Angelika Birk

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln heute zwei Anträge mit ganz unterschiedlichen Themen der Flücht
lingsproblematik in einer gemeinsamen Aussprache. Am Schluss werde ich noch etwas zur Form der Abstimmung sagen. Aber jetzt erst einmal zum Inhalt der beiden Anträge.
Der erste Antrag ist eine Aufforderung an die Landesregierung, sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative für die Verlängerung der Regelungen aus den §§ 104 a, 104 b Aufenthaltsgesetz - Altfallregelung - einzusetzen. Hierbei geht es darum, dass Menschen, die nach Deutschland geflohen sind und seit Jahren aufgrund einer Duldung hier leben, eine rechtssichere und humanitäre Bleiberechtslösung erhalten. Sie sollen eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen, wenn sie eine gewisse Zeit in Deutschland gelebt haben und ihren Lebensunterhalt eigenständig bestreiten können. Der Nachweis - und darum geht es - muss bis Ende dieses Jahres erbracht werden.
Wie wir alle wissen, befinden wir uns in einer Wirtschaftskrise, welche vor allem die Schwächsten der Gesellschaft trifft. Deshalb wollen wir eine Fristverlängerung für den Nachweis der eigenständigen Lebensunterhaltssicherung um ein Jahr. Aufgrund der hohen Zahl der Aufenthaltserlaubnisse auf Probe ist davon auszugehen, dass ein signifikanter Anteil der Begünstigten der gesetzlichen Altfallregelung zum Jahresende 2009 in die Duldung zurückfallen wird.
Wenn die Altfallregelung nicht scheitern soll, ist jetzt kurzfristig gesetzgeberisches Handeln nötig. Deshalb haben wir mit unserem Antrag die Landesregierung beauftragt, sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative für die Verlängerung der Altfallregelung einzusetzen. Kurzfristig soll die Frist zum Nachweis der eigenständigen Lebensunterhaltssicherung um ein Jahr verlängert werden. Langfristig sollte die gesetzliche Altfallregelung außerdem insofern geändert werden, als sie auch gegebenenfalls erfolglose Bemühungen zur Arbeitsmarktintegration sowie humanitäre Kriterien wie Krankheit, Alter, Kinderreichtum der Familie berücksichtigt. Zusätzlich muss eine Lösung gefunden werden, die auch in Zukunft Kettenduldungen verhindert. Ich hoffe also, dass das Parlament unserem Antrag mehrheitlich zustimmt. Da appelliere ich vor allem an die Mitglieder der SPD-Fraktion, die den Antrag ja leider im Ausschuss zuerst abgelehnt hatte, ähnlich wie ihr Fraktionsvorsitzender öffentlich ankündigte, unseren bereits im März eingebrachten Antrag nunmehr endlich zu unterstützen.
Auf lange Sicht sollten wir aber über eine ganz andere Art des Bleiberechts reden. In der nächsten Legislaturperiode sollten wir darüber reden, dass
die Stichtagsregelung dem eigentlichen Ziel widerspricht, langjährig Geduldeten zu einem dauerhaften Aufenthalt in Deutschland zu verhelfen. Deswegen wird sie abgeschafft. Zudem muss bleiben dürfen, wer sich um Arbeit bemüht, aber unverschuldet arbeitslos bleibt. Für Alte, Kranke und Menschen mit Behinderung muss es sowieso Ausnahmen geben. Es sollte darauf ankommen, ob jemand schutzbedürftig ist oder nicht und nicht darauf, ob er oder sie genügend Geld verdient.
Ich weiß, dass das manche merkwürdig anmutet, aber es geht hier um Flüchtlinge, es geht hier um eine humanitäre Frage und nicht um Leistungseffizienz.
Unser zweiter Antrag befasst sich mit dem Thema Resettlement. Der Begriff Resettlement bezeichnet dabei die gezielte Neuansiedlung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge, die auf absehbare Zeit nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können. Resettlement ist deswegen zwar einerseits Schutzinstrument, andererseits soll aber den Flüchtlingen auch eine Perspektive für ein dauerhaftes Leben in Deutschland eröffnet werden. Damit unterscheidet sich diese Maßnahme deutlich von früheren Duldungen oder rechtsanspruchslosen Angeboten der Bundesregierung für Flüchtlinge.
Bereits 40 Städte in ganz Deutschland nehmen an der Kampagne „Save me - Flüchtlinge aufnehmen!“ teil. 4781 Menschen unterstützen das Projekt persönlich. In Schleswig-Holstein hat die Stadt Kiel beschlossen, Flüchtlinge aus einem Resettlementprogramm aufzunehmen. Lübeck, Reinbek und Pinneberg machen bereits Veranstaltungen im Rahmen der sogenannten Save-Heaven-Kampagne.
Nun komme ich zu unserem Verfahrensvorschlag: Auf unseren Antrag für Humanität und Menschenrechte konnten sich alle Fraktionen einigen, nur die CDU steht nach wie vor mit ihrer ablehnenden Haltung allein da. Für den Tagesordnungspunkt 30 das war die Verlängerung der Altfallregelung - beantrage ich, dass über unseren Antrag und nicht über die Beschlussempfehlung, Frau Präsidentin, abgestimmt wird, also im ersten Fall Beschlussempfehlung-Abstimmung und im zweiten Fall - nämlich Tagesordnungspunkt 30 - Abstimmung über unseren ursprünglichen Antrag.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Bericht hätte eigentlich einen anderen Zeitpunkt der Behandlung verdient. Aber machen wir zu dieser späten Stunde, wo alle schon etwas erschöpft sind, das Beste daraus!
Der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung hat heute seinen dritten und gleichzeitig letzten Tätigkeitsbericht unter dem Dach des Sozialministeriums vorgelegt. Die gute Arbeit von Ulrich Hase und seinem Team hat sich ausgezahlt. Seit dem 1. Januar dieses Jahres sind sie, Herr Hase, direkt dem Landtag zugeordnet. Auch von dieser Stelle aus noch einmal Glückwunsch und Dankeschön. Beides stärkt die Interessenvertretung von Menschen mit Behinderung nachhaltig: das Glück und der Dank von unserer Seite. Man sieht, alle sind schon erschöpft, aber ein bisschen Beifall wäre hier hilfreich.
Wir Grünen haben von Anfang an ein Maximum an Unabhängigkeit und Weisungsungebundenheit für den Behindertenbeauftragten gefordert. Die direkte Zuordnung zum Landtag hat sich bei der Bürgerbeauftragten und dem Beauftragten für Flüchtlingsund Migrationsangelegenheiten sehr bewährt. Auch Ulrich Hase hält in seinem Tätigkeitsbericht mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. Ich erlaube mir, zu zitieren:
„Die Zuordnung zum Sozialministerium führte regelmäßig dazu, dass der Landesbe
auftragte irrtümlich als Vertreter des Sozialministeriums verstanden wurde. Dadurch wurde es erschwert, sich in der Öffentlichkeit als unabhängige Instanz zu präsentieren und zu positionieren. Die Arbeit des Landesbeauftragten hat Bezug zu allen Ressorts. Die Zuordnung zum Sozialministerium wurde dieser Querschnittsaufgabe nicht gerecht und vermittelte ein auf öffentliche Fürsorge reduziertes Bild der Situation von Menschen mit Behinderung. Die Weisungsunabhängigkeit des Landesbeauftragten wurde in der Zuordnung zum Sozialministerium nicht deutlich. Zum Beispiel ist der Landesbeauftragte geforderte, seine Positionierung nach außen Regierungskonform zu gestalten. Seine Tätigkeitsberichte bedurften erscheinen als Kabinettsvorlage der inhaltlichen Abstimmung den betroffenen Ressorts. Die Folge sind textliche Veränderungen und Abschwächungen.“
Damit ist es nun vorbei. Wir freuen uns, dass für Ulrich Hase und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Ära begonnen hat, die ihre Durchsetzungskraft und die Interessenvertretung von Menschen mit Behinderung weiter stärken wird.
Der aktuelle Tätigkeitsbereicht reicht von 2005 bis 2008. Ich nenne nur die wichtigsten Stationen, was in dieser Zeit alles passiert ist: 2006 trat das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz des Bundes in Kraft. In Schleswig-Holstein begann die Kommunalisierung der Eingliederungshilfe. 2007 läutete das Sozialministerium den Perspektivenwechsel von der Integration zur Inklusion ein, und das Europäische Jahr der Chancengleichheit fand statt. 2008 wurde das persönliche Budget für Menschen mit Behinderung aus der Modellphase geholt und nun zur Regelleistung. Ebenfalls 2008 ratifizierte der Bundestag die UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen.
Das waren gute Anlässe, damit es vorangeht. Die Themenfülle und der beachtliche Umfang von 124 Seiten lassen auf eine Erfolgsstory hoffen. Aber die Realität ist nach wie vor aber eine andere. Das liegt nicht an Ulli Hase und seinem Team sondern daran, dass noch eine ganze Reihe von Hausaufgaben, zu erledigen sind. In der Kürze der Zeit will ich nur fünf Punkte ansprechen:
Landesbauordnung und Barrierefreiheit: Nachrüstepflicht, Berichtspflicht, Sanktionsinstrumente wären notwendig, um die Barrierefreiheit anzusetzen. Wir hatten vor nicht allzu langer Zeit die Landesbauordnung hier in der Debatte. Es zeichnete
sich keine Mehrheit dafür ab, dass wir überhaupt nur in eine ernsthafte Debatte darüber kommen.
Beschäftigungsquote für Schwerbehinderte: Das Land als Arbeitgeber erfüllt die gesetzlich vorgeschriebenen 5 % nach wie vor nicht, und die Tendenz ist weiter sinkend.
Berufliche Integration von Menschen mit Behinderung insgesamt: Sie hat sich seit Einführung von Hartz IV deutlich verschlechtert - und das, nachdem es eigentlich eine positive Tendenz durch gemeinsame Anstrengung von vielen gegeben hatte.
Barrierefreier Tourismus: Im zuständigen Wirtschaftsausschuss wurde umfangreich und langwierig beraten, Barrierefreiheit ist aber im Tourismuskonzept trotzdem kaum zu finden.
Gemeinsame Servicestellen für Menschen mit Behinderung: Seit 2001 sind sie mit dem Sozialgesetzbuch IX eingeführt worden - eigentlich schon ein alter Hut -, dennoch wird der gesetzliche Auftrag einer trägerübergreifenden Beratung immer noch nicht erfüllt.
Schließlich das persönliche Budget: Seit einem Jahr haben Menschen mit Behinderung einen Rechtsanspruch, Leistungen der Eingliederungshilfe als Budget ausgezahlt zu bekommen und selbst über die Verwendung zu entscheiden. Aber in den Kommunen weiß man entweder kaum Bescheid, oder ist nicht geneigt, sich mit diesem neuen Recht ernsthaft auseinanderzusetzen.
Es ist also noch viel zu tun. Herr Hase braucht den Rückenwind des ganzen Parlaments. Wir sollten uns - das sage ich auch zu dem Anliegen, das die FDP hier zu dem vier Jahre lang ruhenden Antrag vorgetragen hat - vielleicht überlegen, ob wir nicht die letzte Sozialausschusssitzung in dieser Legislaturperiode zum Anlass nehmen sollten, den FDPAntrag zu beschließen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich entnehme dem Bericht, dass die baulichen Maßnahmen, zu dem uns die Personalräte vor wenigen Tagen ein Dringlichkeitsschreiben
geschickt haben, offensichtlich weiter in der Beratung und in ihrem Vollzug nicht gefährdet sind. Es wäre schön gewesen, Sie hätten dazu noch ein paar mehr Erläuterungen gegeben, um welche Maßnahmen aus dem 700-Millionen-€-Paket es sich handelt. Ich gehe davon aus, dass in einer abgestimmten und vorgeplanten Maßnahme dieser Größenordnung wegen des Regierungswechsels ein Baustopp oder ein Planungsstopp nicht erfolgt. Es wäre wichtig, wenn das öffentlich deutlich gemacht würde, um diesen Befürchtungen des Personalrats entgegentreten zu können.
Der Anlass für den Bericht war aber nicht dieser Brief, der erst später eintraf, sondern das Strukturkonzept. Zum wiederholten Mal haben wir von einer wichtigen Struktur- und Entscheidungsgrundlage für die nächsten Jahrzehnte aus der Zeitung erfahren.
Ich finde es schwierig, wenn der Ausschuss zum wiederholten Mal - wir haben dieses Muster auch in einem anderen Politikfeld - aus der Zeitung erfährt und erst im Nachhinein durch das Ministerium informiert wird, wie es durch eine kurze Drucksache und durch den heutigen mündlichen Bericht inzwischen geschehen ist.
Inhaltlich kann ich zu dem Wenigen, was wir bisher wissen, nur sagen: Es gibt eine Menge offener Fragen. Es werden wieder zwei Campus gebildet, obwohl Ärzte und insbesondere der Personalrat versichert haben, dass endlich nach vielen internen Widerständen die Zusammenarbeit beginnt zu funktionieren. Ob es nun klug ist, an dieser Stelle gleich unterhalb der Vorstandsebene wieder eine neue Trennung herbeizuführen, sei dahingestellt.
Immerhin können wir sicher sein, dass für die neue zweite Reihe, es ist nicht nur jeweils eine Person, sondern es sind mehrere, und darunter ist noch einmal eine neue Zentrumsstruktur angedacht, die sich wieder deutlich von dem unterscheidet, was vor Kurzem etabliert wurde, sehr kostenträchtige Personalpositionen fällig werden. Die müssen alle auf dem Buckel der kleinen Leute, die täglich Überstunden machen, im UK S-H finanziert werden. Das ist eine kritische Anmerkung meiner Fraktion. Wir glauben nicht, dass in diesem Fall mehr Häuptlinge das Heil bringen.
Die zweite Frage, die sich stellt, ist die der Hierarchie. Die Ärzte sind auf jeder Ebene autonom. Der Kaufmännische Vorstand kann kaufmännische Leitungen bisher von oben anweisen. Vielleicht ist es noch zu wenig geschehen, weil die bisherigen Konzepte nicht getragen haben. Jetzt soll aber offenbar
auch eine Anweisung von oben, sei es über die Ärzte - das ist meine Frage - oder über den Kaufmännischen Direktor, an die Pflege erfolgen. Ist noch von oben der Pflegevorstand die Weisungsinstanz für die untergeordneten Positionen, oder kann jeder beliebige Arzt wieder über die Pflegeleitung in Suchtzentren verfügen? Oder ist es so, wie ich es aus dem Strukturvorschlag der Landesregierung jetzt lese, dass immer und in jeder Entscheidungsinstanz - ob nun oben oder unten - die kaufmännische Leitung das alleinige Sagen hat?
Ich finde, solche wichtigen Fragen hätten wir im Fachausschuss diskutieren müssen. Die sind natürlich letztlich natürlich unternehmensentscheidend. Da mögen sie Recht haben. Aber wir haben einige Rahmenbedingungen in unser Hochschulgesetz über das UK S-H geschrieben aufgrund leidvoller, nicht geklärter Hierarchiefragen in der Vergangenheit.
Ich komme nun zu zwei Dingen. Das eine ist die anstehende private Beteiligung sowohl bei der ITAbteilung als auch bei der Service GmbH. Sie, Herr Minister, sagen, das war schon lange verabredet, aber es war auch lange strittig. Wir haben zu Recht im letzten Jahr schon kritisch angemerkt, dass wir nicht glauben, dass eine private Beteiligung der Service GmbH ein guter Weg für das Klinikum ist. Jetzt erfahren wir, dass die Ausschreibungen und die Beteiligungen, die jetzt angedacht sind, für die Privaten eine höhere Summe veranschlagen, als bisher die Service GmbH kostet - die vollständig landeseigene Service GmbH des Unternehmens. Da wird man nachdenklich.
Jetzt soll offensichtlich nachgebessert werden, sonst wäre wahrscheinlich die private Beteiligung schon längst erfolgt. Jedenfalls kann man das aus dem schließen, was die „Lübecker Nachrichten“ zu diesem Thema zu sagen haben. Von der Regierung ist leider keine Stellungnahme erfolgt. Insofern kann ich nicht wissen, ob das stimmt.
Dies macht uns erst recht misstrauisch. Wir möchten an dieser Stelle klipp und klar wissen: Was haben Sie mit der Service GmbH, mit der IT-Abteilung vor, welches sind die inhaltlichen, die qualitativen Rahmenbedingungen? Denn es geht nicht um irgendeinen Service, es geht um Trägerdienst, es geht um Laborleistungen, es geht um Essen und solche Dinge, die den Alltag der Patienten und die Qualität der Versorgung bestimmen. Ich finde schade, dass wir an dieser Stelle so wenig wissen und hier Entscheidungen getroffen werden, die für die Patienten, die Pflege und für die Abläufe von entscheidender Bedeutung sind. Wir glauben, wenn
ein weiteres Unternehmen dazwischen ist, dann ist die Kommunikation nicht einfacher, sondern schwieriger.
Deswegen haben wir einen Beschlussantrag gestellt; wir wünschen uns, dass wir den hier heute einstimmig verabschieden. Das ist manchem vielleicht noch nicht möglich, weil das offensichtlich zu überraschend gekommen ist. Wir haben aber ein dringende Bitte an die Regierung. Unser Beschlussantrag ist ja, dass in dieser Legislaturperiode nicht Entscheidungen getroffen werden, die für die Zukunft so maßgeblich sind. Ich finde, das sollten ein neues Parlament und eine neue Regierung tun. Deswegen erwarten wir, auch wenn wir den Beschluss heute so im Wortlaut nicht fassen, sondern im Ausschuss noch einmal beraten, dass zwischendurch keine Fakten durch den Aufsichtsrat geschaffen werden.
Ich möchte an dieser Stelle sagen: Der Weggang von Frau Kähning - ich wünsche ihr alles Gute machen mich nach den vielen Abgängen, die seit der Tätigkeit von Herrn Schleifer erfolgt sind, doch sehr nachdenklich, Herr Biel. Es mag ja sein, dass das die Außendarstellung ist. Aber ich glaube, Herr Schleifer und seine Berater haben inzwischen viel Erde verbrannt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage zu den Flüchtlingsunterkünften in Lübeck und Neumünster nennt nun einige Probleme schriftlich, die uns von Flüchtlingsorganisationen schon lange bekannt sind. Sie weist aber auch Lücken auf. Über Probleme, die mir bei meinen Besuchen in den Unterkünften mitgeteilt wurden und von denen ich mich selbst überzeugen konnte, lese ich leider in der Anfrage an vielen Stellen nichts.
Die Antwort macht deutlich, zu viele Flüchtlinge und Asylsuchende werden zu lange in den Unterkünften gehalten - ich sage es bewusst: gehalten -, Herr Hay, da die Zustände vor Ort teilweise menschenunwürdig sind. Nur ein Beispiel: So sind in Lübeck seit Monaten viele Toiletten defekt. Die ganzen Liegenschaften sowohl in Neumünster als auch in Lübeck sind Kasernenliegenschaften, wie wir sie für unsere Soldaten schon lange nicht mehr kennen. Dort ist der Zustand nach der Kriegszeit
gleich geblieben, entsprechend sind die sanitären Anlagen abgängig. Das bereitet entsprechenden Gestank auf ganzen Etagen. Aber es wird nicht mehr repariert, denn der Umzug steht schon seit zwei Jahren im Raum.
Aber nicht nur das. Die Situation insgesamt ist einfach menschenunwürdig, weil die Menschen viel zu lange nicht in abgeschlossenen Wohnungen, sondern in Mehrbettzimmern wohnen. Darauf komme ich noch zu sprechen.
Nun soll am Ende dieses Jahres endlich der Umzug passieren. Im Augenblick leben 517 - zum Stichtag 21. Dezember 2008 - in Lübeck und Neumünster zusammen, aber insgesamt ist in Neumünster nur Platz für 400 Personen. Also, wir haben 400 Plätze, aber wir haben jetzt schon weit über 500 Menschen, jetzt noch verteilt auf zwei Liegenschaften.
Das ist doch erst recht ein Grund dafür zu sagen, was wir immer schon gefordert haben: Keine so lange Unterkunft in den Kasernen, sondern Dezentralisierung!
Das gilt umso mehr, weil jetzt eine Einigung der Bundesregierung zum internationalen Resettlement vorliegt, das heißt, es sollen gezielt Leute aus dem Kriegsgebiet des Irak hierher gebracht werden. Da wird man sich wundern, dann wird es schnell wieder 600 oder 700 Personen geben.
Eine dezentrale Unterbringung, Integration, Reisefreiheit, Arbeitsmöglichkeiten, Sprachen lernen und Bildung - das sind die zentralen Punkte, die es zu fördern gilt. Aber stattdessen leben die Flüchtlinge bis zu drei Jahre und neun Monate in den Einrichtungen, die durchschnittliche Aufenthaltsdauer beträgt immerhin noch ein Jahr und sieben Monate. Den Flüchtlingen ist untersagt, das Stadtgebiet zu verlassen. Ohne Neumünster allzu schlecht machen zu wollen - das ist hier nicht mein Ziel -, kann doch im Ernst niemand verlangen, dass die Flüchtlinge eine Residenzpflicht in der Stadt Neumünster haben. Aber so ist es wohl vorgesehen. Wir fordern, den Radius der Residenzpflicht mindestens auf Schleswig-Holstein zu erweitern. Es gibt hier bestimmte Spielräume, die sollte das Land nutzen.
Die Vermittlung von Bildung und Sprache wird bisher nicht gefördert, es sei denn, ehrenamtliche Kräfte finden sich hierfür. Es wird davon ausgegangen, dass die Menschen über kurz oder lang wieder abgeschoben werden können, deshalb sollen sie sich gar nicht integrieren. Die eingeschränkte Mög
lichkeit, Deutsch zu lernen, führt aber während des Aufenthalts in den Unterkünften zu Verständigungsproblemen unter den Bewohnerinnen und Bewohnern und mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das ist natürlich einem friedlichen Zusammenleben nicht förderlich. Nur die Kinder haben das Recht, Deutsch zu lernen. Sie gehen aber auch nicht in eine normale Schule. Natürlich ist das richtig, dass man in den ersten Wochen und Monaten sagt, sie sollen in einer Schule auf dem Gelände der Unterkunft erst einmal die Anfangsgründe des Deutschen lernen, aber in anderen Staaten geht man sehr viel schneller dazu über, sie in die normalen Schulen reinzuschicken, die darauf genauso gut eingestellt sind, Migrantenkinder mit Deutsch zu unterstützen, die aus anderen Gründen hier sind, und so auch Asyl- und Flüchtlingskindern Hilfe leisten können. Dasselbe gilt erst recht für den Kita-Bereich. Gerade kleine Kinder lernen sehr schnell und spielerisch eine neue Sprache. Das, was wir zum Teil an Kita-Unterbringungen und -Betreuung gesehen haben, hat uns nachdenklich gestimmt.
Wichtig ist mir beim Thema Kinder: Wir haben uns hier häufig schon über das Thema Kinderrechtskonvention in Bezug auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Landtag unterhalten. Sie wird in Schleswig-Holstein nicht eingehalten. Der SSW hat hierzu diverse Male Anträge gestellt. Auch hier sagen wir: Wenn in Neumünster der neue Weg beginnt, sollte man auch hier mit dem Jugendamt eine Regelung finden, eine landesweite Clearing-Situation herzustellen, damit diese Jugendlichen nicht wie Erwachsene behandelt werden und die Rechte bekommen, die ihnen als Kindern zustehen.
Uns allen dürfte klar sein: Wer aus seiner Heimat fliehen muss, dessen Seele ist mit einer schwarzen Wolke verhangen. Traumatisierte und kranke Flüchtlinge brauchen hier eine Gesundheitsbehandlung, sie brauchen Therapie, damit sie nicht immer wieder vom Trauma eingeholt werden. Aber da ist die rechtliche Situation bundesweit schwierig. Asylbewerber und Flüchtlinge haben nur das Recht auf eine akute Schmerzbehandlung und eine Behandlung in lebensbedrohlichen Situationen. Wir haben es in Schleswig-Holstein glücklicherweise erreicht, dass ein Prozedere gefunden wurde, Traumatisierungen aufzuarbeiten. Dafür sind wir auch dankbar. Aber trotzdem müssen wir sagen, die Gesundheitsbehandlung in Neumünster, zum Beispiel das Erkennen eines Traumas, war bisher unzurei
chend. Hier muss eine deutliche Besserung erfolgen.
Nicht ausgeklammert werden darf aber die Standortfrage insgesamt. Herr Minister, Sie haben gesagt, dass es jetzt eine Einigung mit dem Rechnungshof gibt. Ich möchte an dieser Stelle trotzdem auf die Kritik des Landesrechnungshofs hinweisen. Er hatte gesagt, dass der Mietvertrag für den Standort Lübeck mit einer zwanzigjährigen Laufzeit versehen ist und deshalb erst im Jahr 2023 gekündigt werden könne. Eine vorzeitige Entlassung vor Ablauf von 10 Jahren sei angeblich ausgeschlossen. Es müsste dann eine anderweitige Verwendung der Liegenschaft durch das Land oder eine Landesbehörde geben.
Ich verzichte jetzt darauf, all diese Dinge hier zu zitieren, möchte an der Stelle aber sagen, es interessiert uns schon, wie Sie hier die Lösung gefunden haben, nicht jährlich 400.000 € Miete bezahlen zu müssen, ohne dass die Liegenschaft genutzt wird. Natürlich wäre das bei Neumünster vielleicht in ähnlicher Form angefallen, nun scheint aber offensichtlich der Vertrag mit Lübeck besonders kostenträchtig und langfristig für das Land zu sein. Hier sind Sie eine Antwort schuldig geblieben. Auch wenn hier 2,9 Millionen € für einen Herrn Nonnenmacher im Hause für bestimmte Leute keine Rolle mehr spielen mögen, für uns spielen auch 400.000 € jährlich bis zum Jahr 2023 im Rahmen unserer Sparbemühungen durchaus eine Rolle. Wenn wir dieses Geld den Flüchtlingen zur Verfügung und ihrer Integration stellen könnten, dann wäre das ein Vielfaches, was wir bisher für ihre Unterstützung in Deutschland ausgeben können.
Nun komme ich noch einmal ganz konkret auf die Situation vor Ort zurück. In einer Kaserne zu leben heißt, von einem zentralen Dienstleister mit Essen versorgt zu werden. Warum lässt man die Leute nicht selber kochen? Warum lässt man zum Beispiel für Kleinkinder nicht noch nachts ein Babyfläschchen zubereiten? All das ist in einer Kaserne nicht möglich. Es herrschen dort oft entwürdigende Zustände, wenn die Leute nach 18 Uhr nichts mehr zu Essen bekommen. Abgesehen davon ist es natürlich auch schwierig, den verschiedenen Nationalitäten mit ihren Essgewohnheiten Rechnung zu tragen. Ein Stück Selbstbestimmung, ein Stück für sich selbst zu sorgen, den Tag zu strukturieren und die Familie zusammenzuhalten, das wird ihnen leider genommen. Deshalb ist auch die Kasernenunterbringen - so, wie sie abläuft - nicht nur teuer, weil Leute dafür angestellt werden müssen, für alle zu
kochen, anstatt dieses Geld für Integration zu nutzen. Sie macht auch die Leute krank.
Die Menschen werden in dieser Kaserne häufig depressiv oder erleiden andere psychische Erkrankungen. Das müssen wir vermeiden. Deshalb: Dezentralisierung und die Schaffung der Möglichkeit, sich selbst zu versorgen, schon in der Kaserne.
Ein Letztes: Wir haben gerade hier die Summe von 400.000 € genannt. Es sind genau 40,90 €, ein ordentliches Taschengeld für einen Jugendlichen. Aber das ist der Betrag, den ein erwachsener Flüchtling in Deutschland, der Asyl beantragt, im Monat als persönlichen Betrag erhält. Der Betrag ist deshalb so krumm, weil er nicht geändert wurde, seit das Asylbewerberleistungsgesetz vor über 15 Jahren in Kraft getreten ist. Damals waren es 80 DM im Monat. Sie wissen, 80 DM waren vor 15 Jahren noch sehr viel mehr wert als heute. Für 1,36 € pro Tag müssen die Flüchtlinge Bustickets, Telefongespräche, Anwaltsgespräche oder Zigaretten bezahlen. Der Einzelfahrschein für den Bus kostet in Neumünster 1,75 €. Deshalb fordern wir für alle Bewohnerinnen und Bewohner der Asylbewerber- und Flüchtlingsunterkünfte in SchleswigHolstein die kostenlose Abgabe von Busfahrscheinen - natürlich nicht in endloser Anzahl. Dies wäre zumindest ein Minimum an Menschlichkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im nächsten Jahr wird die erste
große Welle von Bachelor-Absolventinnen und Absolventen auf unseren Arbeitsmarkt hereinbrechen - sollte man meinen. Schließlich wurden bundesweit zum Wintersemester 2007/2008 fast alle Studiengänge in das neue Studiensystem überführt und der Bachelor als berufsqualifizierender Abschluss definiert. Dennoch ist davon auszugehen: Nur ein Bruchteil derer, die im Wintersemester 2007/2008 mit dem Bachelor begannen, wird nächstes Jahr auch tatsächlich einen Beruf ergreifen. Dies gilt insbesondere für die Universitäten, die die Studienstruktur, gerade in Schleswig-Holstein, erst später als die Fachhochschulen reformiert haben. Neben denjenigen, die das Fach gewechselt oder der Universität ganz den Rücken gekehrt haben, werden auch viele derjenigen, die kontinuierlich dabeigeblieben sind, mehr als sechs Semester Regelstudienzeit brauchen.
Der Grund dafür ist einfach: schlechte Prüfungsorganisation seitens der Hochschulen, kaum zu bewältigende Stoffmengen und sehr hohe Durchfallquoten.
Wenn ein Erstsemester innerhalb einer Woche fünf Klausuren schreiben muss, für die er sich schlimmstenfalls bei vier Prüfungsämtern anzumelden hat und von denen vier für seine Bachelor-Note relevant sind, so ist verständlich, dass das bei allen Beteiligten nicht auf Anhieb klappt. Wenn zum Beispiel eine Studentin gar nicht weiß, dass sie automatisch für die Nachprüfung angemeldet ist, und diese verpasst, wird sie in einigen Studiengängen exmatrikuliert, da sie formal bei der Zweitprüfung versagt hat.
Diese und andere Missfälligkeiten können so nicht bleiben. Hier sind die Hochschulen gefordert. Herr Biel, deshalb fordere ich, dass Ihre Behörde hier zügig Verhandlungen aufnimmt, damit Studierende nicht zum Versuchskaninchen einer neuen Studienordnung gemacht werden, in dem Sinne, dass sie auf jeden Fall dran glauben müssen. Wenn Schwierigkeiten bei der Einführung einer Reform bestehen, muss es Ausnahmen bei der Prüfungsbestätigung geben.
Wir wissen, dass darüber hinaus die CAU von sich reden gemacht hat, weil sie Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Studierenden nicht anerkannt hat und genau wissen wollte, welche Krankheiten diejenigen haben, die sich beispielsweise bei einer Prüfung abmelden.
- Sie sagen, das sei Schnee von gestern, Frau Eisenberg. So Schnee von gestern ist das nicht. Vor wenigen Tagen war das Formular, das eine ziemlich merkwürdige Formulierung enthielt, noch im Internet. Aus Gesprächen, die wir erst vor zwei Wochen öffentlich in der CAU hatten, auch mit dem Präsidium, weiß ich, dass man noch dabei ist, alle Fachbereiche zu überzeugen, dass dieser Weg nicht der richtige ist. Die CAU hat da durchaus intern noch Überzeugungsschwierigkeiten. Insofern erwähne ich das hier. Ich gehe davon aus, dass die CAU das Problem löst.
Für die Zukunft ist wichtig: Studierende müssen genau denselben rechtlichen Schutz haben wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, was Krankmeldungen angeht.
Ich komme zu der noch tiefgründigeren Problematik an dieser Stelle. Wir haben uns immer für Bachelor und Master starkgemacht und tun das weiterhin. Wofür wir uns aber nicht starkmachen, ist, dass die Hochschulen in vielen Fällen einfach schematisch den bisherigen Studiengang verdichtet haben, ohne irgendetwas daran zu ändern, ohne zu berücksichtigen, dass Bachelor eine Berufsqualifikation hervorbringen muss. Es haben bisher viel zu wenig Gespräche mit der Wirtschaft und anderen Berufsinstitutionen stattgefunden, um sich abzustimmen.
Dies muss dringend nachgeholt werden. Da erwarten wir, dass Landesregierung und Hochschulen an einem Strang ziehen. Ich sage das deshalb so bewusst, weil es eine Menge von bürokratischen Hürden auch seitens der Landesregierung gegeben hat, wenn Hochschulen neue Wege gehen wollten. Das darf nicht sein.
Der Bachelor muss einerseits ein anspruchsvolles Studium sein. Es geht nicht um Nürnberger Trichter, es geht nicht um Auswendiglernen, es geht um ein anspruchsvolles, forschendes Lehren. Gleichzeitig muss er aber auch berufsqualifizierend sein.
Das ist bisher in vielen Fällen nicht der Fall, insbesondere bei den Naturwissenschaften nicht und insbesondere dann nicht, wenn es um das Lehramtsstudium für Naturwissenschaften geht. Die Situation, dass schon in der früheren Studienorganisation Lehrerinnen und Lehrer sehr frühzeitig durch hohe Durchfallquoten in den Naturwissenschaften abgeschreckt wurden und wir deshalb einen Nachwuchsmangel gerade im Lehramt haben, war schon
in meinem Studium so, sie setzt sich nach der Studienreform fort. Das darf nicht sein. Hier besteht dringend Handlungsbedarf.
Sie haben unsere Forderungen gesehen. Auch für ein Teilzeitstudium machen wir uns stark. Das darf kein Exotikum bleiben. Wir fordern den Minister auf - auch wenn diese Regierung ihm dazu vielleicht nicht mehr lange Zeit lässt -, seine Behörde anzuweisen, hier in den Semesterferien tätig zu werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Europawahl liegt hinter uns. Die Bundestagswahl liegt vor uns. Die Kommunalwahlen fanden im vergangenen Jahr statt. Nun steht hier etwas, was ich so wohl nicht mehr vorlesen kann. Hier steht nämlich, der Landtag wird im kommenden Frühjahr gewählt. Ich glaube, das wird sich bald anders anhören.
Was alle diese Wahlen eint, sind sinkende Wahlbeteiligungen und die Angst davor - darauf hat meine
Kollegin Heinold heute Morgen in der Debatte eindeutlich aufmerksam gemacht. Politikverdrossenheit ist das Strichwort. Ist die Wahrheit wirklich so schlicht? Wir müssen uns vergegenwärtigen: Für viele junge Menschen ist Politik etwas von einem anderen Stern. Es wird ihnen oft nachgesagt, sie seien egoistisch und weder an Gesellschaft noch an Politik interessiert - nach dem Motto „Generation Egoismus“, „Generation Shopping“. Eine solche Bewertung geht an der Vielfalt der jugendlichen Realität vorbei.
Deshalb möchten wir uns diesem Stammtischniveau solcher Parolen auch nicht anschließen, sondern heben ab auf die Shell-Jugendstudie und eine ganze Reihe anderer seriöser Erhebungen, die das Gegenteil beweisen. Viele junge Menschen sind motiviert, engagiert und vielseitig interessiert. Die Wahlbeteiligung von Erstwählerinnen und Erstwählern liegt immerhin über dem Durchschnitt. Eine Vielzahl junger Menschen entschließt sich nach dem Schulabschluss, nicht sofort eine Ausbildung oder ein Studium zu beginnen, sondern entscheidet sich für ein freiwilliges Jahr im Dienst der Gesellschaft, sei es ein soziales, ein ökologisches, ein freiwilliges Jahr im Kultur- oder im Sportbereich oder auch im Ausland.
Die zur Verfügung stehenden Plätze sind seit Einführung der Freiwilligendienste stetig aufgestockt worden. Das Ganze ist eine Erfolgsstory. Dennoch gibt es Jahr für Jahr mehr Bewerberinnen und Bewerber als Plätze bundesweit und in SchleswigHolstein. Was allerdings zu Verdruss führt, ist die Tatsache, dass man sich freiwillig engagieren möchte, es aber aufgrund fehlender Angebote und geringer finanzieller Mittel nicht kann. Das ist die Schraube, an der wir drehen können und müssen. Jetzt möchten wir ein weiteres Element dieses freiwilligen Jahres anbieten. Wir möchten Sie dazu auffordern, sich diesem Element zu öffnen, dass wir als Landtag hier eine neue Möglichkeit den jungen Leuten anbieten. Wir möchten, dass die jungen Leute Politik das politische Handwerk hautnah kennenlernen, und zwar nicht mehr als jemand, der nur zuschaut - wie hier von der Tribüne -, sondern als jemand, der es in kleinem Rahmen auch mitgestaltet.
Der Bundesgesetzgeber eröffnet den Spielraum für ein Freiwilliges Jahr in der Politik oder - anders gesagt - für ein Freiwilliges Demokratisches Jahr. Andere Bundesländer machen es uns vor. In Sachsen und Sachsen-Anhalt besteht diese Möglichkeit seit
2008. Es ist also noch ganz jung, aber immerhin. Träger sind die Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste. Im März dieses Jahres fand eine große Veranstaltung zu diesem erfolgreichen Start statt. Niedersachen hat im Januar dieses Jahres dem Antrag für ein Pilotprojekt Freiwilliges Soziales Jahr der Politik stattgegeben. Als Träger fungiert hier die Landesvereinigung kulturelle Jugendbildung, mit der wir auch als Land Schleswig-Holstein sehr positive Erfahrungen gemacht haben. Es waren die Niedersachen, die uns geholfen haben, unser Freiwilliges Jahr der Kultur auf die Beine zu bringen, was jetzt endlich hier auf eigenen Füßen steht, weil es so erfolgreich war.
Wir sind also zuversichtlich, dass es dort auch zu guten Ergebnissen kommt, und würden gern diesen Ball aufgreifen. Geben wir jungen Menschen in Schleswig-Holstein eine weitere Chance, sich freiwillig zu engagieren! Ermöglichen wir ihnen, selbst zu erfahren, dass Politik und Demokratie nicht ferne Theorie, sondern lebendige Alltagspraxis sind. Deshalb fordern wir die Landesregierung, wer immer sie in wenigen Wochen und Monaten auch stellen mag, auf, hierfür die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, einen entsprechenden Träger für die Durchführung zu gewinnen und bei allen politischen Institutionen und Organisationen um konkrete Einsatzstellen zu werben. Sicherlich kann man hier im Dialog von den Nachbarländern gute Tipps bekommen.
Ich möchte an dieser Stelle auf die Formulierungen eingehen, wie wir hier gewählt haben. Wir haben bewusst gesagt, es soll bei politischen Stiftungen, Verwaltungen, Gremien der Landes- und Kommunalparlamente, Ämtern und Kommunalverbänden, Einrichtungen der überparteilichen Bildung möglich sein, Plätze zur Verfügung zu stellen. Und ich sage hier ganz deutlich: Die Details, wo es sozusagen eine zu große parteipolitische Nähe gibt und was noch zulässig ist - dass man also nicht sagt, dies sei eine versteckte Parteienfinanzierung -, muss man natürlich sehr genau ausloten. Aber ich denke, gerade weil andere Bundesländer hier schon erste Erfahrungen haben, werden wir hier von ihnen lernen können. Natürlich ist das Detail auch im Verwaltungshandeln und mit möglichen Trägern auszuloten. Deshalb haben wir hier diese allgemeine Formulierung gewählt, die vieles möglich macht und noch keine genauen Abgrenzungen vorsieht.
Wir möchten außerdem sagen: Das Ganze soll durchaus nicht so sein, dass es unbezahlbar wird. Wir schreiben deshalb: Ob der Bedarf und die Nachfrage nach dieser Art von FSJ-Plätzen bei ei
ner Erweiterung um das FSJ Politik noch in einem akzeptablen Verhältnis zum quantitativen Angebot steht, muss geprüft werden. - Sprich: Es muss geprüft werden, ob aus dem bisherigen Topf für das Soziale Jahr dieses Element mitfinanziert werden kann oder ob man anderweitige Finanzquellen heranziehen muss. Dies wird sicher ein Teil der Haushaltsberatungen sein; das ist mir völlig klar. Trotzdem sollten wir erst einmal unser grundsätzliches Okay geben, und dafür werbe ich.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Landesbeamten hätten eigentlich ein bisschen mehr Aufmerksamkeit verdient; um die geht es nämlich bei diesem Gesetz. Es handelt sich um ein Gesetz, das auf Bundesebene schon vorhanden ist. Da müssen wir jetzt auf Landesebene nacharbeiten.
Mit der Behandlung des Gesetzes, das vor genetischer Diskriminierung schützen soll, durch den Bundesrat am 15. Mai 2009 ist das Gesetzgebungsverfahren zum Gendiagnostikgesetz abgeschlossen. Das Gesetz tritt sechs Monate nach Veröffentlichung in Kraft, das heißt vermutlich am 1. Januar oder 1. Februar 2010. Da das Inkrafttreten also noch nicht feststeht, haben wir in unserem Gesetzentwurf, der sich auf die Landesbeamten bezieht, das Datum zunächst offen gelassen und werden diese Lücke natürlich im Gesetzgebungsverfahren schließen.
Zweck des Gendiagnostikgesetzes ist es, die Voraussetzungen für genetische Untersuchungen und im Rahmen genetischer Untersuchungen durchgeführte genetische Analysen sowie die Verwendung genetischer Proben und Daten zu regeln und so eine Benachteiligung aufgrund genetischer Eigenschaften zu verhindern. Es ist also ein Stück Arbeitneh
merschutz. Es soll niemand aufgrund von Daten über seine genetischen Eigenschaften diskriminiert werden können. So soll insbesondere die staatliche Verpflichtung zur Achtung und zum Schutz der Würde des Menschen und zur Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet werden. Angesicht der Erkenntnismöglichkeiten der Humangenetik ist ein besonderer Schutzstandard erforderlich, um die Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger adäquat zu schützen.
Im Abschnitt 5 - Genetische Untersuchungen im Arbeitsleben - finden sich Regelungen zu genetischen Untersuchungen und Analysen vor und nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses. Zu genetischen Untersuchungen und Analysen und zum Arbeitschutz finden sich Regelungen in den §§ 19 und 20, und es geht auch um ein arbeitsrechtliches Beteiligungsverbot; das ist in § 21 geregelt. Durch § 22 erfolgt eine Übernahme der arbeitsrechtlichen Regelungen des Gesetzes entsprechend für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse des Bundes.
Dieses Bundesgesetz gilt aber eben nicht für die Beamtinnen und Beamten der Länder und der Kommunen und auch nicht für die Richterschaft der Länder. Deshalb haben wir nun einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, der diese Lücke schließt. Damit wird die sonst bestehende Ungleichbehandlung, die es zwischen Landes- und Kommunalbeamten auf der einen Seite und Bundesbeamten auf der anderen Seite geben würde, behoben.
Der Regelungsvorschlag orientiert sich dabei am § 22 des Gendiagnostikgesetzes des Bundes, der die für Arbeitnehmer geltenden Vorschriften des Gendiagnostikgesetzes auf öffentliche Dienstverhältnisse des Bundes erstreckt. Der § 1 des vorliegenden Gesetzes trifft eine entsprechende Regelung für öffentliche Dienstverhältnisse im Bereich des Landes.
Das war nun ein bisschen viel mit Paragrafen. Ich hoffe, dass wir im Ausschuss Gelegenheit haben, uns dieser Materie mit noch mehr Gründlichkeit zu widmen. Eigentlich ist es ein ganz einfacher Sachverhalt: Wir übertragen bundesrechtliche Regelungen auf unser Land, damit wir hier keine Gerechtigkeitslücken haben. Das ist sozusagen die Botschaft dieses Antrages. Wir hoffen, dass dieses Gesetz eine ordnungsgemäße Beratung findet und dass wir es bald verabschieden.
Ich möchte deswegen beantragen, die Materie an den Innen- und Rechtsausschuss zu verweisen, und
hoffe, dass wir noch in dieser Legislaturperiode zu einer zügigen Beratung kommen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wir hatten den Bericht damals beantragt. Er ist dreimal vertagt worden. Ich finde, das hat ein bisschen etwas mit dem Thema zu tun. Man lässt offensichtlich warten. Warten - viele Migranten warten jahrelang darauf, dass anerkannt wird, was sie können. In der öffentlichen Debatte wird ihnen immer wieder vorgeworfen, dass sie sich nicht integrieren wollen. Das Problem ist jedoch, dass ausländische Diplome in Deutschland selten anerkannt werden. Herr Kollege Garg hat darauf dankenswerterweise hingewiesen, was das auch international für Folgen hat. Ohne anerkannten Abschluss gelten Zugewanderte in der Bundesrepublik als ungelernte Arbeitskräfte. Sie können in jedem Bereich eingesetzt werden - oft völlig überqualifiziert. Bauingenieure werden zu Anstreichern, Lehrerinnen zu Reinigungskräften. Ich persönlich kenne eine Reihe von hoch qualifizierten Akademikerinnen und Akademikern - Sie sicherlich auch -, die völlig unterqualifiziert in dem Bereich arbeiten.
Während die Armutsrisikoquote in der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund bei fast 12 % liegt, liegt sie bei Eingewanderten bei 28 %. Die Arbeitslosenquoten von Akademikerinnen und Akademikern mit Migrationshintergrund ist in Deutschland deutlich höher als in den meisten OECD-Staaten.
Nicht wenige werden durch diese Zahlen zu der falschen Annahme verleitet, Armut sei ursächlich ein ethnisches Problem. Das Vorurteil schlägt wiederum Zugewanderten als Diskriminierung bei der Ausbildungs- und Arbeitsplatzvergabe entgegen. So entstehen Ghettos.
Nun haben sich Bund, Länder und die Wirtschaft zum nationalen Integrationsplan verpflichtet und wollen dabei auch diese Anerkennungsverfahren und Maßnahmen optimieren. Die Länder - und somit auch Schleswig-Holstein - betonen, dass die im Ausland erworbenen Schul-, Bildungs- und Berufsabschlüsse volkswirtschaftlich besser genutzt werden sollen, das haben wir hier gerade alles gehört. Aber es ist wenig passiert.
Vor diesem Hintergrund ist immerhin zu loben, dass die Landesregierung zusammen mit Praktikern für Integration in diesem Land einen Leitfaden für berufliche und schulische Anerkennungsverfahren erstellt und im Internet veröffentlicht hat. Aber die Bundesbehörde, die alle ausländischen Schulzeugnisse und viele akademische Abschlüsse überprüft ZAB; davon war die Rede -, ist total überlastet. Die Prüfung dauert häufig gern ein Jahr oder länger. Und so lange können die Zugewanderten in ihrem Beruf nicht arbeiten und verlieren selbst dann, wenn ihre Papiere irgendwann behördlich anerkannt werden, durch die lange Wartezeit auf dem Arbeitsmarkt faktisch an Qualifikation und Status.
Und nur, weil diese Behörde unterfinanziert ist und offensichtlich niemand findet, dass sich an diesem Zustand etwas ändern soll, haben wir diese Situation, hier Tempo zu machen. Das allein löst noch nicht das Strukturproblem, aber es wäre schon ein wichtiger Schritt voran.
Nun überlegen Bund und Länder nach vielen Jahren, dass die für die Spätaussiedlerinnen und -aussiedler gefundenen erleichterten Anerkennungsregeln auch für die Einwanderer anderer Nationalitäten genutzt werden sollen. Das ist ein Fortschritt. Umgesetzt ist aber auch ein Jahr nach der großen Verkündigung noch gar nichts. Es ist jetzt im Herbst die nächste Veranstaltung in dieser Angelegenheit. Frau Staatssekretärin Wiedemann fährt für die Landesregierung hin. Ich kann nur hoffen, dass sie ein bisschen Dampf in der Sache macht.
Es wird nämlich in dem Bericht noch nicht einmal angesprochen, welche Erleichterungen denn genutzt werden sollen. Nun kann aber - und da widerspreche ich all meinen Vorrednerinnen und Vorrednern - die Landesregierung in vielen Bereichen auch ohne Rückendeckung aus dem Bund handeln, und das tun die Bundesländer auch. Sie tun es auf sehr verschiedene Weise. Und es tun auch viele Firmen. Denn in dem Moment, in dem jemand von einer Firma dringend angefordert wird, da geht das plötzlich ganz fix, und da können plötzlich auch Anerkennungen ausgesprochen werden, die in anderen Fällen völlig unmöglich sind.
Zum Beispiel das Thema Lehrkräfte: In Hamburg wurden pädagogische Fachleute für Integration wegen ihres Migrationshintergrundes als Lehrkräfte also Leute, die schon in ihrem Heimatland als Lehrer tätig waren - schon in den 80er-Jahren mit vollwertigen Angestelltenverträgen an den Schulen ein
gesetzt. Wir haben hier in Schleswig-Holstein Menschen, die fließend deutsch sprechen, die in Russland oder in der Türkei jahrelang als Lehrkräfte Leute zur Hochschulreife gebracht haben. Und hier wird ihnen gesagt: Ihre Ausbildung erkennen wir höchstens als Abitur an, und wenn Sie Glück haben, erkennen wir das als erstes Staatsexamen an. Als Hilfslehrer dürfen Sie selbstverständlich für einen Appel und ein Ei an unseren Schulen tätig sein - beim Nachmittagsprogramm oder der Hausaufgabenhilfe. Ja, wir setzen Sie sogar als Vertretungslehrer ein. Aber einen Job im Angestelltenverhältnis mit unbefristeter Anstellung, das bekommen Sie hier nicht, denn wir erkennen ja Ihren Abschluss nicht an. Machen Sie noch mal ein Referendariat, machen Sie am besten noch mal ein neues Studium!
Das ist unglaublich! Es handeln hier andere Länder anders.
Warum können wir nicht zum Beispiel solchen Lehrkräften, weil sie nur ein Unterrichtsfach und nicht zwei haben, berufsbegleitend, wie wir das bei anderen Lehrkräften auch tun, die Weiterqualifikation anbieten? Wo ist der Einstellungskorridor an unseren Jugendzentren, an Kindertagesstätten und im gesamten Bereich der sozialen Arbeit für so dringend gebrauchte pädagogische Fachleute mit Migrationshintergrund?
Ich sehe das Zeitzeichen.
Einen Gedanken nur noch: Es wird immer gesagt, das ginge nicht wegen der Personalräte, und Migranten dürften nicht bevorzugt werden. In dem Moment, in dem man den reflektierten Migrationshintergrund als Qualifikation in der Ausschreibung benennt, ist es völlig legitim, hier einen Einstellungskorridor zu schaffen. Ich verstehe nicht, warum dies nicht geschieht, und ich denke, wir sollten dieses Thema im Ausschuss gründlich besprechen - und zwar lösungsorientiert.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus Protest gegen ein Paukstudium und aus Angst, durch scharfe NC vom Studium oder Weiterstudium ausgeschlossen zu werden, gehen in diesen Tagen auch in Schleswig-Holstein viele junge Leute auf die Straße. In Hamburg waren es 11.000, in Flensburg 1.400, in Lübeck 1.000 und in Berlin 27.000 Schüler und Studierende. Das ist nur die Bilanz der letzten zwei Tage. Aber das scheint Sie offensichtlich nicht anzufechten.
Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf soll für Schleswig-Holstein im Grundsatz geregelt werden, wie viele Studierende nach welchen Kriterien zum Bachelor-Studium zugelassen werden oder die nächste Hürde zum Master nehmen können. Es ist ein wichtiges Gesetz. Wir lehnen sowohl das bisherige Gesetzgebungsverfahren als auch das Gesetz selbst ab.
Zum Verfahren: Nach einstündiger Sitzung des Bildungsausschusses gestern sollen wir heute sehr übereilt ein Gesetz durchwinken, das schon im Sommer in Kraft tritt, obwohl es erst zum Wintersemester 2010/2011 umgesetzt werden soll. Ich habe nichts gegen vorausschauendes Handeln, aber wir hätten uns vielleicht noch einen Monat mehr Zeit lassen können.
Dann wären vielleicht auch die Argumente der Opposition besser gehört worden.
Wir halten das Gesetz auch für inhaltlich nicht vorausschauend. Das derzeitige aufwendige und für die Hochschulen kaum steuerbare Einschreibungsverfahren bei lokalen NC-Studiengängen und die Unklarheit darüber, wer künftig das Recht hat, zum Masterstudium zugelassen zu werden, werden durch dieses Gesetz nicht beseitigt. Diesbezüglich erforderliche Veränderungen sollen erst durch eine Verordnung vorgenommen werden, für deren Erlass der Gesetzentwurf eine großzügige Ermächtigung erteilt; Herr Dr. Klug hat bereits darauf hingewiesen.
Den vertraulichen Verordnungsentwurf haben zwar wir als Abgeordnete freundlicherweise erhalten, aber nicht die Hochschulen. Das soll erst noch geschehen. Die Verordnung enthält eine Reihe von Zumutungen für Studierende, Lehrende und die Hochschulverwaltung. Sie eröffnet keine Möglichkeiten, um die Überlastungssituation an den Hochschulen zu verbessern, auch wenn die Einführung von Bandbreiten bei den Curricularnormwerten dies suggeriert. Faktisch sind diese Bandbreiten bereits jetzt bis zum Anschlag ausgenutzt. Das wird sich auch durch die Verordnung nicht ändern. Die formale Einführung von Bandbreiten wird sich nicht in der Praxis niederschlagen.
Das Gesetz ermächtigt das Ministerium, durch Verordnung allein zu entscheiden, wie die Hochschulzugangsberechtigung und der Zugang zum Master tatsächlich ausgestaltet werden. Die Hochschulen müssen vor Erlass der Verordnung zwar angehört werden, sie haben aber keine konkreten Mitbestimmungsrechte.
Der Maßstab für das Ministerium ist offenbar, dass der Curricularnormwert für den konsekutiven Master die Hälfte des vorangegangenen Bachelorstudiengangs nicht überschreiten darf. Was heißt das aber im Klartext? - Das Gesetz regelt mit dieser allgemeinen Formel die Kriterien, mit denen die Hochschulen das Nadelöhr - das aus gesellschaftlichen Gründen vielleicht besser ein Scheunentor sein sollte - für den Zugang zum Masterstudium gestalten sollen. Auch wenn die Masterstudienzeit in der Regel kürzer ist als die Bachelorsudienzeit, bedeutet das, dass entweder die überfüllten Strukturen aus dem Bachelorstudium auch im Masterstudium beibehalten werden müssen oder weniger Stu
dierende zum Masterstudium zugelassen werden können. Das ist ein Politikum, für dessen Beratung man sich etwas mehr Zeit hätte nehmen sollen.
Unklar bleibt nach der Lektüre des Gesetzentwurfes und des Verordnungsentwurfs auch, ob bei der Zulassung zum Masterstudium Wartezeiten berücksichtigt werden. Herr Professor Klemm hat uns gerade vorgerechnet, dass in Zukunft Tausende Lehrkräfte fehlen werden. Deshalb dürfen wir die Tür zum Masterstudium insbesondere den zukünftigen Lehrkräften auf keinen Fall verschließen. Das wäre wirklich ein Schwabenstreich, wenn diese Verordnung dazu führt, dass wir Leuten, die Lehrer werden wollen, diese Möglichkeit verstellen.
Gemeinsam haben alle Fraktionen die Altersbegrenzung des Erststudiums nach oben geschoben. Wir haben uns auch explizit für die Gleichwertigkeit der begrenzten Hochschulreife mit der Gesamthochschulreife bei der Fachhochschulaufnahme ausgesprochen. Auch diese Änderungen machen für uns das Gesetz und insbesondere die Verordnung, über die wir nicht zu entscheiden haben, die wir praktisch wie eine Katze im Sack mitkaufen, nicht zustimmungsfähiger. Wir glauben, dass diese Katze im Sack die Hochschulen und insbesondere die Studierenden ihre Krallen noch spüren lassen wird. Das werden sie uns wahrscheinlich spätestens im Herbst laut und deutlich vor dem Landeshaus erzählen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir verabschieden heute den Zweiten Teil des Pflegegesetzbuches Schleswig-Holstein. Das war immer der Arbeitstitel. Warum eigentlich nicht den ersten Teil, wo es doch das erste Gesetz eines dreiteiligen Gesetzeskanons ist? Jedenfalls trägt diese Nummerierung nicht zur Verständlichmachung der Materie bei, und die hat es sowieso in sich. Aber sei es drum.
Machen wir uns klar: Es geht in diesem Landesgesetz um Ordnungsrecht, nicht um Leistungsrecht. Es geht nicht darum zu definieren, wer wann wie viel Geld für eine Pflegeleistung oder einen anderen Unterstützungsbedarf erhält. Hierfür haben wir die Sozialgesetzbücher V, IX, XI und XII. Es geht auch nicht darum, welche konkreten Rechte die Bewohnerinnen und Bewohner eines Pflegeheims oder eines Wohnheims für Menschen mit Behinderung oder bei Betreutem Wohnen gegenüber ihren Anbietern haben. Das ist Zivilrecht. Das regelt das neue Wohnvertragsrecht des Bundes, das zum 1. September 2009 in Kraft tritt. Deshalb haben wir auch gefordert, dass unser Landesgesetz auch zum 1. September in Kraft tritt, damit diese beiden Daten übereinstimmen. Hier einen Monat voranzugehen, wie es die Koalition vorgeschlagen hat, leuchtet uns nicht ein.
Ganz bewusst trägt das schleswig-holsteinische Gesetz nicht das Wort „Heim“ im Titel. Die sogenannten Institutionen, Heime, voll- oder teilstationäre Einrichtungen sind natürlich nicht aus dem Gesetzestext verschwunden, denn nach wie vor leben Menschen in diesen und anderen Wohnformen. Aber sie sind nicht mehr der zentrale Gegenstand des Gesetzes. Das sind die Menschen, Menschen, die aufgrund einer Pflegebedürftigkeit oder einer Behinderung einen Unterstützungsbedarf haben.
Trotz aller Einigkeit aller am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten in der Zielsetzung liegt die Tücke im Detail. Darin, wie dieses Ziel am besten zu er
reichen ist, gehen die Meinungen dann doch auseinander, und deshalb haben wir in mehreren Beratungsrunden, die zu deutlichen Verbesserungen im Gesetz geführt haben, unsere Vorschläge frühzeitig eingebracht. Insofern halten wir Grünen die Beschlussempfehlung, die die Koalition heute zur Abstimmung stellt, für vertretbar und werden sie unterstützen. Nichtsdestotrotz sind wir der Meinung, dass das Gesetz in einigen Punkten entscheidend zu verbessern ist. Deshalb stellen wir unsere auch schon im Sozialausschuss vorgestellten Vorschläge hier heute noch einmal zur Abstimmung.
Was schlagen wir vor? - Der Perspektivenwechsel des Gesetzes muss sich einprägsam im Titel wiederfinden. Die Verbände haben uns darauf aufmerksam gemacht, dass das mit dem von der Koalition vorgeschlagenen Text nicht unbedingt der Fall ist. Deswegen nehmen wir den Vorschlag auf und sagen: Zielgruppe des Gesetzes sind nicht nur Menschen, die einen Pflegbedarf haben - von diesen war hier heute viel die Rede -, sondern ebenso Menschen, die mit einer Behinderung leben. Damit sich beide Zielgruppen gleichermaßen angesprochen fühlen, stellen wir ganz bewusst die Menschen mit Behinderung nach vorn und geben dem Gesetz den Kurztitel „Teilhabe und Pflegegesetz“ oder noch kürzer „Teilhabegesetz“.
Das Gesetz sollte den Dialog und die gemeinsame landesweite Steuerung über zentrale Rahmenbedingungen von Leistungsauftraggebern, Leistungserbringern und Kostenträgern befördern. Anders als die Koalition erhalten wir den Landespflegeausschuss allein nicht für das richtige Steuerungsgremium. Es muss um die Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung erweitert werden.
Wir wollen, dass die Menschen, um die es geht, gemeinsam mit Anbietern, Kostenträgern und der Behörde, die dieses Gesetz in der Praxis umsetzt, entscheiden, wie eine angemessene Qualität aussieht, wie sie gesichert und kontrolliert werden kann. Anders als der vorliegende Gesetzentwurf halten wir es nicht für sachgerecht, diese Aufgabe dem zuständigen Ministerium im Verordnungsweg zuzuweisen. Ein solches Vorgehen kann nur die Ultima Ratio sein, wenn eine Einigung der Beteiligten nicht möglich ist. Ich danke dem Kollegen Garg. Er hat diesen Gedanken auch in seinem Änderungsantrag aufgegriffen und ähnlich formuliert.
Um das Gesetzesziel erreichen zu können, sind Transparenz und Verbraucherschutz unabdingbar. Das haben hier bisher alle gesagt. Dies gilt
nach unserer Einschätzung für alle Wohnformen, nicht nur für das Betreute Wohnen. Deshalb haben wir einen gänzlich neuen § 26 zu Verbraucherschutz und Transparenz formuliert. Er geht weit über das hinaus, was der Sozialausschuss des Landtags zum Verbraucherschutz empfiehlt. Herr Garg hat gerade die Vorteile eines einheitlichen Internetportals unter dem Schirm der Landesregierung geschildert. Wir haben diese Forderung nach dem Internetportal schon lange bevor das Gesetzgebungsverfahren lief, hier in den Landtag eingebracht und zur Abstimmung gestellt. Leider hat sie keine Mehrheit gebracht. Wir bedauern, dass dieser Vorschlag, den wir nun gesetzeskonform formuliert haben, bisher hier auch noch keine Mehrheit gefunden hat. Geben Sie sich einen Ruck! Dieses Thema lohnt sich.
Verbraucherinnen und Verbraucher benötigen optimale Informationen über die unterschiedlichen Angebote, und das in einer Form, die Vergleichbarkeit ermöglicht. Wir wollen, dass sich Kostenträger, Anbieter und Organisationen, die die Interessen der Menschen mit Behinderung oder Pflegebedarf vertreten, darüber einigen, wie diese Ziele zu erreichen sind, und hierüber einen Vertrag abschließen. Natürlich soll diese Information möglichst barrierefrei abrufbar sein.
Ein weiteres wichtiges Thema ist das Stichwort Wohngemeinschaften. Sie sind das Modell mit Zukunft. Seit einigen Jahren sind insbesondere Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenzerkrankung populär. Die Menschen mit Behinderung kennen diese Wohnform in diesem Land schon sehr lange. Diese Wohnform bietet eine Reihe von Vorteilen, sowohl für die Bewohnerinnen und Bewohner als auch für die Kostenträger. Eine Wohngemeinschaft ist kleiner und familiärer als ein Heim und sie ist eigene Häuslichkeit, soweit sie als selbst organisiert gilt und nicht von einem Einrichtungsträger angeboten wird. Die Bewohnerinnen und Bewohner üben das Hausrecht aus. Das haben wir im Gesetz explizit auch so formuliert. Sie können selbst über Organisation und Ablauf, Pflegedienst und ergänzende Dienstleitungen entscheiden. Die Kosten für Teilhabeunterstützung und Pflegeleistungen, die dann nach dem bisherigen Leistungsrecht als ambulante Leistungen eingestuft werden, können häufig sogar geringer sein als im Heim. Das als Argument zur Unterstützung dieser Wohnform.
Diese Chancen sind aber zugleich auch die Probleme. Kann und soll man, wenn es doch um die eigene Häuslichkeit geht, von außen prüfen und kontrollieren? Sollen diese WGs den Regeln der Quali
tätssicherung und des Verbraucherschutzes so strikt unterworfen werden, wie das bei einer Heimeinrichtung der Fall ist? Können diese Anforderungen von Bewohnerinnen und Bewohnern oder ihren gesetzlichen Vertretern überhaupt erfüllt werden? Hier braucht es Fingerspitzengefühl und Unterscheidung.
Deswegen haben wir gefordert: Erstens. WGs, in denen kein Schutzbedarf gegeben ist und die eine reale Selbstorganisation nachweisen, sollten nicht unter dieses Gesetz fallen.
Zweitens. Jeder und jede, der oder die eine Wohngemeinschaft gründet, deren Mitglieder zukünftig von Behinderung oder Pflegebedarf betroffen sind, muss einen gesetzlichen Anspruch auf eine umfassende rechtliche und finanzielle Beratung haben, und zwar gegenüber derjenigen Behörde, die auch für die Aufsicht zuständig ist beziehungsweise dieses Gesetz exekutiert. Die Behörde kann diesen Beratungsbedarf natürlich auch freien Trägern übertragen. Dies würden wir auch empfehlen. Als Einrichtungen bieten sich hier zum Beispiel die vom Land geförderte landesweite Einrichtung KIWA zur Koordination von innovativem Wohnen im Alter oder die Beratungsstelle für innovatives Wohnen oder die Pflegeberatungsstellen an. Dies kann jeweils auf dem Verordnungsweg geregelt werden.
Drittens. In WGs, in denen hingegen rechtliche Vertreterinnen und Vertreter stellvertretend für die Bewohnerinnen und Bewohner deren Rechte ausüben, muss ein überschaubarer Kanon an vertraglicher Klarheit und ein gewisses Maß an Schutz und Kontrolle gewährleistet sein, die anlassbezogen erfolgen soll. Hier sind wir mit der Koalition weitgehend einig. Aber wir haben auch diese Dinge anders formuliert. Mit diesen Abstufungen haben wir jeweils sehr genau den unterschiedlichen Beratungsschutz- und Kontrollstufen Rechnung getragen.
Last, but not least soll das Gesetz freiwilliges Engagement in seinen Rechten stärken. Wer sich für die Belange von Menschen mit Behinderung oder Menschen mit Pflegebedarf ehrenamtlich engagiert, braucht Unterstützung, insbesondere dann, wenn es um Konflikte mit Einrichtungen geht. Dazu gehören der Anspruch auf Fortbildung und das Recht auf Mitwirkung, Anhörung, Auskunft und Beratung. Gern haben wir deshalb die Vorschläge der Landesarbeitsgemeinschaft Heimmitwirkung in unsere Änderungsvorschläge aufgenommen.
Nun noch ein Satz zum Schluss, weil alle sehr zu Recht dieses Beratungsverfahren gelobt haben. Auch ich muss sagen, dass ich während der gesamten Dauer meiner Tätigkeit im Landtag ein solches konstruktives Verfahren, das ein Jahr lang gedauert hat, das eine große Beteiligung vieler Organisationen beinhaltet, noch nicht erlebt habe. Deshalb möchte ich mich ausdrücklich bei allen bedanken, die dazu beigetragen haben.
Ich möchte aber insofern Wasser in den Wein schütten,
als ich darauf hinweise, dass wir erst ein Pflegegesetzbuch haben. Wenn sich diese Koalition nicht bei anderen Fragen so schrecklich streiten würde, dann hätten wir wahrscheinlich die beiden anderen Pflegegesetzbücher auch so konstruktiv bewältigen können.
Ich kann an dieser Stelle nur sagen: Nehmen Sie sich in diesem Fall ein Beispiel an den Beratungen im Sozialausschuss!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In vielen Räumen, in denen gelernt werden soll - oder auch gespielt -, herrscht ein Schall wie in einer Blechbüchse. Mit meiner heutigen Stimme könnte ich dort überhaupt nicht vordringen.
Wir müssen in Kitas, Schulen und Hochschulen den Schallschutz in Klassenräumen und Gruppenräumen deutlich verbessern. Die Erzieherinnen, die mutig seit Wochen streiken, führen bei ihrem An
spruch auf Gesundheitsschutz als ersten Punkt immer wieder das Lärmproblem an.
Frau Erdsiek-Rave, Sie haben dankenswerter Weise auf die Richtlinien, die schon seit 2005 gelten, hingewiesen. Ich füge hinzu: Die Landesregierung hat außerdem aus dem Haus Ihrer Kollegin Trauernicht eine sehr lesenwerte Broschüre „Psst! - Könnt ihr bitte leise sein?“ mit den entsprechenden DIN-Normen vorgestellt.
- Ich darf wohl ein zusätzliches Lob aussprechen. Trotzdem sahen wir uns veranlasst, diesen Antrag zu stellen. Man könnte ja sagen, es sei alles in Ordnung. Warum? - Derzeit stehen angesichts der Schulreform, des Krippenausbaus und des Konjunkturpakets II, aber auch aufgrund der Möglichkeiten weiterer Landesförderung und des kommunalen Investitionsfonds in Schulen, Hochschulen und Kindertagesstätten wesentliche Neubau- und Sanierungsmaßnahmen an. Anders als Sie, Frau Erdsiek-Rave, denke ich schon, dass es einen pragmatischen Weg geben muss, diese Weichenstellung jetzt für den Schallschutz zu nutzen und insgesamt die Baubestimmungen auf der Grundlage der DIN 18041 und 4109 entsprechend zu ändern.
Vor diesem Hintergrund bedauere ich es, dass die Landesregierung - anders als im Bildungsausschuss auf meine Frage hin angekündigt - dieses Thema nicht verbindlich in die neuen Richtlinien für die genannten Investitionsprogramme aufgenommen hat.
Schon in der vergangenen Landtagstagnung haben wir einen Antrag eingebracht, um dies nachzuholen. Dieser Antrag wartet leider noch auf seine Behandlung im Bildungsausschuss. Heute liegt Ihnen nun dazu ergänzend unser Berichtsantrag zur Beschlussfassung vor.
Wir haben heute den Bericht über die Maßnahmen zum barrierefreien Bauen gehört. Ein solcher Bericht - allerdings mit den entscheidenden Zahlen und Fakten, nur nicht mit der bloßen Angabe von Ortsnamen - sollte nach unserem Ermessen dem Landtag zum Abschluss des Konjunkturpakets II vorgelegt werden. Natürlich fällt dies in die nächste Legislaturperiode. Es gibt aber auch in anderen Bereichen über eine Legislaturperiode hinaus gehende Berichtspflichten. So abwegig ist das also nicht. Baumaßnahmen dauern nun einmal.
Wie wichtig eine solche frühzeitige Abfrage ist, sehen wir im Bericht zum barrierefreien Bauen auf Seite 4. Dort heißt es:
„Die Planungen für diese Vorhaben sind teilweise bereits weit fortgeschritten und - ohne Vorfestlegung hinsichtlich der Förderung nach dem ZuInvG - mit dem Innenministerium abgestimmt. Für ein Vorhaben hat das Innenministerium bereits die Zustimmung zum vorzeitigen Baubeginn erteilt.“
Das heißt im Klartext, es ist im Sinne des barrierefreien Bauens nichts passiert, zumindest nicht in diesem Bereich, obwohl wir die entsprechenden bundes- und landesgesetzlichen Grundlagen, nämlich die Regelungen zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, schon seit dem Jahr 2002 haben.
Wenn Sie sagen, dass Ihre Richtlinie seit dem Jahr 2005 gilt, dann ist es meines Erachtens nur recht und billig, wenn wir dann im Jahr 2011 bei einem der größten Investitionsprogramme hierzu Aussagen haben.
Vielleicht noch ein paar Argumente zur Bedeutung des Lärmschutzes. Das Ausmaß und die Folgen von Lärm in der Schule, aber auch in anderen öffentlichen Räumen, in denen sich Kinder und Jugendliche aufhalten, werden weit unterschätzt. Ebenso werden auch die Möglichkeiten des technischen Schallschutzes unterschätzt. Es gelingt sogar schon mit 2.000 €, in einem Klassenraum deutlich verbesserte Lärmbedingungen technisch herzustellen. 14 Tage Frühpensionierung kosten den gleichen Betrag. Eine Frühpensionierung aufgrund einer Ohren- oder Nervenschädigung zieht jedoch jahrzehntelange Folgen hinter sich. Deshalb wird das allein aus der Ökonomie heraus ein Argument.
Dabei geht es aber nicht nur um die Erzieher und Lehrkräfte. Die Frustration wegen schlechter Akustik verstärkt den Anreiz, im Unterricht ganz abzuschalten oder andere zu übertönen, sodass der allgemeine Lärmpegel weiter ansteigt. Das können wir auch im Landtag häufig beobachten. Zudem sinkt der allgemeine Lernerfolg.
Insbesondere diejenigen Kinder, die sowieso schon Sprachverständnisschwierigkeiten haben, sei es, weil Deutsch nicht ihre Muttersprache ist oder weil sie insgesamt Sprachprobleme haben, werden durch einen Lärmpegel in der Klasse natürlich besonders benachteiligt. Das kann sich auch bis hin zu Problemen bei der Rechtschreibung und beim Lesen niederschlagen.
Das alles wollen wir aber nicht. Deshalb ist es kein Argument, dass es bis zum Jahr 2011 noch viel Zeit gibt. Wir fordern diesen Bericht. Wir denken, die Landesregierung ist gut beraten, wenn sie dieser Anforderung nachkommt, auch wenn sich die Auswirkungen erst Ende der nächsten Legislaturperiode zeigen werden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Europa assoziieren viele vor allem mit den Milliardensubventionen für die Landwirtschaft, die in ihrer Wirkung aber eher geeignet sind, nationale Ökonomien abzusichern, als die Solidarität eines gemeinsamen Europas zu fördern. Ganz anders die Europaschulen. Keineswegs durch Subventionen aus Brüssel verwöhnt - die Ministerin hat gerade die sehr bescheidenen Mittel genannt, die hierfür zur Verfügung stehen -, praktizieren sie den kulturellen Austausch und die Völkerverständigung konkret, und dies zum Teil schon seit Jahrzehnten. Ich sage an dieser Stelle für meine Fraktion ausdrücklich: Chapeau vor dieser Leistung!
Wir sind in der Pflicht, uns dafür einzusetzen, dass der innereuropäische Austausch zwischen Schulklassen und einzelnen Schülerinnen und Schülern, aber auch unter den Lehrkräften international viel mehr zur Selbstverständlichkeit wird - und dies nicht nur am Gymnasium, sondern für alle Schularten.
Die Anzahl und die geringe Förderung der überall so begehrten Assistent Teacher beispielsweise sind für alle beteiligten Staaten eher beschämend. Frau Ministerin, Sie haben uns dankenswerterweise neulich Zahlen geliefert, und ich will Ihnen auch keinesfalls allein irgendeine Schuld zuweisen. Das ist offensichtlich in der Prioritätenliste vieler Staaten nicht sehr weit oben angesiedelt - und das, obwohl alle Schulen händeringend nach diesen muttersprachlichen Fremdsprachenlehrerrinnen und -lehrern suchen und sie mit Handkuss empfangen, weil sie natürlich das Angebot an den Europaschulen, aber auch an anderen Schulen sehr bereichern. Aber gerade an den Europaschulen müsste es, finde ich, natürlich einen besonderen Zugang zu diesem Angebot geben, damit dieses Profil auf diese Weise besonders gefördert wird.
Außerdem ist zu bedenken, dass viele Schülerinnen und Schüler - vor allem der Gymnasien - inzwischen gern in einem englischsprachigen Land einen Auslandsaufenthalt für ein ganzes Jahr verbringen, häufig in Amerika. Das ist ja auch das größte englischsprachige Land, und es gibt viele Programme und viele Förderstipendien dafür. Wenn man dagegen sieht, wie viel im Bildungsbereich gerade hinsichtlich solcher Praktika und Auslandsaufenthalte an Schulen im europäischen Raum stattfindet und dabei das englischsprachige Großbritannien abzieht, merkt man, was für ein Ungleichgewicht es dort gibt.
Wenn wir den Europagedanken fördern wollen, wenn wir die europäische Solidarität und das Wissen über die europäischen Länder und ihre Erfahrungen fördern wollen, wenn wir auch wollen, dass andere Sprachen als Englisch gesprochen werden wir werden die Weltsprache Englisch natürlich nicht ablösen können, aber eine größere Sprachenvielfalt auf dieser Welt ist sicherlich wünschenswert; und die europäischen Sprachen haben hierbei einen reichen Schatz zu bieten -, wenn wir also hier mehr tun wollen, müssen wir uns natürlich noch ganz anders für Bildungsprogramme für Europaschulen in allen Ländern einsetzen. Also, dem Trend, alles nach Amerika, alles nur englischsprachig, der zum Teil auch wirtschaftlich gefördert wird, muss etwas entgegengesetzt werden.
Dabei ist Frankreich traditionell ein natürlicher Partner in dieser Frage. Wir haben dann aber auch die Verpflichtungen gegenüber dem Land Polen, die wir mit Leben erfüllen. Aber dann wird es auch schon dünn. Ich habe mich deswegen ausgesprochen gefreut, dass der Kollege vorhin das Beispiel aus Bilbao in Spanien angebracht hat. Spanien ist allerdings ein westeuropäisches Land und ein Land, dessen Sprache sich in unseren Schulen noch eher widerspiegelt, denn Spanisch gibt es durchaus in unserem Schulkanon.
Was machen hingegen wir mit den vielen neuen Nachbarn im Osten, die jetzt zur EU gehören, in denen natürlich noch viel weniger Geld vorhanden ist und deren Sprachen, wenn man sie sich auf dem Weltmarkt der Sprachen anschaut, verschwindend wenig vorkommen und die auch noch schwierig zu erlernen sind wie zum Beispiel Ungarisch? Es ist auch nicht sehr populär, Finnisch zu lernen. Was machen wir da mit Schulpartnerschaften?
Wenn wir den Europagedanken ernst nehmen, kann es nicht sein, dass wir die reichen Länder Europas untereinander vernetzen. Wenn wir das als Solidaritäts- und Bildungsaustausch ernst nehmen wollen, müssen wir uns - nicht heute und nicht sofort, aber auf jeden Fall - der Aufgabe widmen, auch hier zu einem Austausch zu kommen, der auf ein breiteres Fundament als bisher gestellt wird.
Die Schulen, die sich hier als Pionier auf den Weg gemacht haben, haben es besonders schwer. Deshalb unterstreiche ich den Gedanken an dieser Stelle noch einmal.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der fortgeschrittenen Zeit werde ich meine Rede stark einkürzen, damit Frau Kollegin Spoorendonk auch noch das Vergnügen hat, hier Zuhörer zu finden. - Wir hatten gesagt: 13 Uhr. Ich muss für meine Fraktion ankündigen, dass wir in wenigen Minuten einen Termin haben, weswegen wir auch hier eingeschränkt sind.
Ich komme zum Thema.
Nein, ich möchte die Zeit kürzen. Kommen wir deshalb zum Thema.
„Ein Sozialpakt für Europa ist an der Zeit“ - so habe ich meinen Beitrag betitelt. Ich möchte mit einem Zitat beginnen:
„Europa steht 2009 vor einer Bewährungsprobe: Die Europäische Union muss die schwerste Finanz- und Wirtschaftskrise seit
ihrer Gründung bewältigen, gleichzeitig stehen die Wahlen zum Europäischen Parlament an. Im Herbst wird eine neue EU-Kommission ernannt.
Auch die Staats- und Regierungschefs haben auf ihrem letzten Gipfel Anfang April in London gezeigt, dass sie den Ernst der Lage noch nicht erkannt haben und den sozialen Folgen des Finanzdebakels … zu wenig Bedeutung beimessen. Warum hätten sie sonst beschlossen, den geplanten Beschäftigungsgipfel mit allen 27 Staats- und Regierungschefs ausfallen zu lassen?“
Dies formulierte das DGB-Bundesvorstandsmitglied Gabriele Bischoff in ihrem Kommentar in der GEW-Zeitung vom Mai 2009.
Die europäischen Gewerkschaften fordern einen Sozialpakt für Europa, eine nachhaltige Sozialpolitik, das heißt Mindestlöhne in ganz Europa, einen Schutzschirm für Ausbildungsplätze, eine gründliche Revision der Entsenderichtlinie, um tatsächlich Maßnahmen gegen Lohndiskriminierung, insbesondere bei Leiharbeit, aber auch bei typischen Frauenund Migrantenarbeitsplätzen in allen Europäischen Ländern durchsetzen zu können. Das ist zugegebenermaßen eine Vision, aber wenn man keine Vision hat, kann man auch nicht die ersten Schritte gehen.
Dies unterstützen wir Grünen ebenso wie die Gewerkschaftsforderung nach einer konsequenten Regulierung der Finanzmärkte. Wenn die Europäische Union weiterhin diese wesentliche Aufgabe nicht konsequent anpackt, macht sie sich selbst überflüssig. An dieser Stelle sind wir ganz einer Meinung mit dem DGB-Vorstand. Ich bin auch dankbar, dass der Europaminister hier deutliche Worte gefunden hat. Die Grünen haben zur Lösung dieser Aufgabe das Konzept des Green New Deal formuliert.
An dieser Stelle käme ein Block zu diesem Konzept in meiner Rede, den ich aber nicht in aller Breite vortragen, sondern nur skizzieren will. Nur so viel: Eine Finanz- und Wirtschaftspolitik, die sich auf Arbeitsplätze im Bereich Klimaschutz und auf Investitionen in Bildung konzentriert, löst damit die dringendsten und gleichzeitig nachhaltigsten Aufgaben des 21 Jahrhunderts. Aus dem Bericht der Landesregierung wird deutlich, wie viel hier noch zu tun ist.
Um mit dem Berichtsthema anzufangen: Es wird sehr deutlich, dass - mit einer großen Kraftanstrengung - die Umstellung auf das Bachelor- und Masterstudium zwar formal fast vollendet ist; aber
vom Ziel, vom Sinn dieser Maßnahme - bessere Studierbarkeit, bessere Lehre, internationale Anerkennung der Abschlüsse, mehr internationaler Austausch - sind wir noch meilenwert entfernt. Das haben auch meine Vorredner betont. Im Gegenteil, wir haben noch nicht einmal die Prüfungsanerkennung im innerdeutschen Verhältnis erreicht. Das sind hausgemachte Fehler. Dafür können wir nicht die EU verantwortlich machen; denn sie hat an dieser Stelle gar keine Richtlinienkompetenz. Hier wird mit der sogenannten offenen Methode, also mit dem Wettbewerb der besten Ideen, gearbeitet. Leider reicht aber diese offene Methode noch nicht einmal aus, um mit unserem dänischen Nachbarn die Abschlüsse abzugleichen, sodass sie Anerkennung finden. Auf das Thema sind wir schon verschiedentlich eingegangen. Herr Kollege Garg hat zu Recht das Beispiel Pflege zitiert.
Der Bericht hätte an dieser Stelle ruhig ehrlicher sein dürfen, so wie er die Differenzen und Probleme beim Vergaberecht und die daraus resultierenden Ungerechtigkeiten für die Arbeitnehmerfreizügigkeit immerhin benennt.
An dieser Stelle wäre noch viel zum Thema Berufsbildung und zu den ECDS-Punkten zu sagen. Ähnlich wie bei der Ausbildung an den Universitäten stehen wir hier vor einem Aushandlungsprozess, wie unsere Berufsbildungsabschlüsse wechselseitig in den verschiedenen Staaten anerkannt werden. An dieser Stelle nur der Hinweis: Wir haben noch die Drucksache der Landesregierung zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse zu bearbeiten. Auch hier gibt es „kommunizierende Röhren“ zu diesem Europathema. Wir werden das im Ausschuss vertiefen.
Ich komme zu meinem letzten Punkt, der aber in dem Bericht überhaupt nicht „angetickt“ wird, obwohl er sehr wesentlich ist, ein Politikum. Es geht um das Thema Arbeitszeitregelung. Es war immerhin ein an einem Kieler Krankenhaus arbeitender Arzt, der mit seinem Prozess gegen die langen Bereitschaftszeiten - es geht um die berühmten 36-Stunden-Dienste - ein wegweisendes Urteil durch mehrere Instanzen auch auf der europäischen Ebene erreicht hat.
Viele Menschen atmeten damals auf. Ausgerechnet der bundesdeutsche Arbeitsminister Scholz hat in den letzten Tagen mit seinem Veto -
- Ich möchte mich an dieser Stelle nicht mit dieser Polemik von Ihnen auseinandersetzen. Die war schon damals falsch und wird auch heute nicht richtig, Herr Kalinka.
Viele Menschen atmeten damals auf, wir auch. Ausgerechnet der bundesdeutsche Arbeitsminister Scholz hat in den vergangenen Tagen mit seinem Veto eine humane Wochen- und Bereitschaftsdienstarbeitsregelung auf EU-Ebene blockiert. Das ist nicht das, was wir uns unter einem sozialen Europa vorstellen.
An dieser Stelle kann ich auch nur sehr pauschal sagen, Herr Kollege Garg: Wenn Sie Wettbewerb wollen, dann brauchen Sie faire Rahmenbedingungen und ein faires Regelwerk. Das sei auch dem Kollegen Herbst gesagt. Das haben wir natürlich nicht, wenn wir zwar grenzüberschreitenden Waren- und Leistungsverkehr haben, aber die Sicherung rudimentärer Bedürfnisse wie das Recht auf Schlaf nicht gewährleistet ist.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer die politische Auseinandersetzung um den Denkmalschutz des Kieler Universitätsgeländes verstehen und darüber entscheiden will, was der Zuständigkeit der Behörden trotz unserer Debatte im Landtag keinen Abbruch tun soll, der sollte einen Blick auf die politische Karriere des Denkmalschutzes der letzten 40 Jahre im Westen und im Osten Deutschlands werfen. In den 70erund 80er-Jahren besetzten junge Leute die Jugendstilvillen der Innenstädte in Frankfurt, in Berlin, in Hamburg und in vielen anderen westdeutschen Städten. Besetzt wurden die Wohnungsbauten der Gründerzeit und des Jugendstils. Das internationale Phänomen der jeweils lokal agierenden Hausbesetzerbewegung rettete in Europa und in Amerika im Laufe von knapp zwanzig Jahren so manches Quartier und verhalf dem Denkmalschutz zu einem erweiterten städtebaulichen Verständnis.
Ergänzend zum traditionellen Denkmalschutz für Schlösser und Kirchen wurden Erhaltungssatzungen zum alltäglichen städtebaulichen Planungsinstrument, beispielsweise auch zur Rettung der mittelalterlichen Altsstadt in Lübeck. Dies trug zum Erhalt der mittelalterlichen Altstadt bei. In Lübeck wissen wir das sehr zu schätzen. Die Erringung des Titels UNESCO-Weltkulturerbe geriet zu einem nicht nur auf junge Leute beschränkten, sondern ge
nerationenübergreifend gefeierten Politikum der ehemaligen „Königin“ der Hanse.
Angesichts knappen Wohnraums ging es der jungen Generation, die auf die 68er-Generation folgte, damals um Lebensqualität in Kiel und nicht um Boden- und Immobilienspekulation. Die Hausbesetzerbewegung war hinsichtlich des Erhalts von Denkmälern und Stadtquartieren erstaunlich erfolgreich. Das Voranschreiten neuer internationaler Formen der Kapitalentwicklung konnte sie nicht aufhalten. Sinnbildlich dafür steht, dass viele der damals vom Abriss bedrohten Häuser heute als Vorzeigeimmobilien überleben; nicht zuletzt auch Dank ihres durch die Besetzung erstrittenen Denkmaltitels.
Ganz anders ist die Wahrnehmung von Wohnvierteln und alten Kulturdenkmälern im Osten. Obwohl die Bausubstanz ganzer Stadtteile der Gründerzeit ebenso wie gotischer Kirchen und barocker Schlösser verfiel, gab es vergleichsweise wenig Protest gegen den Abriss und den Neubau ganzer Viertel. Funktionierende Badezimmer und andere Annehmlichkeiten lockten bis in die frühen 90er-Jahre alle gesellschaftlichen Schichten der neuen Bundesländer aus den maroden Innenstädten in neue Mietwohnungssiedlungen am Stadtrand, die in den alten Bundesländern längst mit dem Stigma des potenziellen Arme-Leute-Ghettos kämpften.
Der Denkmalschutz konnte sich als gesellschaftliche Bewegung in Deutschlands Osten erst mit der Wiedervereinigung voll entfalten und wandte sich nun vor allem dem vernachlässigten baulichen Erbe lang vergangener Bau-Epochen zu. Im Angesicht der symbolträchtig aufgeladenen bundesdeutschen Geschichte des Denkmalschutzes, steinernen Zeitzeugen der Bauhaussprache, ist die Architektur nach dem Zweiten Weltkrieg bisher keinen gesellschaftlichen Aufschrei wert. Im Gegenteil, diese Bauten erscheinen den meisten Menschen keineswegs denkmalwürdig. Die architektonische Formensprache der Moderne und die in die Jahre gekommene neue Sachlichkeit mit bröckelnden Betonfassaden, leckenden Flachdächern und zugigen Metallfenstern erwecken in Ost- und Westdeutschland bei den meisten Menschen den Wunsch nach der Abrissbirne.
So liegen uns trotz der Einigung auf Verwaltungsebene aktuell 3.000 Unterschriften von Studierenden der CAU Kiel vor, die sich - ganz anders als Studierendengenerationen vor ihnen - nicht für den Erhalt, sondern für den Abriss und den Neubau von Bauten stark machen. Die Dysfunktionalität der Räume für den Bedarf einer überfüllten Massenuni
versität ist an der CAU leicht nachzuvollziehen und ein rationales Argument für komplette Neubauten.
Hier geht es aber nicht um irgendwelche Bauten, sondern um das Herzstück der Universität. Offenbar lassen diese Lehrgehäuse die studentischen Herzen keineswegs höher schlagen und verbinden sich nicht mit einem Gefühl der Identität als Mitglied der Christian-Albrechts-Universität. Das sollte uns zu denken geben und hat wahrscheinlich nur wenig mit Baufragen zu tun.
Denkmalschutz ist aber gemessen an den jeweils aktuellen Kriterien der Gebäudefunktionalität immer irrational. Dies gilt für Schloss Gottorf, das gilt für das Holstentor in Lübeck - was vor hundert oder zweihundert Jahre beinahe abgerissen worden wäre; eine Stimme Mehrheit hat dies damals in der Bürgerschaft verhindert -, das gilt aber ebenso für das Audimax der CAU. Deshalb müssen wir uns um eine gesellschaftliche Debatte über den Umgang mit dem jüngsten baulichen Erbe kümmern. Wir müssen uns damit auseinandersetzen. Auch angesichts der Eile des Konjunkturprogramms II und anderer Programme sind diese Fragen zu stellen, denn sonst bekommen wir keinen Konsens in dieser Angelegenheit.
Die Fragen, die auf dem Prüfstand stehen - ich komme zum Schluss -, sind: Welche Rolle spielen überhaupt die Ensembles der ersten 20 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg beispielsweise in der Stadt Kiel mit ihrer großen Zerstörung? Welche Rolle spielt vor diesem Hintergrund das Universitätsensemble? Und dann müssen wir darüber sprechen, wie die dringend notwendigen energetischen und funktionalen Optimierungen trotz des Denkmalschutzauftrages mit verlässlichen und überschaubaren Finanzzahlen realisiert werden können. Und dann gibt es auch noch die nicht ganz unwichtige Frage:
Was muss getan werden, damit sich die Studierenden in diesen Gebäuden zum Lernen und zur Begegnung tatsächlich inspiriert fühlen können?