Protocol of the Session on June 13, 2007

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 95. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Sie ist erteilt.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich zwei Glückwünsche aussprechen: Am 25. Mai feierte Kollege Philipp Graf von und zu Lerchenfeld einen halbrunden Geburtstag – ich habe ihn gerade gesehen, er ist anwesend.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Der feiert nicht!)

Kollege Rainer Volkmann feierte am 3. Juni ebenfalls einen halbrunden Geburtstag. Beiden Kollegen wünsche ich im Namen des gesamten Hauses alles Gute.

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde

Für die heutige Sitzung ist die Fraktion der CSU vorschlagsberechtigt. Sie hat eine Aktuelle Stunde zum Thema „Global denken, lokal handeln – Bayerns Klimaschutzinitiativen vor dem Hintergrund der G-8-Beschlüsse“ beantragt.

In der Aktuellen Stunde haben die einzelnen Redner bekanntlich fünf Minuten Redezeit. Für je einen Redner pro Fraktion können zehn Minuten Redezeit beantragt werden, was bereits geschehen ist. Ergreift ein Mitglied der Staatsregierung das Wort für mehr als zehn Minuten, erhält eine Fraktion auf Antrag eines ihrer Mitglieder zusätzlich fünf Minuten Redezeit. –

Erster Beitrag: Herr Kollege Kaul.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in diesem Haus allen Grund, auf unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel als Gastgeberin und Vordenkerin des G-8Gipfels stolz zu sein.

(Beifall bei der CSU – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Glückwunsch!)

Ich will das begründen. Sie hat aus Überzeugung selbstbewusst das Zukunftsweisende von ihren Staatslenkerkollegen gefordert. Sie nutzt die EU-Ratspräsidentschaft, um die weltweite Umsetzung der Gleichwertigkeit des Dreiklangs von Rio einzufordern – wir kennen das alle, wir haben lange und oft genug darüber gesprochen –, nämlich zu fordern, dass Wirtschaft, Soziales und Umweltschutz zur Präambel der nationalen Politiken gemacht werden. Wir haben in zurückliegenden Diskussionen erlebt, dass Erkenntnisse der Wissenschaft über die Verantwortung der Industrienationen für die Veränderungen

des weltweiten Wettergeschehens nicht akzeptiert und in Abrede gestellt worden sind.

Werte Kolleginnen und Kollegen, es ist das große Verdienst von Angela Merkel, dass entgegen allen bisherigen Verlautbarungen alle Mitglieder der G-8-Runde die wissenschaftlichen Ergebnisse des Intergovernmental Panel on Climate Change – IPCC – als Grundlage weiterer Maßnahmen akzeptiert haben; aber nicht nur das, auch die dort wiedergegebenen Handlungsempfehlungen des IPCC sind akzeptiert worden. – Ich zitiere:

We noted with concern the recent IPCC report and its fi nding.

(Zurufe von Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN: Übersetzung!)

Ich zitiere aus dem Original, damit hier keine falschen Übersetzungen Platz greifen.

Alle erkennen damit an, dass sich das Klima der Welt nicht um mehr als zwei Grad erwärmen darf, um einen Kollaps des Klimas auf diesem Planeten zu vermeiden.

Die messbare Reduktion zum Beispiel der CO2-Emissionen hat darunter gelitten, dass der größte Emittent, nämlich die Vereinigten Staaten von Amerika, zuvor das Kyoto-Protokoll zwar unterschrieben, aber nicht ratifi ziert hat. Amerika – wie wir alle wissen – wollte mit China und Indien einen eigenen Weg gehen. Seit Heiligendamm ist das vom Tisch! Amerika wird bereits auf der Klimaschutzkonferenz im Dezember dieses Jahres auf Bali teilnehmen und hat angekündigt, dass es 2012 die Vereinbarung in der Nachfolge des Kyoto-Protokolls unterschreiben werde, aber nicht nur unterschreiben, sondern auch ratifi zieren werde.

Für die Glaubhaftigkeit all dieser Beschlüsse ist besonders wichtig: Alle G-8-Staaten, einschließlich Amerika als großer CO2-Emittent, verpfl ichten sich, die weiteren Schritte unter die Führung der UN als Weltgemeinschaft zu stellen. Wenn einer von uns vor dem Gipfel von Heiligendamm dieses Ergebnis vorausgesagt hätte, wäre er sicher als Klimafantast verschrien worden. Für mich ist die Kritik des SPD-Bundesvorsitzenden Beck an den Beschlüssen von Heiligendamm unbegreifl ich. Sein Motiv – darüber macht man sich schließlich Gedanken – kann nur sein, was ein Karikaturist im „Main-Echo“ vor einigen Tagen aufgegriffen hat. Müntefering und Beck werden in einer Karikatur gezeigt. Beck fragt Müntefering: „Wie komme ich denn mal wieder ins Fernsehen?“

Werte Kolleginnen und Kollegen, stellen Sie sich vor, unter einer rot-grünen Bundesregierung wären diese Ergebnisse von Heiligendamm allenthalben gefeiert worden.

(Susann Biedefeld (SPD): Dann hätte es wenigstens Ergebnisse gegeben!)

Es gibt, Gott sei Dank, aber noch andere Urteile. Dagegen lautet der Kommentar des World Wildlife Fund – WWF –: Es ist mehr erreicht worden, als zu erwarten war. Herr

Steiner, der Leiter des UN-Umweltprogramms, lobte die Zusage von George W. Bush, sich für den Lösungsweg im Klimaschutz in die Völkergemeinschaft einzureihen. Ich zitiere:

Das haben wir Frau Merkel zu verdanken, das gab es vorher noch nicht.

Auch wenn Viele konkrete Zahlen als Ziele vermisst haben, die Halbierung der CO2-Emissionen bis 2050 ist beschlossen. Ich zitiere aus dem Originalprotokoll:

We will consider seriously the decisions made by the European Union, Canada and Japan, which include at least a halfi ng of global emissions by 2050.

Diese eindeutige Ankündigung können auch virtuose Gesprächskünstler bis zum Klimaschutzgipfel auf Bali nicht kleinreden oder zum Nullum werden lassen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ein weiterer Erfolg: Waren bisher marktwirtschaftliche Elemente des Klimaschutzes wie Emissionshandel oder Ökosteuer „Teufelswerkzeug“, besonders in den Augen der Amerikaner, so werden sie nun im Protokoll von Heiligendamm

(Widerspruch bei den GRÜNEN und bei Abge- ordneten der SPD)

sogar als wichtige Anreize für die Privatwirtschaft gewertet. Frau Merkel hat aufgenommen, was selbst eingefl eischte Amerika-Kritiker hierzulande nicht wahrhaben wollten, dass selbst Banker an der Wall Street erkannt haben, dass der Handel mit Kohlendioxid-Zertifi katen zum Instrument des globalen Klimaschutzes und damit zu einer Börse mit Milliardenumsätzen wird. Dies wie auch die explizite Festlegung der Förderung von Techniken zur Kraft-Wärme-Kopplung ins Protokoll von Heiligendamm aufzunehmen, ist das Verdienst der amtierenden EURatspräsidentin.

(Ruth Paulig (GRÜNE): Glos boykottiert das!)

Dass mittlerweile die Deutsche Börse einen Öko-Dax eingeführt hat, in dem die am umweltfreundlichsten produzierenden zehn Wirtschaftsunternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien aufgelistet und laufend bewertet werden, will ich in diesem Zusammenhang als eine gute Entwicklung anführen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, mittlerweile sind die Beschlüsse von Heiligendamm zum Auftrag für die Umweltminister aller Länder dieser Erde geworden. Sie müssen sich im Dezember 2007 in Bali zusammen mit Amerika auf den Weg der Umsetzung machen. Ihr Votum wird 2008 zur Vorlage des nächsten G-8-Gipfels in Japan. Danach folgt 2009 die Weltumweltkonferenz unter UN-Führung zur Festlegung der Klimaschutzmaßnahmen nach Ablauf des Kyoto-Protokolls 2012.

Angela Merkel konnte in Heiligendamm deswegen so selbstbewusst Forderungen an die übrigen sieben In

dustrienationen stellen, weil wir in Deutschland als Umweltvorreiter der EU gelten, und zwar wegen unserer Gesetzeswerke, unserer Umweltforschung

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

das möchten Sie gern – und wegen des Stands der zur Verfügung stehenden Umwelttechnologien. Deshalb sind die Beschlüsse von Heiligendamm eine Riesenchance auch für unsere Wirtschaft. Kollege Pschierer wird sicher darauf eingehen.

Den Schadstoffausstoß zu reduzieren, Energie zu sparen, erneuerbare Energien zu nutzen und unsere künftige Energieversorgung und unsere Mobilität auf CO2-neutrale Energien umzustellen, ist durch den Einzug intelligenter Technologien möglich geworden.

G 8 hat mit seinen Beratungen gezeigt, dass die Industrienationen als Verursacher der Veränderungen unserer Atmosphäre ihre Verantwortung sehen und den übrigen Ländern der Welt einen Weg anbieten, unsere Fehler aus der Vergangenheit auf ihrem Weg in eine bessere Zukunft zu vermeiden. Deshalb war auch der anfangs kritisierte umfangreiche Themenkatalog, wie ich meine, richtig und wichtig; denn ohne die Einhaltung ökologischer und sozialer Mindeststandards kann die Globalisierung nicht gelingen.

Alle Länder sind nun aufgefordert, diese Standards zu verwirklichen. In Deutschland sind es die Bundesländer, die EU- und deutsches Recht umsetzen und in ihrem Wirkungsbereich Umweltschutz gestalten. So wie die Summe der kleinen Umweltsünden das große Umweltproblem ergibt, gilt umgekehrt: Die Vermeidung von Umweltsünden führt zur Verbesserung unserer Umwelt und unserer Lebensbedingungen.

Bayern braucht sich mit seinen Maßnahmen in der Klimaforschung wie auch mit seinen Reduktionsmaßnahmen nicht zu verstecken. – Ich sehe soeben, dass mir die Aufzählung dieser Maßnahmen wegen Ablaufs der Redezeit nicht mehr möglich ist. Aber die Kollegen Brunner, Pschierer und Meißner werden dies tun.

Heiligendamm mit Angela Merkel hat den von uns Menschen verursachten Klimaproblemen einen neuen Stellenwert gegeben. Heiligendamm hat gezeigt: Für die Lösung gibt es keinen Königsweg. Die Lösung liegt in einem Bündel von Maßnahmen. Wir sind nicht nur aus wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern auch aus den bereits eingetretenen Schäden klüger geworden. Das hat auch manchen Zweifl er nachdenklich gemacht.

Jede Regierung und jedes Parlament muss sich nun die Frage stellen, ob sie für den Klimaschutz genug tun. Wir von der CSU werden den Auftrag von Heiligendamm im Sinne von global denken und lokal handeln aufnehmen und unsere bisherigen Maßnahmen auf ihre Erfolge überprüfen.

Ich glaube, eines kann ich schon heute in diesem Hause feststellen: Wenn sich alle Bundesländer mit den Erfolgen

von Bayern an der Reduktion von Klimagasen beteiligten, bekämen wir die Klimaveränderung in den Griff.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist überschritten.

Ich bin jetzt fertig. – Klimaschutz ist durch Heiligendamm zu einer ehrenwerten Aufgabe der Politik geworden. Dabei Vorreiter zu sein, wird für die CSU-Fraktion weiterhin eine Herausforderung bleiben.

(Beifall bei der CSU)

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Biedefeld.