Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 86. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Wie immer haben Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen um Aufnahmegenehmigung gebeten, und sie ist erteilt worden.
Meine Damen und Herren, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich noch zwei Glückwünsche aussprechen. Am 4. Februar feierte Frau Kollegin Maria Scharfenberg einen halbrunden Geburtstag, und gestern konnte Herr Kollege Peter Schmid einen runden Geburtstag feiern. Beiden einen herzlichen Glückwunsch und alles Gute für den weiteren Lebensweg.
Für die heutige Sitzung ist die Fraktion der CSU vorschlagsberechtigt. Sie hat eine Aktuelle Stunde zum Thema „Klima schützen und Energie sichern: Bayern stellt sich den Herausforderungen der Zukunft“ beantragt.
In der Aktuellen Stunde dürfen bekanntlich die einzelnen Redner grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen, auf Antrag einer Fraktion zehn Minuten. Ergreift ein Mitglied der Staatsregierung das Wort für mehr als zehn Minuten, erhält eine Fraktion auf Antrag eines ihrer Mitglieder zusätzlich fünf Minuten Redezeit. Das bitte ich insbesondere im Hinblick darauf einzukalkulieren, dass möglicherweise mehrere Mitglieder der Staatsregierung sprechen, wenn mir die Bemerkung erlaubt ist.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in der Tat diese Aktuelle Stunde beantragt. Die 13 letzten Jahre waren, so war es diese Woche zu lesen, die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, und wir stellen heute fest, dass es wohl kaum noch einen seriösen Zweifel mehr an der Ursache für dieses Phänomen gibt und vor allem keine alternativen wissenschaftlichen Erklärungen. Insbesondere hat in den vergangenen Tagen der jüngste Weltklimabericht der Vereinten Nationen aufhorchen lassen. Er ist auch medial entsprechend aufgegriffen worden. Dieser Bericht ist deswegen interessant, weil man ihn sicherlich als die seriöseste Einstellung zum Stand der Dinge einordnen kann und weil er die umfangreichste Untersuchung diesbezüglich ist. Hunderte Fachleute sind beteiligt. Irgendwo habe ich gelesen, dass mehr als 2500 Wissenschaftler ihren Teil zu diesem Bericht beitragen.
Wenn man diesen Bericht genau studiert, stellt man fest: Die Erkenntnisse und letztlich auch die Schlussfolgerungen, die gezogen werden, sind im Prinzip nicht neu. Aber nach übereinstimmender Aussage der entsprechenden Fachleute sind sie ein Stück weit verlässlicher,
Wir stellen also fest, dass der Erwärmungsprozess, den wir erleben, in Gänze fast schon unumkehrbar ist. Aber fast alle Experten sind sich einig, dass man ihn unbedingt auf zwei Grad Celsius begrenzen müsste. Die Frage, wie das geschehen kann, soll unter anderem Thema unserer Aktuellen Stunde sein. Vor allem stellen wir auch die Frage – wir sind ein bayerisches Parlament – : Was können wir in Bayern tun?
Das soll aber nicht davon ablenken, dass wir faktisch von einem globalen Prozess sprechen. Wir sehen auch, dass nach Kyoto ein weiteres weltweites Abkommen, sozusagen Kyoto-plus, notwendig ist.
Der grundsätzliche Ansatz bei all unseren Gedanken, die wir in Bayern haben, muss aber immer sein, dass man dieses Problem auch global lösen muss.
danke, Herr Präsident –, nämlich durch den Vorsitz der G 8 und die EU-Ratspräsidentschaft, die wir derzeit innehaben. Das ist auch eine Möglichkeit, Einfl uss auf die größten CO2-Sünder zu nehmen. Das ist mit Sicherheit nicht unser Land, sondern das ist China, das sind die USA, das ist auch Indien.
Wir wollen durchaus nach dem Motto arbeiten: global denken, aber lokal handeln. Es wäre sicherlich wünschenswert, wenn Deutschland im Hinblick auf seine besondere Verantwortung jetzt eine Vorreiterrolle übernehmen würde.
Bayern steht in der Verantwortung und wird aus meiner Sicht dieser Verantwortung nachkommen. Zu den vielfachen Anstrengungen, die wir diesbezüglich schon seit Jahren unternehmen – ich verweise auf die Beiträge der anderen Kollegen aus der Fraktion, die noch das Wort ergreifen werden –, müssen noch weitere hinzukommen. Sicherlich werden wir vorhandene Bemühungen auch noch ein Stück weit verstärken müssen.
Herr Kollege, ich möchte Sie einen Moment unterbrechen. In dem Fall muss ich nach links schauen und darum bitten, dass es dort ruhiger wird. Normalerweise verteilt es sich im Raum,
Ich kann mir auch Mühe geben, Sie ein wenig aufzumuntern. Aber einstweilen waren mir diese Vorbemerkungen wichtig.
Wir müssen zusehen, dass wir die Bemühungen vor Ort ins richtige Verhältnis setzen, anstatt bei Symbolthemen eine schnelle Schlagzeile zu produzieren. Zum Beispiel ist aus meiner ganz persönlichen Sicht eine Diskussion über Schneekanonen ein Symbolthema, das den Blick auf tatsächliche Einsparungspotenziale verdeckt.
Ich werfe der linken, vom Präsidenten gerade angesprochenen Seite ganz einfach Folgendes vor – das zeigt auch ihr Verhalten in den letzten Tagen –: Eine Nachricht steht in der Zeitung, dann greifen Sie zur Feder und stellen einen Antrag. Das ist Ihr Dreiklang. Ihre Bauchladenlösung zum Klimaschutz heißt: Zeitung gelesen, Antrag gemacht, Klimaschutz betrieben. Wunderbar, nächstes Thema.
Das werden Sie gleich hören. Deswegen haben wir die Aktuelle Stunde beantragt, damit wir Ihnen das einmal umfassend darstellen können.
Ihr Konzept, ständig Einzelthemen hochzuziehen, halte ich jedenfalls für nicht sinnvoll. Jetzt ist letztendlich ein Gesamtkonzept notwendig, und ein Teil davon ist sicherlich die Energieversorgung.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist ein Aspekt. Aber das führt uns schon zum nächsten Tabuthema, für Sie jedenfalls. Der Ausbau erneuerbarer Energien ist die eine Seite, die andere Seite ist die Einsparung von CO2. Da muss man, wenn seriös argumentiert wird – und das tun viele Wissenschaftler – –
Augenblick, Herr Kollege. Wir können die Sitzung auch unterbrechen – jetzt ist es gleichmäßig verteilt –, bis es ruhiger ist. Der Geräuschpegel ist jedenfalls so nicht akzeptabel. Bitte.
Wir reden über die Kernenergie. Wir sind jedenfalls bereit, dem Wort vieler Wissenschaftlicher zu folgen, die sich sehr ernsthaft damit befassen und sagen: Wir brauchen eine längere Übergangsfrist, bis erneuerbare und alternative Energiequellen restlos wettbewerbsfähig sind. Diese Seite desavouieren Sie, weil Ihnen das ideologisch nicht in Ihren Klimakram passt. Wir stellen uns dieser Diskussion und letztlich auch dieser Verantwortung.
Es gibt aber auch noch ein Riesenpotenzial, das soll nicht verschwiegen werden, gerade im Gebäudebereich: Verbesserung des Wärmeschutzes, Heizungsmodernisierung, Energiemanagement durch Leittechnik für Strom und Wärme und für andere Systeme bei der Stromerzeugung und Elektrogeräten sind hier zu nennen. Dabei ist mir wichtig, dass wir dahin kommen müssen, auch der Bevölkerung klarzumachen: Alle Bürgerinnen und Bürger, jeder kann Klimaschützer sein. Wir müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, weil Klimaschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist.
Letztendlich kann dieser Klimaschutz nur im engen Schulterschluss zwischen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft vorangetrieben werden. Daher verletzt uns Ihre fast rituelle Kritik am Klimaschutzpakt der Bayerischen Staatsregierung; sie ist auch für uns nicht nachvollziehbar. Wir sind der Meinung und sagen ganz deutlich: Es ist gut, dass es diesen Pakt gibt. Er geht in die richtige Richtung. Er schafft dieses gesellschaftliche Bewusstsein, von dem ich gesprochen habe, und er ist jederzeit ausbaufähig. Wenn Ihnen also an dem Pakt per se etwas nicht passt, dann sagen Sie, was verbessert werden soll, aber stellen Sie ihn nicht insgesamt in Frage. Ihre Haltung ist bedauerlich. Sie können jedoch letztendlich die Erfolge, die wir bei der CO2-Reduzierung haben, nicht in Abrede stellen.
Für mich bedeutet das alles nicht, dass der Klimaschutzpakt, den wir in Bayern Gott sei Dank haben, letztlich die einzige Maßnahme sein kann. Wir haben noch Potenzial – und das will ich ehrlich ansprechen – im Bereich der erneuerbaren Energien. Ein Blick nach Österreich zeigt, dass dort zum Beispiel die Geothermie weitaus mehr ausgebaut und genützt wird als bei uns. Ihre Nutzung ist dort teilweise sogar verpfl ichtend. Über diese Fragen wird man sich unterhalten müssen. Jedenfalls haben wir dort bereits eine höhere Durchdringung. Ich denke auch und sage es ehrlich, dass der Staat gefordert ist, die Anreize für Bürgerinnen und Bürger zu geben.
Wir sagen aber beim EEG, dem Gesetz über den Vorrang Erneuerbarer Energien, weiterhin, dass der Schwerpunkt bei diesem Gesetz vermehrt auf das Ziel gerichtet sein sollte, alternative Energiequellen schnell wirtschaftlich und wettbewerbsfähig zu machen.
Und dafür sind Anstrengungen bei der Forschung und der Entwicklung notwendig. Ein reines Versorgen kann also langfristig nicht die Antwort sein.
Ich sage zur Diskussion der letzten Tage: Die CSU und die Staatsregierung setzen nicht umsonst auf freiwillige Selbstverpfl ichtungen und auf den Paktgedanken. Ich sage aber auch mit Blick auf die Automobilindustrie: Wenn eine freiwillige Selbstverpfl ichtung nicht eingehalten wird, muss man den, der das Gewünschte nicht erreicht hat, selbstverständlich fragen, warum er das nicht erreicht hat und was man dann tun kann. Da nützt es nichts, auf den Guten – in diesem Fall auf die Automobilindustrie – einzuprügeln, sondern wichtig ist eine gemeinsame Analyse, wieso gesteckte Ziele nicht erreicht worden sind. Dann muss man im Rahmen eines Gesamtkonzeptes überlegen, was hier zu tun ist und wie man diese Ziele im Sinne eines besseres Klimaschutzes, für den wir uns anstrengen, doch noch erreichen kann. Ich wünsche mir, dass wir das wegen der Bedeutung dieses Themas bei allem demokratischen Streit ein Stück weit gemeinsam tun.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es gefällt mir, dass uns mein Kollege die Hand hinhält, um Gemeinsamkeiten zu entwickeln. Nur: Ich habe diese Hand in den letzten Jahren vermisst, in denen wir all das, was Sie heute wollen, gefordert haben.
Sie haben das abgelehnt, und damit haben wir Zeit verloren. Dafür bekommen wir jetzt die Rechnung. Wir müssen uns schon in Erinnerung rufen, dass das, was diese Welt in Millionen von Jahren an fossilen Brennstoffen produziert hat, von uns in knapp 200 Jahren – im wahrsten Sinne des Wortes – verheizt wurde. Und dafür gibt es jetzt die Rechnung. Diese Rechnung ist unangenehm, und sie wird uns in Zukunft noch viele Kopfschmerzen bereiten. Deswegen wollen wir Ihre ausgestreckte Hand, obwohl unsere Vorschläge bisher immer wieder weggeschlagen wurden, gerne annehmen. Dazu bedarf es aber einer genauen Analyse dessen, was bisher passiert ist, und der Korrekturen.
Pakte sind etwas Wunderschönes, aber man muss auch überprüfen können, ob sie das Papier wert sind, auf dem sie stehen.
Dieses haben Sie bisher nicht erreicht – im Gegenteil. Man muss sich manchmal fragen, ob man nicht gerade auf einen Zug aufspringt, wenn man so einen Pakt verkündet, der längst schon fährt. Wer sich ansieht, wie viele katholische und evangelische Einrichtungen bereits Fotovoltaikdächer haben, stellt fest, dass sie ohne Pakt bereits viel weiter sind als die Staatsregierung auf ihren Gebäuden.