB wurde die Vereinbarung als beispielgebend für andere Länder gewürdigt. Vereinbart wurde auch, die Verhandlungen zum Tarifvertrag Umbau fortzusetzen. Zurzeit laufen die Gespräche zu solchen Themen wie der Erleichterung des Personalwechsels zwischen den Kommunen und dem Land, der Erhöhung der Attraktivität von Telearbeit und Wohnraumarbeitsplätzen, der Verbesserung der Mobilität, der Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote, der Ausgestaltung alters- und lebensphasengerechter Beschäftigungsbedingungen und der Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Neueinstellungen und der Erhöhung der Attraktivität des Landesdienstes für den Nachwuchs.
Ich verweise an dieser Stelle darauf, dass wir die Einstellungsund Ausbildungszahlen für Lehrer, Polizisten, Finanzbeamte, Justizbeschäftigte etc. inzwischen wesentlich erhöht haben und wieder in Größenordnungen ausbilden.
Weitere positive Beispiele für das Bemühen um gute Arbeit im Land sind unter anderem das Modellprojekt „Türöffner - Zukunft Beruf“, das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm, die Novelle des Landesgleichstellungsgesetzes und des Behindertenpolitischen Maßnahmenpakets, um nur einige wichtige Punkte zu nennen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kommen wir zur Lage der Arbeitslosen im Land. Es läuft eine Reihe von Programmen, um diesen Menschen den Wiedereinstieg in Arbeit zu ermöglichen. Ich verweise auf die in den Landkreisen agierenden Integrationsbegleiter oder auf das jetzt aufgelegte neue Programm „JAA! Jobs für Ältere und Alleinerziehende“. Immerhin haben wir in Brandenburg eine konstant hohe Zahl von mehr als 50 000 Arbeitslosen über 50 Jahren und rund 12 000 alleinerziehenden Arbeitslosen, von denen 90 % Frauen sind.
Das neue Förderprogramm soll gezielt diesen Menschen helfen und ihre Chancen verbessern. Arbeitgeber sollen im Falle ihrer Einstellung für ein halbes bis zu einem Jahr einen Lohnkostenzuschuss in Höhe von 75 % erhalten. Dafür stehen bis März 2015 15 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds zur Verfügung. Bedingung ist die Zahlung des Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist bei Weitem aber nicht ausreichend. Meine Fraktion richtet den Fokus auf eine Gruppe, die seit Langem - vor allem durch den Bund - keine Beachtung mehr findet: die besonders arbeitsmarktfernen, schwer vermittelbaren Langzeitarbeitslosen mit multiplen Vermittlungshemmnissen. Für diese Menschen brauchen wir eine nachhaltige Neuauflage des öffentlich geförderten Beschäftigungssektors, der durch Kommunal-, Landes- und EU-Mittel finanziert wird, genauso aber auch durch Mittel des Bundes. Der Bund hat sich in den letzten Jahren immer weiter aus der Verantwortung gestohlen. Ich betone es an dieser Stelle ganz deutlich: Die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit ist originäre Aufgabe des Bundes.
Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, wenn jetzt für diese Aufgabe vom Bund Mittel in Höhe von 1,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden sollen. Ich befürchte allerdings, dass das nicht ausreichen wird.
Im Land gibt es bereits gute Beispiele sozialen Unternehmertums, die beweisen: Wenn alle Akteure vor Ort - Kommunen, Jobcenter, Unternehmen sowie Arbeits-, Struktur- und Bildungsgesellschaften - zusammenarbeiten und die materiellen und finanziellen Ressourcen bündeln, dann ist es möglich, entsprechend den Bedingungen vor Ort gemeinwohlorientierte Arbeit anzubieten. Sie beweisen, dass es allemal besser ist, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Das trägt zur Integration und sozialen Teilhabe der Menschen bei und senkt auch die gesellschaftlichen Kosten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann in der kurzen Zeit nicht alle Facetten der guten Arbeit beleuchten. Deswegen nehmen wir mit unserem Entschließungsantrag auch Bezug auf den Entschließungsantrag aus dem letzten Jahr, in dem entscheidende inhaltliche Schwerpunktaufgaben benannt sind, an deren Umsetzung wir weiter arbeiten. Es ist auch immer gut, nach neuen Instrumenten zu suchen, um die Situation im Land noch genauer zu erfassen und Schwerpunkte zu erkennen. Ich glaube, dass dafür der Index „Gute Arbeit“ des DGB ein gutes Mittel ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie sehen, unsere Arbeit ist noch lange nicht getan. Ich habe bis jetzt nur die Landes- und Bundesperspektive bemüht. Die europäische Ebene beleuchtet dann meine Kollegen Kerstin Kaiser. - Danke schön.
Laut Meldungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) Ende Januar ist die Zahl der Hartz-IV-Aufstocker im vergangenen Jahr leicht gesunken. Im September 2013 waren demnach rund 7 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weniger zusätzlich zu ihrem Lohn auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen, wobei wiederum starke Veränderungen der Zahlen im Verhältnis von Vollzeit- zu Teilzeitaufstockern allein mit statistischen Erfassungsumstellungen beim Statistischen Bundesamt begründet wurden.
Ich frage die Landesregierung unter Nennung der entsprechenden Zahlen für Brandenburg: Wie bewertet sie diese Entwicklung?
Das Bundesarbeitsministerium bestätigte am vorletzten Wochenende Pressemeldungen, denen zufolge mit Stand November 2013 durch die Bundesrepublik erst 63 % der Mittel des Europäischen Sozialfonds abgerufen wurden, die in der Zeit von 2007 bis 2013 zur Verfügung stehen. Für den Bund waren das rund 3,5 Milliarden, für die Länder weitere 5,8 Milliarden Euro. Der „Bindungsstand“ - also die per Zuwendungsbescheid schon an konkrete Projekte gebundenen Mittel - liegt auf Bundesebene wiederum bereits bei 93 % der Sozialfondsmittel.
Ich frage die Landesregierung: Wie ist der Stand der Abrufung sowie der Bindung der Sozialfondsmittel im Land Brandenburg?
Frau Nonnemacher, als stellvertretender Gewerkschaftsvorsitzender fühle ich mich direkt angesprochen und muss Ihnen im folgenden Sinne widersprechen: Es hat in der Tat eine zehnjährige Diskussion gegeben. Unter Jörg Schönbohm hat es langjährige Bestrebungen gegeben, das Personalvertretungsrecht wesentlich nachhaltiger zu verschlechtern. Letztendlich kam es letztes Jahr in einem fairen Dialog zu diesen Veränderungen, die für die Betroffenen positiv sind, weil die Umsetzung eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit ist und zur Rechtsklarheit beiträgt, weil der Einigungsstelle nun konkret vorgegeben wird, welche Entscheidungen bindend sind und welche nicht. Das hat das Bundesverfassungsgericht so vorgesehen, und das ist jetzt nachvollzogen worden.
Herr Lakenmacher, wir haben nicht zehn Jahre gepennt. Das Landespersonalvertretungsgesetz genügte den Anforderungen, die das Bundespersonalvertretungsgesetz 1995 festgelegt hat.
Die Gewerkschaften waren also in der Tat umfassend einbezogen. Dass es immer ein Kompromiss ist, ist klar, und dass die Spitzenverbände da als Arbeitgeber ein Problem haben, wenn eine mitwirkungspflichtige Angelegenheit eine mitbestimmungspflichtige wird, ist auch nachzuvollziehen. Ich glaube, man kann dem Gesetz mit gutem Gewissen zustimmen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum vorliegenden Gesetzentwurf gab es am 7. Oktober eine umfangreiche Anhörung von Berufsvertretungen, Städte- und Gemeindebund, Landkreistag und Wissenschaftlern. Hier wurden unterschiedliche Interessen deutlich, so zum Beispiel bei den Leistungsprämien und Zulagen, aber auch der Umstand, dass die Trennung des öffentlichen Dienstes in zwei Rechtskreise in Tarifrecht und in Beamtenrecht - einer von uns allen als gerecht empfundenen Regelung entgegensteht. Insofern, Herr Burkardt, habe ich die Anhörung nicht so einmütig wahrgenommen wie Sie.
Dazu kommt das Rentenrecht, das jetzt für die Änderung im Versorgungsrecht herangezogen wird, weil es um eine wirkungsgleiche und systemkonforme Übertragung geht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte es an dieser Stelle ganz deutlich sagen: Die Verschlechterungen im Rentenrecht werden nicht dadurch besser, dass man sie wirkungsgleich und systemkonform auf die Beamten überträgt. Das gilt für die Erhöhung des Renteneintrittsalters wie für die Kürzung des Versorgungsniveaus oder die Nichtberücksichtigung von Zeiten des Studiums an einer Hochschule. Dennoch muss man bei der Gesamtbetrachtung des Themas auch darauf hinweisen, dass die Mindestversorgung eines Beamten 1 434 Euro brutto beträgt und die Durchschnittsrente in Brandenburg 860 Euro.
Das veranlasst mich zu einer zweiten prinzipiellen Feststellung. Wenn wir Ungerechtigkeiten in der Bezahlung im öffentlichen Dienst abschaffen wollen, brauchen wir ein nach einheitlichen Grundsätzen gestaltetes öffentliches Dienstrecht.
Dann werden wir, davon bin ich überzeugt, auch vernünftige Regelungen für den Wechsel von Mitarbeitern aus der freien Wirtschaft in den öffentlichen Dienst und umgekehrt finden.
Vor allem dürfen wir nicht die Augen davor verschließen, dass das Dienst- und Treueverhältnis nach Artikel 33 Grundgesetz ein Herrschaftsverhältnis ist. Wenn wir eine armutsfeste Rente haben, soziale Gerechtigkeit in der Kranken- und Pflegeversicherung herstellen und eine zukunftssichere Finanzierung sichern wollen, brauchen wir auch eine einheitliche, moderne und solidarische Bürgerversicherung.
Dass wir uns mit dem Besoldungs- und Versorgungsrecht befassen - das haben wir hier mehrfach festgestellt -, ist auf die Föderalismusreform zurückzuführen. Auch das war Gegenstand der Anhörung. Nur war man sich über den Zeitraum, nach dem eine eventuelle Angleichung wieder eintreten würde - sie erfolgte in den 70er Jahren -, nicht einig. Es war schon einmal von 25 Jahren die Rede. Ich meine: Da müssen wir schneller werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, durch das Finanzministerium ist zu den aufgeworfenen vielfältigen Fragen und Problemstellungen aus der Anhörung umfassend schriftlich und für meine Begriffe überzeugend Stellung genommen worden. Ich möchte hier etwas zur Reform des Familienzuschlags ab 2015 sagen. Erstens ist festzustellen, dass es sich nicht um ein Sparmodell handelt. Herr Goetz, insofern haben Sie Recht: Es ist ein wesentlicher Haushaltsposten. Das bisherige Geld verbleibt im System. Jährlich entstehen sogar Mehrausgaben von 14, 7 Millionen Euro. Das hat unter anderem etwas damit zu tun, dass im Rahmen des Bestandsschutzes die gewährte Ausgleichszulage bei kommenden Tariferhöhungen nicht abgeschmolzen wird. Das hat auch etwas mit Fürsorgepflicht zu tun. Es erhält keiner weniger, wie behauptet wird. Es gibt aber einen Unterschied zwischen Beamten vor der Reform und Beamten nach der Reform. Hier darf man die berühmten Äpfel und Birnen nicht zusammenzählen.
50 % des bisherigen Verheiratetenzuschlags - das sind 57,62 Euro - werden bei jedem in das Grundgehalt eingerechnet. Für das erste und das zweite Kind gibt es eine jeweilige Erhöhung des Familienzuschlags um 37,23 Euro, bei zwei Kindern also von 74,46 Euro. Rechnet man dann noch die 21 Euro Weihnachtsgeld dazu, die auf Forderung der Gewerkschaften hin monatlich auf das Grundgehalt aufgeschlagen werden, und die jeweiligen Gehaltserhöhungen zum 01.07.2013 von 2,45 % und zum 01.07.2014 von 1,8 %, kann sich diese Besoldungsentwicklung durchaus sehen lassen. Ein Polizeihauptwachtmeister bzw. ein Polizeikommissar mit zwei Kindern hat dann ab 01.01.2015 ca. 300 Euro monatlich mehr im Portemonnaie. Das ist nicht wenig.
Noch ein Satz zum Antrag zur Verbesserung der Portabilität, also dem Erhalt des versorgungsrechtlichen Anspruchs bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst und Wech
sel in die freie Wirtschaft. Die Antragsteller berufen sich auf die Regelungen unter anderem in Baden-Württemberg. Meiner Ansicht nach sind das diejenigen, die den Länderfinanzausgleich abschaffen wollen. Wenn die hören, dass wir ihr Geld für Altersversorgungsansprüche bei vorzeitigem Ausscheiden von Beamten ausgeben wollen, bekommen sie noch mehr Wasser auf ihre Mühlen. Das sollten wir lieber lassen.
Auch der Antrag zur Höherstufung der Lehrer nach A 13 hat Charme, wird aber das Land weitere 34,2 Millionen Euro jährlich kosten. Man kann diese Frage nur im Kontext mit den anderen Ländern klären und im Zusammenhang mit einer gerechten tariflichen Bewertung der Angestellten im Lehrerberuf. Das müssen wir weiterhin diskutieren, können das aber heute noch nicht entscheiden. Deswegen lehnen wir den Antrag der Grünen ab. Ich bitte Sie um Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen. - Danke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, manchen - wenn auch nur wenigen - Punkten Ihrer Forderungen in den Anträgen kann ich durchaus zustimmen. Sie stellen richtig fest, dass in den letzten Jahren - verstärkt unter anderem durch die Bankenkrise - Sozialsysteme immer mehr in die Enge getrieben wurden und Regierungen in Europa den originären staatlichen Aufgaben der Aufrechterhaltung der sozialen Sicherungssysteme sowie der Sicherstellung intakter Gesundheits- und guter Bildungssysteme nur noch eingeschränkt gerecht werden konnten.
Doch dies, meine Damen und Herren, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ist nicht das Resultat einer gesichts- und namenlosen Krise und deren Folgen, sondern sie wurde ganz wesentlich durch das Vorgehen und die Forderungen der deutschen Bundesregierung in Brüssel befördert: durch die Durchsetzung der Austeritätspolitik und den Export des hierzulande bereits etablierten Sozial- und Lohndumpings.
Die im Entschließungsantrag geforderte Einführung eines mehrsprachigen Begrüßungsportals im Internet für Fachkräfte aus dem europäischen Ausland ist eine gute Idee. Auch ist die Stärkung der Willkommenskultur in Brandenburg für Menschen aus anderen Ländern zu begrüßen; das haben wir auch auf der Agenda. Genauso ist die Verbesserung der Verfahren zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse eine gute Sache und nötig. Genau deshalb stand diese Frage gestern bereits auf der Tagesordnung - leider ohne Debatte, aber wir werden darüber weiter diskutieren. Auch stimme ich mit Ihnen vollkommen darin überein, dass mehr Investitionen in Aus- und Weiterbildung nötig sind. Aber damit hört es dann auch auf.
Wir haben gute Gründe, diesen Entschließungsantrag insgesamt abzulehnen, vor allem wegen der Forderung nach Einführung eines Punktesystems zur Steuerung der Zuwanderung von Fachkräften aus dem EU- und Nicht-EU-Ausland. Verweisen kann ich hierzu auf die von FDP und Grünen initiierte Debatte zur Einführung kanadischer Verhältnisse in Deutschland auf Bundesebene bereits in den Jahren 2008 und 2010.
Zuallererst ist zu dieser Debatte festzustellen: Wir, die Linke, lehnen es ab, Einwanderinnen und Einwanderer zuvörderst als Ware oder wirtschaftlichen Faktor zu betrachten.
Migration kann nicht an erster Stelle bzw. fast ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des volkswirtschaftlichen Nutzenkalküls beurteilt werden.
Und ich muss Sie warnen: Eine Migrationspolitik, die sich nur an Arbeitsmarktkriterien ausrichtet und nur ökonomisch legitimiert ist, führt zu sozialer Exklusion. Im schlimmsten Fall mein Kollege Baer verwies bereits darauf - verstärken sich auch noch rechtspopulistische Ressentiments gegen Einwanderer und Minderheiten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es stimmt, dass in manchen Branchen - wie der Pflege und den MINT-Berufen Fachkräftemangel programmiert ist. Woran es aber vor allem mangelt, sind gut bezahlte Arbeitsplätze, Förderung von schulischer und beruflicher Weiterbildung in Deutschland insgesamt. So könnte der Bedarf an Fachkräften in Anbetracht der hohen Dunkelziffer an Erwerbslosen, der vielen unfreiwilligen Minijobber und Teilzeitarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer in weiten Teilen gedeckt werden.
Doch deutsche Unternehmen wollen den gerechten Preis für gute Arbeit nicht bezahlen, und die Bundesregierung lässt das zu, befördert es sogar unter dem Motto der Wettbewerbsfähigkeit - zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und langfristig der Sozialsysteme, der Rentnerinnen und Rentner wie auch der jungen Menschen einschließlich der Schulabgänger.
Außerdem wäre es wohl nur allzu logisch, dass ein Land, das für faire, diskriminierungsfreie und gleiche Löhne für gleiche Arbeit bekannt wäre - in Ost und West, für Männer und Frauen, für Migrantinnen und Migranten - von ganz allein qualifizierte Arbeitskräfte anzöge.
Hätten wir einen solchen Zustand, würden die Fachkräfte, die da sind, nicht das Weite suchen, sobald sie es können.
Damit sind wir bei einem weiteren - eigentlichen - Problem: Fachkräfte und Studierte drehen Brandenburg, aber auch Deutschland insgesamt seit Jahren zunehmend den Rücken zu und verlassen das Land. Das belegen schwarz auf weiß die Migrationsberichte.
In diesem Kontext möchte ich auch den Faktor Demografie ansprechen, der in Diskussionen über lenkende und steuernde Einwanderungspolitik so gern angeführt wird. Im letzten Migrationsbericht hieß es, dass über die Hälfte der Menschen, die Deutschland verlassen, zwischen 25 und 49 Jahre alt sind, also die jungen Menschen, arbeitsfähigen Menschen und potenziellen Fachkräfte, die wir hier in unserem Land brauchen, die die Politik der Bundesregierung in den letzten Jahren jedoch forttreibt.
In der Tat stehen wir im Bereich der demografischen Entwicklung vor Herausforderungen. Doch der eigentliche Kern hinter diesem demografischen Problem ist, dass wir keine gute Fami
lienpolitik, keine gute Arbeitsmarktpolitik und keine gute Bildungspolitik auf Bundesebene haben. Das, was wir brauchen, sind auch vonseiten des Bundes mehr Investitionen in Bildung, selbstverständliche Förderung von Weiterbildung und von Familien sowie altersgerechte Arbeitsverhältnisse. Das Betreuungsgeld dürfte dafür der falsche Ansatz sein.
- Darauf werde ich gleich kommen.
Die Lösung kann daher nicht die von Ihnen propagierte sein, dass ausländische Fachkräfte jetzt das Problem beheben könnten, das auch Ihre Kolleginnen und Kollegen als Teil der Bundesregierung geschaffen haben. - Sehr geehrter Herr Kollege Beyer, ich sage das ohne Häme, aber ich darf Sie zitieren: „Verdient verloren.“
Außerdem muss ich Sie ermutigen, einmal über den nationalen Tellerrand hinauszublicken. Es kann nicht sein, dass wir ausländische Fachkräfte mit dem Punktesystem hierher holen, um das deutsche Sozialversicherungssystem am Leben zu halten. Beachten Sie auch einmal die Perspektive der sich entwickelnden Länder. Natürlich wollen diese nicht erst ihre eigenen Fachkräfte - teils unter schwierigsten Bedingungen - ausbilden, um sie dann an die reichen westlichen Industriestaaten zu verlieren. Diese Form von Entwicklungspolitik lehnt die Linke ab.
Ihr Argument, den Emigrationsländern etwas Gutes zu tun, indem wir deren Sozialsysteme entlasten, muss ich daher als heuchlerisch abstempeln. Mit den Hochqualifizierten kämen doch nicht die zu uns, die dort von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Es mutet auch ganz schön herablassend an, wenn Sie in Ihrem Entschließungsantrag formulieren, dass wir den Zugewanderten so neue wirtschaftliche und nicht zuletzt kulturelle Perspektiven böten. Das kommt ziemlich gönnerhaft daher und dürfte auch nicht ernst gemeint sein - mein Kollege Baer hat bereits darauf verwiesen -, weil Sie in Ihrem Konzept eine etwaige Rückführung gleich einkalkulieren. Das, lieber Kollege Büttner, hat mit Ihrem postulierten Prinzip „Integration vor Alimentation“ nichts zu tun.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, um das Fachkräfteproblem in Deutschland zu lösen, brauchen wir endlich eine gesetzliche Ausbildungsplatzabgabe, damit jeder Jugendliche einen Ausbildungsplatz findet,
ferner den gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro, wir brauchen die richtigen Rahmenbedingungen für gute und faire Arbeit.
Und in Europa brauchen wir einheitliche Sozialstandards und Arbeitnehmerrechte. Schon jetzt gibt es formal die sogenannte soziale Querschnittsklausel. Hiernach hat die EU bei allen Politiken und Maßnahmen solchen Erfordernissen Rechnung zu tragen, die ein hohes Niveau an Beschäftigung sichern, allgemeine Bildung und berufliche Bildung fördern, angemessenen sozialen Schutz und Gesundheitsschutz gewährleisten und soziale Ausgrenzung bekämpfen. Diese Klausel muss letztlich zur sozialen Fortschrittsklausel weiterentwickelt werden und das
Gleichgewicht zwischen wirtschaftlichen Freiheiten und sozialen Grundrechten herstellen.
Es muss klar werden: Der Binnenmarkt ist kein Selbstzweck. Ziel ist die ausgewogene Balance von wirtschaftlicher Entwicklung und sozialem Fortschritt für die Menschen. Wirtschaftliche Freiheiten und Wettbewerbsregeln dürfen nicht den Vorrang vor sozialen Grundrechten und sozialem Fortschritt haben. Es darf nicht mehr sein, dass nationale Sozial- und Beschäftigungsgesetze und Praktiken unter dem Vorwand des Wettbewerbs und der unternehmerischen Freiheiten aufgeweicht oder ganz umgangen werden, dass Lohn- und Sozialdumping Wettbewerbsgegenstände werden.
EU-weit sind Mindestlöhne einzuführen, die sich an den jeweiligen nationalen Durchschnittseinkommen orientieren. Anzustreben ist auch eine EU-weite solidarische, ergänzende Arbeitslosenversicherung, die aber keine Bedrohung für nationale Systeme der sozialen Sicherheit werden darf. Ähnliches sollte dann auch für EU-Regelungen im Bereich der Rente und der Förderung des aktiven Alterns sowie der gesunden Arbeit für ältere Arbeitnehmer gelten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist so und wird dabei bleiben, dass jeder EU-Mitgliedsstaat im Bereich der Sozialpolitik Herr seines eigenen Sozialsystems ist und auf soziale Probleme eigenständig reagieren kann und muss. Der EU kommt im Bereich der sozialen Dimension weitgehend eine Koordinierungsfunktion zu. Völlige Harmonisierung ist hier nicht angedacht.
Damit das aber weiterhin nicht zulasten der sozial Schwachen geht und Sozialdumping im Rahmen des Binnenmarkts nicht mehr möglich ist, muss die EU im Bereich Beschäftigung und Soziales endlich die ihr zugewiesenen Aufgaben richtig wahrnehmen und umfassende Mindeststandards erlassen.
Beispiele für auf diese Weise bereits eingeführte europäische Mindeststandards sind unter anderem die Arbeitnehmerentsenderichtlinie und die Arbeitszeitrichtlinie. Diese Mindeststandards müssen fortentwickelt, und weitere, neue müssen festgesetzt werden. Sie dürfen vor allem nicht wieder unterwandert werden. Echte soziale Marktwirtschaft in Deutschland wie in Europa ist die Lösung, nicht Sozial- und Lohndumping und Fachkräfteklau. - Wir lehnen Ihren Entschließungsantrag ab.
Herr Präsident, ich werde die zwei Minuten nicht brauchen, da ich nur wenige Anmerkungen machen möchte. - Herr Lipsdorf, die Reden, die wir gehört haben, zeigen, dass wir grundsätzlich unterschiedliche Positionen haben, was die Situation in Europa betrifft. Uns geht es eben nicht um den Vorrang der wirtschaftlichen Freiheiten, die Sie so betonen, sondern wir wollen einen Gleichklang mit den sozialen Rechten herstellen, damit die Einhaltung sozialer Mindeststandards gewährleistet wird und nicht mittels Lohndumping ein Wettbewerb entsteht, der zulasten der Menschen geht. Uns geht es nicht nur um Fachkräfte, sondern um alle Menschen in Europa.
Herr Baaske hat das Potenzial benannt, das wir im eigenen Land haben: Ältere, Frauen, Langzeitarbeitslose, Jugendliche, die noch nicht die Fähigkeit haben, eine Berufsausbildung zu absolvieren, die wir aber dorthin bringen müssen. Wir haben genügend eigene Möglichkeiten, Fachkräfte nachwachsen zu lassen.
Frau Ludwig, Sie haben wieder den demografischen Faktor bemüht. Dass jährlich 7 000 bis 10 000 junge Menschen Brandenburg verlassen, hat aber mit der demografischen Entwicklung zunächst einmal nichts zu tun. Der Grund ist vielmehr, dass wir zu wenig gute Arbeit anbieten können. Wir müssen daran arbeiten, dass sich das verbessert.
Noch eine Anmerkung zur Ausbildung: Wenn 57 % der Betriebe in Brandenburg die Genehmigung zur Ausbildung haben, aber nur 38 % ausbilden, dann ist irgendetwas faul. Auch dort gibt es ein erhebliches Potenzial, Fachkräfte heranzubilden. Danke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie den beiden Anträgen entnehmen können, gewichten die CDU und die Koalition die Arbeitsmarktpolitik offenbar unterschiedlich das war ja auch zu erwarten. Die CDU sieht die Aufgabe der
Arbeitsmarktpolitik in erster Linie in der Verringerung von Arbeitslosigkeit. An zweiter Stelle kommt aber auch bei ihr angeblich die Integration von Arbeitsuchenden mit unterschiedlichen Vermittlungshemmnissen. Die Reihenfolge muss ja nicht falsch sein, der Inhalt aber stimmt offenbar mit der Linie, die die Regierung auf Bundesebene fährt, nicht überein. Hier wurden, wie bekannt, wegen der sinkenden Arbeitslosenzahlen auch die Mittel der Bundesagentur erheblich gekürzt, und zwar am meisten die zur Integration von Langzeitarbeitslosen. Die Folge: Menschen mit mehrfachen und größeren Hemmnissen die sogenannten Arbeitsmarktfernen - entfernen sich immer weiter vom regulären Arbeitsmarkt und von der Chance auf Reintegration. Die Zahlen zur Zunahme der verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit sind in der Begründung unseres Antrags genannt. Frau Schier, eben wegen dieser Kürzungspolitik auf Bundesebene hat der öffentliche Beschäftigungssektor die anvisierten Zahlen nicht erreicht.
Das Land hat seine Aufgaben hierbei erfüllt. Die schrumpfenden verbleibenden Mittel werden daher eher in die investiert, die noch Chancen haben könnten - oder anders: in die zeitweise arbeitslosen Menschen, die man noch nicht aufgegeben hat. Das ist dreist und missachtet die Würde sowie das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe und sinnvolle Betätigung der sogenannten Arbeitsmarktfernen.
Frau Schier, Sie halten mir bzw. uns immer vor, wir würden Arbeitsmarktpolitik auf Kosten Dritter machen; Herr Büttner hat das eben auch gesagt. Sie vergessen dabei nur, dass all Ihre Vorschläge und die Maßnahmen des Arbeitspolitischen Rahmenprogramms im Wesentlichen aus dem ESF finanziert werden, also auch von einem Dritten. Also hören Sie endlich mit diesem Vorhalt auf!
Ich bleibe bei meiner Feststellung, dass die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und deshalb der Bund in der Verantwortung steht. Deshalb heißt es auch in unserem Entschließungsantrag unter Punkt 1, dass sowohl die bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen für öffentlich geförderte Beschäftigung als auch der Mitteleinsatz des Bundes für Beschäftigungsmaßnahmen im Rahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik derzeit unzureichend sind. Und wir bitten die Landesregierung, weiter darauf hinzuwirken, dass der Bund die im Zuge der Instrumentenreform vorgenommenen inhaltlichen Einschränkungen der Arbeitsförderung zurücknimmt - hier insbesondere die bezüglich der Höchstförderungsdauer von zwei Jahren - und er darüber hinaus eine grundlegende Reform der Finanzierung öffentlich geförderter Beschäftigung anstrebt. Nur so kann in diesem Bereich langfristig und bedarfsgerecht abgesichert werden. Herr Hoffmann, nicht die Abschaffung der ABS ist die Lösung, sondern deren Umstrukturierung und Umorientierung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, Sie knüpfen mit Ihren Forderungen im Wesentlichen an bisher Dagewesenes an. Das ist zunächst nicht falsch, aber wenn betriebliche Ausbildungsplätze nicht ausreichen, soll der Staat eintreten. Nun sind wir bekanntermaßen auch für das Eintreten des Staates, aber nicht dort, wo die Betriebe ihrer Ausbildungsverantwortung nicht nachkommen. Ich habe das heute Morgen schon einmal gesagt: In Brandenburg ist die Ausbildungsbeteiligung seit Jahren rückläufig. Etwa 57 % aller Betriebe haben hier eine Ausbildungsberechtigung, aber nur 38 % davon bildeten im
vergangenen Jahr tatsächlich aus. Damit liegt Brandenburg 5 Prozentpunkte unter dem ostdeutschen Durchschnitt. Deshalb fordern wir - wie ich das schon heute Morgen dargelegt habe - eine Ausbildungsumlage für alle Betriebe, die ihrer Ausbildungsverantwortung nicht nachkommen.
Weiterhin wollen Sie mit dem Regionalbudget den Kreisen und kreisfreien Städten auch künftig eine Mitgestaltung des Arbeitsmarktes ermöglichen.
Nein, ich habe keine Zeit mehr. - Auch in unserer Entschließung steht, dass bei der Gestaltung des arbeitspolitischen Landesprogramms auch künftig regionale Entscheidungsträger und Akteure einzubeziehen sind. Das sind aber nicht nur die Kreise und kreisfreien Städte, sondern auch die Sozialpartner vor Ort, die Handwerkskammern, die Industrie- und Handelskammern, die Jobcenter, die Arbeitsbildungs- und Strukturgesellschaften etc. Wir alle wissen, dass die Finanzierung der zukünftigen EU-Förderperiode noch nicht endgültig steht und die Operationellen Programme noch nicht in Arbeit sind. Wir alle wissen aber auch, dass es auf jeden Fall weniger Geld geben wird. Deshalb sind wir alle aufgefordert, Ideen zu entwickeln, wie entsprechend der konkreten Situation in der Region und vor Ort die Integration von Langzeitarbeitslosen mit multiplen Vermittlungshemmnissen besser als bisher funktionieren kann, und zwar auch dort, wo die Wirtschaft nicht oder nur unzureichend in der Lage ist, Arbeitsplätze anzubieten.
Vor dem Hintergrund einerseits abnehmender EU-Fördergelder und andererseits auf EU-Ebene formulierter Strategien sowie positiver Erfahrungen in anderen Mitgliedsländern wie Italien und Österreich, aber auch in Brandenburg, bietet sich als eine Problemlösung an, sozialbetriebliche Integrationsangebote im Rahmen eines sozialwirtschaftlichen Arbeits- und Beschäftigungssektors zu fördern, der in der Praxis zugleich positive Auswirkungen auf das Gemeinwesen und die Regionalentwicklung mit sich bringt. Dass das unter den jetzigen - schlechten - Rahmenbedingungen funktionieren kann, zeigt uns das Modellprojekt „Waage“ im Elbe-Elster-Kreis.
In diesem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag.
Wiederholt haben Kommunen des Landes Brandenburg darauf hingewiesen, dass sie die regelmäßige stichprobenartige Überprüfung des mit dem Brandenburgischen Vergabegesetz festgelegten Mindestlohnes für richtig halten, aber diese nur sehr schwer leisten können. Mit dem Verweis auf das Bundesland Bremen wird deshalb die Einrichtung einer zentralisierten Prüfungsstelle beim Land vorgeschlagen. In Bremen wird in Zusammenarbeit mit dem Hauptzollamt Bremen die Stichprobenprüfung durch die „Sonderkommission Mindestlohn“ durchgeführt. Unbestritten lassen sich die Strukturen eines Stadtstaates nicht so einfach mit denen eines Flächenlandes wie Brandenburg vergleichen.
Ich frage trotzdem die Landesregierung: Wie bewertet sie den Vorschlag der Kommunen zur Einrichtung einer zentralisierten Prüfstelle beim Land?
Meine Nachfrage, ob die zusätzlichen Prüfkosten aus dem 10Millionen-Euro-Fonds, der dafür zur Verfügung gestellt worden ist, bestritten werden können, wurde schon beantwortet. Ich gehe davon aus, dass dem so ist.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die Genese des vorliegenden Gesetzentwurfs betrachtet, kann man feststellen - das haben wir heute schon gehört -: Was lange währt, wird gut.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Besoldungs- und Versorgungsanpassung, also zur Übernahme des Tarifergebnisses für Beamte, kann nicht für sich allein betrachtet werden. Er ordnet sich ein in einen langen, manchmal auch zähen Diskussionsprozess der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes mit der Landesregierung und umgekehrt, also der Landesregierung mit den Gewerkschaften. Dabei reichte die Bandbreite der Themen von beamtenrechtlichen über tarifvertragliche Regelungen bis hin zu Fragen der Modernisierung der öffentlichen Verwaltung in Brandenburg, genauer: bis hin zum Personalabbau.
Dabei wurde im Jahr 2010 ein wichtiger Zwischenschritt erreicht, was die Übernahme des Tarifergebnisses für die Beamten betraf: Erstmals nach 20 Jahren - Herr Burkardt, erstmals! wurde für sie das Tarifergebnis in Brandenburg eins zu eins, also zeit- und inhaltsgleich, übernommen. Insofern kann ich der Gegenäußerung der Landesregierung zur Stellungnahme des Beamtenbundes überhaupt nicht zustimmen, die sie in der Begründung zum vorliegenden Gesetzentwurf anführt. Darin heißt es, in der Vergangenheit seien die Tarifergebnisse für die
Beamten „weitestgehend nachgezeichnet worden.“ Das stimmt aber erst ab 2009. Davor sind sie regelmäßig zeitlich und inhaltlich abgekoppelt worden, Herr Burkardt, und es gab zum Teil erhebliche Kürzungen oder die Abschaffung von Zulagen und Sonderzuwendungen sowie Kürzungen der Pensionen. Dieser Prozess hat sich seit der Föderalismusreform 2006 verstärkt. Die Länder sind in einen Wettstreit um den billigsten Beamten eingetreten. Nicht umsonst führten die Gewerkschaften nach 2010 mit Nachdruck die Diskussionen um die Weiterführung der Sonderzahlungen und zum Ausgleich der Tarifabkopplungen, die vor 2009 erfolgten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Jahr ordnet sich die Übernahme des Tarifergebnisses in ein ganzes Paket von Vereinbarungen mit den Gewerkschaften ein, die auch alle mehr oder weniger Geld kosten und die nicht alle - Frau Vogdt, wie Sie eben bemerkt haben - in diesem Gesetz stehen. Dass die Gespräche letztendlich in diese Paketverhandlungen oder auch Gespräche mündeten, ist der Erkenntnis aller Beteiligten zu verdanken, dass alle Maßnahmen, die das Personal betreffen, auch strukturelle Maßnahmen sind, die dauerhaft die Personalkosten erhöhen.
Dass da nicht alles möglich ist, was man sich wünscht, war auch den Gewerkschaften klar. Hinzu kam, dass die Prioritäten bei den einzelnen Gewerkschaften durchaus unterschiedlich waren. Während die einen den Schwerpunkt auf die 1:1-Übernahme des Tarifergebnisses und auf die Fortzahlung des Weihnachtsgeldes legten, waren für die anderen die Verkürzung der Arbeitszeit und Maßnahmen zum altersgerechten Arbeiten wichtig, und wieder andere verlangten ein komplettes mittelfristiges Personalkonzept.
Ich teile die Auffassung des Deutschen Beamtenbundes in seinem offenen Brief nicht, dass die Beamtinnen und Beamten durch die Landesregierung zu einem Haushaltsposten oder leidigen Kostenfaktor degradiert werden. Tatsache ist, dass die Abkopplung vom Tarifergebnis um jeweils ein halbes Jahr in anderer Weise im System verbleibt und nicht zur Haushaltskonsolidierung genutzt wird. So wurden in den Gesprächen der Landesregierung mit den Gewerkschaften neben der Besoldungs- und Versorgungserhöhung auch andere Maßnahmen vereinbart. Die Diskussion um die Sonderzahlung wird durch die Einrechnung in das Grundgehalt beendet. Dass den Gewerkschaften die Höhe von 21 Euro nicht reicht, kann ich nachvollziehen. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass die Hälfte des bisherigen Verheiratetenzuschlags, also weitere 55,70 Euro, ebenfalls in das Grundgehalt eingerechnet wird. Außerdem erhalten alle Beamten einheitlich 30 Tage Urlaub, die Lehrer an Grund- und Oberschulen haben eine Stunde weniger - die Maßnahmen sind aufgezählt worden. Was nicht zu vernachlässigen ist - Minister Markov hat die Zahlen genannt -, ist, dass es auch zu mehr Neueinstellungen kommt, was auch der Verjüngung der Landesverwaltung zugutekommt.
Was auch noch wichtig ist, ist, dass Verhandlungen zur Fortschreibung des Tarifvertrags Umbau vereinbart wurden. Hier wird es weitere Maßnahmen geben, die zum Nutzen der Beschäftigten zu Buche schlagen.
Wir haben also eine Menge erreicht. Wenn die DGB-Vorsitzende Doro Zinke berichtet, dass sie eine Menge Anrufe von ihren Amtsbrüdern und -schwestern erhalten hat, die sie zu diesem Ergebnis beglückwünscht haben, dann können wir auch sagen,
dass wir im Ländervergleich offensichtlich gar nicht so schlecht dastehen.
Was zeigt uns aber diese unterschiedliche Entwicklung in den Ländern? Die Föderalismusreform II hat sich nicht bewährt. Sie schafft völlige Unübersichtlichkeit. Der sogenannte Wettbewerb ist für einen attraktiven öffentlichen Dienst ungeeignet. So halten wir nicht die besten Köpfe im Land Brandenburg. Sie gehört rückgängig gemacht.
Wir brauchen im öffentlichen Dienst einheitliche Standards in der Besoldung, um eine vernünftige Daseinsvorsorge in allen Ländern zu gewährleisten. Das entspräche auch dem Verfassungsgrundsatz der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse. - Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf haben wir es mit einer Regelungsmaterie zu tun, die in ihrer Komplexität und Kompliziertheit kaum zu überbieten ist. Das zeigt sich schon an dem Umfang des Werkes von 137 Seiten, aber auch an der Tatsache, dass wir bereits den 2. Neudruck vorliegen haben.
Es ist bereits gesagt worden: Dass wir uns mit dem Besoldungs- und Versorgungsrecht beschäftigen müssen, ist im Wesentlichen der Föderalismusreform von 2006 zu verdanken. Hier wurde die bisherige einheitliche Regelung des Beamtenversorgungsrechts aufgegeben und in die Kompetenz der Länder übergeben.
Seitdem haben wir es zunehmend mit einem Flickenteppich zu tun, der hauptsächlich die Höhe der Besoldung und Versorgung und ihrer Bestandteile wie Sonderzahlungen, Zulagen etc. be
trifft. Sie ist nicht unerheblich durch die Kassenlage der Länder beeinflusst, aber auch durch die Tatsache, dass über 60 Jahre in der Bundesrepublik und auch in Brandenburg - zumindest bis zur Verabschiedung des Brandenburgischen Versorgungsrücklagegesetzes 1999 und des Versorgungsfondsgesetzes 2008 keine Vorkehrungen getroffen wurden, um die explodierenden Pensionskosten nicht aus den laufenden Haushalten, sondern aus den geschaffenen Rücklagen zu bestreiten.
Zu den schlechten Rahmenbedingungen zählt weiter, dass wir es im öffentlichen Dienst nach wie vor mit zwei Rechtsmaterien, dem Tarifvertragsrecht und eben dem Beamtenrecht zu tun haben; Herr Burkardt hat vorhin dankenswerterweise schon darauf hingewiesen. Während im Tarifrecht die Gehälter für die Beschäftigten bis hin zum Tarifkampf ausgehandelt werden, wird die Besoldung für die Beamten kraft Gesetzes durch uns geregelt. Das Ergebnis ist, dass die Tarifbeschäftigten bis zu 2 530 Euro Weihnachtsgeld erhalten und die Beamten 250 Euro, wobei - wie wir bereits festgestellt haben - die Landesregierung dankenswerterweise der Forderung der Gewerkschaft nachgekommen ist und die Sonderzahlung nun in das monatliche Grundgehalt eingerechnet wird, auch wenn wir als Parlament das beschließen. Das sollten wir auch tun! Ich glaube, dass die Forderung des Deutschen Gewerkschaftsbundes, ein Dienstrecht nach einheitlichen Grundsätzen zu schaffen, Abhilfe leisten kann. Ein Gefühl von „teile und herrsche“ kann dann nicht mehr aufkommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Gewerkschaften müssen zwar zu den beamten- und versorgungsrechtlichen Regelungen gehört werden, aber wie wir am vorliegenden Gesetzentwurf sehen, werden sie außer bei dem eben genannten Beispiel kaum berücksichtigt. Das liegt auch mit daran, dass der Mut fehlt. Das Grundgesetz wurde im Artikel 33 Abs. 5 um den Zusatz ergänzt, dass die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums fortzuentwickeln sind. Dazu besteht aber schon deswegen wenig Gestaltungsspielraum, weil die Landesregelungen weiter durch bundesrechtliche Regelungen beeinflusst werden, aber auch dadurch, dass die Regelungen „unter dem Blickwinkel der möglichst umfassenden Wahrung der dienstherrenübergreifenden Mobilität unter Beibehaltung bestehender Grundstrukturen des Besoldungs- und Beamtenversorgungsrechts“ erfolgen.
So reduziert sich dann die Fortschreibung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums auf die Schlagworte Neustrukturierung, Zusammenfassung, Beseitigung von Unstimmigkeiten, Abschaffung überflüssiger und Anpassung veralteter Regelungen. Dabei ist die Zusammenfassung der Regelungen in zwei Gesetze eine positive Sache. Ob man das von der Übernahme der Verschlechterungen im Rentenrecht auch sagen kann, wage ich zu bezweifeln. Insofern ist die Kritik der Gewerkschaften an der Kürzung der anrechnungsfähigen Hochschulausbildungszeiten auf die Pension von drei Jahren auf 855 Tage und den bereits früher vorgenommenen Kürzungen der Pensionshöhe sowie jetzt des Unfallruhegehaltes von 75 auf 71,75 % durchaus nachvollziehbar.
Ich bleibe bei meiner Aussage: Verschlechterungen im Rentenrecht werden nicht akzeptabler oder gar gerechter und sozialer, wenn man sie auf die Beamten überträgt, sondern indem man sie wieder abschafft und eine armutssichere Rente für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie alle Bürgerinnen und Bürger gewährleistet.
Unterschiedlich sind die Positionen der Gewerkschaften zu den Leistungszulagen und Leistungsprämien. Die einen wollen sie abschaffen und dafür Beförderung haben, während die anderen ein Budget für diese Zulagen verlangen.
Interessant ist der Hinweis der Landesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage zu diesem Thema. Hier wird die unterschiedliche Handhabung dieses sogenannten Leistungselements deutlich: Während es im Finanzministerium relativ viele Leistungsprämien und Zulagen gibt, gibt es sie im Bereich des Innenministeriums so gut wie gar nicht.
Ich glaube, wichtig ist, dass diese Prämien und Zulagen nicht als Sparpotenzial angesehen werden, sondern für eine angemessene Leistungsstimulierung und nachvollziehbare, gerechte Besoldung. Hier hätte ich es für gut befunden, wenn der Regierungsentwurf den Vorschlag der Gewerkschaften aufgenommen hätte, den ausgeübten Dienstposten nach dem statusrechtlichen und dem funktionalen Amt zu bezahlen - auf gut Deutsch: nach Dienstgrad und Dienststellung.
Ich glaube, darüber sollten wir in den Anhörungen noch einmal reden und dort versuchen, Änderungen herbeizuführen. Erstaunlich ist die Reaktion der Gewerkschaften auf den Verheiratetenzuschlag, aber ich glaube, das kann man erklären. Ich denke, dass wir dazu eine Anhörung machen werden und wir dann noch einige Verbesserungen in das Gesetz aufnehmen können.
Es gibt eine Vereinbarung Ihres Hauses mit den Sozialpartnern. Sehen Sie die Möglichkeit, dieses Thema auch in diesem Rahmen zu diskutieren? Denn Ziel der Partnerschaftsvereinbarung ist ja, die Tarifbindung im Land zu erhöhen.
Am 23. November 2012 brachten die Länder Brandenburg, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein einen Antrag zur Neugestaltung der öffentlich geförderten Beschäftigung in den Bundesrat ein. In dessen Sitzung am 14.12.2012 fand der Entschließungsantrag jedoch keine Mehrheit und wurde somit nicht gefasst.
Für die Juni-Sitzung dieses Jahres plant die Hansestadt Hamburg eine erneute Initiative zu öffentlich geförderter Beschäftigung.
Ich frage die Landesregierung: Plant sie, sich an der Bundesratsinitiative Hamburgs zu beteiligen?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist klar, dass die Opposition den Bericht der Landesregierung zur Gestaltung der Lohnuntergrenzen zum Anlass für Kritik nimmt. Ich hätte das als Opposition auch getan. Was ich aber nicht verstehe, Frau Schier und Herr Büttner: warum Sie kritisieren, dass die Landesregierung ein Gesetz umsetzt. Alle Eckpunkte, die in den Verordnungen stehen, stehen bereits im Gesetz, und hier erfolgt die Umsetzung. Ich kann nicht nachvollziehen, dass das kritisiert wird.
Recht haben Sie damit, wenn kritisiert wird, dass der Landtagsbeschluss nicht realisiert wurde, bereits im II. Quartal 2012 ein erstes Ergebnis vorzulegen. Aber wenn wir uns das genauer ansehen, dann war wohl dieser Beschluss auch etwas überschwänglich, das muss man selbstkritisch einräumen. Natürlich haben wir als Abgeordnete einen Beitrag dazu geleistet, denn wir haben dieses zweistufige bürokratische Verordnungsverfahren festgelegt.
Allein der Name der ersten Verordnung spricht für diese Bürokratie: Brandenburgische Vergabegesetzzuständigkeitsübertragungsverordnung, abgekürzt BbgVergGZÜVO. Ich entschuldige mich bei den Stenografen, ich reiche die Abkürzung nach. Aber entscheidend ist doch, dass wir endlich den Weg beschritten haben, um wenigstens bei der öffentlichen Auftragsvergabe Mindestanforderungen für einen Stundenlohn von 8 Euro festzulegen. Wir reden nicht nur darüber, sondern handeln, und dies tun wir auch über die Bundesratsinitiative, über die Günter Baaske bereits gesprochen hat, die 8,50 Euro als Mindestlohn vorsieht. Dies sehe ich als Einstieg an, denn wenn man betrachtet, dass inzwischen die Pfändungsfreigrenze bereits bei 1 029 Euro liegt, dann bedeutet das schon einen Mindestlohn von 8,30 Euro bei einer 40-Stunden-Arbeitswoche. Insofern war der Hinweis von Herrn Baer auf Leute, die bereits sagen, existenzsichernd seien 10 Euro, sehr wichtig, und in diesem Rahmen sollten wir auch weiterdiskutieren.
Was entscheidend ist - dass zu handeln ist -, das zeigte in den letzten Jahren die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Die Zahl der Leiharbeiter, der befristet Beschäftigten, der geringfügig Beschäftigten und der unfreiwillig Teilzeitbeschäftigten steigt, und damit auch die der Aufstocker in all diesen Bereichen; sie steigt auf 29 000, Herr Baaske sagte es.
Atypische Beschäftigungsformen haben zulasten des klassischen Normalarbeitsverhältnisses zugenommen. In Brandenburg arbeiten inzwischen 36 % der Beschäftigten in atypischen Beschäftigungsverhältnissen. Günter Baaske hat die Anzahl der Tarife genannt, die unter 8,50 Euro liegen, und dabei sprechen wir über Tarifverträge mit Tarifbindung, in dem Wissen, dass
nur ein Drittel der Beschäftigten in Brandenburg überhaupt nach Tarifen arbeitet und zwei Drittel gar keinen Tarifvertrag hat. Angesichts dieser Tatsache ist mir völlig schleierhaft, Frau Schier, wie Sie einen Mindestlohn erreichen wollen, den die Tarifparteien aushandeln und der existenzsichernd ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind davon überzeugt, dass die Bekämpfung des Niedriglohnsektors - und damit von Armut und Altersarmut - nur mit der Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen und existenzsichernden Mindestlohnes erfolgen kann. Dieser Mindestlohn ist aber nur ein Teil der erforderlichen Maßnahmen, um prekäre Beschäftigung abzubauen und Armut zu bekämpfen. Dazu gehört auch, Minijobs nicht mehr zu fördern und Leiharbeit auf das notwendige und gewollte Maß zu beschränken. Wir wollen die Sozialversicherungspflicht für jede geleistete Arbeitsstunde, gleichen Lohn für gleiche Arbeit und ein sozialökologisches Zukunftsprogramm, das neue Arbeitsplätze schafft.
Wir müssen weg von der Deregulierung des Arbeitsmarktes, die die Rechte der Beschäftigten beschneidet, hin zu einer neuen Ordnung der Arbeit, die die Rechte der Beschäftigten wieder stärkt und dafür sorgt, dass man von seiner Arbeit auch leben kann. Das Ziel muss schließlich sein: Gute Arbeit für alle. Das heißt Arbeit, die sicher ist, anständig entlohnt wird und der Gesundheit nicht schadet, Arbeit, die die eigenen Stärken fördert, Mitsprachemöglichkeiten bietet, Potenziale nutzt, Perspektiven zur persönlichen und beruflichen Verwirklichung eröffnet und auch genügend Zeit für Familie, Freunde, Freizeit und Kultur lässt. Faire Löhne sind ein erster Schritt auf diesem Weg gehen wir ihn an!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben bereits über Rentenniveau und seine Bedeutung für die Altersarmut debattiert. Heute steht die Frage, wie bereits im aktiven Arbeitsleben Armut und damit auch Altersarmut verhindert werden kann, auf der Tagesordnung. Dabei steht der Mindestlohn im Mittelpunkt.
Frau Schier, ich muss Ihnen sagen: Mit Ihren Darstellungen schieben Sie die Verantwortung für ein menschenwürdiges Leben allein den Betroffenen zu!
Unserer Ansicht nach ist es noch so, dass nicht die Menschen für die Wirtschaft verantwortlich sind, sondern die Wirtschaft für die Menschen. In diesem Sinne haben wir auch eine andere Sicht auf den Mindestlohn.
Ich erinnere an dieser Stelle daran, dass der Abbau bis dahin geltender sozialer Standards in der Bundesrepublik bereits in den 90er-Jahren begann. Daraufhin hat die damalige PDS im
Oktober 2003 zuerst die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns gefordert, während andere die Agenda 2010 auf den Weg gebracht haben. Dass Links wirkt, zeigt sich daran, dass zunächst die meisten Gewerkschaften ihren Widerstand aufgaben und außer der FDP - Herr Goetz ist im Moment leider nicht anwesend; er hat mich gestern bei dem Besuch einer Schülergruppe richtigerweise korrigiert und sehr schön deutlich gemacht, worin der Unterschied zwischen FDP und DIE LINKE besteht: Die FDP ist gegen den Mindestlohn und DIE LINKE dafür - inzwischen auch alle anderen demokratischen Parteien für einen Mindestlohn eintreten. Ob da immer drin ist, was draufsteht, bleibt dahingestellt - das haben wir eben auch bei Frau Schier gehört.
Allerdings muss man konstatieren, dass diese Wandlung der Positionen auch mit den einschneidenden negativen Veränderungen zu tun hat, die die Agenda 2010 bei der Deregulierung des Arbeitsmarktes, des Arbeitsrechts und bei der Veränderung der sozialen Sicherungssysteme zulasten der abhängig Beschäftigten gebracht hat.
Die Feststellung aus dem Antrag der SPD-Fraktion zur Aktuellen Stunde zeigt den Erkenntnisgewinn:
„Denn obwohl der Arbeitsmarkt in Deutschland im vergangenen Jahrzehnt vom Wirtschaftsaufschwung profitierte, hat die Niedriglohnbeschäftigung deutlich zugenommen. Trotz wachsender Erwerbstätigenzahlen stieg das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen kaum an. Die Segmentierung des Arbeitsmarktes verschärfte sich. Es stiegen die Zahl der Leiharbeiter, die Zahl der befristet Beschäftigten, die Zahl der geringfügig Beschäftigten und die Zahl der unfreiwillig in Teilzeit Beschäftigten. Atypische Beschäftigungsformen haben zu Lasten des klassischen Normalarbeitsverhältnisses an Bedeutung gewonnen.“
Kollege Baer hat mit weiteren Zahlen unterlegt, welche Auswirkungen das auf ein menschenwürdiges Leben hat.
In den vergangenen 11 Jahren wurden in der Bundesrepublik insgesamt 2,3 Millionen Vollzeitjobs vernichtet und 4,1 Millionen sogenannter „Bad Jobs“ geschaffen. Nicht umsonst hat der Deutsche Gewerkschaftsbund neben den Themen Rente und soziales Europa auch das Thema neue Ordnung der Arbeit in den Mittelpunkt des Bundestagswahlkampfes gestellt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn in Brandenburg heute ca. 66 000 Menschen zusätzlich zum Erwerbseinkommen Leistungen nach dem SGB II - also Hartz IV - benötigen, dann kann im System etwas nicht stimmen!
Dann wird auch deutlich, dass der Staat mit einem flächendeckenden Mindestlohn offenbar erhebliche Minderausgaben zu verzeichnen hätte. Wie das Schweizer Institut Prognos 2011 feststellte, würden die öffentlichen Haushalte bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro um gut 7 Milliarden Euro entlastet insbesondere durch die geringeren Sozialausgaben bei Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Kinderzuschlag und Wohngeld. Aus zusätzlichen Steuereinnahmen, höheren Einnahmen bei den Renten-, Kranken-, Pflege-, und Arbeitslosenversicherungen ergäben sich auf der anderen Seite Mehreinnahmen.
Nun höre ich schon fast Herrn Lipsdorf aus dem beim Institut der Deutschen Wirtschaft in Auftrag gegebenen Gegengutachten zitieren, das den Arbeitsplatzverlust und 7 Milliarden Euro Mindereinnahmen für den Fiskus prophezeit. Pfiffig, wie die Gewerkschaften sind, haben sie jedoch sofort ein neues Gutachten erstellen lassen, das nachweist, dass das Gutachten des Instituts der Deutschen Wirtschaft Rechenfehler beinhaltet, von falschen Annahmen ausgeht und methodisch unhaltbar ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns einander nicht länger Gutachten um die Ohren hauen. Machen wir lieber das, was über 70 % der Bevölkerung auch wollen, nämlich verbindliche Mindestlöhne einführen.
Was in vielen Ländern der Welt und in 20 von 27 Staaten Europas funktioniert, kann doch nicht falsch sein!
Ein solcher Mindestlohn würde auch heißen, Verantwortung für die Situation in Europa - für ein sozialeres Europa! - zu übernehmen. Es ist inzwischen für viele kein Geheimnis mehr, dass die Bundesrepublik durch ihre Billiglohnpolitik, die Senkung der Lohnstückkosten und den ständigen Exportüberschuss zur prekären Situation anderer Länder in Europa beigetragen hat. Mein Kollege Detlef Baer hat in diesem Zusammenhang auch den EU-Kommissar für Soziales Andor zitiert.
Den von 2000 bis 2011 angehäuften Exportüberschuss von 1,6 Billionen Euro konnte das Ausland nicht mit eigenen Warenlieferungen bezahlen, sondern nur durch Schulden, aus denen letztlich auch Staatsschulden wurden, aber das ist sicherlich eine gesonderte Debatte wert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte für meine Fraktion noch einmal betonen, dass wir einen flächendeckenden gesetzlichen und vor allem existenzsichernden Mindestlohn nicht nur fordern, sondern endlich einführen wollen.
Darüber, was dabei existenzsichernd und wie die Höhe des Mindestlohnes zu ermitteln ist, müssen wir uns sicher weiter unterhalten. Dabei müssen wir berücksichtigen, dass die Niedriglohnschwelle im Osten nach Angaben des DGB, der sich auf die Statistik der Bundesagentur für Arbeit stützt - Frau Lehmann, auch Sie haben die Zahl gestern genannt -, bei 1 379 Euro brutto liegt. In Brandenburg liegen 21,2 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit ihrem Einkommen unter dieser Niedriglohnschwelle. Bei der Höhe des Mindestlohns muss auch berücksichtigt werden, dass die Pfändungsfreigrenze für eine alleinstehende Person bei 989 Euro netto und bei einer Person mit Unterhaltspflicht bei 1359 Euro netto liegt. Der Gesetzgeber hat also bereits ein Niveau zur Existenzsicherung festgelegt, das wir nicht einfach ignorieren können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der jetzt von Thüringen in den Bundesrat eingebrachte Vorschlag zur Verpflichtung, einen bundeseinheitlichen Mindestlohn zu zahlen, dessen Höhe durch eine Kommission festgelegt wird, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Deshalb unterstützen wir ihn auch.
Die Forderung nach einem gesetzlichen existenzsichernden Mindestlohn ist aber nur ein Teil der erforderlichen Maßnahmen, um prekäre Beschäftigung wieder abzubauen und Armut zu bekämpfen. Dazu gehört unter anderem, Minijobs nicht mehr zu fördern, Leiharbeit auf das notwendige und gewollte Maß zu beschränken, die Sozialversicherungspflicht für jede geleistete Arbeitsstunde einzuführen, gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu zahlen, und dazu gehört auch ein sozial-ökologisches Zukunftsprogramm, das neue Arbeitsplätze schafft.
Sie sehen: ein gewaltiger Komplex von Aufgaben. Lassen Sie uns ihn anpacken! - Danke.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Es reizt mich, vieles zu sagen, ich will mich aber auf etwas Grundsätzliches beschränken.
Frau Schier, mit Ihrer Aussage rechtfertigen Sie Billiglöhne und damit die Tatsache, dass Gewinne den Unternehmen zugutekommen und die Verluste sozialisiert und durch die Gesellschaft getragen werden.
Das ist nicht unsere Politik.
Frau Nonnemacher, Sie haben das Zustandekommen des Vergabegesetzes kritisiert, dass nämlich erst auf Druck der Gewerkschaften eine Mindestanforderung von 8 Euro zustande gekommen ist. Ich will Ihnen nichts unterstellen, aber de facto kritisieren Sie damit die Arbeit des Parlaments.
Es ist ein völlig normaler Vorgang des gesellschaftlichen Diskurses, dass SPD, Linke, FDP, alle demokratischen Parteien, sich an diesem Prozess beteiligen und einen Regierungsentwurf vervollkommen. Das ist nicht zu kritisieren,
das ist Demokratie, und ich wünschte, das würde viel öfter passieren.
Herr Lipsdorf, Sie fordern ein Gesamtkonzept und eine Wirtschaftsstrategie, die die Stärken der Menschen in den Mittelpunkt stellt. Da fragt man sich natürlich: Und was ist mit den Schwachen? An anderer Stelle stellt die FDP immer die Leistungsträger in den Vordergrund. Aber was ist mit den anderen? Herr Büttner hat gestern wieder den Slogan bedient: Gut ist, was Arbeit schafft. Ich füge hinzu: egal, zu welchen Konditionen.
Dann, Herr Lipsdorf, sagen Sie, ein Mindestlohn würde den Menschen Angst machen.
Das kann ich nicht nachvollziehen. Ich glaube eher, dass den Menschen Ihre Wirtschafts- und Sozialpolitik Angst macht.
Fakt ist, dass die Menschen Angst vor Armut haben. Darum geht es hier. Und es geht nicht nur schlichtweg darum, Arbeit zu schaffen, sondern es geht darum, gute Arbeit zu schaffen. Das beinhaltet eine ganze Menge.
Nein, ich möchte meine Botschaften herüberbringen und nicht die der anderen.
Das beinhaltet existenzsichernde Löhne, das beinhaltet größere Tarifbindung - Herr Baaske hat auf die Sozialpartnerschaft hingewiesen -, das beinhaltet ein Klima für Innovation und Kreativität in Betrieben, das bedeutet Mitbestimmung in den Betrieben. Wir brauchen mehr Betriebsräte, die demokratisch am Betriebsleben teilnehmen.
Das bedeutet Förderkriterien, die soziale Belange mit einbeziehen, also die Leiharbeiterquote, die Tarifbindung etc. Wir brauchen familienfreundliche Arbeit, wir brauchen alterngerechte Arbeit, wir brauchen eine gerechtere Verteilung der Arbeitszeit, deswegen steht nicht die Verlängerung, sondern die Verkürzung auf der Tagesordnung.
Und wir wollen Arbeit bezahlen statt Arbeitslosigkeit. Das alles macht diese Komplexität aus. In diesem Sinne bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen, der diese eine Maßnahme Mindestlöhne herausgreift. - Danke.
Nach Informationen der „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ vom 20.07.2012 liegt der Stadt Werder (Havel) ein Gutachten zum Brauchwasserwerk vor, welches die Werderaner Obstplantagen mit dringend benötigtem Brauchwasser zur Aufrechterhaltung des Obstanbaus versorgt.
Das Brauchwasserwerk besteht seit den 1930er-Jahren. Das Gutachten besagt. Auch wenn die Sanierung teuer ist, gibt es für die Bewässerung der Plantagen keine Alternative. Sie ist zum Erhalt der Kulturlandschaft unabdingbar. - Diese Sanierung soll 1,7 Millionen Euro kosten.
Ich frage die Landesregierung: Welche Möglichkeiten sieht sie, um die Sanierung des Brauchwasserwerkes zu unterstützen und damit einen Beitrag zum Erhalt des Obstanbaus in Werder (Ha- vel) und der Kulturlandschaft, die in Jahrhunderten gewachsen ist, zu leisten?
Nach der gestrigen Berichterstattung bräuchte die Landesregierung wahrscheinlich nur mit Ja zu antworten. Ich erhoffe mir trotzdem etwas tiefergehende Auskünfte darüber, welche Kenntnisse bestehen, dass Bauarbeiter zu Dumpinglöhnen in Schönefeld beschäftigt werden.
Die erste Nachfrage: Würden Sie die Forderung, die die IG BAU und auch der DGB schon seit langem erheben, ein eigenes Büro auf der Baustelle zu betreiben, damit die Baustellenläufer dort kontinuierlich arbeiten können, unterstützen?
Zweitens: Die Problemfälle, was Dumpinglöhne betrifft, sind ja bisher nicht bei der IG BAU aufgelaufen, sondern bei der DGBBeratungsstelle. Da steht die Frage: Was kann die Landesregierung hier tun, um solche Vorkommnisse zu verhindern?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den vergangenen zwei Jahren haben wir am Arbeitsmarkt eine positive Entwicklung verzeichnen können. Ende März lag die Arbeitslosenquote bei 11,1 %; sie war damit um 0,6 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat innerhalb dieses Jahres von 740 000 auf 755 000 zugenommen. Das ist eine positive Entwicklung. Herr Bretz, das ist eine Seite von Sozialpolitik. Wenn Sie Ihren sozialpolitischen Maßstab, den Sie an die Bundesregierung anlegen, an die Landespolitik anlegten, dann würden Sie richtig liegen.
Ich werde Ihnen das gleich noch erläutern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir von „Guter Arbeit“ sprechen, insbesondere von Arbeit, von der man leben kann, dann gibt es noch viel zu tun. Immerhin arbeiten nach dem letzten Bericht über den Arbeitsmarkt in Brandenburg 34 % der
Beschäftigten in sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnissen. Hier kann man davon ausgehen, dass Beschäftigte von dieser Art von Arbeit nicht leben können. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass im Osten ein Leiharbeiter im Durchschnitt 1 224 Euro brutto verdient und 20 % dieser Leiharbeiter sogar unter 1 000 Euro verdienen.
Die Koalition hat in ihrer Regierungszeit bisher das getan, was ihr möglich ist. Und, Herr Bretz: Das ist „Sozialpolitik live“. Wir haben ein Vergabegesetz mit einer Untergrenze von 8 Euro verabschiedet. Der Wirtschaftsminister hat die Vergaberichtlinien für Fördermittel verändert. Die Höhe der Fördermittel ist nunmehr abhängig von der Lohnzahlung nach Tarif, von der Quote der Leiharbeiter und auch von ökologischen Kriterien. Der Arbeitsminister führt einen Dialog mit den Sozialpartnern, um mit den Gewerkschaften des DGB und der unabhängigen Vereinigung der Unternehmensverbände zu beraten, wie wir in Brandenburg „Gute Arbeit“ anbieten können.
Alle in Brandenburg sind bemüht, die Zukunftstechnologie der Photovoltaik zu etablieren. Und dann kommt ein Unternehmen aus den USA namens First Solar, baut in kurzer Zeit zwei Werke auf, fasst die Fördermittel ab, macht damit Millionengewinne, und als es auf dem Weltmarkt eng wird, werden die Werke kurzerhand geschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben schon heute vom Manchesterkapitalismus gehört. Das ist wohl richtig. Womit wir es aber auch zu tun haben, ist ein eklatanter Verstoß gegen Artikel 14 Abs. 2 Grundgesetz, der besagt, dass Eigentum verpflichtet und zugleich dem Gemeinwohl zu dienen hat. Das gilt auch für eine Firma aus den USA. Herr Büttner, das hat mit Klassenkampf nun überhaupt nichts zu tun.