Meine Damen und Herren! Ich heiße Sie herzlich willkommen zu der heutigen, 100. Sitzung des Landtags NordrheinWestfalen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich 23 Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Antrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/7464
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Demokratie ist die humanste und damit die den Menschen gemäßeste Staatsform. Jeder in diesem Saal wird sich zu dieser Aussage bekennen. Die Demokratie hat aber auch Nachteile.
Dafür, dass wir in ihr leben dürfen, bezahlen wir so manchen Preis. Einer der höchsten besteht darin, dass wir diejenigen, die die Demokratie zerstören wollen, bis zu einem gewissen Punkt ertragen müssen. Es dauert eine ganze Weile, bis die Demokratie, wie es so schön heißt, wehrhaft wird. Darüber mögen wir uns ärgern, aber wir wissen, dass wir diesen Preis bezahlen müssen. Um einen solchen Fall geht es heute.
In Köln soll eine neue große Moschee gebaut werden. Darüber, dass es im Grundsatz nicht nur erlaubt, sondern eine gute und eine wirklich berechtigte Sache ist, sind sich alle Demokraten einig.
Allerdings streitet man über das Wie. Es geht um Fragen des Städtebaus, auch um Fragen wie der Einzelhandelsrelevanz des Geländes. Und, wir brauchen gar nicht darum herumzureden, es geht auch um Symbole. Das ist an sich nichts Schlimmes.
Eine solche Diskussion darf, ja muss in einer Kommune geführt werden. Die allermeisten, die sie in Köln führen, tun das gradlinig, fair und ohne ungute Untertöne. Aber hier nun beginnt das Problem. Wie sich Bakterien einer ungeschützten Wunde nähern, so kriechen jetzt die Feinde der Demokratie aus ihren Löchern. Sie sind wenige, aber sie sind giftig, und sie versuchen, die vermeintliche Wunde zu infizieren, die Diskussion zu vergiften.
Aus sich heraus haben sie keine Bedeutung. Aber wenn sie auf die vermeintliche Wunde kriechen, dann, so glauben sie, würden sie bedeutend werden. Das, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist die Strategie, die hinter diesem widerwärtigen Kongress steht, den Rechtsextreme in Köln ausrichten wollen. Was die vorhaben, ist leicht zu durchschauen, aber zu verhindern ist es schwerlich.
Tun können wir aber dennoch etwas. Wir müssen klarmachen, dass wir diese Strategie durchschauen. Wir müssen sie entlarven. Wir müssen deutlich machen, dass nicht die vermeintliche Wunde das Problem ist, sondern die Bakterien. Und wir müssen diesen Menschen deutlich demonstrieren, wie unwichtig sie wirklich sind. Genau das tun wir heute.
Mit einer gemeinsamen Resolution zeigen wir, dass alle Fraktionen im nordrhein-westfälischen Landtag erkannt haben, was da gespielt wird. Auch wenn wir in vielen Dingen verschiedener Meinung sind: An dieser Stelle stehen wir zusammen. Über Einzelfragen der Integration mag man trefflich streiten. Aber wir lassen uns dieses wichtige Politikfeld nicht von einigen wenigen verseuchen.
Nicht umsonst finden wir in Integrationsfragen immer wieder die Einstimmigkeit. Wir tun das auch gerade deshalb, damit die Feinde unserer Demokratie möglichst wenige Angriffsflächen haben. Denn da, wo ein großer Konsens ist, gibt es Angriffspunkte nur an den äußersten Rändern. Das soll und wird so bleiben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen: Manchmal muss man einen Preis für die Demokratie bezahlen. An einem Tag wie heute kann man aber auch Gewinne machen. Wenn die Feinde herankriechen, dann stehen wir zusammen.
Wir sollten das gewiss nicht zu oft machen; denn meistens kommt man nur voran, wenn man vorher fruchtbar – nicht furchtbar, sondern fruchtbar – streitet. Aber wenn es um Grundsatzfragen geht, dann gibt es keine Alternativen zum gemeinsamen Schulterschluss. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn am Freitag und Samstag in Köln ein Häufchen Rechtsextremer, die im demokratischen Deckmäntelchen auf Stimmenfang gehen, zu ihrem sogenannten Anti-Islamisierungskongress einladen, ist das nicht einer der üblichen Veranstaltungen von „pro Köln“ gegen dieses oder jenes – wie zuletzt gegen den Bau einer Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld. Wenn „pro Köln“ zu dieser Hetzveranstaltung einlädt, haben sich die vermeintlichen Biedermänner endgültig selbst demaskiert.
„Pro Köln“ hat zum ersten Mal einen offenen und verurteilten Holocaust-Leugner zu dieser Veranstaltung eingeladen. Auch wenn dieser sich öffentlich bekennende und verurteilte Holocaust-Leugner mittlerweile nicht mehr als Redner auf der Homepage angekündigt wird, so bleibt dieser Umstand doch eine Tatsache und verwerflich. Diese Veranstaltung hetzt dieses Mal auch ganz offen gegen eine ganze Glaubensgemeinschaft. Hierzu möchte ich ein Zitat vortragen:
Dieser Anti-Islamisierungskongress soll in die Geschichte eingehen, als der Tag, an dem europäische Patrioten aufstanden, um der islamischen Erstürmung unserer Vaterländer endlich Einhalt zu gebieten.
Dies erklärte Henry Nietzsche auf der Internetseite von „pro Köln“. An dieser Wortwahl wird deutlich: Eine Glaubensgemeinschaft soll nicht nur pauschal diffamiert, sondern frontal attackiert werden. Das ist das Skandalöse, was an diesem Wochenende in Köln passieren soll.
Auch im parlamentarischen Tun wird die rechtsextreme Einstellung von „pro Köln“ und damit auch von „pro NRW“, die sich ja landesweit organisiert haben oder organisieren wollen, zunehmend deutlicher. Wer bei jeder Gelegenheit gegen interkulturelle Zentren und das friedliche Zusammenleben aller Ethnien und Religionen zu Felde zieht, wer bei jeder Gelegenheit über Schwule und Lesben herzieht, der offenbart, wes Geistes Kind er ist. Und wer allen Ernstes im Rat der Stadt Köln fordert, die Mittel für das NS-Dokumentationszentrum zu streichen und damit eine sehr eindrucksvolle und bedrückende Gedenkstätte gegen den Nationalsozialismus in Köln kaputtzumachen, der offenbart sein wahres Gesicht.
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben die Kölnerinnen und Kölner gemerkt. Deswegen sind für das kommende Wochenende zahlreiche Protestaktionen geplant. Die Kirchen laden ein zum Friedensgebet, Schülerinnen und Schüler organisie
ren sich gegen Rechts, viele Kneipen in Köln führen Aktionen durch nach dem Motto „Kein Kölsch für Nazis“.
Am Samstag werden Zehntausende aufstehen und einem Aufruf eines breiten Bündnisses aus Kirchen, Gewerkschaften, politischen Parteien und sonstigen Institutionen Folge leisten und unter dem Motto „Wir stellen uns quer“ demonstrieren. Viele Tausende von diesen Demonstranten, die am Samstag am Roncalliplatz – im Schatten des Kölner Doms – aufstehen werden, werden Westen wie diese tragen
und damit eindeutig dokumentieren: Wir wollen ein Zeichen setzen. Wir wollen einstehen für ein Leben in Freiheit und größtmöglicher Gerechtigkeit für alle. – Das gehört, liebe Kolleginnen und Kollegen, zu den Errungenschaften unserer Nachkriegsdemokratie. Deshalb werden wir uns alle gemeinsam mit den Demokraten Kölns und des Landtags NordrheinWestfalen gegen diese Bewegung einsetzen und dafür eintreten, dass Köln eben nicht zum Tummelplatz von europäischen Rassisten und Faschisten wird.
Ich freue mich ganz besonders, dass dies auch heute alle Fraktionen im Landtag gemeinsam mit ihrem Antrag kundtun und deutlich machen. Darauf bin ich stolz und sehr zufrieden. Ich bitte Sie ganz dringend, in Köln mitzuhelfen, dass diese Stadt weltoffen und tolerant bleibt und eben nicht Rassisten zum Opfer fällt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Unsere liberale Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung wird in diesen Tagen angegriffen. Sie wird von links angegriffen, wenn Oskar Lafontaine die Enteignung von Familienunternehmen fordert, und sie wird von rechts angegriffen, wenn beispielsweise in Köln zu diesem infamen Anti-Islamisierungskongress eingeladen wird.
Wir stellen uns als Demokraten gegen diese Angriffe. Beiden ist gemeinsam, dass mit plumpen Parolen Ängste geschürt werden sollen und es nicht darum geht, den Menschen Befürchtungen zu nehmen, sondern darum, sie in ihrer Verunsicherung zu bestärken und für politisch extreme Positionen zu gewinnen.
Mit dem vorliegenden Antrag haben alle vier Fraktionen diese Herausforderung angenommen. Wir widersprechen, wenn es nur darum geht, Ressentiments zu schüren, aber nicht darum, mit Argumen
ten Ängste zu nehmen. Gruppierungen wie „pro Köln“ kaschieren Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz mit dem Deckmantel einer Bürgerbewegung.
Mit unserem gemeinsamen Signal zeigen wir hier und heute, dass diese Kräfte nur für eine kleine – zum Glück sehr kleine – Minderheit in unserem Land sprechen. Ziel unserer gemeinsamen Arbeit im Landtag, in Köln und überall in NordrheinWestfalen muss es sein, dafür Sorge zu tragen, dass solche Extremisten keine Chance haben, Verantwortung für unser Land zu übernehmen.
Wir dürfen im Übrigen die Menschen – zum Beispiel in Köln –, die angesichts einer zunehmend multikulturellen Gesellschaft verunsichert sind, nicht alleine lassen. Wir dürfen nicht zulassen, dass nur „pro NRW“, „pro Köln“ und andere Fragen stellen, sondern wir müssen in diesem Diskurs genauso präsent sein, aber mit anderen Antworten. Wir müssen zeigen, dass Pluralität ein Gewinn für eine Gesellschaft ist. Wir müssen zeigen, dass zu unseren Werten auch die freie Ausübung von Religion gehört. Wir müssen so die Menschen in ihrer Haltung und in ihrem positiven Bekenntnis zu unserer Demokratie bestärken.
Wenn von der heutigen Entschließung ein derartiges Signal in das Land Nordrhein-Westfalen ausgehen kann, ist das ein guter Tag, der hoffentlich am kommenden Wochenende in Köln dazu führt, dass viele auf die Straße gehen, um sich querzustellen. Köln darf nicht einigen wenigen versprengten, aus ganz Europa angereisten Extremisten überlassen werden, sondern Köln muss die weltoffene Stadt bleiben, die sie heute ist. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind nirgendwo in der Welt zu akzeptieren. In Deutschland sind sie einfach unerträglich.
Dieses Zitat stammt von Bundestagspräsident Norbert Lammert. Er hat es in der vergangenen Woche gesagt, als wir in Köln den 50. Geburtstag der Christlich-Jüdischen Gesellschaft gefeiert haben. Das waren genau der richtige Ort und die richtige Zeit, um diese Wahrheit auszusprechen. „Köln stellt sich quer“ ist ein ungemein breites Bündnis von – wir haben es eben gehört – Kirchen bis hin zu Ge