Christian Weisbrich
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Last Statements
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich will nicht über die Grundsatzproblematik der Atomenergie philosophieren. Ich möchte aber schon einmal ein paar Vorbemerkungen zur Ideologie und zur Taktik der Grünen in der Energiefrage machen.
Zum christlichen Menschenbild, das auch meines ist, gehört es, dass der Mensch nicht vollkommen ist, dass er irren kann. Die Grünen haben offenbar ein ganz anderes Menschenbild: Irrtum ausgeschlossen. Sie wissen immer alles ganz genau. Träger abweichender Meinungen werden verfolgt. In der Energiepolitik verstehen sich die Grünen meinem Eindruck nach als Glaubenskrieger.
In Ihrem energiepolitischen Kreuzzug scheint Ihnen jedes Mittel recht zu sein, um die öffentliche Meinung zu manipulieren.
Zu Ihren bevorzugten Angriffswaffen zählen Falschbehauptungen und maßlose Übertreibungen.
Jetzt zu diesem Antrag, der ist nämlich geradezu ein Beleg für diese Analyse: Da wird zunächst für den Fall einer Laufzeitverlängerung ohne jeden Beweis mit Horrorzahlen über Zusatzgewinne der bösen vier großen Kraftwerksbetreiber gearbeitet, die sich bis auf 300 Milliarden € aufaddieren könnten.
Durch das Schüren von Neid dient diese Behauptung der Erzeugung eines negativen Meinungsklimas. In der Sache, Kollege Priggen, kommen die Atomexperten von Greenpeace Deutschland, Heinz Smital, sowie die Analysten der Landesbank BadenWürttemberg, die ja in Ihrer Fraktion in hohem Ansehen steht, zu einem ganz anderen Ergebnis: Da Laufzeitverlängerungen völlig zu Recht an höchste Sicherheitsstandards gekoppelt sein müssten – das hat auch schon der Bundesumweltminister gesagt – , sind die Greenpeace- und Bankexperten der Meinung, dass die Zusatzgewinne weitgehend von den Nachrüstungsinvestitionen in alte Meiler aufgefressen würden.
Das meinen die. – Also, bei Ihrer Behauptung von einem 300-Milliarden-€-Zusatzgewinn dürften Sie sich um eine Zehnerpotenz verhauen haben. Sie können also die letzte Null streichen. Und über den Rest kann man dann reden.
Dann kommt aber der Clou. Sie akzeptieren nicht nur völlig unkritisch den ordnungspolitischen Erpressungsversuch bestimmter Stadtwerke, Sie machen sich geradezu zu deren Cheflobbyisten und handeln damit keinen Deut besser als die Kohlelobby, die wir gemeinsam immer auf das Schärfste kritisiert haben.
Wenn Klimaschutz unser Oberziel ist, Kollege Priggen, dann kann ich Ihre Haltung fachlich überhaupt nicht verstehen. Die Stadtwerke wollen ja keine erneuerbare Energien in den Markt drücken; denn das könnten sie auf der Grundlage des Erneuerbare-Energien-Gesetzes mit seinem Einspeisevorrang für erneuerbare Energien in jedem Fall. Nein, Sie wollen ganz offenbar nahezu CO2-freie Kernkraftwerke durch moderne Kohlemeiler ersetzen. Wir wollen auch moderne Kohlemeiler, aber nicht in dieser Kombination.
Den Stadtwerken geht es also gar nicht um Klimaschutz, ihnen geht es ganz schnöde um die Steigerung ihrer Erzeugungskapazität unter dem Schutz des Staates. Sicherlich, Sie haben nur 10 %, und sie könnten ruhig mehr haben, aber dass deswegen ein staatlicher Schutzschirm her soll, halte ich schon für problematisch.
Wenn man so handeln würde, dann verschlechterte das unsere CO2-Bilanz um rund 150 Millionen t pro Jahr und brächte das für die Dämpfung des Strompreisanstiegs je nach Bezugsbasis wenig bis gar nichts.
Kernkraftwerke haben bereinigte CO2-Emissionen von etwa 66 g pro Kilowattstunde, und ihre Stromgestehungskosten ab Kraftwerk liegen bei etwa 2,65 Cents je Kilowattstunde. Die CO2-Emissionen von Steinkohlekraftwerken liegen etwa bei 900 g pro Kilowattstunde, und die Gestehungskosten liegen bei rund 3,35 Cents pro Kilowattstunde für Strom.
Das energiepolitische Motto unserer Fraktion lautet: Sicher, sauber, bezahlbar.
Da bei der Gegenüberstellung des Stadtwerkekonzeptes und der Laufzeitverlängerung wirklich keinerlei Vorteile für Umwelt oder Verbraucher zu erkennen sind, werden wir diesem Antrag auf keinen Fall zustimmen können. – Schönen Dank.
Herr Präsident, schönen Dank. Eine knappe Minute habe ich noch. – Lieber Reiner Priggen, ich habe überhaupt nichts gegen Stadtwerke. Ich war selbst mal Geschäftsführer eines solchen Unternehmens. Ich habe also überhaupt keinen Hass. Mir wäre es aber nie in den Sinn gekommen, eine Wettbewerbsbeschränkung für Konkurrenten zu meinem wirtschaftlichen Vorteil zu fordern. Das wäre mir nie in den Sinn gekommen, und darum geht es hier. Es geht um eine Käseglocke, die darüber gestülpt werden soll, damit Stadtwerke größere Marktanteile haben können.
Das ist ordnungspolitisch nicht in Ordnung. Die sollen investieren – das haben sie bis jetzt auch getan – oder sollen es lassen. Das ist deren unternehmerische Entscheidung. Aber sie können nicht erwarten, dass wir ihnen den Wettbewerb vom Hals halten. Das wäre genauso, als wenn wir durch Landtagsbeschluss die Konkurrenz zwischen Aldi und anderen Einzelhandelsbetrieben unterbinden würden. Das kann man nicht machen, und das ist da ganz entscheidend.
Im Übrigen – Frau Thoben hat es dargestellt – ändert sich die Gesamtmenge an Strom nicht. Wenn die Stadtwerke erneuerbare Energien machen wollten, können sie sie über das Erneuerbare-EnergienGesetz auf jeden Fall in die Netze reindrücken. Aber sie wollen das nicht tun; sie wollen Kohlekraftwerke bauen. Damit verschlechtern sie die Umweltbilanz ganz entscheidend. Dadurch ersetzen sie CO2freien Strom durch CO2-belasteten Strom. Das ist eine schlechte Politik.
Das hätte ich, ehrlich gesagt, von der grünen Fraktion nie erwartet, dass sie zusätzliche CO2Emissionen fordert, wenn wir CO2-freie Kraftwerke haben. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Reiner Priggen, so langsam werde ich sauer über den Umgang der Grünen
mit dem Thema Atom, Kernenergie und allem, was damit zusammenhängt.
Also, wenn ein Gaskraftwerk explodiert und mindestens fünf Menschen dabei zu Tode kommen, wie im Februar passiert, dann interessiert das die Grünen mittlerweile einen Dreck. Denn Gas ist nach deren Definition ein politisch korrekter Primärenergieträger. Wenn dagegen in einem Kernkraftwerk ein Bild von der Wand fällt oder bei einem Zulieferer ein Behälter schlampig gereinigt wird, dann ist das für die Grünen ein schwerer Störfall und ein Beleg für die Unbeherrschbarkeit der Kernenergie.
Meine Damen und Herren, so geht das doch nicht.
In der Natur ist die Farbe Grün ein ziemlich sicheres Zeichen dafür, dass eine Frucht noch nicht reif ist.
Allem Anschein nach gilt dieser Farbhinweis auch für den geistigen Entwicklungsstand der Partei Die Grünen. Frei nach Schiller könnte man jetzt sagen:
Schnell fertig sind die Grünen mit dem Wort, das schwer sich handhabt wie des Messers Schneide. Aus ihrem heißen Kopfe nehmen sie keck der Dinge Maß, die nur sich selber richten. Gleich heißt ihnen alles schändlich oder würdig, bös oder gut – und was die Einbildung phantastisch schleppt in diesen dunkeln Namen, das bürden sie den Sachen auf und Wesen.
Das ist aus „Wallensteins Tod“ von Schiller.
Das sagte Wallenstein zu Piccolomini. Ja.
Schiller hat in aller Regel den Nagel auf den Kopf getroffen, und daher bin ich mir sicher: Wenn er die Grünen schon gekannt hätte, dann hätte er sie genau so beschrieben.
Warum um Himmelherrgotts willen müssen Sie denn immer alles gleich skandalisieren? Warum werfen Sie der Atomaufsicht des Landes vor, die Parteien im Landtag falsch oder zumindest unvollständig über den Störfall in der Urananreicherungsanlage Gronau informiert zu haben? – Das klingt nach mutwilliger Vertuschung oder Irreführung.
Sie haben selbst aus der Sitzung des Wirtschaftsausschusses vom 27. Januar zitiert. Jeder, der dabei war, weiß doch, dass dieser Vorwurf völliger Blödsinn oder bösartig ist. Die Energieministerin hat völlig offen und informativ über das meldepflichtige Ereignis vom 21. Januar 2010 berichtet. Sie hat das berichtet, was sie zu diesem Zeitpunkt berichten konnte, weil es bereits erkannt war. Sie hat unmissverständlich vorgetragen, dass weitere Informationen und eine abschließende Bewertung der Atomaufsicht dann erfolgen werden, wenn die ausführlichen Berichte der Urenco sowie des schwedischen Zulieferers vorliegen und die gutachterliche Überprüfung durch den TÜV abgeschlossen ist.
Der Bericht aus Schweden, meine Damen und Herren, kam erst am letzten Wochenende, offenbar mit einem Vorabexemplar für Frau Höhn. Wie sonst wäre es zu erklären, dass die Ex-Ministerin schon fünf Minuten nach Berichtseingang öffentlich Ihre Skandalarie anstimmte?
Wirtschaftsminister Karl Schiller hat den Sozialdemokraten einst ins Stammbuch geschrieben: Lasst die Tassen im Schrank, Genossen! – Diesen Zuruf möchte ich heute an die Grünen richten: Lasst die Tassen im Schrank, wenn es euch gelüstet, auf der Atomaufsicht herumzuhacken! Lasst die Beamten in Sorgfalt und Ruhe ihren Job machen, ganz und gar dann, wenn der Mitreferatsleiter gerade erst verstorben ist!
Seien Sie ganz sicher: Wenn es nicht nur in Schweden, sondern auch bei Urenco Schlampereien gegeben hat – nach augenblicklichem Stand bestehen daran eigentlich keine Zweifel –, wird das aufsichtsbehördliche Konsequenzen und Verfahrensänderungen nach sich ziehen, ebenso im Zweifelsfall ein Strafverfahren, wenn die Staatsanwaltschaft relevante Verstöße gegen Sicherheitsgrundsätze feststellt.
Seien wir froh, dass es – anders als bei der Explosion im Gaskraftwerk -nicht zu Personenschäden kam! Seien wir froh, dass der betroffene Mitarbeiter im Wesentlichen unverletzt blieb! Haben wir doch bitte ein bisschen Vertrauen in die Arbeit der Atomaufsicht und der Staatsanwaltschaft! Und unterlassen wir öffentliche Schuldzuweisungen, ehe alle Fakten wirklich ausgewertet sind!
In diesem Sinne noch eine Bitte an Frau Höhn, die Sie ihr gerne ausrichten können: Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu! – Schönen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Frau Walsken, ich will gleich zur Bilanzierung kommen. Zuvor nur ein paar Vorbemerkungen zur WestLB: Flugbereitschaft der Genossen, rote Kasse der Genossen,
reale Verluste in Höhe von 4,8 Milliarden €, schwarze Finanzierung des Wahlkampfs in Brandenburg – hören Sie auf, über die WestLB zu reden!
Das ist ein Augiasstall, der ausgemistet werden musste, ehe man damit etwas Vernünftiges anfangen konnte. Und dieses Ausmisten haben wir besorgt.
Da Sie das Sparkassengesetz angesprochen haben, Frau Walsken: Sie haben nun wirklich nichts erreicht. Wir haben uns mit den Verbänden auseinandergesetzt, wir haben uns unterhalten, wir haben das Sparkassengesetz verabschiedet. Ich habe nur eine einzige Frage: Ist denn irgendeine Sparkasse durch dieses neue Sparkassengesetz wirtschaftlich zu Schaden gekommen?
Die Probleme in Köln haben doch nichts mit dem Sparkassengesetz zu tun, Herr Groth! Ist die Welt untergegangen, oder geht die Sonne immer noch über den Sparkassen auf? Sie geht immer noch auf, und darüber sind wir froh und glücklich. Also, hören Sie mit diesem Unfug auf!
Frau Walsken, wenn ausgerechnet Sie hier bilanzieren wollen, dann schwingt sich für meine Begriffe doch der Bock zum Gärtner auf. In der Fußballsprache würde man sagen: Der rausgeschmissene Trainer zieht über den erfolgreichen Nachfolger her.
Wie war das denn 2005? Der Landeshaushalt war bei Ihrer Abwahl ein krasser Sanierungsfall: jährlich ein strukturelles Defizit von wenigstens 6,6 Milliarden € seit 2002, für 2004 und 2005 Verschuldungsrekorde von jeweils 6,7 Milliarden €, 32 Milliarden € zusätzliche Verschuldung allein von 2000 bis 2005 –
112 Milliarden € Schulden. Das sind nicht unsere; die haben wir geerbt. Es sind die Schulden, die Sie gemacht haben, bis die Wähler Sie in die Wüste geschickt haben.
Sie haben jahrzehntelang über die Verhältnisse gelebt,
120 Milliarden € für Klientelpolitik im Steinkohlebergbau verpulvert und den Anschluss an die wirtschaftliche Entwicklung der CDU-geführten Südländer verloren, im Wachstum lange nur noch Tabellenletzter, und schließlich wurde die Wachstumslücke leider auch zur Einnahmelücke. Das ist Ihre Bilanz.
Die Folgen rot-grüner Maßlosigkeit spüren wir heute noch. Jährlich liegen die Zinslasten bei 4,6 Milliarden €, Frau Walsken.
Das sind fast 13 Millionen € pro Tag. Dass das unsere Schulden seien, haben Sie uns schon beim Amtsantritt gesagt.
Das ist doch eine Frechheit. Sie haben die Schulden gemacht und sagen jetzt: Sorgt dafür, dass ihr klarkommt. Das sind eure Schulden!
Über 12 % der Steuereinnahmen gehen für Zinszahlungen drauf. Über 53 % der Steuereinnahmen für Personalausgaben, weil Sie in Ihren Glanzzeiten – ich erinnere mich noch an die Tonlage – die Mitarbeiterzahl hemmungslos vermehrt haben. Für Sie war der öffentliche Dienst immer nur ein Auffangbecken für Ihr Versagen am Arbeitsmarkt.
Wenn Sie sich selbst nichts vorlügen, Frau Walsken, dann müssen Sie eingestehen, dass die Verschuldungsspirale sofort nach dem Regierungswechsel – sprich: Trainerwechsel – zum Stillstand
kam. In kürzester Zeit haben wir eine neue Haushaltskultur entwickelt
und beachtliche Konsolidierungserfolge erzielt. Von 2005 bis 2008 haben wir die Nettokreditaufnahme um 83 % zurückgeführt. – Stimmt’s, oder stimmt’s nicht? Ja oder nein?
Die Neuverschuldung wurde im gleichen Zeitraum von 2006 bis 2008 von 6,7 auf 1,1 Milliarden € gesenkt.
Ja, natürlich.
Ohne Risikovorsorge für Versorgungslasten und die WestLB
hätten wir im Jahre 2008 sogar einen Primärüberschuss in Höhe von 164 Millionen € erreicht. Das war der beste Haushaltsabschluss seit 35 Jahren. Daran können Sie nicht herumdeuteln.
Wenn ich einmal in der Fußballsprache bleibe: Der Zwischenvergleich geht ganz klar an uns. Spielstand: 1:0.
Wo kommt denn diese Leistungssteigerung her? – Unser Finanzminister geht verantwortungsbewusst mit dem Geld der Bürger um. Für ihn gilt Vorsicht bereits bei der Haushaltsaufstellung. Dort, wo kreative Buchführung mit Tricksen, Lügen und Betrügen für Sie selbstverständlich war, werden die Einnahmen heute konservativ geschätzt. Sie haben Känguruh-Politik betrieben. Sie hatten nichts im Beutel, wollten aber ständig große Sprünge machen.
Wir dagegen – hören Sie gut zu! – haben 92 % der disponiblen Steuermehreinnahmen zur Rückführung der Nettoneuverschuldung genutzt. Und wir haben Mehrausgaben in politischen Schwerpunktfeldern wie dem Bildungswesen durch Einsparungen an anderer Stelle gegenfinanziert.
Dies, meine Damen und Herren, hat dazu geführt, dass die Jahreshaushaltsabschlüsse unserer Landesregierung stets besser waren als der beschlos
sene Haushaltsplan. – Stimmt das, oder stimmt das nicht?
Bei der rot-grünen Vorgängerregierung war das genau umgekehrt. Hier wurden die Haushalte auf Sand gebaut, weil die Einnahmen permanent zu hoch und die Ausgaben permanent zu niedrig veranschlagt wurden. Tricksen, Täuschen – das war das Ziel.
Auf eine knappe Formel gebracht: Für die fünf Haushaltsjahre von 2001 bis 2005 hat Rot-Grün mehr als 10 Milliarden € negative Abweichungen im Haushaltsvollzug zu verantworten.
Schwarz-Gelb dagegen kann für die abgerechneten Jahre von 2006 bis 2009 – das sage ich voller Stolz – auf positive Abweichungen im Haushaltsvollzug in Höhe von 4,4 Milliarden € zurückblicken. Sie 10 Milliarden € Miese, wir 4,4 Milliarden € plus! Stimmt’s, oder stimmt’s nicht? Ja oder nein?
In keinem einzigen Jahr haben wir mehr ausgegeben als ursprünglich veranschlagt.
Fazit: Die SPD hat die Wähler regelmäßig hinters Licht geführt. Wir haben diesen Trend gebrochen und wieder Zukunftsperspektiven eröffnet. Das ist ein Beweis für die Seriosität unserer Finanzpolitik. Bisher spricht nichts dagegen, dass auch der Haushaltsabschluss 2010 unter den Planzahlen liegen wird.
Spielstand: 2:0 für uns.
Die SPD wirft uns vor, nicht genügend zu sparen und das Haushaltsvolumen unmäßig erhöht zu haben. – Tatsache ist, Frau Walsken: Der letzte rot-grüne Haushalt im Jahr 2005 hatte ein Volumen von 50,6 Milliarden €. Der Haushalt 2009 lag bei 53 Milliarden €, und für 2010 sind 53,1 Milliarden € veranschlagt.
Ja, ja. – Das ist ein Anstieg von nur 4,9 % in fünf Jahren.
In der Krise haben wir die Haushalte 2009 und 2010 bewusst expansiv gestaltet, um nicht gegen Krise und Konjunkturprogramm anzusparen. Es wäre blödsinnig gewesen, ein Konjunkturprogramm zu machen und anschließend dagegen anzusparen. Dabei haben wir von der Konsolidierungsdividende aus den Vorjahren profitiert. Ohne Konsolidierung in guten Zeiten können überraschende Krisen einen Staat an den Rand des Abgrundes führen – dafür brauchen wir gar nicht bis nach Griechenland oder Island zu schauen.
Ihr eigener Finanzminister, Diether Posser, hat Ihnen dies schon in den 70er-Jahren ins Stammbuch geschrieben und am Ende die Brocken hingeschmissen, weil er es nicht länger verantworten wollte, Finanzminister eines Landes zu sein, das sich – nach seiner veröffentlichten Meinung – unter sozialdemokratischer Verantwortung wie eine Bananenrepublik aufführte. Das hat Herr Posser wörtlich bei seinem Rücktritt gesagt.
Erst dank der seriösen Finanzpolitik dieser Landesregierung müssen wir nicht mehr von der Hand in den Mund leben. Stattdessen können wir künftige Generationen entlasten und Vorsorge für die ältere Generation treffen.
Trotz der Krise hat die Landesregierung in dieser Legislaturperiode das Sondervermögen Versorgungsrücklage nahezu verdoppelt. Durch Sonderzuführung konnte die Versorgungsrücklage in den letzten fünf Jahren auf über 2,5 Milliarden € erhöht werden. Sogar im Krisenjahr 2009 konnten im Haushaltsvollzug 300 Millionen € aus Minderausgaben in rund 2.500 einzelnen Haushaltsstellen genutzt werden, um die Versorgungsrücklage zu stärken. Das ist unser Beitrag zur Versorgungssicherheit der pensionierten Beamten. Rot-Grün hat diese Vorsorge permanent sträflich vernachlässigt.
Meine Damen und Herren, kein Haushalt kann zukunftsfest sein, wenn er die Personalentwicklung nicht im Blick hat.
Lassen Sie uns also über das Erfolgsmodell PEM reden. Auf die Personalausgaben entfällt mit rund 40 % der größte Brocken im Landeshaushalt. Um die Landesfinanzen wieder generationengerecht zu machen, haben wir einen 1,5%igen, linearen Stellenabbau in der Landesverwaltung vorgegeben. Mithilfe eines modernen Personaleinsatzmanagements wurden so viele Stellen sozialverträglich abgebaut, dass Spielräume für Schwerpunktbereiche entstanden, beispielsweise für 8.124 neue Lehrerstellen. Die Bilanz von PEM ist wirklich eindrucksvoll. Bis zum 1. Januar 2010 wurden 13.611 kwVermerke realisiert – nicht ausgebracht, sondern realisiert.
Weitere 694 Stellen konnten aus dem Haushalt entfallen und mussten nicht mehr kw-gestellt werden.
Ich möchte das jetzt im Einzelnen nicht ausführen, weil die Zeit fortläuft, aber wir haben eine ganze Reihe erfolgreicher Projekte aufgesetzt: Schulverwaltungsassistenz, Vorfahrt für Weiterbeschäftigung, kommunale Jobbörse. Das Ergebnis: Ohne dass die Betroffenen aufschreien mussten, haben wir in Nordrhein-Westfalen sozialverträglich 13.611 Stellen abgebaut.
Diesen Weg wollen wir in der nächsten Legislaturperiode fortsetzen und weitere 12.000 Stellen abbauen. 7.000 davon sind mit dem Haushalt 2010 bereits kw-gestellt und in den Einzelplänen individualisiert. Die restlichen 5.000 Stellen für kw-Vermerke lassen sich bequem während der nächsten fünf Jahre identifizieren. Das ist Politik im Sinne von Nachhaltigkeit.
Spielstand: 3:0 für uns.
Trotz Krise und trotz notwendiger Einsparungen setzen wir im Sinne der Nachhaltigkeit dennoch politische Schwerpunkte. Bereits jetzt stellen wir Weichen, damit Nordrhein-Westfalen gestärkt aus der Krise hervorgeht. Wir investieren in Bildung und Innovation.
Beispiel KiBiz: 2010 wurde der Haushaltsansatz um weitere 81,5 Millionen € erhöht. 2007 standen für diesen Zweck erst 819 Millionen € zur Verfügung. 2010 sind es 1,26 Milliarden €.
Die Zahl der Betreuungsplätze für unter Dreijährige stieg während unserer bisherigen Regierungszeit von 11.000 auf über 100.000. Damit konnte die Betreuungsquote für unter Dreijährige in nur einer Legislaturperiode von 2,8 % auf 22 % gesteigert werden. Das müssen Sie sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, von solchen Erfolgen konnten Sie nicht einmal träumen.
Beispiel schulische Bildung: Die Ausgaben für den Schulbereich sind während unserer Wahlperiode um 1,98 Milliarden € gestiegen. Die Zahl der Lehrerstellen wurde um 8.124 erhöht. Zusätzlich wurden 8.800 Stellen aus Demografiegewinnen beibehalten, die Sie streichen wollten. Damit haben wir insgesamt fast 17.000 Lehrer mehr für unsere Kinder als noch unter Rot-Grün. Der Unterrichtsausfall konnte damit praktisch halbiert werden. Für den Ganztagsausbau stellten wir gegenüber Rot-Grün 323 Millionen € mehr zur Verfügung und erhöhten die Zahl der Ganztagsplätze um 264.000 bzw. 75 %. Das ist Erfolg.
Der Haushalt für Innovation und Forschung wurde um 663 Millionen € bzw. fast 13 % erhöht. 60 Millionen € flossen in neue Fachhochschulen. Drei Fachhochschulen mit insgesamt 7.500 Studienplätzen wurden neu gegründet. Zusätzlich gibt es 24 neue Forschungseinrichtungen. Weitere 2.500 neue Stu
dienplätze wurden in acht bestehenden Standorten geschaffen. 1,8 Milliarden € an Bundes- und Landesmitteln stehen in den Jahren 2011 bis 2012 für den Hochschulpakt zur Verfügung. Bis 2015 haben wir ein Programmvolumen von insgesamt 5 Milliarden € vorgesehen, um den von Ihnen verursachten Sanierungsstau an unseren Hochschulen beschleunigt abzubauen.
Von diesem Programm wird insbesondere das Handwerk profitieren.
Spielstand: 4:0, so leid es mir tut. Das ist eine Deklassierung.
Nach der Krise werden wir die Haushaltskonsolidierung mit Verlässlichkeit fortsetzen. Deshalb sind wir bereit, jetzt schon eine Schuldenbremse in der Verfassung einzuführen. Wir wollen den Paradigmenwechsel schon jetzt festschreiben, nicht erst in zehn Jahren.
Wir haben die von Ihnen zerrütteten Staatsfinanzen in den Griff bekommen. Auf unsere Initiative hin hat Nordrhein-Westfalen als erstes Bundesland ein Nachhaltigkeitsberichtswesen eingeführt. Wenn wir es in drei Jahren geschafft haben, Ihre Rekordverschuldung weiter herunterzufahren, dann werden wir 2020, wie schon vor der Krise, garantiert wieder ohne Neuverschuldung auskommen.
Meine Damen und Herren, dieser Leistungsbilanz haben Sie nun wirklich nichts entgegenzusetzen. Deshalb ziehen Sie es vor, mit Dreck zu werfen. Das ertragen wir geduldig.
Sie drücken sich um notwendige Entscheidungen, Sie scheuen die fachliche Auseinandersetzung. Deshalb genießen wir, man höre und staune, in Finanzdingen bei allen Umfragen die höchste Kompetenz bei den Bürgern.
Uns trauen 69 % der Bürger zu, die Karre wieder flott zu kriegen, der SPD weniger als 20 %. Also, Endstand: 5 : 0!
Uns trauen die Menschen, wenn es um Haushalt und Finanzen geht, Ihnen nicht. Das werden Sie am 9. Mai erleben. – Schönen Dank.
Herr Kollege Groth, Sie treten hier als Universalgenie auf. Können Sie mir vielleicht mal erklären, warum Sie dem nächsten Landtag nicht mehr angehören werden?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube fast, dass wir uns jetzt genug gefetzt haben. Selbst zu dem Tagesordnungspunkt, der jetzt ansteht, sind die Argumente praktisch ausgetauscht.
Die Koalition aus CDU und FDP hat in den Haushaltsjahren 2006 bis 2008 – das ist unsere feste Überzeugung; die Menschen im Land sehen das ebenso – ihre Fähigkeit zur Haushaltskonsolidierung eindrucksvoll bewiesen. Wir haben das strukturelle Defizit, das Sie uns hinterlassen haben, von jährlich 6,7 Milliarden € bis auf eine Neuverschuldung von nur noch 1,1 Milliarden € im Jahr 2008 zurückgeführt.
Zusätzlich haben wir Risikovorsorge für Pensionen und für die WestLB in Höhe von 1,3 Milliarden € getroffen.
Wir haben damit im Haushaltsjahr 2008 zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder mehr eingenommen als ausgegeben. Mehr einnehmen als ausgeben – das muss das Ziel eines jeden Finanzministers sein. Das ist die Basis für solide Haushaltswirtschaft, für die Helmut Linssen steht. Und mehr Einnahmen als Ausgaben sind auch die Voraussetzung für eine erfolgreiche Haushaltskonsolidierung.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, eine solche Ausgabendisziplin haben Sie in meiner Erinnerung noch niemals erkennen lassen. Ich will jetzt nicht wieder ein Fass aufmachen, aber ich muss Ihnen das mal sagen, ohne dass ich Ihnen zu nahe treten will: Eher legt sich nach meinen Erfahrungen ein Mops einen Wurstvorrat an, als grüne Linke, rote Linke oder blutrote Linke eine Haushaltsreserve.
Meine Damen und Herren, gegen die größte Wirtschafts- und Finanzkrise seit mindestens 90 Jahren haben wir bewusst nicht angespart, weil es einfach keinen Sinn macht, Konjunkturprogramme durch gleich hohe Einsparungen an anderer Stelle zu entwerten. Wenn die Krise vorbei ist, bedarf es aber eines deutlichen Signals, dass der begonnene Konsolidierungskurs wieder aufgenommen wird.
Der heute zur Abstimmung stehende Gesetzentwurf greift die von der Bundes-SPD mitgetragenen Beschlüsse zur Schuldenbremse auf. Die neue Regelung des Art. 109 Abs. 3 Grundgesetz zur Begrenzung der Kreditaufnahme wird über einen neu gefassten Art. 83 Bestandteil der Landesverfassung und damit unmittelbar geltendes Landesrecht.
Die bisherige Bindung der Kreditaufnahme an den Investitionsbegriff wird aufgehoben. Künftig gilt der Grundsatz des Haushaltsausgleichs ohne Kreditaufnahme. Grundsatzabweichungen zur symmetrischen Berücksichtigung konjunktureller Entwicklungen und außergewöhnlicher Notsituationen, die sich der Kontrolle des Landes entziehen, sind nach diesem Gesetzentwurf möglich. Die neuen Regeln gelten ab dem Haushaltsjahr 2020, setzen aber
schon jetzt die richtigen Signale. Darüber hinaus sieht Art. 83 der Landesverfassung Regelungen zur Rückführung der Nettokreditaufnahme im Übergangszeitraum bis einschließlich 2019 vor.
Es ist schon merkwürdig: Die SPD in SchleswigHolstein fordert vehement die Aufnahme einer Schuldenbremse in die Landesverfassung. Die SPD in Nordrhein-Westfalen lehnt die Aufnahme einer Schuldenbremse in die Landesverfassung „derzeit“ und „so“ ab, obwohl sie sie in ihrem Wahlprogramm strikt ablehnt. Für diese DerzeitAblehnung müssen Argumente herhalten, die entweder unzutreffend oder aber an den Haaren herbeigezogen sind. Die SPD stiehlt sich damit aus der Verantwortung für die Generationengerechtigkeit des Landeshaushaltes.
Für diese Verantwortungslosigkeit bemühen Sie zwei zentrale Argumente: Erstens. Ihnen fehle ein detailliertes Konsolidierungskonzept, das bis zum Ende der Neuverschuldung reicht. Zweitens. Sie möchten den Kommunen die gesicherte Finanzausstattung garantieren, die Sie in 39 Regierungsjahren immer verweigert haben.
Ein detailliertes, haushaltsstellenscharfes Konsolidierungskonzept, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann und wird es niemals geben, es sei denn, Sie hätten eine Kristallkugel, um in die Zukunft zu schauen, und Sie könnten schon jetzt künftige Haushaltsgesetzgeber auf Einzelmaßnahmen verpflichten. Sie wissen genau, dass diese Forderung – um es mal deutlich zu sagen – Blödsinn ist. Sie stellen sie aber doch, um der notwendigen Verfassungsänderung nicht zustimmen zu müssen.
Dabei ist der Konsolidierungspfad jedem kundigen Thebaner doch ganz klar: Die Ausgaben müssen über einen längeren Zeitraum deutlich langsamer wachsen als die Einnahmen. Ausgehend von 6,6 Milliarden € Neuverschuldung im Haushalt 2010 brauchen wir ab 2011 jährlich Konsolidierungsbeiträge in Höhe von gut 500 bis 550 Millionen €. Von 2006 bis 2008 haben wir das bestens geschafft, das werden wir nach dem Ende der Krise wieder schaffen; das wissen Sie ganz genau. Mit diesen Konsolidierungsschritten haben wir im Jahr 2020 einen Landeshaushalt ohne Nettoneuverschuldung.
Es bleibt noch – aus der Oppositionsrolle heraus – Ihr Wunsch, die Kommunen besser zu stellen als das Land. – Bei allem Verständnis für die Sorgen und Nöte der Kommunen – die aber nicht vom Land ausgelöst wurden, sondern etwas mit der Krise und den Sozialausgaben zu tun haben, für die das Land gesetzgeberisch nicht verantwortlich zeichnet – empfehle ich Ihnen da doch das Statement von Prof. Wernsmann von der Universität in Passau zur ausführlichen Lektüre.
Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:
Art. 79 lautet in der hier einschlägigen Passage bisher: „Das Land ist verpflichtet, … im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit einen übergemeindlichen Finanzausgleich zu gewährleisten.“ Bisher ist also ausdrücklich der Bezug auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Landes da…
Sie schlagen … vor, Art. 79 solle lauten: „Das Land garantiert den Gemeinden und Gemeindeverbänden unabhängig von seiner eigenen Leistungsfähigkeit eine finanzielle Mindestausstattung…“
Der Professor erläutert dann:
Das bedeutet: Wenn das Land Mittel von 100 hat, … hat das Land einen Anspruch von 50 und kann 50 behalten. Verfügte das Land im darauffolgenden Jahr aber nur noch über Mittel im Umfang von 50, wären diese 50 vorab für die Kommunen reserviert. Das heißt: Die vom Land wahrzunehmenden Aufgaben – Justiz, Polizei, Lehrer, Schulen etc. – könnten nicht mehr wahrgenommen werden.
Der Professor fährt fort:
Es völlig klar ist, dass das so laufen würde. Es kann also nicht sein, dass eine Reservierung für eine bestimmte Gruppe erfolgt. Denn wenn es allen schlechtgeht, kann nicht eine Gruppe vorab einen Ansatz in einer konkret bezifferten Höhe fordern, wodurch die Gestaltungsspielräume im Übrigen absinken würden.
Meine Damen und Herren, dieser Aussage bzw. dieser Analyse ist an Klarheit nun wirklich nichts mehr hinzuzufügen. Bei genauem Hinsehen bricht damit Ihr Kartenhaus der Verweigerungsargumente zusammen. Was übrig bleibt, ist die traurige Erkenntnis, wie sie der Bundesvorsitzende der SPD bereits ungeniert formuliert hat: Für die Oppositionsparteien kommt erst die Partei, dann das Land. – Schade, meine Damen und Herren, ich würde mir wünschen, Sie würden der Verfassungsänderung zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da wir den Gesetzentwurf erst morgen in 3. Lesung ausführlich behandeln, will ich mich heute kurz fassen.
Worum geht es? – Es geht darum, dass wir in Ergänzung zum Grundgesetz auch in unserer Landesverfassung eine sogenannte Schuldenbremse verankern, wie das die Koalitionsfraktionen mit ihrem Antrag vom 19. Mai 2009 von der Landesregierung gefordert haben. Im Grundgesetz steht die
„Schuldenbremse“ seit dem 1. August 2009, von der Großen Koalition vereinbart. Ab 2020 bindet sie auch die Bundesländer unmittelbar.
Man könnte deshalb fragen: Warum sollten wir doppelt nähen? Und man könnte fragen: Warum sollen wir uns heute schon binden?
Meine Damen und Herren, das sind die typischen Ausreden der notorischen Schuldenmacher in diesem Hause,
die gerade wegen ihres leichtfertigen Umgangs mit Geld auf die Oppositionsbänke verbannt sind.
Koalitionsfraktionen und Landesregierung wollen mit der Verfassungsänderung den Bürgern ein deutliches Signal geben, dass der Staat nach dieser außerordentlichen Krise mit disziplinierenden Regeln wieder zur Konsolidierung der Staatskasse zurückkehren wird. Das gebietet schon die Verantwortung für kommende Generationen.
Wir brauchen die eigene Schuldenbremse aber auch, um von den Flexibilisierungsmöglichkeiten in Notzeiten, die das Grundgesetz für den Bund vorsieht, Gebrauch machen zu können. Ohne eigene Regelung gilt: Länder dürfen ab 2020 überhaupt keine Schulden mehr machen. In Krisenzeiten wie solchen, wie wir sie jetzt erleben, ist das geradezu verantwortungslos.
Verantwortungslos, meine Damen und Herren, ist aber insbesondere der Umgang der SPD mit diesem Thema. Im Bund stimmen die Sozialdemokraten der Aufnahme in das Grundgesetz zu. In Schleswig-Holstein klagt die SPD gegen die Grundgesetzänderung und fordert stattdessen eine Aufnahme in die Landesverfassung. Hier bei uns tönt uns von den Genossen derzeit ein entschiedenes „Jein“ entgegen.
Mit „Derzeit-Politik“ stehlen Sie sich immer dann aus der Verantwortung, wenn eigentlich „klare Kante“ angesagt wäre. Sie lehnen die Änderung der Landesverfassung mit dem fadenscheinigen Argument ab, die Forderung der Kommunen nach einer garantierten Mindestfinanzausstattung sei nicht berücksichtigt.
Meine Damen und Herren, nach dem Ergebnis der Expertenanhörung ist das blanker Unsinn.
Den Gemeinden steht nach Art. 106 des Grundgesetzes ein Anteil an den Gemeinschaftssteuern zu, und das Land ist durch Art. 79 der Landesverfassung verpflichtet, im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit einen übergemeindlichen Finanzausgleich zu gewährleisten, aber eben nur im Rahmen der eigenen Leistungsfähigkeit.
Die Wissenschaft hat ausdrücklich davor gewarnt, den Kommunen eine Mindestausstattung ohne Bezug auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Landes zu gewähren. Als Kronzeugen für Ihre ziemlich unsinnige Forderung können Sie einzig den Multiexperten Schneider vom DGB anführen. Der fand eine Selbstverstümmelung des Landes ebenfalls toll.
Nein, meine Damen und Herren, für den rotgrünen Schuldenberg zahlen wir täglich 13 Millionen € Zinsen. Je eher wir davon herunterkommen, desto eher gewinnen wir Handlungsspielräume zurück – auch zugunsten der Kommunen. Ganz umgekehrt, wie Sie das sehen, wird also ein Schuh daraus. Deshalb kann ich an die vereinigte Linke nur appellieren: Geben Sie Ihre verquere Denkweise auf! Stimmen Sie dem guten Gesetz der Landesregierung mit uns gemeinsam zu, und zwar jetzt, nicht in zehn Jahren! – Schönen Dank.
Herr Kollege Becker, ich bin nicht sicher, ob ich Sie richtig verstanden habe. Deswegen frage ich einmal nach. Bezeichnen Sie die FDP als extremistische Partei, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Moron, ich habe leider nur drei Minuten und kann daher nicht angemessen auf Ihre Abschiedsrede eingehen. – Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben wir an einer Stelle sicherlich Konsens: Die Zustimmung der Bürger zum Staat beginnt in der Tat in den Kommunen. Deshalb müssen alle politisch Handelnden ein Interesse daran haben, die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen zu erhalten. Richtig ist auch: In der Finanzkrise wird wie im Fokus eines Brennglases deutlich, dass die Kommunen in Deutschland nicht aufgabenadäquat finanziert sind.
Nun waren es aber gerade Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und sein Stellvertreter Andreas Pinkwart, die das erkannt und über den Koalitionsvertrag dafür gesorgt haben, dass erstmalig seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände auf Augenhöhe gemeinsam über eine aufgabengerechte und nachhaltige Neuordnung der kommunalen Finanzausstattung verhandeln.
Das hat es bisher nie gegeben. Unter Beteiligung unseres Finanzministers Helmut Linssen und unseres Innenministers Ingo Wolf haben die Verhandlungen mit dem Bund am 4. März dieses Jahres begonnen.
Damit diese Verhandlungen Erfolg haben, und zwar den Erfolg, den Land und Kommunen sich gemeinsam wünschen, bedarf es Zweierlei. Erstens bedarf es einer umfassenden und zutreffenden Situationsanalyse – die Sie hier nicht ganz geliefert haben, Kollege Moron. Zweitens bedarf es der Bereitschaft aller Beteiligten, aufeinander zuzugehen. Ganz
wichtig ist ein enger Schulterschluss zwischen Land und Kommunen.
Wer dann was zu leisten hat, kann nur das Ergebnis vertrauensvoller gemeinsamer Verhandlungsführung sein und nicht am Anfang der Verhandlungen stehen. Ich erlebe in diesem Haus immer wieder, dass Sozialdemokraten sagen: Ihr müsst dies und jenes tun. – Ich habe schon einmal erklärt: Beim Schachspielen verrate ich meinem Gegner auch nicht meine nächsten Züge. Dort muss ich meine Züge überlegen. Ich breite sie aber nicht auf dem Marktplatz offen aus.
Wer was zu leisten hat, kann also nur das Ergebnis von Verhandlungen sein. Dabei werden wir als Land ganz sicher an der Seite der Kommunen stehen.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag der Oppositionsfraktionen wird beiden Kriterien – umfassende und zutreffende Situationsanalyse sowie Bereitschaft aller, aufeinander zuzugehen – nicht gerecht. Er strotzt – so leid mir das tut – vor völlig aberwitzigen Schuldzuweisungen an die Koalitionsregierungen in Berlin und Düsseldorf. Außerdem werden darin vom Land Vorleistungen verlangt wie eine verfassungsrechtlich abgesicherte Grundausstattung der Kommunen, die Rechts- und Wirtschaftsexperten aus wohlerwogenen Gründen strikt ablehnen.
Außerdem muss ich sagen: Die Antragsteller haben selbst während ihrer glorreichen Regierungszeit, die in einem finanziellen Desaster geendet hat, eine solche kommunale Grundsicherung niemals auch nur in Erwägung gezogen. Kollege Moron, Sie können sich sicherlich genauso gut wie ich vorstellen, was Ihnen Finanzminister Schleußer oder Finanzminister Steinbrück auf eine solche Schnapsidee geantwortet hätten.
Ihr Antrag hat aber noch einen dritten Mangel: Er ist nicht auf der Höhe der Zeit. Denn die Landesregierung ist längst in den Verhandlungen mit dem Bund und den kommunalen Spitzenverbänden, die Sie erst fordern. Deshalb ist Ihre Positionierung heute so etwas wie Heldentum nach Ladenschluss. Sie fordern etwas, was schon längst gemacht wird.
Zum Schluss – nur damit es nicht vergessen wird –: Es war Helmut Schmidt, der mit der Operation 1982 die soziale Grundsicherung bei den Kommunen abgeladen hat. Es war die Regierung Rau, die den Verbundsatz im Gemeindefinanzierungsgesetz von 28,5 auf 23 % abgesenkt hat. Und es war Wolfgang Clement, der die ungerechte Verteilung der Kosten der Unterbringung zu vertreten hat. Es waren immer Sozialdemokraten, die die falsche Weichenstellung in der Gemeindefinanzierung zu vertreten hatten,
über die Sie heute Krokodilstränen vergießen.
Das sollten Sie nicht tun. Sie sollten das tun, Kollege Moron, was Sie gesagt haben. An dieser Stelle kennen wir keine Parteien mehr; da kennen wir nur noch die Kommunen. Lassen Sie uns zusammenarbeiten – aber nicht mit falschen Schuldzuweisungen und falschen Zahlen. – So, jetzt habe ich eine Punktlandung. Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Frau Walsken und Herr Becker haben eben einen Teilaspekt aus dem Antrag besonders stark beleuchtet. Der Antrag enthält drei Kernvorwürfe: erstens die angeblich fehlende Kontrolle der NRW.BANK durch den Landtag, zweitens die angebliche Schaffung eines Schattenhaushalts durch die Vollintegration des Wfa-Vermögens und drittens
die angebliche Einschränkung der Prüfrechte des Landesrechnungshofs durch § 13 NRW.BANKGesetz. Der Antrag gipfelt in der Aufforderung, das NRW.BANK-Gesetz zu novellieren, unter anderem mit dem Ziel,
die Prüfungsbefugnis des Landesrechnungshofs deutlich zu erweitern und dem Landesrechnungshof den Zugriff auf den vollständigen Bericht des Wirtschaftsprüfers einzuräumen. Das sind Ihre Kernforderungen.
Mit Verlaub, meine Damen und Herren: Diese Vorwürfe sind honoriger Unfug vor dem Hintergrund der Geschichte, wie sich das Ganze in NordrheinWestfalen entwickelt hat.
Wenn die Landesregierung Dritten öffentliche Mittel zur Verfügung stellt, dann ist sie ohnehin verpflichtet, die ordnungsgemäße, zweckmäßige und wirtschaftliche Verwendung der Mittel zu prüfen. Zu diesem Zweck muss sie nach § 26 Haushaltsgrundsätzegesetz und nach § 48 der Landeshaushaltsordnung ein Prüfungsrecht der zuständigen Dienststelle oder ihrer Beauftragten festlegen. Geprüft werden öffentliche Mittel also in jedem Fall.
Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, Kollege Becker, dass die Opposition heute ein Gesetz zugunsten des Landesrechnungshofs korrigieren möchte, das während Ihrer Regierungszeit erarbeitet, beraten und beschlossen wurde.
In voller Kenntnis der Rechtsauffassung des Landesrechnungshofes hat der Landtag damals – ich betone: einstimmig –§ 13 NRW.BANK-Gesetz verabschiedet und damit ganz bewusst das Prüfrecht des Landesrechnungshofes auf die Fördergeschäfte der NRW.BANK begrenzt.
Während der Landesrechnungshof die NRW.BANK von Anfang an unter seine Aufsicht zwingen wollte, bezog die rot-grüne Landesregierung bereits im Mai 2002 eine knallharte Gegenposition. Mit Erlaubnis des Präsidenten darf ich den damaligen Finanzminister Jochen Dieckmann zitieren:
Die Landesregierung hält an der im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Fassung des § 112 Abs. 2 der Landeshaushaltsordnung fest, weil die vom Landesrechnungshof vorgetragenen Argumente einer näheren Überprüfung nicht standhalten.
Auch Herr Steinbrück hat in seiner Zeit als Finanzminister gegen die Forderung des Landesrechnungshofes Front gemacht. Ich darf zitieren:
Der Landesrechnungshof vertritt die Auffassung, dass der Landtag Unternehmen in der
Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts aus Gründen vorrangigen Bundesrechts nicht von der Prüfung des Landesrechnungshofes ausnehmen darf. Die Landesregierung
die rot-grüne Landesregierung –
ist demgegenüber seit eh und je der Auffassung, dass die am Wettbewerb teilnehmenden öffentlich-rechtlichen Unternehmen gemäß den Sondervorschriften der § 55 Abs. 2 und § 48 Abs. 2 des Haushaltsgrundsätzegesetzes landesrechtlich durchaus von der Prüfung des Landesrechnungshofes freigestellt werden können.
Meine Damen und Herren, diese Position der Landesregegierung hat der Landtag seit 1971 in verschiedenen Fällen immer wieder bestätigt. Es gibt überhaupt keinen Grund, jetzt plötzlich von einer tradierten Rechtsauffassung abzuweichen.
Na gut.
Kollege Becker, die von Ihnen geprägte Landesregierung hat in allen Jahren die Rechtsauffassung immer wieder bestätigt. Der Landtag hat sie auch bestätigt. Wir können nicht erkennen, dass hier eine völlig neue Situation eingetreten ist.
Frau Walsken, beruhigen Sie sich! Darauf komme ich gleich noch zurück. – Solange wir denken können, hat der Landtag Nordrhein-Westfalen diese Auffassung bestätigt.
Kommen wir zu dem Vorwurf der Bildung eines Schattenhaushaltes! Auch der geht völlig ins Leere. Sie können oder wollen nicht verstehen, dass mit der Vollintegration des Wfa-Vermögens lediglich ein haftungs- und bilanzrechtlicher Schritt vollzogen wird. Mit der Aufhebung der Zweckbindung des Vermögens wird dieses nämlich in vollem Umfang bilanzrechtlich ex ante als Haftkapital anerkannt – mit all den Möglichkeiten und Chancen für das Fördergeschäft, die daraus resultieren.
Dieses Vermögen hat haftungsrechtlich ex ante „ungenutzt herumgelegen“. Es hat aber haftungsrechtlich insofern nicht ungenutzt herumgelegen, als dann, wenn etwas passiert wäre und die NRW.BANK Gläubigern gegenüber hätte haften müssen, dieses Wfa-Vermögen als Teil des Eigenkapitals ex post so oder so Bestanteil der Haftungsmasse geworden wäre. Sie verstehen einfach nicht den Unterschied aus der Sicht der BaFin und der Gläubiger. Gegenüber den Gläubigern hat dieses Vermögen immer gehaftet, und jetzt ist klargestellt, dass wir es auch nutzen können.
Wenn erst mit der Wfa-Vollintegration ein Schattenhaushalt entstünde, müsste dieses Vermögen zuvor im Haushalt des Landes NRW gebucht worden sein. Die SPD sollte einmal Kapitel und Titel im Einzelplan nennen, wo das Wfa-Vermögen zuvor gebucht gewesen war. Das war es nämlich nicht.
Das Wfa-Vermögen – Frau Walsken, Sie sollten das eigentlich wissen – ist bereits seit 1992 Bestandteil der Förderbank des Landes. Das war die große Operation, unter der wir in anderem Zusammenhang vielfach gelitten haben. Damit wäre die NRW.BANK bereits seit ihrer Gründung als solche ein Schattenhaushalt gewesen. Das ist doch Blödsinn, liebe Leute.
Ich fasse zusammen: Die Opposition vergisst, dass sie selbst das NRW.BANK-Gesetz erarbeitet und beschlossen hat und damit das Prüfrecht des Landesrechnungshofes richtigerweise auf das Fördergeschäft der NRW.BANK beschränkt bleibt. Sie
ignorieren die Tatsache, dass die NRW.BANK in ausreichendem Maße Aufsicht und Prüfung unterliegt, …
Ich bin sofort fertig. – … nämlich durch die BaFin, die Bundesbank, die Rechtsaufsicht, Abschlussprüfer, Bankengremien und in Teilbereichen, was das Fördergeschäft anbelangt, auch des Landesrechnungshofes.
Frau Kollegin Walsken, Sie lassen unter den Tisch fallen, dass das Landeswohnungsbauvermögen bereits seit 1992 Bestandteil der NRW.BANK ist und es sich hierbei um einen rein bilanztechnischen Schritt der Ex-ante-Anerkennung und der besseren Nutzung von Fördermöglichkeiten dieses Vermögens handelt.
Für mich ist klar: Sie haben keine Erinnerung, keine Ahnung und auch keinen Durchblick. Bleiben Sie ruhig Opposition, bis Sie das gelernt haben!
Schönen Dank, Kollege Becker, dass ich noch etwas fragen darf. – Wenn Sie hier die Möglichkeiten der Kreditschöpfung aufgrund des höheren Eigenkapitals ansprechen: Welchen zusätzlichen Nutzen sollte, bitte schön, die Prüfung durch den Landesrechnungshof bringen gegenüber der Prüfung durch die BaFin, die Bundesbank und die dazu berufenen Einrichtungen? Glauben Sie ernsthaft, dass der Landesrechnungshof über die Expertise verfügt, eine bessere Prüfung zu machen als BaFin und Bundesbank?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem von der SPD: Ehrlich gesagt ist mir völlig schleierhaft, was dieser Antrag soll.
Das ist durch und durch ein einziger Sud aus Gemeinplätzen, Frust und Falschbehauptungen. Aufgehängt an dem dünnen Fädchen „Vertrag von Lissabon“ stellen Sie allen Ernstes einen acht Seiten langen Antrag, der nicht mehr enthält, als eine Problembeschreibung aus Ihrer sozialistischen Sicht,
der in einer Feststellungsorgie endet und der keinen einzigen Lösungsvorschlag liefert.
Liebe Leute! Die Notwendigkeit der Daseinsvorsorge wird doch von niemandem bestritten. Der Vertrag von Lissabon bringt hier keine neue Qualität.
Nein, er bringt keine neue Qualität. Er bestätigt nur, was in Deutschland Alltag ist. Dass sich die EU da nicht reinhängt, ist in Ordnung, aber er bestätigt nur, was bei uns Usus ist.
Das Recht der Kommunen, in den unterschiedlichen Bereichen der Daseinsvorsorge tätig zu werden, ist durch Art. 28 Grundgesetz und durch unsere Landesverfassung geschützt. Die von Ihnen, Herr Kuschke, so sehr angeprangerte und gehasste Neufassung des § 107 der Gemeindeordnung lässt die Daseinsvorsorge ausdrücklich unberührt. Bei dieser Änderung des § 107 der Gemeindeordnung ging es überhaupt nicht um die Daseinsvorsorge. Die Neufassung des § 107 verhindert nur die Aufnahme wirtschaftlicher Betätigung von Kommunen außerhalb der Daseinsvorsorge. Das ist gut so; denn Kommunen haben das Recht, Steuern zu erheben, und sie sind nicht dazu berufen, ihren Steuerzahlern Konkurrenz zu machen. Die Absicht, Gewinne für die Stadtkasse zu erzielen oder Privilegien für Mitarbeiter in öffentlichen Unternehmen zu schaffen, kann kein Grund für eine kommunale Wirtschaftstätigkeit außerhalb der bekannten Sektoren der Daseinsvorsorge sein.
Meine Damen und Herren, im Rahmen der Selbstverwaltung ist es eine der vornehmsten Pflichten der Kommunen, die Daseinsvorsorge zu garantieren. Die Kommunen haben Garantenstellung für die Daseinsvorsorge. Ob sie entsprechende Dienstleistungen selbst erbringen oder sich dazu privater Anbieter bedienen, das ist die freie Entscheidung einer jeden Kommune.
Herr Kuschke, Sie haben in Ihrem Antrag die Bereiche Wasserversorgung, Abfallentsorgung, Energieversorgung, öffentlicher Personennahverkehr und soziale Dienste besonders herausgestellt. Im Mittelpunkt ihrer Argumentation steht aber nicht die Leistung für die Bürger. Ihnen geht es erkennbar – das zieht sich wie ein roter Faden durch den ganzen Antrag – um Mitbestimmung als Voraussetzung für Gewerkschaftsmacht und Privilegien für den öffentlichen Dienst.
Das zieht sich wie ein roter Faden durch den ganzen Antrag. Zuerst heißt es ganz harmlos: „Hohe Qualität in der Daseinsvorsorge und ‚Gute Arbeit’ gehen miteinander her.“ Dann steigert sich das, wird das Thema aufgefächert: „Faire Lohne für gute Arbeit“, „Guten Lohn und sichere Arbeit durchsetzen“, „Guter Lohn und gute Sozialstandards für gute Arbeit“ oder „Gutes Geld für gute Arbeit“. Das ist das Einzige, was in all Ihren Gliederungspunkten wiederkehrt. Sie wollen für die Mitarbeiter in öffentlichen Unternehmen zusätzliche Standards durchsetzen, die jenseits von allem sind, was in der Privatwirtschaft geboten wird. Und das geht so nicht. Dazu sind öffentliche Unternehmen nicht da.
Sie sagen doch selbst, dass durch den demografischen Wandel, die leeren Staatskassen, die Notwendigkeiten des Klimaschutzes oder die offenen Märkte ein hoher Anpassungsdruck auf die staatlichen Dienstleister zukommt. Doch statt für eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit zu plädieren, wollen Sie die kommunalen Unternehmen durch Schutzdämme im rauen Meer des Wettbewerbs zu Inseln der Glückseligkeit für ihre Mitarbeiter ausbauen. So geht das mit uns auf jeden Fall nicht. Das ist ein so plumper Versuch zum Stimmenfang, dass mir dazu nur noch die Mahnung des spanischen Philosophen Baltasar Gracián in den Sinn kommt: Misstraue dem, der mit den Argumenten der anderen ankommt und mit dem eigenen Vorteil abzieht.
Ihre Argumentation startet mit der völlig korrekten Feststellung:
Das Nebeneinander von privaten und öffentlichen Unternehmen fördert im Bereich der Daseinsvorsorge die Qualität der Dienstleistungen.
So weit, so gut.
Nein, danke. – Das ist aber auch das einzig Konkrete an Ihrem Antrag. Anschließend lassen Sie keine Gelegenheit aus, um öffentliche Monopole zu begründen.
Was sollen eigentlich die Ergüsse über das Wasser als Lebensmittel Nummer eins und die Warnung vor den Folgen einer unkontrollierten Privatisierung für Trinkwasserqualität und Gesundheitsschutz? Was sollen diese Warnungen? Herr Kuschke, wissen Sie denn nicht, dass GELSENWASSER, eines der größten Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland, von seiner Gründung an immerhin hundert Jahre lang in privater Hand war?
Wenn Sie über Qualität reden, Herr Kuschke, dann frage ich Sie: Welches Wasser hat denn die höchste Qualität? Meines Erachtens ist es das Mineralwasser.
Und wer erzeugt Mineralwasser in der höchsten Lebensmittelqualität?
Privatunternehmen, nicht die öffentliche Hand!
Was soll das ganze Gerede über breite demokratische Kontrolle? Sichert die demokratische Kontrolle den Bürgern etwa eine preiswerte Wasserversorgung? Mitnichten. Das zeigen die kartellrechtlichen Verfahren in Hessen und die Wasserpreisentschei
dungen des Bundesgerichtshofes aus jüngster Zeit. Falls Sie es nicht wissen: Da sind kommunale – so wie Sie es wollen –, demokratisch kontrollierte Unternehmen verdonnert worden, weil deren Preise um 30 % überhöht waren. Und warum waren sie überhöht? Weil sie alles Mögliche in die Preise hineinpacken, um Spielereien zu betreiben, die mit dem eigentlichen Versorgungsauftrag nichts zu tun haben!
Ihre Vorstellung ist, dass der Bürger unnötig große Personalkörper in den öffentlichen Unternehmen oder aber Flughäfen, Busse und sonstige phantasievolle Infrastrukturen über intransparente Strom-, Gas- und Wasserpreise finanziert. Das ist Praxis in den von Ihnen betriebenen Unternehmen. Sie machen die eigentliche Daseinsvorsorge teuer. Und dann schreien Sie – wie in Ihrem Antrag zu lesen ist – nach Sozialtickets.
Ich kann Ihnen aus meinem beruflichen Leben Folgendes sagen: Ich habe selbst eine Stadtverwaltung, ein Stadtwerk und auch einen wasserwirtschaftlichen Verband geleitet. Im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge kenne ich mich also wirklich mit allem aus, was vor und hinter den Kulissen läuft. Lassen Sie sich deshalb eines gesagt sein: Die Bürger brauchen und wollen keine Schutzwälle um kommunale Unternehmen. Die Bürger wollen keine Besserstellung des öffentlichen Dienstes. Die Bürger wollen lediglich – aber das wirklich intensiv – qualitativ gute Dienstleistungen zu günstigen Preisen. Diese bekommen sie aber nur, wenn auf der Angebotsseite Wettbewerb herrscht. Es hat keinen Sinn, staatliche Monopole anzuprangern und dafür kommunale Monopole einrichten zu wollen. Es muss Wettbewerb herrschen. Das muss unser Credo sein.
Vergessen Sie mal Ihre ganzen Tiraden gegen Liberalisierung und Privatisierung. Wir brauchen Wettbewerbsmärkte, um knappe Finanzmittel möglichst sparsam zu nutzen und Ineffizienz zu verhindern. Wir brauchen aber keine neuen Tätigkeitsfelder für kommunale Unternehmen außerhalb der Daseinsvorsorge und außerhalb der Grenzen ihrer Gebietskörperschaft, wie Sie das in Ihrem Antrag fordern. Wir brauchen keinen Kannibalismus unter Kommunen. Und wir brauchen in der kommunalen Familie keine Risiken, wie beispielsweise die Abfallgesellschaft Ruhr sie mit ihren internationalen Aktivitäten eingegangen ist.
Meine Damen und Herren, zum Ende kann ich nur eines sagen: Ihr Antrag ist flüssiger als Wasser, Herr Kuschke. Er ist überflüssig. Entsprechend werden wir ihn auch behandeln. – Schönen Dank.
Schönen Dank, Herr Präsident. – Ich möchte noch ein paar Bemerkungen machen.
Zunächst zu dem, was Herr Becker gesagt hat. Herr Becker, wenn Sie Oligopole und gestiegene Preise auf dem Energiemarkt beklagen, dann ist das in erheblichem Umfang richtig, was die Oligopole anbelangt. Ich bitte aber, daran zu denken, dass einer der vier Besatzer in Deutschland, das RWE, aus der kommunalen Familie und Stadtwerkezusammenschlüssen hervorgegangen ist. Wir bewegen uns im Bereich kommunaler Zusammenschlüsse wieder genau in diese Richtung. Wenn wir dann Wettbewerber haben, die groß genug sind, um international agierenden Unternehmen Paroli zu bieten, dann haben wir eigentlich nichts gewonnen.
Was die Preisentwicklung anbelangt, Kollege Becker, sollten Sie zur Kenntnis nehmen, dass 40 % des Strompreises Steuern und Abgaben sind und dass in der „glorreichen“ rot-grünen Regierungszeit
die Steuern und Abgaben auf Strom um 528 % erhöht wurden. Wenn dann nachher die Preise steigen, dann brauchen Sie sich nicht zu wundern. Sie haben es doch selber angerührt.