Protocol of the Session on April 26, 2006

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Herr Staatssekretär, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 67. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

In deren Abwesenheit gratuliere ich Frau Kollegin Renate Ackermann recht herzlich zum heutigen Geburtstag und wünsche alles Gute.

Ich rufe Tagespunkt 18 auf:

Mündliche Anfragen

Wir haben 90 Minuten. Ich bitte zunächst Herrn Staatssekretär Dr. Bernhard um Beantwortung der ersten Fragen. Erster Fragesteller ist Herr Kollege Kobler.

Herr Präsident, Herr Staatssekretär! Wie beurteilt die Staatsregierung die möglicherweise Bayern betreffenden Gefahren angesichts der Meldungen über neuerliche Pannen – Korrosionserscheinungen an einem Deckel des Reaktors in Block 2, verrostete Stahlbetonteile und Entweichen des Wasserstoff-Isotops Tritium – am von der bayerischen Seite nur rund 65 Kilometer entfernt liegenden „Pannenkernkraftwerk Temelin“?

Herr Staatssekretär, bitte.

Herr Präsident, Herr Kollege Kobler, für internationale Angelegenheiten auf dem Gebiet der Reaktorsicherheit und des Strahlenschutzes und damit auch für Sicherheitsfragen beim Kernkraftwerk Temelin ist das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – BMU – zuständig.

Das Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz – StMUGV – hat deshalb die in der „Passauer Neuen Presse’“ vom 15.04.2006 erschienene Meldung über Probleme beim Kernkraftwerk Temelin zum Anlass genommen, das BMU um nähere Informationen und eine sicherheitstechnische Einschätzung zu bitten.

Eine Antwort liegt noch nicht vor. Das BMU hat im Übrigen in der Vergangenheit mehrfach versichert, dass es das StMUGV bei vom Kernkraftwerk Temelin ausgehenden Gefahren unverzüglich unterrichten wird. Auch eine solche Nachricht ist bisher nicht zugegangen.

Zusatzfrage: Herr Kollege.

Herr Staatssekretär, gibt es bisher irgendwelche Erkenntnisse, dass die Bundesregierung einen gewissen Mangel an Kommunikation gegenüber den Ländern zeigt?

Herr Staatssekretär, bitte.

Ich kann das von hier aus nicht sagen. Wir haben darum gebeten, uns darüber zu informieren und sich darum zu kümmern, die relativ vagen Angaben in der Presse zu konkretisieren.

Zweite Zusatzfrage: Herr Kollege.

Herr Staatssekretär, der bayerische Staatsminister für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Dr. Schnappauf, hat vor rund zwei Jahren ebenfalls aufgrund aktueller Ereignisse versucht, mit einem Rundbrief die Mandatsträger in der gesamten ostbayerischen Region zu informieren. Wäre es denkbar, dass die Staatsregierung – es sind rund zwei Jahre vergangen – mit einer entsprechenden sachlichen Aufklärung wieder für Ruhe und Sachlichkeit sorgen könnte? Vielleicht liegen bald entsprechende Informationen vonseiten des Bundes vor.

Herr Staatssekretär, bitte.

Das ist kein Problem. Wir werden selbstverständlich, sobald wir die Sachlage näher beurteilen können, die Kollegen, die in den betroffenen Regionen beheimatet sind, informieren.

Nächste Fragestellerin: Frau Kollegin Biedefeld.

Herr Staatssekretär, ist die Staatsregierung bereit, die in der „Verordnung zur Aufstallung des Gefl ügels zum Schutz vor der klassischen Gefl ügelpest“ vorgesehene Ausnahmegenehmigung für Hobby- bzw. Rassegefl ügelzüchter zu genehmigen, und ist die Staatsregierung bereit, eine vorbeugende Impfung gegen die klassische Gefl ügelpest auch in Bayern einzuführen, nachdem Forscher der Kulmbacher Bundesanstalt für Ernährung und Lebensmittel ein neuartiges Verfahren mitentwickelt haben, das den Vormarsch der Tierseuche wirksam bekämpfen kann?

Frau Kollegin, die Verordnung zur Aufstallung des Gefl ügels zum Schutz vor der Klassischen Gefl ügelpest vom 15. Februar 2006 sieht in § 1 Absatz 3 die Genehmigung von Ausnahmen von Aufstallungsgebot durch die zuständige Behörde unter Einhaltung der darin genannten Aufl agen vor. In Bayern haben die zuständigen Veterinärbehörden nach Überprüfung der jeweiligen Gegebenheiten vor Ort auf Antrag rund 70 Ausnahmegenehmigungen erteilt.

Die Bayerische Staatsregierung schließt sich zum Thema Impfung der Haltung des Friedrich-Löffl er-Instituts an. Das Friedrich-Löffl er-Institut spricht sich auch in der aktuellen Risikobewertung vom 17. April 2006 gegen die Impfung von Nutzgefl ügel gegen die Klassische Gefl ügelpest aus. Die Impfung schützt nicht vor der Infektion mit dem H5N1-Virus. Das Ausscheiden des Virus unter der Impfdecke führt zur Gefahr einer Verschleppung der Seuche. Ein EU-weit zugelassener geeigneter Marker

Impfstoff, mit dem geimpfte von mit Feldvirus infi zierten Tieren unterschieden werden können, ist derzeit nicht verfügbar.

Nach Einschätzung des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit – LGL – stellt das von der Kulmbacher Bundesanstalt für Ernährung und Lebensmittel – was Sie erwähnt haben – vorgestellte Verfahren keine neue Impfstoffentwicklung zum Schutz des Nutzgefl ügels vor der Gefl ügelpest dar. Das Konzept sieht vor, regulär geimpfte Tiere zusätzlich, das heißt, mit einer zweiten, getrennten Injektion, mit einem so genannten „Bio-Marker“, der die Bildung von Antikörpern induziert, zu kennzeichnen. Das Auffi nden dieser MarkerAntikörper ermöglicht keinerlei Differenzierung von geimpften und mit Feldvirus infi zierten Tieren. Das Problem besteht nach wie vor.

Erste Zusatzfrage: Frau Kollegin.

Herr Staatssekretär, sind Sie sich dessen bewusst, dass die Rassegefl ügelzucht kaputtgemacht wird, wenn Sie keinen Sonderstatus für die Rassegefl ügelzüchter aussprechen? Es bestehen bereits jetzt Schwierigkeiten bei der Zurverfügungstellung von neuem Zuchtmaterial bei der Nachzucht von Rassegefl ügel.

Herr Staatssekretär, bitte.

Wir sind uns der Problemlage bewusst. Man wird überlegen müssen, ob wir es den betroffenen Betrieben mit Ausnahmegenehmigungen ermöglichen können, ihre Aktivitäten auf diesem Feld weiterzuführen.

Frau Kollegin, bitte.

Herr Staatssekretär, warum wird nicht zwischen Rassegefl ügel und Ziervögeln differenziert? Ziervögel sind in geschlossenen Käfi gen und können keinerlei Kontakt zu Wildvögeln oder anderen Virenüberträgern – Wildvögel sind noch keine Virenüberträger – haben. Warum wird keinerlei Differenzierung zwischen Ziervögeln und Rassegefl ügel gemacht?

Herr Staatssekretär, bitte.

Ich verstehe Ihre Frage nicht ganz. Ziervögel werden ohnehin in Käfi gen gehalten, insofern sehe ich kein Problem im Hinblick auf das Aufstallungsgebot.

Eine dritte Zusatzfrage: Frau Kollegin.

Ich hätte gern noch eine andere Frage gestellt, aber dann mache ich es eben hierzu.

Für Ziervögel, die in geschlossenen Käfi gen gehalten werden, darf es keine Tierbörsen und keine Ausstellungen geben. Damit unterliegen sie genauso dieser Verordnung und auf diese Weise entstehen ebenso massive Probleme

bei den betroffenen Züchtern, und zwar auch in fi nanzieller Hinsicht.

Ich verstehe, was Sie fragen wollten. Das Problem liegt wohl darin, dass eine Infektionsgefahr besteht, sobald solche Vögel auf Ausstellungen verbracht werden. Solange sich die Vögel in ihren Käfi gen befi nden, ist das Aufstallungsgebot kein Problem – ich habe das gerade gesagt – falls sie jedoch auf Gefl ügelschauen ausgestellt werden, entsteht für solche Vögel eine Übertragungsgefahr bzw. eine Infektionsgefahr.

Damit ist dieser Komplex mit drei Zusatzfragen ausgeschöpft.

Nächste Fragestellerin: Frau Kollegin Scharfenberg.

Herr Staatssekretär, ist der seit etwa zweieinhalb Jahren dauerhaft betriebene, circa 2 Kilometer lange Elektrozaun in Stefl ing-Weißenhof – Stadt Nittenau – mit Artikel 141 der Bayerischen Verfassung sowie mit den bestehenden FFH-Vorgaben, die eine natürliche Dynamik des Flusses ohne Befestigung mit einem ausreichend großen Landlebensraum im Umgriff um den Fluss Regen vorschreiben, vereinbar, und ist bei dieser sockellosen Wildabsperrung, die nicht der Weidung dient, dem Niederwild jedoch dauerhaft die Regentränke verwehrt und somit zu Degeneration und Verinselung des Wildes führen könnte, von einer ordnungsgemäßen Nutzung auszugehen?

Der Elektrozaun mit rund 40 cm Höhe und zwei Spanndrähten in 15 und 40 cm Höhe war bereits mehrfach Gegenstand von Überprüfungen durch das Landratsamt Schwandorf und der Regierung der Oberpfalz. Die Überprüfungen ergaben keine Befugnis, nach den Vorschriften des Jagd-, Wald- und Landwirtschaftsrechts eine Beseitigung zu verlangen.

Der Zaun stellt keine Sperre im Sinne des Artikels 22 Absatz 3 und des Artikels 29 des Bayerischen Naturschutzgesetzes – BayNatSchG – dar, die das freie Betretungsrecht beeinträchtigen würde. Der Zaun ist von seiner Höhe her übersteigbar. Die Führung des Zaunes gewährleistet, dass Feld- und Wanderwege nicht abgesperrt werden. Außerdem dürfen landwirtschaftliche Nutzfl ächen während der Nutzzeit ohnehin nur auf vorhandenen Wegen betreten werden. Als Nutzzeit gilt dabei die Zeit zwischen Saat oder Bestellung und Ernte, bei Grünland die Zeit des Aufwuchses. So Artikel 25 Absatz 1 BayNatSchG.

Auf das FFH-Gebiet Chamb, Regentalaue und Regen zwischen Roding und Donaumündung hat der Zaun keine erheblichen Auswirkungen, da im Bereich Weißenhof nur der Fluss Bestandteil des FFH-Gebietes ist und keine der dort wertgebenden Arten durch den Zaun beeinträchtigt wird.

Die Regierung der Oberpfalz hält eine Baugenehmigungspfl icht für möglich und wird deshalb das Landratsamt Schwandorf um eine diesbezügliche Prüfung

bitten. Dabei wird voraussichtlich insbesondere zu prüfen sein, ob öffentliche Belange beeinträchtigt werden, insbesondere die in der Anfrage aufgeführten Belange des Naturhaushaltes. Bislang sind keine negativen Auswirkungen erkennbar geworden. Das Ergebnis der Prüfung des zuständigen Landratsamtes bleibt abzuwarten.

Zusatzfrage: Frau Kollegin Scharfenberg.

Herr Staatssekretär, die Antwort ist einigermaßen befriedigend, nämlich dahingehend, dass die Regierung der Oberpfalz eine Baugenehmigungspfl icht für möglich erachtet.

Allerdings ist es so, dass dieser Elektrozaun nicht nur 40 cm, sondern 1,50 Meter hoch ist. Es gibt Fotos, die dies belegen. Dieser Zaun besteht seit drei Jahren, und zwar in dieser Höhe. Ist das in Ordnung? Eigentlich soll das Ganze während der Nutzzeit mobil genutzt werden.

Herr Staatssekretär.

Wenn Sie sagen, dass der Zaun teilweise höher ist, muss man dem nachgehen unter dem Gesichtspunkt der zuvor genannten Vorschriften. Zunächst sollten wir uns jedoch darauf konzentrieren, was die baurechtliche Prüfung ergibt.

Damit ist dieser Komplex abgeschlossen. Nächster Fragesteller: Herr Kollege Werner.