Renate Ackermann
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Last Statements
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist leider eine traurige Wahrheit in Bayern: Es gibt Kinderarmut, und diese Kinderarmut wächst. Wir haben mittlerweile in Bayern 170 000 Kinder, die unter der Armutsgrenze leben.
Herr Kollege Wahnschaffe hat es schon angemerkt: Das sind Zahlen, die wir leider nicht von der Staatsregierung bekommen konnten, weil sie sich geweigert hat, den Landessozialbericht vorzulegen. Aber es sind Zahlen, die feststehen und die uns wirklich zu denken geben sollten.
Es gibt mittlerweile zwei Klassen von Kindern: die, die sich ein warmes Mittagessen leisten können, weil ihre Eltern genug Geld haben, und die, die sich das nicht leisten können. Das wissen wir jetzt schon, und deshalb gilt es zu handeln. Ich glaube, wir sollten die Kinder nicht schon im Kindesalter spüren lassen, dass es Menschen und Menschen gibt. Es gibt so viele wohlklingende Sonntagsreden, in denen Sie immer wieder versichern, dass Kinder unsere Zukunft sind. Dann kann ich Sie nur auffordern: Geben Sie unserer Zukunft etwas zu essen.
Dabei geht es nicht nur um die Kinder von Hartz-IV-Empfängern, sondern zum Beispiel auch um Kinder von alleinerziehenden Frauen,
die, weil sie zu stolz sind, Hartz IV anzunehmen, ihren Beruf ausüben, gleichzeitig die Kinder erziehen, und trotzdem reicht es hinten und vorne nicht, und die Kinder müssen auf ein warmes Mittagessen verzichten.
Es geht aber auch um Familien mit mehreren Kindern. Denn leider ist unsere Gesellschaft mittlerweile so weit, dass Kinder die Armutsfalle Nummer eins geworden sind. – All diesen Kindern gilt es zu helfen, und zwar schnell.
Im sozialpolitischen Ausschuss gab es für einen kurzen Moment einen Hoffnungsschimmer. Das war, als alle drei Fraktionen übereinstimmend die Notwendigkeit erkannten, dass mit einem warmen Mittagessen diesen Kindern geholfen werden muss. Mittlerweile habe ich meine Zweifel, ob das alles wirklich so ernst gemeint war. Wenn ich die Formulierung im CSU-Antrag lese, die ich Ihnen gleich zum Besten geben werde, kommen mir berechtigte Zweifel, erstens wie ernst und zweitens wie schnell dieses Anliegen von der CSU umgesetzt werden soll. In dem CSU-Antrag heißt es:
Die Staatsregierung wird aufgefordert zu prüfen
Dabei wäre die Lösung so einfach. Es gibt inzwischen viele Kindergärten, die nicht nur von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr, sondern auch über die Mittagszeit geöffnet sind. Wir haben viele Klassen, die als Ganztagsklassen eingerichtet sind. Aber es gibt auch Schulen, die technisch durchaus die Möglichkeit hätten, ein solches Mittagessen oder zumindest eine Kleinigkeit anzubieten. Ich darf an die Ausführungen des Kollegen Pfaffmann hierzu erinnern. Auch gestern ist über dieses Thema diskutiert worden.
Es geht aber nicht nur um eine warme Mahlzeit, sondern auch darum – denn wir sind der Gesundheitsausschuss –, Kindern etwas zukommen zu lassen, das gesund ist, das ihrer Fortentwicklung und ihrer Ernährung zugutekommt und das möglicherweise auch präventiv wirken kann, damit sich bestimmte Krankheiten – ich denke nur an Adipositas –, von denen wir leider immer mehr Kenntnis nehmen müssen, nicht weiter verbreiten.
Das heißt, Sie hätten in Kindergärten und Schulen ein reiches Betätigungsfeld, Kindern etwas anzubieten, das sie dringend benötigen, nämlich ein warmes Mittagessen, zumindest aber eine gesunde Mahlzeit. Dazu sehen Sie sich nicht im Stande. Da kann man nur sagen: armes Bayern, arme Staatsregierung!
Wir hoffen – auch im Interesse dieser Kinder –, dass sich nach dem 28. September dieses Jahres diese Zustände ändern werden, und zwar zum Vorteil dieser Kinder.
Es besteht dringend Handlungsbedarf, und dieser Handlungsbedarf ist von allen gefordert: Er ist vom Bund gefordert, das wollen wir gar nicht leugnen. Dieser Handlungsbedarf ist ebenso von der Staatsregierung gefordert, und er ist schließlich auch von den Kommunen gefordert. Nur dann, wenn alle zusammenhelfen, können wir das Problem schnell und pragmatisch lösen.
Um es noch einmal klar zu sagen: Es geht nicht nur um die ALG-II-Empfänger, sondern es gibt viele, die an der Schwelle zur Armut leben, deren Eltern oft nicht das Nötige haben, um ihren Kindern diese Mahlzeit zu ermöglichen, die sie eigentlich bräuchten. Deswegen müssen wir handeln, und zwar schnell. Dieser Landtag könnte sich heute ein Denkmal setzen, indem er – wir alle, auch die Stimmen der CSU – eine Sofortmaßnahme, ein Sofortprogramm beschließen.
Wir haben jetzt wirklich wunderschöne Worte gehört. Herr Kollege Imhof, ich bin immer noch ganz ergriffen. Wir haben von der Würde
dass die Grundsicherungssätze für unsere Kinder nach den Bedarfen der Kinder erhoben werden. Ihr Kollege, der Bundesarbeitsminister Olaf Scholz, sagt aber – ich möchte jetzt keine Zwischenfrage –,
er warte auf die Einkommens- und Verbrauchsstatistik von 2008, die 2010 erscheint. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, er wartet auf 2010! Sie merken also, er will das Problem auf die lange Bank schieben.
Nein. Ich sage deswegen: Halt, so geht das nicht. Wenn die Bundeskanzlerin zum Bundesgipfel aufruft, weil sie mehr Ganztagsschulen in Deutschland haben möchte, dann unterstütze ich das nachdrücklich.
Das ist überhaupt keine Frage. Ich denke aber schon, dass der Bund, die große Koalition, sich darum kümmern muss, dass die Bedarfe für unsere Kinder angehoben werden. Da muss das Mittagessen an der Ganztagsschule dabei sein, ebenso wie der Schulbedarf für ein Kind ab 6 Jahren. So einfach, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann der Bundesarbeitsminister sich nicht aus der Verantwortung stehlen.
Sie von der Opposition sollten ihm das auch nicht erlauben, denn hier geht es wirklich um ein Stück soziale Gerechtigkeit, auch für diejenigen, die den ganzen Tag arbeiten und nichts vom Staat geschenkt bekommen. Das möchte ich hier klar und deutlich sagen.
Dann möchte ich noch kurz einige Anmerkungen zu Ihnen, Herr Kollege Wahnschaffe, hinsichtlich der Kinderarmut machen. Ich persönlich halte es, ehrlich gesagt, für nicht angebracht, die verschämte Armut bayerischer und deutscher Kinder mit der erschütternden Lage der Kinder in Darfur oder in Afghanistan zu vergleichen.
Ich darf gleichzeitig sagen: In Bayern haben wir die niedrigste Kinderarmut von allen deutschen Ländern.
Die Zahl der Grundsicherungsempfänger bis zum 5. Lebensjahr ist am geringsten. Sie sollten sich über diese Zahlen freuen und nicht meckern.
sozial gerecht ist, wenn Sozialhilfeempfänger und Grundsicherungsempfänger zusätzlich das Mittagessen bezahlt bekommen, während wir, die wir knapp darüber liegen, es nicht bekommen? Hören Sie nur zu. Es geht hier auch um soziale Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft.
Wir, die wir den ganzen Tag arbeiten, wir zahlen alles selbst und bekommen kein Mittagessen für unsere Kinder erstattet. Herr Kollege Wahnschaffe, im Kindergarten oder im Hort gibt es kein Problem: Dort werden gerade für die SGB-II- und SGB-XII-Empfänger die Mittagessen übernommen, das wird über die wirtschaftliche Jugendhilfe finanziert.
30 % unserer Eltern, die Grundsicherung erhalten, bekommen die Kosten erstattet und zahlen keinen Elternbeitrag und auch kein Mittagessen. Das Problem ist bei den Ganztagsschulen aufgetaucht, ob offen oder gebunden, ist dabei egal, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wo liegt das Problem genau? – Ich bin schon der der Ansicht, dass man genau hinschauen muss, denn es geht wirklich um soziale Gerechtigkeit.
Der Bund, das Bundesarbeitsministerium, ist damals vom Warenkorb auf die tatsächlichen Bedarfe umgestiegen. Man hat die Bedarfe für die Erwachsenen erhoben und war, ich sage das jetzt einmal ganz deutlich, zu faul, die Bedarfe für die Kinder zu erheben. Man hat gesagt, ich nehme die Bedarfe für die Erwachsenen und sage, 60 % davon bekommen Kinder bis zum 12. Lebensjahr,
bis zum 14. Lebensjahr, Entschuldigung, fast hätten Sie mich drausgebracht. Ab diesem Alter gibt es 80 %. Nun wissen wir aber alle, das weiß jeder mit gesundem Menschenverstand, dass ein Kind wesentlich höhere Kosten verursacht ab dem Zeitpunkt, zu dem es in die Schule kommt, also ab dem 6. Lebensjahr. Ich bin der festen Überzeugung, und das sage ich hier auch noch einmal ganz klar, dass sich der Bundesarbeitsminister – Herr Kollege Wahnschaffe, als SPDler könnten Sie da auch ein bisschen Druck in Berlin aufbauen – sich der Aufgabe nicht entziehen darf. Wir haben 2007 einen einstimmigen Beschluss aller deutschen Arbeits- und Sozialminister gehabt. Der Bundesarbeitsminister darf sich nicht der Aufgabe entziehen, endlich die Bedarfe für unsere Kinder zu erheben. Da muss auch ein Mittagessen dabei sein und eine Schulausstattung, wenn die Kinder in die Schule kommen. Dann hätten wir nämlich die Probleme alle nicht, über die wir heute diskutieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, natürlich gibt es verschämte Armut in Deutschland, das ist überhaupt keine Frage. Ich bin aber schon der Ansicht,
die Bayerische Staatsregierung zu tun gedenkt, um bei diesem Problem selbst einen Beitrag zu leisten. Soviel zum Ersten.
Zweitens. Sie wissen sehr genau, dass die Bedarfe im Bund – und das ist gesetzlich festgelegt – alle fünf Jahre neu überprüft werden. Man kann das Gesetz selbstverständlich ändern und die Intervalle verkürzen. Es gibt, und auch das wissen Sie, eine Initiative des Bundesarbeitsministers, um für Kinder, beispielsweise für den Schulanfang, einen zusätzlichen Bedarf in den Warenkorb zu legen. Übrigens ist das anders, als Sie das vorhin dargestellt haben. Man ist jetzt zur Pauschalierung gekommen und nicht umgekehrt.
Drittens. Sie reden immer nur von den Kindern, deren Eltern SGB-II- oder SGB-XII-Empfänger sind. Herr Kollege Imhof, und das war das einzig Richtige in seinem Beitrag, hat darauf hingewiesen, dass es auch Kinder gibt, deren Eltern an dieser Schwelle leben, und die auch Bedarf haben. Auch Sie haben das in Ihrer Arbeitsgruppe so empfunden. Frau Staatsministerin, es geht nicht darum, nur auf den Bund und auf die Kommunen zu zeigen. Es geht darum, und darum hatten wir Sie gebeten, zu sagen, was die Staatsregierung zu tun bereit ist, um diesem Problem endlich beizukommen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Präsidentin, ich bin sicher, dass Antoine de Saint-Exupéry und der kleine Prinz gewollt hätten, dass die Kinder in der Schule satt werden.
Frau Ministerin, ich finde es nicht fair, wenn Sie die Familien, die Hartz IV beziehen, ausspielen gegen die Familien, die an der Armutsgrenze entlang balancieren.
Alle diese Kinder haben einen Bedarf. Die Kinder können für nichts etwas, aber wir sind dafür verantwortlich, dass die Kinder in der Schule etwas zum Essen bekommen. Da sind zunächst einmal die Töpfe und Zuständigkeiten egal. Wir sind hier in Bayern. Es nützt also überhaupt nichts, wenn Sie mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf den Bund deuten, an dessen Regierung Sie im Übrigen auch beteiligt sind. Stattdessen müssen Sie in Ihrem eigenen Wirkungskreis für die Kinder sorgen. Genau das tun Sie nicht.
Es nützt auch überhaupt nichts, wenn Sie uns erklären, dass es virtuelle Mittagessen durch Transferleistungen geben soll.
Dringlichkeitsantrag der Abg. Franz Maget, Johanna Werner-Muggendorfer, Joachim Wahnschaffe u. a. u. Frakt. (SPD) Besuch von Kindertagesstätten kostenfrei stellen – Jetzt! (Drs. 15/10692)
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurde eine Redezeit von zehn Minuten pro Fraktion vereinbart. Frau Kollegin Werner-Muggendorfer steht schon bereit. Bitte, Frau Kollegin.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bildung und Chancengleichheit beginnt nach der Geburt. Man kann auch sagen, dass sie bereits vor der Geburt beginnt, aber da haben die Kinder noch ein gutes Zuhause. Nach der Geburt sind wir dafür verantwortlich, dass es den Kindern weiterhin gut geht und dass eine entsprechende Förderung einsetzt. Hirnphysiologische Erkenntnisse besagen, dass die Entwicklung bis zum sechsten Lebensjahr weitestgehend abgeschlossen ist und die Fördermöglichkeiten vorher bestehen. Das sollten wir uns hinter die Ohren schreiben und entsprechende Maßnahmen ergreifen.
aufzubringen oder ersetzt zu bekommen. Gerade Kinder, die am dringendsten sprachlich, sozial oder integrativ gefördert werden müssten, erreichen wir nicht. Diese Kinder sollten wir jedoch vor dem Eintritt in die Schule erreichen. Ich nenne nur den Bereich Sprache. Das Problem wurde von der Staatsregierung erkannt. Die Reaktion darauf ist jedoch in meinen Augen falsch.
Eigentlich müssten die Erzieherinnen und andere Beschäftigte in den Kindertagesstätten die Zeit haben, diese Sprachförderung zu betreiben. Die Kindertagesstätten sollten nicht gezwungen sein, Personal von außen hereinzuholen. Wenn die Gruppen klein genug sind, kann diese Förderung dort von Erzieherinnen geleistet werden. Dazu bedarf es keiner Sprachberater von außen, die zunächst ausgebildet werden müssten. In kleineren Gruppen könnte ein weitaus entwicklungsfördernderes Klima erreicht werden. Damit würden die Chancen von benachteiligten Kindern verbessert.
Wir verfolgen mit diesem Einstieg in ein kostenfreies Kindergartenjahr also mehrere Ziele. Wir wollen alle Kinder erreichen und die Bildung kostenfrei stellen. Wir wollen aber auch die Qualität verbessern. Andere Bundesländer wie zum Beispiel das Saarland, Rheinland-Pfalz und Berlin machen uns das vor. Wir hören immer, dass Bayern Spitze sei, gerade im Hinblick auf die finanziellen Umstände. Deshalb müssten wir es uns leisten können, unsere Kinder von diesen Gebühren freizustellen und damit den Eltern entgegenzukommen.
Für ein kostenfreies letztes Kindergartenjahr haben wir prominente Mitstreiter. Ich nenne nur Herrn Bundespräsident Köhler, Frau Familienministerin von der Leyen, die JU Bayern und den ehemaligen Generalsekretär der CSU und jetzigen Minister, Herrn Dr. Söder. Auch die CSU München ist bei Kommunalwahlen dafür zu haben. Das gilt auch für die CSU Deggendorf.
Darauf komme ich noch zu sprechen. Das ist die leichteste Übung. Man kann leicht dafür sein, wenn es andere zahlen. In vielen Landesteilen übernehmen die Kommunen diese Aufgabe, obwohl es nicht ihre Aufgabe wäre, auf den Kindergartenbeitrag zu verzichten. Das können sich aber nur Kommunen erlauben, die über eine sehr gute finanzielle Ausstattung verfügen.
Die Bildung ist Aufgabe des Freistaates. In diesem Zusammenhang wird immer wieder das Argument „Geld“ gebracht. Wir haben bereits bei den vorherigen Tagesordnungspunkten darüber diskutiert. Ich muss sagen, der Freistaat hat vom Bund Geld für eine Aufgabe bekommen, für die der Bund nicht zuständig ist. Ich nenne nur die IZBB-Mittel für die Ganztagsschule oder die För
mal nur ein Jahr kostenfrei stellen wollen. Natürlich sind wir mit Ihrem Anliegen komplett einverstanden, und unser gemeinsames Ziel ist es, irgendwann einmal alles kostenfrei zu stellen. Wir liegen also nicht weit auseinander. Etwas weiter weg sind wir von der CSU, deren Anliegen ich im Antrag erst einmal überhaupt nicht erkennen konnte. Wenn es mir irgendwann einmal gelingt, aus diesem Antrag ein Anliegen herauszulesen, dann kann ich vielleicht auch diesem Antrag zustimmen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist immer interessant, wenn Vertreterinnen und Vertreter der CSU sprechen. Es hört sich immer so an, als ob die CSU gerade – aus der Opposition kommend – in die Regierung eingetreten wäre und jetzt alles in Bayern ändern wollte. Vielleicht darf ich daran erinnern, dass Sie schon seit 50 Jahren hier regieren und längst Zeit gehabt hätten, die frühkindliche Erziehung auszubauen.
Sie müssen jetzt die Versäumnisse von 50 Jahren aufarbeiten, weil Sie sich aufgrund Ihrer ideologischen Scheuklappen gegen Kinderkrippen ausgesprochen und diese als sozialistisches Teufelszeug verdammt haben. Sie brauchen sich nicht damit zu brüsten, dass Sie jetzt Geld einsetzen; dieses Geld hätten Sie schon längst ausgeben müssen, wenn Ihnen die Kinder etwas wert gewesen wären. Sie haben sich aber dagegen entschieden. Jetzt kommen Sie allmählich, schön langsam in die Gänge, und das sollen wir jetzt auch noch anerkennen. Da kann ich wirklich nur lachen.
Sie haben 50 Jahre lang Probleme aufgetürmt, deren Lösung Sie versäumt haben und die Sie auf die Schnelle nicht mehr hinkriegen.
Interessant ist auch die Argumentation von Frau Hohlmeier, dass die Roten, wie sie sich ausdrückt, das letzte
tionskostenförderung 340 Millionen Euro. Der Freistaat gibt 100 Millionen Euro dazu. Wir haben aber Konditionen mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart, die es in keinem anderen Land gibt. Wir werden nämlich zu diesen Konditionen fördern, bis wir den bedarfsgerechten Ausbau der Kinderbetreuung im Jahr 2013 erreicht haben. Das bedeutet letztendlich, dass der Freistaat wesentlich mehr als 100 Millionen Euro ausgibt. Sie wissen das ganz genau und behaupten immer etwas Falsches. Das halte ich für unredlich.
Ihre Meinungsänderung, Frau Ministerin, finde ich gut. Allerdings müssen Sie ihr auch Taten folgen lassen. Als Beispiel nenne ich die Einführung von Sprachberatern und -trainern. Aber dann sollten Sie auch überlegen, ob es die richtigen Maßnahmen sind. In diesem Fall sind es nicht die richtigen. Denn die bisherigen Sprachtrainer schulen die Erzieher, die schon jetzt keine Zeit haben, Vor- und Nachbereitung zu machen. Sie haben keine Zeit, Elterngespräche zu führen. Sie haben keine Zeit, Krankheits- oder Schwangerschaftsvertretung zu machen. Denen stehlen Sie jetzt auch noch die Zeit, in der sie am Kind arbeiten könnten, indem sie sich durch Sprachtrainer schulen lassen sollen. Das schadet mehr, als es nützt. Das war eine falsche Maßnahme.
Die Erzieher können auch den Bildungs- und Erziehungsplan nicht umsetzen, weil sie keine Zeit dafür haben.
Fangen Sie bitte da an, wo es den Kindern nützt, nicht da, wo Sie glauben den Menschen Sand in die Augen streuen zu können, um sie glauben zu machen, Sie täten etwas für die frühkindliche Bildung.
Frau Ministerin, Sie haben uns sehr eindrücklich geschildert, wie viel Geld Sie jetzt einsetzen. Ich habe Ihnen schon vorhin gesagt: Das kommt nur daher, dass Sie jahrelang nichts getan haben. Gemäß dem Sprichwort „am Abend wird der Faule fleißig“ müssen Sie jetzt natürlich etwas tun.
Ihr Meinungsumschwung ist zu begrüßen. Es ist wirklich wahr: Mittlerweile hört man nichts mehr davon, dass Krippen ein sozialistisches Teufelszeug seien. Allerdings haben Sie gerade schon wieder davor gewarnt, dass Erziehung – –
Könnten Sie, Frau Präsidentin, in der CSU-Fraktion mal für Ruhe sorgen? Das wäre nett.
Frau Präsidentin, ich dachte, es sei Ihre Aufgabe, bei allen Fraktionen gleichmäßig für Ruhe zu sorgen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Kinder sind unsere Zukunft. Das habe ich vorhin auch schon einmal gesagt. Finanziell hat sich aus diesen Feststellungen aber nichts entwickelt, z. B. für ein warmes Mittagessen.
Nun zum Basiswert: „Basiswert“ bedeutet, dass dieser Wert die Basis dafür bietet, dass die Arbeit in Kindergärten und Krippen effektiv stattfinden kann. Beim derzeitigen Basiswert war das mitnichten der Fall; das habe ich heute schon einmal ausgeführt. Der Basiswert finanziert nur die Arbeit am Kind, enthält aber keine Vor- und Nachbereitungszeit, keine Elternarbeit, keine Krankheits- und keine Schwangerschaftsvertretung und keine Zeit für Fortbildungen. Der Basiswert hat also bisher den Anforderungen, denen er genügen sollte, nicht genügt. Jetzt verkünden Sie als Wahlkampfgag, dass der Basiswert erhöht wird. Er wird aber nicht wirklich erhöht, sondern nur dem Tarif angepasst, was, wie Sie selbst gesagt haben, eine gesetzliche Verpflichtung ist. Wagen Sie also nicht, durch die Lande zu ziehen und zu sagen, Sie hätten den Basiswert erhöht! Er wurde nicht erhöht, sondern nur angepasst. Wenn es sich um eine echte Erhöhung handeln würde, hätte er weit über die tarifliche Anpassung hinaus erhöht werden müssen. So ist das aber keine Erhöhung.
Die jetzige Anpassung wird von den Gehältern natürlich sofort wieder aufgezehrt, sodass die Arbeiten, die ich vorhin genannt habe und die der Basiswert nicht enthält, auch weiterhin nicht geleistet werden können. Der Basiswert wird also weiterhin für die Einrichtungen im Grunde genommen nur eine Hungerbasis sein, auf der eine wirkliche pädagogische Arbeit nicht möglich sein wird. Deshalb ist der SPD-Antrag keineswegs überholt, sondern so aktuell wie nie zuvor. Um wirklich pädagogisch arbeiten zu können, brauchen die Einrichtungen tatsächlich einen erhöhten und nicht nur einen angepassten Basiswert.
Dann möchte ich noch auf einige Dinge eingehen, die Sie, Frau Stierstorfer, angesprochen haben. Sie sagen,
Kommunen 50 % und der Staat 50 %. Die Verhandlungen waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund konnte der Vertreter des Sozialministeriums noch keine exakten Auskünfte geben.
Auch das sage ich Ihnen ganz offen. Der Städtetag und der Gemeindetag sagen, wir würden, ohne den Abschluss der Verhandlungen abzuwarten, die Erhöhung des Basiswertes verkünden. Vor diesem Hintergrund habe ich in Bayern immer gesagt: Ich bemühe mich in den Verhandlungen mit den kommunalen Spitzenverbänden, den Basiswert ab dem Kindergartenjahr 2008 zu verbessern. Abgesehen davon stehen die Mittel natürlich im Haushalt, und der Haushalt ist vom Bayerischen Landtag beschlossen worden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! 2002 wurde die Aufnahme von Flüchtlingen in die Zuständigkeit des Bundes überführt, das heißt, die Zuständigkeit für die Unterbringung, Verteilung, Aufnahme und soziale Versorgung ausländischer Flüchtlinge wird bundeseinheitlich geregelt. Der Staat hat diese Regelung zum Anlass genommen, auch festzulegen, dass künftig alle Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen sind und das Verlassen einer Gemeinschaftsunterkunft nur im begründeten Einzelfall möglich ist. Die Forderungen von Wohlfahrtsverbänden, die bei Anhörungen geäußert wurden, schutzbedürftige Menschen von dieser Regelung auszunehmen und ihnen eine dezentrale Unterbringung in Wohnungen zu ermöglichen, fanden keinen Eingang in das Gesetz. Zudem gab es keine gesetzliche Festschreibung von Unterbringungsstandards.
Die Folge davon war, dass sich die Zustände in den Gemeinschaftsunterkünften stets verschlechtert haben. Festbauten sind geschlossen worden, und die Flüchtlinge wurden in Container verlegt, obwohl im Gesetz steht, dass sie nicht in Wohnungen untergebracht werden dürfen, die nur für eine vorübergehende Nutzung gedacht sind. Nach meinem Dafürhalten kann man Container aber nur für eine vorübergehende Nutzung überhaupt in Betracht ziehen. Die Menschen wohnen – wohnen ist eigentlich geschmeichelt –, sie hausen in diesen Containern teilweise bis zu zehn Jahren und manchmal sogar noch länger. Das sind unzumutbare Zustände. Das ist nicht nur die Meinung der GRÜNEN, sondern auch den Menschenrechtskommissar des Europarats hat es gestört, und er hat die Unterbringung als nicht geeignet im Sinne der EUAufnahmerichtlinie bezeichnet. Trotzdem hat sich nichts an der Situation geändert. Noch immer gibt es Gemeinschaftsunterkünfte, die aus Containern bestehen, noch immer sind Menschen dort zusammengepfercht. Weil wir der Meinung sind, dass das unzumutbare Zustände sind, weil wir der Meinung sind, dass alle Menschen ein Recht auf eine menschenwürdige Unterbringung haben, haben wir versucht, die Lücke in diesem Bundesgesetz
zu schließen und Standards festzulegen, nach denen die Menschen dort leben können.
Wir haben nicht nur versucht, Standards festzulegen, sondern auch Ausnahmen für besonders schutzbedürftige Menschen zu formulieren. Wir wollen von der Pflicht, in einer Gemeinschaftsunterkunft leben zu müssen, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, schwerbehinderte Menschen, die bereits das 65. Lebensjahr vollendet haben, Schwangere, Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern und Traumatisierte ausnehmen. Wir wollen auch, dass sogenannte Mischfamilien – das sind Familien, von denen ein Mitglied bereits eine Aufenthaltsgenehmigung hat, die anderen aber noch nicht – nicht getrennt werden und sie diese Unterkünfte verlassen können. Wir haben Standards festgelegt, die besagen, dass Wohn- und Schlafzimmer in Gebäuden pro Person mindestens 10 qm haben müssen, ohne Flure, Toiletten und Küchen einzurechnen, und dass Ehepaaren oder Lebenspartnern eine gemeinsame Unterbringung in getrennten Wohneinheiten ermöglicht wird. Ausnahmen und Standards sind leider nötig, weil die Praxis beweist, wie menschenunwürdig Flüchtlinge oft viele Jahre untergebracht sind.
Auf Antrag meiner Fraktion hat der Sozialausschuss des Landtags die Gemeinschaftsunterkunft in der Waldmeisterstraße besucht. Das war ein deprimierender Besuch, obwohl die Zustände in der dortigen Gemeinschaftsunterkunft Monate vorher noch viel schlimmer waren. Es wurde dort massiv renoviert, aber auch die besten Renovierungsarbeiten können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um einen Containerbau handelt, dass die Menschen auf engstem Raum zusammenleben müssen, dass sie keine Sozialbetreuung haben, dass es keine Spielmöglichkeiten für Kinder gibt, dass die Küche nur aus wenigen Kochplatten für zig Bewohner besteht und dass die sanitären Verhältnisse untragbar sind. Ich denke, es war für etliche Mitglieder des Sozialausschusses ein schockierendes Erlebnis, die Gemeinschaftsunterkunft in der Waldmeisterstraße zu sehen. Ich hoffe, dass sich aus diesem Besuch die Bereitschaft entwickelt hat, für eine bessere Unterkunft dieser Menschen zu sorgen.
Die grüne Landtagsfraktion hat darüber hinaus eine von uns so genannte Lagertour gemacht. Wir sind durch Bayern gefahren und haben viele Gemeinschaftsunterkünfte besucht. Wir mussten feststellen, dass – von wenigen Ausnahmen abgesehen – die Zustände in Bayern äußerst schlecht sind, die Menschen wirklich schlecht untergebracht sind und dass Familien auf engstem Raum leben müssen. Wenn man weiß, was diese Menschen, bis sie hierher kamen, oft durchgemacht haben, und dass es sich um sehr viele traumatisierte Menschen handelt, und wenn man weiterhin weiß, dass in diesen Unterkünften der Lärmpegel bis in die Nacht hoch ist, dann kann man sich vorstellen, dass sich dort wieder neue Probleme, Aggressionen, Krankheiten und Depressionen entwickeln. Es kann nicht im Sinne von Menschen eines zivilisierten
Wie ist die Beschlusslage? Der Gesetzentwurf wurde im federführenden sozialpolitischen Ausschuss sowie im Kommunalausschuss und im Haushaltsausschuss beraten, und die Endberatung hat im Rechts- und Verfassungsausschuss stattgefunden. Alle Ausschüsse haben den Gesetzentwurf mit den Stimmen von CSU und SPD abgelehnt.
Die Begründung der Ablehnung: Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, das Gesetz über die Aufnahme und Unterbringung der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, das sich bewährt habe, zu ersetzen. Die festgelegten Standards sind unpraktikabel. Insbesondere sind bei Flüchtlingswellen Containerlösungen unverzichtbar. – Dies haben wir oft erlebt. – Die Feststellung genauer Mindestquadratmeterzahlen für Wohn- und Schlafräume sind zu starr.
Zudem ist darauf hinzuweisen, dass – wie derzeit – nur in zwölf Gemeinschaftsunterkünften Containerbauten benutzt werden.
Insgesamt muss darauf hingewiesen werden, dass die vom Gesetzentwurf mehrfach suggerierte Situation – ich habe zu Beginn davon gesprochen, dass Asylbewerber derzeit nicht menschenunwürdig und in gesundheitsgefährdender Weise untergebracht sind – nicht den Tatsachen entspricht.
Gestatten Sie mir noch einen Hinweis zu etwas, was auch die Kollegin angesprochen hat. Das Gesetzesvorblatt des Entwurfs bezieht sich auf den Bericht des Menschenrechtskommissars des Europarates, der unter Bezugnahme auf die im Freistaat Bayern angetroffenen Unterkunftsverhältnisse seine tiefe Besorgnis ausgedrückt und geäußert hat, die Verhältnisse seien nicht geeignet, die EU-Aufnahmerichtlinie zu erfüllen. Dies ist richtig. Allerdings hat der Menschenrechtskommissar einschränkend darauf hingewiesen, dass er nur eine einzige Einrichtung besucht habe, sodass keine verallgemeinernde Beurteilung möglich sei.
Ich wiederhole: Wir lehnen den Gesetzentwurf ab. Ich weise noch einmal darauf hin, dass selbstverständlich jedem Missstand, wenn er gemeldet wird, nachgegangen wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dass die CSU schwer zu erweichen ist, für Menschen, die zu uns kommen, menschenwürdige Verhältnisse zu schaffen, habe ich mir von vornherein gedacht.
Frau Matschl hat den Text, den Sie ihr aufgeschrieben haben, brav abgelesen. Ansonsten ist von der CSU nicht mehr zu erwarten. Dass aber die SPD einen solchen Unsinn erzählt, hätte ich nicht gedacht.
Es geht nicht darum, den Gesetzentwurf zu ersetzen. Das können wir gar nicht. Es handelt sich nämlich um ein Bundesgesetz. Vielmehr geht es darum, eine Interpretationslücke auszufüllen, um für Menschen bessere Lebensverhältnisse zu schaffen. Das haben wir gemacht, Frau Weikert. Wir können nicht sagen, wir wollten die Gemeinschaftsunterkünfte schließen, weil wir dieses Bundesgesetz im Landtag nicht ändern können. Das müssten Sie eigentlich wissen. Sie sitzen schon lange genug hier.
Wir können vom Landtag aus nur das regeln, was das Gesetz zulässt. Wir wollen bessere Lebensverhältnisse zunächst einmal innerhalb dieser Unterkünfte. Wenn das geschafft ist, kann man auch darauf hinarbeiten, dass es
Das Bundesrecht schreibt grundsätzlich die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften vor, um hier auch die Durchführung des Sachleistungsprinzips zu ermöglichen. Da übrigens fast alle Asylanträge abgelehnt werden, sind Sachleistungen durchaus besser als Geldleistungen, weil man hier keine finanziellen Anreize für die Einreise nach Deutschland bietet.
Lassen Sie mich noch etwas zu den Containern sagen: Es gibt natürlich solche und solche Container, Frau Kollegin Weikert. Aber man kann natürlich auch sagen, dass wir gerade in den letzten Jahren die Unterbringung in den Containerunterkünften massiv abgebaut haben, weil die Zahl der Asylbewerber nach unten gegangen ist. Ich möchte aber darauf verweisen, dass wir, als wir die Containerunterkunft in der Rosenheimer Straße geschlossen haben, einen Antrag der GRÜNEN vorliegen hatten. Dabei wurden wir um Auskunft gebeten, warum wir das denn tun. Der Grund war: Die Asylbewerber wollten aus der Containerunterkunft in der Rosenheimer Straße nicht ausziehen.
Übrigens ist auch die Unterkunft in der Waldmeisterstraße einer der beliebtesten Unterkünfte, weil sie a) gut liegt und b) eine große grüne Freifläche, eine Spielfläche für die Bewohner bietet. Man muss generell sagen, dass die Unterbringung in Containern nicht notwendigerweise schlechter ist als die Unterbringung in Festbauweise. Seit 01.07.2002 wurden in Bayern sieben Gemeinschaftsunterkünfte in ContainerBauweise geschlossen, sodass von insgesamt 139 Unterkünften nur noch 9 Unterkünfte Container-Bauweise sind. Sie sehen, wir bemühen uns, auch da das Notwendige auf den Weg zu bringen.
Die derzeitige Unterbringung von Asylbewerbern entspricht den Mindeststandards der EU-Aufnahmerichtlinie. Ich möchte die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN bitten, diese Behauptungen nicht immer leichtfertig in die Welt zu setzen.
Frau Kollegin Weikert, zu den von Ihnen angesprochen Zahlen: 30 % der Bewohner sind in einem laufenden Verfahren. Fast 65 % der Bewohner sind abgelehnt und damit ausreisepflichtig. Von diesen 65 % haben circa 90 Asylbewerber die Duldung, also nur einen vorübergehenden Abschiebeschutz. Die 3000 Asylbewerber – also die 32 %, die Sie angesprochen haben und die sozusagen das „kleine“ Asyl haben – können aus den Unterkünften sofort ausziehen und eine Arbeit aufnehmen. Da bestehen überhaupt keine Probleme.
Frau Kollegin Ackermann, ich möchte Sie noch auf eines hinweisen: Im Bayerischen Aufnahmegesetz bestehen bereits Härtefallregelungen für besonders schutzbedürftige Menschen, vor allem für traumatisierte Personen, für kranke Kinder sowie für Frauen und Männer mit Behinderung. Personen, denen ein Verbleib in einer Gemeinschaftsunterkunft nicht zugemutet werden kann und die ein entsprechendes amtsärztliches Attest vorlegen, dürfen nach geltendem Recht schon jetzt ausziehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass so viele Zuhörerinnen und Zuhörer da sind. Ich fürchte nur, das gilt weniger der Debatte als vielmehr der Kamera, die hinten aufgebaut worden ist. Trotzdem: Schön, dass Sie da sind!)
Mir ist unterdessen klar geworden, warum dieses Gesetz von der Staatsregierung und von der CSU so dringend gewünscht wird. Wer 50 Jahre lang eine Politik gemacht hat, wie das die CSU getan hat, der hat allen Grund, Widerstand zu fürchten, zu ächten und zu behindern.
Dabei ist es so: Wer zehn Jahre lang den Landessozialbericht verschleppt und eine Bilanz verhindert hat, der braucht die Bürgerinnen und Bürger, die protestieren. Der braucht sie dringend.
Sie müssten den Menschen also eigentlich dankbar sein, dass sie Ihre Arbeit machen, dass sie Sie darauf aufmerksam machen, wo Missstände sind. Sie sollten dankbar sein, dass die Menschen Ihnen aufzeigen, was in diesem Land eigentlich angezeigt wäre.
Ich kann einige Beispiele aus der Sozialpolitik nennen, wo Menschen sich aufgerufen fühlen, Ihnen zu zeigen und zu sagen, wie Politik in Bayern eigentlich aussehen müsste.
Fangen wir doch beim Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz – BayKiBiG – an.
Ich weiß, dass Sie das nicht gerne hören. Sie haben dieses schlechte Gesetz schließlich gemacht, deshalb müssen Sie sich jetzt ärgern.
Ich kann es Ihnen aber nicht ersparen. Die Eltern wollen dieses Gesetz nicht, weil sie Wahlfreiheit wollen. Deshalb protestieren sie. Die Erzieherinnen wollen das Gesetz nicht, weil sie Arbeitsplatzsicherheit haben wollen, deshalb protestieren sie. Die Träger wollen dieses Gesetz auch nicht, weil sie in finanzielle Nöte geraten. Deshalb protestieren sie. Es gibt aber noch mehr. Sie wollen nicht hören, wenn diese Menschen protestieren, deshalb haben Sie die Petitionen gegen das BayKiBiG zu Hunderten unter den Tisch fallen lassen. Sie haben Petitionen en bloc abgestimmt. Das ist undemokratisch.
Wir sagen noch einmal, Herr Weidenbusch, Sie wollen Duckmäuser und Denunzianten schaffen, wir wollen die Bürgerrechte stärken und nicht eindampfen.
Wir sagen Ihnen eines: Dieser Gesetzentwurf wird Ihnen auf die Füße fallen, in jederlei Beziehung. Dafür werden wir in den nächsten Wochen und Monaten kämpfen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Gleichstellungsgesetz für behinderte Menschen befindet sich heute in der Zweiten Lesung. Wir, die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, haben in der Ersten Lesung und im sozialpolitischen Ausschuss diesem Gesetzentwurf zugestimmt. Leider mussten wir aber feststellen, dass zu dem Gesetzentwurf zu keiner Zeit und in keinem einzigen Gremium eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den im Rahmen des Anhörungsverfahrens eingereichten Stellungnahmen der Selbsthilfeverbände, der Vereinigung Kommunaler Interessenvertreter für Menschen mit Behinderung und der Behindertenbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung stattgefunden hat.
Wir wollen, dass die Novellierung erst nach einem offenen Dialog mit den zuvor genannten Gruppierungen vonstatten geht.
Wir haben dem Anliegen zugestimmt, um sicherzustellen, dass die Kontinuität dieses Gesetzes gewährleistet ist, obwohl wir an diesem Gesetz erhebliche Kritik geäußert haben. Aber die Missachtung der Anliegen der Hauptbeteiligten, wie etwa der oben genannten Verbände, wiegt schwerer als die Fortführung;
denn es wurde in der Praxis festgestellt, dass dieses Gesetz zu keiner Zeit den Ansprüchen genügte und dass die Nichtbeachtung keinerlei Konsequenzen hatte. Gerade dadurch wurde natürlich eine Nichterfüllung des Sinnes des Gesetzes möglich. Zum Beispiel wurde der Forderung nach Schaffung barrierefreier Wohnungen in 99 % der Fälle nicht entsprochen. Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Warum wurden die Einwendungen nicht beachtet? Waren die Begehren zu weitreichend? Waren
Geschichte. Aber das habe ich jetzt schon ein paar Mal gesagt.
Frau Kollegin Steiger, es tut mir leid, wenn Sie sich gekränkt fühlen.
Sie haben mich missverstanden. Ich habe nicht gesagt, dass im sozialpolitischen Ausschuss nicht ordentlich diskutiert worden ist.
Ich habe gesagt, dass die Betroffenen nicht zu Wort gekommen sind, und die Betroffenen – das ist im Übrigen auch Ihre Kritik – sind nicht zu Wort gekommen. Bevor die Menschen, die es betrifft, und die, die das Gesetz umsetzen sollen, nicht die Möglichkeit haben, ihre Meinung dazu zu sagen, werden wir dieses Gesetz nicht verabschieden. Das ist der springende Punkt.
Es geht nicht um Ihre Arbeit, Sie haben fleißig gearbeitet. Wir haben keinen Änderungsantrag eingebracht, weil wir erst einmal wissen wollten: Was denken die Menschen? Dann werden wir uns dazu äußern, und dann kann es verabschiedet werden.
Wir sind es von unserem Demokratieverständnis her nicht gewohnt, erst etwas zu verabschieden und dann zu fragen, wie es ankommt.
Wir machen es immer umgekehrt. Wenn Sie es anders sehen, dann ist das Ihre Privatangelegenheit und betrifft uns nicht.
Das wird mir reichen. – Zu Ihrer großen Freude darf ich Ihnen mitteilen, dass wir uns ein Leben, ein vorübergehendes Leben ohne dieses Gesetz, und zwar ohne dieses Gesetz, durchaus vorstellen können, also ein Gesetz, das nicht bewehrt ist, das also den Menschen, die Hilfe brauchen, Hilfe nicht zuteil werden lässt, weil die Nichtbefolgung des Gesetzes nicht bestraft wird. Ein vorübergehendes Leben ohne dieses Gesetz können wir uns sehr gut vorstellen.
Wir wollen erst die Betroffenen fragen
und dann ein Gesetz verabschieden, das den Betroffenen tatsächlich nützt. Denn nur ein Gesetz, Herr Unterländer, das den Betroffenen nützt, ist ein gutes Gesetz, nicht ein Gesetz an sich.
Deshalb werden wir heute dieses Gesetz ablehnen und darauf hinarbeiten, dass es ein gutes Gesetz wird.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir reden hier über ein Gesetz, welches das Leben, das Wohnen und die Pflege älterer Menschen regeln soll. Während wir hier über dieses Gesetz reden, gibt es in den Heimen draußen Missstände, die zeigen, dass es um die Versorgung unserer alten Menschen katastrophal bestellt ist.
Menschen verhungern, Menschen verdursten, und Menschen erhängen sich in ihren Gurten. Wir können hier regeln und tun, was wir wollen: Solange nicht gewährleistet ist, dass diese Menschen von einer ausreichenden Zahl hoch qualifizierter Pflegekräfte betreut werden, wird sich daran nichts ändern.
In den Behindertenheimen ist mittlerweile der Personalschlüssel so schlecht, dass behinderte Menschen im Rollstuhl am Wochenende das Heim nicht mehr verlassen können, weil kein Personal da ist, das es spazieren fahren kann. Ich halte es für katastrophal, wie wir mit den Menschen umgehen, die von uns abhängig sind. Hier aber tun wir so, als wären Regelungen für diesen Personenkreis Peanuts. Für einen großen Teil der Bevölkerung geht es dabei um die Existenz, geht es darum, ob wir bereit sind, ihnen ein menschenwürdiges Leben zuzugestehen oder nicht.
Uns war dieses Thema so wichtig, dass wir einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht haben. Heute steht in der „Süddeutschen Zeitung“ wieder ein Bericht über Missstände in Heimen. Frau Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hat bereits in Erwägung gezogen, Heime zu schließen, in denen Missstände herrschen. Das ist geradezu revolutionär! Unsere Familienministerin schließt sich dem an. Sie ist allerdings nur grundsätzlich der Meinung, dass das passieren könnte. Ich frage mich, wie viele Hintertüren sie schon wieder offengelassen hat, damit die Heime doch nicht geschlossen werden müssen. Eigentlich müsste es eine Selbstverständlichkeit sein, ein Heim bei derartigen Missständen zu schließen.
Wir stehen vor einer großen Entwicklung in der Demografie. Wir werden in Zukunft immer mehr ältere Menschen haben. Auf der einen Seite wird es immer mehr Menschen geben, die älter und auch aktiver sind, die lange aktiv am Leben teilnehmen wollen.
Auf der anderen Seite werden wir immer mehr alte Menschen haben, die pflegebedürftig sind, die auf eine gute Pflege sehr angewiesen sind, und immer mehr Menschen, die demenzkrank sind und eine ganz besondere Fürsorge benötigen. Darauf muss sich ein Gesetz einstellen, wenn es zukunftskompatibel sein will.
Deshalb haben wir versucht, mit unserem Gesetzentwurf darauf einzugehen und Regeln zu schaffen, damit individuelle Wohnformen im Alter möglich sind und ausgebaut werden können. Wir haben versucht, darauf einzugehen, dass Einrichtungen nur dann gut sein können, wenn sie größtmögliche Transparenz wahren, wenn sie auch tat
cherung durch Angehörige mit einem hohen Stellenwert versehen wollen, dann müssen Besuchsverbote ganz klar geregelt und definiert werden. Es muss eine klare rechtliche Grundlage für beide Seiten geben. Gerade die Fälle aus der Vergangenheit zeigen, dass die Ansprüche der Angehörigen hier insgesamt verbessert werden müssen.
Viele der angesprochenen Themen werden in der Ausführungsverordnung geregelt und definiert sein.
Sie können doch unterscheiden zwischen dem, was im Gesetzentwurf steht, und dem, was noch geregelt werden muss.
Jetzt kommen Sie mal von Ihrer Emotion runter; das können wir ganz sachlich miteinander diskutieren.
Diese Ausführungsverordnung muss in Eckpunkten eine Grundlage erhalten, welche die Bayerische Staatsregierung dem Parlament vorlegen muss. Wir können zwar dem künftigen Parlament nicht vorgreifen, aber wir müssen ihm den inhaltlichen und moralischen Auftrag geben, dass alle Wohlfahrtsverbände, die Berufsverbände und die von Pflege Betroffenen in den Anhörungsprozess zur Ausführungsverordnung einbezogen werden. Dies haben wir in einem Antrag auch definiert. Es muss im Sinne der von uns angemahnten Beteiligungskultur sichergestellt werden, dass da, wo Rahmenbedingungen entscheidend gestaltet werden, sowohl für das Parlament als auch für die Betroffenen eine klare Mitwirkungsmöglichkeit vorhanden ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Förderung der Pflege im Freistaat Bayern und ein menschenwürdiges Leben für Menschen mit Behinderung müssen in der bayerischen Sozialpolitik eindeutige Priorität haben. Dieser Gesetzentwurf ist dafür eine entscheidende Grundlage. Ich bin optimistisch, dass wir mit diesem Gesetzentwurf nicht nur das beste Gesetz in der Bundesrepublik Deutschland entwickelt haben, sondern dass dadurch der Paradigmenwechsel im Interesse aller Betroffenen weiter voranschreitet. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf, der durch den Gesetzentwurf der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN in keiner Weise ersetzt werden kann. Er nimmt vieles davon bereits auf bzw. vieles davon wird in der Ausführungsverordnung geregelt werden. Ich bitte um Zustimmung zu diesem großen Wurf in der bayerischen Pflegepolitik.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Egal, wie prickelnd die Ausführungen der Staatssekretärin waren: Ich finde es unmöglich, dass bei einem so wichtigen Thema in diesem Hause niemand zuhört. Sie alle werden alt und ich hoffe, Sie bekommen dann eine gute Pflege, auch wenn Sie sich jetzt lieber über andere Dinge unterhalten.
Frau Staatssekretärin, Sie haben uns unterstellt, wir hätten unseren Gesetzentwurf von dem der Staatsregierung abgeschrieben. Frau Staatssekretärin, so tief würden wir niemals sinken.
Sie haben aber auch etwas verwechselt, nämlich die Form und den Inhalt. Es ist so: Dieses Gesetz war ehemals das Heimgesetz des Bundes. Sowohl die Staatsregierung wie auch die GRÜNEN haben den Ordnungsrahmen dieses Heimgesetzes übernommen, haben ihre inhaltlichen Schwerpunkte aber in ihren Entwürfen festgeschrieben. Insofern ließ es sich überhaupt nicht vermeiden, dass es Ähnlichkeiten gibt. Diese Ähnlichkeiten sind aber formaler, nicht jedoch inhaltlicher Art.
vorhanden ist, muss an der konkreten Situation gemessen werden, und nicht schon im Vorfeld bei der Betriebsaufnahme, was wieder mehr Bürokratie bedeuten würde.
Gleichzeitig möchte ich auf die Kritik der SPD-Fraktion eingehen. Auf das Argument, das Gesetz sei kein Spargesetz, bin ich schon eingegangen, indem ich darauf hingewiesen habe, dass die Zeiten, die durch den Bürokratieabbau frei werden, den zu pflegenden Menschen zugute kommen. Damit werden für pflegebedürftige ältere Menschen und für Menschen mit Behinderung klare Qualitätsmaßstäbe gesetzt. Der Schutz der Heimbewohner hat für uns oberste Priorität. Wir wollen nur überflüssige Bürokratie streichen. Deshalb ist das Gesetz kein Spargesetz.
Sie sind auf die Wiedereinführung der staatlichen Investitionskostenförderung im stationären Bereich eingegangen. Wir wollen, dass sich in Zukunft neben den klassischen Heimstrukturen auch andere Strukturen etablieren. Daher brauchen wir auch im ambulanten Bereich echte Alternativen zu den Heimen. Deswegen wäre eine Wiedereinführung der Investitionskostenförderung der falsche Weg. Sie haben vorhin gesagt, dass die Modernisierung nicht möglich ist. Dazu darf ich Sie darauf hinweisen – –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist bereits um Pfi ngsten durchgesickert, aber mittlerweile scheint es amtlich zu sein: Der lang geforderte und sehnsüchtig erwartete Landessozialbericht wird in dieser Legislaturperiode nicht mehr erscheinen. Ministerpräsident Dr. Beckstein hat die Entscheidung damit begründet, dass der Bund die Fakten für die Vergleichbarkeit der Daten nicht rechtzeitig geliefert habe. Ich halte das für eine billige Ausrede,
denn dieser Landessozialbericht ist seit Jahren überfällig.
1996 hat das Parlament einstimmig beschlossen, dass in jeder Legislaturperiode ein Landessozialbericht zu erscheinen hat. Bereits damals hat man es geschafft, den Landessozialbericht so lange zu verzögern, bis die Wahl 1998 vorbei war, und der Bericht ist dann im Mai 1999 erschienen. Dieses Trauerspiel scheint sich jetzt zu wiederholen. Wir werden erleben, dass nach der Wahl – irgendwann im nächsten Jahr, für dieses Jahr habe ich die Hoffnung fast aufgegeben – der Landessozialbericht erscheinen wird.
Die Argumente, weshalb der Landessozialbericht trotz des Landtagsbeschlusses nicht erschienen ist, sind durchsichtig und unglaubhaft.
Trotz allem lässt sich jetzt aber nicht mehr verbergen, was in diesem Land los ist, nur sind das noch nicht die ganz konkreten Zahlen. Aber was sich jetzt schon herausgestellt hat, ist, dass es ein massives Gefälle in Bayern – zwischen den Regionen im Süden und denen im Norden- gibt, zum einen was die Arbeitslosigkeit, aber auch was Krankheiten und sogar Lebenserwartung, die inzwischen in der Oberpfalz und in Oberfranken nachweislich deutlich geringer ist als in Oberbayern, anbelangt. Dieses Gefälle setzt sich in einem Gefälle zwischen Reich und Arm fort. Hier geht die Schere immer weiter auseinander; die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer. Das hat auch für die Bildung Konsequenzen. Denn wir wissen: In Bayern hängt Bildung vom Geldbeutel ab. Nur ein dick gefüllter Geldbeutel kann optimale Bildung gewährleisten.
Zum anderen gibt es ein Gefälle zwischen Stadt und Land. Es gibt eine bessere gesundheitliche Versorgung in den Städten als auf dem fl achen Land, was sich noch verstärken wird. Die gesundheitliche Versorgung auf dem fl achen Land ist dabei, zusammenzubrechen. Und wir schauen zu; denn wir haben keine Daten, und wir können es nicht beweisen – wir wollen es auch nicht beweisen. Die Entwicklung wird sich aber fortsetzen. Solange man keine Fakten hat, besteht kein Handlungsbedarf. Und solange kein offensichtlicher Handlungsbedarf besteht, vergrößern sich die Probleme. Dabei bedenkt man aber nicht, dass größere Probleme auch größere Folgekosten verursachen. Insofern ist die Handlungsweise der Staatsregierung sehr kurzsichtig; denn die Probleme werden sie einholen. Die Probleme werden noch viel mehr kosten, als wenn Sie rechtzeitig damit begonnen hätten, die Missstände zu beseitigen.
Was steht hinter dieser Geschichte? – Aus unserer Sicht steht dahinter ein rein wahltaktisches Verhalten. Der Landessozialbericht würde beweisen, dass die Forderungen der GRÜNEN berechtigt sind, Forderungen nach einer frühkindlichen Bildung, nach Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems, nach Einführung einer Ganztagsschule, nach wirklicher Ausweitung von Integrationsprojekten, nach besserer Förderung von Schulen und Hochschulen anstatt Büchergeld und Studiengebühren und nach einer Strukturförderung der ländlichen Regionen. Der Landessozialbericht würde beweisen, dass alle diese Forderungen längst überfällig sind und endlich verwirklicht werden müssen.
Aber das kann man vor der Wahl natürlich nicht zulassen. Stattdessen ergeht man sich in PR-Veranstaltungen und Hochglanzbroschüren, lobt sich selbst und gibt vor, sich mit diesen Problemen zu befassen. Das ist aber nur ein oberfl ächliches Geplänkel. Man will nicht in die Tiefe gehen; denn wenn man in die Tiefe ginge, bräuchte man dazu die Fakten, und diese hat man nicht.
Zusammenfassend kann ich nur sagen: Man will es nicht wissen, insbesondere nicht vor der Wahl. Es wird Ihnen aber nichts nützen. Es hat sich nämlich längst herumgesprochen, die Fehler sind bekannt, die Versäumnisse haben bereits zu Missständen geführt und Ihre VogelStrauß-Politik ist an der Misere in Bayern schuld.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn ein Kind krank zum Arzt kommt, stellt er erst einmal eine Diagnose, damit er weiß, wie er das Kind behandeln kann. Wenn ein Kind in die Schule kommt, wird es oft erst getestet, damit man einen Förderplan entwickeln kann. In Bayern ist es anders. Da wird der Förderplan entwickelt, wenn die Legislaturperiode zu Ende ist, damit man am Schluss weiß, was man eigentlich alles hätte machen müssen, aber leider nicht gemacht hat, weil man es nicht wusste. Wir in Bayern handeln nach dem Prinzip des Erlkönigs: „Erreicht den Hof mit Mühe und Not; in seinen Armen das Kind war tot.“
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon immer wieder beeindruckend, wenn man die Reden der Sozialpolitiker hört. Da müsste man denken, Sie sind sich alle einig. Dann müsste doch auch irgendwann einmal etwas passieren. Komischerweise tut es das aber nicht. Woran das liegt, weiß ich nicht.
Gestern hat mich eine Aufzählung von „BR-Online“ zu Armutsrisiken von Kindern sehr beeindruckt. Ich will Ihnen einige davon zum Besten geben. Armutsrisiko Nummer Eins: „Kind in einer Ein-Mama- oder Ein-Papa-Familie“. Die Kinder von Alleinerziehenden in Deutschland sind zu fast 40 Prozent arm. „Mit 90 ins Abseits“. 90 Euro, so viel kostet die Mitgliedschaft im Fußballclub „Spielvereinigung Unterhaching“. 90 Euro sind zuviel für ein Hartz-IV-Kind.
Arme Kinder vereinsamen und bewegen sich zu wenig.
Wenden Sie sich an den Bayerischen Rundfunk!
„Fünf Kinder fehlen“. – Durchschnittlich fünf von dreißig Kindern einer Klasse sind arm. Das sind Kinder, die beim Schulausfl ug fehlen. Hartz-IV-Kinder verfügen über rund 4 Euro pro Monat für Sport- und Freizeitveranstaltungen. Da werden die 4 oder 6 Euro für den Klassenausfl ug schnell zum Krankheitserreger.
„Einsam“. – Mit Freunden ins Kino gehen, gemeinsame Eisdielenbesuche, so etwas ist nicht drin. Viele arme Kinder sind nie dabei, sie vereinsamen und leiden darunter. Die Liste lässt sich noch lang fortsetzen. Es geht auch um zwei Millionen dicke Kinder, denn Armut ist auch
der Bayerischen Staatsregierung einen zentralen Stellenwert.
Ich möchte auch zurückweisen, dass, wie Sie immer wieder deutlich machen wollen, die Rahmenbedingungen schlecht sind. Wir sehen einen Verbesserungsbedarf; das ist klar, gerade was den Anstellungsschlüssel und das Verhältnis Personal – Kind betrifft ebenso wie den Basiswert. Wir sehen auch das Ziel eines beitragsfreien Kindergartenjahres als ein Ziel an, das selbstverständlich nicht – das hat die Frau Staatsministerin auch weiß Gott nicht so dargestellt in der letzten Woche – auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird, sondern das Bestandteil unserer familienpolitischen Konzeption ist. Aber wir müssen in einem solchen System die Kommunen mit ins Boot holen, weil sie Bestandteil unserer Versorgungslandschaft sind. Das kann nur gemeinsam erfolgen. Wir müssen vor allen Dingen ein vernünftiges Konzept haben, das es den Eltern möglich macht, vernünftig entlastet zu werden. Für uns ist entscheidend, dass die Qualität und die qualitative Weiterentwicklung Priorität hat. Das ist auch, Kolleginnen und Kollegen, ein Ansatz zu präventiver Familien- und Kinderpolitik, die letztlich Kinderarmut zumindest mittelfristig verhindern hilft.
Ein siebter Punkt ist die Stärkung und die Begleitung der Eltern im Erziehungsprozess. Meine Damen und Herren, wir wissen: Wenn Eltern Unterstützung und Begleitung benötigen, dann kommt es darauf an, dass die Begleitung der Eltern in niederschwelligen Angeboten dort, wo sich Familien und Kinder aufhalten, gerade in den frühkindlichen Einrichtungen, gerade in einer Vernetzung der Beratungsstellen und denjenigen Stellen, die mit Kindern und Familien zu tun haben, weiterentwickelt und gestärkt wird. Die CSU-Landtagsfraktion hat unter dem Gesichtspunkt frühe Förderung unter Federführung unserer stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Renate Dodell ein Gesamtkonzept entwickelt, dem Sie auch zugestimmt haben. Die Staatsregierung ist in diesem Sinne ebenfalls tätig gewesen. Ich möchte damit sagen: Kinderarmut zu bekämpfen, bedeutet Eltern zu stärken und im Erziehungsprozess zu begleiten.
Wenn Sie mir jetzt die ganze Zeit zugehört haben, werden Sie festgestellt haben, dass ich das nicht ausschließlich sehe.
Als achten Punkt nenne ich die akute Hilfe in besonders schwerwiegenden Fällen bei der Vernachlässigung. Das ist ein ganz wesentlicher Ansatzpunkt. Denn Kinderarmut bedeutet nicht nur materielle, sondern auch soziale
vestiert, ist nicht so hoch wie die Folgekosten. Wenn man hier nicht investiert, wird das sehr viel teurer. Es geht aber vor allem um das Leben der Kinder. Erst in zweiter Linie geht es um Investitionen. Wir sind für diese Kinder verantwortlich.
Wir sind für all diese Kinder verantwortlich. Wie wir in allen Sonntagsreden sagen, sind diese Kinder doch unsere Zukunft. Wenn Herr Huber in Berlin großkotzig von mehr Netto vom Brutto redet, dann möchte ich wissen, wie das den armen Familien zugute kommen soll, denn diese armen Familien zahlen gar keine Steuern. Sie werden also genau wieder diejenigen sein, die durch die Maschen fallen.
Streichen Sie lieber Ihr Betreuungsgeld, denn dieses Betreuungsgeld ist kontraproduktiv, und es hindert Familien und Kinder, an frühkindlicher Bildung teil zu haben. Gott sei Dank haben Sie es beim Büchergeld endlich eingesehen, lange genug hat es gedauert. Streichen Sie Ihre Studiengebühren, dann kommen wir der Sache näher.
Wir brauchen in diesem Land ein Netz von Einrichtungen, das Familien unterstützt, das Kinder bildet, das Angebote schafft auch für Kinder, die weniger gute Startvoraussetzungen haben. Dann wird sich auch ein Erfolg einstellen. Machen wir uns endlich auf den Weg. Einer der ersten Schritte ist auch die Verbesserung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes, das noch immer ein Verhinderungs- statt ein Fördergesetz ist.
Bayern ist ein reiches Land. Bayern will Spitze sein. Lassen wir es nicht zu, dass unter uns noch immer Kinder in Armut leben.
Frau Präsidentin, Frau Staatsministerin, meine Damen und Herren! Nachdem seit Beginn der Legislaturperiode signalisiert wurde, dass in Bayern im frühkindlichen Bereich alles in Ordnung sei, und alle Anstrengungen der Opposition, Verbesserungen zu erreichen, abgeschmettert wurden, freut es uns außerordentlich, dass im Wahlkampf die CSU-Fraktion und die Staatsregierung ihre Bereitschaft erklärt haben, sich zu bewegen und die frühkindliche Bildung etwas zu verbessern.
Es sollte aber nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben. Vielmehr sollten konkrete Schritte folgen.
Deshalb frage ich Sie: Welche Schritte plant die Staatsregierung, um die frühkindliche Bildung kurzfristig zu verbessern? Welche Schritte werden dafür im Doppelhaushalt eingeplant? Wie sieht der zeitliche Rahmen aus, in dem Verbesserungen stattfi nden sollen?
Ihr Parteivorsitzender fordert Steuersenkungen, die den Steuerzahler oder den Staat 28 Milliarden Euro kosten würden.
Diese Maßnahme hier würde 100 Millionen Euro kosten. Wenn es wichtig ist, zum 01.01.2009 Steuern zu senken, warum ist es dann nicht wichtig, zum 01.01.2009 die Eltern von diesen Beiträgen freizustellen angesichts der Tatsache – Kollege Imhof hatte es bei der gleichen Diskussion gesagt –, dass beispielsweise in der Stadt Nürnberg 40 % der Eltern, die ihre Kinder in einen Kindergarten schicken, Jugendhilfe in Anspruch nehmen müssen, weil sie die Beiträge nicht bezahlen können? Darin zeigt sich doch, wie dringend diese Maßnahme ist. Aber sie ist nicht nur dringend, weil es die Eltern drückt, sondern sie ist auch dringend, weil es der Bildungsförderung dienen würde.
Wie beurteilen Sie schließlich noch die Aussage Ihres Ministerpräsidenten, die Öffnungszeiten auf 19.00 Uhr auszudehnen würde ebenfalls Geld kosten? Woher nehmen Sie dieses Geld?
Frau Präsidentin, Frau Ministerin! Ich rege an, diese Stunde in Zukunft „Ministerbeantwortung“ zu nennen, weil die Fragen nämlich bis jetzt nicht beantwortet wurden.
Diese 100 Millionen Euro, die Sie sich wünschen, Frau Ministerin, die sind jetzt da. Ich frage Sie: Wollen Sie sich mit dem Finanzminister in Verbindung setzen, damit er sie Ihnen endlich für die Kinder gibt, oder ist das nicht geplant?
Ich frage Sie: Wann frühestens kann ein Kind zu einem kostenfreien Kindergartenjahr kommen? Es ist uns nicht damit gedient, dass Sie immer sagen, „mittelfristig“ und „Konzept“, und „wir werden sehen“, und „wir müssen verhandeln“. Kinder brauchen jetzt gute Bildung und nicht irgendwann.
Ich frage Sie auch: Wie wollen Sie die Ausbildungssituation verbessern, um wirklich qualifi ziertes Personal auch für Kinder unter drei Jahren zu bekommen und um ausreichend Personal für die gestiegenen Bedürfnisse zu haben?
Die Uhr, Frau Präsidentin, läuft auch für die Ministerin.
Frau Ministerin, Sie sprechen von Qualität. Warum wollen Sie das BayKiBiG nicht verbessern? Halten Sie es bereits für perfekt? Wie wollen Sie verhindern, dass die Ankündigungen der CSU reines Wahlkampfgetöse sind?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal zum SPD-Dringlichkeitsantrag. Ich nehme an, Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dass Sie in Ihrem Antrag meinen, dass eine virtuelle Erprobung stattfi nden soll. Sie schreiben es nämlich nur in der Überschrift. Wenn wir aber über den Dringlichkeitsantrag abstimmen, steht „virtuell“ in dem Antrag nicht mehr drin. Ich weiß also nicht genau, worüber wir eigentlich abstimmen. Ich gehe davon aus, dass „virtuell“ gemeint ist.
Es ist in Bezug auf unser Abstimmungsverhalten eigentlich egal; denn wir werden den Dringlichkeitsantrag in jedem Fall ablehnen. Es wäre aber richtig, den Antrag so zu stellen, wie man ihn eigentlich meint.
Es geht um den Gesundheitsfonds. Die GRÜNEN haben von Anfang an gesagt, dass der Fonds ungeeignet ist.
Er ist deshalb ungeeignet, weil er aus einer Zwangsheirat von Kopfpauschale und Bürgerversicherung hervorgegangen ist. Er wurde wie ein totgeborenes Kind präsentiert und birgt unglaublich viele Nachteile. Der Gesundheitsfonds ist mit unglaublich hohem bürokratischem Aufwand verbunden. Die Bundesländer werden unterschiedlich profi tieren. Es wird eine Zentralisierung der Entscheidungen geben, bei denen die regionalen Interessen nicht mehr wichtig sein werden. Es wird ein Abbau von Arbeitsplätzen stattfi nden. Es wird in diesen Fonds auch kein frisches Geld fl ießen, sondern es wird nur eine Umverteilung geben, was unter den demographischen Voraussetzungen völlig unzureichend sein wird. Die virtuelle Erprobung, sollte sie stattfi nden, würde nur klarmachen, dass der Gesundheitsfonds nicht funktioniert.
Ich nehme an, die SPD sucht einen Ausweg aus dem Dilemma, dass sie diesem Gesundheitsfonds zum Leben verholfen hat. Sie will jetzt andere beweisen lassen, was längst alle befürchten, nämlich dass der Fonds gescheitert ist, bevor er überhaupt eingeführt wurde.
sich mit ihm auseinander zu setzen. Ich glaube vielmehr, Kolleginnen und Kollegen, dass unser Antrag mit den fünf Punkten, die wir heute zur Abstimmung stellen, genau die Aspekte klar und konsequent anspricht, die im Vorfeld der Einführung des Gesundheitsfonds abgeklärt werden müssen. Sonst wird es keine Zustimmung der CSU zum Gesundheitsfonds geben. Uns hilft eine „virtuelle Erprobung“ nichts. Ich sage das noch einmal ganz klar, Frau Kollegin Sonnenholzner: Sagen Sie mir, was Sie erproben wollen!
- Nein, Sie wollen doch eine Erprobung. Sagen Sie mir doch ganz konkret, was Sie erproben wollen. Sie sagen immer, die DRGs – Diagnoseabhängige Fallpauschalen – wären auch erprobt worden. Das ist doch gar nicht wahr.
- Nein, sie sind nicht erprobt worden, sondern es sind Diagnosen, die in den DRGs abgebildet worden sind. Sie sind von eins auf soundsoviel Diagnosen hochgefahren worden. Es war also nie eine Erprobungsphase im herkömmlichen Sinn. Sondern es ist eine Diagnose zur anderen gekommen, bis sich das ganze Diagnosespektrum, das wir heute haben, erarbeitet und zusammengestellt hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, abschließend meine ich, wir sollten das heute stattfi ndende Gespräch dazu verwenden, um Folgendes zu tun: Sie könnten über Ihre Gesundheitsministerin und wir über unsere Landesgruppe in Berlin die Anmerkungen, die wir heute in verschiedener Form vorgetragen haben, einbringen und darauf drängen, dass der Gesundheitsfonds tatsächlich verhindert wird. Ich weiß, Sie, Frau Kollegin Sonnenholzner, wollen das nicht gerne hören, aber ich verstehe Sie insofern überhaupt nicht mehr. Sie haben doch einen unmittelbaren Zugang zur Bundesgesundheitsministerin. Sagen Sie ihr doch einmal in einem persönlichen Gespräch, was Sie wollen. Ich habe für Sie die Telefonnummer mitgebracht. Das ist die Nummer: 030-184411000.
Bitte, nein, das ist schon klar.
- Sie haben auch die Handy-Nummer. Noch besser. Dann können Sie vielleicht gleich nach der Sitzung anrufen. Bitte sagen Sie doch Frau Schmidt die Bedenken, die dieses Hohe Haus gegen den Gesundheitsfonds einvernehmlich, mit verschiedenen Facetten, vorträgt. Sagen Sie ihr bitte: Ulla, halt ein, gib doch den Bayern in der
fordern, die Bundesgesundheitsministerin dazu zu bewegen, das zu ändern, muss ich Ihnen sagen, dass das so leider nicht geht. Der Gesundheitsfonds ist ein Gesetz. In Berlin – auch wenn das in Bayern manchmal nicht überall bekannt sein sollte – werden Gesetze vom Parlament beschlossen.
Das Bundesgesundheitsministerium hat das getan, was es musste, nämlich aus der nicht geglückten Einigung auf die Finanzreform einen Kompromiss zu machen. Die Verantwortung hierfür liegt im Wesentlichen bei anderer Stelle.
Dann haben Sie gesagt, ich sei dabei gewesen. Ich war natürlich nicht dabei. Aus diesem Raum war meines Wissens nur eine Person dabei, das ist die hier anwesende Frau Staatsministerin.
Wenn wir uns im Ziel darin einig sind – Sie haben sich ungefähr fünfmal widersprochen, Herr Kollege Zimmermann –, dass wir den Fonds nicht wollen, dann lassen Sie uns aus Bayern gemeinsam etwas dafür tun, anstatt hier nur Luftblasen in die Luft zu setzen.
Die Frage, ob ich der Ministerin glaube oder nicht, ist natürlich polemisch gemeint. – Selbstverständlich glaube ich ihr. Wir lehnen den Gesundheitsfonds nicht nur deswegen ab, weil wir bezweifeln, dass die 100 Millionen Euro eingehalten werden; das kann man irgendwie schon zulasten Dritter regeln. Das ist aber nicht der einzige Grund. Dieser Fonds ist insgesamt ein völlig untaugliches Instrument, deswegen gehört er weg. Das haben wir immer gesagt.
Frau Kollegin Ackermann, dieser Dringlichkeitsantrag ist ein Versuch, wenigstens einen Schritt in die richtige Richtung zu machen.
Sie haben gesagt, Sie wollen wissen, was auf uns zukommt, Herr Zimmermann. Im Januar wussten Sie das bereits. Im Januar haben Sie der Presse erklärt, der Fonds müsse weg. Jetzt haben wir Juni, jetzt wollen Sie wissen, was auf uns zukommt.
Ich schätze, das werden Sie am 29. September erfahren, wenn meine Berechnungen stehen, oder schon
Wir, die GRÜNEN, brauchen keinen virtuellen Versuch; wir lehnen den Versuch ab. Wir müssen keinen virtuellen Versuch bemühen, um längst Bekanntes zu beweisen.
Zum nachgezogenen CSU-Dringlichkeitsantrag. Die CSU sucht ebenfalls nach Auswegen, um vom Gesundheitsfonds abzurücken und verquickt dies mit Wahltaktiken, indem sie Verneigungen vor den Hausärzten und den Vertragsärzten macht, die vorher vergeblich um ihre Ansprüche gekämpft haben. Sie vertritt ihre Anliegen halbherzig; denn sie will die Insolvenzfähigkeit nur regeln, sie aber nicht verhindern. Es ist schon jetzt klar, dass es zu einem Krankenkassensterben kommen wird, wenn der Gesundheitsfonds eingeführt wird. Die CSU will den Fonds nicht verhindern, sondern sie will ihn nur verschieben.
Die CSU hat ihm im Bundestag zugestimmt. Jetzt stellt die CSU Bedingungen, die sie vorher nie thematisiert hat. Diese Bedingungen sind Ihnen offensichtlich jetzt erst eingefallen.
Von der CSU wurden diese fünf Punkte vorher nicht thematisiert, Herr Kollege Unterländer. Für uns reichen diese Bedingungen ohnehin nicht aus, um das Funktionieren des Gesundheitsfonds zu garantieren. Für uns ist der einzige Ausweg: weg mit dem Fonds! Deswegen werden wir beide Dringlichkeitsanträge ablehnen.
Ich bitte mir weiterzuhelfen, denn ich bin gerade sehr verwirrt: Zwei große Parteien bekunden hier, dass sie den Gesundheitsfonds nicht wollen. Aber beide stellen Anträge, den Fonds entweder virtuell auszuprobieren oder Bedingungen zu erfüllen, damit der Fonds verwirklicht werden kann. Wie passt das zusammen? – Ich verstehe im Moment die Welt nicht mehr. Wahrscheinlich liegt es an mir. Sie können mir das jetzt gleich erklären. Ich nehme Ihre Worte ernst. Sie haben beide bekundet, Sie wollen den Fonds nicht.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Für das Anliegen, die Kinderrechte ins Grundgesetz zu schreiben, gibt es gute Gründe. Im Moment werden Kinderrechte nämlich sehr gering geachtet. Das können wir den Schlagzeilen über Vernachlässigung von Kindern, über ständig wachsende Kinderarmut, über Misshandlungen und Benachteilun
der Kinder das natürliche Recht der Eltern sind, eine Entsprechung hat.
Herr Wahnschaffe, das mag bis hierher unvollständig sein. Warten Sie erst einmal ab, was ich sonst noch zu sagen habe.
Die Pfl icht der Eltern, so sagt das Bundesverfassungsgericht, hat zur Folge, dass das Kind ein entsprechendes Recht hat, und zwar nicht nur gegenüber dem Staat, dass er die Eltern anhält, ihrer Pfl icht gerecht zu werden, sondern auch unmittelbar gegenüber den Eltern, also beides. So gesehen sind Kinderrechte im Grundgesetz verankert.
Das Bundesverfassungsgericht führt weiter aus, dass mit der Menschenwürde und mit dem allgemeinen Persönlichkeitsschutz ein enger Zusammenhang besteht. Der allgemeine Persönlichkeitsschutz ist nicht etwas, was für jeden Menschen in seiner Ausprägung gleich ist. Vielmehr hat jeder das Recht, dass seine Persönlichkeit in ihrer individuellen Ausprägung geschützt und geachtet wird. Es versteht sich von selber, dass die individuelle Ausprägung der Persönlichkeit eines Kindes etwas anderes ist als die Persönlichkeit eines erwachsenen Menschen. Heute haben Sie es nicht gesagt, aber sonst habe ich es schon öfter gehört: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Aber Menschenwürde und Persönlichkeitsschutz führen dazu, dass dieses besondere Kindsein eben auch vom Staat respektiert und geschützt werden muss. Es bedarf also keiner zusätzlichen Regelung.
Das Kind, so sagt das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich, hat eigene Würde und eigene Rechte. Was schon in der Verfassung steht – ausdrücklich oder sinngemäß –, werden wir nicht noch einmal hineinschreiben.
Glauben Sie denn wirklich, dass die Beispiele, etwa in Bezug auf Kindergärten in Wohngebieten, die Sie angeführt haben, Frau Kollegin Werner-Muggendorfer, durch Kinderrechte im Grundgesetz zu bewältigen wären? Menschen werden sich – leider! – immer wieder dagegen wehren, dass in ihrer Nachbarschaft ein Kindergarten entsteht, der natürlich eine gewisse Geräuschentwicklung mit sich bringt. Das Entscheidende ist aber doch nicht, dass es Menschen gibt, die so etwas leider tun, sondern das Entscheidende ist, dass die Gerichte diesen geltend gemachten Anspruch in aller Regel schon jetzt ablehnen. So ist nämlich die Realität.
Genau, da wäre es wichtig. Am besten ist es, Sie merken es sich.