Protocol of the Session on December 12, 2007

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 112. Vollsitzung des Bayerischen Landtags.

Presse, Funk und Fernsehen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Sie wurde erteilt.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich allen kundtun, dass der Kollege Max Strehle heute Geburtstag feiert. Herzlichen Glückwunsch im Namen des ganzen Hauses!

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung die Tagesordnungspunkte 7 bis 10 auf:

Gesetzentwurf der Abg. Franz Maget, Joachim Wahnschaffe, Kathrin Sonnenholzner u. a. u. Frakt. (SPD) eines Bayerischen Gesetzes zum Schutz vor den Folgen des Passivrauchens sowie der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen (Bayerisches Gesund- heitsschutzgesetz – BayGSG) (Drs. 15/7201) – Zweite Lesung –

Gesetzentwurf der Abg. Margarete Bause, Maria Scharfenberg, Barbara Rütting u. a. u. Frakt. (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zum Schutz vor den Gefahren des Rauchens (Drs. 15/7202) – Zweite Lesung –

Gesetzentwurf der Staatsregierung Gesetz zum Schutz der Gesundheit (Gesundheits- schutzgesetz – GSG) (Drs. 15/8603) – Zweite Lesung –

hierzu:

Änderungsantrag der Abg. Georg Schmid, Renate Dodell, Joachim Unterländer u. a. (CSU) (Drs. 15/9183)

Änderungsanträge der Abg. Joachim Wahnschaffe, Kathrin Sonnenholzner, Christa Steiger u. a. (SPD) (Drs. 15/9191 und Drs. 15/9477)

Änderungsantrag der Abg. Georg Schmid, Renate Dodell, Joachim Unterländer u. a. u. Frakt. (CSU), Franz Maget, Kathrin Sonnenholzner, Joachim Wahnschaffe u. Frakt. (SPD), Margarete Bause, Maria Scharfenberg, Renate Ackermann u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drs. 15/9208)

Antrag der Abg. Margarete Bause, Maria Scharfenberg, Barbara Rütting u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Schutz vor den Gefahren des Rauchens (Drs. 15/7260)

Bevor wir in die Aussprache eintreten, weise ich darauf hin, dass die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN namentliche Abstimmung über ihren Antrag auf Drucksache 15/7260 – Tagesordnungspunkt 10 – beantragt hat. Ebenso hat die CSU-Fraktion namentliche Schlussabstimmung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung beantragt.

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurde eine Redezeit von 15 Minuten pro Fraktion vereinbart. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Sonnenholzner.

Herr Präsident, spärlich anwesende Kolleginnen und Kollegen! Dieses Haus macht heute – hoffentlich, wenn man den Zeichen in der Presse glauben darf, dass die Mehrheit zustimmen wird – einen wichtigen, großen Schritt zu mehr Gesundheitsschutz für die Menschen in Bayern und damit hoffentlich zu mehr Gesundheit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Unter dem Motto „steter Tropfen höhlt den Stein“ sage ich für die SPD-Fraktion, dass wir maßgeblich dazu beigetragen haben, dass es heute so weit ist. Ich erinnere nur an die Bemühungen, die schon seit drei Jahren laufen, ein vorbildhaftes Rauchverbot für dieses Haus durchzusetzen, und an die frühen Bemühungen für einen umfassenden Nichtraucherschutz in ganz Bayern mit unserem ersten Gesetzentwurf.

Warum brauchen wir dieses Gesetz? Auch an dieser Stelle weise ich auf einige Zahlen hin. Circa 140 000 Menschen in Deutschland, je nach Schätzung zwischen 14 000 und 21 000 Menschen allein in Bayern, sterben jährlich an den Folgen tabakassoziierter Krankheiten. 3300 von den 140 000, knapp 500 in Bayern, sterben an den Folgen des Passivrauchens. Das sagen neuere Studien aus.

In Bayern gibt es bis zum heutigen Tag noch keinen angemessenen, wirksamen Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern in öffentlichen Räumen.

Die Belastungen des Rauchens und des Passivrauchens sind ursächlich für zahlreiche Erkrankungen. Rauchen ist die vierthäufigste Todesursache. Es gibt ein erhöhtes Diabetesrisiko. Rauchen ist ein wichtiger Auslöser allergischer Erkrankungen. Damit habe ich nur einiges genannt. Rauch beeinträchtigt die Gesundheit derer, die rauchen, aber auch derer, die passiv betroffen sind, massiv. Das bedeutet auch eine massive finanzielle Belastung unseres Gesundheitssystems.

Deswegen ist der Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens für die Menschen in Bayern, insbesondere für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an ihren Arbeitsplätzen selbstverständlich eine staatliche Aufgabe. Es ist unsere Aufgabe, als Gesetzgeber für den Schutz zu sorgen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Der SPD-Gesetzentwurf heißt „Gesetz zum Schutz vor den Folgen des Passivrauchens sowie der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“. Denn genau dieser Schutz besteht bisher nicht, und Kinder und Jugendliche werden nicht erfolgreich genug vom Rauchen abgehalten.

Alle Bemühungen um freiwillige Lösungen haben bisher nichts gebracht. Deswegen müssen wir jetzt rasch handeln. Allerdings gehen die Meinungen darüber auseinander, was „rasch“ heißt. Der Meinungsbildungsprozess hat in Ihren Reihen ja etwas länger gedauert.

(Georg Schmid (CSU): Dafür war er umso intensiver!)

Am Ende zählt der Effekt, der dabei herauskommt.

(Georg Schmid (CSU): Kein Neid!)

An dieser Stelle möchte ich den rauchenden Kolleginnen und Kollegen aus meiner eigenen Fraktion danken, die diesem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Ich weiß, das ist euch nicht leicht gefallen. Aber ihr könnt euch sicher sein, dass wir es entsprechend honorieren. Denn der gesetzliche Schritt bedeutet ja einen persönlichen Einschnitt für alle, die sich jetzt dazu durchgerungen haben.

Unser Gesetzentwurf hat nicht das Ziel – das sage ich ganz deutlich, weil es in den E-Mails, die in den letzten Tagen gekommen sind, immer wieder Thema war –, die Raucherinnen und Raucher zu diskriminieren. Übrigens werden wir den Entwurf der GRÜNEN ablehnen, weil wir es für deutlich zu weitgehend halten, den Menschen das Rauchen auch im Außenbereich zu verbieten. Dies hat nämlich nichts mit den Gefahren des Passivrauchens zu tun. Auch auf dem Gelände, Frau Scharfenberg, sind die Nichtraucher nicht gefährdet. Wir halten also Ihren Gesetzentwurf nicht für zielführend.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Ich sage allen, die sich jetzt von den großen Protesten beeindrucken lassen, etwas zur Beruhigung. In anderen Ländern gibt es mit der Umsetzung keine Probleme. Je klarer die Regelung, je besser die begleitende Prävention war und je konsequenter von Anfang an auch auf die Einhaltung des Gesetzes geachtet wurde, desto reibungsloser hat sich die Neuregelung unter dem Strich einführen lassen.

Ich sage noch etwas zur Erinnerung. Irland hatte eine Strafe von 3000 Euro für diejenigen vorgesehen, die in Kneipen und Pubs geraucht haben. Schon am dritten Tag ist dort ein schlauer Abgeordneter erwischt worden. Der hat gemeint, ihn betreffe das nicht. Aber er hat dann, vom großen öffentlichen Interesse begleitet, die 3000 Euro gezahlt. Das hat geholfen, das Gesetz in der Bevölkerung zu implantieren.

(Zurufe von der SPD)

Das wäre auch für Bayern eine gute Lösung. Im Übrigen sind natürlich massive Präventionskampagnen notwendig. Auch das hat uns Irland vorgemacht. Die Gelder, die wir dafür brauchen, werden wir im Rahmen des Nachtragshaushalts beantragen.

Kolleginnen und Kollegen der Mehrheitsfraktion, die Mehrheit der Bevölkerung will dieses Rauchverbot, insbesondere Ihre Wähler.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Auch das hätte Sie schon früher zum Handeln bringen können. Auch wenn das Geschrei im Moment groß ist, wird sich diese Aufregung legen und wird das Rauchverbot auch bei uns ein Erfolg werden, ohne – das sage ich klar in Richtung der gastronomischen Betriebe – dass es zu Einbußen oder gar zu Schließungen von Kneipen oder Lokalen kommt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir kennen die Probleme, die diese Branche hat. Das hat allerdings nichts mit dem Rauchverbot zu tun. Es gibt seit 2005 in der Gastronomie Umsatzeinbußen von mehr als 16 % und bei den Beherbergungsbetrieben von ungefähr 7 %. Das hat, wie gesagt, nichts mit dem Rauchen zu tun, sondern das ist auf generelle Schwierigkeiten zurückzuführen. Die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass genau in diesem Bereich nach einer ganz kurzen Phase die Umsätze sehr gestiegen sind, weil Menschen, die lange nicht mehr in Kneipen waren, wieder in Kneipen gehen, da sie dort nicht mehr im Raucherqualm sitzen müssen.

(Zuruf des Abgeordneten Joachim Wahnschaffe (SPD))

Deswegen sind wir nach wie vor gegen jede Ausnahmeregelung für die Gastronomie, weil durch die Möglichkeit, die Sie, Kolleginnen und Kollegen von der Mehrheitsfraktion, ursprünglich vorgesehen hatten, nämlich in abgeschlossenen Räumen zu rauchen, die Einraumgastronomie tatsächlich massiv benachteiligt würde.

Ich sage Ihnen noch einmal, es ist wichtig, dass zu Beginn Kontrollen durchgeführt werden

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

und dass diese Kontrollen Konsequenzen haben. Da ist es nicht hilfreich, dass man, wie der Ministerpräsident neulich gesagt hat, das gar nicht oder nur sehr lax anschauen wird; denn es kann nicht sein, dass sich diejenigen, die nicht rauchen oder die sich in einer Nichtraucheratmosphäre aufhalten wollen, dieses Recht einzeln erkämpfen müssen. Jeder, der an einem Bahnhof schon einmal versucht hat, Raucher auf die Raucherzonen zu verweisen, weiß, wovon ich hier spreche.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir stimmen in den wesentlichen Bereichen mit dem spät, aber immerhin vorgelegten Gesetzentwurf der Staatsregierung überein. Wir werden ihm deswegen zustimmen, weil die Richtung tatsächlich die richtige ist.

Nicht einverstanden sind wir nach wie vor mit der Ausnahmeregelung für so genannte geschlossene Gesellschaften; denn auch in diesem Bereich geht es um den Schutz der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Außerdem hat die Debatte der letzten Wochen gezeigt, dass die Befürchtungen, dass diese geschlossenen Gesellschaften weiterhin als Einfallstor für Kneipen gesehen werden, in denen geraucht wird, relativ groß sind. Es zeigt sich auch in Rheinland-Pfalz, dass es da an der einen oder anderen Stelle offensichtlich Probleme gibt. Das halten wir nicht für zielführend.

Einige Sätze zum Thema „Raucherclubs“, weil wir auch dazu Dutzende von Mails bekommen haben: Natürlich wollen wir die Raucherinnen und Raucher nicht gängeln, sondern die dort Beschäftigten vor den Gefahren des Passivrauchens schützen.