Horst Engel
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Last Statements
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Enquetekommission ist sich sicher, dass sie Antworten auf die Fragen geben konnte, die nach dem Untersuchungsausschuss zu diesem grauenhaften Mord in
der JVA Siegburg im Wesentlichen offengeblieben sind. Es gibt verschiedene Antworten; Sie haben von den Kollegen schon einige gehört. Ich möchte mit drei Antworten das, was Sie schon gehört haben, ergänzen.
Erstens. Prävention beginnt bereits lange vor der Strafmündigkeit. Daher spricht sich die Kommission – teilweise ist das angesprochen worden – für flächendeckende frühe Hilfen aus; dafür gibt es auch Musterbeispiele in unserem Land. Ich bin Herrn Sichau, unserem Kommissions-Vize – er hatte Frau Kordowski, unsere Vorsitzende, in der PK vertreten müssen –, ausgesprochen dankbar dafür, dass er die Summe, die auch öffentlich gemacht worden ist, genannt hat, damit alle in der nächsten Legislatur wissen, nämlich Regierung und auch der Haushaltsgesetzgeber, worum es geht.
Das Anliegen wird uns jedes Jahr rund 70 Millionen € kosten. Das ist gut investiertes Geld. Sie werden sich sicherlich fragen, wie dies in einer ressortübergreifenden Gesamtbetrachtung investiert wird und wie wir zu kostenneutralen Lösungen kommen können. Dabei dürfen wir nicht vergessen – auch das ist angesprochen worden –: Bezüglich der Folgekosten ist die effektive frühe Hilfe der richtige Ansatz. Mit vergleichsweise geringem Aufwand lassen sich kriminelle Karrieren verhindern, die den Steuerzahler später erhebliche Summen kosten würden. Nicht nur für die potenziellen späteren Opfer, sondern auch für den Landeshaushalt ist die frühestmögliche Kriminalitätsvermeidung ein Gewinn. Hinter diese Aussage setze ich drei Ausrufezeichen.
Alleine zur Gruppe – auch diese Zahl ist genannt worden – der Intensivtäter zählten in NordrheinWestfalen im vergangenen Jahr 28 Kinder, 745 Jugendliche und 597 Heranwachsende. Das macht allein in diesem Bereich 1.370 Fälle aus. Wenn Sie sich einmal die modellhaft errechneten Kosten eines dissozialen Lebenslaufs anschauen, dann stellen Sie fest, dass Sie auf durchschnittliche Kosten von 1 Million € pro Fall kommen, die derzeit komplett zulasten des Steuerzahlers gehen.
Jeder in eine effektive Jugendhilfe investierte Euro spart langfristig mindestens 3 € an Folgekosten; das ist schon angesprochen worden. Das ist also gut investiertes Geld, welches den Steuerzahler schont und einen wichtigen Beitrag auch zum Opferschutz leistet.
Und was genauso wichtig ist: Es zahlt sich auch für die Zukunft dieser Kinder und Jugendlichen aus. Denn kein Kind ist von Natur aus schlecht. Kein Kind wird kriminell geboren. Ich darf an das Wort von Frau Kordowski erinnern. Sie sprachen von Liebe. Ich möchte dies ergänzen: Viele Kinder haben gar keine Chance gehabt, ihre Kindheit zu leben.
Dessen müssen wir uns bewusst sein. Deshalb ist jeder dort investierte Euro ein gut investierter Euro.
Damit die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, schlägt die Kommission die Einführung eines Landespräventionsfonds vor; das haben wir schon gehört. Dieser kann, ohne dem zuständigen Entscheidungsträger, also der Regierung oder dem Haushaltsgesetzgeber, vorgreifen zu wollen, sowohl aus allgemeinen Landesmitteln als auch aus verhängten Bußgeldern gespeist werden.
Zweite Bemerkung. Weiterhin fordert die Kommission zu Recht eine bessere Vernetzung des Hilfesystems. Schule, Jugendhilfe, Polizei und Justiz, Jugendamt und eventuell sogar Familienberatung arbeiten derzeit viel zu oft für sich allein, und ihnen fehlen Erkenntnisse über Umstände, die zur Kriminalitätsentlastung der Betroffenen beitragen können.
So hat vielleicht ein Lehrer Erkenntnisse über auffälliges oder aggressives Verhalten eines Kindes oder Jugendlichen im Umgang mit seinen Mitschülern. Er gibt diese aber nicht an die Jugendhilfe weiter, weil er vielleicht gar nicht weiß, dass derselbe Schüler dort schon betreut wird. Ein Intensivtäter wird stets von demselben Polizeibeamten betreut, dessen Erkenntnisse der Jugendstaatsanwalt aber nur aus der Akte kennt. Persönliche Gespräche finden meist nicht statt.
Insofern möchte ich ausdrücklich auf das Kölner Haus des Jugendrechts hinweisen, in dem alle beteiligten Träger bzw. deren Vertreter unter einem Dach an Ort und Stelle sind. Das verkürzt die Wege und ermöglicht eine umfassende und passgenaue Betreuung des Jugendlichen. Dies ist beispielhaft für ganz Nordrhein-Westfalen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben es in diesem Zusammenhang natürlich auch mit Datenschutz zu tun. Ich sage bewusst und formuliere es auch so: Wirksame Prävention und Datenschutz schließen sich an der Stelle überhaupt nicht aus.
Dafür müssen wir auch das Rad nicht neu erfinden. Es existieren bereits Maßstäbe; ich erinnere an § 35 SGB I und an § 67 SGB X. Sie definieren dort das Sozialgeheimnis. Eine Vernetzung der Hilfen durch Weitergabe von Daten zwischen den beteiligten Trägern und Behörden können wir also dadurch erreichen, indem wir die Datenermittlung an bestimmte Vorgaben koppeln, und zwar an das Bestehen gewichtiger Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Präventionsbedarfs. Und, meine Damen und Herren, das ist keine Zauberei: Fällt einem der Hilfebeteiligten eine nachhaltige Verhaltensauffälligkeit eines Jugendlichen auf, kann er diesen Verdacht den zuständigen Behörden mitteilen. Dort kann eine Prüfung vorgenommen werden, die das Ganze erhärtet oder verwirft.
Wichtig ist und bleibt aber, dass wir vernetzen. Denn Erziehung ist ein ganzheitlicher Ansatz. Prävention muss es ebenfalls sein.
Schließlich noch ein dritter Punkt, der mir ganz besonders am Herzen liegt. Was tun wir, wenn es doch schiefgegangen ist, wenn Jugendliche also doch Straftaten verüben? – Aus meiner Sicht ist das bloße Wegschließen im Jugendstrafvollzug nicht die richtige Antwort; das haben wir schon gehört. Jedenfalls gilt das für die meisten Fälle.
Das Ganze hat zwei Dimensionen, und beide erlauben es uns, in viel größerem Umfang tätig zu werden als bisher. Die erste Dimension ist die U-Haft. Wenn ich sehe, dass in Nordrhein-Westfalen nach wie vor ca. 90 % der dringend tatverdächtigen Jugendlichen direkt in die U-Haft wandern, fehlt mir dafür angesichts des eindeutigen gesetzgeberischen Auftrags in § 72 Abs. 1 und § 71 Abs. 2 Jugendgerichtsgesetz das Verständnis. Ich darf für die gesamte Kommission sagen, dass wir diese Tatsache mit einem großen Fragezeichen versehen haben. Nicht die U-Haft, sondern die Anordnung erzieherischer Hilfen ist der gesetzliche Regelfall, und zwar schon jetzt.
Wir sind dabei, dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis richtigzustellen. Wir schaffen neue Plätze in stadtfernen Einrichtungen, in reizarmer Umgebung, wo Jugendliche intensiv betreut und behandelt werden können, oft zum ersten Mal in ihrem Leben einen strukturierten Tagesablauf und Respekt vor der körperlichen Integrität und dem Eigentum anderer erlernen. Wir wollen, dass diese Einrichtungen zum Regelfall werden. U-Haft ist für Jugendliche regelmäßig eine betreuungsarme Angelegenheit, die den eingespielten delinquenten Lebenswandel nicht durchbricht.
Im Gegenteil: Gelegentlich wird doch Haft als „Schule des Verbrechens“ beschrieben. Gerade bei noch formbaren Jugendlichen wiegt das Risiko, mit der Haft immer tiefer in Kriminalität abzurutschen, besonders schwer. Kleine, überschaubare Gruppen hingegen, weitab der heimischen Stadt oder Clique, mit hohem Aufmerksamkeitsgrad durch Betreuer – oft in 1:1- Betreuung – wirkt, meine Damen und Herren. Damit fängt Rückfallvermeidung bereits in der Zeit vor der Hauptverhandlung an.
Die zweite Dimension ist die Strafhaft. Auch hier gilt, wenn es vertretbar ist – das wird in vielen Fällen so sein –: Kein junger Mensch ist nicht mehr erziehbar. Daher soll der Vollzug in freier Form die Strafhaft für Jugendliche ersetzen. Das haben wir schon vor Abschluss dieser Kommission im Jugendstrafvollzugsgesetz NRW verankert. Für diesen von der Landesregierung quasi im vorauseilenden Gehorsam erfolgten Vorstoß möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal herzlich bedanken.
Die Kommission wünscht sich natürlich, dass auch unsere anderen Handlungsempfehlungen so zeitnah wie möglich umgesetzt werden.
Zum Schluss ein Appell: Der Ihnen vorliegende Bericht, den einige mitgebracht haben, wird – dessen bin ich mir ziemlich sicher; das ist auch Auffassung der Kommission und der Sachverständigen, die ich noch einmal herzlich begrüße und bei denen ich mich von dieser Stelle aus für die Arbeit bedanke – in der Bundesrepublik insgesamt und nicht nur in unserem Land ein Gewicht entfalten, weil er einstimmig beschlossen wurde. Das ist der eigentliche Verdienst dieser Enquete. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst ist festzustellen, dass der vorliegende Gesetzentwurf die Empfehlungen aus dem Burgi-Gutachten nur sehr selektiv aufnimmt, Herr Becker. Das Resultat ist nämlich nichts anderes als eine wahllose Aneinanderreihung von Versatzstücken ohne ausreichenden Bezug zum Gesamtkontext.
Darüber hinaus haben die Grünen ihren Gesetzentwurf mit Forderungen angereichert, die sich im Gutachten von Burgi überhaupt nicht finden lassen. Auf diese Weise wollen sie uns eine Erweiterung des bisherigen Katalogs zulässiger Stadtwerkeaktivitäten regelrecht unterjubeln, die wir für absolut falsch halten. Der Gesetzentwurf sieht nämlich die grundsätzliche Zulässigkeit von Dienstleistungen vor, die in irgendeiner wie auch immer gearteten Verbindung zu den Bereichen Strom, Gas und Wärmeversorgung stehen. Einschränkungen bestehen lediglich dahin gehend, dass diese Tätigkeiten im Vergleich zum Hauptzweck eine untergeordnete Rolle spielen müssen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Grünen, Sie wissen doch genau, dass Sie mit einer solchen Regelung bewusst in Kauf nehmen, dass Stadtwerke in Marktsegmenten aktiv werden, die bislang Handwerksunternehmen, Ingenieurbüros und sonstigen privatwirtschaftlichen Anbietern vorbehalten sind. Ohne Notwendigkeiten würden Sie damit den Wettbewerb verzerren und Arbeitsplätze gefährden.
Und wissen Sie, wer das bezahlt? – Der Verbraucher. Das Ganze, lieber Herr Becker, ist auch ein Verbraucherschutzthema. Haben Sie die Diskussion zu § 107 der Gemeindeordnung zu Beginn der Legislaturperiode vergessen?
Die Stadtwerke wollen das, was Sie hier behaupten, gar nicht.
Die Stadtwerke wollen die Energie liefern, aber sie wollen nicht schrauben. Ein wörtliches Zitat aus der damaligen Diskussion: Wir wollen Energie liefern und nicht schrauben. – Das Letzte, was sie wollen, ist das Montieren des Zählers.
Und dann wird abkassiert; das sage ich auch mit der entsprechenden Polemik. Sobald der Zähler installiert ist, müssen die Verbraucher zahlen. Und wenn Sie den Wettbewerb – der Wettbewerb entsteht durch die Handwerker, die schrauben – verzerren und zerschlagen, dann bezahlen die Verbraucher, die heute auf der Tribüne zahlreich vertreten sind, die Rechnung.
So blind und so ideologisch verblendet sind Sie.
Das ganze Thema ist ein Verbraucherschutzthema; das wollte ich hier noch einmal herausstellen. Haben Sie denn völlig vergessen, dass der Energieversorger, der zum Beispiel den ÖPNV organisiert, also die Buslinie, seine Buswerkstatt für jeden geöffnet hatte, der eine Panne hatte oder eine Reparatur an seinem Auto vornehmen wollte?
Was war die Folge? – Der Handwerker, der seine Kfz-Werkstatt neben der Buswerkstatt hatte, musste seinen Betrieb zumachen.
Haben Sie denn völlig vergessen, dass wir sogar Energieversorger hatten, die Reiseunternehmen betrieben haben? Sie boten eine Rundumversorgung bis zum Partyservice an.
Das haben wir doch alles gehabt. Herr Becker, Sie haben keine Ahnung. Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf ab. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Respektlosigkeit und Aggressivität zeigen gesellschaftspolitisch an, dass sich da etwas im Bereich der Werte verschoben hat. Das beginnt in der eigenen Familie gegenüber den Eltern und setzt sich fort gegenüber den Lehrern und gegenüber den Ausbildern. Aber gerade gegenüber Polizeibeamten hat sich diese Respektlosigkeit und Aggressivität bundesweit zu einem Ausmaß entwickelt, das wirklich Anlass zur Sorge bereitet.
Auch in Nordrhein-Westfalen berichten Einsatzkräfte immer häufiger davon, dass sie im alltäglichen Dienst verbal oder tätlich angegriffen werden. Dabei ist es gerade der engagierten Arbeit der Polizei zu verdanken, dass wir uns in Nordrhein-Westfalen wirklich sicher fühlen können. Stichworte: Aufklärungsquote über 50 %, Rückgang der Straftaten seit 2005 um 3 %.
Hierfür gebührt unseren Polizeibeamten nicht nur Dank, Anerkennung und Solidarität vonseiten der Politik wie auch der Bürger. Unsere Polizeibeamten verdienen unser aktives Engagement für einen besonderen Schutz vor tätlichen Angriffen während der Ausübung des Dienstes auch durch das Strafrecht. Das hat der Kollege Biesenbach bereits herausgestellt.
Ich begrüße für meine Fraktion insoweit die bereits ergriffenen umfangreichen Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit der NRW-Polizeibeamten im täglichen Dienst wie etwa die kontinuierliche und kostenintensive Verbesserung des passiven Schutzes der Polizeibeamten – von den Schutzwesten bis zum Einsatz des Mehrzweckstocks, vom Ganzkörperschutz bis zur technischen Ausrüstung der Bereitschaftspolizei-Abteilungen –, aber auch die Durchführung einer eigenen Studie zur empirischen
Erfassung des Phänomens der Gewalt gegen Polizeibeamte.
Unsere Forderungen darüber hinaus sind: Wer spuckt oder verbal pöbelt, erhält Post von der Staatsanwaltschaft. Wir werden darauf hinwirken, dass die Dienstvorgesetzten Beleidigungen von Polizeibeamten im Dienst konsequent zur Anzeige bringen. Wer Polizeibeamte angreift, gehört vor Gericht.
Wir setzen uns auf Bundesebene deshalb für eine rechtssystematisch saubere Überarbeitung des derzeitigen strafrechtlichen Sanktionsrahmens, insbesondere § 113 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs, ein, damit unsere Polizeibeamten während der Ausübung ihres Dienstes einen besseren Schutz durch das Strafrecht erfahren.
Oder: Wer Polizeibeamte verletzt oder die Ausrüstung beschädigt, zahlt. Wir prüfen, inwieweit für Verletzungen von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten oder Ausrüstungsbeschädigungen verantwortliche Täterinnen und Täter stärker als heute nicht nur strafrechtliche Sanktionen erfahren, sondern auch für den Ausgleich des finanziellen Schadens durch Dienstunfähigkeit, Reparaturkosten und gegebenenfalls weitere Einsatzkosten haftbar gemacht werden können.
Wir wollen wissen, wer für welche Tat gegen unsere Beamten welche Strafe vor Gericht erhält. Wir wollen, dass im Rahmen der Studie zur Gewalt gegen Polizeibeamte in NRW nicht nur eine systematische Erhebung und Auswertung der Fälle erfolgt, in denen Einsatzkräfte durch Dritte im Dienst verletzt wurden, sondern wir wollen, dass ebenfalls die Ergebnisse strafrechtlicher Ermittlungen sowie die ausgesprochenen Sanktionen festgestellt werden, um möglicherweise die Beweisführung zu optimieren und die Ausnutzung des rechtlichen Strafrahmens durch die Gerichte bewerten zu können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man kann nur mit dem Kopf schütteln, wenn man hört – ich zitiere aus einem Urteil –, dass beim Steinwurf auf einen Polizeibeamten strafmildernd zu berücksichtigen war, dass dieser Schutzkleidung trug. Da kann man nur mit dem Kopf schütteln!
Das ist die Realität.
Den sogenannten Elektroschock-Taser – ich will ihn hier auch erwähnen – im normalen Streifendienst einzusetzen, halten wir noch nicht für zielführend, da beim Einsatz der vermeintlich nicht tödlichen Waffe der Tod insbesondere bei gesundheitlich Vorbelasteten nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann.
Bemerkenswert ist, meine Damen und Herren, wie Linke und Grüne das Problem des Linksextremismus und der Gewalt durch Autonome auf Versammlungen gegen Polizeibeamte verschweigen. Frau
Düker, gestern in Ihrer Pressemitteilung kein Wort dazu! Einige sprechen bereits von erlebnisorientierter Freizeitgestaltung und meinen damit, dass man mit Steinen auf Polizeibeamte werfen oder mit Latten auf sie losgehen kann. Wer solche Vorgänge verschweigt, verharmlost oder verniedlicht, der macht Gewalt gegen staatliche Repräsentanten und Einrichtungen als Mittel des Protestes etwa gegen Rechts salonfähig, ja, er begeht einen schweren Tabubruch.
Wir Liberale treten entschieden gegen Extremismen jeglicher Art ein, ob von Rechts oder Links oder Islamismus. Sie alle sind eine Bedrohung für unseren demokratische Verfassungsstaat und zentrale Herausforderung für Gesellschaft und Politik.
Deshalb begrüßen wir von der FDP-Fraktion heute ausdrücklich diesen gemeinsamen Antrag der Koalitionsfraktionen. – Herzlichen Dank, dass Sie mir zugehört haben.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Jäger, Herr Lux, Herr Moron und alle anderen Kollegen, die sich mit der Kommunalpolitik befassen, wissen doch genau, auf welche Punkte es bei den Kommunalfinanzen ankommt. Das sind im Wesentlichen drei Punkte:
Das Gemeindefinanzierungsgesetz gleicht über 90 % der fiktiven Bedarfe aus. Das ist bundesweit der höchste Wert. Wir wissen aber auch genau, dass der fiktive Bedarf vor Ort anders gesehen wird. Da gibt es ein Delta. So.
Der zweite Bereich ist die Gewerbesteuer. Wir wissen: Wer auf die Gewerbesteuer baut, baut auf Sand. Sie ist konjunkturabhängig. Man kann sich auf die Gewerbesteuer nicht verlassen. Deshalb gehört sie ersetzt. Deshalb ist Berlin gefordert, diese Gewerbesteuer im Rahmen einer Finanzreform durch eine Steuer zu ersetzen, auf die man bauen kann und die für verlässliche Einnahmen der Kommunen sorgt.
Der dritte Teil ist der hausgemachte Teil. Dafür mache ich mich stark. Warum? Wir sind es, die Politik – fassen wir uns ehrlich an die eigene Nase –, Räte und Kreistage, wir sind es in der Regel, die in der Vergangenheit über 30, 40 oder 50 Jahre bei einer Vorlage der Stadt- oder Kreisverwaltung gesagt haben – ich nehme als ein Beispiel, das ich immer wiederhole, den vorgeschlagenen Bau einer Zweifachturnhalle –: Papperlapapp, was soll eine Zweifachturnhalle? Wir bauen eine Dreifachturnhalle. – Die Mittel waren nicht vorhanden.
Die Politik setzte sich über die Empfehlungen der Stadt- oder Kreisverwaltungen mit dem Argument hinweg: Okay, wenn das Geld nicht da ist, gehen wir zu den Banken und leihen uns die Differenz.
Der fatale Satz in der Kommunalpolitik war – Sie sind doch Zeitzeugen; Sie sind doch noch vor Ort verwurzelt; das bin ich auch –: Die Mittel werden bereitgestellt. – Man kann natürlich sehr schön mit dem Geld Dritter – vielfach waren es Kredite – arbeiten.
Das hat dazu geführt, dass wir uns heute in der beschriebenen Situation befinden. Herr Becker, Sie schütteln mit dem Kopf. Sie leugnen die Lebenswirklichkeit ja sowieso; das werden wir möglicherweise gleich auch hören.
Es gibt im Land 427 Gebietskörperschaften. Von den 427 Gebietskörperschaften sind neun schuldenfrei. Darunter ist auch die Großstadt Düsseldorf, unsere Landeshauptstadt. Sie können uns doch nicht weismachen, dass Düsseldorf das Ei des Kolumbus gefunden hat, um tatsächlich schuldenfrei zu sein.
Herr Becker, es wird immer gesagt, die Düsseldorfer haben ihre Stadtwerke verkauft und sind damit schuldenfrei. – Nein, sie haben immer noch eine Mehrheit und können durch den Stadtrat entscheiden, was mit ihrer Versorgung – Strom, Wasser, Gas, etc. – passiert. Es ist eine Mähr, das alles weg sei und Düsseldorf nichts mehr habe, wie Sie es immer behaupten. Umgekehrt wird ein Schuh draus.
Wie sich das in Düsseldorf auswirkt, mache ich einem praktischen Beispiel deutlich: Wenn auf einem der vielen Spielplätze hier in der Stadt ein Spielgerät kaputt ist, ist dieses Spielgerät innerhalb von 48 Stunden repariert oder ersetzt. Warum kann Düsseldorf das? – Weil die Stadt keinen einzigen Eurocent an Zins und Tilgung zu den Banken tragen muss.
Das wollen wir erreichen: Keine Zins- und Tilgungsleistungen mehr!
Deshalb kommt es auf den dritten Teil an. Das ist – ich sagte es bereits – der Bereich, den man selbst im Griff hat. Glauben Sie von der Politik doch endlich einmal den Zahlen Ihrer Verwaltung. Ich führe Ihnen an einem Beispiel vor Augen, wie schlimm es ist.
Ich komme aus dem Rhein-Erft-Kreis. Edgar Moron wird gleich auch noch sprechen. Er wird die Zahlen in etwa bestätigen. Die Gewerbesteuereinnahmen von Wesseling sind in der Wirtschaftskrise von jetzt auf gleich von 60 Millionen € auf nur noch 9 Millionen € gesunken. Von jetzt auf gleich ist nichts mehr mit allen freiwilligen Leistungen zum Nulltarif.
Nein, die hängen im Haushaltssicherungskonzept, weil sie auch auf Gewerbesteuereinnahmen gebaut haben. Deshalb muss diese Steuer weg.
Jetzt, in der Krise, sind sie gezwungen zuzuhören, um zu dem Schluss zu kommen: Ja, verdammt noch mal, wir müssen den dritten Bereich, den wir selbst verantworten, im Rahmen eines Gesamtkonzepts angehen.
Es geht darum – ich betone das, weil wir wieder viele Zuhörer und Zuschauer auf der Tribüne haben –, nicht herauszustellen: „Die Mittel werden bereitgestellt“, sondern herauszustellen: „Sparen ist eine Tugend.“ – Das haben wir doch alle gelernt. Als Kinder haben wir ein Sparbuch und ein Sparschwein bekommen. Sparen ist eine Tugend.
Ich sage Ihnen, Herr Jäger – ich ahne, was kommt; Sie holen ja schon wieder tief Luft –: Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes sind bereit, auch ihren eigenen Beitrag zu leisten,
damit die Kommunen wieder auf die Beine kommen.
Das, was Sie machen, indem Sie sich einzelne Punkte aus dem freiwilligen oder dem sogenannten – also teilweise – freiwilligen Bereich herausgreifen – da muss ein Theater geschlossen werden, da kann man das Schwimmbad nicht mehr benutzen, da ist dieses oder jenes nicht mehr möglich –, das ist populistisch. Das verfängt auch. Das wird auch gelesen. Dazu sagen die Menschen vor Ort natürlich: So ein Mist! Dieses Theater darf nicht geschlossen werden! – Recht haben sie.
Alle – alle! – Ansätze müssen auf den Prüfstand, auch der pflichtige Bereich. In Düsseldorf, in dieser Großstadt, wird der pflichtige Bereich mit deutlich weniger Personal realisiert als in vergleichbaren Städten. Das ist die Krux.
Wir haben hier in diesem schönen Saal am 8. Februar eine große Veranstaltung mit Experten gehabt – und zwar aus verschieden großen Kommunen: einer ganz kleinen kreisangehörigen Stadt, einer mittleren kreisangehörigen Stadt, einer Großstadt und eines Landkreises –, die uns alle unisono auf folgenden Sachverhalt hingewiesen haben: Wenn Sie auf der Personalseite nur eine einzige Stelle zusätzlich einrichten, dann haben Sie eine Entscheidung über roundabout 50.000 € pro Jahr getroffen. Leute – so die Experten –, wenn ihr auf der Einnahmenseite nicht 50.000 € zusätzlich zu erwarten habt, dann gerät der Haushalt aus der Balance! – Wenn man das über Jahre macht – das ist leider von vielen über Jahre gemacht worden –, dann haben wir eine Schieflage wie zurzeit.
Ich möchte einen letzten Punkt ansprechen, den auch Herr Kollege Lux schon erwähnt hat. – Erstmals in der Bundesrepublik Deutschland mit seinem zweistufigen Staatsaufbau erleben wir, dass sich die Bundesregierung zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden die Mühe macht, hinzugucken – wir nennen es Konnexitätsprinzip –: Was ist denn mit den KdU, den Soziallasten? – Es stimmt doch: Der Bund hat den Kommunen über die Länder immer mehr aufgebürdet. Wo sollen die das denn hernehmen? Und das ist über viele Jahre so gelaufen. Wir brauchen auch auf Bundesebene die Wahrnehmung und die Einhaltung des Konnexitätsprinzips.
Wir gehen fest davon aus, dass, wenn die Ergebnisse vorliegen, die Länder für ihre Kommunen, was KdU angeht, mehr Geld zur Verfügung haben, das sie dann auch weitergeben können. Daraus wird ein Schuh! Dagegen sollte man nicht populistisch einzelne Punkte herausgreifen, die Landschaft strubbelig reden und den Leuten Angst machen. Die Menschen in den Gemeinden sind bereit, etwas dazuzutun. Es gibt keine Alternative. – Vielen Dank.
Herr Becker, Sie kommen aus dem Rhein-Sieg-Kreis. Ist Ihnen bekannt, dass Sie Ende 2008 weit über 200 Millionen € Schulden hatten und der etwas kleinere Rhein-Erft-Kreis – er hat knapp 100.000 Einwohner weniger – schuldenfrei ist?
Hervorragend. Vielen Dank, Herr Becker. – Sie haben eben wieder Zahlen vorgetragen. Daraus kann man schließen, dass Sie vermutlich die Zusammenhänge überhaupt nicht kennen. Ist Ihnen bekannt Folgendes bekannt? Sie haben eben behauptet – und Edgar Moron hat das mit einem Zwischenruf bestätigt –, dass sich der Rhein-Erft-Kreis von seinem Vermögen in RWEAktien getrennt hat. – In Teilen. Gerade in diesen Tagen hat der Rhein-Erft-Kreis Aktien auf den Markt gebracht – RWE-Aktien zum Verkauf –, die die Stadt Mülheim an der Ruhr gekauft hat, und zwar Aktien, über die der Rat nicht beschließen kann, dass die Stadt sie verkaufen muss. Warum? Weil man sich in Mülheim Posten und Pöstchen bei der RWE erhalten wollte. Ist Ihnen das bekannt? Wir haben noch RWE-Aktien ohne Ende.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Moron, auch vom kommunalpolitischen Sprecher der FDPLandtagsfraktion herzlichen Dank für fünf Jahre ausgezeichnete Arbeit in diesem Ausschuss. Entschuldigung: Ich wende mich jetzt an ihn.
Den Stellvertreter nehme ich noch mit dazu.
Ich war oft sehr beeindruckt, wie Sie ohne Rücksicht auf parteipolitische und Fraktionsgrenzen beinahe jeden in die Ohrfeigenmaschine gesteckt haben, wenn er es denn verdient hatte. À la bonne heure! Ich ziehe hier den Hut.
Wir kennen uns seit vielen Jahren. Sie werden uns fehlen. Vielen Dank.
Bitte?
Ich komme zur Sache. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich beginne mit einem Zitat. Es kommt sicherlich nicht so oft vor, dass ich Herrn Peter Vorsteher zitiere, Herr Becker. Vielleicht ist er Ihnen
bekannt. Er ist finanzpolitischer Sprecher der grünen Ratsfraktion in Wuppertal.
Das Zitat war am 4. Februar 2010 noch im Internet nachzulesen. Ob es noch dort steht, weiß ich nicht.
Auch Grüne sind bereit, Verantwortung zu tragen. Es muss aber eine Perspektive für Wuppertal deutlich werden. Die Maßnahmen, die Wuppertalerinnen und Wuppertaler tragen, können nur gekoppelt werden an entsprechende Zusagen des Landes. Solange es derartige Zusagen des Landes nicht gibt, etwa zur Entschuldung der Kommunen, solange üben wir uns in zivilem Ungehorsam – wie es uns die Oberhausener vorgemacht haben und einst der Wuppertaler Oberbürgermeister empfohlen hat – und lehnen Einsparbeschlüsse ab. Gleichzeitig sorgen wir dafür, dass sich unsere Landespartei auf die Seite der überschuldeten Kommunen stellt.
Herr Becker, das ist nur ein Beispiel von vielen, das zeigt, dass mit den Schulden, die die Kommunen haben, nicht richtig umgegangen wird.
Die Räte und die Verwaltung bleiben unter ihren Möglichkeiten. Ich sage es Ihnen: Die Bürgerinnen und Bürger auch in Wuppertal, in Remscheid, in Mönchengladbach, wo Herr Körfges zu Hause ist, in Duisburg – egal wo – sind bereit, wenn man wirklich vonseiten der Stadtspitze schonungslos darstellt, wie es aussieht, was die Verwaltung dann vorschlägt, also der dritte Bereich dessen, was man selber tun kann, den ich zum vorhergehenden Tagesordnungspunkt erwähnt hatte, und es schonungslos in einen öffentlichen Diskurs einbringt.
Ich habe nur noch drei Minuten. Ausnahmsweise möchte ich jetzt zu Ende vortragen.
Nein, ich lasse jetzt keine Fragen zu. Jetzt sind es nur noch zwei Minuten.
Öffentlicher Diskurs heißt, über die Grenzen der Fraktionen hinweg – egal, wer etwas zu sagen hat – mit allen Destinatären in der Kommune, in der Stadt Wuppertal, in Mönchengladbach oder wo auch immer, also mit denjenigen, die in den Bereichen Sport,
Kultur oder Soziales Geld empfangen, schonungslos zu diskutieren, was wir uns noch leisten können – dahinter steckt der Versuch, zu deckeln –, um dann mit diesen Destinatären eine Clearingstelle einzurichten, die über jede Veränderung entscheidet, bevor ein Antrag den Rat oder Kreistag erreicht. Damit haben wir im Rhein-Erft-Kreis beste Erfahrungen gemacht. In jedem Antrag, den wir bekommen, steht dann zum Beispiel: Ergebnis der Clearingstelle: Ablehnung.
Bevor aber solche Beschlüsse nicht gefasst werden oder solange man sich so verhält wie zum Beispiel die Grünen in Wuppertal mit Verweis auf Oberhausen – wir wissen ja, dass sich die Oberhausener weigern, solche Beschlüsse zu fassen –, kommen wir da nicht weiter.
Bevor die kommunale Familie in ihrer Gesamtheit mit 427 Kommunen – wir haben leider keine neuen Zahlen, aber ich beziehe mich auf die Anhörung im kommunalpolitischen Ausschuss, bei der die kommunalen Spitzenverbände das Bild, das wir haben, noch schlechter gezeichnet haben, was sicherlich auch richtig ist –, … Bevor das Land oder der Bund dort etwas tun können, müssen wir uns als Landesgesetzgeber, als Haushaltsgesetzgeber auch fragen, welcher von den 427 Kommunen wir denn das Geld wegnehmen sollen.
Sollen wir es etwa denjenigen nehmen, die, wie die heute viel zitierten Düsseldorfer, gut gewirtschaftet haben? Sollen wir denen wirklich allen Ernstes Geld wegnehmen, um zum Beispiel den Oberhausenern, den Duisburgern oder den Essenern zu helfen? Wie wollen Sie das denn machen? Fassen Sie doch an anderer Stelle einmal einem nackten Mann in die Tasche. Das Land hat nicht mehr. Das, was das Land geben konnte, ist gezahlt worden. Darüber hinaus geht nichts.
Zunächst einmal sind auf kommunaler Ebene Überlegungen angesagt: Wie kann ich mir selber helfen? – Dann muss man sehen – das werden wir in dieser Legislaturperiode nicht mehr hinbekommen –, was wir in der nächsten Legislaturperiode in diesem Bereich machen können.
Deshalb ist Ihr Rettungsschirm – Bankenrettungsschirm – auch nur populistisch. Die Banken haben auch einen Bankenrettungsfonds. Der IWF wird jetzt international aufgefordert, wenn ein Land in die Schieflage gerät. So etwas Ähnliches könnte ich mir vorstellen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst sollte der Eindruck zerstreut werden, als würde man sich bei der Praxis der Kettenduldung über Prinzipien der Schutzbedürftigkeit und der Humanität hinwegsetzen. Es geht hier vielmehr um Fälle, in denen tatsächliche oder rechtliche Hinderungsgründe dazu zwingen, die Rückführung des Betreffenden auszusetzen und eine Duldung auszusprechen. Hier bestehen Ausreisepflichten, die sich nicht mit staatlichen Mitteln durchsetzen lassen. Oftmals täuschen Betroffene über ihre Identität, sodass Heimreisedokumente nicht ausstellbar sind. Natürlich gibt es auch Fälle, in denen die Ausreisepflicht zum Teil über Jahre wegen Inanspruchnahme von Rechtsschutz nicht geklärt werden kann. Nur in diesen Fällen kommt es unweigerlich zu einer Kettenduldung. Diese Klarstellung muss sein.
In all diesen Fallgestaltungen sieht das maßgebliche Bundesgesetz, das Aufenthaltsgesetz, aber keine Möglichkeit des Aufenthalts vor. Und das ist der springende Punkt; das wurde ja schon vorgetragen. Hier ist der Bundesgesetzgeber gefragt. Da die Bundesregierung bereits signalisiert hat, sich dieses Themas in dieser Legislaturperiode anzunehmen, sollte man sich nicht voreilig im Sinne des Antrags festlegen.
Auch die weiteren Forderungen, die Altfallregeln fortzuentwickeln, haben weder Hand noch Fuß. Wie bereits ausgeführt, wurde mit dem IMKBeschluss vom 4. Dezember 2009 eine weitere Aufenthaltsperspektive für die Menschen geschaffen, die zum 31. Dezember 2009 die Verlängerungskriterien nach § 104 Abs. 5 und 6 Aufenthaltsgesetz nicht erfüllten. Was soll also Ihre Forderung nach deren Einbeziehung?
Auch Ihre Forderung, das ernsthafte Bemühen um Arbeit als ausreichend anzusehen, wenn es um die Anforderungen an die Sicherung des Lebensunterhaltes geht, ist nicht ausgegoren. Besondere Schwierigkeiten speziell von Ausländern bei der Erlangung von Arbeit gerade in Zeiten eines wirtschaftlichen Tiefs sind uns allen bewusst. Auch die Sachverständigen haben im Herbst 2009 erschütternde Beispiele problematischer Praxisfälle genannt. Dennoch darf die Wertung des Gesetzgebers nicht übersehen werden. Nicht nur die soziale, sondern auch die dauerhafte und vollständige wirtschaftliche Integration wird erwartet.
Die Verlängerungsregeln gemäß IMK-Beschluss vom 4. Dezember 2009 tragen den Bedingungen der Wirtschaftskrise Rechnung. Sie geben aber nicht eine Richtungsänderung hinsichtlich der Wertung des Bundesgesetzgebers vor. Auch insofern gilt es, keinesfalls ohne den Bund Veränderungen anzustreben.
Vorschnelle Bestrebungen verbieten sich auch im Hinblick auf die Forderung nach einem eigenständigen Aufenthaltsrecht für Personen, die in Deutschland einen Schulabschluss machen. Sie denken an minderjährige integrierte Kinder von geduldeten Ausländern. So verständlich der Gedanke an ein weiteres gesondertes Recht für diese Schüler ist: Er würde das Gesamtgefüge des Aufenthaltsrechts aus den Fugen bringen. Denken Sie nur an Art. 6 Grundgesetz. Vor diesem Hintergrund würden Sie mit dem Recht der Kinder quasi nebenbei an sich nicht beabsichtigte Rechte von Familienangehörigen schaffen. Somit gilt auch hier: Keine voreiligen Schüsse aus Nordrhein-Westfalen!
Last, but not least lehnen wir auch ein erleichtertes Aufenthaltsrecht nach zehnjährigem Aufenthalt ab. Was würde das für Signale setzen? Es wären katastrophale Signale an alle, die sich einer Ausreisepflicht trotz unsicherer Zukunftsaussichten nicht widersetzt haben. Müssen sie sich nicht dumm vorkommen gegenüber denen, die sich über zehn Jah
re hinweg widersetzt haben? Überdies würden alle Bedingungen – von der Beherrschung der deutschen Sprache bis hin zur Straflosigkeit – massiv entwertet, wenn das Signal gesendet würde: Halte einfach nur zehn Jahre durch, missachte die Rechtsordnung!
Solche Signale dürfen wir nicht senden. Deshalb können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Gießelmann, persönlich, aber auch im Namen von Frau Piepervon Heiden, die ich hier vertrete, sage ich herzlichen Dank für die faire Zusammenarbeit im entsprechenden Fachausschuss.
Ich finde es schon erstaunlich, dass eine Landtagsfraktion, die jahrlang eine rot-grüne Landesregierung getragen und Schulden über Schulden angehäuft hat, in ihrem Antrag von Verantwortungsübernahme spricht. Das ist Hybris. Ich erinnere noch einmal daran: Im Mai 2005 musste Finanzminister Linssen jeden Tag 13,2 Millionen € zu den Banken tragen.
Wir wollen keinen Aufbau von Befrachtung im Gemeindefinanzierungsgesetz, sondern wir pflegen den gepflegten Abbau. Das gibt mehr Freiheit vor Ort.
In Landesregierung und Koalitionsfraktionen besteht absolute Einigkeit, dass der Erhalt von Beratungs- und Hilfestrukturen gerade beim Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen von besonderer Wichtigkeit ist. Deshalb haben wir in diesem Bereich keine weiteren Kürzungen vorgenommen. Wir haben bereits ein beispielhaftes Netz an Beratungs- und Hilfestrukturen für Frauen. Unsere Frauenhäuser leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt. Dies soll und wird auch erhalten bleiben.
Selbstverständlich wäre es auch uns lieber, wenn wir in diesem Bereich deutlich größere finanzielle Sprünge machen könnten. Wenn Sie aber einen derart desolaten Haushalt einer Vorgängerregierung übernehmen, und dann auch noch von einer der schwersten Wirtschaftskrisen aller Zeiten geschüttelt werden, ist es wichtiger, eine dauerhafte Bereitstellung verlässlicher Grundstrukturen zu gewährleisten. Ich möchte noch einmal betonen, dass unsere Grundstrukturen im Bundesvergleich spitze sind.
Wenn Sie in Ihrer Regierungszeit auch nur ein bisschen Verantwortung übernommen hätten, statt über Generationen hinweg Schulden zu machen, wären wir heute noch viel weiter. Wir haben es heute Vormittag schon einmal gehört: Am 31. Dezember 2008 hatten diese Landesregierung und die von ihr getragenen Koalitionsfraktionen – man könnte beinahe sagen: seit Generationen – das erste Mal einen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet: 164 Millionen €. – Das hat nur niemand wahrgenommen, weil der Finanz-Tsunami alles überlagert hat.
Bei der Fortführung Ihrer Politik hätten wir den Laden Nordrhein-Westfalen und dieses gute Hilfenetz bereits insgesamt dichtmachen können. Natürlich wollen auch wir unser gutes Hilfenetz noch weiter ausbauen. Auch uns wäre es lieber, wenn wir gerade in diesem Bereich nicht auf jeden Eurocent achten müssten. Es muss aber jeder seinen Konsolidierungsbeitrag erbringen. Im Gegensatz zu Ihnen halten wir auch keine Sonntagsreden. Was Sie den Menschen versprechen, können Sie doch gar nicht finanzieren. Aber das scheint Ihnen wie immer völlig egal zu sein. Im Zweifel wird es dann eben auf Pump finanziert. Wie und wann wer diese Schulden zurückzahlt, steht bei Ihnen nicht auf der Agenda.
Unsere jetzige Finanzierung ist auf verlässliche Füße gestellt. Dass es immer Verbesserungsbedarf gibt, bezweifeln wir doch gar nicht. Insbesondere das Vorliegen von Spitzen bei der Belegung von Frauenhäusern in Ballungsgebieten ist unbestritten. Wie Sie im Frauenausschuss zur Kenntnis nehmen konnten, hat die Landesregierung bereits eine Platzbedarfsanalyse durchgeführt und arbeitet an
der Lösung dieses Problems innerhalb des bestehenden Systems. – Herzlichen Dank.
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kuschke, ich bitte um Nachsicht, aber eigentlich hätte über Ihrem Antrag eine andere Überschrift stehen müssen: „Mehr Staat, weniger Markt – koste es, was es wolle“.
Mit Verlaub: Die Daseinsvorsorge in NordrheinWestfalen befindet sich auf dem höchsten Niveau weltweit. Wir wollen, dass das so bleibt. Deshalb haben wir uns für dieses wichtige Thema auch so stark gemacht.
Wir sind der Meinung, dass man hinsichtlich der Qualität noch einiges verbessern kann. Da kommt den privaten Anbietern übrigens eine ergänzende Schlüsselstellung zu. Der Staat hat sich ja beinahe schon in jede Lebensritze hineingedrängt. Zum Ende der Legislaturperiode erinnere ich noch einmal an die Präambel in unserem Koalitionsvertrag. Mit „Freiheit vor Gleichheit“, „Privat vor Staat“, „Erarbeiten vor Verteilen“ und „Verlässlichkeit vor Beliebigkeit“ haben wir herausgestellt, um was es uns geht, nämlich darum, die Erbringung von Aufgaben der Daseinsvorsorge durch die öffentliche Hand sicherzustellen. Anderes gehört sicherlich nicht dazu.
Kommunale Unternehmen machen vielfach hervorragende Arbeit und sollen dies auch weiterhin tun. Es ist schlicht und ergreifend falsch, wenn die SPD suggeriert, bei der Erbringung von Dienstleistungen zur Daseinsvorsorge durch Private blieben die Verbraucher häufig auf der Strecke. Vielfach ist genau das Gegenteil der Fall.
In der Stromversorgung gibt es beispielsweise schon immer Gebiete des Landes, in denen die Endkundenversorgung nicht durch kommunale Stadtwerke, sondern durch private Unternehmen gewährleistet wird. Die Stromversorgung in diesem Teilraum ist seit jeher genauso gut wie in den Zuständigkeitsbereichen der Stadtwerke. Sie wird es auch in Zukunft sein. Auch die Preise in der Energiewirtschaft entwickeln sich durch wettbewerbliche Strukturen nicht negativ.
Im Gegenteil: Mit der Liberalisierung des Strommarktes – das wissen wir doch alle – sind die Kilowattstunden-Preise erheblich gefallen. Der Verbraucher freut sich, aber leider hat es niemand gemerkt. Warum? Weil diese Einsparungen postwendend durch neue staatliche Aufgaben einfach aufgefressen wurden. Verantwortlich hierfür – das haben Sie zu vertreten – sind die Ökosteuer, das Erneuerbare-Energien-Gesetz und das KraftWärme-Koppelungsgesetz. Diese Verbraucher
zwangsabgaben summieren sich auf sage und schreibe 15 % unserer Stromrechnung.
Hinzu kommen noch Mehrwertsteuer und Konzessionsabgabe. Die eigentlichen Stromkosten – hören Sie gut zu, aber die Zahlen kennen Sie doch –,
also die Kosten für Stromerzeugung und Netznutzung, belaufen sich gerade einmal auf 59 % des Rechnungsbetrages.
Wenn hier Verbraucher auf der Strecke bleiben – mit Sicherheit nicht durch marktwirtschaftlichen Wettbewerb.
Auch in der Abfallentsorgung gibt es gute Beispiele dafür, dass private Unternehmen ihre Dienstleistungen kostengünstiger und besser anbieten als kommunale Anbieter.
In meiner Heimatstadt Pulheim – ich bringe dieses Beispiel, ich habe es schon einmal von diesem Pult aus erwähnt – konnten wir zum 1. Januar 2010 die Abfallbeseitigungsgebühren um mehr als 10 % senken. Warum? Weil wir europaweit ausgeschrieben haben, und die städtische Entsorgungsleistung hat dann einen Anbieter gefunden, der die Preise senken konnte.
Die Verbraucher haben Beifall geklatscht. Das Erstaunliche im Bereich der Abfallentsorgung ist übrigens, dass sich private Entsorger – auch das wissen Sie – häufig gegen kommunale Entsorger durchsetzen, obwohl sie schon allein aufgrund der steuerlichen Ungleichbehandlung einen monetären Wettbewerbsnachteil haben: die Mehrwertsteuer.
Das augenfälligste Beispiel für den guten Einfluss privatwirtschaftlicher Akteure in der Daseinsvorsorge hat die SPD im Landtag selbst genannt: den Telekommunikationsmarkt. Wenn dieser Markt nicht liberalisiert worden wäre, hätten wir wohl noch auf Jahre hinweg mit grünen Wählscheiben gearbeitet und zwischen Fern- und Ortsgesprächen unterscheiden müssen. Es gibt also gute Gründe dafür, Aufgaben der Daseinsvorsorge von privaten Unternehmen oder zumindest in PPP-Form erbringen zu lassen. Da sind Sie, Herr Kuschke, ja auch sehr gut zu Hause.
Trotzdem fordert die SPD im Kern ihres Antrags ein Protektorat für öffentliche Strukturen und setzt sich für die rückwärtsgewandte Rekommunalisierung ein. Auf diese Weise wird es niemals gelingen, mei
ne sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dass der große europäische Binnenmarkt im Versorgungssektor umgesetzt werden kann. Dies kann mit Sicherheit nicht im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher sein.
Für die privatwirtschaftlich erbrachte Daseinsfürsorge braucht es allerdings solider ordnungspolitischer Rahmenbedingungen, die für die Sicherung ihrer Qualität sorgen. Das ist Aufgabe des Staates. Derartige Rahmenbedingungen sind allerdings in der Regel vorhanden. So ist zum Beispiel in der Energiewirtschaft eine sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas zu gewährleisten – nachzulesen in § 1 Energiewirtschaftsgesetz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der SPD scheint es offensichtlich nur darum zu gehen, einen Keil zwischen die öffentliche und die privatwirtschaftliche Daseinsvorsorge zu treiben. Dies ist Ausdruck ihrer fehlgeleiteten ideologischen Annahme, nur öffentliche Daseinsvorsorge sei gute Daseinsvorsorge. Damit befinden Sie sich auch – dazu müssen Sie sich auch noch erklären, das lassen wir nicht durchgehen – in guter Gesellschaft mit den Linken, die ausweislich des Entwurfs ihres Landtagswahlprogramms so gut wie alles verstaatlichen wollen, was nur im Entferntesten mit Daseinsvorsorge zu tun hat.
Ich komme zum Schluss. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage es mit Shakespeare: viel Lärm um nichts. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Rudolph, Sie haben aus dem Innenausschuss richtig zitiert. Die Polizei in NRW hat alles im Griff. Sie ist von Organisation und Personalstärke her gut aufgestellt. Das Land hat mit anderen Ländern und dem Bund eine Bekämpfungsstrategie „Rockerkriminalität“ entwickelt – das wissen Sie –, der die Innenministerkonferenz im Oktober 2009 zugestimmt hat. Auf die begangenen Rechtsverstöße und Gewalttaten wurde konsequent reagiert. Alle denkbaren taktischen Mittel wurden eingesetzt – ebenso alle notwendigen polizeigesetzlichen und strafprozessualen Mittel.
Im November 2009 wurde dem Polizeipräsidium Münster die landesweite Zuständigkeit bei der Bekämpfung der Rockerkriminalität in NRW übertragen. Schon nach vier Wochen wurde die Zuständigkeit wieder aufgehoben. Grund dafür war, dass sich die Lage zwischen den Rockerbanden in NordrheinWestfalen wieder eher unauffällig zeigte, und das bis heute.
Die Verhinderung weiterer Gewaltexzesse, eine beweissichere Strafverfolgung und die Sicherheit der Bürger haben allerhöchste Priorität. Wer möchte daran zweifeln? Rechtsfreie Räume werden selbstredend keinesfalls zugelassen.
Sie fordern in Ihrem Antrag eine sorgfältige Prüfung von Verbotsverfügungen gegenüber den Vereinen der Hells Angels und der Bandidos. Sehen wir den Grenzen und Möglichkeiten ins Auge! Der Innenminister kann ein Verbot nur unter engen Voraussetzungen aussprechen. Die Zwecke oder Tätigkeiten des Vereins müssen strafbar oder verfassungswidrig sein. Insofern bedarf es mehr als – in Anführungszeichen – „nur“ Straftaten einzelner Clubmitglieder.
Die Vereine sind aber nicht auf den Kopf gefallen. Sie versuchen alles, um eine Zurechnung von Straftaten zum Verein zu vermeiden. Das wissen auch Sie. Solange sich der Staat an Vereinsverboten nach § 3 Vereinsgesetz oder dem Nachweis der Bildung oder Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung nach § 129 Strafgesetzbuch aber die Zähne
ausbeißt, sollte man sich ohne Veränderung der Sachlage nicht weiter darauf konzentrieren.
Was nützt ein Verbot überhaupt in der Praxis? Diese Frage muss man sich auch stellen. Zwar wäre kraft Gesetz – hier ist § 8 Vereinsgesetz einschlägig – auch eine Nachfolgeorganisation verboten. Die seltenen Beispiele von Verboten haben aber gezeigt, dass dafür dennoch Spielräume geschaffen würden. Dies zeigt sich nach dem Verbot der Düsseldorfer Hells Angels 2001 durch das Erscheinen entsprechender Rocker in Solingen. Das zeigte sich auch bereits nach dem Verbot der Hamburger Hells Angels 1983. Längst hat eine inoffizielle Nachfolgeorganisation aus dem nahen Mecklenburg namens Harbour City die Geschäfte übernommen.
Insofern können wir für Ihren Antrag, Herr Dr. Rudolph, keine Sympathie empfinden. Wir empfehlen, ihn abzulehnen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Groth. Würden Sie unter dem Stichwort „Baum verklagt Wolf“ bitte schön zur Kenntnis nehmen, dass das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein neues Grundrecht geschaffen hat, das weder Sie noch Herr Wolf, weder der Landtag noch irgendeine Institution in Deutschland kannten? Würden Sie das bitte zur Kenntnis nehmen? – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Körfges, ich hatte gestern bei der zweiten Lesung zu dem Punkt „Streit der Wissenschaft, Färber/Lenk“ ausgeführt, dass es, wissenschaftlich gesehen, weder einen richtigen noch einen falschen Weg gibt. Das muss man anerkennen, ebenso, dass es die Landesregierung nach der Anhörung geschafft hat, eine Annäherung zwischen Färber und Lenk herzustellen, also, wenn Sie so wollen, da die Mitte zu finden. Von daher sind nicht nur die Sorgen und Nöte der Kommunen berücksichtigt, sondern auch die Sorgen und Nöte, die das Land hat.
Ich möchte aber ergänzen: Sie sprechen den Solidarpakt an einer Stelle an, haben hier aber nicht dargelegt, dass er 2019 ausläuft. Auch das hat etwas damit zu tun, dass wir diesen Vertrag einhalten. Davon kommen wir vorher nicht herunter. Das ist auch Klarheit und Wahrheit. 2019 läuft er aus; das muss man so sehen.
Wir haben uns im kommunalpolitischen Ausschuss wiederholt darüber unterhalten: Wenn Sie dezidiert die hohe Verschuldung der Kommunen ansprechen, dann bin ich total bei Ihnen.
Aber was uns dabei in der Sache trennt, ist Folgendes: Wir müssen – das ist alternativlos – in den Kommunen weg von der Verschuldungspolitik. Das ist kein Vorwurf; das waren die letzten 50 Jahre. Wir brauchen da den Mentalitätswechsel. Das Schlüsselwort – auch für Sie, Herr Becker; Sie sind auch ein Kommunaler – für die Kommunalen, was uns in diese Verschuldung getrieben hat, war immer: Die Mittel werden bereitgestellt. Das wissen wir alle. Wenn wir die Mittel nicht hatten, wurden sie von den Banken geholt. Das Ergebnis dieser Verfahrensweise kennen wir heute. Also sage ich an dieser Stelle zu diesem Punkt: Es ist alternativlos, diesen Mentalitätswechsel einzuleiten.
Ich sage Ihnen auch: Dabei haben wir einen Verbündeten, und zwar die richtig gute fachliche Seite in den Kommunen. Das ist immer die Stadtverwaltung. Sie ist bereit, einen solchen Weg zu gehen, schonungslos die Situation darzustellen und auch schonungslos zu sagen, wie und mit welchen Maßnahmen wir denn in der Kommune XY – da, wo Land unter ist – den Konsolidierungspfad erreichen könnten.
Aber dabei müssen wir immer ehrlich sein und an unsere eigene Brust klopfen, ich auch. An dieser
Stelle war immer die Politik der schwächere Teil, weil sie gesagt hat: Das geht überhaupt nicht; wir wollen wiedergewählt werden. – Diese Zeiten sind vorbei. Weder der Bund noch das Land sind – auch vor dem Hintergrund des Finanztsunamis – in der Lage, on top so zu helfen, wie Sie sich das vorstellen.
Noch einmal zurück zum Einheitslastenabrechnungsgesetz: Es ist die Annäherung zwischen den Vorschlägen Lenk und Färber. Das ist die Mitte; mehr geht nicht. Deshalb lade ich Sie heute noch einmal ein: Stimmen Sie diesem Gesetzentwurf zu! – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Nach dem Beitrag vom Kollegen Becker habe ich mich noch einmal gemeldet; das ist auch nötig gewesen. Er hat aber auch vermutet, dass das möglicherweise passiert.
Als Antwort auf meinen Beitrag, Herr Becker, haben Sie einen Mentalitätswechsel der Landesregierung eingefordert. Ich sage es Ihnen noch mal deutlich: Den hat es im Mai 2005 gegeben. Eindrucksvoller als mit den Zahlen, eben vom Innenminister vorgetragen, zwischen 2006 und 2010 – zehn Milliarden € mehr für die Kommunen – kann man das nicht belegen.
Aber ich habe mich auch wegen der vielen jungen und auch älteren Zuschauer und Zuhörer auf der Tribüne gemeldet. Herr Becker, schauen Sie mal auf die Homepage von www.gruene-wuppertal. Da steht unter Nr. 7 vom 03.02. auf die Empfehlung des Gemeindeprüfungsamtes, wie die Grünen sich dort verhalten. Ich zitiere:
Solange es derartige Zusagen
mit den Zusagen ist gemeint: das Land oder der Bund, das Land –
des Landes nicht gibt, etwa zur Entschuldung der Kommunen, solange üben wir uns
die Grünen in Wuppertal –
in zivilem Ungehorsam – wie es uns die Oberhausener vorgemacht haben und einst der Wuppertaler Oberbürgermeister empfohlen hat – und lehnen Einsparbeschlüsse ab.
Sie versündigen sich an den Kommunen. Denn jeder Euro, den Sie über die Zins- und Tilgungsleistungen an die Banken zahlen, ist ein Euro zu viel.
Sie haben es nicht begriffen, was Mentalitätswechsel bedeutet! Das schreiben wir Ihnen heute ins Stammbuch.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss mich kurz fassen; ich glaube, ich habe nur noch eine Redezeit von 20 Sekunden.
Ich rufe Ihnen Folgendes zu, Herr Körfges, Herr Eiskirch und alle, die jetzt wieder Dampf ablassen:
Wenn das, was die Opposition will, umgesetzt würde, dann würden gerade die Stadtwerke in den Marktsegmenten als Konkurrenten auftreten, in denen sie ihre Kernkompetenz haben, zum Beispiel im Endkundenvertrieb, in der dezentralen Stromerzeugung oder bei Energiedienstleistungen. Gerade dort haben sich nämlich seit der Liberalisierung viele kleine und mittelständische Betriebe ohne jedwede Privilegien am Markt durchgesetzt. Deshalb sehen wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, für Ihren Gesetzentwurf hier und heute keine Chance. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Gödecke, ich weiß gar nicht, was Ihre Kritik soll. Wir befinden uns heute in der zweiten Lesung eines ganz normal zustande kommenden Gesetzes. Außerdem kann es durchaus sein, dass Kabinettsmitglieder entschuldigt fehlen. Das wissen Sie als Parlamentarische Geschäftsführerin Ihrer Fraktion.
Es kann Gründe geben, warum man tatsächlich nicht kann. Sie stellen es hier gerade so dar, als ob das Vorsatz sei. Es ist wirklich kein Vorsatz.
Doch, ich habe mich eben noch einmal erkundigt. Bei allen ist Redebedarf vorhanden. Deshalb debattieren wir auch wieder.
Bei uns ist er schon vorhanden. – Nun hören Sie bitte einmal ganz kurz zu, meine sehr verehrten Damen und Herren. Vieles ist hier ja bereits gesagt worden.
NRW verfügt über ein modernes und auf große Akzeptanz stoßendes Stiftungsrecht. Das wollen wir heute in der zweiten Lesung noch einmal deutlich machen.
Bereits 2005 wurde das Stiftungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen einstimmig verabschiedet. Heute schaffen wir das vermutlich auch wieder.
Hinsichtlich der nunmehr beratenen Änderungen hat sich der Innenausschuss in seiner Sitzung am 28. Januar 2010 – das ist noch gar nicht so lange her – wieder einstimmig für die Annahme des vorliegenden Gesetzentwurfs ausgesprochen. Ich denke, dass es auch so kommen wird.
Aufgrund der Einigkeit aller vier Fraktionen nach den Detailberatungen im Ausschuss möchte ich mich hier kurzfassen und allgemein Folgendes feststellen:
Die durchgeführte Evaluierung hat gezeigt, dass sich die rechtliche Ausgestaltung des Stiftungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen sowie die praktische Anwendung und die praktizierte Stiftungsaufsicht einer großen Beliebtheit erfreuen. Die hohen Zahlen der Stiftungsanerkennung in NRW belegen, dass durch den Abbau bürokratischer Hürden sowie gute Dienstleistung und Beratung die Motivation und das Engagement der Bürger nachhaltig unterstützt werden.
So konnten wir bei der Zahl der Stiftungen in NRW von 2005 bis 2008 in nur drei Jahren einen Anstieg von 2.500 auf knapp 3.200 verzeichnen. Das macht mehr als 200 Neugründungen pro Jahr aus – 70 % davon durch Privatpersonen.
NRW ist Stiftungsland – drei Ausrufezeichen! Das kann man hier selbstbewusst feststellen. Mit diesem Stiftungsbestand hat NRW nämlich absolut gesehen das größte Stiftungsaufkommen privatrechtlicher Stiftungen in Deutschland.
Dies ist umso erfreulicher, als sich die Zahl der Bürgerstiftungen auf über 80 erhöht hat und bei den Zielsetzungen der Stiftungen in NRW nach wie vor soziale Zwecke mit Abstand ganz oben stehen.
Ihnen folgen Erziehung und Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie Kunst und Kultur; aber auch die Förderung der Völkerverständigung, des Tier- und Umweltschutzes, der religiösen Zwecke und des Sports haben einen festen Platz.
Stiftungen bereichern das Land NordrheinWestfalen somit in vielen gesellschaftlichen Berei
chen. Deshalb stimmen wir diesem Gesetzentwurf zu.
Über einzelne Stifter möchte ich hier nicht sprechen. Es gibt aber private Stiftungen, die mit einem unglaublichen finanziellen Volumen ausgestattet sind und sich mit Investitionen in unserem Land gerade im sozialen Bereich, im karikativen Bereich und im Bildungsbereich einen Namen gemacht haben. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere nicht einfache Aufgabe war es, im Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen notwendige, hinreichend bestimmte und klare sowie rechtssichere gesetzliche Eingriffsbefugnisse zu schaffen und zugleich ein verfassungsrechtlich und verfassungsgerichtlich gefordertes hohes Niveau des Persönlichkeits- und Kernbereichsschutzes festzuschreiben.
Denn eine Eingriffsbefugnis der Polizei beinhaltet auf der anderen Seite immer, dass auf dieser Grundlage in die Rechte der Bürger eingegriffen werden kann. Datenerhebungen, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung berühren können, sind von besonderer Eingriffsintensität. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu selbst zwingende Leitlinien zur Wahrung der Verfassung aufgestellt, die es umzusetzen galt. Dabei musste zudem die Praxistauglichkeit der Norm sichergestellt werden.
Wir haben ein Polizeigesetz vorgelegt, das mit der Zuständigkeit für die öffentliche Ordnung, dem finalen Rettungsschuss und dem DNA-Abgleich nicht nur neue sinnvolle Regelungen, sondern auch mehr Rechtssicherheit für die Polizei in NRW bietet.
Ich möchte noch einmal den finalen Rettungsschuss herausgreifen: Bislang fußt dieser auf Bestimmungen der Notwehr und Nothilfe, einem Recht, das für jedermann geschaffen wurde. Wenn man sich auf diese Bestimmung beruft, bleibt ein Quäntchen Rechtsunsicherheit für die Haftungsfrage. Polizei handelt aber nie wie jedermann, sondern immer als Amtswalter. Deshalb haben wir diese Ultima Ratio, den schlimmsten Eingriff, um zum Beispiel eine Geisel aus einer lebensbedrohlichen Situation zu befreien, in das Gesetz geschrieben. Damit ist auch das letzte Quäntchen Rechtsunsicherheit, nämlich die Haftungsfrage, beseitigt. Der Staat haftet.
Wir haben aber auch einen klaren und ausgewogenen Kernbereichsschutz für alle bereits bestehenden verdeckten polizeilichen Maßnahmen – bis hin zum Richterband bei der präventiv-polizeilichen Wohnraumüberwachung – eingebaut. Die Schaffung von irgendwie erdenklichen, in der Praxis bislang nicht erforderlichen Befugnissen auf Vorrat
hat der Gesetzgeber zu unterlassen. Dem sind wir konsequent gefolgt.
Wir Liberale haben es abgelehnt, uns einem Wettlauf der anderen Bundesländer nach immer mehr Technik und immer mehr Eingriffsbefugnissen anzuschließen. Bürger- und Grundrechte schränkt man nicht mal eben ein, weil andere das auch machen. NRW ist nicht nur das bevölkerungsreichste Bundesland, sondern hat auch eine maßgebliche Rolle bei der Schaffung des Grundgesetzes gespielt.
Datenschutz ist und war immer ein Schwerpunkt liberaler Politik in Nordrhein-Westfalen. Eine gesetzliche Regelung muss erforderlich, geeignet und angemessen sein. Das ist verantwortungsvolle Innen- und Rechtssetzungspolitik der FDP. Wir in Nordrhein-Westfalen setzen auf mehr Personal bei der Polizei, auch wenn viele andere Bundesländer es abbauen, was falsch ist – 10.000 Stellen weniger im letzten Jahr.
Auf eine gute Ausbildung und Sachausstattung sowie Besoldung unserer Polizeibeamtinnen und -beamten sei hingewiesen. Nirgendwo verdient ein Schutzmann so viel wie in NRW. Ich will es einmal beziffern: Das Regelnettogehalt bewegt sich zwischen 2.000 € – „ganz unten“ bei einem 26jährigen Polizeikommissar, ledig, Steuerklasse I – und gut 3.000 € – bei einem 41-jährigen Polizeihauptkommissar, verheiratet, zwei Kinder, Steuerklasse III. Das muss man hier auch einmal sagen. Die Larmoyanz draußen ist völlig unberechtigt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Polizei steht gerade in diesem extrem langen Winter ihren Mann und ihre Frau. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und ein Dankeschön für den harten Einsatz draußen sagen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben in einer umfangreichen Anhörung breiten Sachverstand aus polizeilicher Praxis und von Verfassungsrechtlern eingeholt. Nach gründlicher Auswertung sind daraufhin einige weitere Änderungen am Entwurf vorgenommen worden.
Die Grünen haben unser Gesetz ganz überwiegend gelobt – ich will das hier erwähnen, Frau Düker – und auch dem Änderungsantrag im Innenausschuss zugestimmt. Das ist bemerkenswert.
Die SPD hat sich den Beratungen weitgehend verweigert. Änderungsanträge zu dem eigenen Entwurf, der in der Anhörung erhebliche Kritik bekommen hat – Herr Dr. Rudolph, das war so –, ließen lange auf sich warten, obwohl in der Anhörung zum SPD-Gegenentwurf wesentliche Regelungen sogar von eigens benannten Experten wörtlich – ich habe es schon in der Lesung davor gesagt – als nicht
haltbar, zu unbestimmt, sinnoffen, „Notwendigkeit nicht nachgewiesen“ bewertet wurden. Das war mit Sicherheit optimierungsbedürftig.
Wichtig ist mir noch eine Botschaft: Die Polizei muss bei allen Aufgaben und Herausforderungen der Gegenwart eine Einheit darstellen. Wo Polizei draufsteht, sollte auch Polizei drin sein. Schauen wir noch einmal nach Hessen, wo es mittlerweile eine Vierteilung der Polizei gibt: erstens den Crashkurs zum freiwilligen Polizeidienst mit Tränengas und besonderen Rechten wie der Ausweiskontrolle, zweitens den bewaffneten kommunalen Ordnungsdienst namens Stadtpolizei, drittens die beim Land angestellte bewaffnete Wachpolizei sowie viertens die normalen Landespolizeibeamten. Solch eine Vierteilung wollen wir nicht. Ich sage für NordrheinWestfalen noch einmal: Wo Polizei draufsteht, muss auch gut ausgebildete, gut ausgestattete, gut besoldete, mit allen notwendigen Kompetenzen versehene Polizei drinstecken.
Wir schicken unsere Beamten zu Recht auf die Fachhochschule und nicht im Kleinwagen auf Streife. Denn Polizei ist in Nordrhein-Westfalen ein Gütesiegel und genießt deshalb hohes Vertrauen. Es ist ein Irrglaube, dass es, wenn inflationär jeder diese Bezeichnung tragen kann, schon sicherer werden wird.
Ein Beispiel: Statische Lagen beim stationären Objektschutz können sich sehr schnell in eine bewegliche Lage entwickeln. Dann braucht der Beamte im Objektschutz seinen ganzen Instrumentenkasten, sein ganzes Wissen aus der umfangreichen Ausbildung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, stimmen Sie dem Gesetz zu, denn es ist ein gutes Gesetz. Es ist ein guter Tag für Nordrhein-Westfalen und auch ein guter Tag für unsere Polizei. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verfolgt die Landesregierung das Ziel, Rückzahlungsansprüche der Kommunen im Rahmen ihrer Beteiligung an den Lasten der deutschen Einheit für die Jahre 2006 bis 2008 endgültig abzurechnen. Damit kommt das Land nicht nur seinen Verpflichtungen aus dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs von 2007 nach, sondern schafft auch eine planungssichere Basis zur Bestimmung der Einheitslasten für die verbleibende Zeit bis zum Auslaufen des Solidarpakts II im Jahr 2019.
Der Gesetzentwurf wurde durch mehrere Gutachten intensiv vorbereitet und unter Einbeziehung von Fachexperten sowie der Kommunalen Spitzenverbände detailliert erörtert, zuletzt noch einmal im Rahmen einer Anhörung im Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform am 13. Januar dieses Jahres.
Bei der Entwicklung des Gesetzes hat sich die Landesregierung darum bemüht, die Argumentationsketten aus den vorliegenden Expertisen sowie die Positionen der Betroffenen untereinander und gegeneinander abzuwägen, um am Ende eine konsensorientierte Lösung zu finden.
Vor allem aufgrund der enormen Meinungsdifferenzen zwischen den beteiligten Fachleuten war dies am Ende der Beratung jedoch nur zum Teil möglich. Während für das Jahr 2006 einvernehmlich eine Überzahlung von 379 Millionen € anerkannt wurde, ließ sich bezüglich der Folgejahre kein gemeinschaftlich getragenes Ergebnis erzielen.