Sabine Berninger

Appearances

4/2 4/5 4/6 4/7 4/9 4/12 4/13 4/15 4/16 4/17 4/18 4/20 4/21 4/22 4/26 4/27 4/33 4/34 4/36 4/37 4/38 4/39 4/40 4/41 4/42 4/44 4/45 4/47 4/48 4/49 4/51 4/54 4/62 4/63 4/65 4/66 4/67 4/71 4/72 4/74 4/75 4/76 4/79 4/82 4/83 4/87 4/90 4/94 4/97 4/99 4/100 4/102 4/107 4/109

Last Statements

Die Presse meldete am 26. Mai 2009, der Thüringen-Monitor 2009 stehe infrage.
Ich frage die Landesregierung:
2. Wann ist mit der Vorlage des Thüringen-Monitors 2009 zu rechnen?
3. In welchen Wochen sollen die Telefoninterviews durchgeführt werden?
4. Wie begründet die Landesregierung gegebenenfalls die Einstellung des Thüringen-Monitors für das Jahr 2009?
Genehmigungsverfahren zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur getrennten Aufzucht und zum Halten von Schweinen
Im Jahr 2001 beantragte ein holländischer Investor den Umbau einer ehemaligen Milchviehanlage in der Gemarkung Ettischleben im Ilm-Kreis zu einer industriellen Schweinemastanlage. Das Vorhaben wurde nicht genehmigt.
Aus den Unterlagen ist ersichtlich, dass der Antragsteller vom Landesverwaltungsamt während des Genehmigungsverfahrens Zugang zu den Einwendungen gegen die Genehmigung hatte bzw. dass sie ihm
vom Landesverwaltungsamt in Kopie zugesandt wurden.
Ich frage die Landesregierung:
1. Ist es in Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz bzw. nach der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen üblich, dass Antragsteller derart Zugang zu den Einwendungen erhalten bzw. diese in Kopie zugesandt bekommen?
2. Wurden im aktuellen Genehmigungsverfahren dem Antragsteller, der Firma Tierproduktion Alkersleben GmbH, ebenfalls die gemäß § 12 der Neunten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes eingesandten Einwendungen in Kopie zur Verfügung gestellt?
3. Wurden auch anderen Beteiligten die Einwendungen in Kopie zur Verfügung gestellt?
4. Für welche am Verfahren Beteiligten besteht beim aktuellen Stand des Verfahrens - die Anlage wurde zwischenzeitlich durch das Landesverwaltungsamt genehmigt, derzeit läuft die Widerspruchsfrist - noch die Möglichkeit, Einsicht in die Unterlagen zu nehmen bzw. die Einwendungen in Kopie zugesandt zu bekommen?
Herr Staatssekretär, dass nach § 12 der Neunten Durchführungsverordnung die Beteiligten am Verfahren Einsicht nehmen können in die Unterlagen bzw. die Unterlagen zur Verfügung zu stellen sind, ist mir bekannt; ich kann ja lesen. Aber es liegt in den Unterlagen zu dem damaligen Genehmigungsverfahren ein Schreiben vor - von einer Frau Georgi vom Landesverwaltungsamt unterzeichnet - an die Agrargenossenschaft Alkersleben eG, in dem steht: „Anbei erhalten Sie die Einwendungen in Kopie.“ Ich möchte einfach wissen, ob das üblich ist und ob die Möglichkeit bei einem aktuellen Genehmigungsverfahren auch besteht.
Nein, eine zweite Frage.
Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, ist es wirklich so, dass Ihre Mitarbeiter nicht
in der Lage sind, Frage 4 zu beantworten, nämlich welche Beteiligten in welcher Form jetzt noch Einsicht in die Unterlagen nehmen können?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Kollege Hahnemann hat vorhin nicht gesagt, dass die Abgeordnete Hennig aus dem Ausschuss ausgeschlossen worden sei. Er hat lediglich gesagt, es gab den Versuch, ihr die Teilnahme
an der Ausschussberatung zu verwehren. Ich will mal erzählen, wie es war. Der Innenausschuss war im Begriff, in eine Pause von wenigen Minuten zu gehen, kurz bevor dieser Tagesordnungspunkt aufgerufen wurde. Und als wir uns in Richtung Tür bewegten, hat ein Abgeordneter der CDU, Mitglied des Ausschusses, die Landtagsverwaltung gebeten, zu prüfen, ob es überhaupt in Ordnung sei, dass Betroffene an der Debatte teilnähmen.
Herr Panse, Sie haben uns, insbesondere der Erfurter LINKEN, vorgeworfen, dass sie nicht mehr auf die Besetzer eingewirkt hätte in der Zeit, bevor es zur Räumung kam. Ich möchte nur mal klarstellen, wenn die LINKE Menschen unterstützt, dann heißt es nicht, dass sie sie bevormundet. Das bleiben Menschen, die selbst entscheiden, wie ihr Engagement weitergeht und wir werden sie nicht bevormunden und sagen: Ihr habt dies und das so und so zu tun. Herr Fiedler hat uns vorgeworfen, wir hätten bei den Fragen an das Innenministerium lediglich danach gefragt, wann die In-Gewahrsam-Genommenen ver
pflegt worden seien. Das ist ebenfalls nicht wahr. Wir hatten dem Innenministerium schriftlich Fragen zugeleitet und da stand auch die Frage drin, wann Einsatzkräfte der Polizei verpflegt worden seien. Selbst wenn dies nicht so wäre - die Einsatzkräfte der Polizei haben eine starke Vertretung, nämlich die Gewerkschaft der Polizei. Und meines Wissens haben auch sie erst auf Intervention durch Gewerkschafter Verpflegung bekommen an diesem langen Tag ihres Einsatzes. Die In-Gewahrsam-Genommenen haben solche starke Interessenvertretung nicht. Irgendwer muss einfach, auch wenn es hinterher zu spät ist, fragen, warum, wenn das so ist, erst nach 7 Stunden die Leute etwas zu essen und/oder zu trinken bekommen haben.
Meine Damen und Herren, auch wenn, wie das im Innenausschuss passiert ist und auch heute durch Herrn Fiedler sehr nebulös dargestellt wurde, auch wenn wir als Täterinnen oder Verantwortliche dargestellt werden, bloß weil wir fragen oder Kritik formulieren, DIE LINKE wird sich nie distanzieren von ihrem Anspruch auf Rechtsstaatlichkeit.
DIE LINKE wird sich nie davon distanzieren, dass Menschen, auch wenn sie Verfehlungen begangen haben, Rechte haben, auch wenn sie in Gewahrsam sind, Rechte haben. Wenn wir vermuten müssen, dass diese Rechte beschnitten worden sind, dann werden wir das thematisieren. DIE LINKE wird sich nie davon distanzieren, nachzufragen, wenn wir vermuten, dass die Exekutive unverhältnismäßige Mittel angewandt hat. Wir werden das nachfragen, damit wir ein genaues Bild der Situation bekommen. DIE LINKE wird auch nicht hinnehmen, wenn im Innenausschuss beispielsweise, als diese Bilder gezeigt wurden und man eine gewisse Art von Verwahrlosung oder Vermüllung etc. dort hineininterpretieren oder sehen konnte - wir werden es nicht hinnehmen, wenn dann ein Mitglied des Innenausschusses abfällig sagt in Bezug auf die Verpflegung, die haben ja sonst auch nicht regelmäßig gegessen. Wir werden auch nicht hinnehmen, z.B. als der Innenminister hier sagte, es hätte den Vorwurf gegeben, Einsatzkräfte hätten Gefangene misshandelt, das sei aber nicht so gewesen, wenn dann in den Reihen der CDU jemand sagt - schade. Wir wollen das nicht hinnehmen. Wir werden uns nie davon distanzieren, Herr Fiedler, dass es unsere Aufgabe als Mitglieder des Thüringer Landtags ist, Maßnahmen der Landesregierung zu kontrollieren und zu hinterfragen. Das ist nämlich unsere Aufgabe als Landtag, auch Ihre, Herr Fiedler.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zwischen der Aussage, wir brauchen das nicht, was die Opposition hier fordert, und der Aussage, wir sind nicht bereit, darüber zu reden, liegt ein ganz großer Unterschied und ich bin eigentlich guter Hoffnung, dass Sie der Ausschussüberweisung zustimmen, aber ich befürchte fast, dass dem nicht so ist.
Ich möchte mit etwas Lyrischem anfangen, und zwar ein paar Zeilen von Bert Brecht, die überschrieben sind mit „Wer zu Hause bleibt, wenn der Kampf beginnt“: „Wer zu Hause bleibt, wenn der Kampf beginnt, und lässt andere kämpfen für seine Sache, der muss sich vorsehen: Denn wer den Kampf nicht geteilt hat, der wird teilen die Niederlage. Nicht einmal Kampf vermeidet, wer den Kampf vermeiden will, denn er wird kämpfen für die Sache des Feindes,
wer für seine eigene Sache nicht gekämpft hat.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe jetzt bei der Rede von der Innenausschussvorsitzenden etwas vermisst, nämlich die von der CDU beantragte Beratung des Berichts zu Punkt 1.5 des Beschlusses, den wir 2006 hier gemeinsam gefasst haben. Frau Groß, Sie haben angemahnt, dass im Jahr der Demokratie ein Zeichen gesetzt werden solle durch die Oppositionsfraktionen, indem wir uns hinter diesen gemeinsamen Beschluss stellen. Ich persönlich hatte schon in 2006 große Zweifel, ob dieser von mir genannte Extremismusbeschluss wirken wird. Meine Fraktion hat lange gewartet, ob er Wirkung entfalten wird. Ich kann einfach aus meiner persönlichen Sicht nur sagen: Papier ist geduldig und Wirkungen aus dem Beschluss, den wir 2006 gefasst haben, kann ich nicht erkennen.
Sie haben beantragt, dass wir den Bericht, der am 30.03. vorgelegt worden ist, zu dem Punkt 1.5 des Beschlusses beraten. Ich will mal vorlesen, was die Aufgabenstellung des Beschlusses war - also 1.5 heißt: „Die Landesregierung wird in diesem Sinn aufgefordert,... über die Landesstelle Gewaltprävention (LSGP) aktivierende Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliches Engagement in der Auseinandersetzung mit Extremismus und Gewalt zu sichern und die Landesstelle entsprechend als Ansprechpartner und Berater weiterzuentwickeln. In diesem Sinn soll sie die bereits eingerichteten Präventionsräte auf kommunaler Ebene fachlich unterstützen. Dazu soll sie Informations- und Fortbildungsangebote für Bedienstete von Kommunen und in den Präventionsräten mitwirkenden Bürgerinnen und Bürger bereitstellen. Die Einrichtung weiterer Präventionsräte soll angeregt und auf gleiche Weise unterstützt werden. Netzwerke gegen Rechtsextremismus und Gewalt sollten in die Arbeit der Präventionsräte einbezogen werden.“ Der letzte Absatz dieses Auftrages heißt: „Die Extremismusprävention ist in die Arbeit des geplanten wissenschaftlichen Beirats der LSGP einzubeziehen. Der Beirat soll entsprechende Programme und Projekte inhaltlich begleiten und Empfehlungen aussprechen. Dem Landtag ist einmal jährlich über die Arbeit der LSGP und ihres wissenschaftlichen Beirats zu berichten.“ Das ist der Auftrag, aufgrund dessen inzwischen der dritte Bericht vorgelegt wurde. Den ersten gab es im März 2007, den zweiten im Frühjahr - ich glaube im April - 2008 und den jetzigen dritten Bericht am 13. März 2009. Ich muss es noch mal sagen: Papier ist geduldig. Wie schon in den beiden vorliegenden Berichten aus 2007 und 2008 wird, das muss man zugeben, über eine Menge Maßnahmen fabuliert, aber es wird keinerlei Aussage darüber getroffen, welche Wirkungen diese entfalten, wie sie evaluiert worden sind, wie man möglicherweise diese Maßnahmen verändern und verbessern könnte. Im
diesjährigen Bericht, das muss man zugeben, liest man die Handschrift der Frau Lieberknecht. Er hat eine andere Struktur, er ist in etwa so aufgebaut wie das von uns vorgelegte Landesprogramm gegen Rechtsextremismus. Das mag ein Zufall sein, ein Schelm, wer Böses dabei denkt, ist aber auch egal. Es gibt in diesem Bericht sehr viele wahre Sätze, die nützen aber alles nichts, wenn sie nicht durch Taten und entsprechende Maßnahmen untersetzt werden. Aus meiner Sicht sind viele der Maßnahmen einfach nur Placebo-Maßnahmen, Alibi-Maßnahmen, Haken dran, wir führen sie mal auf und fertig.
Ich will das mal an zwei Beispielen exemplarisch darstellen. Abgesehen von den Dingen, die Frau Groß aufgeführt hat, wo es z.B. um die Bundesprogramme geht, wo die Landesregierung nur „kofinanziert“. Hier schmückt man sich auch in diesem Bericht mit fremden Federn, die man selbst nicht in Angriff genommen hätte, wenn nicht die Opposition und auch die Öffentlichkeit und vielleicht auch die Bundesregierung Druck gemacht hätten, damit Thüringen endlich einmal solche Maßnahmen unterstützt und ein bisschen Geld in die Hand nimmt.
Die beiden Beispiele aber, die ich nennen möchte: Wir haben sowohl im Bericht aus 2008 einen Absatz zum Thema Rechtsextremismus und Sport als auch in dem jetzigen aktuellen Bericht auf Seite 17, und zwar heißt es in dem Bericht, den Herr Zeh noch geschrieben hat, glaube ich, auf Seite 4: „Im Januar 2008 wurde in Zusammenarbeit mit dem Landessport Thüringen, dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz sowie der Landesstelle Gewaltprävention die Broschüre ‚Rechtsextremismus im Sport - NICHT MIT UNS’ entwickelt, die den Sportvereinen Rechts- und Handlungssicherheit zur Intervention bei extremen Aktivitäten gibt.“ Schauen wir mal nach auf Seite 17 des aktuellen Berichts, da heißt es: „In Zusammenarbeit des Landessportbundes Thüringen mit dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz sowie der Landesstelle Gewaltprävention wurde die Broschüre ‚Rechtsextremismus im Sport - NICHT MIT UNS’ entwickelt, die den Sportvereinen Rechts- und Handlungssicherheit zur Intervention bei rechtsextremen Aktivitäten gibt.“ Man evaluiert nicht nur nicht bereits probierte Maßnahmen, nein, man denkt sich auch nichts Neues aus, sondern schreibt die alten einfach noch mal in den neuen Bericht, bloß damit es vielleicht eine Seite mehr wird.
Das zweite exemplarische Beispiel: Ich habe Ihnen ja den Auftrag vorgelesen. In dem Beschluss unter 1.5 steht, „in diesem Sinne soll sie die bereits eingerichteten Präventionsräte auf kommunaler Ebene fachlich unterstützen.“ Es steht zwar drin in den Be
richten, dass es diese kommunalen Präventionsräte gibt, aber wie die unterstützt werden durch die LSGP oder die Landesregierung wird nicht genannt. Ich habe mir dann mal die Mühe gemacht im Jahr 2006 - beantwortet wurde meine Anfrage am 07.12.2006 -, ich habe nach dem kommunalen Engagement gegen Rechtsextremismus gefragt und habe die Landesregierung nach, ich glaube, 18 Arbeitskreisen, Präventionsräten etc. gefragt, welche Aktivitäten diese entfalten. 19 runde Tische und Präventionsräte habe ich nachgefragt. Die Landesregierung musste antworten, bei vier davon lagen der Landesregierung keine Erkenntnisse über Aktivitäten vor. Einmal in Jena hat sich der Präventionsrat nur indirekt mit dem Thema Rechtsextremismus befasst, aber bei Jena kann man dazu sagen, da gibt es bürgerschaftliches Engagement, was sicherlich vieles abfangen kann. Einmal, es ging um Leinefelde/Worbis, existierte der Präventionsrat nicht mehr, soll aber mittelfristig wieder eingesetzt werden. Ich weiß nicht, ob das inzwischen passiert ist.
Einmal widmet sich der Präventionsrat anderen Aufgabenfeldern als dem Rechtsextremismus. Zum Beispiel in Heiligenstadt sind solche Dinge bisher nicht vorgekommen, also braucht sich der Präventionsrat auch nicht mit dem Kampf gegen Rechtsextremismus beschäftigen. In zwei Fällen erfolgten in dem Berichtszeitraum überhaupt keine Aktivitäten. Dazu muss man aber auch sagen, Erfurt war dabei, dort gibt es inzwischen auch einen aktiven Bürgertisch mit sehr guten Angeboten. Beispielsweise in Sömmerda wurde gesagt, der Rechtsextremismus und Aktivitäten dagegen berühren die Arbeit des Präventionsrats lediglich am Rande. Das war im Dezember 2006. Weder in dem Bericht vom März 2007 noch in 2008 oder in dem aktuellen Bericht befinden sich irgendwelche Aussagen, wie sich die Arbeit dieser Präventionsräte, runden Tische etc. weiterentwickelt hat, wie die LSGP dabei helfen konnte. Es gab in der Antwort der Landesregierung z.B. bei der Arbeitsgruppe „Demokratie braucht Zivilcourage“ in Arnstadt, wo ich zufällig weiß, welche Aktivitäten dort entfaltet werden, auch für die Landesregierung keine Erkenntnisse, dass es Aktivitäten oder welche Aktivitäten es gibt. Wenn die LSGP aber eine so effektive Sache wäre, wie Sie das immer darstellen, dann müsste sie doch zumindest Bescheid wissen, was vor Ort im Kampf gegen Rechtsextremismus unternommen wird.
Wenn dann in dem Beschluss steht, die Einrichtung weiterer Präventionsräte soll angeregt - ist das eigentlich ein guter Auftrag, denn ich finde auch in den Berichten kein Beispiel, wie dies erfüllt wird - oder die Einrichtung soll auf gleiche Weise unterstützt wer
den wie die anderen, dann muss ich sagen, das nützt überhaupt nichts, wenn ich sehe, dass die anderen Präventionsräte durch die LSGP bzw. die Landesregierung nicht unterstützt werden.
Die Landesstelle Gewaltprävention - deswegen Ihr Antrag - wollen wir ja durch Maßnahmen aus unserem Landesprogramm ersetzen. Da muss ich sagen, Sie haben augenscheinlich zumindest die Einleitung bis zum Schluss aufmerksam gelesen, sonst hätten Sie das Thema gar nicht gefunden.
Zum Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, das Ihnen SPD und DIE LINKE jetzt zur Diskussion vorgelegt haben, muss ich nicht mehr viel sagen. Der Kollege Gentzel hat die Kurzfassung, die wir dazu verfasst haben, vorgetragen mit allen Punkten, die im Landesprogramm verankert sind. Sie müssen natürlich, wenn Sie sich dafür interessieren, das Landesprogramm selbst ausführlich lesen, weil mit einer kurzen Zusammenfassung nicht alles gesagt ist.
Meine Damen und Herren, Thüringen braucht dieses Landesprogramm nämlich, damit in einem Gesamtkonzept gegen Rassismus, gegen Antisemitismus, gegen Rechtsextremismus und gegen rechtsextremistische oder rassistisch-motivierte Gewalt gearbeitet werden kann. Die Einzelmaßnahmen, die in Ihren Berichten, sehr geehrte Landesregierung, beschrieben sind, nützen nichts. Wir sehen das an den Ergebnissen des Thüringen-Monitors. In dem Bericht ist der Thüringen-Monitor sogar als wichtige Maßnahme beschrieben, aber was man aus den Ergebnissen des Thüringen-Monitors schlussfolgern kann, lese ich in keinem der Berichte, die Sie vorlegen. Was man in dem Bericht, der in diesem Jahr herausgegeben wurde, positiv lesen kann, ist eine Begründung, warum das Landesprogramm der Oppositionsfraktionen gebraucht wird. Hier kann man nämlich auf Seite 4 lesen: Für eine wirksame Prävention und Bekämpfung des Rechtsextremismus ist aber auch die verantwortliche Beteiligung aller gesellschaftlichen Gruppen erforderlich, die den freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat verteidigen. Ich denke, wir haben das in unserem Landesprogramm verankert. Auf Seite 5 kann man lesen: „Zur Herausbildung rechtsextremistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Einstellungen und Verhaltensweisen trägt eine Vielzahl von Faktoren bei. Am wirkungsvollsten ist es, bereits möglichst früh an diesen Faktoren anzusetzen.“ Wir versuchen das mit dem Schwerpunkt Prävention, insbesondere auch im Vorschul-, Grundschul- und Schulalter mit sehr konkreten Maßnahmen. Man kann weiterlesen, dass auch eine mehrdimensionale Handlungsstrategie unentbehrlich ist - auch das, denke ich, haben wir vorgelegt mit unserem Landesprogramm. Wir machen eben nicht nur „Prävention“ im Bereich der Bildungsarbeit; Herr
Gentzel hat es gesagt, wir sind bei der außerschulischen Jugendbildung, bei Erwachsenenbildung, Familiensozialarbeit, Repression natürlich auch, wir wollen alle möglichen Präventionsmaßnahmen, Interventionsmaßnahmen miteinander verknüpfen, zu einem Konzept zusammenfügen und es gemeinsam mit Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren von der CDU und der Landesregierung, umsetzen.
Ich möchte noch mal ergänzen - ich bin nicht sicher, ob ich Herrn Gentzel vorhin richtig verstanden habe bei den Ausschüssen, die genannt wurden. Er hat benannt den Innenausschuss, den Sozialausschuss, den Bildungsausschuss und ich habe nicht gehört, vielleicht habe ich es überhört, den Justizausschuss, weil wir ja auch im Bereich der Justiz Maßnahmen drinhaben, die umgesetzt werden sollen, die wir mit Ihnen diskutieren wollen. Ich möchte mit Brecht schließen und noch mal wiederholen: „Wer zu Hause bleibt, wenn der Kampf beginnt, wer den Kampf nicht geteilt hat, der wird teilen die Niederlage.“ Und die Niederlage, meine Damen und Herren, das ist die Mitverantwortung von Landesregierung und CDU für den erstarkenden Rechtsextremismus, für rechtsextreme Einstellungen in der Bevölkerung, die wir immer wieder im Thüringen-Monitor messen können, und für alle damit sich ergebenden Konsequenzen für die Entwicklung unserer Gesellschaft. Deswegen kann ich einfach nur an Sie appellieren, meine Damen und Herren, diskutieren Sie mit uns unser Landesprogramm gegen Rechtsextremismus und vielleicht können wir uns annähern und können gemeinsam wirksame Maßnahmen und eine wirksame Strategie gegen den Rechtsextremismus miteinander erarbeiten und umsetzen. Danke.
Vielen Dank. Herr Staatssekretär, vielleicht können Sie mir noch mal erläutern, wie evaluiert wird oder ob überhaupt Evaluation stattfindet. Das kann ich in dem Bericht nicht erkennen. Ich kann in dem Bericht auch beispielsweise nicht erkennen, was Evaluation sein könnte. In der Beschlussnummer 1.5, zu dem der Bericht gemacht wurde, steht etwas über den Beirat bei der Landesstelle Gewaltprävention. Ich konnte lediglich in den Berichten, die der Herr Zeh noch geschrieben hat, 2007/2008 etwas über diesen Beirat lesen. Einmal, dass er konstituiert wurde und einmal, dass er viermal getagt hat und was er eventuell noch vorhat. Aber am Schluss steht, der Beirat soll die Projekte und Initiativen evaluieren, und er soll darüber berichten und Empfehlungen abgeben. Mir sind aber leider keine Empfehlungen bekannt. Vielleicht können Sie das noch mal aufklären.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich das sage, was ich eigentlich dem Innenminister Scherer sagen wollte, muss ich doch auf ein paar Sachen noch einmal eingehen, die Herr Fiedler hier geäußert hat. Zunächst, Herr Fiedler, Sie müssen es geträumt haben, ich habe nie von mir behauptet, ich sei Mitglied der KPF. Ich weiß nicht, wo Sie es herhaben, aber vielleicht können Sie ja mit der Richtigstellung jetzt leben. Herr Fiedler hat sich gebrüstet mit der Sache der Feuerwehrrente und hat so argumentiert, als ob hier im Haus irgendjemand gegen diese Feuerwehrrente argumentiert hätte.
Das hat hier im Haus noch keiner getan.
Genau, Sie haben gesagt, hätten Sie doch mal einen Antrag gestellt. Meines Wissens hat auch die CDUFraktion nicht so einen Antrag gestellt. Es stand ein 140-jähriges Jubiläum des Feuerwehrverbandes an und der Ministerpräsident wusste nicht, was er schenken soll, und da ist ihm die Feuerwehrrente eingefallen.
Dieser Eindruck verstärkt sich dadurch, das war im Oktober, dass der Innenminister bis heute keine genaueren Angaben zu der Feuerwehrrente machen kann, sonst hätte er das wahrscheinlich in seiner Regierungserklärung getan.
Herr Fiedler, Sie haben vorhin einen Vorschlag geäußert, in dem es um die Bezahlung der Kosten z. B. für die Absicherung von Versammlungen ging. Sie haben vorgeschlagen, das könnten ja die Versammelnden in Rechnung gestellt bekommen. Herr Fiedler, ich möchte Sie warnen vor solchen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit aushöhlenden Vorschlägen.
Sie machen sich damit nämlich selbst zu einem, der die Verfassung verschlechtern will, und damit - per Definition - würden Sie auch zum Extremisten werden.
Und ich möchte Sie davor warnen, Herr Fiedler, hier von diesem Pult aus Menschen Straftaten zu bezichtigen, wo das nicht der Wahrheit entspricht. Sie haben gesagt, der Herr Dittes sollte sich vorsehen und er hätte irgendwann einmal gegen irgendwen etwas geworfen. Ich weise das auf das Entschiedenste zurück und ich kann nur hoffen, dass sich auch Herr Dittes dagegen rechtlich zur Wehr setzt.
Meine Damen und Herren, Herr Innenminister Scherer, nun zu dem, was ich eigentlich vorhatte zu sagen. Herr Innenminister, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung gesagt, es bräuchte nicht eines zusätzlichen Maßnahmepakets zur Bekämpfung des Rechtsextremismus, es gäbe in Thüringen eine große Bandbreite von Maßnahmen, und an anderer Stelle haben Sie von vielfältigen und zahlreichen Einzelmaßnahmen gesprochen, die in den verschiedenen Ressorts der Thüringer Landesregierung umgesetzt worden seien. Diese Maßnahmen, die Sie ansprechen, die Sie auch in Ihrem Bericht, den Sie zitiert haben vom November, dem Bericht zu Punkt 1.6, der sogenannten Initiative für Demokratie und Toleranz, darauf verweisen Sie, das sind Maßnah
men, die einfach nicht zufriedenstellend sind. Sie sagen in Ihrer Regierungserklärung, das habe ich mir extra aufgeschrieben, wir müssen alles daran setzen, dass die Abschaffung der 5-Prozent-Klausel bei den Kommunalwahlen für die Extremisten nicht zum Sprungbrett in die kommunalen Parlamente wird. Fangen Sie endlich damit an, Herr Minister! Fangen Sie endlich damit an, den Rechtsextremismus wirksam zu bekämpfen, werte Damen und Herren der Landesregierung!
Die Maßnahmen, die Sie in Ihrem Bericht im November vorgestellt haben, sind kaum anders - es sind nur ganz wenige Dinge, die wirklich anders sind - als die Maßnahmen in dem Bericht von 2006, wenn ich mich nicht irre. Da sind einige Maßnahmen dabei, die entfalten einfach keine Wirkung und die Landesregierung probiert auch überhaupt nicht zu untersuchen, welche Wirkung entfalten diese Maßnahmen. Niemals kriegen wir Kenntnis von Evaluationsmaßnahmen für solche Pakete wie JUREGIO oder Global Patchwork. www.patchwork.de - oder so ähnlich heißt die Internetseite - wurde auch schon in 2006 in dem Bericht vorgestellt. Bereits in 2005 hatte ich eine Anfrage zu diesem Projekt Patchwork gestellt. Also für alle, die das nicht so genau wissen, das ist ein Internet-Projekt, wo man sich mit Projekten für Toleranz, gegen Fremdenfeindlichkeit etc. auf eine Internetseite stellen kann. In 2005 waren auf dieser Internetseite fünf Projekte, und zwar einmal die Erfurter Puffbohnen, die Villa Lampe aus dem Eichsfeld, das Thüringer Landesamt für Archäologie und Denkmalpflege und ein Schülerprojekt eines Gymnasiums in Meiningen. Ich habe heute Morgen nachgeschaut bei Patchwork. Inzwischen sind es acht Projekte - die fünf, die ich eben nannte, stehen noch drauf, dann ein Schülerprojekt einer neunten Klasse einer Regelschule in Erfurt, ein Beitrag eines Professors des Lehrstuhls für Informatik der Uni Ulm mit dem Titel „Was ist der Global Marshall Plan?“ und der Hinweis auf einen Fachtag im Rahmen der Initiative für Vielfalt und Toleranz vom Oktober 2008. Das sind die Projekte, die auf Global Patchwork eingestellt sind. Schon in 2005 hat die Landesregierung auf eine Kleine Anfrage von mir eingeschätzt, dass das Interesse überhaupt nicht da ist, dass Schüler lieber ihre eigenen Homepages machen oder Schulklassen. Aber auf meine Frage, ob geplant ist, Öffentlichkeitsarbeit zu verändern oder die Ausrichtung des Projekts, hat die Landesregierung schlicht und einfach mit Nein geantwortet.
Das sind die Projekte, die Maßnahmen, die Sie als breit bezeichnen, als vielfältig, die Sie in Ihren Berichten aneinanderreihen, wo aber nicht mit einem Gedanken von der Landesregierung mal überlegt wird, wirken denn diese Maßnahmen überhaupt oder müssen wir sie gegebenenfalls ändern oder durch wirksamere Maßnahmen ergänzen. Das kann
nicht der Kampf gegen Rechtsextremismus sein. Zum Kampf gegen Rechtsextremismus gehört es nicht nur, Skinhead-Konzerte aufzulösen oder die politisch motivierte Kriminalität rechts zu bewerten. Zum Kampf gegen Rechtsextremismus gehört dazu, etwas gegen die Einstellungen in der Thüringer Bevölkerung zu tun. Die Landesregierung hat seit 2000, glaube ich, ein wunderbares Instrument, mit dem Einstellungen in der Thüringer Bevölkerung gemessen, analysiert werden. Der Thüringen-Monitor liefert uns und auch der Landesregierung jährlich eine sehr gute Grundlage, um wirksame Maßnahmen zu Änderungen auf der Einstellungsebene zu entwickeln. Es passiert aber einfach nichts. Das kann es einfach nicht sein.
Die Landesregierung hat zum Beispiel auch über andere Politikfelder die Möglichkeit, Einstellungen zu verändern, z.B. die ausländerfeindlichen Einstellungen. Der Thüringen-Monitor 2008 sagt, 49 Prozent der Befragten haben Angst vor Ausländern, nämlich sie stimmen der Aussage „Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maße überfremdet.“ zu. Bei wie vielen Ausländerinnen und Ausländern in Thüringen, Herr Innenminister? Da kann ja mit der Relation etwas nicht stimmen. 61 Prozent stimmen dieser nationalen Aussage „Was unser Land heute braucht, ist ein hartes und energisches Durchsetzen deutscher Interessen gegenüber dem Ausland.“ zu. Gegen solche Einstellungen muss die Landesregierung etwas machen. Das finde ich in keinem Ihrer Berichte. Ich warte einfach darauf, Herr Innenminister.
Der Innenminister hat auch in seiner Regierungserklärung gesagt, wir müssen unsere Mitbürger von der Notwendigkeit zur Stimmabgabe für demokratische Parteien überzeugen. Ein sehr richtiger Satz. Auch die CDU-Fraktion hat, wenn ich mich richtig erinnere, Beifall geklatscht zu dem Satz. Mein Kollege Hahnemann hat Sie vorhin aufgefordert, unvoreingenommen an Initiativen und Bündnissen gegen Rechtsextremismus mitzuwirken.
Ich möchte zum Abschluss ganz unvoreingenommen Sie, sehr geehrte Damen und Herren der CDUFraktion und sehr geehrte Damen und Herren der Landesregierung, einladen, bei diesem Projekt ganz unvoreingenommen mitzumachen -
verkehrt herum, sehr gut, vielen Dank: „Deine Stimme gegen Nazis“, ein Projekt demokratischer Organisationen, in dem es genau darum geht, was der Innenminister gesagt hat, wir müssen unsere Mitbürger von der Notwendigkeit zur Stimmabgabe für demokratische Parteien überzeugen. Schließen Sie
sich dieser Initiative an, werben Sie dafür, bestellen Sie das Material von „Deine Stimme gegen Nazis“. Damit können wir vielleicht einen kleinen Schritt dazu tun, dass die Abschaffung der 5-Prozent-Klausel nicht dazu führt, dass zwangsläufig in den Kreistagen, Stadt- und Gemeinderäten und eventuell auch dann trotz 5-Prozent-Klausel im Landtag passieren wird, dass Nazis in die Parlamente und Räte einziehen. Danke.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wollte tatsächlich abwarten, ob Frau Stauche inhaltliche und sachliche Argumente noch anführen kann bei ihren jetzigen Bemerkungen. Es war keine Rede. Sie sagt, beim letzten Mal wäre schon sachlich und fachlich alles gesagt worden - das konnte ich beim letzten Mal nicht erkennen. Ich werde aber noch auf diese Unterstellung eingehen, die ich gerade gemacht habe. Wir haben mit unserem Gesetzentwurf beantragt, den Satz 1 des § 2 Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz zu ergänzen. In § 2 dreht es sich um die Unterbringung. Das hat auch Frau Stauche erkannt und wir wollen in dem Paragraphen einen Satz 4 neu anfügen, der da heißt: „Bei der Wahl der Unterbringungsform sind sowohl öffentliche Interessen, wie Aspekte der Integration und des sozialen Ausgleichs, die Wahrung der Grund- und Menschenrechte oder administrative Gesichtspunkte, als auch die Belange des Ausländers zu berücksichtigen.“ Dieser von uns vorgeschlagene Satz widerspricht explizit nicht dem Bundesrecht. Im Gegenteil, Frau Stauche, Sie vergessen immer wieder zu erwähnen, dass an dem Satz, den Sie aus § 53 des Asylverfahrensgesetzes zitieren, noch ein anderer Satz dranhängt, nämlich der, in dem es darum geht, dass sowohl öf
fentliche Interesse als auch die Belange des Ausländers zu berücksichtigen sind.
Ein Satz, der im Bundesgesetz steht und den wir einfach in das Thüringer Gesetz übernehmen möchten, weil die Begründung von Ausländerbehörden, Ausländer und Ausländerinnen, Asylsuchende, zum Teil auch Geduldete in Gemeinschaftsunterbringungen unterzubringen, häufig die ist, dass das Thüringer Gesetz die Abweichung vom Regelfall der Gemeinschaftsunterbringung nicht vorsieht. Natürlich wären die Ausländerbehörden selbst auch in der Lage, das Bundesgesetz aufzuschlagen und dort mal nachzulesen, aber viele denken, das Landesrecht sei das höher zu nehmende Recht und man hätte diese Auslegungsvarianten nicht.
Ich bin in der Lage, Texte zu lesen, ich habe in der Schule aufgepasst, Frau Stauche. Ich habe immer den Eindruck, Sie würden nicht richtig lesen.
Gestern hat meine Fraktionskollegin in einem anderen Zusammenhang die Wortgruppe gesagt, die Frau Sojka war das: „Scheinheiligkeit als Prinzip“. Die habe ich mir gleich aufgeschrieben, weil ich mir zu dem Zeitpunkt das Plenarprotokoll aus der letzten Sitzung durchgelesen habe und gerade bei der Rede der Frau Stauche angelangt war.
Ich will Ihnen mal einen Satz zitieren: „Die Fraktion DIE LINKE will durch die Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes sowie durch zahlreiche Maßnahmen und Initiativen im Bereich der Flüchtlingspolitik die Situation der im Lande lebenden Flüchtlinge verbessern. Das ist ein lobenswertes Ansehen, das sehen wir genauso.“, Originalzitat Frau Stauche in der letzten Plenarsitzung. Scheinheiligkeit als Prinzip, hat Frau Sojka gestern gesagt, und ich kann das einfach an diesen Satz nur anfügen.
Sie sagten dann nämlich auch, Sie dächten, nur unser Weg sei der falsche. Inhaltlich würden Sie uns also zustimmen, aber der Weg sei der Falsche. Nichtsdestotrotz haben Sie dann aber abgelehnt, den Gesetzentwurf
sowie den Antrag zur Flüchtlingspolitik an die Ausschüsse zu überweisen. Dort nämlich wäre Gelegenheit gewesen, uns zu erläutern, wie Sie denn den Weg für eine bessere Flüchtlingspolitik in Thüringen sehen könnten. Sie haben das aber überhaupt nicht auf Ihrer Agenda, die Flüchtlingssituation zu verbessern. Sie wollen schlicht und einfach nur unsere Anträge ablehnen, aber dann können Sie sich solche Sätze wie „Das ist ein lobenswertes Ansehen“ auch sparen, sehr geehrte Frau Stauche.
Ich will in Bezug auf die Unterbringung noch sagen, Thüringen gilt in der Bundesrepublik als Lagerland. Flüchtlinge werden zu großen Teilen in Thüringen, im Gegensatz zu anderen Ländern in der Bundesrepublik, in Lagern, in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Thüringen belegt laut Angaben der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktionskollegen im Bundestag, den dritten Platz nach Bayern und Brandenburg. Im Jahr 2006 lebten 82,6 Prozent der §-3-Leistungsempfängerinnen, also derer, die die Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, in Gemeinschaftsunterkünften. Sie müssen aber nicht traurig sein, sehr geehrte Damen und Herren der CDUFraktion, dass Sie hier nur den dritten Platz gemacht haben; bei der Bargeldquote hat Thüringen gewonnen. 2006 bekamen nur 1,8 Prozent der §-3-Leistungsempfängerinnen Bargeld. Im Bund war der Durchschnitt damals 48,7 Prozent. Dass damit auch höhere Kosten einhergehen, ist nachgewiesen durch einen Gesetzentwurf sogar der CDU-Fraktion im Bundestag von vor einigen Jahren. Aber das scheint Sie nicht zu kümmern, obwohl Frau Stauche in ihrer Rede in der letzten Plenarsitzung den Kostenfaktor als Horrorszenario an die Wand gemalt hat: Man könne sich das gar nicht leisten, das würde das ganze Geld auffressen und dann hätte man überhaupt kein Geld mehr.
Frau Stauche hat eben gesagt, sachlich und fachlich wäre alles schon von ihr gesagt worden. Ich kann das nicht erkennen.
Selbstverständlich.
Die genaue Zahl habe ich jetzt nicht im Kopf. Ich würde aber gern wissen, in welchem Zusammenhang Sie diese Frage jetzt stellen.
Ich habe den Zusammenhang immer noch nicht verstanden.
Ich denke, jetzt ist meine Redezeit. Ich will noch mal zitieren, was wir im Gesetzentwurf beantragt haben. Da steht nicht, alle Flüchtlinge sollen in Einzelunterkünften untergebracht werden, sondern da steht: „Die Landkreise und kreisfreien Städte können die in § 1 genannten Personen in Einzelunterbringung, Formen des betreuten Wohnens oder in Gemeinschaftsunterkünften unterbringen.“ Wahrscheinlich wären Sie bei IGLU durchgefallen, Frau Stauche.
Lesen Sie einfach, was wir beantragt haben.
Ich kann nicht versprechen, dass ich mich darum bemühe, Frau Präsidentin. Ich habe den Eindruck,
dass hier absichtlich Worte verdreht werden.
Frau Präsidentin, ich hatte nicht die Absicht, Ihre Bemerkung zu kommentieren. Es tut mir leid, wenn da ein falscher Eindruck entstanden ist.
Wir haben, meine Damen und Herren, nicht die Abschaffung der Gemeinschaftsunterkünfte gefordert, das kann man nachlesen. Wir haben auch nicht die Aufhebung der Residenzpflicht gefordert. Frau Stauche hat in der letzten Plenarsitzung - und das ist keine Unterstellung - demonstriert, dass sie eben nicht weiß, wie es z.B. um die Aufenthaltsdauer von Flüchtlingen bestellt ist; da hat sie gesagt, die würden höchstens ein Dreivierteljahr dort leben. Das ist nicht so. Über die Hälfte der Flüchtlinge lebt länger als ein Jahr in Gemeinschaftsunterkünften. Da ist es dann einfach nicht mehr ein kurzer Aufenthalt, wo die Notunterkunft oder die Notlösung Gemeinschaftsunterkunft gerechtfertigt wäre.
Frau Stauche hat in der letzten Plenarsitzung deutlich demonstriert, dass sie nicht mal weiß, dass es Unterschiede in den Leistungsansprüchen zwischen
Asylbewerbern und anerkannten Flüchtlingen gibt. Es gibt anerkannte Flüchtlinge, die erhalten keine Leistungen mehr nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sondern die erhalten Leistungen genau wie alle anderen Menschen in der Republik auch.
Ich bin jetzt ein wenig durcheinander gebracht, möchte aber noch mal auf den Kostenfaktor eingehen.
In der Stadt Eisenach gibt es in der Thälmannstraße ein Haus, das war bisher die Gemeinschaftsunterkunft der Stadt Eisenach. Die Gemeinschaftsunterkunft der Stadt Eisenach in der Thälmannstraße hatte in etwa 90 bis 100 Plätze vorgehalten. Ausgelastet war sie zuletzt noch mit etwa 40 Asylsuchenden bzw. Geduldeten. Daraufhin hat die Stadt Eisenach sich dazu entschlossen, die Gemeinschaftsunterkunft aufzulösen und dieses Haus, diese Wohnungen dort in Einzelwohnungen umzuwandeln. Das hat die Stadt Eisenach nicht aus Gutmütigkeit getan, dann hätte sie es nämlich schon längst tun können. Es gab zahlreiche Versuche der Fraktion DIE LINKE, dort die Gemeinschaftsunterkunft aufzulösen. Nein, die Stadt Eisenach hat die Umwandlung in Einzelwohnungen vorgenommen, weil einfach eine solche Unterkunft wirtschaftlich nicht mehr tragbar war und nicht nur die Zahl der Anerkennung von Asylgesuchen gesunken ist, wie Frau Stauche vorhin sagte, sondern auch die Zahl der Asylsuchenden. Es kommen weniger Menschen nach Deutschland, weil es sich herumgesprochen hat, dass es nicht das Paradies auf Erden ist, wenn man hier um Asyl nachsucht.
Das ist nur ein Argument, das Argument der Stadt Eisenach auf dieses Horrorszenario, was das fehlende Geld angeht. Ich kann Sie nur darum bitten, unserem Antrag zuzustimmen, oder wenn Sie tatsächlich, sehr geehrte Damen und Herren der CDUFraktion, mit uns über den Weg für eine bessere Flüchtlingspolitik reden möchten, dann lassen Sie uns den Antrag, auch wenn es heute die zweite Beratung ist, doch noch überweisen. Ich stelle den Antrag aber nicht. Wenn Sie den Weg besprechen wollen, dann stellen Sie bitte den Antrag, den Gesetzentwurf noch mal an den Innenausschuss zu überweisen, dann können wir uns gern noch mal fachlich auseinandersetzen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich bin sehr positiv überrascht, dass der Innenminister heute Abend selbst hier geblieben ist, um der Aussprache beizuwohnen, das freut mich sehr. Ich möchte auch Herrn Peters zum zweiten Mal heute hier in diesem Raum begrüßen. Mich verwundert nicht, dass der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion anscheinend kein Interesse daran hat, die Aussprache seiner eigenen Großen Anfrage zu verfolgen.
Ich möchte mit einem Zitat beginnen, und wem auffällt, woraus das Zitat stammt, der kann es ja dazwischenrufen - ich zitiere: Es sei „ein Gebot vorausschauender Politik, die Situation der Ausländer, Spätaussiedler und anderer Gruppen mit Migrationshintergrund in Thüringen aus der Perspektive der Integrationspolitik zu analysieren, die vorhandenen integrationspolitischen Instrumente zu überprüfen, etwaige Defizite zu erkennen und daraus gegebenenfalls Schlussfolgerungen abzuleiten.“ In demselben Text heißt es drei, vier Zeilen später: „Zugleich zeigt der Thüringen-Monitor seit vielen Jahren, dass auch die Thüringer Deutschland als in einem gefährlichen Maße überfremdet wahrnehmen und der Ansicht sind, Ausländer kämen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen. Diese Ansichten haben angesichts der Situation in Thüringen keine Entsprechung in der Realität.“ Ich werde auf das Zitierte noch zurückkommen und zum Schluss dann auch sagen, was ich zitiert habe, wenn es Ihnen nicht vorher schon auffällt.
Die Beschäftigung mit den Großen Anfragen der Fraktion der CDU und der Fraktion der SPD lässt schon allein bei dem Überblick über die gestellten Fragen eine gewisse Tendenz erkennen. Die CDU hat in ihrer Anfrage 101 Fragen gestellt und die SPD hat 83 Fragen formuliert. Aber wie immer, Masse ist nicht gleich Klasse. Die CDU hat vorwiegend Zahlen abgefragt und ich hatte das Gefühl, man ist darauf aus, die Integrationspolitik der Thüringer Landesregierung in einem guten Licht dastehen zu lassen. Ich habe mich auch gewundert, in einer Großen Anfrage zur Integration der Migrantinnen und Migranten das Wort „Patriotismus“ zu lesen. Das hat bei mir Schmunzeln, aber auch einen gewissen Ärger ausgelöst. Bei den Fragen der SPD ist das ganz anders. Die SPD formuliert ihre Fragen so, dass sehr oft Wertungen abgefragt werden. Man merkt bei den Fragen der SPD-Fraktion einen flüchtlingspolitischen Hintergrund. Die SPD-Fraktion hat zum Beispiel nach Mindeststandards für Unterkünfte gefragt. Sie hat nach Fällen und Gründen gefragt, warum Abschiebungen verhindert werden konnten. Sie hat das Problem der Kettenduldungen thematisiert, den Flüchtlingsschutz. Sie hat ganz konkret nach
Sprachförderungen in Kindertagesstätten und verschiedenen Schulformen gefragt, nach der beruflichen Integration junger Menschen. Sie hat das Thema „Ghettoisierung“ problematisiert, wo die Landesregierung sagt, so etwas gibt es in Thüringen nicht. Sie hat nach Migrantinnen und Migranten mit Behinderungen gefragt, nach Älteren, die nicht mehr im Berufsleben sind, und zum Beispiel in der Frage nach Flüchtlingsorganisationen: die CDU-Fraktion fragt einfach, welche gibt es. Die SPD fragt: Welche gibt es und wie ist der Erfahrungsaustausch der Landesregierung mit diesen Organisationen? Also, eine ganz andere Herangehensweise als in den Fragen der CDU-Fraktion.
Ich habe vorhin zitiert und eines der Schlagwörter in dem Zitat war es, zu überprüfen, welche vorhandenen integrationspolitischen Instrumente es gibt. Sowohl in der Antwort der Landesregierung als auch in der Art, wie die Fragen der CDU angelegt waren, liest man heraus: Die Integrationspolitik soll sich in Thüringen auf Ausländer beschränken, die über einen verfestigten Aufenthalt verfügen. Dass die Fraktion DIE LINKE und auch Flüchtlingsorganisationen das als zu kurz gegriffen finden und dass die Integrationspolitik auch auf Flüchtlinge, also auch auf Leute im Asylverfahren bezogen werden sollte, das wissen Sie, das muss ich hier nicht noch mal betonen.
Es wird bei der Großen Anfrage der CDU und dann auch in den nachfolgenden Debatten sehr großer Wert auf Sprache, auf das Erlernen der deutschen Sprache als Voraussetzung für Integration gelegt. Sie hätten sowohl in der letzten Plenarsitzung als auch heute Mittag die Möglichkeit gehabt, eine Möglichkeit, die Sprache besser zu lernen, umsetzen, nämlich, indem man Unterbringung nicht weitab entfernt vom Leben und von den Menschen, von Wohnsiedlungen organisiert, sondern dort, wo das Leben ist, wo soziokulturelle Zugänge sind etc. Sie hätten aber auch die Möglichkeit durch die Abkehr von dem Verteilungsschlüssel gehabt, liebe CDU-Fraktion, wie wir ihn in unserem Antrag für Flüchtlingspolitik vorgeschlagen hatten. Das ist aber nicht gewollt gewesen. In der Antwort der Landesregierung auf die SPD-Frage, und zwar die letzte Frage SPD, die lautet, das ist Nummer 82: Welche Verbesserungsmöglichkeiten und welchen Handlungsbedarf sieht die Landesregierung? Das Innenministerium antwortet: Nach Auffassung der Landesregierung ist insbesondere der von der Ministerpräsidentenkonferenz am 14. Juni 2007 beschlossene Länderbeitrag zum Nationalen Integrationsplan geeignet, die Integration von Zuwanderern in Thüringen zu fördern. Das klingt sehr gut, Herr Innenminister. Ich weiß, Sie haben ja die Antwort damals nicht verfasst. Nein, da waren Sie noch nicht Innenminister. Ich frage mich, was ist denn der Länderbeitrag zum Nationalen Integrations
plan des Landes Thüringen. Mir ist bekannt, es gab einmal einen Entwurf im November 2007, der war überschrieben mit „Leitlinien und Handlungsempfehlungen zur Integration von Zuwanderern“. Den habe ich auf Umwegen, also auch nicht als offizielle Drucksache des Landtags, erhalten. Ich habe leider nicht mitbekommen, ob es den Länderbeitrag Thüringens gibt zum nationalen Integrationsplan. Ich habe ihn gesucht im Internet, auf den Internetseiten des Thüringer Ausländerbeauftragten. Er ist anscheinend nicht veröffentlicht. Ich habe auch gegoogelt, ich weiß nicht, ob es ihn gibt. Aber wenn er öffentlich nicht existiert, wie kann sich das Innenministerium dann darauf beziehen? Auch im ersten Fortschrittsbericht der Bundesregierung zum Nationalen Integrationsplan vom Oktober 2008 scheint Thüringen nicht vorzukommen. Ich habe nicht das ganze Dokument durchgelesen, es hat 126 Seiten. Ich habe aber in dem Pdf-Dokument das Wort „Thüringen“ gesucht und die Anzahl der Fundstellen war null. Vielleicht kann das Innenministerium darauf im Folgenden noch eine Antwort geben. In dem, was ich anfangs zitiert habe, war auch die Rede von den etwaigen Defiziten, die es zu erkennen gilt. Die etwaigen Defizite, die sind ganz konkret benannt worden. Die hat auch Frau Wolf eben noch einmal für Sie alle wiederholt, nämlich die Experten in der öffentlichen Anhörung des Gleichstellungsausschusses am 13. März haben viele der Dinge, die wir immer wieder anprangern, benannt, die diskriminierende Form der Leistungserbringung in Form von Wertgutscheinen, die Unterbringung, dabei die Isolation der Unterkünfte, die mangelnden baulichen und hygienischen Zustände, dass es dort kaum eine Privatsphäre für die Menschen gibt, die Nichtanerkennung beruflicher Abschlüsse, was auch Frau Pelke eben thematisiert hat, den Ausschluss von der Erwerbstätigkeit aufgrund des Aufenthaltsstatus und die fehlenden Mindeststandards der Unterbringung, deren Kritik sich auch der Ausländerbeauftragte, Herr Peters, angeschlossen hat, wenn ich mich richtig erinnere. Weitere Defizite, die benannt wurden, waren die Residenzpflicht und zum Beispiel das fehlende Netzwerk an flächendeckenden Beratungsangeboten. In dem, was ich zitiert habe, war dann auch der Halbsatz, dass man dann daraus gegebenenfalls Schlussfolgerungen ableiten solle. Die Schlussfolgerungen wurden abgeleitet, und zwar im Gleichstellungsausschuss. Die Empfehlungen, die der Gleichstellungsausschuss gegeben hat, die haben mich positiv überrascht. Ich habe mich gefreut, dass es möglich war, im Gleichstellungsausschuss dieses Papier einstimmig zu beschließen. Leider aber haben sich offensichtlich die CDU-Vertreterinnen aus dem Gleichstellungsausschuss in ihrer Fraktion nicht durchsetzen können, weil einige dieser Schlussfolgerungen, das hat auch Frau Pelke heute Mittag schon gesagt, hätte man umsetzen können, indem man Teilen unserer Anträge, also des Antrags zur Flüchtlingspolitik und zum
Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz, zugestimmt hätte. Meine Fraktion ist auch eine derjenigen, die Schlussfolgerungen getroffen haben, wie es in diesem von mir zitierten Satz gesagt wurde. Als Letztes habe ich dann zitiert die Dinge, die im Thüringen-Monitor festgestellt worden sind, die Überfremdungsängste der Thüringer und die Ansicht, Ausländer kämen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen. Wir haben gestern über den Thüringen-Monitor 2008 gesprochen. 49 Prozent der Befragten stimmen dem Satz „Thüringen sei in einem gefährlichen Maße überfremdet“ zu oder stimmen eher zu. Dass der Sozialstaat durch die Ausländer ausgenützt würde, meinten 44 Prozent der Befragten. In dem von mir Zitierten habe ich gesagt, diese Ansichten haben angesichts der Situation in Thüringen keine Entsprechung in der Realität; augenscheinlich aber doch. Das haben wir heute Mittag gemerkt. Mein Kollege Dr. Hahnemann hat das auch thematisiert. In der CDU-Fraktion zumindest werden solche Aussagen unwidersprochen hingenommen. Ich möchte gern jetzt auflösen, woher das Zitat stammt. Ist es vielleicht jemandem aufgefallen? Es stammt aus dem Vortext der Drucksache 4/2696.
Das ist die Drucksache der Großen Anfrage der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag zur Integration in Thüringen. Als ich die Anfrage das erste Mal gelesen habe und das als Beginn, habe ich gedacht, super, jetzt haben wir es geschafft, jetzt gibt es bald eine neue Flüchtlingspolitik. Schade, es ist nicht so.
Meine Damen und Herren, die Fraktionen CDU und SPD haben im Februar 2007 ihre Anfrage eingereicht, die CDU am 12. und die SPD am 20. Februar. Die erste Aussprache zu den Anfragen gab es am 12. Oktober 2007, also vor etwas mehr als einem Jahr, heute ist der 12. Dezember 2008. Wenn die Opposition solche Dinge benennt, ist es meistens so, dass sie der Landesregierung oder der Regierungsfraktion vorwerfen möchte, man hätte etwas hinausgezögert. Das ist in dem Fall nicht so. Ich finde es ausdrücklich begrüßenswert, bin sehr froh darüber, dass sich so lange Zeit genommen wurde, um über diese beiden Anfragen und die Antworten zu reden. Ich meine, dass neben den Flüchtlingsprotesten Anfang dieses Jahres und im Sommer in Katzhütte und Gehlberg auch diese beiden Anfragen und die Arbeit des Gleichstellungsausschusses dafür gesorgt haben, dass es eine sachliche und ausführliche Debatte hier im Landtag gab, und auch dafür gesorgt haben, dass es eine Sensibilisierung in der Öffentlichkeit gegeben hat und dass sich der Stellenwert von Flüchtlingspolitik in Thüringen verbessert hat. Es hat jetzt einen besseren Stellenwert, über Flüchtlingspolitik zu sprechen. Dafür bin ich
dankbar, aber ich kann nicht unerwähnt lassen, nochmals zu wiederholen, wie enttäuscht ich darüber bin, wie mit unseren Anträgen zur Flüchtlingspolitik umgegangen wurde. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das Gesetz zur Änderung des Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes und weiterer verwaltungsrechtlicher Vorschriften wurde von der Landesregierung als Gesetzentwurf unter der Drucksache 4/4238 am 25. Juni 2008 in den parlamentarischen Gang gebracht. Der Landtag hat in seiner 88. Sitzung am 4. Juli 2008 das Gesetz in erster Beratung besprochen und die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Innenausschuss beschlossen. Abgelehnt wurde die Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten.
Der Innenausschuss hat in seiner Beratung am 7. November 2008 einstimmig eine schriftliche Anhörung beschlossen, und zwar zum Gesetzentwurf der Landesregierung und zum Änderungsantrag der CDUFraktion in der Vorlage 4/2425. Die Anzuhörenden hatten bis zum 1. Dezember Zeit, sich zum Gesetzentwurf zu äußern. Es haben sich auch einige Anzuhörende geäußert, z.B. der Thüringer Rechnungshof, der Gemeinde- und Städtebund, der Thüringische Landkreistag. Diese drei haben einheitlich die von der CDU-Fraktion vorgeschlagene herabgesetzte Mindestgebühr von 23 € auf 10 € kritisch bedacht bzw. die Ablehnung dieser Änderung empfohlen. Darüber hinaus hat der Thüringische Landkreistag die Möglichkeit zur Bildung eines Vollstreckungszweckverbandes abgelehnt. Nichtsdestotrotz hat der Innenausschuss in seiner Beratung am 5. Dezember mehrheitlich beschlossen - die Beschlussempfehlung hat die Drucksachennummer 4/4707 und die Beschlussempfehlung lautet, ich zitiere: „Der Gesetzentwurf wird mit folgenden Änderungen angenommen: In Artikel I Nr. 18 d) wird die Angabe ‚23 Euro’ durch die Angabe ‚zehn Euro“ und die Angabe ‚200 Euro’ durch die Angabe ‚100 Euro’ ersetzt.“ Danke.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich zu unseren Anträgen inhaltlich und auch politisch zu sprechen komme, möchte ich auf einen formalen Fehler hinweisen, den es in der Drucksache 4/4521 gibt in Punkt 9, da steht am Ende: „Die Zustimmung erfolgt ohne Beschränkung nach § 13 Aufenthaltsgesetz.“ Hier hat sich ein Fehler eingeschlichen, es muss richtig heißen: Die Zustimmung erfolgt ohne Beschränkungen nach § 13 Beschäftigungsverfahrensordnung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Präsidentin, es ist schon eine Strafe, meiner Vorrednerin zuhören zu müssen und ich weiß,
dass einige meiner Fraktionskollegen nur aus Solidarität mit Flüchtlingen
und auch mit mir persönlich im Raum geblieben sind. Es ist wirklich nicht zumutbar, was wir uns hier wieder anhören mussten.
Die Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag hat mit ihren drei Anträgen parlamentarische Initiativen im Sinne einer menschenrechtsorientierten Flüchtlingspolitik in Thüringen vorgelegt. Wir haben uns sehr genau überlegt, was wir beantragen, und zwar mit der Annahme, dass im Zuge der Debatten des vergangenen Jahres, die es gegeben hat, es bei dieser Form der Anträge auch für die CDU unmöglich sein würde, diese Dinge ohne Debatte einfach abzubügeln. Ihr Antrag aber zielt genau in eine andere Richtung. Ich finde das sehr bedauerlich und ich weiß auch gar nicht, wie Sie das vertreten können. Gehört habe ich dazu jetzt bei Frau Stauche auch nichts.
Wir fordern nicht, meine Damen und Herren, die Abschaffung der Gemeinschaftsunterkünfte. Wir fordern nicht, was ja unsere weitestgehende Forderung ist, die Abschaffung der diskriminierenden Sondergesetzgebung, nämlich des Asylbewerberleistungsgesetzes für Flüchtlinge. Unser Ziel war es, ein Maß
nahmepaket vorzulegen, bei dem sich zumindest einer Debatte auch die restriktivste Fraktion hier im Haus nicht verweigern kann. Sie verweigern die Debatte. Auf Ihren sogenannten Alternativantrag werde ich am Ende noch eingehen.
Ich möchte beginnen mit unseren Vorschlägen, mit einigen Schwerpunkten in unserem Gesetzentwurf zur Dritten Änderung des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes. Bisher steht in dem Gesetz, die Landkreise und kreisfreien Städte sollen die in § 1 genannten Personen in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften unterbringen. Wir beantragen eine Erweiterung dieser Formulierung um andere Formen der Unterbringung, nämlich die Einzelunterbringung und Formen des betreuten Wohnens. Wir beantragen damit nicht, Frau Stauche - jetzt ist sie weg -, die Gemeinschaftsunterkünfte abzuschaffen. Wir sind auch nicht mit unserem Antrag rechtswidrig, sondern im Gegenteil, wir wollen, dass die Landesgesetzgebung dem Bundesrecht entsprechend angepasst wird. In § 53 des Asylverfahrensgesetzes steht, dass bei der Abwägung der Unterbringung sowohl öffentliche Belange als auch die Interessen der Ausländer zu berücksichtigen sind.
Diese Formulierung fehlt im Landesgesetz, im Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz, und das ist auch der Grund, warum beispielsweise in Sömmerda nur 1,8 Prozent der Flüchtlinge in dezentralen, also Einzelwohnungen untergebracht sind, weil die Ausländerbehörden bzw. die Landkreise und kreisfreien Städte immer darauf verweisen, dass sie gar keine Entscheidungskompetenz hätten, weil im Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz steht, es gibt nur die Regelform der Gemeinschaftsunterbringung. Bundesrecht bricht aber Landesrecht, insofern haben Sie recht. Aber es wäre auch hilfreich gewesen, Sie hätten sowohl unseren Antrag mal gelesen als auch das geltende Bundesrecht.
Den Eindruck konnte man bei Ihrer Rede eben nicht gewinnen.
Etwa die Hälfte der in Thüringen untergebrachten Flüchtlinge ist inzwischen nicht mehr in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht und auch insofern dürfte es Ihnen gar nicht so wehtun, wenn Sie mal die Thüringer Gesetzgebung der Realität anpassen würden.
Wir haben, wie gesagt, den Absatz, dass sowohl öffentliche Interessen, die haben wir näher definiert in unserem Antrag, nämlich zu den öffentlichen Inte
ressen zählen für uns selbstverständlich auch Aspekte der Integration und des sozialen Ausgleichs, die Wahrung der Grund- und Menschenrechte oder administrative Gesichtspunkte. Klar, dass diese Dinge zu berücksichtigen sind, ergänzt um die Belange des Ausländers.
Ich möchte Ihnen zitieren aus einer Studie eines Equal-Projekts in Nordrhein-Westfalen, in dem ziemlich gut beschrieben ist, was Gemeinschaftsunterbringung bewirken kann. Ich zitiere: „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Lebens- und Unterbringungsbedingungen in vielerlei Hinsicht von den Vorstellungen eines ‚normalen Lebens’, wie es die Mehrzahl der Bevölkerung der Aufnahmegesellschaft führt, abweichen. Bedenkt man, dass ein ‚normales Leben’ eines Flüchtlings durch Wohnen in beengten Räumen, in mit baulichen Mängeln behafteten Gebäuden, unter finanziell eingeschränkten Bedingungen, mit begrenzter Bewegungsfreiheit, eingeschränktem Besuchsrecht, eingeschränkter Privatsphäre, in unfreiwilliger Gemeinschaft mit Menschen unterschiedlicher Herkunft und Sprache gekennzeichnet ist, so zeigt sich, dass hier eine Reihe von Beschränkungen eigener Handlungs-, Entfaltungs- und Selbstbestimmungsmöglichkeiten bestehen. Diese mögen in einer kurzen, zeitlich begrenzten Ausnahme- und Übergangssituation als zumutbar betrachtet werden, wirken sich aber bei längerem Aufenthalt als permanente Stressoren negativ auf die gesundheitliche Situation aus.“ Gemeinschaftsunterbringung, wie wir sie in der überwiegenden Mehrheit der Gemeinschaftsunterkünfte in Thüringen haben, macht krank. Und Sie nehmen das billigend in Kauf. Manchmal habe ich den Eindruck, es bereitet Ihnen auch ein klein wenig Freude, Frau Stauche, dass es den Menschen so schlecht geht.
Ich habe gerade einen Eindruck meinerseits beschrieben, das darf ich, glaube ich. Selbst der Ausländerbeauftragte der Thüringer Landesregierung, Herr Peters - ich bin froh, dass Sie heute zur Debatte hier sind -, hat in der Anhörung des Gleichstellungsausschusses von Gemeinschaftsunterkünften als Notlösungen gesprochen.
Ich werde nicht alle unsere Punkte aus dem Gesetzentwurf vortragen, sondern nur einige ausgewählte, zum Beispiel auch den Punkt 1 d unseres Gesetzentwurfs. Hier geht es nämlich darum, dass
Menschen, die voraussichtlich oder tatsächlich länger als ein Jahr in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden, unter bestimmten Ausschlusskriterien automatisch dann in Einzelformen des Wohnens untergebracht werden können. Frau Stauche, Sie haben gesagt, dass die Menschen nach einem halben oder Dreivierteljahr wieder weg sind. Ich würde gern wissen, ob Sie das zahlenmäßig belegen können. Ich weiß nämlich, dass die Mehrheit der Flüchtlinge, die in Thüringen in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, erheblich länger als ein Jahr, manchmal sogar acht, neun, zehn, zwölf Jahre in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind - in dieser ausgrenzenden Situation am Rande von Landkreisen und in schlimmen baulichen Zuständen. Und das kann einfach auch nicht das Leitbild einer christlich definierten Fraktion sein, die morgens immer erst betet, bevor sie die Zeitung aufschlägt.
Es ist einfach - jetzt kriege ich wieder einen Ordnungsruf - eine Schweinerei, wie hier mit Menschen umgegangen wird. Frau Stauche, Sie haben gesagt, es sei unbezahlbar für die Landkreise und kreisfreien Städte. Ich weiß nicht, Frau Leukefeld, ist Suhl inzwischen pleite gegangen, weil die Unterbringungssituation dort unbezahlbar wäre? Ich glaube, das ist nicht der Grund, warum Suhl eventuell finanzielle Schwierigkeiten hat.
Wir beantragen weiterhin in unserem Gesetzentwurf, dass das für Ausländer- und Asylrecht zuständige Ministerium ermächtigt wird, eine Rechtsverordnung zu Art, Umfang und Ausstattung der Unterbringungsformen sowie zu Grundsätzen der Versorgung und der sozialen Betreuung zu erarbeiten. Das ist ein Satz, der bisher auch schon im Flüchtlingsaufnahmegesetz steht. Wir wollen zusätzlich einfügen, dass Flüchtlings- und Wohlfahrtsorganisationen bei der Erarbeitung dieser Rechtsverordnung einbezogen werden. Bisher, obwohl es im Gesetz stand, ist keine Rechtsverordnung erlassen worden, was es auch Landkreisen einfach gemacht hat, die Billiganbieter für die Unterkünfte zu verpflichten. Bisher gibt es lediglich ein vom Landesverwaltungsamt erstelltes Musterblatt, das man an die Verträge als Anlage anhängen kann.
Wir beantragen des Weiteren, den § 6 im Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz, der das Benutzungsverhältnis und die Gebühren und Erstattungspflichten regelt, zu ändern, weil die Absätze 2 bis 5 einfach absurd sind. Die sind rechtswidrig und, wie wir wissen, nicht gerichtsfest. Ich will Ihnen das an einem Beispiel erläutern. In Eisenach lebte in der Gemeinschaftsunterkunft eine Familie mit vier Kindern. Der Familienvater verfügte durch Erwerbsarbeit über ein eigenes Einkommen. Im April 2005 war der Stand
so, dass der Kläger - also der Flüchtling hat sich gegen diese Gebühren gewehrt - mit seiner Familie eine Wohnung in der Gemeinschaftsunterkunft mit einer Wohnfläche von 46,40 m² bewohnt hat. Laut dem Mietspiegel der Stadt Eisenach würden auf dem Wohnungsmarkt für eine modernisierte Wohnung in einem guten Zustand in vergleichbarer Größe Mietkosten in Höhe von 208,80 € anfallen mit einem Quadratmeterpreis von 4,49 €. Der Flüchtling musste in der Gemeinschaftsunterkunft, wo wir alle wissen, dass es mit einer modernisierten Wohnung in einem guten Zustand nicht zu vergleichen ist, Miete in Höhe von 525 € bezahlen. Das entspricht einem Quadratmeterpreis über 11 €.
Im August 2005 hat sich die Situation noch einmal geändert. Da wohnte die Familie dann auf 76 m², musste 633,37 € bezahlen. Eine vergleichbare Wohnung in Eisenach hätte 284 € gekostet. Der Familienvater hat sich gewehrt. Vor Gericht wurde durchgesetzt, nämlich am Verwaltungsgericht in Gera, dass die Familie in eine Wohnung umziehen darf. Vom Sozialgericht in Gotha wurde festgelegt, dass die Ausländerbehörde die gezahlten Nutzungsentgelte zurückzahlen muss. Eine absurde Regelung, wie sie im Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz bisher steht. Wir wollen dies streichen.
Zu unserem Antrag für eine menschenrechtsorientierte Flüchtlingspolitik in Thüringen: Gleich im ersten Punkt beziehen wir uns auf eine viel beklagte Regelung, nämlich die Residenzpflicht. Seit Jahren fordern Flüchtlingsorganisationen, dass die Residenzpflicht abgeschafft werden muss, gerade wenn man die Situation der in Thüringen untergebrachten Flüchtlinge sieht, wovon viele in den Landkreisen ganz abgelegen wohnen müssen. Wir wollen die Rechtsverordnung so gestalten, dass das Gebiet des Freistaats Thüringen das Gebiet sein soll, wo sich Flüchtlinge, unabhängig, in welchem Landkreis sie untergebracht sind, vorübergehend aufhalten können. Wir haben uns dabei orientiert an dem Modell der Regierungsbezirke in Hessen. Sie wissen alle ganz genau, Hessen ist nicht linksregiert, trotzdem haben dort die Flüchtlinge die Möglichkeit, sich innerhalb der Regierungsbezirke - ich denke, es sind vier - bewegen zu dürfen.
In der öffentlichen Anhörung, die der Gleichstellungsausschuss am 13. März durchgeführt hat, ist auch auf die Residenzpflicht von mehreren Anzuhörenden eingegangen worden. Im Bericht dazu kann man lesen, dass die Residenzpflicht ein sehr großes Problem darstelle mit der Begründung ursprünglich, man müsse während des Asylverfahrens Zugriff auf die
Asylbewerber haben. Aber es wurde von den Anzuhörenden auch gesagt, dass diese Residenzpflicht ein Rassismus beförderndes Mittel sei, zum Beispiel - ich will das hier zitieren - „Die Regelung der Residenzpflicht und das Polizeiaufgabengesetz hielten die Polizei an, auf Bahnhöfen und öffentlichen Plätzen alle fremdländisch aussehenden Personen zu kontrollieren. Beobachter solcher Kontrollen, also Passantinnen und Passanten, unterstellen dann Straftaten, Rassismus wird durch solches Handeln verstärkt.“ - also eine Rassismus befördernde Regelung zusätzlich zu den Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit, die Flüchtlinge durch die Residenzpflicht hinnehmen müssen.
Ein weiteres Beispiel für die Absurdität dieser Residenzpflicht ist das eines Abiturienten aus Arnstadt, wohnhaft in der Gemeinschaftsunterkunft in Gehlberg im Ilm-Kreis. Er gehörte zu einem der Besten seiner Abiturklasse und wollte gern in Jena studieren. Er hatte ein Stipendium zugesagt, den Studienplatz zugesagt, konnte aber nicht in Jena studieren, da die Ausländerbehörde nicht bereit war, die Residenzpflicht für dieses Studium zu lockern. Inzwischen ist das Asylverfahren der Familie abgeschlossen und sowohl seine Eltern als auch er selbst hatten nichts Besseres und nicht Eiligeres zu tun, als das Land Thüringen zu verlassen. Wer sollte es ihnen verübeln?
Wir wollen in Punkt 2 unseres Antrags zwei Sätze streichen aus der Thüringer Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes, die nämlich noch angelehnt sind an eine Fassung des Asylbewerberleistungsgesetzes, die schon 1997 geändert wurde. Der in § 3 Asylbewerberleistungsgesetz geregelte Vorrang für Sachleistungen wurde zum 1. Juni 1997 gelockert. Leistungsgewährung in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen sind nach diesem Gesetzestext des Asylbewerberleistungsgesetzes gleichrangig zu bewerten.
Nichtsdestotrotz steht selbst 2008, 11 Jahre nach dieser Änderung, immer noch in den Thüringer Verwaltungsvorschriften drin, dass Kommunen, die dem Flüchtling Bargeld gewähren wollen, vorher das Landesverwaltungsamt um Erlaubnis fragen müssen. Diese Formulierung ist rechtswidrig. Deswegen wollen wir sie streichen. Wir haben schon im vorigen Jahr einen sehr wichtigen Hinweis von der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Ausländerbehörden, genau die Zahlungen der Leistungen in Form von Bargeld betreffend, bekommen. Am Beispiel der Stadt Jena, wo sich der Stadtrat für die Bargeldleistungen ausgesprochen hatte, kann man sehen, dass das Landesverwaltungsamt dieses abgelehnt hat. Ich finde es schade, dass sich Jena da nicht gerichtlich gewehrt hat. Ich glaube, die Stadt Jena hätte diesen
Prozess gewonnen und könnte inzwischen Bargeld an Flüchtlinge auszahlen.
Wir wollen im Punkt 4.1, im Kapitel „Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt“ Änderungen vornehmen. Wir wollen die Formulierungen klarer fassen, weil wir glauben, dass die im Bundesgesetz beschriebenen Leistungen offensichtlich durch einige Ausländerbehörden nicht verständlich genug aufgeschrieben sind bzw. der durch die Thüringer Verwaltungsvorschrift gebotene Spielraum einer restriktiven Auslegung genutzt werden kann. Das wollen wir einschränken. Wir wollen, dass ganz klare Formulierungen in der Verwaltungsvorschrift sind, damit Flüchtlinge die medizinischen Leistungen erhalten, die ihnen auch tatsächlich zustehen, die menschenrechtlich auch geboten sind. Beispielsweise damit Flüchtlingskinder, die ein Loch im Zahn haben, nicht den Zahn gezogen bekommen, weil das ein paar Euro billiger ist, sondern das Recht darauf haben, dass dieser Zahn behandelt wird.
Wir wollen weiterhin die Verteilung nach der Thüringer Flüchtlingsverteilungsverordnung in der Hinsicht ändern, dass nicht mehr nach vorgegebenen Zahlen bzw. Quoten Flüchtlinge in Thüringen verteilt werden, sondern dass sowohl kulturelle als auch soziale Kriterien beachtet werden können und sich die Kreise und kreisfreien Städte gemeinsam mit dem Landesverwaltungsamt und in Abstimmung mit kommunalen Spitzenverbänden, Wohlfahrtsorganisationen und Flüchtlingsorganisationen über die Verteilung von Flüchtlingen in Thüringen einigen können.
Zu unserem Punkt 4, der Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen, wird sich eine meiner Kolleginnen noch äußern. Die Punkte bzw. Kriterien, die wir für eine Bleiberechtsregelung vorschlagen, sind Ihnen hinlänglich bekannt, das haben wir schon öfter hier im Landtag beantragt. Wir glauben, dass es falsch ist, eine Stichtagsregelung zum 1. Juli 2007 festgelegt zu haben. Wir wollen eine gleitende Altfallregelung, die auch Flüchtlinge dann betrifft, die nach dem 1. Juli 2007 die Kriterien erfüllen. Bekannt ist Ihnen, dass wir eine geringere Anzahl an Jahren des Aufenthalts hier fordern und dass wir auch soziale Komponenten in die Bleiberechtsregelung einbringen wollen.
Zu Punkt 6, den verbindlichen Verwaltungshinweisen zum Umfang des Schutzes nach Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention: Bisher gibt es keine solche verbindlichen Verwaltungshinweise. Und nach Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der das Recht auf Privat- und Familienleben vorschreibt, greift bei Menschen mit langjährigem Aufenthalt eine erzwungene Aufenthaltsbeendigung in eben dieses Recht ein, so dass Abschiebungen in solchen Fällen nur unter ganz engen Voraussetzun
gen zulässig sind. Als faktisch integriert gelten nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte insbesondere Menschen, die einen Großteil ihres Lebens hier bzw. in einem der europäischen Länder verbracht haben, die gesellschaftlich integriert sind und keine schweren Straftaten begangen haben. Dies trifft im Regelfall, meine Damen und Herren, auf hier geborene bzw. hier aufgewachsene Kinder und Jugendliche zu, deren Abschiebung nach erfolgter Integration in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig sei, so der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. In Expertenkreisen ist diese Thematik bekannt als Verwurzelungsproblematik.
Wir beantragen weiterhin ein Bildungsprogramm für Beschäftigte sowohl in der Flüchtlingssozialarbeit in den Unterkünften und in den Ausländer- und Sozialbehörden. Der Gleichstellungsausschuss geht in seinem Bericht noch ein bisschen darüber hinaus und möchte auch die Mitarbeiter in den ARGEn für ein solches Bildungsprogramm, Fortbildungsprogramm zugänglich machen. Wir wollen, dass dem Landtag von der Landesregierung bis zum März nächsten Jahres ein Konzept für ein landesweites Beratungsnetzwerk für Flüchtlinge vorgelegt wird. Ein landesweites Beratungsnetz wäre gar nicht zwingend geboten, wenn die Verteilung der Flüchtlinge anders geregelt wäre. Wenn nämlich Flüchtlinge in den Städten untergebracht würden, dann wäre zumindest die Erreichbarkeit von Beratungsangeboten gegeben, aber das wollen Sie ja nicht, meine Damen und Herren.
Außerdem wollen wir einen verbindlichen Erlass zur Beschäftigungsverfahrensverordnung auf den Weg bringen. Hintergrund dessen ist, dass in einigen Ausländerbehörden langjährig gestattete und geduldete Menschen immer noch keinen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, dass Anträge darauf, arbeiten zu dürfen, immer noch abgelehnt werden. Anscheinend ist den Behörden das Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes im Jahr 2007 irgendwie verborgen geblieben. In der Begründung zu dem Gesetzentwurf hat nämlich die Bundesregierung ausgeführt, ich zitiere: „Ungeachtet der weiterhin bestehenden Ausreisepflicht sollen diejenigen Ausländer mit § 2 Abs. 1 privilegiert werden, die ihre Ausreisepflicht nicht rechtsmissbräuchlich vereitelt haben. Nach Einschätzung des Gesetzgebers kann auch im Hinblick auf die Änderung der Beschäftigungsverfahrensordnung bei einem Voraufenthalt von vier Jahren davon ausgegangen werden, dass bei den Betroffenen eine Aufenthaltsperspektive entsteht, die es gebietet“ - so der Bundesgesetzgeber - „Bedürfnisse anzuerkennen, die auf eine bessere soziale Integration gerichtet sind.“
Zum Punkt 10 unseres Antrags nur ganz kurz: Wir wollen, dass die Landesregierung im Bundesrat bei
der Beratung des sogenannten Gendiagnostikgesetzes darauf hinwirkt, dass der Schutz der persönlichen Informationen aus genetischem Material lückenlos auch für Menschen mit Migrationshintergrund gilt und nicht Flüchtlinge und Menschen im Asylverfahren beispielsweise von diesem Schutz ausgeschlossen sind.
Das sind unsere Anträge, meine Damen und Herren. Wir dachten, die CDU würde sich nicht einer sachlichen Debatte verweigern. Sie wissen ja selbst, was in diesem Jahr alles passiert ist, angefangen im Januar mit Protesten von Bewohnerinnen der Gemeinschaftsunterkunft in Katzhütte, im Sommer dann schlossen sich Flüchtlinge aus der Gemeinschaftsunterkunft in Gehlberg im Ilm-Kreis den öffentlichen Protesten an. Wir hatten auch hier im Haus ausführliche Debatten beispielsweise im Gleichstellungsausschuss. In zehn Sitzungen hat sich der Gleichstellungsausschuss mit den Großen Anfragen der CDUFraktion und der SPD-Fraktion zur Flüchtlingspolitik beschäftigt. Ich habe die Öffentliche Anhörung im März schon erwähnt. Hier waren über 20 Anzuhörende angefragt, 18 haben sich dann entweder in schriftlichen oder auch mündlichen Stellungnahmen geäußert. Insbesondere die Punkte, die wir in unseren Anträgen verarbeitet haben, wurden in dieser Anhörung angesprochen.
Mit Ihrem sogenannten Alternativantrag, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, düpieren Sie diese Expertenstellungnahmen. Sie ignorieren völlig, was dort an Problemen vorgetragen wurde. Sie ignorieren völlig, was dort an Lösungsvorschlägen vorgetragen wurde. Ihr Antrag ist, gelinde gesagt, eine Unverfrorenheit. Ich finde, Sie sollten sich dieses Antrags wirklich schämen.
Es ist ein formaler Trick, damit Sie unseren Antrag für eine menschenrechtsorientierte Flüchtlingspolitik nicht abstimmen müssen. Wir wollten nach einer Überweisung und Behandlung in verschiedenen Ausschüssen, nämlich dem Innenausschuss, dem Gleichstellungsausschuss und dem Justizausschuss, konkret über die einzelnen Punkte mit Ihnen streiten. Wir wollten auch konkret einzelne Punkte einzeln abstimmen lassen. Das haben Sie vorausgesehen; dem verweigern Sie sich. Ihren Antrag, wenn es nicht so traurig wäre, müsste ich ihn als lächerlich bezeichnen. Aber man kann es so nicht nennen, es ist traurig.
Sie schreiben, was wünschenswert wäre, z.B. die Rechtsverordnung für die Mindeststandards. Wenn Sie sich das wünschen, dann könnten Sie dem entsprechenden Punkt in unserem Antrag zustimmen, aber das widerstrebt Ihnen. Sie wollen Prüfungen, die überhaupt nicht mehr nötig sind nach der ganzen Debatte in diesem Jahr. Ihr sogenannter Alternativan
trag gehört - na ja - auf den Müllhaufen in diesem Landtag, er ist noch nicht einmal ein Schaufensterantrag, meine Damen und Herren.
Danke, Frau Präsidentin. Es wird mir leichtfallen, mich zu mäßigen, ich bin nämlich gleich am Ende.
Ich möchte fünf Abgeordnete der CDU-Fraktion noch einmal ganz persönlich ansprechen und Sie einfach zum Umdenken anregen. Das sind die Mitglieder oder ehemaligen Mitglieder des Gleichstellungsausschusses. Herr Panse, Herr Abgeordneter Grüner, Frau Lehmann, Frau Tasch und das ehemalige Mitglied des Ausschusses Frau Lieberknecht, jetzt Ministerin, gerade Ihnen müsste die Schamesröte ins Gesicht steigen mit Blick auf Ihren sogenannten Alternativantrag. Ich kann Sie eingedenk der Diskussionen im Gleichstellungsausschuss und auch der gemeinsamen Empfehlung, die sie dort einstimmig beschlossen haben, nur noch mal dringend ersuchen, diesen Antrag zurückzuziehen und sich einer sachlichen Debatte zu unseren vorgeschlagenen Änderungen in der Flüchtlingspolitik nicht zu verweigern. Vielen Dank.
Frau Abgeordnete Pelke, glauben Sie, dass es einen Unterschied macht, ob Menschen in ihrem Urlaub freiwillig in ein Gebiet des Thüringer Waldes fahren, um dort Urlaub in Bungalows zu verbringen, als dass 15 oder mittlerweile 18 Jahre später Menschen in eben denselben Bungalows, die kaum saniert sind, gezwungen sind, ihr gesamtes Leben dort zu verbringen?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich möchte einmal reagieren auf die Anfrage der Kollegin Stauche, wie es denn kommt, dass eine Ärztin aus Russland bei uns Asyl sucht. Frau Stauche, ist Ihnen nicht bekannt, dass die politische Opposition in Russland der Verfolgung ausgesetzt ist? Vielleicht empfiehlt sich die Zeitungslektüre. Sie werden mit Sicherheit einen weltberühmten Schachspieler finden, der aufgrund seiner Oppositionstätigkeit in Haft genommen wurde, oder vielleicht stößt Ihnen auch der Fall der ermordeten Journalistin auf. Diese Ärztin ist bestimmt nicht aus materiellen Gründen hierhergekommen, sondern weil sie tatsächlich verfolgt wird.
Sehr geehrte Kollegin Meißner, ich hatte einen juristisch wohl formulierten Beitrag Ihrerseits zum Thema Kommunalwahlrecht für Drittstaatenangehörige erwartet und bin nicht enttäuscht worden. Natürlich haben Sie aber Dinge gesagt, die man auch anders auslegen kann. Wir haben uns ja in der Begründung unseres Antrags darauf bezogen, dass mittlerweile
in 16 europäischen Ländern unter unterschiedlichen Voraussetzungen die Wahlmöglichkeiten für NichtEU-Bürger und -Bürgerinnen ermöglicht worden sind. Meine ganz persönliche Überzeugung ist, dass eine mangelnde Wahlbeteiligung kein Grund ist, das Wahlrecht in diesen Ländern wieder abzuschaffen bzw. hier bei uns gar nicht erst einzuführen. Ich denke, Demokratie muss erlernt werden und man muss auch zu Beginn einer solchen Neuregelung damit rechnen, dass die Leute sich zunächst einmal schwer tun.
1993 wurde auf europäischer Ebene das Programm eines einheitlichen Binnenmarkts und Sozialraums verabschiedet. Dieses wird bis heute versucht einzuhalten und durchzusetzen, mit verschiedenen Regelungen auf nationalstaatlicher Ebene umzusetzen, und ich denke, das müsste auch für demokratische Rechte gelten. 1972 hat die Bundesrepublik Deutschland ein in einer Anhörung des Deutschen Bundestags im September benanntes großes Experiment gewagt, nämlich, da wurde auf betrieblicher Ebene den Ausländerinnen und Ausländern das volle aktive und passive Wahlrecht eingeräumt. In der Anhörung hat der Experte von der Uni Münster dazu ausgeführt, dass die volle Partizipation hier volle Integration und optimale Ergebnisse ermöglicht. Sowohl dieser Experte als auch meine Fraktion und, ich glaube, auch die Fraktion der SPD hier in Thüringen und die rheinland-pfälzische SPD sind der Meinung, dass dies auch für die Demokratie auf kommunaler Ebene gelten sollte.
Frau Meißner, Sie haben Kriterien benannt am Beispiel der Einbürgerung, ab wann man wählen darf, nämlich die vollständige Integration, die deutsche Sprache und die Berufstätigkeit. Wenn ich das sehr eng auslege, dann haben Sie gerade Menschen ohne Erwerbstätigkeit die Qualifikation abgesprochen, auf kommunaler Ebene wählen zu dürfen. Ich hoffe, Sie haben sich da versprochen oder Ihr Mitarbeiter hat es Ihnen falsch aufgeschrieben.
Vielleicht noch ein Verweis auf die Regelungen zur Staatsbürgerschaft. Der von mir eben schon benannte Experte von der Uni Münster hat in der Anhörung im Bundestag darauf verwiesen, dass die 1900 eingeführten Regelungen zur Staatsbürgerschaft einer nationalistischen Idee entspringen, dass sie zwar im Bundesrecht immer noch gelten, aber dass Deutschland als Einbürgerungsland und als weltoffenes Land inzwischen sehr viel weiter sein müsste. Deswegen noch mal mein Appell: Stimmen Sie der Überweisung dieses Antrags zu, alternativ, stimmen Sie dem Antrag auf Einführung des Kommunalwahlrechts für Drittstaatenangehörige zu.
Noch mal zur Klarstellung, weil ich das Gefühl habe, es ist nicht deutlich genug von mir gesagt worden. Wir beantragen, das gesamte Paket an den Innen
ausschuss, den Gleichstellungsausschuss und den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zu überweisen, wobei wir die Federführung beim Gleichstellungsausschuss sehen möchten. Danke.
Vielen Dank. Ich dachte schon, Herr Scherer, Sie würden nie mehr Luft holen. Sie haben zur Forderung meiner Fraktion, die Rechtsverordnung zum Thema Residenzpflicht zu verfassen und damit die Regelung der Residenzpflicht aufzuweichen gesagt, das würde sich nicht auf bundesrechtlichem Rahmen bewegen.
Meine Frage: Es gibt in Mecklenburg-Vorpommern und in Hessen entsprechende Regelungen, handelt damit zum Beispiel Roland Koch in Hessen rechtswidrig, indem er die Residenzpflicht auf die Regierungsbezirke ausgeweitet hat bzw. diese Regelung nicht anfechtet?
Ich möchte gern den Wissensstand des Ministers ein wenig auf den aktuellen Stand bringen und aus dem Bericht des Gleichstellungsausschusses zitieren.
Dort ist nämlich auf Seite 21 ein Punkt formuliert, den ich jetzt einfach mal vorlese:
„1. Der Ausschuss ist der Ansicht, dass zur Verbesserung der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund Handlungsbedarfe in folgenden Bereichen bestehen: Erarbeitung bzw. so vorhanden Überarbeitung des Integrationskonzeptes für Mig
rantinnen, Migranten und Flüchtlinge; verbesserte Angebote der Sprachförderung unabhängig vom Rechtsstatus, insbesondere auch berufsbezogene Deutschkurse; Mindeststandards der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften und Einzelwohnungen, hierzu als erster Schritt Erlass einer Rechtsverordnung nach § 2 Abs. 4 Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz zu Gemeinschafts- und Einzelunterkünften sowie den Gründsätzen von Versorgung und sozialer Betreuung mit bevorzugter Unterbringung von Familien, Frauen, älteren und traumatisierten Flüchtlingen in Wohnungen bzw. der Sicherstellung und Wahrung von Privatsphäre in den Gemeinschaftsunterkünften; Verbesserung der Information über und Vernetzung der aktuellen Hilfsangebote für Migrantinnen, Migranten und Flüchtlinge; Verbesserung der Anerkennung beruflicher Abschlüsse; Verbesserung der beruflichen Integration“. Ich zitiere jetzt auszugsweise: Anforderungen an die ARGEn und die jeweils zuständigen Behörden des Landes; Fortbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern; Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse; Förderung der interkulturellen Kompetenz in Ämtern und Behörden, besonders auch in ARGEn; stärkere Unterstützung der von Gewalt bedrohten und betroffenen Frauen und Ausbau der Männerberatung; Finanzierung eines psychosozialen Zentrums für Flüchtlinge. Das sind die Punkte, die der Gleichstellungsausschuss mit den Stimmen der Ausschussmitglieder der CDU-Fraktion beschlossen hat.
Ich möchte, wenn ich schon noch einmal hier vorn bin, zum Antrag Kommunalwahlrecht für Drittstaatenangehörige auch noch darauf hinweisen, dass es in der Stadt Gera bereits 2001 einen Beschluss des Stadtrats gegeben hat, sich für dieses Kommunalwahlrecht für Drittstaatenangehörige einzusetzen, und zwar unter der Prämisse, dass die Integration aller Migrantinnen und Migranten in die Gesellschaft eine wesentliche Voraussetzung für ein funktionierendes Gemeinwesen ist. Wenn Sie Interesse haben, meine Damen und Herren, kann ich Ihnen einen Brief des Oberbürgermeisters der Stadt Gera vom Mai 2008 gern zur Verfügung stellen, in dem dieser Beschluss erwähnt ist. Meines Wissens hat mindestens einer der heute hier anwesenden CDU-Landtagsabgeordneten damals auch dem Beschluss zugestimmt. Es würde mich doch sehr wundern, wenn dieser Beschluss jetzt plötzlich für diesen Abgeordneten nicht mehr gelten würde.
Verteilung von Asylbewerbern aus Zentral- und Südafrika
Aus der Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage 2525 in der Drucksache 4/4538 geht hervor, dass von 2003 bis 2008 lediglich 51 Asyl Suchende aus den Ländern Zentral- und Südafrikas nach Thüringen verteilt wurden. Das entspricht einem Anteil von 1 Prozent an der Gesamtzahl der hierher verteilten Flüchtlinge in diesem Zeitraum.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie hoch ist der Anteil von Asyl Suchenden aus Zentral- und Südafrika an der Gesamtzahl der aufgenommenen Flüchtlinge für diesen Zeitraum im Bund und in den anderen Bundesländern?
2. Welche Gründe führen zu einer vergleichsweise geringen Verteilung von Flüchtlingen aus Zentral- und Südafrika nach Thüringen?
3. Welche Vereinbarungen zwischen den Bundesländern oder den Innenministerien liegen der geringen Verteilung von Flüchtlingen aus Zentral- und Südafrika nach Thüringen zugrunde?
Herr Staatssekretär, meines Wissens ist in den Jahren vor 2003 die Anzahl der nach Thüringen verteilten Flüchtlinge aus Zentral- und Südafrika vergleichsweise höher gewesen. Entspricht es der Wahrheit, dass insbesondere der Einsatz von Flüchtlingsselbsthilfeorganisationen für diese Gruppe der Flüchtlinge dazu geführt hat, dass jetzt vergleichsweise nicht mehr sehr viele Flüchtlinge aus Zentral- und Südafrika hierher verteilt werden?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Hütte, Herr Seela erwähnt in seiner Mündlichen Anfrage ja auch, dass es fremdenfeindliche und antisemitische Parolen gegeben hat. Wird denn in diesem Zusammenhang ermittelt?
Vielen Dank.
Urlaubsscheine für Asylbewerber und Asylbewerberinnen
Asylbewerber und Asylbewerberinnen müssen sich zum Verlassen des Zuständigkeitsbereichs der Ausländerbehörde sogenannte Urlaubsscheine durch die zuständige Behörde ausstellen lassen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Gibt es Richtlinien, Verwaltungsvorschriften, Anweisungen o.Ä., in denen für das Land Thüringen geregelt wird, in welchen Fällen Urlaubsscheine erteilt werden können und wann nicht?
2. Gibt es bei den zuständigen Behörden einheitliche Kriterien bei der Vergabe von Urlaubsscheinen, wenn nein, warum nicht?
3. Inwieweit findet eine Überprüfung der Behördenpraxis bei der Vergabe von Urlaubsscheinen statt, gab es Widerspruchs- oder Gerichtsverfahren bei strittigen Fällen und wenn ja, wie wurden diese entschieden?
4. Wie sieht in Thüringen die Verwaltungspraxis aus, wenn Asylbewerber und Asylbewerberinnen einen Urlaubsschein beantragen, um an politischen Aktivitäten teilzunehmen?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Hütte, ich kann lesen, die gesetzlichen Grundlagen sind mir schon bekannt. Die Fragen, die ich stelle, richteten sich nach Erlassen, Anwendungshinweisen etc.
Sie sprachen von einem Erlass vom 14.02.2008, in dem die Ausländerbehörden auf die Schriftform hingewiesen worden sind. Gab es Anlass für diesen Erlass des Innenministeriums? Ich möchte Sie vielleicht noch darauf hinweisen, dass es meines Wissens ein Gerichtsurteil gegeben hat von einem Fall in Gotha im Frühjahr dieses Jahres, also auch die Fälle, die Sie mir in der Antwort auf die Mündliche Anfrage in Drucksache 4/1966 geschildert haben, kann ich lesen. Vielleicht eine Bitte noch: Könnten Sie mir die Verwaltungsvorschrifthandakte zur Verfügung stellen?
Ich hatte im Prinzip alles gesagt. Ich wusste aber nicht, dass Frau Stauche nicht verstanden hat, was ich am 8. Mai in meiner Rede gesagt hatte. Ich hatte am 8. Mai für meine Fraktion beantragt, dass der Gesetzentwurf und die inhaltlichen Erweiterungen, die wir dann noch hätten einbringen wollen, im Sozialausschuss und auch im Gleichstellungsausschuss besprochen werden. Das hat Ihre Fraktion abgelehnt. Ich werde doch nicht so naiv sein, wie ich am 8. Mai noch war, und dann im Innenausschuss, wo die restriktivsten aus Ihrer Fraktion sitzen, inhaltliche Änderungsanträge einbringen, wo ich ganz genau weiß, dass sie da nicht einmal gelesen, sondern direkt weggestimmt werden.
Ich möchte noch eine Irritation aufklären. Ich habe vorhin gesagt, dass es sich um formale Anpassungen an Bundesrecht handelt, dass eigentlich nichts dagegen spräche, habe mich dann versprochen. Ich wollte nicht sagen, meine Fraktion lehnt das Gesetz ab, sondern wir werden ihm nicht zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Peters, ich freue mich, dass Sie da sind. Ich würde mir das öfter wünschen.
Ich möchte meinen kurzen Beitrag mit einem Zitat beginnen und werde am Ende meines Beitrags auch sagen, wen ich da zitiert habe. Vielleicht fällt es Ihnen ja zwischendurch auch selbst auf. Also ich zitiere: „Es ist wichtig, die Situation der Ausländer, Spätaussiedler und anderer Gruppen mit Migrationshintergrund in Thüringen aus der Perspektive der Integrationspolitik zu analysieren und die vorhandenen integrationspolitischen Instrumente zu prüfen, um etwaige Defizite zu erkennen und daraus gegebenenfalls Schlussfolgerungen abzuleiten.“
Zu den verschiedensten Gelegenheiten werden immer wieder von Flüchtlingsorganisationen, von Flüchtlingen selbst, von den Mitgliedern der Opposition hier in Thüringen die Missstände in der Thüringer Flüchtlingspolitik bemängelt und benannt. Immer wieder gab es auch in diesem Hause Forderungen nicht nur meiner Fraktion, bezogen zum Beispiel auf die Leistungsgewährung und Unterbringung. Auch im vergangenen Jahr haben wir uns hier im Haus mit der Flüchtlingspolitik beschäftigt, zum Beispiel auch im Herbst 2007 auf Initiative der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Ausländerbeauftragten. Sie erinnern sich, es ging damals um die Leistungsgewährung in Form von Bargeld. Aktuell wandert immer wieder durch die Öffentlichkeit der Begriff Katzhütte. Sie wissen alle, wie schlecht es um den Zustand und die Lebensbedingungen in der Gemeinschaftsunterkunft in Katzhütte steht. Katzhütte ist aber nur
eines von vielen Beispielen in Thüringen im Hinblick auf unmenschliche Unterbringungssituationen, in denen Flüchtlinge leben müssen.
Jetzt, meine Damen und Herren, sehe ich oder sieht meine Fraktion die Gelegenheit, das Flüchtlingsaufnahmegesetz nicht nur formal an auf der Bundesebene getroffene Entscheidungen anzupassen, sondern auch inhaltlich zu verändern und damit die Flüchtlingspolitik in Thüringen inhaltlich zu verändern. Warum sehen wir jetzt die Gelegenheit? Wir haben erst kürzlich, im Oktober, hier im Landtag die Großen Anfragen der CDU- und der SPD-Fraktion beraten. Einstimmig hat dieses Haus beschlossen, diese Anfragen im Gleichstellungsausschuss weiterzuberaten. Ich bin den Abgeordneten Walsmann und Lieberknecht außerordentlich dankbar, dass sie im Gleichstellungsausschuss eine öffentliche Anhörung zur Auswertung dieser Großen Anfragen beantragt haben und dass diese öffentliche Anhörung auch durchgeführt wurde am 13. März. Mein Eindruck in dieser öffentlichen Anhörung war, dass die Ergebnisse selbst für die anwesenden CDU-Abgeordneten bestürzend waren. Zumindest konnte man das teilweise aus den bestürzten Gesichtern ablesen.
Ich möchte jetzt auflösen, von wem das Zitat stammte, das ich eingangs zitiert habe. Sind Sie selbst schon darauf gekommen? Es war ein Zitat der Abgeordneten der CDU, Frau Stauche, und zwar hat sie diesen Satz am 12. Oktober hier im Thüringer Landtag gesagt. Ich sage noch mal den letzten Teil. Frau Stauche sagte, man müsse die vorhandenen Instrumente prüfen, um etwaige Defizite zu erkennen und daraus gegebenenfalls Schlussfolgerungen abzuleiten. Ich kann nur hoffen, dass Sie, sehr geehrte Damen und Herren der Fraktion der CDU, insbesondere die Abgeordneten Grüner, Frau Lieberknecht, Frau Tasch und Frau Walsmann, die anwesend waren bei der öffentlichen Anhörung, aber auch Frau Stauche, die zuständig ist für das Thema „Flüchtlingspolitik“, die richtigen Schlüsse aus dem Ergebnis der Anhörung ziehen und dass Sie in der Auswertung der Anhörung, die in einer der nächsten Sitzungen des Gleichstellungsausschusses stattfinden soll, die Ergebnisse der Anhörung nicht aus ideologischem Kalkül wieder zurechtbiegen und sagen, mit der Flüchtlingspolitik in Thüringen sei alles in Ordnung.
Weil das Thema gerade inhaltlich im Gleichstellungsausschuss sehr intensiv behandelt wird, beantrage ich für meine Fraktion die Überweisung des Gesetzentwurfs, den wir noch mit verschiedenen Anträgen versuchen wollen zu verändern, an den Gleichstellungsausschuss, der die Federführung haben soll. Außerdem wollen wir den Gesetzentwurf gern im Innenausschuss und selbstverständlich auch im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit behan
deln. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! „Wenn wir aufhören, die Demokratie zu entwickeln, fängt die Demokratie an aufzuhören“. Das steht auf dieser Infobroschüre des Volksbegehrens und ich glaube, Herr Mohring, bei Ihnen, bei Ihrer Fraktion und auch bei der Thüringer Landesregierung ist es schon so weit. Wir können nur hoffen, dass 2009 damit Schluss gemacht wird.
Man merkt ganz deutlich, meine Damen und Herren, es nahen Wahlen. Die Herrschenden tun, wenn auch zögerlich, das, was sie schon längst hätten tun sollen, sie schaffen zum Beispiel die verfassungswidrige 5-Prozent-Hürde für Kommunalwahlen ab. Es ist schon eine Frechheit, wenn sich der neue Fraktionsvorsitzende der CDU hier hinstellt und sagt, dass da
mit die Thüringer CDU bewiesen hätte, wie demokratisch sie ist. Die 5-Prozent-Hürde ist schon in den vergangenen Jahren als verfassungswidrig bezeichnet worden, aber Sie brauchen eben erst ein Verfassungsgerichtsurteil, damit Sie sie abschaffen. Mit Ihrem Gesetzentwurf stärken Sie nicht die Demokratie, sondern Sie schärfen damit die Instrumente der Machterhaltung und der Machterlangung. Es ist schon ganz oft benannt, es sollen, wenn es nach Ihnen, den noch Herrschenden in Thüringen, geht, die Stichwahlen abgeschafft werden. Demokratie stärken durch Abschaffung eines Wahlganges?
Die Herrschenden dienen sich bei den Bürgerinnen und Bürgern an mit Vorschlägen zur „Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements und zur verbesserten Teilhabe an kommunalen Entscheidungsprozessen“, so zumindest heißt es im Titel Ihres Gesetzentwurfs, sehr geehrte Damen und Herren der CDU. Diesen Gesetzentwurf kann man aber - freundlich ausgedrückt - nur halbherzig nennen, besser aber als hinterlistig bezeichnen. Aber so sind herrschende Politiker nun einmal.
Meine Damen und Herren, im Folgenden möchte ich einige Bemerkungen zu Ihren Vorschlägen bezüglich direkter Demokratie in den Kommunen machen. Die von Ihnen vorgeschlagenen Regelungen sind eigentlich eine unmissverständliche Aufforderung, das Volksbegehren für mehr direkte Demokratie in den Thüringer Kommunen unbedingt forciert fortzusetzen.
Das fängt schon damit an, dass Sie - entgegen Ihrer öffentlichen Behauptung, sich Bayern als Vorbild genommen zu haben - bei der Sammlungsart in bekannte Thüringer Verstocktheit zurückfallen. Sie wollen die Amtsstubensammlung, und zwar als alleinige Sammlungsart. Das, meine Damen und Herren, wäre explizit keine Orientierung an Bayern. Dort nämlich gibt es in den Kommunen nur die freie Sammlung. Das hat mein Kollege Hausold ja schon benannt. Thüringen wäre mit dieser Amtsstubenregelung das einzige Bundesland, in dem die Bürger zur Unterschriftenabgabe zur Behörde in die Amtsstube gehen müssten. Sie wissen sehr genau, meine Damen und Herren, dass Sie damit eine sehr hohe Hürde aufbauen und nicht etwa die Demokratie stärken. Die amtliche Sammlung wurde schon im Nachgang zum Volksbegehren für mehr direkte Demokratie auf Landesebene ausführlich diskutiert. Der Trägerkreis „Mehr Demokratie in Thüringen“ als Initiator des laufenden Volksbegehrens legt deshalb zu Recht sehr
großen Wert auf den Erhalt der freien Sammlung. Es ist hinlänglich bekannt, wie wichtig eine freie Sammlung ist, um die breite Diskussion der Inhalte in der Bevölkerung zu befördern. Die intensive Diskussion der Bürgerinnen und Bürger ist, unabhängig vom Erfolg oder Misserfolg plebiszitärer Instrumente, ein ungeheurer Gewinn für die Demokratie und sie ist wichtig, um zu einer möglichst guten, sprich politisch und wirtschaftlich sinnvollen Entscheidung zu kommen. Ihre Präferenz der Amtseintragung, meine Damen und Herren, zeigt, dass Sie die direkte Demokratie nicht als notwendige Ergänzung der repräsentativen Demokratie erkannt haben oder verstehen wollen.
Die Vorschläge zu den Quoren sehen da nun schon mehr nach Bayern aus, aber nur auf den ersten Blick. Wenn man nämlich wirklich die direkte Demokratie stärker zur Geltung bringen will, dann muss man bei den Quoren auch die Kleinteiligkeit der Thüringer kommunalen Strukturen beachten. Die aus Bayern mehr oder weniger entlehnten Quoren führen gerade bei den vielen kleineren Kommunen in Thüringen zu einer Verschlechterung des Quorums gegenüber den Vorschlägen des Volksbegehrens und sind damit nicht ein Mehr an direkter Demokratie, sondern Erschwernisse der Mitbestimmungsmöglichkeiten der Menschen. Abzulehnen ist selbstverständlich auch, dass Ihre Vorschläge bei der Sammlungsfrist den schlechten Status quo von acht Wochen fortschreiben und nichts von einer Verlängerung der Sammlungsfrist wissen wollen. Das Volksbegehren für mehr direkte Demokratie in Thüringer Kommunen fordert eine Frist von vier Monaten. Es gibt keinen sachlichen Grund dafür, Menschen, die sich an Demokratie beteiligen wollen, in Zeitnot zu setzen, es sei denn, man will sie abschrecken. Bei drei der vier entscheidenden Stellschrauben - den Quoren, der Sammlungsfrist und der Sammlungsart - wollen Sie also bezogen auf die Thüringer kommunalen Gegebenheiten keine Erleichterungen im Vergleich zu den Vorschlägen des Volksbegehrens. Diese Erschwernisse im Vergleich zum laufenden Volksbegehren können auch Ihr Nachgeben bei den Themenausschlüssen und das eine Prozent Verbesserung beim Quorum in den Landkreisen nicht ausbügeln. Denn was nutzt es, über mehr Themen - zum Beispiel Bebauungspläne - in der Kommune abstimmen zu dürfen, wenn die Hürden für Bürgerbeteiligung sowieso abschreckend und kaum überwindbar sind? Ihr Einschränken bei den Abstimmungsquoren des Bürgerentscheids hat da fast schon etwas Zynisches, meine Damen und Herren.
Nun, meine Damen und Herren der CDU, offenbar haben Sie sich im Vergleich zur geltenden Kommunalordnung ein kleines Stück bewegt, aber bei den Quoren allerhöchstens halbwegs in die richtige Richtung und bei der Sammlungsart in die völlig fal
sche Richtung, nämlich genau entgegengesetzt zu mehr Demokratie. Als ehrliches Bekenntnis zur direkten Demokratie kann man Ihren Gesetzesvorstoß nicht nehmen. Sie fühlen sich zusehends vom herannahenden Wahltermin bedroht und deshalb ist Ihr sogenanntes Angebot eben nichts als ein wahltaktisches - und das merkt man auch. Das merken nicht nur die Oppositionspolitiker hier im Haus oder das Bündnis für mehr Demokratie in Thüringen, das merken natürlich auch die Thüringerinnen und Thüringer. Die Thüringerinnen und Thüringer wissen im Übrigen auch mit solchen wahltaktischen Winkelzügen umzugehen. Sie, die Mitglieder der regierenden CDU, hatten die Gelegenheit für ein weitergehendes Angebot gehabt als die Oppositionsfraktionen sozusagen als parlamentarischer Arm des Trägerkreises „Mehr Demokratie in Thüringen“ unter anderem die Gesetzesvorschläge des aktuellen Volksbegehrens in den Landtag eingebracht hatten. Die herrschende Mehrheit, Ihre herrschende Mehrheit, meinte aber damals noch, diese Vorschläge in gewohnt bornierter Arroganz und Ignoranz ablehnen zu müssen.
Dass Sie, meine Damen und Herren der CDU, mit demokratischen Grundsätzen ab und an und vor allem in der Praxis Ihre liebe Not haben, zeigt auch Ihr absonderliches Konstrukt eines Familienunterschriftenrechts bei Einwohneranträgen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass es lediglich darum geht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung eines Stadtrats oder Gemeinderats zu setzen, gehört der Einwohnerantrag doch zu den direktdemokratischen Instrumenten. Die von Ihnen vorgeschlagene Regelung hat mit dem Wesen direkter Demokratie und Bürgerbeteiligung, mit Emanzipation und Selbstbestimmung reichlich wenig zu tun. Zwar werden nun auch Babys offensichtlich in die Stimmengewichtung bzw. Unterschriftengewichtung einbezogen, aber mit Demokratieorientierung einer Entscheidung hat das nichts zu tun. Ihr Vorschlag ist an dieser Stelle ein großer Rückschritt gegenüber den Vorschlägen des Volksbegehrens.
Dort sollen junge Menschen ab dem 14. Lebensjahr einen Einwohnerantrag selbst unterschreiben können. Nach Ihrer Idee geben für einen jungen Menschen von 17 Jahren und 11 Monaten immer noch Mami und Papi die Unterschrift ab. Das, meine Damen und Herren, hat mit Demokratie leben oder mehr Demokratie lernen nun wirklich gar nichts zu tun und ist hochgradig unemanzipiert im ganz klassischen Sinne, gerade wenn man Emanzipation im ursprünglichen Sinne des Wortes versteht, in seinen antiken römischen Ursprüngen, nämlich als Entlassung aus der Entscheidungs- und Herrschaftsgewalt des Familienvaters, als Befreiung aus der elterlichen
Entscheidungsbefugnis. Zudem unterläuft unseres Erachtens Ihr Vorschlag auch den demokratischen Grundsatz des gleichen Werts von Stimmen. Normalerweise gilt die Ausübung von politischen Wahl- und Entscheidungsrechten als Individualrecht des einzelnen Bürgers. Das vom Erziehungsberechtigten ausgeübte Unterschriftenrecht für seine Abkömmlinge zur Hebung des politischen Einflusses der Sippe - diese mir sehr ungewohnten Begriffe verwende ich nicht ohne Absicht - scheint uns, meiner Fraktion, aus Zeiten lange vor der Aufklärung zu stammen. Dass Sie für die ideologische Aufwertung der Familie andere Grundsätze außer Acht lassen, vor allem solche, die ihre Entwicklung eben seit der Aufklärung genommen haben und zu Grundlagen unserer Demokratie gehören, lässt ganz deutlich erkennen, auf welchen Pfaden der Tradition Sie beim Thema Familie wandeln. Außerdem ist bei Ihrer Regelung nach unserer Auffassung noch ziemlich unklar, wie sie in den unterschiedlichen Konstellationsmöglichkeiten gedacht ist oder gehandhabt werden soll. Aber das alles kann ja vielleicht sogar im Zusammenhang mit dem Ihrerseits angekündigten Gutachten zur Zulässigkeit des Vorschlags geklärt werden.
Am Ende, meine Damen und Herren, bleibt die neuerliche Erfahrung, dass man brauchbare Regelungen zur direkten Mitbestimmung der Menschen in unserer Demokratie von den herrschenden Politikern oder Parteien nicht erwarten darf, sondern nur von den Bürgerinnen und Bürgern selbst. Es ist nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE nur zu verständlich, wenn die Initiatoren des Volksbegehrens die Vorschläge der CDU als fadenscheinige, strategische - ich zitiere - „Mogelpackung für 2009“ empfunden und zurückgewiesen haben.