Protocol of the Session on February 24, 2005

Meine Damen und Herren Abgeordneten, verehrte Vertreter der Regierung, verehrte Vertreter der Medien, ich begrüße Sie recht herzlich zur 12. Plenarsitzung des Thüringer Landtags. Es haben neben mir Platz genommen Frau Abgeordnete Berninger und Herr Abgeordneter Gumprecht. Frau Abgeordnete Berninger wird die Rednerliste führen. Es hat sich für die heutige Sitzung niemand entschuldigt.

Ich gratuliere ganz herzlich Herrn Dr. Krause, der heute Geburtstag hat, die herzlichsten Glückwünsche von all seinen Abgeordnetenkollegen für ein gutes Gelingen im neuen Jahr.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte Sie heute noch darauf hinweisen, dass der Ältestenrat in seiner 3. Sitzung beschlossen hat, ab Januar 2005 - also ab dieser Sitzung - zu den Plenarsitzungen donnerstags eine Mittagspause von 13.00 Uhr bis 14.00 Uhr durchzuführen. Freitags soll dagegen wie bisher keine Mittagspause eingelegt werden. Das heißt, heute werden wir die Sitzung von 13.00 Uhr bis 14.00 Uhr unterbrechen.

Ich habe weiterhin aufgrund der Dringlichkeit gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung Herrn Karsten Rose von Radio Frei für die heutige und die morgen stattfindende Plenarsitzung eine Sondergenehmigung für Bild- und Tonaufnahmen erteilt.

Sie werden es vielleicht schon bemerkt haben als Sie hereingekommen sind, im Foyer vor dem Landtagsrestaurant wird heute eine Präsentation des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt stattfinden unter dem Titel "Der Boden - wertvolle Haut der Erde". Es stehen die Mitarbeiter der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie als Ansprechpartner zur Verfügung. Ich würde Sie bitten, sehr rege von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.

Heute Abend um 20.00 Uhr hat der Thüringer Beamtenbund zu einem parlamentarischen Abend eingeladen, zu dem ich Sie ebenfalls recht herzlich einladen möchte.

Wir kommen damit zu den Hinweisen zur Tagesordnung:

Zu TOP 1, Gesetzentwurf der Landesregierung "Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Flüchtlings

aufnahmegesetzes" - Drucksache 4/404 - wurde ein Änderungsantrag der Fraktion der PDS in Drucksache 4/652 verteilt.

Bei TOP 2 a), Gesetzentwurf der Landesregierung "Thüringer Haushaltsstrukturgesetz" - Drucksache 4/420 - wurden Änderungsanträge der Fraktionen der PDS und der SPD in den Drucksachen 4/600, 4/601, 4/602 vorgelegt; der Fraktion der PDS in Drucksachen 4/603 bis 4/649 und ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU in Drucksache 4/650. Es wurden ebenfalls Änderungsanträge der Fraktion der SPD in den Drucksachen 4/653 bis 4/662 verteilt. Es wurde außerdem ein Entschließungsantrag der Fraktion der CDU in Drucksache 4/651 sowie ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/663 und Entschließungsanträge der Fraktion der PDS in den Drucksachen 4/664 bis 4/669 verteilt.

Zu TOP 14 hat die Fraktion der PDS mit Schreiben vom 21. Februar 2005 beantragt, den angekündigten Tagesordnungspunkt "Wahl von Mitgliedern der Parlamentarischen Kontrollkommission" von der Tagesordnung abzusetzen und erst in der 14. und 15. Plenarsitzung zu behandeln.

Zu TOP 15, Fragestunde, kommen folgende Mündliche Anfragen hinzu: Das sind die Drucksachen 4/595 bis 4/598.

Ich möchte Ihnen ferner mitteilen, dass die Landesregierung angekündigt hat, zu den Tagesordnungspunkten 8 und 9 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 GO Gebrauch zu machen.

Wird der Ihnen vorliegenden Tagesordnung zuzüglich der von mir genannten Ergänzungen bzw. Änderungen widersprochen? Gibt es andere Anträge? Das ist offensichtlich nicht der Fall, also gilt die Tagesordnung als festgestellt.

Damit rufe ich den Tagesordnungspunkt 1 auf

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/404 dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 4/579 dazu: Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 4/652 dazu: Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/670 ZWEITE BERATUNG

Ich bitte den Abgeordneten Kölbel, aus dem Innenausschuss zu berichten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren Abgeordnete, verehrte Gäste, ausgehend von der Änderung des Zuwanderungsgesetzes in Deutschland, hier in Kraft tretend per 1. Januar 2005, entstand in Thüringen die Drucksache 4/404. Durch Beschluss des Landtags vom 10. Dezember 2004 wurde das Erste Gesetz zur Änderung des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes an den Innenausschuss überwiesen. Dieser beriet in seiner 8. Sitzung am 27. Januar 2005 darüber, wie mit dieser Novelle zu verfahren sei und beschloss mehrheitlich, eine schriftliche Anhörung zum Gesetzentwurf durchzuführen. Aus einer größeren Anzahl von eventuell schriftlich Anzuhörenden entschloss sich der Ausschuss mehrheitlich zur Anhörung des Gemeindeund Städtebundes, des Thüringer Landkreistages, der Evangelischen Kirche Thüringen, der katholischen Kirche und des Ausländerbeauftragten. Wenn auch kurzfristig, so lagen doch zur 10. Sitzung des Innenausschusses die schriftlichen Stellungsnahmen der obigen Anzuhörenden vor. Aus der Vielzahl der Änderungsvorschläge, die dort vorgebracht wurden - so nach mehr Unterbringungen von Asylbewerbern in Einzelunterkünften, nach Einschalten der Landesbehörde bei wunschgemäßen Umverteilungen von ausländischen Mitbürgern, nach landesgesetzlichen Vorgaben zur verbesserten Ausstattung von Wohnunterkünften, nach Schaffung von besonderen Räumlichkeiten für Abschiebehäftlinge außerhalb Thüringer Haftanstalten, weitere und andere Regelungen von Kostenerstattungen zugunsten von Gemeinden und Kreisen, verbesserter Kostensatz bei Leistungen für Flüchtlinge im Interesse der Kommunen und Betrag und Zeitraum -, fand schließlich nur der Hinweis des Ausländerbeauftragten eine Mehrheit im Innenausschuss, seine nunmehrige korrekte Bezeichnung, und zwar "Der Ausländerbeauftragte beim Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit" in den Gesetzentwurf in Drucksache 4/404 aufzunehmen. Eine direkte inhaltliche Änderung des Gesetzentwurfs der Landesregierung durch den Innenausschuss erfolgte somit nicht. Weiter im Innenausschuss auch an dieser Stelle diskutierte Übergangsregelungen für Asylbewerberheime "bisherige Vergütung von vorgenannten Plätzen" zukünftig "nur tatsächlich genutzten Plätzen" fanden keine Mehrheit, da seit Monaten hinlängliche Sachkenntnis vorläge, sich auf veränderte Umstände reagierend vorzubereiten. Somit ersuche ich Sie, verehrte Abgeordnete dieses hohen Hauses, um Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Innenausschusses in Drucksache 4/579. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Kölbel für seine Berichterstattung und eröffne die Aussprache. Ich erteile das Wort der Abgeordneten Berninger von der Fraktion der PDS.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, zunächst muss ich Sie, Frau Präsidentin, ein wenig korrigieren, die Kollegin Abgeordnete, die neben Ihnen Platz genommen hat, heißt nicht Berninger, sondern das ist die Kollegin Hennig.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, aus Sicht meiner Fraktion wäre es im Sinne einer humanen Flüchtlingspolitik Thüringens notwendig gewesen, die im Rahmen der schriftlichen Anhörung dem Innenausschuss zugeleiteten Änderungshinweise zum Gesetzentwurf sachlich und ausführlich zu diskutieren. Dies wurde jedoch von den Mitgliedern der CDU im Ausschuss nicht für nötig erachtet und abgelehnt, womit sich für mich der gesamte Vorgang der Anhörung im Ausschuss als eine Farce bzw. als eine reine Alibiveranstaltung darstellt. Der Hinweis darauf, dass die Zeit dränge und die Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes eine sehr eilige Angelegenheit darstelle, ergibt sich für mich so nicht. Es wäre meines Erachtens durchaus vertretbar gewesen, die Gesetzesnovellierung auf das nächste Plenum zu verschieben - sie wird ja sowieso rückwirkend in Kraft treten - und so die Gelegenheit zu nutzen, die fachlichen Hinweise der Kirchen, des Gemeinde- und Städtebundes, des Thüringer Landkreistages sowie des Ausländerbeauftragten beim TMSFG ausführlich im Ausschuss diskutieren zu können,

(Beifall bei der PDS)

ganz abgesehen davon, dass es von den Mitgliedern Ihrer Fraktion, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, anscheinend gar nicht im Bereich des Möglichen liegt, zu dieser Diskussion Flüchtlingsorganisationen anzuhören,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ramelow, du warst doch gar nicht dabei.)

die täglich direkt mit den Betroffenen des Gesetzes, nämlich mit den Flüchtlingen, zu tun haben.

Zu unseren Änderungsanträgen: Die PDS bleibt dabei, das Zuwanderungsgesetz sieht keine generelle Nachrangigkeit der Einzelunterbringung von Flüchtlingen gegenüber der Gemeinschaftsunterkunft vor, sondern fordert zur Einzelfallentscheidung auf, zur

Abwägung öffentlichen Interesses und der Belange der Flüchtlinge. In der Vergangenheit wurde Einzelunterbringung häufig in Ermessensauslegung des aus § 2 des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes vom Dezember 1997 interpretierbaren Ausschlusses bestimmter Flüchtlingsgruppen von der dezentralen Unterbringung durch verschiedene Thüringer Landkreise grundsätzlich abgelehnt. Mit unserem Änderungsantrag zur Beschlussempfehlung des Innenausschusses wird der von Flüchtlingsorganisationen und der PDS häufig wiederholten grundsätzlichen Forderung nach angemessener Bereitstellung von dezentralen Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge in allen Landkreisen und kreisfreien Städten entsprochen. Insbesondere für Flüchtlingsfamilien, für kranke und traumatisierte Flüchtlinge gibt es einen verstärkten Bedarf an dezentraler Unterbringung. Eine tatsächlich angemessene Bereitstellung dezentraler Unterbringungsmöglichkeiten wäre eine sehr wichtige Voraussetzung für die Integration der in Thüringen lebenden Menschen ausländischer Herkunft. Weg von der bisher praktizierten Ghettoisierung von Asyl Suchenden würde sie die persönliche Begegnung deutscher und nicht deutscher Menschen bedeuten. Durch das Miteinanderleben könnten diffuse und haltlose Ängste und Vorurteile und dadurch begründete fremdenfeindliche Einstellungen in der Thüringer Bevölkerung abgebaut werden, die ja, wie Sie alle wissen, im von der Landesregierung vorgelegten aktuellen Thüringen-Monitor 2004 erneut belegt sind. Diesen aus der Angst vor dem Fremden herrührenden und in den vergangenen Jahren unverhältnismäßig angestiegenen fremdenfeindlichen Einstellungen, die sich aus Unkenntnis und diesen haltlosen Ängsten und Vorurteilen begründen, könnten wir mit der Bereitstellung von mehr dezentralen Unterbringungsmöglichkeiten für die hier in Thüringen Asyl suchenden Menschen in Wohngebieten, mit der Möglichkeit, sich in die Gemeinschaft der hier lebenden Menschen zu integrieren, etwas entgegensetzen. Eine von Flüchtingsorganisationen, Kirchen und dem Ausländerbeauftragten des TMSFG, Herrn Peters, schon seit Jahren angemahnte Humanisierung der Flüchtlingspolitik der Thüringer Landesregierung will die PDS-Fraktion mit dem beantragten Erlass einer Rechtsverordnung über prinzipielle Standards zu Art, Umfang, Lage und Ausstattung der Gemeinschaftsund Einzelunterkünfte sowie auch zu Grundsätzen der Versorgung und der sozialen Betreuung von Flüchtlingen festschreiben. Sachverständige fordern seit Jahren die Begrenzung der je Gemeinschaftsunterkunft vorgehaltenen Kapazität, die wohnungsähnliche Anlage und die sozial integrative Lage derartiger Unterkünfte, außerdem die Festschreibung einer Mindestquote für die angemessene Bereitstellung dezentraler Einzelunterbringungsmöglichkeiten. Mit dem immer enger werdenden Finanzspielraum, wenn man noch von Spielraum der Kommunen sprechen kann, steht zu befürchten, dass gerade bei der Unterbrin

gung und Versorgung, bei Hilfemaßnahmen - wie Beratung und sozialer Betreuung von Asyl Suchenden - der Rotstift angesetzt wird und die bisher oftmals gerade so eingehaltenen minimalen Standards noch mehr gesenkt, Unterkünfte noch primitiver ausgestattet und soziale Angebote immer weniger und billiger werden. Um dem vorzubeugen, ist der Erlass einer solchen Rechtsverordnung dringend geboten und betrachtet man schon jetzt die Zustände in manchen Unterkünften im Freistaat - längst überfällig.

Die PDS fordert mit dem vorliegenden Änderungsantrag, die Mittlerfunktion des Landesverwaltungsamts bei der Verteilung und Umverteilung von Flüchtlingen beizubehalten. Auch hier haben wir die Befürchtung, dass die Kommunen aufgrund ihrer desolaten Finanzlage zunehmend einzig fiskalische Beweggründe bei der Verteilung von Asyl Suchenden auf die Kreise und die kreisfreien Städte in Erwägung ziehen werden. Solche Sparzwänge sollten aber, wenn es um die Unterbringung von Menschen geht, nicht die erste Geige spielen. Den Vorrang bei der Entscheidung, wie und wo man Flüchtlinge unterbringt, sollten einzig humanitäre Aspekte haben und hier sollte insbesondere in strittigen Fällen das Landesverwaltungsamt als unabhängiger Mittler außerhalb haushalterischer kommunaler Zwänge vom Gesetzgeber beauftragt sein. Kein Mensch - und das können Sie selbst sicherlich sehr gut nachvollziehen, meine Damen und Herren Abgeordnete - verlässt gern ohne Not seine Familie, seine Freunde oder seine vertraute Umgebung. Menschen, die hier bei uns Schutz suchen und ihr Zuhause, aus welchen Gründen auch immer, zu verlassen gezwungen waren, haben das Recht, unter menschenwürdigen Bedingungen zu leben. Dieses Recht sollte im Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz verankert sein.

Verehrte Damen und Herren von der CDU, zum Schluss muss ich noch eine persönliche Bemerkung in Richtung Ihrer Fraktion loswerden. Es hatte für mich in der Beratung des Innenausschusses zur Gesetzesänderung nicht den Anschein, als würde die Verbesserung der Aufnahme- und Lebensbedingungen von Asyl Suchenden in Thüringen eine Rolle spielen. Darauf bin ich ja kurz schon zu Beginn meiner Ausführungen eingegangen. Worüber ich aber zutiefst erschrocken war und was mich auch wirklich wütend gemacht hat, das war die abfällige Art und Weise, wie sich eine Ihrer Vertreter im Ausschuss über Asyl Suchende geäußert hat. Vielleicht sollte sich diese Abgeordnete mal in einer ruhigen Minute Gedanken machen über den Sinn des Asylrechts und über die Fluchtursachen, die Menschen zum Verlassen ihrer Heimat bewegen. In jedem Fall ist aber vielleicht der Hinweis hilfreich, dass es gute Gründe hat, warum das Wort "Asylant" vor nicht allzu langer Zeit zu einem Unwort des Jahres gekürt wurde

(Unruhe bei der CDU)

und warum dieses Wort von Menschen, die eine humane Flüchtlingspolitik und den Abbau von Fremdenfeindlichkeit im Sinn haben, nicht benutzt wird. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Taubert, SPDFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, bereits bei der ersten Beratung des vorgelegten Gesetzentwurfs wurde von der SPD-Fraktion deutlich gemacht, dass die Anpassung des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes an die Regelungen des neuen Zuwanderungsgesetzes von der Landesregierung genutzt wurde, um unseren Kommunen erneut mehr Lasten aufzubürden, ohne entsprechenden Ausgleich schaffen zu wollen. Leider wurden unsere damaligen Vorschläge von Seiten der CDU-Fraktion ebenso wenig ernst genommen wie unsere Vorschläge im Innenausschuss und in Bezug auf die Flüchtlingsaufnahmeverordnung im Haushalts- und Finanzausschuss. Ich will deshalb unsere Änderungsvorschläge nochmals vorbringen. Wir haben zwei Ziele verfolgt. Zum einen geht es um die würdige Unterbringung von Flüchtlingen und in diesem Zusammenhang um die Festlegung eines teilweise nicht unerheblichen Lebensabschnitts betroffener Menschen. Wir sprechen u.a. ja - und jeder, der einmal eine Flüchtlingsunterkunft besucht hat, der weiß das - von Personen und Familien, die teilweise über acht Jahre in Deutschland leben, ohne zu wissen, wie es weitergehen kann. Zum anderen ist es Ziel unserer Vorschläge, nicht zuzulassen, dass Thüringer Kommunen wieder einmal, quasi durch die Hintertür, zustehende Mittel vorenthalten bekommen bzw. staatliche Aufgaben übertragen werden, ohne das Kostendeckungsprinzip zu beachten.

Zum ersten Punkt fordern wir mit der Gesetzesänderung auch die Regelung zu verändern, dass Flüchtlinge in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen sind. Damit kann Betroffenen schneller geholfen werden. Überdies wird es in den Kommunen möglich, die Unterbringung der ihnen zugewiesenen Flüchtlinge selbständig und ihren örtlichen und räumlichen Gegebenheiten besser entsprechend unterzubringen und somit zumindest den Versuch zu unternehmen, mit den neuen Pauschalen auskömmlich zu wirtschaften.

Eine zweite Forderung ist die grundsätzliche Beibehaltung des § 3 Abs. 1 Satz 3 des Flüchtlingsaufnahmegesetzes, konkret aber eine Umformulierung der Festsetzung des Verteilerschlüssels. Wie bisher soll auf das Landesamt für Statistik zurückgegriffen werden, jedoch sinnvollerweise - das war ja auch in der Begründung des Gesetzentwurfs zu lesen, dass man da das Ziel hatte - der Rückgriff auf aktuelle Zahlen. In Übereinstimmung mit dem Thüringischen Landkreistag fordern wir, der im Innenausschuss beschlossenen Änderung zur korrekten Bezeichnung des Landesausländerbeauftragten die Ihnen vorliegende Änderung der SPD-Fraktion hinzuzufügen.

Die Änderung, die wir eingebracht haben, also die Frage der Stichtagsregelung in Bezug auf die Einwohnerzahlen, Verteilerschlüssel, ist ja von Ihnen im Innenausschuss, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, abgelehnt worden, da man keinen Vorteil und keinen Nachteil gesehen hat. Wir glauben aber, dass es wichtig ist, dass dieser Verteilerschlüssel im Gesetz festgelegt wird, um die Kommunen nicht auch einer Willkür auszusetzen.

Zu unserem Ziel, den Kommunen nach Verabschiedung dieser Gesetzesänderung zumindest eine angemessene Zeit zu geben, ihre bestehenden Verträge neu zu ordnen, stellt die SPD-Fraktion heute erneut den im Haushalts- und Finanzausschuss von der Mehrheitsfraktion abgelehnten Antrag auf Verlängerung der Übergangsfrist bis zum Juli dieses Jahres. Dazu liegt Ihnen ein Antrag zu Artikel 8 des Haushaltsstrukturgesetzes vor, dem ich bitte, auch die Damen und Herren von der CDU-Fraktion, zuzustimmen.

Ich möchte aber auch grundsätzlich noch einmal darauf verweisen, dass jeder - seien es Kommunen, Verbände oder Vereine - der mit einer Gesetzesänderung konfrontiert wird, ein Recht darauf hat - und jeder, der von Ihnen in einer Kommune tätig ist, der weiß, dass man dieses Recht unbedingt braucht -, angemessene Übergangszeiten zum Reagieren auf finanzielle Veränderungen zu erhalten. Die Landesregierung kann eben nicht voraussetzen, dass weit vor Gesetzesabschluss im Thüringer Landtag, sozusagen im vorauseilenden Gehorsam, betroffene Gruppen oder auch Kommunen den von der Landesregierung vorgelegten Gesetzestext als endgültige Gesetzeslage schon im Vorfeld annehmen müssen. Ich denke, das widerspricht intensiv dem Demokratieprinzip. Der Thüringer Gesetzgeber würde völlig ausgeblendet werden, weil jeder davon ausgehen muss, sobald ein Gesetz in Umlauf geht, sobald es Anhörungen gibt, ist das Gesetz schon in dieser Form auch beschlossen. Ich bitte daher, unseren Vorschlägen hier zuzustimmen. Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Stauche, CDU-Fraktion.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, der Berichterstatter hat zum Verfahrensgang des Gesetzentwurfs soeben berichtet. Über die wichtigsten Änderungen hat die Landesregierung zudem in der Einbringung des Gesetzentwurfs im Dezember informiert. Einer eingehenden Erörterung bedarf es daher meiner Meinung nach nicht mehr. Lassen Sie mich daher zuerst etwas zur Anhörung sagen. Im Anschluss daran möchte ich stellvertretend nur einen Einzelaspekt der Diskussion herausgreifen.

Zunächst darf ich den Angehörten danken, dass sie sich eingehend mit dem Gesetzentwurf auseinander gesetzt haben. Die Anregung haben wir im Vorfeld der Innenausschussberatung und in der Sitzung des Innenausschusses beraten. Die Diskussion war meiner Meinung nach ausreichend. Es wurde auch ausführlich über Einzelpunkte diskutiert. Ihrer Meinung nach, Frau Berninger, vielleicht sollten Sie einmal das Protokoll des Innenausschusses lesen. Ich wüsste auch nicht, wer hier solche Äußerungen getan hat. Ich finde es auch unerhört, dass Sie aus dem Innenausschuss so etwas berichten,

(Beifall bei der CDU)

ohne hier eigentlich die Möglichkeit zu haben. Erfreulich war für meine Kollegen und mich zunächst, dass insbesondere die evangelische und katholische Kirche den Gesetzentwurf im Grundsatz begrüßt haben. Demgegenüber haben andere Anzuhörende eine vielleicht überdenkenswerte Vorstellung vom Begriff Anhörung, wenn sie an Gesetzentwürfen nur Kritik äußern - sei es. Wir sind der Ansicht, der Landesregierung ist mit dem Gesetz ein guter Wurf gelungen. Natürlich kann man über Einzelheiten und einzelne Fragen trefflich streiten. Dies betrifft beispielhaft die Frage der Unterbringung. Sollen Einzel- oder Gemeinschaftsunterkünfte favorisiert werden? Dass die kommunalen Spitzenverbände einerseits und etwa die Kirchen andererseits dies unterschiedlich bewerten, darf ob der unterschiedlichen Interessenlage nicht verwundern. Im Rahmen der argumentativen Auseinandersetzung konnten wir beiden Positionen etwas abgewinnen. Im Ergebnis waren wir aber der Auffassung, dass die vorgeschlagene Lösung der Landesregierung beibehalten werden soll.

Frau Berninger, nicht bloß der Flüchtlingsrat hat Erfahrungen, auch ich selbst habe mich mehrmalig in der letzten Zeit in Gemeinschaftsunterkünften für Asylanten aufgehalten und habe auch mit Flüchtlingen gesprochen. Ich kann Ihnen nur aus meiner Erfahrung berichten, dass traumatisierte Ehepaare oder Flüchtlinge in diesen Gemeinschaftsunterkünften sehr gut sozial betreut werden. Ich persönlich habe jedenfalls diese Erfahrung gemacht. Es tut mir Leid, wenn Sie andere gemacht haben.

(Beifall bei der CDU)

Da muss es an den Menschen vor Ort selbst liegen oder an den Kommunen, ich weiß es nicht. Ich habe andere Erfahrungen gemacht. Im Ergebnis der Anhörung haben wir den Vorschlag des Ausländerbeauftragten bei dem Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit zu § 5 Abs. 2 des Gesetzentwurfs aufgegriffen. Danach ist dort genau diese Bezeichnung zu wählen. Im Übrigen sind wir der Auffassung, dass die Novelle sich in der Praxis bewähren wird und wir perspektivisch damit für den Bereich der Flüchtlingsaufnahme eine ausgeglichene Regelung gefunden haben. Im Namen meiner Fraktion bitte ich um die Annahme des Gesetzentwurfs. Danke.