Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 51. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.
Meine Damen und Herren! Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich daran erinnern, dass sich in diesen Monaten mehrere Gedenktage für bedeutende Nachkriegspolitiker ergeben haben. Heute haben wir für Hans Ehard, dem früheren Ministerpräsidenten und Landtagspräsidenten, dessen Todestag sich zum 25. Male jährt, einen Kranz niedergelegt – die Staatsregierung, der Landtag und die Stadt München, deren Ehrenbürger er ist.
Ich erinnere an den 25. Todestag von Dr. Wilhelm Hoegner am 5. März dieses Jahres. Beide Politiker, Hoegner und Ehard, zählen zu den großen Weichenstellern der Nachkriegszeit. Wir hatten am 6. September den 90. Geburtstag von Franz Josef Strauß und den 100. Geburtstag von Alfons Goppel am 1. Oktober. Mir ist das Anlass, dass wir uns diese Pioniergeneration aus allen Parteien heraus und ihre großen Leistungen in einer schwierigen Zeit in Erinnerung rufen. Ich glaube, dass wir daran gut Maß nehmen können für Aufgaben in unserer Zeit.
Meine Damen und Herren, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich noch nachträglich Herrn Kollegen Wilhelm Leichtle zum 65. Geburtstag gratulieren, den er am 10. Oktober feierte. Herzlichen Glückwunsch und viel Freude bei allen verbandlichen und hoffentlich auch privaten sportlichen Tätigkeiten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt gemäß § 176 der Geschäftsordnung die Zitierung des stellvertretenden Ministerpräsidenten Dr. Beckstein.
Minister Beckstein hat sich heute telefonisch entschuldigen lassen, weil er als neu gewählter Bundestagsabgeordneter an der konstituierenden Sitzung des Bundestages teilnimmt. Wir sind nicht bereit, dies als wichtigen Grund im Sinne der Geschäftsordnung zu akzeptieren.
Ein stellvertretender Ministerpräsident, dem sein Platz als einfacher Abgeordneter in Berlin wichtiger ist als seine Aufgaben in Bayern, kommt seiner Verpfl ichtung als Regierungsmitglied nicht nach und vernachlässigt seine Aufgabe, dem Bayerischen Landtag gegenüber die Politik
der Staatsregierung zu verantworten. Er missachtet außerdem das Abgeordnetenmandat. Wer sein Abgeordnetenmandat im Bundestag nicht ernsthaft und nicht für die Dauer der Legislaturperiode antreten will, sollte es so schnell wie möglich zurückgeben. Noch besser wäre es gewesen, er hätte gar nicht erst kandidiert.
Wenn jemand gar Ministerpräsident werden will – und das will er –, dann muss er entsprechende Prioritäten setzen.
Noch schwerer wiegt aber, dass der Ministerpräsident und der stellvertretende Ministerpräsident seit längerem ihre Aufgaben in Bayern vernachlässigen,
Einen Moment, Herr Kollege Dürr, Sie sind noch nicht dran. Es muss möglich sein, die Nerven zu haben, sich gegenseitig zuzuhören. Das erleichtert die Sache.
Seit Wochen herrscht Stillstand in der Landespolitik, weil die Spitze der Staatsregierung nur mit bundespolitischen Machtkämpfen beschäftigt ist. Seit Jahren – das ist noch schlimmer – wird die Landespolitik missbraucht, um die bundespolitischen Ambitionen des Ministerpräsidenten voranzutreiben.
Das können wir nicht akzeptieren. Es ist höchste Zeit, dass sich die Staatsregierung wieder auf ihre Aufgaben in Bayern konzentriert. In unserem Land gibt es genug zu tun.
Nehmen wir nur das Thema der heutigen Aktuellen Stunde: „Bayern sozial gestalten – Kürzungspolitik der Staatsregierung korrigieren“. Bayern ist bekanntlich ein reiches Land, aber nicht alle haben eine Chance auf Anteil am öffentlichen und am privaten Reichtum. Die Staatsre
Ohne diese Debatte jetzt vorwegnehmen zu wollen: Die Menschen in Bayern haben Anspruch darauf, zu erfahren, wie es hier weitergeht, ob die Staatsregierung erkannt hat, dass dieser Sparkurs auf Kosten der sozial Schwachen von den Wählerinnen und Wählern abgelehnt wird, ob sie deshalb einen Kurswechsel einleitet,
ob die unsozialen Kürzungen zurückgenommen werden, zum Beispiel bei der Obdachlosenhilfe, bei der Jugendarbeit, bei der Erziehungsberatung, bei der Schuldnerberatung, bei der Insolvenzberatung, ob sie künftig etwas dagegen unternehmen will, dass in Bayern die Menschen stärker als anderswo Chancen haben, je nachdem, in welchem Umfeld sie aufwachsen, wo sie herkommen – –
Herr Kollege Dr. Dürr, es geht jetzt um die Frage der Anwesenheit von Herrn Staatsminister Dr. Beckstein und nicht um die inhaltliche Aussprache.
Die zuständige Ressortministerin für das Allgemeine ist anwesend. Ich bitte Sie, sich darauf zu konzentrieren, ob die Anwesenheit von Dr. Beckstein aus Ihrer Sicht notwendig ist.
Es ist ein langer Satz. Das gebe ich zu. Es ist aber ein Satz, mit dem ich begründe, warum ich den Antrag stelle.
Wenn schon der Ministerpräsident nicht da ist, dann muss der stellvertretende Ministerpräsident hier erklären, ob die CSU verstanden hat, warum sie so eine massive Wahlniederlage erhalten hat und wie die künftige Ausrichtung der Regierungspolitik in Bayern sein wird. Da erwarte ich mir keine Auskunft von irgendeinem Minister, sondern vom Ministerpräsidenten oder seinem Stellvertreter.
Bei diesen Fragen haben wir und vor allem die Menschen in Bayern Anspruch auf eine Antwort. Auch ein anderer Minister bewirbt sich, und er hat schon erkannt, dass der Sparkurs und die neoliberale Politik nicht so populär sind. Jetzt wollen wir auch vom zweiten Bewerber hören, ob er das ebenso sieht.
Deswegen hätten wir gerne, dass Herr Innenminister Beckstein hier erscheint und als selbst ernannter und erklärter Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten zu unseren Fragen Stellung nimmt.
Wortmeldung zur Gegenrede: Herr Fraktionsvorsitzender Joachim Herrmann. Da der Vollversammlung die Entscheidung darüber freisteht, ob einer oder zwei gegenreden, lasse ich dann auch die Wortmeldung von Herrn Kollegen Maget zu. – Herr Kollege, bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe im Sommer irgendwann in einer Zeitung eine Erinnerung daran gelesen, dass sich die GRÜNEN im Bayerischen Landtag gerne als PremiumOpposition bezeichnen lassen.