Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herzlich willkommen nach der Sommerpause, in der Sie sich hoffentlich alle erholt und somit auch neue Kräfte gesammelt haben.
Ich eröffne die 24. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.
Am 2. August verstarb die ehemalige Abgeordnete Frau Prof. Eleonore Romberg im Alter von 81 Jahren. Sie gehörte dem Bayerischen Landtag von 1986 bis 1990 an und vertrat für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN den Wahlkreis Oberbayern. Frau Prof. Romberg war Mitglied im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie im Ältestenrat. Ihr Engagement galt in besonderer Weise den Fragen der sozialen Gerechtigkeit, des Asylrechts und einer umfassenden Friedenspolitik. Frauenpolitische Anliegen hat sie mit der ihr eigenen Überzeugungskraft nach innen und außen stets glaubwürdig vertreten.
Gestern erreichte uns die traurige Nachricht, dass der frühere Fraktionsvorsitzende der CSU und Staatsminister a. D., August Lang – wir kennen ihn vor allem unter dem Namen „Gustl“ –, nach schwerer Krankheit im Alter von 75 Jahren verstorben ist. Wir trauern um einen außergewöhnlichen Parlamentarier, der dem Hohen Haus von 1970 bis 1998 angehörte und den Stimmkreis Weiden vertrat. Im Namen des gesamten Bayerischen Landtags spreche ich seiner Frau und seinen beiden Kindern mein herzliches Beileid und unser Mitgefühl aus.
Gustl Lang war von Beruf Rechtsanwalt. Seine politische Laufbahn begann er als Stadtrat in Weiden. Im November 1970 wurde er als Stimmkreisabgeordneter für den Landkreis Neustadt an der Waldnaab in den Bayerischen Landtag gewählt. Hier engagierte sich Gustl Lang zunächst im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Kommunalfragen sowie im Ausschuss für Grenzlandfragen. Bereits vier Jahre später wurde ihm das Amt des Vorsitzenden der CSU-Fraktion übertragen. Kollegial und stets um Ausgleich bemüht, leitete er von einem festen politischen Standpunkt aus die Geschicke der größten Fraktion dieses Hauses und setzte sich stets für ein selbstbewusstes Parlament ein.
Schweren Herzens nahm er im Oktober 1982 Abschied von der Fraktionsspitze und übernahm das Amt des bayerischen Justizministers. Vier Jahre später wurde er Innenminister. Nach dem Tod von Ministerpräsident Franz Josef Strauß war er unter Ministerpräsident Max Streibl von 1988 bis 1993 Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr. Für ihn, den gebürtigen Oberpfälzer, muss es eine bewegende Erfahrung gewesen sein, nach der Öffnung der Grenzen den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu den
osteuropäischen Nachbarstaaten mitzuerleben und mitzugestalten. Seine parlamentarische Arbeit führte er in der 13. Wahlperiode von 1994 bis 1998 mit der ihm eigenen Kraft und Ausdauer fort, insbesondere auch im Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur.
Gustl Lang war ein unverwechselbarer Mensch, ein herausragender Parlamentarier und ein überzeugter Demokrat und Föderalist. Klare Positionen und das Eintreten für Überzeugungen schaffen nicht nur einen guten Namen, sondern auch respektvolle Gegner. Gustl Lang hatte beides. Seine besondere Fähigkeit lag darin, mit Humor spannungsgeladene Situationen zu entschärfen und Konflikte mit Augenmaß zu lösen.
Bei aller Entschlossenheit und Standhaftigkeit im politischen Alltag hatte Gustl Lang immer darauf geachtet, dass das Menschliche nicht auf der Strecke blieb. Er bewies Einfühlungsvermögen und Rücksichtnahme gegenüber Einzelschicksalen von Menschen, die sich vertrauensvoll an ihn wandten. Zeit seines Lebens war er ein engagierter Anwalt seiner oberpfälzischen Heimat.
Wir werden seinem Andenken gerecht, indem wir uns stets aufs Neue jener Werte vergewissern, für die er eingetreten ist – als Parlamentarier, als Politiker und als Persönlichkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich noch einige nachträgliche Glückwünsche aussprechen. Einen halbrunden Geburtstag feierten am 1. September Herr Kollege Stefan Schuster und am 7. September Herr Kollege Eduard Nöth. Einen runden Geburtstag begingen am 31. Juli Herr Kollege Eberhard Rotter, am 14. September Herr Kollege Helmut Brunner und vor kurzem, am 28. September, Herr Kollege Peter Hufe. Ich wünsche Ihnen allen im Namen des Hohen Hauses und auch persönlich alles Gute, Gesundheit und viel Glück und Erfolg bei Ihrer Arbeit hier im Bayerischen Landtag.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, am 31. Juli ist Herr Abgeordneter Manfred Weber aus dem Bayerischen Landtag ausgeschieden. Er ist nun Mitglied des Europäischen Parlaments. Die Landeswahlleiterin hat gemäß Artikel 58 des Landeswahlgesetzes Frau Edeltraud Plattner aus Pfarrkirchen als Listennachfolgerin festgestellt. Seit dem 1. August ist Frau Kollegin Plattner Mitglied des Bayerischen Landtags. Frau Kollegin, herzlich willkommen in unserer Mitte. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihrer parlamentarischen Arbeit.
Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir noch einige Worte zu den veränderten Raum- und Arbeitsbedingungen. In den letzten Wochen wurde mit Hochdruck am provisorischen Plenarsaal, dem alten Senatssaal, in dem wir uns heute befinden, gearbeitet. Er wird für rund 15 Monate unser neues Zuhause sein.
Ich möchte dem technischen Dienst des Hauses und dem Universitätsbauamt ganz herzlich dafür danken, dass sie uns diesen Raum so eingerichtet haben, dass wir miteinander, wenn wir ein bisschen Disziplin üben, zurechtkommen werden.
Unser „Übergangsheim“ – darauf können wir uns sicherlich verständigen – ist genauso ehrwürdig wie unser Plenarsaal. Allerdings wird es – wie Sie sicherlich schon bemerkt haben – in den nächsten Monaten etwas enger werden. Leider können die Besucher übergangsweise aus Platzgründen an den Plenarsitzungen nicht unmittelbar teilnehmen. Sie haben aber die Möglichkeit, die Debatten über eine Videoleinwand zu verfolgen.
Provisorien bringen es mit sich, dass manchmal nicht alles so perfekt und reibungslos abläuft, wie man es gerne möchte. Deshalb bitte ich bereits vorab um Nachsicht und Geduld bei etwaigen Pannen und eventuell auftretenden technischen Problemen.
Ich bin zuversichtlich, dass wir mit Gelassenheit und etwas Geduld die äußeren Umstände ertragen und mit gewohntem Einsatz und der notwendigen Energie die Herausforderungen unserer parlamentarischen Arbeit meistern werden. Dazu wünsche ich uns allen einen guten Start.
Für die heutige Sitzung ist die Fraktion der SPD vorschlagsberechtigt. Sie hat eine Aktuelle Stunde zum Thema „Lernmittelfreiheit in Bayern erhalten“ beantragt.
In der Aktuellen Stunde dürfen die einzelnen Redner grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. Auf Wunsch einer Fraktion erhält eines ihrer Mitglieder zehn Minuten Redezeit. Herr Kollege Maget, Sie haben um zehn Minuten Redezeit gebeten. Ich erteile Ihnen das Wort.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist natürlich für mich eine große Ehre, als erster Redner in diesem, unserem Ausweichquartier sprechen zu dürfen. Zusätzlich ist es für mich auch noch eine Freude; denn ich kann von dem besten Volksbegehren, das es in Bayern je gegeben hat, berichten. Wir haben über die CSU gesiegt, noch ehe wir richtig angefangen haben.
Meine Damen und Herren, so schnell haben Sie noch nie die Flucht angetreten. Das können wir nur begrüßen.
Die CSU und die Staatsregierung hatten vor – das war ihre erklärte und beschlossene Absicht – die Lernmittelfreiheit in Bayern abzuschaffen. Dieses Vorhaben ist ein Skandal, der zu Recht in Bayern einen Sturm der Entrüstung hervorgerufen hat. Die Lernmittelfreiheit ist ein hohes soziales Gut, das entscheidend dazu beiträgt, dass der freie und natürlich auch kostenfreie Zugang zu unseren Schulen möglich ist. Die Lernmittelfreiheit ist außerdem erforderlich, weil wir nicht weitere soziale Bildungsschranken in unserem Land aufrichten wollen. Bildung darf niemals vom Geldbeutel oder von der Herkunft der Eltern abhängig sein. Das ist zumindest unser erklärtes Ziel.
Die Abschaffung der Lernmittelfreiheit wäre natürlich auch ein Anschlag auf den Geldbeutel der Eltern, die ohnehin schon hohe Kosten für ihre schulpflichtigen Kinder aufbringen müssen. Schließlich und nicht zuletzt handelt es sich auch hierbei wieder um ein gebrochenes Wahlversprechen des bayerischen Ministerpräsidenten. Er hatte erklärt, bei der Bildung werde nicht gespart und nicht gekürzt. Das Gegenteil ist aber der Fall. Das Gegenteil ist übrigens auch der Fall beim Büchergeld, über das wir jetzt reden und über das wir demnächst in diesem Hause zu diskutieren und zu befinden haben.
Ihr erklärtes Ziel, die Abschaffung der Lernmittelfreiheit, haben Sie offensichtlich unter dem Druck der Öffentlichkeit aufgeben müssen. Das ist für uns ein großer Erfolg, ein Sieg für alle, die sich an unserer Seite an diesem Volksbegehren beteiligen wollten. Es ist ein Erfolg für die Eltern, für die Familien und für die Schulen. Schlimm ist jedoch, dass Sie Ihr Vorhaben nicht aufgrund besserer Einsicht aufgegeben haben, sondern lediglich aus purer Angst. Meine Damen und Herren, das ist schlimm.
Das beweist uns, dass die CSU ein Gegner der Lernmittelfreiheit in Bayern bleibt. Sie hat jetzt ihr Ziel nicht erreicht, wird es aber bei passender Gelegenheit wieder probieren. Der bayerische Ministerpräsident hat erklärt, es sei richtig und erforderlich, die Lernmittelfreiheit abzuschaffen. Die bayerische Schulministerin hat es in der letzten Woche für richtig befunden, die Lernmittelfreiheit abzuschaffen. Kultusstaatssekretär Freller hat noch am Montag dieser Woche in einer Rundfunksendung die Abschaffung der Lernmittelfreiheit verteidigt und für richtig befunden. Das bedeutet, Sie bleiben im Grunde bei Ihrer Absicht, Sie trauen sich jetzt nur nicht, dieses Vorhaben auf den Weg zu bringen. Meine Damen und Herren, dafür sollten Sie sich schämen.
Bei nächster Gelegenheit werden Sie es wieder versuchen. Deshalb werden wir auf der Hut sein. Deswegen sehen wir auch das Büchergeld, das Sie jetzt einführen
wollen, kritisch und werden es ablehnen. Diese Ablehnung hat mehrere Gründe, die ich kurz ansprechen möchte: Die Einführung des Büchergeldes ist nichts anderes als ein schrittweiser Wegfall der Lernmittelfreiheit. Sie ist nichts anderes als ein Einstieg in die Beseitigung der Lernmittelfreiheit. Mehr trauen Sie sich im Moment nicht. Jetzt muss der Einstieg durchgesetzt werden. In den nächsten Jahren wird es in dieser Richtung – die eine falsche ist – weitergehen.
Das Büchergeld stellt eine zusätzliche finanzielle Belastung der Eltern schulpflichtiger Kinder dar.
Das ist in diesem Land ein verheerendes Signal, in dem wir ohnehin zu wenige Kinder haben und wir alles tun müssen, damit mehr wieder JA zu Kindern sagen. Da darf man so etwas nicht machen.
Es ist auch eine bürokratische Regelung, die an unseren Schulen zusätzlichen Verwaltungsaufwand bringen wird, der finanziell im Staatshaushalt faktisch nichts erbringen und keine Auswirkungen haben wird. Auch das Büchergeld ist ein gebrochenes Wahlversprechen.
Dieses Schuljahr steht unter einem schlechten Stern. Die Stimmung an unseren Schulen ist schlecht. Die Eltern, Lehrer, Schülerinnen und Schüler spüren, dass Lehrer fehlen, dass Stunden, die zur Intensivierung gedacht waren, nicht stattfinden können, dass Unterricht ausfällt, dass Bayern für seine Schulen zu wenig tut. Das müssen wir dringend ändern. Deswegen wäre es wenigstens heute ein gutes Zeichen, wenn Sie am Nachmittag unserem Dringlichkeitsantrag zustimmen und deutlich machen würden, dass es bei der Lernmittelfreiheit, für die wir in diesem Land auch schon mit Volksbegehren – und immer gegen Sie – gekämpft haben, bleibt. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich darf nun für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Frau Kollegin Bause das Wort geben. Auch Sie haben zehn Minuten beantragt. Bitte schön, Frau Kollegin.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, guten Morgen! Bayern ist das Land mit der größten Ungerechtigkeit bei den Bildungschancen.
Das ist leider kein Grund zu klatschen. Diese Feststellung ist in vielen internationalen Studien belegt worden. In keinem anderen Land ist der Zugang zur Bildung so stark von der sozialen Herkunft der Kinder abhängig wie in Bayern.