Dilek Kolat
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Last Statements
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte mit einer Begegnung mit einem syrischen Mädchen in einer Willkommensklasse beginnen. Ich wunderte mich, dass sie bereits sehr gut Deutsch sprechen kann, und als ich erfuhr, dass sie sich erst sehr kurze Zeit in Berlin aufhält, bin ich tatsächlich neugierig geworden. Ich habe sie gefragt, wie es kommt, dass sie in so kurzer Zeit so gut Deutsch sprechen kann. Ihre Antwort lautete: Weil ich deutsche Freundinnen habe.
Dies ist ein gutes Beispiel und auch ein Beweis dafür, dass Integration in der Gesellschaft dann am besten gelingt, wenn es soziale Kontakte und Freundschaften gibt. Integration ist dann gelungen, wenn Flüchtlinge zu unseren Nachbarn werden, wenn Flüchtlinge zu unseren Arbeitskollegen werden und wenn Flüchtlinge zu unseren Freunden werden.
Und Berlin hat die besten Voraussetzungen dafür. In Berlin gelingt Integration auch schon tagtäglich. Egal, wo die Menschen herkommen, sie haben Chancen, sich einzubringen und aufzusteigen.
In den letzten Monaten haben wir doch eines gemeinsam in unserer Stadt erfahren: Berlin hat sich von einer sehr menschlichen Seite gezeigt.
Tausende von Berlinerinnen und Berlinern haben sich ehrenamtlich für die Flüchtlinge eingesetzt, und das hält noch an. Einige haben gesagt, dass diese Stimmung kippen wird und dieser Einsatz abnehmen wird. Wir können stolz darauf sein, dass sich auch heute noch Tausende von Berlinerinnen und Berlinern für Flüchtlinge einsetzen und Integration erst ermöglichen.
Denn sie bilden Partnerschaften, sie unterstützen Kinder und Eltern, und vor allem begegnen sie diesen Flüchtlingen auf gleicher Augenhöhe. Ich möchte mich hier ganz herzlich bei allen Ehrenamtlichen im Namen des Senats und, ich denke, auch im Namen des Hohen Hauses für ihr Engagement bedanken. Denn sie machen Berlin zu einer Integrationsstadt, und das Klima der Offenheit schaffen diese vielen Ehrenamtlichen. Herzlichen Dank dafür!
Aber das Beispiel mit dem syrischen Kind zeigt ja auch, dass Politik und Stadtgesellschaft nur gemeinsam diese große Integrationsaufgaben leisten können. Der Senat kann viele solche Masterpläne auf den Weg bringen, aber ohne dieses Engagement der Bürgerinnen und Bürger wird Integration nicht gelingen.
Das ist genau die Grundhaltung in diesem Masterplan. Der Senat hat gesagt: Wir wollen keinen Masterplan des Senats auf den Weg bringen, sondern wir wollen im Dialog mit den vielen Akteuren und Akteurinnen, mit den Ehrenamtlichen und mit der Stadtgesellschaft insgesamt diesen als Entwurf vorliegenden Masterplan diskutieren, damit sie ihre Anregungen und Erfahrungen, die sie tagtäglich mit Flüchtlingen in unserer Stadt machen, einbringen. – Ja, es hat diese intensive Dialogphase gegeben, Frau Pop. Schade, dass Sie auf der großen Dialogveranstaltung im Roten Rathaus nicht dabei waren!
Dort war auch der Regierende Bürgermeister, und es haben sich Hunderte von Berlinerinnen und Berlinern eingebracht. Und wissen Sie, was: Die Reaktion ist positiv. Die Stadtgesellschaft nimmt diesen Dialog an.
Ich bin froh, dass wir viele Vorschläge bekommen haben und unseren Masterplan überarbeiten konnten. Das gilt natürlich nicht für jeden einzelnen Detailpunkt. Das ist doch ganz klar. Es konnte nicht alles übernommen werden. In der Umsetzung werden wir die Ergebnisse aus diesen Gesprächen berücksichtigen.
Der Masterplan ist auch nicht in Stein gemeißelt. Wir gehen jetzt sofort in die Umsetzung, und er wird nach einigen Monaten evaluiert und weiterentwickelt. Da haben wir alle gemeinsam noch mal die Chance, den Masterplan zu würdigen.
Ja, Berlin ist nicht das erste Bundesland, das ein Konzept zum Thema Integration von Flüchtlingen auf den Weg gebracht hat.
Aber mit Fug und Recht behaupten wir, dass wir das erste Bundesland sind, das einen Masterplan vorlegt, der
(Udo Wolf)
umfassende und detaillierte Ziele definiert und vor allem auch konkrete Maßnahmen benennt.
Da sind wir in Berlin vorbildlich, und darauf sollten wir alle zusammen stolz sein, statt hier herumzubrüllen.
Der Masterplan zeigt tatsächlich Haltung.
Ja, es gibt auch einen Politikwechsel, und es gibt auch eine Politikrichtung. Unser Regierender Bürgermeister hat ja auch ganz klar diese Haltung gezeigt und unseren Anspruch mit diesem Masterplan klar formuliert.
Und ich möchte es hier wiederholen, falls es Ihnen entgangen ist: Berlin ist und bleibt offen. Berlin ist und bleibt eine offene und tolerante Stadt. Dafür setzt sich dieser Masterplan ein.
Nein! – Nur offene Gesellschaften sind zukunftsfähig. Das heißt, es geht auch um die Zukunft unserer Stadt, und Berlins Geschichte zeigt ja gerade eindringlich, dass es immer Wellen von Zuwanderung und Flüchtlingen gegeben hat, und jede Welle von Zuwanderung hat Berlin ein Stück weit vorangebracht – wirtschaftlich, aber auch kulturell. Berlin ist vor allem durch die Zuwanderung zu dem geworden, was es heute ist. Die internationale Anziehungskraft, die Berlin entwickelt hat, die Attraktivität, dass viele Menschen in der Welt auf gucken und gern hierher kommen wollen, verdanken wir unserer kulturellen Vielfalt. Und kulturelle Vielfalt reicht nicht. Das friedliche Miteinander dieser Kulturen, das schafft Berlin, und das sieht auch dieser Masterplan für die Geflüchteten vor. Hier schauen alle auf unsere Stadt – und das auch zu Recht. Davon profitieren nicht nur die Menschen, die zu uns kommen, sondern davon profitieren die gesamte Stadt und alle Berlinerinnen und Berliner.
Der Senat nimmt aber auch die Ängste und die Sorgen der Berlinerinnen und Berliner sehr ernst, die mit den stark steigenden Flüchtlingszahlen aufgekommen sind. Dieser Masterplan greift klar diese Ängste auf und gibt Antworten. Wir wollen informieren, aufklären und vor
Ort Dialoge mit der Nachbarschaft führen, aber vor allem auch das Ehrenamt unterstützen. Für Anfragen der Nachbarinnen und Nachbarn gibt es vor Ort in den Bezirken sehr viele Ansprechpartner. Deswegen ist meine Bitte: Wenn Sie Ängste oder Fragen haben, wenden Sie sich vor Ort in den Bezirken an die vielen Ansprechpartner, die es dort gibt.
Wir unterstützen die Bezirke ja auch zusätzlich mit Geldern, damit es eine Infrastruktur auch für Integration in den Bezirken gibt.
Aber wir müssen trennen zwischen Ängsten, die da sind und die zum Teil berechtigt sind, und Hass. Wenn Ängste vorgeschoben werden, um puren Hass zu streuen, dann müssen wir ganz klar Stopp sagen. Da habe ich kein Verständnis für die, die mit den Rechtspopulisten mitlaufen.
Pegida und bestimmte Parteien! Deren Anhänger wollen nur eines, sie wollen unsere Vielfalt zerstören. Aber Vielfalt ist Realität in Deutschland. Vielfalt bereichert unsere Kultur und stärkt unsere Wirtschaft.
Vor allem macht Vielfalt auch den deutschen Fußball erfolgreich. Kurz vor der Europameisterschaft in Frankreich wird das wieder ganz deutlich. Ferrero hatte hierzu eine wunderbare Idee, nämlich zwei Fußballer mit Migrationshintergrund auf den Schachteln der „Kinderschokolade“ abzubilden. Wir erleben hierbei zweierlei Dinge: Menschen, die sich darüber empören – ja, die gibt es in unserer Gesellschaft! Aber schön ist auch, dass viele Berlinerinnen und Berliner dieses Ereignis mit Humor nehmen. Wenn ich auf dem Weg hierher höre, dass Berlinerinnen und Berliner „Kinderschokolade“ als Protest gegen Pegida kaufen, dann sage ich: Ja, das ist mein Berlin!
Ich weiß, dass in Berlin die meisten das mit Humor nehmen und den Rechtspopulisten keinen Raum geben. Mein Dank an dieser Stelle gilt aber auch dem DFBPräsidenten, der ganz klar das Folgende gesagt hat – ich möchte ihn zitieren –:
Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist eines der besten Beispiele für gelungene Integration. Millionen von Menschen in Deutschland sind stolz auf diese Mannschaft, weil sie so ist, wie ist.
Auch in Berlin funktioniert Integration durch Sport. Dafür gibt es viele Beispiele. Beim Sport geht es um Fairness, um Teamarbeit, um das Beachten von Regeln, das Bringen von Leistung und das gemeinsame Gewinnen
(Bürgermeisterin Dilek Kolat)
und Verlieren. Auf dem Fußballfeld gelten überall die gleichen Regeln. Wir wissen, dass sich viele Sportvereine in Berlin ehrenamtlich engagieren und zum Spracherwerb und zur Integration beitragen. Dieser Masterplan unterstützt den Berliner Sport und dankt an dieser Stelle ganz ausdrücklich vielen Ehrenamtlichen.
Unser Masterplan hat tatsächlich einige Alleinstellungsmerkmale. Dazu gehört, dass er kein Aneinanderreihen von Maßnahmen ist, nach Ressorts sortiert. Nein! Erstmalig – und wenn Sie das bestreiten, müssen Sie mir einen Gegenbeweis bringen – orientiert sich ein Masterplan nach den Lebensphasen der Geflüchteten. Vom Ankommen bis zur Unterbringung wird jede Lebensphase berücksichtigt, und vor allem arbeiten wir hierbei ressortübergreifend zusammen. Diese Seiten sind nicht zustande gekommen, weil ich mich mit einigen Leuten irgendwohin zurückgezogen und den Masterplan geschrieben habe, sondern dazu haben viele beigetragen. Ich möchte mich auch bei allen bedanken, die hieran mitgewirkt haben.
Nein, danke! – Die Unterlegung mit finanziellen Mitteln wurde beim ersten Entwurf ja auch kritisiert. Deswegen haben wir schon immer gesagt, dass dieser Masterplan natürlich auch einen Zeitplan und eine Unterlegung mit Geld haben wird, und jetzt sind einige überrascht, dass in dem Masterplan einige Maßnahmen stehen, die gar nicht neu sind. Ja, selbstverständlich! Denn wir fangen mit der Integration nicht erst mit diesem Masterplan an. Es tut mir sehr leid, dass Sie die letzten Haushaltsberatungen nicht ganz intensiv verfolgt haben, aber Berlin hat mit der Integrationsfrage bereits mit dem letzten Doppelhaushalt begonnen. Seit 2014 setzen wir uns für Integration ein, und so haben wir im Haushalt Mittel vorgesehen. Da hat das Land Berlin Vorleistungen erbracht, und jetzt wollen wir mit diesem Masterplan noch weitergehen. Wir möchten noch weiter in die Integration der Geflüchteten investieren.
Frau Pop! Ich verstehe Sie, ehrlich gesagt, nicht. Ich habe Ihre Kritik hier nicht verstanden. Wollen Sie denn tatsächlich den Bund aus der Verantwortung entlassen?
Soll diese Integrationsfinanzierung nur das Land Berlin leisten? – Ich verstehe Ihre Kritik nicht.
Deswegen war es richtig, dass wir gesagt haben: Wir finanzieren die Integrationsleistungen, aber es ist auch wichtig, dass sich der Bund dieser Verantwortung stellt und finanzielle Leistungen beisteuert. – Und das sieht ja auch gut aus. Die Verhandlungen bei der Bundeskanzlerin laufen gut, die Zeichen sind positiv, und die Bereitschaft ist da, den Ländern mehr Geld dafür zu geben. Was ist also Ihr Problem, wenn unser Regierender Bürgermeister bei diesen Verhandlungen erfolgreich ist und wir der Bereitstellung von Bundesmitteln entgegenschauen können?
Mir ist bei der Finanzierung aber auch die klare Botschaft wichtig: Wenn wir für die Integration der Flüchtlinge Geld in die Hand nehmen, darf es nicht zulasten von Programmen der Einheimischen, der Berlinerinnen und Berliner, gehen. Hier darf es keine Verdrängung geben. Hier darf es keine Ängste geben.
Wir haben im Masterplan acht Handlungsfelder identifiziert. Zu den einzelnen Bereichen wurde viel gesagt. Deswegen werde ich mich an dieser Stelle jetzt etwas kürzer fassen. Die Richtung aber an der Stelle – das muss ich auch sagen – zeigt, dass wir einen Schlussstrich ziehen müssen. Bevor wir diesen Masterplan entwickelt haben, war die Grundhaltung, dass Integration erst mit Anerkennung des Asylverfahrens beginnt. Das war ein Fehler der Vergangenheit. Dieser Masterplan hört damit auf, schließt dieses Kapitel und öffnet ein Kapitel, das neu „Integration beginnt vom ersten Tag an“ heißt.
So beginnen wir vom ersten Tag an mit ganz konkreten Integrationsangeboten. Integration ist ein Prozess, bedarf aber klarer staatlicher Angebote, die wir in Berlin bereitstellen. Meine Erfahrung in Berlin ist – vielleicht ist das auch ein Zeichen an die Bundesregierung –, dass jedes Angebot, das wir in Berlin gemacht haben, von den Flüchtlingen angenommen wurde. Sie sind motiviert, und das ermutigt mich sehr, was die Integration angeht.
Die Lebensphasen sind Ankunft, Registrierung, Leistungsgewährung. Die gesundheitliche Versorgung müssen wir direkt bei der Ankunft beachten, denn die gesundheitliche Stabilisierung ist wesentlich für die Integration. Aber auch Wohnraum und Wohnunterbringung sind für die Integration elementar. Es gibt bisher Maßnahmen, Obdachlosigkeit zu vermeiden. Wir wollen mit dem Masterplan planerisch in die Vorkurve kommen und wollen integrative Wohnformen auf den Weg bringen. Dazu gehören die beiden großen Projekte mit den Containern und MUFs. Darüber hinaus setzen wir grundsätzlich auf sozialen Wohnungsbau. Das betrifft nicht nur Flüchtlingen, sondern soll allen Berlinerinnen und Berlinern zugutekommen, bezahlbaren Wohnraum in unserer Stadt zur Verfügung zu stellen.
(Bürgermeisterin Dilek Kolat)
Darüber hinaus haben wir in der Unterbringung auch Qualitätsanforderungen gestellt. Flüchtling ist nicht gleich Flüchtling. Wir haben besonders schutzbedürftige Flüchtlinge. Deswegen gibt es besondere Unterkünfte für Frauen. Es gibt besondere Flüchtlingsunterkünfte für LSBTI-Flüchtlinge. An der Stelle schaut die gesamte Republik auf die Regenbogenstadt Berlin und wundert sich, wie gut wir das hinbekommen, dass die LSBTIFlüchtlinge eine gute Versorgung haben.
Über die speziellen Unterkünfte hinaus gibt es auch Beratung. Auch das Thema besondere Standards für Frauen in den Unterkünften haben wir in den Verträgen formuliert.
Das Thema Bildung ist elementar. Es ist auch keine neue Idee, dass Integration am besten über Bildung und Arbeit funktioniert. Hier setzen wir auf die frühe Förderung in den Kitas. Hier setzen wir auf die Willkommensklassen.
Hier setzen wir darauf, dass der Übergang von Schule in den Beruf gelingt. An dieser Stelle muss man auch diese Leistung würdigen, da inzwischen über 20 000 Schülerinnen und Schüler in Willkommensklassen beschult werden. Der Aufbau wird weitergehen.
Wir werden auch beim Kitaausbau für alle Kinder in der Stadt, aber auch für die Flüchtlingskinder, verstärkt Kitaplätze anbieten.
Für die beruflichen Maßnahmen setzen wir Programme, die wir schon haben, für Jugendliche, die die Schulabschlüsse nicht schaffen und es schwer haben, in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt hineinzukommen, ein. Diese Programme fahren wir gemeinsam mit Frau Scheeres hoch, damit es hier auch eine Versorgung gibt. Die zentrale Einrichtung für den Übergang in Beruf und Schule ist die Jugendberufsagentur.
Ganz wichtig in diesem Zusammenhang ist natürlich die Wirtschaft. Priorität auch für die geflüchteten Jugendlichen ist für mich die betriebliche Ausbildung. Deswegen bin ich froh, dass viele Berliner Betriebe offen sind, zu mir kommen und sagen: „Frau Kolat, wir wollen Flüchtlinge einstellen. Bitte begleiten Sie uns.“ So ist auch ARRIVO entstanden. ARRIVO hat klein angefangen. Inzwischen gibt es sehr viele Initiativen bei ARRIVO, sodass wir 400 bis 600 Stellen vergeben können. Bei der Soko gab es eine Zusage der Wirtschaft, auf 1 000 hochzugehen. Wir wollen ARRIVO zu einer Plattform für Unternehmen machen, damit Unternehmen nicht bei Null anfangen und jeder die gleiche Erfahrung neu machen muss, sondern Möglichkeiten zu einem Informationsaustausch haben, denn die Unternehmen, wollen Rechtssi
cherheit und auch die Expertise wenn sie Flüchtlinge einstellen wollen.
Ich möchte an dieser Stelle aber auch noch einen Punkt nennen, der aus Sicht der Gewerkschaften ganz wichtig ist. Wir beobachten, dass sehr viele Flüchtlinge Opfer für ausbeuterische Arbeitsverhältnisse sind und hier ein Missbrauch stattfinden kann. Deswegen werden wir vom ersten Tag an die Flüchtlinge über ihre Arbeitsrechte aufklären.
Ich will an dieser Stelle klar sagen: Die Flüchtlinge dürfen nicht zu Billiglöhnen arbeiten. Es darf kein Lohndumping nach unten geben.
Wenn der Mindestlohn wegen der Flüchtlinge aufgeweicht werden soll, wird es ein klares Nein von uns geben.
Wir beobachten aber auch, dass Flüchtlinge anders Existenzen gründen. Existenzgründung verläuft bei ihnen anders. Sie sind sehr aktiv und offen. Auch das möchten wir mit diesem Masterplan verstärken. Wir werden die Regelangebote der Jobcenter für die Vermittlung von Arbeit und Ausbildung verstärken. Dort haben wir mehr Personal und mehr Mittel zur Verfügung gestellt. Wir haben das Thema Arbeit in die Unterkünfte mit „Willkommen in Arbeit“-Büros direkt hineingebracht, sodass alle Angebote auch aus einer Hand zur Verfügung stehen, sei es für die Anerkennung von Schulabschlüssen oder Qualifikationen und Sprachangebote. All diese Angebote werden wir über diese „Willkommen in Arbeit“-Büros in die Unterkünfte auch hineingeben.
Nein! – Wir werden diesen Übergang in den Ausbildungsmarkt über die Jugendberufsagentur voranbringen. Ich bin froh, dass wir die Jugendberufsagentur haben, denn damit fangen wir auch nicht bei Null an, sondern haben eine Infrastruktur, die tatsächlich schon hervorragend funktioniert.
Zum Schluss möchte ich gern einen Punkt aufgreifen, der mir sehr wichtig ist. Wir haben gesagt, dass wir die Flüchtlinge gern selbst empowern, dass sie ihre eigenen Interessen wahrnehmen. Zu viel reden wir über Flüchtlinge. Deswegen wollen wir die Flüchtlinge integrieren, dass sie ihre Selbstorganisation gründen. Dafür gibt es Mittel. Wir müssen sie auch in die ganzen Beteiligungsgremien integrieren, die es gibt.
(Bürgermeisterin Dilek Kolat)
Deswegen werden wir auch das Thema Werte mit aufgreifen. In den Sprachkursen gibt es eine Erweiterung. Ich habe keine Angst, mit den Flüchtlingen über die Werte zu sprechen. Es geht auch um Demokratiebildung. Es geht um Menschenrechte, die wir vermitteln wollen. Die Flüchtlinge selbst sind sehr offen, über diese Themen mit uns zu diskutieren.
Zum Schluss zeigt dieser Masterplan, dass wir nicht nur sagen, dass wir das schaffen, sondern auch zeigen, wie wir das schaffen wollen.
Berlin ist bundesweit Vorreiter, was Integration von Geflüchteten angeht. Ich weiß es sehr wohl, dass wir aufgrund der Missstände beim LAGeSo sehr viel Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern verloren haben. Da ist viel Vertrauen zerstört worden.
Ich bin mir sicher, dass wir mit diesem Masterplan und wenn wir auf diese große Integrationsfrage setzen, wieder Vertrauen der Berlinerinnen und Berliner zurückgewinnen.
Das ist wichtig, um Populisten den Nährboden zu entziehen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Flüchtlingssituation ausgenutzt und unsere offene Gesellschaft und unsere Demokratie angegriffen wird. Es lohnt sich jeden Tag, für unsere weltoffene Stadt Berlin einzustehen. – Danke schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Becker! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Alljährlich findet die Soko beim Regierenden Bürgermeister statt. Wir haben bei der letzten Soko eine Berliner Vereinbarung, um die Ausbildungssituation in Berlin zu verbessern, auf den Weg gebracht. Bei der Soko hatten wir die Gelegenheit, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Da gibt es positive Entwicklungen, es ist aber auch deutlich geworden, dass noch viel zu tun ist, weil wir betriebliche Ausbildungsplätze auch in Zukunft brauchen werden.
Positiv ist, dass die Zusage der Berliner Wirtschaft, 1 000 zusätzlich gemeldete Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, eingehalten wurde, bereits in einem Jahr, obwohl sie Zeit bis 2020 hat. Darüber haben wir uns sehr gefreut. Weniger erfreulich ist, dass bei diesen 1 000 zusätzlichen Ausbildungsplätzen leider nur 240 Verträge zusätzlich entstanden sind. Das heißt, da haben wir noch ein Problem, aber wir haben auch festgestellt, dass die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber in den nächsten Jahren steigen wird. Schon allein die Zahl der geflüchteten Jugendlichen wird dazu führen, dass wir mehr Ausbildungsplätze brauchen werden.
Die Soko ist sich einig, dass wir einen Schwerpunkt auf betriebliche Ausbildung setzen werden. Deswegen haben wir auch in der Soko eine Bewertung vorgenommen, welche Maßnahmen zur Integration in den Ausbildungsmarkt es schon gibt.
Darüber hinaus haben wir auch andere Aspekte der Berliner Vereinbarung betrachtet. Das würde an dieser Stelle sehr weit führen. Das sind die Auflösungsverträge, Altersdurchschnitt und dergleichen. Da haben wir noch erheblich zu tun.
Wir haben in der Soko auch das Thema geflüchtete Jugendliche in den Blickwinkel genommen und dort eine Bestandsaufnahme gemacht, welche Angebote es schon gibt. Die Bundesagentur hat zahlreiche Programme auf den Weg gebracht. Das Land Berlin hat zahlreiche Programme der Berufsvorbereitung/-orientierung auf den
(Bürgermeisterin Dilek Kolat)
Weg gebracht. ARRIVO war auch Thema. Die Zusage der Wirtschaft, über ARRIVO noch mehr EQ- und Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, war eine gute Zusage.
Abschließend fand ich es sehr erfrischend, ein Programm der Deutschen Bahn kennenzulernen, Chance plus für besonders benachteiligte Jugendliche. Dort haben wir live geflüchtete Jugendliche kennengelernt, die in unseren Volkshochschuldeutschkursen Deutsch gelernt haben und dort in die Ausbildung eintreten. Das war ein vorbildliches Projekt.
Frau Abgeordnete! Das Thema Start-up und betriebliche Ausbildung klingt erst mal wie zwei Widersprüche.
Am Anfang der Legislaturperiode haben Start-ups gesagt: Duale Ausbildung ist nichts für uns. Wir wissen nicht, ob wir in drei Jahren noch bestehen. – Und auch die klassischen Berufsbilder der dualen Ausbildung sind nicht unbedingt die Berufsbilder für Start-ups. Wir haben aber inzwischen die Verbundausbildung für Start-ups geöffnet. Gemeinsam mit dem Verband haben wir uns vorgenommen, mit Start-ups im Verbund auszubilden. Wir haben auch schon positive Beispiele, z. B. Bayer Pharma und ein Start-up, das aus der Branche kommt, bilden im Verbund aus. Insofern bin ich zuversichtlich, dass wir auch bei den Start-ups mehr betriebliche Ausbildungsplätze generieren können. Die brauchen wir dringend.
Die Ausbildungslücke ist stabil, leider! Wir haben immer noch eine Diskrepanz zwischen den Bewerberinnen und Bewerbern und den zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze. Wir betrachten immer die Zahlen von Ende September. Dort haben wir eine Diskrepanz zwischen 1 700 unversorgten Jugendlichen und knapp 800 Ausbildungsplätzen, die nicht besetzt werden konnten. Das heißt, da gibt es diese Diskrepanz. Vor allem besteht die Diskrepanz zwischen der Zahl der Bewerberinnen und Bewerber – da gehe ich von steigenden Zahlen in den nächsten Jahren durch die geflüchteten Jugendlichen aus – und den zur Verfügung stehenden betrieblichen Ausbildungsplätzen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dregger! Nein, das ist mir nicht bekannt, aber wenn Sie mir die Details geben, gehe ich der Sache gerne nach.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dregger! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben gestern in der Notunterkunft im ehemaligen Flughafen Tempelhof das erste Willkommen-inArbeit-Büro eröffnet. Wir planen in der Tat, weitere Büros in den größeren Unterkünften einzurichten. Die Eröffnung gestern war insofern ein Erfolg, weil wir gesehen haben, dass es einen Bedarf an verlässlicher Infrastruktur in den Notunterkünften gibt. Wir haben die erste Eröffnung ganz bewusst in einer Notunterkunft gemacht. Wir
sind der Meinung, dass wir mit der Frage der Integration in den Arbeitsmarkt nicht erst beginnen sollten, wenn eine Anerkennung da ist und ein geflüchteter Mensch in eine Gemeinschaftsunterkunft kommt, sondern es vom ersten Tag an Integrationsangebote geben muss. Das wird folgendermaßen funktionieren: dass es in einer Unterkunft sichtbar für die geflüchteten Menschen in solch einer großen Unterkunft mit mehreren Tausend geflüchteter Menschen ein Büro als zentrale Anlaufstelle gibt. Dort bündeln wir alle Angebote, die es bereits gibt. Wir haben sehr früh damit begonnen, Angebote für geflüchtete Menschen zur Integration in den Arbeitsmarkt zu unterbreiten. Diese Angebote bündeln wir dort und machen sie dort sichtbar.
Damit habe ich eigentlich auch Ihre Frage beantwortet, mit welchen personellen Ressourcen wir arbeiten. Wir werden das Personal, das bereits vorhanden ist, dort unter einem Dach anbieten. Das sind die Integrationslotsen und -lotsinnen, das sind die Bildungsberaterinnen und –berater, die Jobcoaches und die Vertreterinnen und Vertreter der Lernläden. Wir arbeiten aber auch Hand in Hand mit der Regionaldirektion, die gestern auch dabei gewesen ist. So wird die Verbindung zu den Jobcentern ermöglicht. Wir wissen, dass es in der Notunterkunft Tempelhof schon die ersten Kunden der Jobcenter gibt. Wir eröffnen auch andere Angebote wie z. B. die Anerkennung im Ausland erworbener Berufsabschlüsse über das IQNetzwerk, sowie Angebote über Job-Point und Arrivo. All diese schon vorhandenen Angebote, die Stück für Stück für Flüchtlinge geöffnet wurden, bündeln wir dort.
Das Besondere an dem Konzept ist, dass die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter der Betreiber aktiv eingebunden sind. Sie spielen eine große Rolle, damit die geflüchteten Menschen in diesem Büro nach und nach Termine erhalten und alle verfügbaren Möglichkeiten präsentiert bekommen. In einem Großraumbüro arbeiten alle Hand in Hand, der eine weiß, was der andere macht. Wir erhoffen uns darüber eine ziel- und passgenaue Unterstützung.
Eine kurze Einschätzung von meiner Seite: Ich denke, dass Integration über den Arbeitsmarkt läuft. Der richtige Weg in Richtung Integration geht über eine Ausbildung, eine Qualifizierung, aber auch eine Beschäftigung. Ich sehe große Chancen in Berlin, will aber auch deutlich sagen, dass das ein langer und schwieriger Weg wird. Umso wichtiger ist es mir, früh, vom ersten Tag an damit anzufangen.
Wir planen, solche Büros in einem ersten Schritt nur in größeren Unterkünften einzurichten. Ganz konkret: Die mit über tausend Menschen belegten prüfen wir nach räumlichen Gegebenheiten, was eine wichtige Voraussetzung ist. Das ist der erste Planungsschritt.
Eine direkte Vermittlung soll über die Jobcenter und Agenturen laufen; wir wollen keine Parallelstrukturen aufbauen. Dennoch werden wir in diesen Büros auch Jobs anbieten, z. B. ganz niedrigschwellige Möglichkeiten über Job-Point, die es in Berlin bereits gibt. Diese haben wir sofort integriert. Man kann dort schnell und direkt Jobs, Praktikums- und Ausbildungsplätze vermitteln. Auch die Angebote von Arrivo möchten wir einbinden. Über diese Büros kann man also auch direkt an Jobs herankommen; der eigentliche Weg wird dann aber, wenn die Flüchtlinge zu Kunden der Jobcenter werden, über diese laufen.
Genau das ist eines der zentralen Themen, wenn es um die Integration geflüchteter Menschen in den Arbeitsmarkt geht. Die Berufserfahrungen und Qualifikationen, die sie mitbringen, wollen wir gerne für den Arbeitsmarkt verwertbar machen. Dazu haben wir verschiedene An
(Bürgermeisterin Dilek Kolat)
gebote, die wir in diesem Büro bündeln. Da ist zum einen das IQ-Netzwerk, das kennen Sie. Das gibt es schon, das müssen wir nicht neu erfinden, sondern lediglich für die geflüchteten Menschen zugänglich machen. Dort wird auch eine intensive Begleitung angeboten. Demnächst werden wir einen Härtefallfonds einrichten, sodass beim Anerkennungsverfahren entstehende Kosten eventuell auch übernommen werden können, was eine wichtige Hürde ist.
Zum Zweiten besteht Einvernehmen mit den Kammern, die sich über unsere Lenkungsgruppe „Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten“ aktiv eingebracht und gesagt haben, sie wollten in den Betrieben mit den geflüchteten Menschen verstärkt Kompetenzfeststellungen vornehmen. Wenn Menschen flüchten, besteht die Besonderheit, dass sie ihre Dokumente häufig nicht mitnehmen und somit nicht nachweisen können, über welche Kompetenzen sie verfügen. Die Methode zur Kompetenzfeststellung, die es bei den Berliner Unternehmen gibt, wird von den Kammern aktiv eingebracht. Ganz konkret wird das im Rahmen von Arrivo umgesetzt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Berlin ist die Stadt der Arbeit, und Berlin ist auch eine Zuwanderungsstadt. Dieser Einzelplan, der Ihnen heute als Entwurf vorliegt, steht auch unter dem Vorzeichen der wachsenden Stadt, aber auch vor dem Hintergrund, dass tagtäglich asylsuchende Menschen in unsere Stadt kommen.
77 Prozent der Neuzuwanderung in unserer Stadt stammt aus dem Ausland; das sind Menschen, die ohne deutschen Pass nach Berlin kommen: Und wir wissen auch, dass ein sehr großer Teil – über 40 Prozent der Menschen, die geflüchtet sind und nach Berlin kommen – in Berlin
(Elke Breitenbach)
bleiben werden und sehr lange bleiben werden. Deswegen hat schon der Regierende Bürgermeister zu Recht in seiner Regierungserklärung darauf hingewiesen, dass es für diese Stadt Berlin eine Jahrzehntaufgabe sein wird, die Integrationsherausforderung zu meistern, damit diese Menschen, die neu in unsere Stadt kommen, teilhaben können am gesellschaftlichen Leben, aber vor allem auch an der Integration durch Arbeit.
Dieser Doppelhaushalt zeigt, dass wir genau diesen Weg gehen und – was mir als Arbeits- und als Integrationssenatorin ganz wichtig ist –, dass wir den Blick nicht nur auf die Neuankömmlinge und auf die Herausforderungen in diesem Zusammenhang richten, sondern dass wir die alteingesessenen Berlinerinnen und Berliner nicht vergessen. Wir müssen uns sowohl um die geflüchteten Menschen, die neu in die Stadt kommen, kümmern, aber auch um die vielen Langzeitarbeitslosen, die in unserer Stadt sind.
Es ist etwas bedauerlich, dass Sie die Erfolge, die wir in der Arbeitsmarktpolitik in Berlin haben, nicht würdigen können. Aber die Zahlen sprechen für sich. Der Berliner Arbeitsmarkt entwickelt sich sehr positiv. Das ist in Berlin eine Erfolgsgeschichte. Die Zahlen zeigen das. All die Ziele, die wir uns vorgenommen haben, haben wir in der Zwischenzeit erreicht. Es sind 45 800 weniger Arbeitslose seit Anfang der Legislaturperiode. Wir haben 17 063 weniger Langzeitarbeitslose und 7 254 weniger Jugendliche, die arbeitslos sind. Das ist eine Erfolgsgeschichte!
Jede einzelne Arbeitsmarktintegration führt zum einen dazu, dass sich die soziale Lage bei den Familien und bei den Menschen verbessert, und zum anderen, dass Unternehmen ihre Fachkräfte gewinnen können – und das alles, obwohl wir eine wachsende Stadt sind, obwohl viele Menschen nach Berlin kommen.
Natürlich freue ich mich als Arbeitssenatorin über die Beschäftigungsverhältnisse, die neu in unserer Stadt entstehen – es sind 140 000 mehr in dieser Legislaturperiode gewesen –, aber ich sage hier auch ganz klar: Ich freue mich nicht nur über neue Jobs, sondern über Jobs, die auch unter guten Arbeitsbedingungen hergerichtet werden, die gut bezahlt werden.
Es ist ganz klar, dass diese Erfolge auch etwas mit unserer Konzeption Berlin-Arbeit zu tun haben. Wir haben in Berlin schon sehr früh umgesteuert und haben mit BerlinArbeit den Fokus auf den ersten Arbeitsmarkt gelegt. Das hat sich tatsächlich gelohnt. Aber wir haben auch den öffentlichen geförderten Beschäftigungsbereich gestärkt. Das möchte ich an dieser Stelle betonen. Auch dieser Haushalt geht genau diesen Weg, den Fokus auf den ersten Arbeitsmarkt zu legen, ohne den öffentlich geförderten Beschäftigungsbereich zu vernachlässigen. Unser
Berliner Weg, um Langzeitarbeitslose zu integrieren, zeigt, dass das der richtige Weg ist.
Das Berliner Jobcoaching ist ein Erfolg. Mit über 11 000 Teilnehmenden zeigt das, dass Langzeitarbeitslose in Berlin motiviert sind. Und mit der richtigen intensiven, individuellen Begleitung und mit der richtigen Qualifizierung schaffen wir es auch, Langzeitarbeitslose in Berlin zu integrieren. In Berlin ist der Anteil inzwischen deutlich geringer als im Bundesdurchschnitt – 32,7 Prozent der Arbeitslosen sind langzeitarbeitslos, auf Bundesebene knapp 39 Prozent.
Die Jugendarbeitslosigkeit – genau das haben wir uns auch vorgenommen – unter 10 Prozent bekommen: Ja, wir sind inzwischen bei 9,5 Prozent! Dennoch ist mir jeder einzelne arbeitslose Jugendliche in dieser Stadt einer zu viel. Deswegen ist es auch richtig und wichtig gewesen, dass Frau Scheeres und ich gemeinsam die Jugendberufsagentur auf den Weg gebracht haben. Und dieser Haushalt leistet genau die Unterstützung der Jugendberufsagentur, dass wir nicht nur vier Startbezirke haben, sondern nächstes Jahr auch in die Breite gehen können, um in allen Bezirken eine zentrale Anlaufstelle für alle Jugendlichen zu haben. Beim Übergang von der Schule zum Beruf dürfen wir keinen einzigen Jugendlichen verlieren. Jugendliche, die schwierige Startbedingungen haben, müssen auch eine zweite und dritte Chance haben. Und wir haben gesagt, dass wir alle Jugendlichen erreichen wollen, d. h. Gymnasiasten, Jugendliche mit Behinderung oder junge Geflüchtete. Auch die erhalten Unterstützung durch die Jugendberufsagentur.
Wir haben natürlich alle Programme in der Berufsvorbereitung und Berufsorientierung verstärkt. Ich will sie nicht alle im Einzelnen nennen. Das sind erfolgreiche Projekte und Modelle, die wir auf den Weg gebracht haben. Wir fördern auch die Berufsausbildung mit BAPP und der Richtlinienförderung. All das verstärken wir. Das wird dazu beitragen, dass mehr Jugendliche in ihrer Kompetenz, eine Berufswahl zu treffen, aber auch den Weg in eine Berufsausbildung zu finden, unterstützt werden.
Ich möchte abschließend die anderen sehr wichtigen Bereiche ansprechen: Die „Initiative sexuelle Vielfalt“! Berlin ist die Regenbogen-Stadt, und deshalb ist es eine sehr erfreuliche Nachricht, dass der Senat, aber auch die Koalitionsfraktionen diesen Bereich so gestärkt haben, dass wir von einer Verdoppelung der Mittel reden können. Das steht der Regenbogen-Stadt Berlin auch sehr gut an. Sowohl für LSBTI-Geflüchtete wie für trans- und intergeschlechtliche Menschen haben wir hierbei Verstärkungen vorgenommen.
Der Kampf gegen Rechts ist aktueller denn je. Deswegen haben wir gemeinsam unser Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus
(Bürgermeisterin Dilek Kolat)
gestärkt. Das brauchen wir auch in dieser Zeit, wo Rechtspopulisten versuchen, die geflüchteten Menschen zu missbrauchen. Hier stärken wir Ehrenamtliche, hier stärken wir Bezirksämter. Wir stärken alle, die mit Geflüchteten arbeiten, damit sie nicht von den Rechtspopulisten und Rassisten unserer Stadt gestört werden.
Zum Thema „Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten“ kann ich auf unser Zehn-Punkte-Programm verweisen, ohne das hier aufgrund der knappen Zeit im Detail auszuführen. Uns allen ist klar, dass wir die Regelangebote für die geflüchteten Menschen öffnen müssen und dass die Jobcenter personell und mit mehr Mitteln so ausgestattet werden, dass sie diese Menschen auch erreichen. Mit unserem Erfolgsprojekt ARRIVO, das immer mehr Zuspruch durch die Wirtschaft erhält, haben wir eine bundesweite Vorreiterrolle eingenommen. Aber auch mit der Sprachförderung, mit der wir sehr früh angefangen haben, haben wir Zeichen gesetzt. Wir geben geflüchteten Menschen eine Chance.
Dabei haben die Volkshochschulen in Berlin sehr mitgeholfen, dass wir die betreffenden Volkshochschulkurse auf den Weg bekommen haben.
Ich möchte auch darauf verweisen, dass wir nicht nur geflüchtete Menschen haben, die in unsere Stadt kommen, sondern aus vielen anderen EU-Ländern kommen auch Menschen zu uns. Das sind Menschen aus Polen, Italien, Rumänien, Bulgarien, aber auch aus Spanien, Frankreich und Griechenland. Für diese Menschen fehlte bisher ein Angebot bzw. ein zentrale Anlaufstelle. In diesem Haushalt ist abgesichert, dass Berlin endlich ein Willkommenszentrum haben wird, wo alle Menschen, die neu in die Stadt kommen, eine zentrale Anlaufstelle haben werden.
Wir stärken die Integrationslotsinnen und -lotsen. Das Partizipations- und Integrationsprogramm wird verstärkt, aber auch der Härtefonds für die Anerkennung im Ausland erworbener Berufsabschlüsse wird ganz neu eingerichtet.
Im Bereich der Gleichstellung stärken wir intensiv den Antigewaltbereich. Damit zeigen wir, dass wir in Berlin nicht nur ein Hilfesystem haben, das bundesweit sehr
anerkannt ist, sondern dass in unserer Stadt keine Frau, die Gewalt erfährt, allein gelassen wird. Keine Frau wird allein gelassen, sondern hier gibt es Hilfe. Dort haben wir die Vermittlung in die Wohnungen hergestellt.
Zum Schluss möchte ich mich ganz herzlich bei meiner Verwaltung bedanken, denn so einen Haushalt aufzustellen bedeutet für die Beschäftigten sehr viel Arbeit. Ich möchte mich aber auch bei Ihnen für die konstruktiven Diskussionen bedanken. – Vielen herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Sie haben alle zur Kenntnis genommen, dass der Senat in einer gemeinsamen Aktion den Karneval der Kulturen 2015 gerettet hat, natürlich deshalb auch gerettet hat, um ihn fortzuführen, also hier ein klares Bekenntnis zum Karneval der Kulturen.
Dass diese Rettungsaktion nicht heißt, dass wir dauerhaft aus dem Haushalt eine Dauerfinanzierung in dieser Größenordnung haben, war allen Beteiligten klar. Das wurde auch kommuniziert. So kann man positiv festhalten, dass im Haushaltsentwurf für 2016 die Ausfinanzierung gesichert ist. Für 2017 sind auch Mittel vorgesehen. Zurzeit läuft ein Konzeptdialog, und wir können ohne Abschluss des Konzeptdialoges nicht beziffern, wie hoch der Bedarf 2017 sein wird. In diesem Sinne – die Mittel sind eingestellt, der Konzeptdialog läuft, der Senat steht nach wie vor zum Karneval der Kulturen. Und alles Weitere wurde Ihnen im Rahmen der Haushaltsberatungen im Detail zur Kenntnis gegeben.
Der Konzeptdialog ist noch nicht abgeschlossen. Wir sind mit den Gruppen in einer zweiten Phase. Und da geht es tatsächlich darum, auch zu gucken, wie man die Einnahmen erhöhen kann, damit der Bedarf aus dem Haushalt reduziert wird. Das ist eine bekannte Vorgabe – auch für diesen Konzeptdialog –, insofern ist Ihre Annahme nicht richtig. Der Konzeptdialog läuft noch.
Wir können den Finanzierungsbedarf für 2017 nur dann beziffern, wenn, wie gesagt, der Konzeptdialog abgeschlossen ist. Vorher ist eine Bezifferung nicht möglich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Langenbrinck! Der Senat hat genau das eingehalten, was er hier versprochen hat, dass die wegfallenden Stellen im Rahmen von Bürgerarbeit durch andere arbeitsmarktliche Maßnahmen ersetzt werden. So kann ich Ihnen heute berichten, dass wir es über FAV und MAE geschafft haben, an die 180 Stellen zu besetzen. Darüber hinaus befinden sich noch 75 Stellen im Besetzungsverfahren. Wenn wir das Landesrahmenprogramm hinzunehmen, das wir jetzt über die Regelfinanzierung sichern, kommen wir zu einer Gesamtzahl von 350 Stadtteilmüttern und Integrationslotsinnen. Das ist schon nahe an dem Niveau von Ende 2014. Ich kann Ihnen sagen, dass wir dort nicht haltmachen werden. Das Besetzungsverfahren auf diesem Weg läuft weiterhin.
Sie haben sicherlich mitbekommen, dass wir das Landesrahmenprogramm auch gestärkt haben und mehr Integrationslotsinnen und -lotsen für geflüchtete Menschen einsetzen. Es ist inzwischen klar, dass die Stadtteilmütter und Integrationslotsinnen und -lotsen nicht nur in wenigen Bezirken gefragt und gebraucht werden, sondern in allen Bezirken, weil wir Zuwanderung und einen Zuwachs an geflüchteten Menschen haben. Deshalb haben
(Senatorin Cornelia Yzer)
wir die Verteilung nach zwei Kriterien vorgenommen: Zum einen geht es um den Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund in den Bezirken, zum anderen geht es um die soziale Situation. Deswegen freuen sich viele Bezirke, dass sie auch von diesen neuen Möglichkeiten partizipieren können.
Zu Ihrer zweiten Frage: Ein Berufsbild zu entwickeln, soll dazu führen, dass die zumeist Frauen auch eine Perspektive haben, nicht nur über Beschäftigungsförderung beschäftigt zu werden, sondern in den ersten Arbeitsmarkt zu kommen. Mit dem Landesrahmenprogramm haben wir das sichergestellt. Es sind zurzeit etwa 95 Stellen. Das Berufsbild entwickle ich nicht allein, sondern entwickelt mein Haus gemeinsam, Herr Langenbrinck, mit den entsprechenden Stellen, den Universitäten, mit Migrantenorganisationen, mit den Jobcentern. Selbstverständlich wird das Konzept der Stadtteilmütter bei der Berufsbildentwicklung mit berücksichtigt. Es wird ein Bestandteil davon sein.
Was die Regelfinanzierung angeht, Herr Abgeordneter, sind wir erst einmal mit 80 Integrationslotsinnen und -lotsen gestartet. Wir haben noch einmal für geflüchtete Menschen aufgestockt und sind jetzt bei 95. 28 von denen sind Stadtteilmütter. Das ist der Rahmen im Haushalt mit 2,2 Millionen Euro, die dafür zur Verfügung stehen. Ob wir weiterhin eine Umstellung in die Regelfinanzierung
(Bürgermeisterin Dilek Kolat)
machen und in welchen Umfang dies möglich wäre, ist im Rahmen der Haushaltsberatungen zu klären. Wenn Ihnen der Haushaltsplanentwurf vorliegt, können wir das gern noch einmal erörtern. Zurzeit kann ich mich nur im Rahmen des bestehenden Haushalts bewegen. Sie als Haushaltsgesetzgeber haben das beschlossen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der Senat befasst sich schon seit längerer Zeit damit, die geflüchteten Menschen auch in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
In dem Zusammenhang ist dem Senat ganz klar, dass zum einen die Anerkennung der im Ausland erworbenen Qualifizierung entscheidend ist, aber auch, dass Studierende, die ihr Studium wegen der Flucht aufgeben mussten, die Möglichkeit haben, ihr Studium fortzuführen. Dafür gibt es große gesellschaftliche Akzeptanz. Alle Akteure in der Stadt finden es gut, dass das Potenzial, das durch geflüchtete Menschen gegeben ist, genutzt werden sollte. In diesem Zusammenhang sind Frau Scheeres und ich uns einig, dass dies den jungen Menschen ermöglicht wird. – In diesem Zusammenhang gibt es auch immer Schriftwechsel zwischen den Senatoren. Das ist nichts Besonderes, und so können Sie das im Parlament auch zur Kenntnis nehmen.
(Senator Andreas Geisel)
Ich kann hier natürlich nur zu dem Stellung nehmen, was ich mit meiner Kollegin Frau Scheeres veranlasst habe: Wir haben diesen Brief verfasst und verschickt. Die Pressearbeit wurde nicht von uns gemacht.
Insofern kann ich Ihnen dazu keine Stellungnahme geben. Aber bei Herrn Henkel ist der Brief schon angekommen.
Das ist ein ganz normaler Vorgang, dass es Briefwechsel gibt.
Herr Henkel sucht den Brief gerade.
Der Brief ist bei Herrn Henkel auch angekommen. Das zeigt ja auch, dass der Senat ernsthaft Interesse daran hat, hier zu einer Veränderung zu kommen. Briefwechsel zwischen Senatoren ist etwas ganz Übliches.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nun zu den hier aufgeworfenen Fragen Stellung beziehen, möchte aber eingangs einige Bemerkungen zu der Debatte machen, die hier gerade gelaufen ist.
Erstens: Der Senat steht zum Karneval der Kulturen. Der Karneval der Kulturen ist in Berlin entstanden, der Karneval der Kulturen gehört zu Berlin, und der Karneval der Kulturen wird auch 2015 stattfinden.
Wir befinden uns in einer Übergangsphase. Ich glaube, das ist allen Beteiligten hier auch ganz klar. Ich stelle hier auch Einigkeit darin fest, dass wir alle zum Karneval der Kulturen stehen und alles daran gesetzt werden muss, damit dieser fortgeführt wird. Ich werde Ihnen hier zu dem, was meine Verwaltung bisher geleistet hat, und wie wir im Senat fortfahren, einiges sagen. Aber gestatten Sie mir noch einmal eine Bemerkung,
was der Umgang der Oppositionsfraktionen gerade mit diesem Thema betrifft. Ich finde es nicht in Ordnung, und das möchte ich an dieser Stelle auch sehr deutlich sagen, dass versucht wird, diese Übergangszeit, in der einige Fragen zu klären sind, hier zu instrumentalisieren und daraus bei den Oppositionsfraktionen Kapital zu schlagen. Der Karneval der Kulturen bietet sich wirklich nicht dafür an, hier parteipolitische Auseinandersetzungen zu suchen.
[Beifall bei der SPD – Antje Kapek (GRÜNE): Hätten wir doch gar nicht, wenn Sie sich gekümmert hätten, wenn die Senatorin ihre Arbeit gemacht hätte! – Udo Wolf (LINKE): Kann es sein, dass Sie politisches Kapital aus dieser Frage schlagen wollen?]
Nein.
Auch nicht! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade in Zeiten von Pegida, wo eine Bewegung in Deutschland versucht, Stimmung gegen eine bestimmte Religionsgruppe zu machen, gerade in Zeiten, wo wir in Berlin auch leider erleben, dass es Gegendemonstrationen gibt, wenn Flüchtlingsunterkünfte eingerichtet werden, und dass Menschen dort mitlaufen gegen Flüchtlingseinrichtungen, und wir wissen, dass gerade in dieser Zeit die Rechtspopulisten versuchen, diese Stimmung zu schüren, gerade in dieser Zeit ist es wichtig, mit dem Karneval der Kulturen ein Zeichen zu setzen, dass Berlin vielfältig ist
und dass die ganze Welt diese Vielfältigkeit zur Kenntnis nimmt.
Sie wissen, dass sich in den letzten Jahren, was die Konzeption des Karnevals der Kulturen angeht, einiges verändert hat. Viele von Ihnen erinnern sich noch, wie der Karneval der Kulturen entstanden ist. Das sind Gruppierungen gewesen, die mit ihrem eigenen Händen Zeichen setzen, die die Vielfalt der Stadt zeigen und vor allem politische Botschaften vermitteln wollten. Ja, wir haben beobachtet, dass sich der Karneval der Kulturen in den letzten Jahren fortentwickelt hat. Er ist zu einem Riesenevent geworden, sodass gerade diese Gruppierungen sagen, dass sie sich nicht mehr im neuen Konzept des Karnevals der Kulturen wiederfinden. Es ist mein Anliegen, dass diese Gruppen wieder ein Forum bekommen und dass der Karneval der Kulturen auch wieder klarer politische Botschaften vermittelt und nicht nur ein Event ist, wo man etwas zu trinken und ein bisschen Musik bekommt.
Wir sind seit Längerem mit den Gruppen direkt im Gespräch. Es gab einige Forderungen, die verschriftlicht wurden. Mein Haus hat all diese Forderungen im Einzelnen geprüft. Es gab dann letzten Mittwoch, das haben Sie gesehen, ein Treffen mit den Gruppen. Dort wurden all diese Punkte besprochen
und auch Zusagen gemacht, dass diese geklärt werden. Und übrigens wurden viele Punkte auch schon geklärt.
Auch ich habe an diesem Treffen teilgenommen und habe dort im Namen des Senats deutlich gemacht, dass sich der Senat zum Karneval der Kulturen bekennt und dass der Wille seitens des Senats da ist, den Karneval der Kulturen mit zu unterstützen, damit der Karneval der Kulturen auch 2015 stattfindet. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass die Gruppen diese Botschaft positiv aufgenommen und gesagt haben, sie seien bereit, seien willens, auch 2015 mitzuwirken. Hier noch einmal herzlichen Dank an die Gruppen, die auch mit dem Senat gemeinsam an dem Ziel festhalten, dass 2015 der Karneval der Kulturen stattfindet!
Wir arbeiten tatsächlich an einer Lösung, Herr Brauer. Ich werden Ihnen nicht eine Liste bringen, wo ich all die Gespräche, die ich geführt habe, die meine Verwaltung geführt hat, im Detail aufliste. Aber eines kann ich Ihnen versichern, dass der Senat und meine Verwaltung mit Hochdruck daran arbeiten. Sie haben hier ein Beispiel mit den Berliner Wasserbetrieben genannt. Es gibt auch andere Stellen, wo der Senat Verbindungen hat und wir intensiv im Gespräch sind, was die Voraussetzungen angeht, mitzuhelfen, dass die Rahmenbedingungen gegeben sind.
Wir haben das Vertrauen der Gruppen. Deswegen wurde auch bei diesem Treffen am Dienstag von den Gruppen klar gesagt, sie seien bereit mitzumachen. Wäre die vertrauliche Situation mit dem Senat nicht gegeben, hätte es diese positive Botschaft nicht gegeben. Was mir die Gruppen selbst gesagt haben, sollten wir berücksichtigen, auch wenn es hier im Parlamentarismus möglich ist, sich über ein solches Thema zu streiten: Der Karneval der Kulturen soll nicht ein Karneval der Kulturen des Senats sein, sondern soll ein Karneval der Kulturen der Gruppen sein. Das soll auch kein Karneval der Kulturen von Frau Kahlefeld sein, die sich in den letzten Tagen als Sprecherin entwickelt hat. Das hilft dem Karneval der Kulturen wirklich nicht.
Die zu klärenden Fragen sind auf dem Tisch. Sie sind konkretisiert. Wir sind im Detail dabei, diese Fragen zu klären.
Zum Thema Sicherheitskonzept: Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, es wäre nach Duisburg verant
wortungslos gewesen, wenn ich gesagt hätte: Augen zu und durch.
Aber genau das wollen Sie haben. Das propagieren Sie hier. Es wäre verantwortungslos gewesen zu sagen, wir ziehen den Karneval der Kulturen durch, wohl wissend, dass sich die Zahl der Teilnehmer und Teilnehmerinnen und das Konzept nicht mehr ganz im Einklang befinden. Aber auch da sind wir einen Schritt weiter. Es gibt eine Konkretisierung, was das Sicherheitskonzept angeht.
Ich werde Ihnen nicht im Detail alles berichten. Ich kann Ihre Fragen verstehen, ziehe es aber eher vor, die Fragen zu klären und Sie zu unterrichten, wenn es ein Ergebnis gibt. Insofern bitte ich Sie um etwas Geduld. Die Gruppen haben das verstanden. Unsere Botschaft wurde ihnen am Dienstag übermittelt. Ich bin mit den Gruppen verabredet, dass wir uns wieder treffen. Bis dahin gestatten Sie uns, dass wir die Fragen klären. Sie können sich vorstellen, dass es in einem laufenden Haushalt nicht so leicht ist, sofort die Lösungen aus dem Ärmel zu schütteln. Der Senat arbeitet mit Hochdruck daran, arbeitet mit den Gruppen vertrauensvoll zusammen. Das Zwischenfunken parteipolitischer Art stört an der Stelle. Es ist nicht im Sinne der Gruppen, die möchten, dass der Karneval der Kulturen 2015 realisiert wird. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich vermisse in diesem Hohen Haus die Einsicht, dass wir uns eigentlich alle einig sind. Wir wollen alle den Karneval der Kulturen für diese Stadt erhalten. Was ich vorhin kritisiert habe, war, dass es gerade in einer Zeit, in der es besonders wichtig ist, mit dem Karneval der Kulturen ein Signal zu setzen, sich nicht anbietet, das klare Bekenntnis des Senats zu ignorieren, Detailfragen aufzugreifen und eine miese Stimmung in der Stadt zu erzeugen, als ob der Karneval der Kulturen ernsthaft gefährdet wäre, weil der Senat nicht dazu steht. Das ist einfach nicht richtig. An diesem Punkt bietet sich das wirklich nicht an.
Deswegen – Herr Brauer, Sie haben konkret ein Beispiel genannt, Berliner Wasserbetriebe – habe ich den Hinweis gegeben und gesagt: Ich habe auch persönlich viele Gespräche geführt. – Es sind viele Detailfragen, die in kurzer Zeit geklärt werden müssen. All diese Detailfragen können wir sicher hier im Plenum nicht klären, aber – Herr Reinhardt, Sie waren ja dabei – am 21. Januar saßen wir mit den Gruppen zusammen. Was ist da passiert? Ich sage „die Gruppen“, Herr Brauer, weil ich mit den Gruppen gesprochen habe. Deswegen kann ich das hier in dieser Deutlichkeit wiedergeben. Dort sind wir alle 13 Punkte im Einzelnen durchgegangen. Auf die Frage, wie lange ich mit den Gruppen rede, kann ich Ihnen nur sagen: Reden Sie mit den Gruppen, und fragen Sie, wie lange diese Gespräche von meiner Verwaltung schon im Einzelnen geführt werden, um alles zu klären! Das Ergebnis am 21. Januar war, dass alle 13 Punkte erledigt waren. Hier die klare Zusage von mir, dass wir uns wieder verabreden und es dann abschließend konkret machen.
Ja, es war geplant, dass wir uns diesen Mittwoch treffen. Wir sind mit der Klärung einiger technischer Fragen noch nicht fertig. Deswegen wurde den Gruppen am Dienstag vermittelt, dass wir noch eine Woche Zeit brauchen. Das wurde mit Verständnis akzeptiert. Mir wurde genau das Gegenteil von dem übermittelt, was hier an Stimmung wiedergegeben wird. Die Gruppen haben Verständnis dafür, dass wir zur Klärung einzelner Fragen noch etwas Zeit brauchen. Das ändert nichts an der Zusage, dass der Senat die einzelnen Punkte klärt und zu der eigenen Zusage steht, den Karneval der Kulturen 2015 zu unterstützen. Wir sind sogar einen Schritt weitergegangen, wir haben gesagt: Wir wollen mit den Gruppen danach einen Konzeptdialog beginnen, wie es ab 2016 weitergehen soll.
Diese Übergangsphase ist auch deshalb entstanden. Wenn Sie hier im Namen der Gruppen sprechen, dann bitte ich Sie, auch darauf Rücksicht zu nehmen, dass die Gruppen selber sagen, dass sie die Konzeption gerne beeinflussen und mit entwickeln wollen.
In diesem Sinne kann ich hier konkret sagen, dass wir das Treffen von Mittwoch nicht abgesagt, sondern nur verschoben haben, dass das den Gruppen in dieser Form mitgeteilt wurde und dass wir die Gespräche im Einvernehmen vertraulich fortführen werden. Ich bin mir sicher, dass wir nächste Woche Ergebnisse präsentieren werden. Haben Sie aber bitte Verständnis, Zwischenstände öffentlich zu kommunizieren, macht keinen Sinn. Es macht nur dann Sinn, wenn man ein Ergebnis hat, dann auch mit dem Ergebnis gemeinsam rauszugehen. Ich bin zuversichtlich, dass wir nächste Woche alle diese Detailfragen im Ergebnis präsentieren können. Helfen Sie mit, dass wir eine positive Stimmung in dieser Stadt haben, dass wir alle gemeinsam das Interesse haben, dass der Karneval der Kulturen in Berlin erhalten bleibt! – Danke schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter! Für den Senat ist es nach wie vor Ziel und sehr wichtig, dass der Karneval der Kulturen auch im Jahr 2015 – und natürlich auch in den Folgejahren – stattfindet. Dafür haben wir Vorsorge getroffen. Es gibt im Rahmen der Zuwendungen an die Werkstatt der Kulturen entsprechende Mittel, wie in den letzten Jahren auch.
Was das Sicherheitskonzept angeht, lag der Integrationsbeauftragten ein Ansinnen auf dem Tisch, wonach hier tatsächlich mehr Ausgaben infrage kommen sollten. Daraufhin wurde verabredet, dass ein Sicherheitskonzept auf verlässliche Art auf den Tisch kommen muss, abgestimmt mit den Bewilligungsbehörden, ein Konzept, das auch finanziell beziffert werden kann. Das war die Verabredung. Das lag in den letzten Wochen leider nicht vor, sodass die Integrationsbeauftragte nach meinem Kenntnisstand zu dem Schluss gekommen ist, die Werkstatt der Kulturen erst einmal von der Beauftragung zu befreien, weil auch ganz konkret die beiden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit der Organisation betraut waren, die Werkstatt der Kulturen verlassen haben. Damit waren die Voraussetzungen, das im Jahr 2015 ordentlich zu organisieren, leider in dieser Einrichtung nicht mehr gegeben.
Natürlich arbeitet der Senat jetzt trotz all dieser Umstände, weil die Realisierung bei der Werkstatt der Kulturen nicht so abgelaufen ist wie in den letzten Jahren, mit Hochdruck an einer Lösung. Hier führt die Integrationsbeauftragte des Senats intensive Gespräche. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden, sodass wir den Karneval der Kulturen für unsere Stadt erhalten können.
Herr Abgeordneter! Ja, genau das ist das Problem. Es liegt kein Sicherheitskonzept vor, in dem klar definiert ist, wonach Sie jetzt fragen, nämlich wer was zu tun hat. Das ist tatsächlich das Grundproblem. Aber nach meinem Informationsstand – so hat mich unsere Integrationsbeauftragte informiert – ist es jetzt auf einem guten Wege, dass die Bewilligungsbehörden ein abgestimmtes Sicherheitskonzept vorlegen. Aber, wie gesagt, in der Vergangenheit war es das zentrale Problem, dass es eben nicht vorlag.
Ja, der Senat legt sich richtig ins Zeug. Da können Sie sicher sein.
Frau Abgeordnete Bayram! Sie haben nach den konkreten Gründen gefragt. Ich kann dazu zusammenfassend mitteilen, dass die Werkstatt der Kulturen hier zwei Probleme bekommen hat. Das ist zum einen das Nichtvorliegen eines Sicherheitskonzepts. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: So, wie das in den letzten Jahren abgelaufen ist, wo die Zahl der Menschen immer mehr zugenommen hat, hat uns das auch in die Lage gebracht zu sagen, dass es nicht verantwortlich ist, das mit dem gleichen Format ohne ein Sicherheitskonzept fortzuführen. Wir wissen, dass es andernorts bei solchen großformatigen Veranstaltungen tragische Fälle gegeben hat.
Das heißt, es war genau richtig zu sagen, dass ein Sicherheitskonzept eine Voraussetzung für den Karneval der Kulturen ist. Das ist ein Grund, warum es zu dieser Verzögerung gekommen ist.
Eine zweite Frage bezieht sich auf die personelle Ausstattung. Auch in dieser Hinsicht hat die Werkstatt der Kulturen das Problem, dass die beiden Personen, die mit dieser Aufgabe betraut waren, nicht mehr zur Verfügung stehen.
Frau Abgeordnete! Ich kann Ihre Nachfrage verstehen, denn es wird immer enger, aber ich bin zuversichtlich, dass wir in dem verbleibenden Zeitrahmen noch eine Lösung hinbekommen. Daran arbeitet der Senat.
[Steffen Zillich (LINKE): Mit der Werkstatt der Kulturen oder ohne sie? – Torsten Schneider (SPD): Wer genehmigt das? Das Bezirksamt Kreuzberg muss das genehmigen. Das ist die Genehmigungsbehörde! – Weitere Zurufe]
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Korte! Der Senat hat die Voraussetzungen für die Einstellung von 200 zusätzlichen Hausmeisterassistenten geschaffen. Wir haben dort in guter Zusammenarbeit mit der Bildungsverwaltung und der Senatsverwaltung für Finanzen alle Fragen geklärt, was den Weg für die Einstellung in den Bezirken frei macht. Wir haben das Profil erarbeitet, welche Aufgaben die Hausmeisterassistenten in den Schulen haben werden. Wir haben die Eingruppierung geklärt. Wir haben auch die finanzpolitischen Fragen der Bezirke geklärt, dass es keine Anrechnung auf die Vollzeitäquivalente gibt. Auch die Finanzierung ist gesichert, ein Teil über die Jobcenter über die Eingliederungszuschüsse und die verbleibenden 25 Prozent über die Basiskorrektur der Finanzverwaltung.
Ich habe daraufhin im November letzten Jahres einen Brief an die Bezirksbürgermeisterinnen und -bürgermeister geschrieben und dort genau diesen Weg beschrieben. Wir haben in Zusammenarbeit mit der Bildungsverwaltung die 200 FAV-Stellen auf die Bezirke verteilt, sodass jeder Bezirk ein Kontingent bekommen hat, um diese Hausmeisterassistenten einzustellen. Ich habe jetzt, im Januar, noch mal eine Abfrage gemacht und Folgendes festgestellt: Die Resonanz ist erst mal positiv. Die Bezirke müssen das natürlich auch noch mal prüfen und auch ausdiskutieren.
Zurzeit gestaltet sich das so, dass ganz konkret vier Bezirke sich auf den Weg gemacht haben und Hausmeisterassistenten in dem Umfang, der ihnen zur Verfügung
(Senator Dr. Matthias Kollatz-Ahnen)
gestellt worden ist, einstellen wollen. Dazu kommt, dass weitere Bezirke prüfen, aber diese Prüfung noch nicht abgeschlossen haben, sodass ich sagen kann: Die Resonanz ist positiv, aber Sie können sich vorstellen, dass mir das nicht reicht. Man sollte hier noch mal einen Appell an die Bezirke richten, dieses Angebot des Senats anzunehmen. Sie haben die Möglichkeit, die Sicherheitslage in den Schulen durch die Einstellung von Hausmeisterassistenten zu verbessern. Diese werden Rundgänge in den Schulgebäuden machen, sie werden aber auch kleine Arbeiten durchführen können wie Schneebeseitigung oder Handwerkerarbeiten, aber auch Kontrollen von Wartungs- und Reinigungsarbeiten. Auf der anderen Seite ermöglicht die Einstellung dieser Hausmeisterassistenten auch, Langzeitarbeitslosen eine Perspektive zu geben. Dazu sind die Bezirke auch aufgefordert.
Es gibt in diesem Sinne pro Bezirk kein Kontingent FAV, sondern das läuft über die Eingliederungstitel der Jobcenter. Das heißt, es müssen Anträge zur Einrichtung von FAV-Stellen gestellt werden, und die Bewilligung läuft über die jeweiligen Jobcenter.
Wir hatten im Rahmen der Haushaltsberatungen gesagt, dass wir 200 FAV-Stellen für die Hausmeisterassistenzen zur Verfügung stellen wollen. Die Einstellung geht jetzt los. In der Zeit wurden die FAV-Stellen natürlich durch andere Langzeitarbeitslose genutzt, sodass es hier nicht zum Verfall von Mitteln gekommen ist. Ich bedauere sehr, dass gerade aus Ihren Reihen die Information an die Öffentlichkeit geraten ist, dass diese Stellen nicht besetzt worden sind. Das möchte ich hier ausdrücklich korrigieren. Von diesen FAV-Stellen haben andere Langzeitarbeitslose profitiert. Und jetzt, wo es losgeht, haben wir auch kein Problem, denn die FAV-Stellen sind befristet und werden peu à peu durch Hausmeisterassistenten ersetzt.
Das Problem haben wir ganz einfach gelöst. Wir haben mit der Finanzverwaltung vereinbart, dass die verbleibenden 25 Prozent über eine Basiskorrektur durch die Finanzverwaltung sichergestellt werden.
Ich schwöre es!
Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Darüber kann der Senat keine Auskunft geben, weil uns die Informationen fehlen. Das ist auch nachvollziehbar, weil für die Kontrolle von Schwarzarbeit auf Baustellen, auf Berliner Baustellen und auch überall woanders in der Bundesrepublik, die Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Zoll zuständig ist. Ich kann aber gern nachfragen, Informationen einholen und an Sie weiterleiten.
Der Berliner Senat ist in diesem Bereich sehr aktiv. Sie haben es bereits angesprochen: Der Senat finanziert die Beratungsstelle beim DGB. Dort geht es darum, wenn Beschäftigte auf Baustellen, aber auch woanders, ihre Gehälter nicht bekommen, die Arbeitnehmerrechte nicht eingehalten werden, dass diese Menschen nicht allein bleiben, sondern sich für ihre Rechte einsetzen können. Wenn Sie gezielt die einzelnen Fälle ansprechen, die jetzt auch bekannt geworden sind, dann können Sie nachvollziehen, dass dies funktioniert. Die Arbeitnehmerrechte können durch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbst eingefordert und eingeklagt werden. Die Betrof
fenen sind dabei nicht allein, sondern werden durch die Beratungsstelle des Senats aktiv unterstützt.
Noch einmal: Für die Kontrolle ist der Zoll zuständig – das wissen Sie, glaube ich, auch –, die Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Das ist keine Berliner, sondern eine Bundesbehörde. Natürlich kooperieren wir sehr eng mit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Über diese Baustelle liegen uns keine Zahlen vor. Sehr gern kann ich aber im Rahmen der guten Zusammenarbeit nachfragen, ob es konkrete Zahlen gibt. Ich zweifle jedoch daran, dass die Finanzkontrolle Schwarzarbeit zwischen öffentlich finanzierten Baustellen und anderen differenziert. Ich frage aber gern nach.
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Lehmann!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Abgeordneter Lehmann! Der Senat schätzt die Chancen für Flüchtlinge, in den Arbeitsmarkt integriert zu werden, als sehr gut ein. Ich kann Ihnen aufgrund meiner persönlichen Gespräche mit Flüchtlingen berichten, dass ich die Flüchtlinge immer als sehr motiviert erlebt habe. Das ist der erste Grund, weshalb ich das so positiv einschätze. Das Erste, was mir gesagt wird, ist: Wir wollen arbeiten. Wir wollen nicht von Transferleistungen des Staates leben. – Das zeigt, dass viele Flüchtlinge in unserer Stadt motiviert sind.
Punkt zwei: Wir wissen, dass Flüchtlinge nicht nur Flüchtlinge sind, sondern Berufe ausgeübt haben, bevor sie ihre Heimat verlassen haben, sie Qualifikationen und Berufserfahrungen haben. Deswegen müssen wir den Blick auf die Flüchtlinge ändern und nicht nur gucken, wo sie herkommen, sondern auch, was sie können. Es gibt eine bundesweite Umfrage, anhand derer deutlich wird, dass ein großer Teil der Flüchtlinge einen Schulabschluss hat, ein Viertel hat einen Berufsabschluss, 40 Prozent haben Berufserfahrungen und 20 Prozent sogar einen Hochschulabschluss. Die Potenziale unter den Flüchtlingen für den Arbeitsmarkt sind sehr groß.
Ich bin sehr froh, dass das, was der Berliner Senat bereits seit langer Zeit befürwortet, den Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge auch rechtlich zu erleichtern, jetzt auf Bundesebene umgesetzt worden ist. Es ist neu. Im November hat es eine Rechtsänderung gegeben, die zur Folge hat, dass der Zugang erleichtert worden ist. Nach drei Monaten ist es für Asylsuchende mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung möglich, eine Arbeitserlaubnis zu bekommen. Nach 15 Monaten entfällt die Vorrangprüfung. Bei einer betrieblichen Ausbildung ist es rechtlich noch leichter geworden, weil hier die Erlaubnis von der Bundesanstalt für Arbeit entfällt. Dass sich rechtlich alles ändert, ist die eine Sache, aber dass wir diesen Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen, eine andere. Berlin ist da schon sehr weit, ich denke, bundesweit eines der ersten Bundesländer durch die Einrichtung der Deutschkurse. Denn ohne Deutschkenntnisse ist ein Zugang zum Arbeitsmarkt nicht möglich. Sie wissen, dass wir hier schon sehr früh mit Deutschkursen angefangen haben.
(Bürgermeisterin Dilek Kolat)
Wir sind noch einen Schritt weitergegangen – das haben Sie sicher mitbekommen, und darauf zielt vermutlich auch Ihre Frage ab – und haben in dieser Woche eine Kampagne gestartet. Ich glaube, es ist erstmalig, dass sich die Wirtschaft nicht nur appellierend zu diesem Thema äußert, sondern wir haben gemeinsam mit der Handwerkskammer die Initiative „Arrivo Berlin“ gestartet. Dort engagieren sich Unternehmen, Betriebe. Wir werden demnächst mit einer Plakataktion die Betriebe auffordern mitzumachen, ihre Türen für Flüchtlinge zu öffnen. Wir sind gestartet mit Berufsorientierung, damit Flüchtlinge herausfinden können, wo ihre Stärken liegen. Anschließend soll der Kontakt zwischen Flüchtling und Betrieb so schnell es geht hergestellt werden. An dieser Stelle möchte ich mich ganz besonders bei der Handwerkskammer Berlin, insbesondere bei deren Präsidenten, bedanken, dass sich die Wirtschaft für Flüchtlinge engagiert.
Herr Abgeordneter! Die Initiative ist wirklich sehr neu. Es wäre vermessen zu sagen, wir seien schon am Ende. Wir haben damit begonnen, dass wir für Flüchtlinge ganz speziell mit Innungen – das ist nicht nur ein Projekt, sondern da sind richtig Betriebe im Hintergrund – erstmalig Erprobungsmöglichkeiten in Lehrwerkstätten in vielen Gewerken bereitgestellt haben. Sie können erst einmal die Berufe ausprobieren und gucken, ob das etwas für sie ist. Das wird nicht nur theoretisch passieren, sondern wir werden Betriebe im Hintergrund haben und den Kontakt zu den Flüchtlingen herstellen. Ich bin mir sicher, dass wir das nach der Pilotphase weiter verstärken können. Ich hoffe, dass viele Berliner Betriebe mitmachen und ihre Türen für Flüchtlinge öffnen, denn darin steckt unheimlich viel Fachkräftepotenzial.
Frau Bayram! Es ist so, dass diese Rechtsänderung erst seit November existiert. Es gab auf Bundesebene ein Pilotprojekt bei den Agenturen für Arbeit zum Thema Flüchtlinge mit der Bezeichnung „Early Intervention“. Berlin hat sich sehr dafür stark gemacht, dass dieses Projekt auch nach Berlin kommt. Das ist uns gelungen. Die frohe Botschaft ist, dass ab dem 1. Januar 2015 das Pilotprojekt auch in Berlin startet. Da ist auch die Regionaldirektion in Berlin mit den Agenturen und Jobcentern erstmalig in der Frage dabei: Wie können wir Flüchtlinge in ihren Kompetenzen abholen, vielleicht auch nachqualifizieren, ihre Abschlüsse anerkennen? Die Themen kennen Sie. Ich freue mich, dass auch die Bundesagentur in diesem Bereich zum 1. Januar 2015 aktiv wird.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich ganz herzlich bei Ihnen bedanken, dass Sie dieses Thema heute in der Aktuellen Stunde aufgerufen haben. Es ist in der Tat so, dass das Thema Gewalt gegen Frauen und Kinder zwar ein uraltes ist, aber auch ein hoch aktuelles.
Gestatten Sie mir, dass ich meine Rede mit einer persönlichen Erfahrung beginne. Ich weiß nicht, ob Sie in Ihrem Leben, in Ihrer politischen Tätigkeit, je die Gelegenheit hatten, Frauen zu begegnen, die in Gewaltsituationen gekommen sind. Ich hatte die Chance. Während meiner Studienzeit hatte ich einen Dolmetscherjob in einem Berliner Frauenhaus. Dort habe ich erfahren, was es genau heißt, wenn eine Frau in solch eine Gewaltsituation kommt. Seitdem habe ich das Bild einer bestimmten Frau nicht mehr aus meinem Kopf bekommen. Eine Frau, die vor mir saß und schildern musste, was ihr passiert ist. Sie hat die Gewaltsituation geschildert, sie hat in der Tat viele Fragen gestellt, ob sie selber schuld ist, eine Frau, die der deutschen Sprache nicht mächtig war, sich im deutschen System überhaupt nicht ausgekannt hat und der Situation ausgeliefert war. Ganz kompliziert wurde es, weil die Tochter vom Vater sexuell misshandelt wurde.
(Simon Kowalewski)
Seitdem weiß ich, wie wichtig es ist, dass solche Frauen nicht alleingelassen werden. Seitdem weiß ich, wie wichtig es ist, was in den Frauenhäusern heute geleistet wird. Wir wissen alle, dass es kein Einzelfall ist, sondern tagtäglich in unserer Stadt vorkommt, von Frauen erfahren wird.
Ja, ich finde es nach wie vor furchtbar, dass der Internationale Tage gegen Gewalt an Frauen am 25. November das Thema immer wieder aufruft, aktuell hält und daran erinnert. Ich denke, es ist eine gute Gelegenheit, dass wir hier im Parlament alle zusammenstehen und die klare Botschaft in die Stadt senden, dass Gewalt gegen Frauen und Kinder keinen Platz in unserer Stadt hat und vor allem gesellschaftlich geächtet gehört.
Hintergrund für die Entstehung des Aktionstages ist die Verschleppung, Vergewaltigung und Ermordung von drei Frauen im Jahr 1960 in der Dominikanischen Republik. 1981 hat die UNO den 25. November zum internationalen Tag zur Beseitigung jeder Form von Gewalt gegen Frauen erklärt. Wie wir heute merken, war das eine sehr richtige Entscheidung. Anlässlich dieses Tages finden in Berlin jedes Jahr zahlreiche Aktionen statt, mit denen auf diese Form der Menschenrechtsverachtung hingewiesen wird.
Die diesjährige Berliner Kampagne steht unter dem Motto „Mobil gegen häusliche Gewalt – 16 Tage gegen Gewalt an Frauen“. Sie hat am Montag mit der Hissung der Fahne von Terre des Femmes und einer Auftaktveranstaltung im Rathaus Schöneberg begonnen. Sie endet am 10. Dezember 2014, dem Internationalen Tag der Menschenrechte. In dieser Zeit, in diesen Tagen finden zahlreiche Aktivitäten in den Bezirken statt, initiiert durch die Landesgemeinschaft der bezirklichen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten und in Kooperation mit Terre des Femmes, der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen, den Antigewaltprojekten der Polizei und meines Hauses und vielen anderen mehr in unserer Stadt. Es ist nicht selbstverständlich, dass der 25. November von vielen Akteurinnen und Akteuren in unserer Stadt so aufgegriffen wird, deswegen möchte ich mich an dieser Stelle bei den vielen Beteiligten bedanken, dass sie diesen Tag in Erinnerung rufen und viele Aktivitäten in Berlin starten. Das Schöne ist, es schließen sich jedes Jahr neue an. Viele Berliner Unternehmen, Wohnungsbaugesellschaften schließen sich mit Aktionen an und setzen ein wichtiges Signal gegen Gewalt an Frauen. Sie haben alle damit zur nachhaltigen Sensibilisierung der Berlinerinnen und Berliner beigetragen.
Gewalt gegen Frauen und Kinder ist die häufigste Form von Gewalt weltweit. Sie zieht sich entgegen manch landläufiger Vorstellung durch alle sozialen Schichten, auch sogenannte bildungsnahe oder wohlhabende Fami
lien sind betroffen. Diese Gewalt findet meist zu Hause statt, also gerade dort, wo Schutz und Geborgenheit gesucht wird. Es gibt körperliche Gewalt, es gibt sexualisierte Gewalt, aber auch seelische Gewalt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht weltweit von 800 000 Todesfällen jährlich durch häusliche Gewalt aus. In der Europäischen Union ist nach neuesten Erkenntnissen jede siebte Frau betroffen, in der Bundesrepublik Deutschland jede vierte. In Berlin wurden im Jahr 2013 insgesamt 15 971 Fälle häuslicher Gewalt bei der Polizei registriert. 76 Prozent der Opfer waren Frauen. Das bedeutet aber gleichzeitig – und das möchte ich an dieser Stelle auch unterstreichen –, dass auch Männer Opfer von häuslicher Gewalt sind und das auch Beachtung finden sollte.
Die Sicherstellung des Schutzes von Frauen und Kindern ist deshalb schon seit vielen Jahren ein zentrales politisches Anliegen des Berliner Senates. Wenn wir zurückblicken, gibt es hier schon seit über 30 Jahren eine ganz klare Akzentsetzung. Zentrales Anliegen des Senates heute ist es, gute und professionelle Hilfsangebote und Unterstützungsmöglichkeiten für Frauen und für Kinder sicherzustellen. Und ja: Ich bin stolz darauf, hier stehen und sagen zu können, dass wir in Berlin ein gut funktionierendes Hilfesystem haben. Gerade wenn man bundesweit unterwegs ist und mit anderen Bundesländern verglichen wird, sind wir in Berlin sehr gut aufgestellt.
Dennoch haben wir hier weitere Entwicklungsansätze, auch ganz neue. Ich möchte diese kurz hier darstellen, Frau Kofbinger. Sie haben von „Modellprojekten“ gesprochen. Ich glaube, es ist wirklich nicht angemessen, das, was wir hier in Berlin in den Hilfesystemen für diese betroffenen Frauen leisten, als Modellprojekte zu bezeichnen. Wir haben ein sehr fundiertes Hilfesystem, bestehend aus sechs Frauenhäusern mit 322 Plätzen. Wir haben diese noch einmal um fünf Plätze erweitert. Über 1 000 Frauen und Kinder finden Schutz in 41 dezentralen Zufluchtswohnungen. Auch dieses Angebot findet man in anderen Bundesländern nicht. Es gibt fünf Interventions- und Beratungsstellen für häusliche Gewalt und die BIGHotline, die inzwischen rund um die Uhr telefonisch Erstberatung macht, aber auch in die Frauenhäuser vermittelt. 51 Sprachen sind bei der BIG-Hotline vertreten.
Wir hatten eine Interventionslücke. Wir haben festgestellt, dass wir an den Wochenenden, Feiertagen und vor allem ab 18 Uhr, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Frauenhäusern nicht mehr da sind, eine Lücke haben. Auch diese Lücke haben wir mit einer Anlaufstelle, an die sich Frauen direkt wenden können, geschlossen. Dort gibt es zeitnah professionelle Unterstützung und Unterbringung für Frauen, die in Not sind.
An dieser Stelle möchte ich nicht nur unterstreichen, dass unser Hilfesystem wirklich beispielgebend ist, sondern ich möchte diesen Moment auch nutzen und mich bei den vielen Frauen bedanken, die sich tagtäglich in Frauen
(Senatorin Dilek Kolat)
häusern und Beratungseinrichtungen für die Frauen einsetzen. Ich weiß, es ist harte Arbeit, die sie tagtäglich leisten. Danke an dieser Stelle noch einmal an diese Frauen!
Für dieses Hilfsangebot haben wir – Senat und Abgeordnetenhaus – 6 Millionen Euro bereitgestellt. So habe ich die Kultur in diesem Hohen Haus in den letzten Jahren immer erlebt. Man war sich immer einig, auch fraktionsübergreifend, dass der Antigewaltbereich im Haushalt gut abgesichert wird. Auch in den schwierigen Zeiten, wo das Land Berlin drastische Einsparungen in vielen Bereichen, auch in politisch schmerzhaften, vornehmen musste, Entscheidungen getroffen, Kürzungen beschlossen hat, wurde der Antigewaltbereich immer geschützt. Wir haben im letzten Doppelhaushalt diesen Bereich mit 220 000 Euro noch einmal verstärken können. Seit 2011 haben wir ein Plus von über 6 Prozent. Ich glaube, das wird hier ganz deutlich, dass dieser Bereich nicht nur dem Senat, sondern auch dem Parlament sehr wichtig ist.
Wir wissen, dass zwar die Zahl der Fälle häuslicher Gewalt in den letzten Jahren nicht gestiegen ist, wir können nicht von steigenden Zahlen der Gewalt hier berichten, aber das Niveau ist dennoch sehr hoch. 2011 waren es 16 100, 2012 knapp 15 800 und 2013 15 900. Die Zahl ist zwar nicht gestiegen, das ist richtig, aber wir wissen, dass es zeitweise zu Engpässen in Berlin kommt, deswegen haben wir im engen Dialog mit den Einrichtungen, die ich vorhin genannt habe, mit denen, die dort Verantwortung tragen und beschäftigt sind, genau analysiert, welchen Grund diese Engpässe haben.