Protocol of the Session on April 21, 2005

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 41. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Ich darf im Hinblick auf die Aufnahmen bei der Vereidigung eines neuen Staatsministers darauf verweisen, dass ein Arrangement besteht, wonach die Kameras bis zur ersten Reihe zugelassen sind, der Raum vorne jedoch frei bleiben muss.

Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich zwei Themen außerhalb der Tagesordnung ansprechen:

Ich meine, zu Beginn der Plenarsitzung soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Wahl eines Bayern zum Papst der katholischen Kirche und damit in eines der bedeutsamsten Ämter dieser Welt auch ein großes Ereignis für Bayern ist.

(Beifall)

Wir wünschen Papst Benedikt XVI. viel Kraft für seine Aufgaben innerhalb der katholischen Kirche und als Parlament in besonderer Weise für sein Wirken für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt und für den notwendigen Frieden stiftenden Dialog der Weltreligionen und der großen Kulturen. Die guten Wünsche der gesamten bayerischen Bevölkerung begleiten ihn dabei.

(Lang anhaltender lebhafter Beifall)

Zwei Geburtstagswünsche: Einen runden Geburtstag hat am 19. April Herr Kollege Alfons Zeller gefeiert. Es war sein 60. Geburtstag. Lieber Kollege Zeller, herzlichen Glückwunsch auch im Namen des Parlaments. Wir alle wünschen ihm alles Gute.

(Beifall)

Heute feiert Herr Kollege Klaus Dieter Breitschwert seinen Geburtstag. Auch dem Kollegen Breitschwert herzlichen Glückwunsch.

(Beifall)

Im Einvernehmen mit allen Fraktionen soll zu Beginn des heutigen Plenums über den Antrag des Herrn Ministerpräsidenten auf Zustimmung des Landtags zur Berufung eines Kabinettsmitglieds gemäß Artikel 45 der Verfassung des Freistaats Bayern beraten werden. Das Wort hierzu hat zunächst der Herr Ministerpräsident.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Staatsministerin für Unterricht und Kultus, Frau Monika Hohlmeier, hat ihren Rücktritt vom Amt erklärt. Deshalb schlage ich heute dem Landtag folgende personelle Veränderung der Bayerischen Staatsregierung vor: die Berufung von Siegfried Schneider, Mit

glied des Bayerischen Landtags, zum Staatsminister für Unterricht und Kultus. Ich bitte das Hohe Haus um Zustimmung.

(Beifall bei der CSU)

Frau Kollegin Hohlmeier hat seit 1993 im Ressort und im Kabinett ausgezeichnete Arbeit geleistet. Persönlich und namens der Staatsregierung spreche ich Frau Hohlmeier Respekt und Anerkennung für ihre Leistungen aus. Ich sage herzlichen Dank für die Loyalität und die Zusammenarbeit in diesen zwölf Jahren. Zahlreiche nationale und internationale Vergleichsstudien bestätigen die Spitzenstellung des bayerischen Schulwesens. Das ist das Ergebnis einer erfolgreichen und konsequenten Politik. Ich erinnere an die bildungspolitischen Meilensteine, die mit der Amtszeit von Monika Hohlmeier verbunden sind: die Einführung der sechsstufi gen Realschule – ein großer Renner –, die Einführung der Praxis- und der M-Klassen an den Hauptschulen, die Stiftung Bildungspakt, die gerade die innere Schulentwicklung maßgeblich vorangebracht hat, sowie die Einführung des international üblichen achtjährigen Gymnasiums.

Die Leistungen bayerischer Schülerinnen und Schüler liegen im Ländervergleich an der Spitze und jeder, der sich in Deutschland bewegt, wird immer wieder feststellen, dass die bayerische Schulsituation in anderen Ländern als erstrebenswert angesehen wird. Wir haben von 1999 bis 2004 die Bildungsausgaben um sage und schreibe 19 % erhöht; auch von 2004 bis 2006 steigern wir den Bildungsetat um 4,5 % und liegen damit weit über dem Anstieg des Gesamtetats.

Einen solchen Kraftakt für die Bildung in Zeiten knapper öffentlicher Kassen kann kein anderes deutsches Land vorweisen. Das ist auch dem großen persönlichen Einsatz der Kultusministerin Monika Hohlmeier zu verdanken, und ich sage Frau Hohlmeier herzlichen Dank für zwölf Jahre im Dienst der bayerischen Bildungspolitik.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Herr Präsident, ich habe dem Hohen Haus meinen Vorschlag unterbreitet. Ich bitte Sie, dazu die Entscheidung des Bayerischen Landtags einzuholen. Danke schön.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident.

Ich eröffne jetzt die Aussprache. Erste Wortmeldung Herr Kollege Maget.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, Sie haben eben Frau Hohlmeier gelobt und ihr gedankt.

(Beifall bei CSU)

Sie haben aber leider mit keinem Wort erwähnt, warum sie denn dann zurückgetreten ist. Wir säßen und wir stünden

heute nicht hier, wenn es nicht einen spektakulären Rücktritt und spektakuläre Rücktrittsgründe geben würde,

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

die Sie leider mit keinem Wort erwähnt haben.

Dieser Rücktritt von Frau Hohlmeier, den wir heute

(Zuruf von der SPD: Feiern!)

hier zum ersten Mal besprechen können, geschah nicht freiwillig. Er geschah auch nicht im Eingeständnis eigener Fehlleistungen oder gar Schuld. Er geschah vielmehr unter massivem öffentlichem Druck. Er geschah angesichts erdrückender Beweislast in einem Untersuchungsausschuss, in dem sowohl die Vertreterinnen und Vertreter der Staatsanwaltschaft als auch insbesondere eigene Parteifreunde eindeutige und belastende Aussagen gemacht haben. Wir haben es mit einer ungeheuerlichen Situation zu tun: Ein Mitglied der Regierung Stoiber, das letzte Woche zurückgetreten ist, wird von der Staatsanwaltschaft der Mitwisserschaft bei dubiosen und illegalen Machenschaften, bei Wahlfälschung und Mitgliederkauf bezichtigt.

(Zuruf von der CSU: Stimmt doch nicht! Ist doch falsch! – Gegenruf des Abgeordneten Wahn- schaffe (SPD): Was denn sonst?)

Ja, was denn sonst?

(Anhaltende Unruhe bei der CSU – Glocke des Präsidenten)

Ja, was denn sonst? Wir müssen annehmen, dass es nicht nur Mitwisserschaft, sondern auch Beteiligung gegeben hat. Der Zeuge, ein Mitglied Ihrer Partei, sprach wörtlich von der Dirigentin der Angelegenheit. Es ist die Frage, ob es auch strafrechtliche Tatbestände wie Urkundenfälschung und Urkundenunterdrückung gegeben hat. Es ist die Frage, warum selbst bei bloßem Wissen oder Mitwissen nicht gehandelt wurde und diese dubiosen Machenschaften durch die Frau Staatsministerin abgestellt worden sind, weshalb der Fraktionsvorsitzende Ihrer Partei im Münchner Stadtrat auch von einem „Abgrund von Lüge und Täuschung“ gesprochen hat, und er meint damit niemand anderen als Frau Hohlmeier persönlich. Nicht wir haben diesen Vorwurf erhoben, sondern Ihr Fraktionsvorsitzender im Münchner Stadtrat.

So etwas, meine Damen und Herren, hat es noch nie gegeben. Ein Mitglied der Staatsregierung wird von den eigenen Leuten als Lügnerin bezeichnet und vielleicht sogar von einem Untersuchungsausschuss als solche überführt. Was glauben Sie eigentlich, welche Wirkung so etwas auf die Schülerinnen und Schüler im Lande hat?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Was glauben Sie eigentlich, welche Vorbildfunktion eine solche Kultusministerin gehabt hat oder haben kann? Was glauben Sie eigentlich, warum Sie solche Vorgänge

mit keinem einzigen Wörtchen hier kommentieren und dazu Stellung beziehen?

Frau Hohlmeier sagt, alles, was gegen sie vorgebracht wurde, sei falsch. Alle bisherigen Zeugen hätten demzufolge gelogen, die Unwahrheit gesagt, und es werden noch weitere Zeugen kommen. Deshalb ist es notwendig, dass dieser Untersuchungsausschuss in vollem Umfang fortgesetzt wird,

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

und ich freue mich, dass sich in den Reihen der CSUFraktion Kollege Bernhard nicht mit seiner Auffassung durchgesetzt hat. Denn Ihre Auffassung, Herr Kollege Bernhard, hat ja nichts anderes gezeigt, als dass Sie Angst haben

(Lachen des Abgeordneten Dr. Otmar Bernhard (CSU))

vor den weiteren Aufklärungen und vor den weiteren Ergebnissen.

(Beifall bei der SPD)

Ich freue mich, dass es mittlerweile geklärt ist und dass es einvernehmlich geklärt ist, dass dieser Untersuchungsausschuss weitergeht.

Frau Hohlmeiers Scheitern, politisch, in der Münchner CSU, ist auch Ihr Scheitern, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN – Ale- xander König (CSU): So ein Blödsinn!)

Sie haben Frau Hohlmeier nach München geschickt, um dort politisch für Ordnung zu sorgen.

(Beifall bei der SPD)