Verehrte Kolleginnen und Kollegen, einen wunderschönen guten Morgen. Ich eröffne die 20. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde wie immer erteilt.
Dauer: 90 Minuten. Ich bitte zunächst Herrn Staatsminister Dr. Wiesheu um die Beantwortung der ersten Frage. Erster Fragesteller ist Herr Kollege Dr. Beyer.
Guten Morgen, Frau Präsidentin. Guten Morgen, Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen. In welcher Höhe beabsichtigt die Staatsregierung die vollständige Streichung der Mittel der Kooperationsförderung beim öffentlichen Personennahverkehr künftig zu kompensieren, wie soll dies im Einzelnen geschehen und auf welche Weise gedenkt die Staatsregierung hierbei die Schlechterstellung des Verkehrsverbundes Großraum Nürnberg (VGN), bei dem der Freistaat Bayern kein Gesellschafter ist, gegenüber dem MVV zu beheben?
Frau Präsidentin! Die Bayerische Staatsregierung hat die Mittel für die Kooperationsförderung beim öffentlichen Personennahverkehr nicht gestrichen. Die Kooperationsförderung wurde vielmehr im Anschluss an eine Anregung des Bayerischen Obersten Rechnungshofs aufgrund einer Querschnittsuntersuchung im Jahre 2002, einer Berichtsbitte des Bayerischen Landtags und mit Blick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur beihilferechtlichen Zulässigkeit öffentlicher Zuschüsse im öffentlichen Personennahverkehr in die Finanzhilfen nach dem Gesetz über den ÖPNVG nach Artikel 13d des Finanzausgleichsgesetzes integriert. Das bedeutet, dass die aus Artikel 13d FAG zur Verfügung stehenden Finanzmittel künftig vollständig an die Aufgabenträger des ÖPNV – das sind die Landkreise und die kreisfreien Gemeinden – weitergegeben werden. Bei der Verwendung der Mittel sind die Aufgabenträger ihrerseits gehalten, die gesetzlich vorgesehene besondere Unterstützung von Verkehrskooperationen angemessen zu berücksichtigen. Das ist also jetzt ein anderer Prozess.
Die konkrete Zuteilung der nach Artikel 13d FAG für das Haushaltsjahr 2004 zur Verfügung stehenden Mittel über die Regierungen an die Aufgabenträger befindet sich derzeit noch in der Abstimmung. Dabei werden der jeweilige Grad und die Intensität bestehender Verkehrsverbünde angemessen berücksichtigt werden. Eine
Schlechterstellung des Verkehrsverbundes Großraum Nürnberg gegenüber dem MVV wird dabei vermieden werden. Sie kann in keinem Fall aus der Tatsache resultie
ren, dass der Freistaat Bayern im VGN nicht Gesellschafter ist. Die Gesellschafterstellung des Freistaates Bayern im MVV hat weder nach bisheriger Kooperationsförderung zu einer Bevorzugung des MVV geführt noch wird dies nach der Neuordnung der Kooperationsförderung der Fall sein.
In welcher Höhe – das war auch die Frage und das ist das, was die Verbünde, ihre Verantwortlichen und ihre Mitglieder diskutieren – wird mit Mitteln zu rechnen sein, die in dem von Ihnen beschriebenen, noch in der Abstimmung befindlichen Prozess letztlich über die Regierungen ausgereicht werden, um dann unter den genannten Kriterien vor Ort in den Verbünden den Maßnahmen Rechnung zu tragen?
Noch einmal: Es gibt keine gesonderte Ausweisung der Kooperationsförderung mehr. Das ist eine Vorgabe des Rechnungshofes und dann auch von uns gewesen. Die Mittel sind dann bei den Verhandlungen zwischen dem Finanzminister, dem Innenminister und den kommunalen Spitzenverbänden, die über diese Thematik verhandelt haben, gekürzt worden, wie jeder weiß. Bei der Vergabe der gekürzten Mittel ist jetzt die Berücksichtigung der Kooperation ein weiteres Kriterium. Wie die Regierungen das im Einzelnen anwenden, ist ihnen überlassen. Da gibt es zwar Empfehlungen, aber ich kann heute nicht betragsmäßig sagen, wie viel das jeweils ausmacht.
Also zur Klarstellung: Das Volumen der Mittel gemäß Artikel 13d FAG wurde von 75 Millionen Euro auf 43,7 Millionen Euro gesenkt. Wir haben nur von dem Volumen von 43,7 Millionen Euro auszugehen, und Sie stellen in Aussicht, dass es dabei eine Verteilung gibt, die das Kriterium Kooperation, Verbund berücksichtigt? Aber es wird keine zusätzlichen Mittel geben?
So ist es. Bei der Verteilung der Mittel, die jetzt nach dem ÖPNV-Gesetz mit den Kooperationsfördermitteln zusammengefasst sind, ist die Kooperationsförderung ein weiteres Kriterium, aber es gibt keine gesonderte Ausweisung im Gesamtbetrag mehr.
Herr Staatsminister, bis wann ist damit zu rechnen, dass das von Ihnen beschriebene Verfahren greift, nachdem zum Beispiel der Zweckver
band Verkehrsverbund Großraum Nürnberg bereits einen Nachtragshaushalt verabschiedet hat, um den zusätzlichen Finanzbedarf zu decken? Es scheint dort eben noch nicht klar zu sein, mit welchen Mitteln man letztlich rechnen kann, wenn ich das richtig verstehe. Wann wird das der Fall sein?
Ich werde noch im Juli den entsprechenden Vorschlag dem Kabinett vorlegen, damit über die Mittelverteilung entschieden werden kann.
Vielen Dank, Herr Staatsminister Dr. Wiesheu. Damit hätten Sie die mündlichen Fragen beantwortet. Ich darf nun den Leiter der Staatskanzlei zur Beantwortung der nächsten Frage bitten. Herr Staatsminister Huber, bitte. Die Fragestellerin ist Frau Kollegin Werner-Muggendorfer. Bitte schön, Frau Kollegin.
Herr Staatsminister, wird die Bearbeitung des Erziehungsgeldes auf die Landratsämter und kreisfreien Städte verlagert bzw. auf welchem Stand befindet sich der Entscheidungsprozess darüber?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Rahmen des Projekts „Verwaltung 21“ wird geprüft, ob die Bearbeitung der Erziehungsgeldverfahren bei den jetzigen Ämtern für Versorgung und Familienförderung bleibt oder künftig auf die Kreisverwaltungsbehörden verlagert wird.
Derzeit werden die jeweiligen Argumente, die für oder gegen eine solche Verlagerung sprechen, sorgfältig geprüft und gegeneinander abgewogen. Dabei spricht für eine Verlagerung zum Beispiel die größere Bürgernähe, die dadurch entstünde, dass die Bearbeitung vor Ort erfolgen würde. Zudem wird an den Landratsämtern eine Reihe von Aufgaben vollzogen, die bereits die Familien betreffen. Dieser inhaltliche Zusammenhang könnte nach dem Lebenslagenprinzip für eine Zusammenführung sprechen.
Gegen eine Verlagerung spricht zum Beispiel, dass in der Regel größere Effizienz in der Verwaltung und höhere Synergieeffekte bei einer zentralen Bearbeitung erzielt werden können. Das Verfahren „Erziehungsgeld online“, das Bayern als erstes Land mit dem Bundeserziehungsgeld in Gang gebracht hat, muss konsequent weitergeführt werden können.
Die Staatsregierung wird voraussichtlich im Juli über die Zuständigkeit beim Erziehungsgeldverfahren entscheiden.
Herr Staatsminister, sehen Sie nicht ein gewisses Problem darin, dass man zum Beispiel gerade in Selb, also in einem strukturschwachen Gebiet in Oberfranken, wo man eine solche Stelle errichtet hat, etwas wegnimmt, obwohl man doch jetzt über Behördenverlagerung nachdenkt?
Ich sehe nicht, dass sich die Alternative Selb oder Kreisverwaltungsbehörde stellt. Da sind Sie einem Irrtum erlegen.
Sehen Sie nicht auch die momentane große Verunsicherung der Beschäftigten angesichts der Stellenberechnungen, weil sie nicht wissen, wie es weitergeht, bzw. die große Unsicherheit bei den Beschäftigten generell, weil man eben nicht weiß, wie letztendlich entschieden wird? Dazu muss ich noch sagen, dass erwartet wurde, dass schon in einer der letzten Kabinettssitzungen eine Entscheidung darüber getroffen wird.
Frau Kollegin, ich sehe in der Prüfung von Zuständigkeitsfragen eigentlich keinen Anlass für eine Verunsicherung der Beschäftigten. Es wird auch niemand seinen Arbeitsplatz verlieren.
Wir haben dieses Prüfungsverfahren vor einigen Wochen eingeleitet. Die Staatsregierung hat die Alternativen aufgenommen, und ein Entscheidungsprozess innerhalb von drei bis vier Wochen ist in einer solchen Phase relativ kurz. Wir werden wie in anderen Bereichen auch effizient und überzeugend entscheiden.
Dann darf ich Ihre Antwort so interpretieren, dass die Entscheidung noch nicht gefallen ist, dass die Ämter also auch bleiben könnten?
Natürlich ist es so. Ich habe gesagt, dass es geprüft wird, und es wird ergebnisoffen geprüft unter Abwägung aller Für und Wider. Es wird dann eine überzeugende Entscheidung getroffen, schon im Juli. Ich würde Sie bitten, zur Beruhigung der Bediensteten beizutragen,
Ich rufe das Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz auf und bitte Herrn Kollegen Adi Sprinkart, seine Frage zu stellen. Zur Beantwortung darf ich Frau Staatssekretärin Müller bitten.
Frau Staatssekretärin, treffen Aussagen zu, wonach das Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz auf die Entscheidung der Regierung von Schwaben bezüglich der Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten des Marktes Bad Hindelang beim Verkauf der Grundstücke aus dem Nachlass Seiner Königlichen Hoheit Prinz Eugen von Bayern im Naturschutzgebiet „Allgäuer Hochalpen“ Einfluss genommen bzw. es angewiesen hat, zugunsten des Kaufinteressenten zu entscheiden? Gab es dazu überhaupt einen Schriftwechsel zwischen dem Ministerium und der Regierung von Schwaben, wenn ja, mit welchem Inhalt?
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz hat weder einseitig zugunsten des Kaufinteressenten auf die Entscheidung der Regierung von Schwaben Einfluss genommen noch in der Angelegenheit eine Weisung erteilt.
Es gab einen Schriftwechsel, das möchte ich auch sagen. Im Vorfeld der Entscheidung hat die Regierung von Schwaben dem Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz ihre rechtliche Beurteilung insbesondere in zwei umstrittenen Rechtsfragen zur Kenntnis gegeben: zum Ersten, ob ein Unternehmenskauf unter das grundstücksbezogene Vorkaufsrecht des Artikels 34 des Bayerischen Naturschutzgesetzes falle, zum Zweiten, ob eine Weiterveräußerung eines erheblichen Teils der Grundstücke an Wald-, Weide- und Alpgenossenschaften möglich sei. Das Ministerium hat diese Rechtsfragen gutachtlich gewürdigt und der Regierung seine rechtliche Würdigung übermittelt.
Das Ministerium hat die Regierung am 09.09.2003 vom Antrag des Marktes Bad Hindelang auf Ausübung des Vorkaufsrechtes in Kenntnis gesetzt.