Protocol of the Session on July 15, 2008

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 128. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten; sie ist erteilt.

Ich möchte daran erinnern, dass heute vor zehn Jahren der damalige Vizepräsident Karl-Heinz Hiersemann gestorben ist. Wer ihn hier im Parlament kennengelernt hat, der wird sich, so glaube ich, gerne an diesen engagierten, sensiblen und in der parlamentarischen Auseinandersetzung robusten Menschen, der immer wieder den Brückenschlag zu den Menschen gesucht hat, erinnern.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Ministerbefragung

Die vorschlagsberechtigte SPD-Fraktion hat als Thema für die heutige Ministerbefragung „Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen der US-Finanzmarktkrise auf die Bayerische Landesbank!“ gewählt. Zuständig für die Beantwortung ist der Staatsminister der Finanzen.

Erste Fragestellerin ist Frau Kollegin Rupp.

Herr Präsident, Herr Staatsminister Huber, aufgrund gravierender Veränderungen stellen wir Ihnen heute Fragen bezüglich der Landesbank. Wir wollen das Thema zwar nicht wöchentlich auf die Tagesordnung setzen, aber heute ist die letzte Gelegenheit, zu diesem Thema Stellung zu beziehen. Diese gravierenden Veränderungen stehen im Zusammenhang mit der Krise des US-Finanzmarkts: Erstens handelt es sich um die Pleite der Hypothekenbank Indy Mac, zweitens um die extreme Schieflage der Immobilienfinanzierer Freddie Mac und Fannie Mae. Das hat Einfluss auf die Situation der Landesbank. Wir erwarten heute von Ihnen, dass Sie die Karten auf den Tisch legen, dass Sie Konsequenzen aus den Veränderungen ziehen und dass Sie dem Informationsrecht des Parlaments entsprechen und Ihre Kommunikationsstrategie der Vergangenheit verändern und heute nicht, wie Sie es in der Vergangenheit getan haben, das Parlament belügen,

(Widerspruch bei der CSU – Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

sondern es umfassend und wahrheitsgemäß informieren.

Wie lauten die aktuellen Zahlen aus dem Wochenbericht? Wie hoch sind die Marktwertminderungen? Wie hoch sind die echten Zahlungsausfälle? Gibt es neben der Pleite von Indy Mac und der Schieflage von Freddie Mac und Fannie Mae weitere Indikatoren für eine nochmalige Verschärfung der Krise auf dem US-Immobilienmarkt? Wie wirkt sich dies auf die Landesbank aus? Wie sieht die Situation bei den sogenannten Monolinern aus? Hat sich die Lage gegenüber dem Jahresanfang weiter zugespitzt? Wie bewerten Sie die Entwicklung auf dem US

Hypothekenmarkt? Hat der Verwaltungsrat die Marktentwicklung beobachtet, und hat der Verwaltungsrat Konsequenzen für die Unternehmenspolitik der Bank gezogen? Was kann diese Strategie im Worst Case für die Bank und die Eigentümer bedeuten? Welche Strategie ist hier einzuschlagen?

Diese Fragen möchten wir heute von Ihnen beantwortet bekommen. Wie gesagt, es ist die letzte Gelegenheit, das Parlament zu informieren. Kommen Sie dem Informationsrecht des Parlaments bitte nach!

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatsminister.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bevor ich auf die Fragen eingehe, soweit man sie heute überhaupt beantworten kann, möchte ich schon das Informationsgebaren der SPD und der GRÜNEN der letzten Zeit darstellen. Der Vorstand der Bayerischen Landesbank hat für den 24. Juni die Mitglieder des Haushaltsausschusses zu einer Informationsveranstaltung in die Landesbank eingeladen. Es haben Kollegen von der CSU teilgenommen; Kollegen von der SPD und von den GRÜNEN haben dieses Informationsangebot nicht wahrgenommen.

(Georg Schmid (CSU): Hört! Hört!)

Ich stelle fest: Es geht der SPD offenbar um ein Spektakel, nicht um ein Informationsbedürfnis.

(Beifall bei der CSU)

Wenn es Ihnen um Information gegangen wäre – der Fraktionsvorsitzende Maget ist am Sonntag sofort mit einer Presseerklärung an die Öffentlichkeit gegangen –, dann hätten Sie sinnvollerweise einen Brief an den Vorstand der Landesbank oder an mich als stellvertretenden Verwaltungsratsvorsitzenden geschrieben. Nein, das haben Sie nicht gemacht. Sie sind sofort am Sonntag an die Öffentlichkeit gegangen. Aus meiner Sicht ist das ein Vorgehen ohne Rücksicht auf das Ansehen der Bank, nur um ein parteipolitisches Spektakel zu veranstalten.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN – Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD): Wer hat denn dem Ansehen der Landesbank geschadet? Waren wir das?)

Sie haben die heutige Ministerbefragung beantragt, was selbstverständlich Ihr parlamentarisches Recht ist. Man muss aber auch die Folgen sehen. Ich möchte aus einem Brief zitieren, den der Vorstandsvorsitzende der Landesbank, Herr Dr. Kemmer, gestern an den Fraktionsvorsitzenden der SPD geschrieben hat. Ich lese zwei Absätze vor:

Ich bin mir bewusst, dass die BayernLB und die internationale Finanzmarktkrise reizvollen Stoff für die parteipolitische Auseinandersetzung im

nalen Finanzmärkte anzugeben oder auch nur abzuschätzen. Deshalb ist es natürlich auch nicht möglich, Zahlen darüber zu nennen, wie die Auswirkungen auf die Landesbank sein könnten. Man muss abwarten, wie sich die Finanzmärkte in der nächsten Zeit entwickeln.

Seit Anfang Mai bis in den Juni hinein hat sich auf den Finanzmärkten eine Beruhigung ergeben. Anfang Juli ist noch eine schwierige Situation eingetreten. Aber dies alles hängt mit den internationalen Märkten zusammen.

Die Bayerische Landesbank hat die Zahlen für das Jahr 2007 im April veröffentlicht. Im Mai hat sie die Zahlen für das erste Quartal 2008 veröffentlicht. Die Bayerische Landesbank hat angekündigt, dass sie die Zahlen für das zweite Quartal 2008 am 13. August bekannt geben wird.

Der Vorstand der Landesbank hat mir mitgeteilt, dass das Ergebnis vor Steuern im zweiten Quartal 2008 deutlich besser ist als im ersten Quartal 2008, dass die Auswirkungen der internationalen Finanzmarktkrise im zweiten Quartal 2008 deutlich geringer sind als im ersten Quartal 2008 und dass die BayernLB operativ weiterhin auf gutem Kurs ist. Wie er mir mitgeteilt hat, ist es jetzt aber nicht möglich, Aussagen über den weiteren Verlauf des Jahres zu machen. Konkrete Zahlen für das zweite Quartal werden, wie gesagt, am 13. August vorgelegt werden.

Ich finde diese neue Informationsstrategie der Landesbank richtig. Wir haben im Untersuchungsausschuss deutlich gemacht, dass die wöchentliche Veröffentlichung vorläufiger Zahlen keinen Sinn macht, dass dies keine Bank der Welt macht und dass es – wir haben hier eine öffentliche Veranstaltung – weder im Sinne der Bank noch im Sinne eines Informationsgewinns wäre, ständig schwankende wöchentliche Ergebnisse zu verkünden.

Wie man weiß, ist die Landesbank nicht verpflichtet, die Zahlen quartalsmäßig bekannt zu geben. Ich finde, die Umstellung, die letztlich auf meinen Einsatz zurückzuführen ist, ist richtig. Deshalb sage ich: Am 13. August wird die Landesbank für den Gesamtkonzern die Zahlen für das zweite Quartal darstellen. Die Informationen, die ich Ihnen jetzt gegeben habe, sind durchaus positiv.

Die erste Nachfrage stellt Herr Kollege Schieder.

Herr Staatsminister, würden Sie erstens zur Kenntnis nehmen, dass es sich einfach nicht geziemt, sich als Parlamentarier während eines laufenden Untersuchungsausschussverfahrens von der Landesbank zu einem opulenten Abendessen einladen zu lassen!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Würden Sie bezüglich der von Ihnen eben angesprochenen gespielten oder von Ihnen vielleicht selber bestellten künstlichen Aufregung des Herrn Dr. Kemmer zweitens zur Kenntnis nehmen, dass die Diskussion über die Landesbank, soweit sie sich in der Öffentlichkeit abspielt, nicht auf uns, sondern einzig und allein auf Ihre

Wahlkampf bieten. Gleichwohl schadet die dadurch ausgelöste neuerliche Diskussion unserer Bank massiv, nachdem in den letzten Wochen erfreulicherweise etwas Ruhe eingekehrt ist.

Es heißt weiter – an Sie gerichtet –:

Spekulationen, die jeder sachlichen Grundlage entbehren, wie sie von Ihnen in der obigen Pressemitteilung verbreitet wurden, führen zur Verunsicherung der Mitarbeiter und schädigen das Ansehen der Bank in der Öffentlichkeit bei fünf Millionen Kunden.

Das ist eindeutig.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD)

Der Freistaat Bayern ist zu 50 % Eigentümer dieser Bank. Der Bayerische Landtag muss jedes Interesse daran haben, dass das Vermögen, das in der Landesbank involviert ist, für den Freistaat Bayern bestmöglich verwaltet wird

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

und dass auch die Kontrollaufgaben im Sinne der Bank wahrgenommen werden. Ich stelle fest: Das Verhalten der SPD ist verantwortungslos.

(Beifall bei der CSU – Lachen bei der SPD)

Jetzt zu den Fragen:

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Es ist in der Tat am Wochenende bekannt geworden, dass in Kalifornien – ich sage dazu: Das entzieht sich dem bayerischen Einfluss – die große amerikanische Hypothekenbank Indy Mac zusammengebrochen und unter staatliche Verwaltung gestellt worden ist. Außerdem sind zwei große Hypothekenfinanzierer, Freddie Mac und Fannie Mae, in eine kritische Situation geraten. Der Kurs ihrer Aktien ist deutlich gefallen. Deshalb hat die amerikanische Regierung schon am Montag einen Rettungsplan angekündigt. Sie hat verbilligte Kredite für diese beiden großen Banken zur Verfügung gestellt. Das hat bereits gestern zu entsprechenden Reaktionen auf den Finanzmärkten geführt.

Das Ganze bestätigt: Die Lage auf den Finanzmärkten ist nach wie vor angespannt. Es herrscht weiterhin große Unsicherheit über die Bonität wichtiger Finanzinstitute. Insgesamt steht Liquidität nur eingeschränkt zur Verfügung.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Heute ist niemand in der Welt in der Lage, die Auswirkungen der Vorfälle der letzten Tage auf die internatio

Ich komme zu Ihrer vierten Frage. Eigentlich ist es die einzige Frage, die Sie gestellt haben. Es geht um die Abschirmung. Der Bayerische Landtag hat am 16. April die haushaltsgesetzliche Regelung beschlossen und die Staatsregierung ermächtigt, sich an einer solchen Abschirmmaßnahme zu beteiligen, und zwar mit maximal 2,4 Milliarden Euro. Entgegen dem, was von der Opposition seinerzeit gesagt wurde, haben sich die Sparkassen paritätisch an der Abschirmmaßnahme beteiligt.

In der Zwischenzeit sind die Verhandlungen weitergeführt worden. Sie sind kompliziert. Wir haben im Haushaltsrecht mehrere unterschiedliche Optionen. Es ist Aufgabe der Bank selber, einen Schirm inhaltlich auszuarbeiten. Nach den Eckpunkten, wie sie sich jetzt darstellen, wird eine Lösung mit der Ausgliederung in eine Zweckgesellschaft angestrebt. Es wird geprüft, welche Papiere aus dem ABS-Portfolio ausgelagert werden.

Im Übrigen hat sich das Portfolio vom 31. Dezember 2007 mit seinerzeit mehr als 24 Milliarden auf 20 Milliarden Euro zum 30. Juni 2008 reduziert.

(Franz Maget (SPD): Wodurch?)