Wolfgang Thiel
Appearances
3/7
3/16
3/18
3/20
3/22
3/25
3/28
3/30
3/32
3/37
3/39
3/44
3/46
3/50
3/51
3/53
3/55
3/57
3/59
3/61
3/64
3/66
3/68
3/69
3/70
3/72
3/73
3/74
3/76
3/77
3/78
3/79
3/82
3/83
3/84
3/90
3/91
3/92
3/93
Last Statements
Herr Minister, können Sie - erstens - bitte noch einmal ganz eindeutig formulieren, welchen Stellenwert die Landesregierung angesichts der Tatsachen, die Sie gerade hier geschildert haben, der öffentlich geförderten Beschäftigung beimisst?
Zweitens: Ist der Landesregierung wirklich klar, dass mit der neuen Arbeitsmarktpolitik der BA in diesem Land soziale Strukturen in Größenordnungen kaputtgehen?
Herr Minister, ich habe zwei Nachfragen.
Die erste Nachfrage: Wie gelingt es Ihnen als Arbeitsminister, Ihre Ressortkolleginnen und -kollegen in die Lösung des gesellschaftlichen Problems Massenarbeitslosigkeit einzubeziehen?
Die zweite Nachfrage: Wie ist der Stand der Bemühungen, den nicht guten Beschluss zu heilen, die 18 Arbeitslosenserviceeinrichtungen, die noch übrig geblieben sind, nur bis Mitte des Jahres zu fördern, sondern dies mindestens bis Ende dieses Jahres zu tun?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das so genannte flexible Modell der EU-Kommission aus dem Jahre 2001 hat zur Folge, dass Deutschland die Arbeitnehmerfreizügigkeit für osteuropäische Arbeitskräfte sieben Jahre lang nicht gewährt, während andere EU-Mitgliedstaaten diese nur für höchstens zwei Jahre ausschließen. Hinzu kommt, dass bereits mit der Agenda 2000 deutlich wurde, dass die EU völlig unzureichende Mittel bereitstellt, um einen umwelt- und sozialverträglichen Strukturwandel in den osteuropäischen Beitrittsländern zu befördern. Die einfache Übernahme des geltenden Gemeinschaftsrechts in die Agrar-, Wirtschafts-, Haushalts- und Wettbewerbspolitik hat deshalb in den Beitrittsländern einen Strukturwandel forciert, der mit massiven Arbeitsplatzverlusten in der Landwirtschaft, im Bereich Kohle, Stahl oder auch bei den Werften verbunden ist. Mit den negativen Folgen dieses Anpassungsprozesses sollen die Osteuropäer jedoch allein fertig werden.
Wir haben in der Vergangenheit in Kenntnis dieser Problematik auch über unsere EU-Abgeordneten rechtzeitig für den notwendigen Kurswechsel in der Erweiterungsstrategie plädiert. Danach sollte die EU ihren Haushalt mit dem Ziel erhöhen, solche Aufbaumaßnahmen auch in den östlichen Beitrittsstaaten zu ermöglichen, die insbesondere zum Neuaufbau von Arbeitsplätzen im Rahmen einer nachhaltigen Entwicklung führen, um dort qualifizierte und vor allem junge Arbeitskräfte zu halten. Des Weiteren sollte die Umsetzung der sozialpolitischen Rahmenvereinbarungen in stärkerem Maße als bisher in den Mittelpunkt gerückt werden. Nur so lässt sich verhindern, dass die Osterweiterung zu einem umfassenden Sozialdumping führt, welches dann auch für die alten Mitgliedstaaten fatale Konsequenzen hätte und den noch vorhandenen Ängsten und Befürchtungen praktisch neue Nahrung gäbe.
Der derzeit geführte würdelose Streit um den künftigen EUHaushalt - dieser Streit war bereits gestern Gegenstand der Diskussion hier -, in dem Deutschland eine höchst unrühmliche Rolle spielt, kann nur Kopfschütteln erzeugen, wenn man dabei die eigentlich Zielstellung europäischer Integration vor Augen hat.
Die strukturschwachen ostdeutschen Bundesländer sind zweifelsohne wegen ausgebliebener wirtschaftlicher Erfolge bisheriger sowohl schwarz-gelber als auch rosa-grüner Vereinigungspolitik von der EU-Osterweiterung in besonderem Maße betroffen. Bestehende Ängste muss man deshalb sehr ernst nehmen, ohne sie politisch zu missbrauchen, wie es zum Beispiel mit dem vorliegenden Entschließungsantrag der DVU
Fraktion, dessen Zielrichtung offensichtlich ist, praktiziert wird. Bestehende Ängste muss man also ernst nehmen und man kann auch etwas dagegen tun.
Handlungsbedarf für Politik bestand schon seit langem. Der Druck auf die Grenzregionen wird sich speziell in den ostdeutschen Ländern in Form hoher Massenarbeitslosigkeit weiter verstärken, da sehr differenzierte Lebenshaltungskosten, ein starkes Lohngefälle sowie unterschiedliche soziale Standards und Abgaben in den beiderseitigen Grenzregionen bestehen. Längst nötig waren zum Beispiel integrative operationelle Programme der Struktur- und Regionalförderung in den betroffenen Gebieten. Für die kleinen und mittleren Unternehmen bedurfte es längst spezieller betrieblicher Anpassungshilfen unter anderem durch die Lockerung beihilferechtlicher Regelungen. Auf der Ebene der Mitgliedsstaaten hätte die Bundesregierung des Weiteren längst Sonderabschreibungen bei Investitionen einführen oder bundesweit die Mehrwertsteuer für arbeitsintensive Dienstleistungen absenken müssen, damit kleine und mittlere Betriebe in den Grenzregionen mit billigeren Konkurrenten besser mithalten können.
Nach wie vor gibt es im Übrigen eine hohe Verantwortung der Bundes-, aber auch der Landesregierung, zum Beispiel den interkulturellen Austausch viel stärker zu fördern als bisher.
Freizügigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist eine der wichtigsten Grundfreiheiten, denen sich die EU seit Jahrzehnten verpflichtet hat. Auch auf dem Gipfeltreffen in Nizza im Jahre 2001 haben die EU-Staats- und -Regierungschefs mit der feierlichen Proklamation der Grundrechtecharta der Europäischen Union auch das in Artikel 15 Abs. 2 der Charta fixierte individuelle Freiheitsrecht jeder Unionsbürgerin und jedes Unionsbürgers anerkannt, „in jedem Mitgliedsstaat Arbeit zu suchen, zu arbeiten, sich niederzulassen oder Dienstleistungen zu erbringen“. Bemerkenswert ist, dass der deutsche Erweiterungskommissar Verheugen damals für Übergangsfristen bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit plädierte, obwohl seiner Meinung nach „ernsthafte Störungen des Arbeitsmarkts durch Zuwanderung nach einer Erweiterung der EU eher unwahrscheinlich sind“.
Letzteres war auch das Fazit der meisten bisherigen Studien zur Zuwanderung im Rahmen der Osterweiterung. Auch die neueste Studie aus Brüssel, die in der vorigen Woche veröffentlicht worden ist, ist mit begründeten Ergebnissen Befürchtungen entgegengetreten, dass nach der EU-Erweiterung ein Massenansturm von Arbeitsuchenden aus den neuen Mitgliedsstaaten drohe. Demnach kann Deutschland mit einer Zuwanderung von jährlich rund 220 000 Personen aus den zehn osteuropäischen Beitrittsstaaten rechnen, die jedoch im Verlaufe von 15 Jahren schrittweise deutlich abnehmen wird, zum Beispiel im Jahre 2005 auf 162 000 oder im Jahre 2010 auf ganze 95 000. Nur 35 % der Zuwanderer, so die Experten, werden Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer sein. Alle ernst zu nehmenden Fachleute meinen zudem unisono völlig zu Recht, dass mit jahrelangen Übergangsfristen bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit kein einziges soziales oder ökonomisches Problem gelöst, sondern im Grunde genommen nur vertagt wird.
Eine ganz aktuelle Studie der UNO kommt gar zu der Schlussfolgerung, dass die EU aufgrund negativer demographischer Entwicklungen zwischen 2005 und 2010 eine jährliche Nettomigration von mindestens 550 000 Arbeitskräften benötigt.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat eine Nettozuwanderung nach Deutschland von jährlich gar 800 000 Personen in dem Zeitraum vom 2020 bis 2040 errechnet, um die Einwohnerzahl in der Bundesrepublik in etwa konstant zu halten. Mit anderen Worten: Das Zuwanderungspotenzial der bevorstehenden Osterweiterung hält sich durchaus in diesem Rahmen. Für die EU insgesamt und für Deutschland speziell gibt es somit keine triftige Begründung dafür, die Arbeitnehmerfreizügigkeit für die osteuropäischen Beitrittsstaaten mit generellen Übergangsfristen zu beschränken.
Veränderungen auf den Arbeitsmärkten in den Grenzregionen durch eine mögliche Zunahme der Zahl der Grenzpendler in einem Einzugsbereich von 150 km - diesen Bereich nehmen Experten an - bilden den einzigen realen Problembereich bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Hier sind also differenzierte regionale Lösungen gefragt. So können die Bundesländer mit ihren jeweiligen Kooperationspartnern auf der osteuropäischen Seite zum Beispiel im Rahmen einer längst fälligen gemeinsamen Arbeitsstrategie Sicherungsklauseln mit arbeitsmarktpolitischen Schwellenwerten für bestimmte davon betroffene Branchen vereinbaren. Bis zum Erreichen der entsprechenden Schwellenwerte würden Arbeitserlaubnisse automatisch erteilt. Wenn eine Überschreitung in Sicht wäre, müssten die jeweiligen Kooperationspartner in Verhandlungen über die Frage eintreten, wie sie durch gemeinsame Anstrengungen und gegebenenfalls Restriktionen arbeitsmarktpolitische Verwerfungen verhindern können.
Die Sicherungsklauseln sollten von den Ländern zusammen mit ihren Partnern in eigener Regie gehandhabt werden können. Für eine solche differenzierte regionale Lösung wäre eine Übergangsfrist von zwei bis drei Jahren nach dem Beitritt möglich.
Übrigens kennt die osteuropäische Gemeinschaft seit 1968 dieses Instrumentarium von Sicherungsklauseln. In der Praxis brauchten diese Klauseln nie angewendet zu werden.
Leider wurden diese und andere Vorschläge unsererseits von den politisch Verantwortlichen bisher in den Wind geschlagen. Mit unserem heutigen Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, eine Bundesratsinitiative zur sofortigen Einführung einer Öffnungsklausel für die Arbeitnehmerfreizügigkeit in das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Einschränkung der Freizügigkeit einzubringen. Wenn die Bürgermeister der Brandenburger Grenzstädte Schwedt, Frankfurt (Oder) und Guben kürzlich mit wichtigen Gründen forderten, über alle Parteigrenzen hinweg mit dem drängenden Thema offensiv umzugehen und zum Zeitpunkt des EU-Beitritts Polens am 1. Mai dieses Jahres den Arbeitsmarkt für entsprechende polnische Arbeitskräfte branchenbezogen und natürlich unter Ausschluss von Lohndumping zu öffnen, so ist dies für landespolitisches Handeln Ermutigung wie Auftrag zugleich.
Es reicht nicht aus, Herr Minister Junghanns, sich in der Öffentlichkeit zu dieser Problematik positiv zu äußern, aber keinerlei Aktivität zum Beispiel im Kabinett zu entfalten. Der Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf hat bereits am 29. Januar dieses Jahres im Auftrag des Berliner Senats in den zuständigen Bundesratsausschüssen eine Erklärung zu Protokoll gegeben, nach der das Land Berlin im Gesetz zu den Übergangsfristen eine Öffnungsklausel für die grenznahen Regionen für erwägenswert hält. Wir fordern deshalb unsere Landes
regierung auf, im Interesse Brandenburgs diese im Berliner Senat vertretene Position aktiv zu unterstützen.
Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Nach der Insolvenz der deutschen Tochter des niederländischen Personaldienstleisters Maatwerk üben Branchenvertreter Kritik am derzeitigen Konzept der PersonalServiceAgenturen. Mit der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens und seiner über 130 PSA-Niederlassungen in Deutschland sind einschließlich der Verwaltungsangestellten von Maatwerk rund 10 000 Menschen von erneuter Arbeitslosigkeit bedroht, davon 750 im Land Brandenburg. Sie sollten eigentlich über Zeitarbeit qualifiziert und in neue Jobs vermittelt werden. Experten meinen, die Ursache der Pleite von Maatwerk liege in der Logik des Systems. Nur wer Arbeitsplätze schafft, kann Arbeitslose auch vermitteln.
Ich frage die Landesregierung: Welche Möglichkeiten sieht sie, die Betroffenen der Maatwerk-Pleite zu unterstützen?
Herr Minister, ich habe zwei Nachfragen: Welche Aktivitäten haben die sehr kritischen Einschätzungen - Sie haben eine PSA aus meinem Wahlkreis positiv erwähnt - auf den im Februar durchgeführten fünf Arbeitsmarktgesprächen in den Arbeitsagenturen des Landes Brandenburg, vor allem im MASGF, hinsichtlich der insgesamt äußerst bedenklichen Vermittlungsergebnisse der ca. 35 PSA im Land Brandenburg ausgelöst, die konkret zum Beispiel in Potsdam laut Aussagen der BA-Vertreter 10 von 550 PSA-Plätzen und in Cottbus ca. 30 von 460 betragen sollen, einmal abgesehen von der gut funktionierenden im OSL-Kreis?
Meine zweite Frage, Herr Minister: Ist es nicht an der Zeit, alle Instrumente in den neuen Bundesländern, die mit den HartzGesetzen I bis IV gegeben sind, tatsächlich auf den Prüfstand zu stellen? Denn die Ergebnisse, die diese Gesetze bisher gezeitigt haben, außer dass sie zur Statistikbereinigung beigetragen haben, sind doch äußerst mager. Es geht immer um die Betroffenen.
Während weiterhin Zehntausende Arbeitsplätze auf dem so genannten ersten Arbeitsmarkt fehlen, wächst der Druck auf die Arbeit suchenden Menschen. Ein Indiz dafür ist exemplarisch das deutliche Ansteigen der Zahl verhängter Sperrzeiten durch Arbeitsagenturen in der Brandenburger Lausitz. Dies sei - nach deren Aussagen - Ausdruck der neuen Philosophie des „Förderns und Forderns“.
Ich frage die Landesregierung: Wie beurteilt sie die härtere Gangart der Arbeitsagenturen gegenüber den Arbeitslosen durch verstärkte Anwendung des offensichtlich als geeignet eingeschätzten Instruments Sperrzeit zur Bekämpfung der Ursachen von Massenarbeitslosigkeit in den Regionen des Landes Brandenburg?
Herr Minister, da Sie in Ihrer Antwort bereits zwei meiner Nachfragen hinsichtlich der Beschäftigungszahl beantwortet haben, will ich es bei einer Nachfrage bewenden lassen. Ist es nicht an der Zeit, da wir generell bei der Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik sind, in den neuen Bundesländern den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor bzw. den Non-Profit-Sektor oder auch...
Ich habe den Minister gefragt, ob es nicht an der Zeit ist, den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor stärker in den Vordergrund zu rücken, um ihn steuerfinanziert zu nutzen, um zusätzliche, dringend benötigte Arbeitsplätze zu schaffen, welche Existenzen sichern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sowohl gesetzliche Neuregelungen des Bundes im Bereich der Arbeitsförderung und der Kommunalfinanzierung als auch der Paradigmenwechsel in der Geschäftspolitik der Bundesagentur für Arbeit haben die Rahmenbedingungen der Arbeitsmarktpolitik des Landes mit Beginn des Jahres 2004 einschneidend verändert. Die durchgeführte ESF-Halbzeitevaluierung in unserem Land konstatierte weitgehende Handlungsempfehlungen. Für Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung ergeben sich somit neue Instrumente und auch Zuständigkeiten.
In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, werden Sie sich vielleicht daran erinnern, dass die PDS-Fraktion schon vor etwa zehn Monaten auf eine Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik des Landes gedrängt hat. Herr Minister Baaske meinte seinerzeit, wir sollten nicht in Hektik ausbrechen, der
Antrag der PDS sei verfrüht, alles sei noch in der Schwebe, der Vermittlungsausschuss habe noch nicht entschieden etc. pp. Obwohl viel Wahres daran ist, sind die Grundkonturen durch RotGrün längst klar gezeichnet gewesen. Diese wurden durch die CDU/CSU-Mehrheit im Bundesrat lediglich verschlimmbessert. Da waren auch die parteiübergreifenden dringlichen und nach meiner Auffassung richtigen Appelle ostdeutscher Arbeitsminister in Bezug auf Beachtung der besonderen Bedingungen in den neuen Bundesländern leider keinen Pfifferling mehr wert.
Wir haben bekanntlich mit unserer Kritik an diesen Reformen nie hinterm Berg gehalten. Schon jetzt zeigt sich mit aller Deutlichkeit, dass wir mit unserer Einschätzung leider Recht hatten. Die tief greifenden Veränderungen im Sozialbereich gehen vornehmlich zulasten der sozial Schwächsten und öffnen gleichzeitig das Tor zu wachsender Armut Tausender Menschen und deren Familien im Lande.
Herr Minister, Ihr Parteifreund, der Kollege Böttcher, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, hat in der letzten Woche genau auf diesen Fakt sehr eindringlich hingewiesen. Wenn man die Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage eines CDU-Bundestagsabgeordneten zu diesem Thema reflektiert, erkennt man: Es steht bevor, dass drei von vier Beziehern von Arbeitslosenhilfe durch die von Rot-Grün geplante Verschmelzung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, die im Grunde genommen Gesetzeskraft erreicht hat, zum Arbeitslosengeld II mit Einbußen rechnen müssen. Den 1,5 Millionen Arbeitslosen, die keine oder nur noch eine verringerte Leistung erhalten, stehen lediglich 330 000 Betroffene gegenüber, die durch Hartz IV höhere Leistungen bekommen.
Ich glaube, wir müssen neben der Erhöhung der Zahl der Beschäftigungsmöglichkeiten im Lande vor allem auch diesen Umstand im Auge behalten, dass wir zunehmende Armut in diesem Lande nicht zulassen dürfen und mit den geringen Mitteln, die wir als Land zur Verfügung haben, entsprechend gegensteuern müssen.
Der Versuch, durch Druck, veränderte Zumutbarkeit oder Leistungskürzung die Arbeitslosen für jeden Job bereit und willig zu machen, oder Leute, die als arbeitslos gelten, aus der Statistik zu drängen, ändert an der realen Situation in Deutschland und insbesondere in den strukturschwachen Regionen wie den neuen Bundesländern nichts. Da liegen, wie ich heute Morgen der Fragestunde entnehmen konnte, unsere Positionen gar nicht so weit auseinander, Herr Minister.
Eine reine Vermittlungsstrategie kann aber nur aufgehen, wenn ausreichend existenzsichernde Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Das muss natürlich in erster Linie durch eine entsprechende Bundespolitik, aber auch durch die Länder organisiert werden. Mehr Beschäftigung zu schaffen gehört deshalb stärker als bisher in den Mittelpunkt der Wirtschaftspolitik. Dieses Land, meine Damen und Herren, braucht dringend eine verlässliche Orientierung, wie mit den nun nach Hartz I bis IV zur Verfügung stehenden Instrumenten und Ressourcen für zukünftige Landesarbeitsmarktpolitik umgegangen werden soll.
Die Sicherung und Schaffung von Beschäftigungschancen im Land ist wahrlich kein Randthema. Ich hatte mich gefreut, dass der Ministerpräsident heute so lange hier ausgehalten hat. Aber er hat jetzt sicher andere Verpflichtungen.
Viele Fragen sind jedoch offen. Diejenigen, die sich auch in den Regionen damit beschäftigen, erleben, dass sich sowohl Arbeitsuchende als auch Träger und Projekte auf diesem Marktsegment unsicher fühlen bzw. nicht in der Lage sind, ihre zukünftige Arbeit einigermaßen sicher zu planen.
Ich will mir ersparen, auf einzelne Fragen einzugehen, weil ich in den letzten Tagen mehrfach die Möglichkeit hatte, sowohl durch Vertreter der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit, wie sie jetzt richtig heißt, als auch durch Initiativen von Andreas Kuhnert aus der SPD-Fraktion auf diese Fragen eine entsprechende Antwort zu bekommen.
Ich möchte jedoch daran erinnern, dass wir vor allen Dingen auch das aufgreifen, was die Akteure, die auf dem Gebiet der Arbeitsmarktpolitik im Land Brandenburg tätig sind, hören. Ich verweise auf die Vorschläge zur öffentlich geförderten Beschäftigung der ABS-Gesellschaften, die bekanntlich ihre Mitgliederversammlung in der letzten Woche in Luckenwalde durchgeführt haben.
Bei der Neukonzipierung der Landes-Arbeitsmarktpolitik geht es eben nicht nur um Arbeitsmarktpolitik pur, sondern um eine weitsichtige Strategie, die die Arbeitsmarktpolitik als einen Baustein einer zielführenden Beschäftigungsstrategie des Landes begreifen muss. „Wir brauchen jetzt klare Schritte“, steht über dem Interview, das Herr Minister Baaske kürzlich in „Brandaktuell“, der Informationszeitschrift der LASA, zu den Hartz-Gesetzen veröffentlicht hat.
Lassen Sie es mich etwas anders formulieren: Wir müssen jetzt vor allem die richtigen Schritte gehen. Dass die so genannten Hartz-Gesetze eine Vielzahl falscher Schritte gehen - zum Beispiel mit der Leistungseinschränkung, den verschärften Zumutbarkeitskriterien, dem Kaufkraftverlust -, habe ich des Öfteren betont. Trotzdem und gerade deshalb erwarten wir, dass sich das Land bei der Sicherung und Schaffung von Beschäftigung stärker als Akteur begreift. Wir sollten das parlamentarisch begleiten und deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen bzw. ihn an den Sozialausschuss zu überweisen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Gesetz „Hartz III“ sind ABM und SAM zu dem neuen Instrument Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zusammengefasst worden. Die Förderung erfolgt über Zuschüsse zu den Lohnkosten in pauschalisierter Form. Für Sachkosten können maximal 300 Euro pro Arbeitnehmer und Fördermonat erbracht werden. Aus diesen Sachkosten können nunmehr aber auch Beitragsanteile des Arbeitgebers an der Sozialversicherung finanziert werden. Diese betragen zwischen 210 und 250 Euro im Monat, sodass die noch verbleibenden Sachkosten für eine 100%ige Finanzierung der Maßnahme nicht ausreichen. Für eine arbeitsmarktpolitische Wirksamkeit der so genannten neuen ABM wäre deshalb eine Komplementärfinanzierung durch das Land Brandenburg notwendig.
Ich frage deshalb die Landesregierung: Hat das Land für das Jahr 2004 und die folgenden Jahre eine solche Finanzierung geplant?
Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen hat in der vergangenen Woche gegenüber dem zuständigen Fachausschuss über den derzeitigen Stand der Versorgung mit Ausbildungsplätzen berichtet. In dem Bericht wird davon ausgegangen, dass das betriebliche Angebot nicht ausreicht, um alle ausbildungsplatzsuchenden Jugendlichen zu versorgen. Schon seit geraumer Zeit wird angesichts dieser Entwicklung über die Einführung einer Umlagefinanzierung für die berufliche Erstausbildung diskutiert bzw. eine solche Umlagefinanzierung gefordert. Die Landesregierung bemerkt im Bericht hierzu lediglich, es bleibe abzuwarten, ob die Bundesregierung eine Ausbildungsplatzabgabe gesetzlich einführen werde.
Meine Frage lautet daher: Spricht sich die Landesregierung angesichts der Ausbildungsplatzsituation im Lande für die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe oder für alternative Maßnahmen aus?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die DVU-Fraktion hat mit ihrem Antrag für die Aktuelle Stunde ein Konstrukt vorgelegt, das wohl in etwa folgende Botschaft vermitteln soll: Die Schulabgänger in Brandenburg können nicht richtig rechnen, lesen und schreiben und bekommen deshalb keine Ausbildungsstellen.
Nun will ich überhaupt nicht in Abrede stellen, dass unser Bildungssystem erhebliche Defizite aufweist und ein entsprechender Reformbedarf besteht. Das wussten wir sogar schon vor PISA und dies ist letztens durch eine OECD-Studie bestätigt worden. Fakt ist: Deutschland liegt in der Bildung mittlerweile weit hinter anderen Industriestaaten und hat zum Beispiel weniger Abiturienten und Studenten, dafür aber mehr Schüler und Lehrlinge, die ihre Ausbildung abbrechen.
Um das künftig dauerhaft zu verhindern, bedarf es veränderter Weichenstellungen, für die sich die PDS auch in diesem Landtag seit langem einsetzt.
So richtig es aber ist, eine Reform des Schulsystems zu fordern, so klar ist auch, dass der Weg, den die DVU gehen will, der absolut falsche ist. Bisher war von dieser Partei zum Beispiel lediglich zu hören, dass Disziplin, Ordnung, strenge Vergleichstests, Bewertungen usw. an den Brandenburger Schulen nicht ausreichen. Letztgenannte Forderungen durchzusetzen hieße aber lediglich, an der Oberfläche zu plätschern und die Schieflage des Bildungssystems zu forcieren, hieße jedoch nicht, die Probleme zu lösen.
Zeitgemäß ist in Deutschland und im Land Brandenburg tatsächlich eine andere Schule. Sie muss sich aber durch Förderung und Integration, nicht durch Perfektionierung und Pervertierung des Auslesemechanismus auszeichnen.
Meine Damen und Herren, das alles ist aber nicht - wie die Antragstellerin der Aktuellen Stunde zu suggerieren versucht - der Kern der Ausbildungsmisere. Der Kern des Problems liegt im Fehlen betrieblicher Ausbildungsplätze.
Nach der Berufsausbildungsstatistik für Brandenburg hatten wir 1995 noch über 16 000 betriebliche Ausbildungsplätze. Aktuell sind es etwa 10 000. Entsprechend ist der Anteil betrieblicher Plätze von 75 % auf 65 % zurückgegangen und damit notgedrungen die Zahl außerbetrieblicher Ausbildungsstellen kontinuierlich gewachsen. Ein Drittel der Schulabgänger bekommt nur betriebsnahe oder außerbetriebliche Ausbildungsplätze, wobei ich das „nur“ nicht abwertend im Sinne schlechterer Qualität meine. Fakt ist allerdings - das zeigen die Evaluierungen -, dass diese Jugendlichen nach der Ausbildung schlechtere Chancen haben, eine Anstellung zu finden, als die betrieblich Ausgebildeten.
Im Übrigen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, müssen für diverse Modelle und Sonderprogramme erhebliche Summen aus den öffentlichen Haushalten aufgewendet werden. Für das kommende Jahr sind in Brandenburg - die Zahl ist heute schon des Öfteren gefallen - allein für das Ausbildungsplatzprogramm ca. 68 Millionen Euro veranschlagt.
Für die PDS hat stets gegolten: Die Ausbildung unserer Jugendlichen - denn dies ist Zukunftssicherung für unser Land rechtfertigt dieses staatliche Engagement. Wir haben die Landesregierung nie dafür kritisiert, dass sie Jahr für Jahr eine so genannte Ausbildungsplatzzusage abgegeben hat, die beinhaltete: Jedem ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen wird ein Angebot unterbreitet. Ein Ausbildungsplatzangebot für jeden Jugendlichen muss unverzichtbarer Anspruch an die Landesregierung bleiben, obgleich wir wissen, dass die finanziellen Grundlagen heute schlechter denn je sind und man die fast 68 Millionen Euro für sehr viele andere vernünftige Dinge einsetzen könnte bzw. müsste. Aber gerade weil das so ist, ist es wichtig, dass sich die Landesregierung deutlich zur Ausbildungsplatzabgabe positioniert.
Deswegen werde ich weiterhin hartnäckig bleiben, Herr Minister Baaske; wissen wir doch, dass einige Unternehmen trotz vorhandener Möglichkeiten nicht ausbilden. Das sind in Bran
denburg immerhin 21 % der ausbildungsberechtigten Betriebe. Wenigstens sollten Ausbildungsbetriebe oder außerbetriebliche Programme finanziell unterstützt werden.
Berufsausbildung, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist und bleibt zuallererst Sache der Wirtschaft. Die politische Verantwortung der Landesregierung liegt aber darin, jedem Jugendlichen eine Ausbildung zu ermöglichen. Darüber, auf welchem Wege diese Verantwortung wahrgenommen wird, kann man trefflich streiten - und so muss es sein.
Meine Damen und Herren! Natürlich hat es - speziell im Osten - Ursachen, dass Betriebe zu wenig ausbilden, zum Beispiel konjunkturelle Ursachen. Das heißt, es gibt zurzeit einen Rückgang vor allem im Baugewerbe, aber auch im IT-Bereich und im Handwerk. Anders ausgedrückt: Die Wirtschaftskrise in Deutschland verschärft den Wettbewerb und die Unternehmen reagieren mit Kostensenkungen. Im Osten, wo die Wirtschaftskraft der Mehrzahl der Betriebe ohnehin gering ist und viele Unternehmen ums tägliche Überleben kämpfen, fällt es diesen objektiv schwer, Ausbildungsplätze anzubieten.
Zum anderen sind die Ursachen strukturell bedingt, das heißt, die Zahl der nicht ausbildungsfähigen Klein- und Kleinstbetriebe steigt, Unternehmen spezialisieren sich zunehmend und Großunternehmen ziehen sich mit steigender Tendenz aus der Ausbildungsverantwortung zurück bzw. mutieren zu Ausbildungsträgern staatlich finanzierter Maßnahmen und setzen dabei nicht selten auf die damit verbundenen Mitnahmeeffekte.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Angesichts hoher Arbeitslosigkeit und permanenter wirtschaftlicher Flaute ist kurzfristig kaum eine dauerhafte und nachhaltige Änderung der Situation in Sicht, die sich aus den ureigensten Interessen der Wirtschaftsunternehmen ergeben könnte. Zwar droht heute schon in vielen Bereichen ein akuter Fachkräftemangel, aber die kurzsichtigen betriebswirtschaftlichen Effizienzkriterien bewirken, dass zu wenig Auszubildende eine Lehrstelle erhalten. Laufende Debatten über die Verlängerung der Lebensarbeitszeit tun ein Übriges.
Fazit: Die berufliche Ausbildung wird zunehmend staatlich finanziert. Hinzu kommt, dass sich diese beunruhigende Entwicklung in einem Gesamtrahmen vollzieht, der mehr und mehr die Verstärkung negativer Folgen erwarten lässt. Ich will erstens die weitere Europäisierung der Aus- und Weiterbildung, zweitens die laufenden Verhandlungen über die Liberalisierung von Dienstleistungen - GATS -, zu denen auch Bildungsdienstleistungen gehören, sowie drittens die Umsetzung der HartzGesetze mit ihren negativen Auswirkungen wie dem beabsichtigten Rückzug der Bundesanstalt für Arbeit aus der Berufsvorbereitung und -ausbildung oder dem verstärkten Druck auf Annahme eines Angebots bezüglich Arbeit und Ausbildung bei Androhung von Leistungskürzungen nennen.
Deshalb, verehrte Kolleginnen und Kollegen: Aus- und Weiterbildung als Grundlage von Chancen auf dem Arbeitsmarkt und eine eigenständige Sicherung der Existenz sind wesentlicher Bestandteil von Bildung als der sozialen Frage des 21. Jahrhunderts. Gründe für den Ausschluss von Bildung generell und deren Ursachen wird meine Partei stets benennen, aber es nicht dabei belassen. Notwendig ist unter anderem eine Reform des Berufsbildungsgesetzes mit Blick auf Eckpunkte wie: Globalisierung sozial beherrschen lernen, Strukturwandel gestalten,
Chancengleichheit herstellen oder Qualität sichern. Die diesbezüglichen Vorschläge beispielsweise des DGB Berlin-Brandenburg sind hierfür sehr hilfreich.
Ziel eines mittelfristig umzusetzenden und zukunftsfähigen Konzepts muss es daher sein, allen Jugendlichen einen qualifizierten Berufsabschluss zu vergleichbaren Konditionen zu ermöglichen und gleichzeitig die wirtschaftliche Leistungskraft der Unternehmen gerecht zu belasten. Die kritische Situation in der beruflichen Erstausbildung muss daher unter dem Blickwinkel der künftigen demographischen Entwicklung in Deutschland und prognostizierbaren Wanderungsbewegungen, vor allem in Richtung Ost nach West, sowie zukünftiger Lebenskonzepte und Erwerbsbiografien analysiert werden, um rechtzeitig wirkungsvolle Gegenstrategien entwickeln zu können. Hier sind auch Landesregierungen gefordert. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch den Abgeordneten einer DVU-Fraktion müsste bekannt sein, dass zum Beispiel Sozialhilfe dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens ermöglichen soll, das der Würde des Menschen entspricht. Das bedeutet also nicht vordergründig Sicherung des Lebensstandards, daher auch nicht Schutz von Einkommen aus privaten Versicherungen, aus Vermietung und Verpachtung oder was sonst noch denkbar ist. Kollege Klein hat gerade geschildert, woran derzeit gedacht wird.
Altersarmut wird nicht dadurch entgegengewirkt, dass private Versicherungen und Geldanlagen nicht angerechnet werden. Die meisten von Armut Bedrohten oder Betroffenen können bzw. konnten derartige Anlagen überhaupt nicht tätigen. Es muss also primär darum gehen, die vorrangigen sozialen Sicherungssysteme zu stärken und ihren solidarischen Charakter zu erhalten.
Ein zweiter Weg wäre der einer sozialen Grundsicherung, wie er bereits durch die Bundesregierung mit der Grundsicherung im Alter angedeutet wurde. Das ist ein Weg, über den man diskutieren sollte.
Die DVU leistet mit dem Antrag Lobbyarbeit für die private Versicherungswirtschaft und keinen Beitrag zur Verhinderung von Armut. - Wir lehnen diesen Antrag ab.
Nach Angaben des Landesarbeitsamtes waren Ende Juli in Brandenburg 16 226 Jugendliche registriert, denen noch kein Ausbildungsplatz vermittelt werden konnte. Da andererseits eine so genannte Tour für mehr Ausbildungsplätze des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit in Berlin und Brandenburg allein 1 208 zusätzliche Lehrstellen gebracht haben soll, frage ich: Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Lehrstellenmisere durch Ministerbesuche behoben werden kann?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat vor wenigen Tagen die Hartz-Gesetze III und IV präsentiert, das Vorziehen der Steuerreform verkündet sowie eine Reform der Gemeindefinanzen und einen Gesetzentwurf für die Gesundheitsreform vorgelegt. Andere Teile der so genannten Agenda 2010 wurden bekanntlich in Kraft gesetzt. Hartz I und II sind nach den Worten des stellvertretenden Ministerpräsidenten Jörg Schönbohm „zelebriert und gefeiert worden, aber verpufft“. Das klingt so ähnlich wie fröhliches Placebo. Aber ein Placebo, meine Damen und Herren, ist das Gesamtpaket Agenda 2010 beileibe nicht. Es bewirkt absolut nicht das, was es angeblich bewirken soll, nämlich die Arbeitslosigkeit nachhaltig zu senken. Wenn ich einmal ein paar Schlagzeilen der letzten Presse zitieren soll: „Ernüchterung statt Hartz-Euphorie“, „Hartz-Reform nur Scharlatanerie“, „Von den 55 PSAAgenturen in der Region Berlin-Brandenburg wurden bisher lediglich 14 Arbeitslose in feste Jobs vermittelt“, „Ministerpräsident Platzeck gibt bekannt, dass Abstriche bei beschäftigungspolitischen Zielen des Landes vor allen Dingen in berlinfernen Regionen anstehen“ - Ich könnte die Liste fortsetzen.
Meine Damen und Herren, das Gesamtpaket Agenda 2010 wirkt sich dafür umso massiver auf die Lebensverhältnisse der Bürgerinnen und Bürger aus. Die Arbeitslosenhilfe verschwindet aus dem Instrumentenkasten der Sozialpolitik. Der bereits bestehende Druck auf Arbeitslose wird weiter erhöht. Für Zahnersatz und Krankengeld müssen die Versicherten künftig allein aufkommen. Die Entfernungspauschale soll gekürzt werden. Für das Vortragen einer vollständigen Liste der sozialen Eingriffe fehlt mir an dieser Stelle leider die Zeit.
Hier kann aus Sicht der PDS nur ein konsequentes Nein erfolgen, denn wenn diese so genannte Reform - laut Kanzler Schröder eine der größten Sozialreformen, die wir in der Geschichte der Bundesrepublik überhaupt hatten - einem Konzept folgt, dann heißt dieses Konzept aus unserer Sicht: massiver Sozialabbau.
Zudem ist bisher völlig unklar, welche detaillierten Auswirkungen das gesamte Hartz-Paket haben wird. In den Arbeitsämtern, in den Kommunen, in sozialen Vereinen und Verbänden herrscht große Verunsicherung. Mehr noch: Die wirtschaftliche Situation in den neuen Bundesländern wurde bei dieser Reform offensichtlich völlig außer Acht gelassen. Nur, meine Damen und Herren von der SPD, das sollten Sie den Menschen dann auch so sagen. Bislang haben Sie regelmäßig - zum Beispiel vor der Bundestagswahl - große Erwartungen geweckt, die Sie nun nicht erfüllen können und deshalb klammheimlich zurückschrauben wollen.
Auf ein Beispiel dafür, verehrte Kolleginnen und Kollegen, will ich etwas ausführlicher eingehen, und zwar auf das IV. Hartz-Gesetz. Mit diesem Gesetz sollen die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe für Erwerbsfähige zu einer neuen Leistung unter dem irreführenden Namen „Grundsicherung für Arbeitsuchende bei einheitlicher Trägerschaft“ zusammengelegt werden. Faktisch ist dies jedoch die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe. Dabei ist die gesamte Gesetzesargumentation ausschließlich darauf ausgerichtet, Einsparpotenziale aufzuzeigen, und nicht darauf, Arbeitslose tatsächlich in Arbeit zu bringen.
Die weiter steigende Arbeitslosigkeit führte aber insbesondere im vergangenen Jahrzehnt zu einem rasanten Anstieg der Empfängerzahlen. Bezogen 1991 rund 400 000 Menschen Arbeitslosenhilfe, waren es im Jahr 2002 im Jahresdurchschnitt rund 1,66 Millionen Personen. Die Zahl der Empfänger von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz stieg von 2 Millionen im Jahr 1991 auf 2,7 Millionen im Jahr 2002.
In dieser Situation, meine Damen und Herren, will man mit dem IV. Hartz-Gesetz erhebliche Synergieeffekte erzielen, indem die Aktivierung und Betreuung sowie die Erbringung der passiven Leistungen durch einen großen und leistungsfähigen Dienstleister am Arbeitsmarkt allein erfolgen soll. Letztendlich kann man auf die Zusammenarbeit mit den kommunalen Trägern von Beschäftigungspolitik aber nicht verzichten, was sowohl aus dem Gesetzestext wie auch aus Erklärungen von Wirtschafts- und Arbeitsminister Clement deutlich wird.
Die im Gesetz gepriesene Leistungsfähigkeit der Bundesanstalt für Arbeit steht durchaus infrage, weshalb sich insbesondere der Brandenburger Landkreistag gegen eine Zentralisierung in der Hand der Bundesanstalt ausgesprochen hat. Die These, dass durch die Bundesanstalt der Grundsatz „Arbeit statt passiver Leistung“ besser umgesetzt werden könne als von den Kommunen, ist durch die bisherige Praxis nicht nur nicht bewiesen, sondern vielfaches, erfolgreiches kommunales Engagement weist in genau die andere Richtung.
Die Bundesanstalt will mit mehr Personal und mehr Geld auf einem Feld, das bisher die Kommunen beackert haben, erfolg
reicher sein, obwohl sie doch selbst mit ihren bisherigen Aufgaben hinreichend Probleme zu bewältigen hat. Es ist daher zu befürchten, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, dass letztendlich die Kommunen wieder die Suppe auslöffeln müssen, dann nämlich, wenn die Bundesanstalt für Arbeit den Langzeitarbeitslosen nach fruchtlosen Versuchen, sie in Arbeit zu bringen, da es ja zu wenig Arbeitsplätze gibt, Erwerbsunfähigkeit attestiert und noch mehr frustrierte Langzeitarbeitslose wieder an die Kommunen zurück verschiebt. Insofern ist das gern gebrauchte Argument des Verschiebebahnhofs auf diesem Wege nicht aus der Welt zu schaffen.
Indirekt, meine Damen und Herren, wird im Gesetzentwurf auch unterstellt, dass die Höhe der Transferleistungen die Annahme einer Arbeit behindert. Angesichts der ständigen Ausweitung von Minijobs und Niedriglohnsektor geht dies an der Realität der nach wie vor hohen Arbeitslosigkeit völlig vorbei. Bereits Hartz II hat zur drastischen Absenkung der Leistungen an die Arbeitslosenhilfeempfänger geführt. Sie befinden sich nun mit Hartz IV weiter auf sozialer Talfahrt.
Meine Damen und Herren von der Landesregierung, die so genannte Reform wird sich maßgeblich im Bundesrat abspielen, denn Hartz IV bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Dort haben Sie die Interessen Brandenburgs und seiner Bürgerinnen und Bürger, aber auch seiner Städte und Gemeinden zu vertreten. Letzteres betone ich im Hinblick auf die Reform der Gemeindefinanzen sowie auf das Vorziehen der Steuerreform.
Weitere Einnahmeausfälle sind von den Gemeinden nicht mehr zu verkraften, genauso wenig wie vom Land. Sie sollten endlich aufhören, durch Spar- und Kürzungsoperationen in den öffentlichen Haushalten weitere Steuergeschenke an die Vermögenden zu finanzieren.
Sie scheinen auch vergessen zu haben, dass Sie noch vor einem Dreivierteljahr gegenüber der Bundesregierung ein kommunales Investitionsprogramm gefordert haben. Jetzt tun Sie genau das Gegenteil. Eine Steuerreform, die Spitzenverdiener stark und Normalverdiener kaum entlastet, die den sozial Schwächsten weiter Kaufkraft entzieht und die öffentlichen Investitionen zurückschraubt, wird auf die versprochenen volkswirtschaftlichen Wachstumsimpulse nicht setzen.
Bevor Sie, meine Damen und Herren von der Landesregierung, im Bundesrat Ihre Stimme abgeben, sollten Sie den Bürgerinnen und Bürgern im Land erklären, warum das, was Sie entscheiden, nach Ihrer Auffassung gut und richtig ist. Der vorliegende Antrag der PDS-Fraktion will Ihnen dazu die Gelegenheit geben. Mit allgemeinen Floskeln jedoch von einem angeblichen Über-die-Verhältnisse-Leben werden wir uns nicht zufrieden geben. Wir brauchen endlich eine andere Politik, die auf einer soliden Einnahmebasis der öffentlichen Haushalte fußt. Dazu halten wir es für notwendig, diejenigen angemessen an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben zu beteiligen, die dazu in der Lage sind, statt diejenigen weiter zu schröpfen, die ohnehin jeden Cent dreimal umdrehen müssen. Unsere Angebote und Forderungen liegen auf dem Tisch.
Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
In einer Pressemitteilung vom 23. Mai dieses Jahres hat Minister Baaske die bisher geltende so genannte Ausbildungsplatzzusage der Landesregierung noch einmal ausdrücklich bekräftigt. Es bleibe, so Minister Baaske, das erklärte Ziel der Landesregierung, dass jeder Jugendliche, der ausbildungswillig ist und die entsprechenden Leistungen erbringt, die Chance für eine berufliche Ausbildung erhalten müsse.
Ich frage die Landesregierung: Was unternimmt sie, damit auch für den Ausbildungszeitraum 2003/2004 jedem Schulabgänger und jeder Schulabgängerin ein Ausbildungsplatz angeboten werden kann?
Herr Minister, Sie haben geahnt, welche Fragen ich stellen will. Deswegen beschränke ich mich auf eine Frage: Welche Möglichkeit haben Sie, auf die Qualität jedes Ausbildungsplatzes Einfluss zu nehmen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die DVU-Fraktion beschäftigt uns zum wiederholten Mal mit einem Antrag, der die Tätigkeit der Berufsgenossenschaften berührt. Dieser Antrag ist aber genauso wenig zustimmungsfähig wie alles, was die DVU zu diesem Thema bisher in den Landtag eingebracht hat. Ich will mich deshalb bei der Begründung unserer Ablehnung kurz fassen und auf zwei Punkte beschränken.
Erstens: Die Zuständigkeit für die Einziehung der Mittel soll von den Berufsgenossenschaften auf die Bundesanstalt für Arbeit übertragen werden. Dazu muss man wissen, dass schon
bisher das Insolvenzgeld, früher Konkursausfallgeld, eine Leistung der Bundesanstalt für Arbeit ist. Das Insolvenzgeld wird von den Berufsgenossenschaften nur im Auftrag der BA eingezogen. Dafür gibt es einen nachvollziehbaren Grund. Würde die BA die Beiträge selbst einziehen, müsste dazu ein Unternehmensverzeichnis aufgebaut werden. Der Verwaltungsaufwand wäre erheblich höher als in der jetzigen Praxis.
Zweitens: Nicht zustimmungsfähig ist - hier gebe ich dem Kollegen Klein Recht -, wenn, wie in Punkt 3 des Antrages gefordert, für das Insolvenzgeld neben den Beiträgen der Betriebe auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Beiträgen aufkommen sollen. Das Insolvenzgeld wird gezahlt, wenn im Insolvenzfall ein Unternehmen ausstehende Löhne und Gehälter nicht mehr ausreichen kann. Die Arbeitnehmer haben ihren Teil des Vertrages bereits erfüllt, nämlich Arbeit geleistet. Es ist deshalb überhaupt nicht einzusehen, warum sie für diese einseitig vom Arbeitgeber geschuldete Leistung, nämlich die Lohn- und Gehaltszahlung, auch noch mit eigenen Beiträgen zur Arbeitslosenversichung aufkommen sollen.
Die Arbeitgeber, meine Damen und Herren, finanzieren das Insolvenzgeld als Risikogemeinschaft. Als Verteilungsschlüssel dienen die Lohnsummen. Das heißt, Branchen, denen es besser geht, tragen die Lasten der Branchen mit, die von der schwachen Konjunkturlage besonders betroffen sind. Das ist in einer laut Grundgesetz solidarisch organisierten Demokratie durchaus zu begrüßen und nicht, wie in dem vorliegenden DVU-Antrag suggeriert wird, gewissermaßen verdammenswert.
Der vorliegende Antrag wird abgelehnt. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aktuelle Stunden beschäftigen sich mit brennenden aktuellen Themen und die Parteien stellen ihre unterschiedlichen Positionen zu den Themen dar. Ich glaube, das ist heute gelungen und die Betroffenen werden beurteilen, wer letztendlich ihre Interessen aufnimmt und Vorschläge unterbreitet, wie man ihre Lage verbessert, und sie werden dann entsprechende Schlussfolgerungen ziehen und - Herr Müller, ich kann nicht umhin, Ihnen das zu sagen - sie werden es natürlich auch beurteilen, wenn von einem Sozialdemokraten Vorschläge der Opposition, die eigentlich die Sicherung sozialstaatlichen Handelns in diesem
Deutschland weiterhin möglich machen, als aus der Rumpelkiste gezogen bezeichnet werden.
Aber, wie gesagt, das werden die Betroffenen beurteilen und nicht wir. Übrigens - ich gebe ja die Hoffnung nicht auf - zeugen davon auch die Turbulenzen in der SPD und ich weiß nicht, ob es dem Bundeskanzler gelungen ist, tatsächlich jene zur Räson zu bringen, die letztendlich unbequeme Wahrheiten sagen. Ich erinnere an Ihren SPD-Kollegen Ottmar Schreiner, der einmal formuliert hat, er wisse im Grunde genommen schon nicht mehr zu beurteilen, ob es noch möglich sei, im Rahmen dieses neoliberalen Mainstreams überhaupt noch Gegenargumente zu bringen; denn letztendlich werden hier Lebenslügen verbreitet, die leider auch geglaubt werden.
Ein Plakat mit dem Slogan „Weniger Sozialstaat bringt mehr Jobs“ sorgte erst kürzlich für Streit zwischen den Koalitionspartnern. Vor ein paar Tagen war das Plakat noch zu sehen, zumindest in Berlin. Inzwischen ist bekannt, dass mehrere Spitzenpolitiker von SPD und Grünen zu einer überparteilichen Initiative gehören, die das Plakat kleben ließ. Jene relativierten natürlich schnell die Plakataussage und ihre persönliche Mitverantwortung. Ich frage mich: Warum eigentlich? Ich finde, so viel Ehrlichkeit war bei den jetzt Regierenden selten. Denn, meine Damen und Herren, dieses Plakat verdeutlicht haargenau die Grundphilosophie der Agenda 2010. Und das ist das, was wir beklagen. Das können Sie, Herr Baaske, als Minister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen auch mit sicherlich richtigen Argumenten nicht zudecken. Es geht im Grunde genommen darum, dass es sich bei der Agenda 2010 nicht um eine Reform des Sozialstaates handelt, sondern um dessen Abbau.
Übrigens, der Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster, hat in einem Interview für „Die Welt“ am vergangenen Wochenende ganz offen ausgesprochen, wovor sich andere noch scheuen, nämlich, dass mit der Agenda 2010 der Sozialstaat zurückgeschnitten werden soll. Gerster sieht zudem in der Agenda 2010 auch nicht die Reform selbst, sondern nur erste Schritte, und begründet das unter anderem mit der bestehenden Absicht zur Pauschalierung von Sozialhilfeleistungen.
Übrigens ist heute im „Tagesspiegel“ nachzulesen, dass im Gegensatz dazu 1,7 Millionen Beamte mit 2,4 % Lohnerhöhung rechnen können. Der soziale Kahlschlag, liebe Kolleginnen und Kollegen, soll also weitergehen.
- Nein, mir geht es um die soziale Gerechtigkeit und den Ausgleich, Herr Schippel.
Mit der Agenda 2010 will die rot-grüne Regierung die Bundesrepublik bis zum Ende des Jahrzehnts aus der Wirtschafts- und Arbeitsmarktkrise führen, die Blockaden der letzten Jahre sollen überwunden, die Wirtschaft belebt und vor allem Arbeitsplätze geschaffen werden. Wir bezweifeln mit Recht, dass diese
durchaus begrüßenswerten Ziele mit den in der Agenda genannten Ansätzen tatsächlich erreicht werden können. Denn im Wesentlichen konzentriert sich die Bundesregierung mit den vorgesehenen Maßnahmen fälschlicherweise auf drastische Leistungskürzungen in den sozialen Sicherungssystemen und nicht auf die Schaffung von so dringend benötigten Arbeitsplätzen.
Neben der konservativ-liberalen Opposition gehen den Wirtschafts- und Arbeitgeberverbänden, einigen wissenschaftlichen Beratungsgremien - ich nenne das Stichwort Rürup -, aber auch Teilen der meinungsbildenden Medien diese Einschnitte bekanntlich nicht weit genug. So wollen CDU/CSU in den anstehenden Verhandlungen mit der Bundesregierung zum Beispiel Eingriffe in Tarifvertragsgesetz und Tarifautonomie sowie die Absenkung der Sozialhilfe durchsetzen.
Wir dagegen widersprechen dieser Politik, weil die angekündigten Maßnahmen weder die gravierenden Probleme auf dem Arbeitsmarkt beseitigen noch die sozialen Systeme zukunftssicherer machen werden. Eine Politik aber, die auf falsche Sanierungsinstrumente setzt und dabei ganz offensichtlich den permanenten Forderungen konservativ-neoliberaler Lobbygruppen nachgibt, ist weder mutig noch reformorientiert. Nein, meine Damen und Herren, die neue Qualität dieser Agenda liegt nach unserer Überzeugung darin, dass nunmehr das bewährte europäische Sozialstaatsmodell zur Disposition steht, anstatt es den neuen Bedingungen - zum Beispiel der negativen demographischen Entwicklung bzw. der strukturellen Arbeitsmarktkrise - anzupassen. An die Stelle des bewährten Lohnersatzleistungsprinzips zum Beispiel, welches die Arbeitslosenhilfe bisher charakterisiert hat, tritt jetzt lediglich das Ziel der nackten Armutsvermeidung.
Wir widersprechen gleichzeitig der These, dass der Sozialstaat nicht mehr finanzierbar und selbst die Ursache von anhaltender wirtschaftlicher Wachstumsschwäche und steigender Arbeitslosigkeit ist. Und weil immer wieder der Vorwurf zu unseren Forderungen nach der Vermögensteuer kommt, will ich Ihnen ein paar Zahlen nennen: Steuer auf Einkommen und Gewinne im internationalen Vergleich in Prozent Bruttosozialprodukt im Jahr 2000, übrigens Berechnungen von DIW, nicht von uns:
Dänemark ca. 30 %, Schweden 22 %, Deutschland liegt bei 11 %; Steuern auf Vermögen im internationalen Vergleich: England 3,6 %, Frankreich 3,2 %, Deutschland liegt bei 0,8 %.
So weit zu einem Verteilungsspielraum, den es nach wie vor gibt.
Herr Präsident, mein letzter Satz. - Wer glaubt, die Arbeits
marktkrise durch noch mehr Druck auf die Arbeitslosen zu lösen, bekämpft die Betroffenen und nicht die Ursachen der Arbeitslosigkeit. Die PDS setzt ihre eigene Agenda Sozial gegen die Agenda 2010. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Medienberichten ist zu entnehmen, dass ostdeutsche Länder auch aus Sorge vor einer neuen Abwanderungswelle im Bundesrat gegen die vom Bundeskanzler geplanten Kürzungen im Sozialbereich Front machen wollen. Das ist aus meiner Sicht unterstützenswert. Allein die Absenkung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau würde Brandenburg nach Berechnungen des Arbeitsministeriums unter anderem einen jährlichen Kaufkraftverlust von rund 250 Millionen Euro bescheren.
Nach einer ddp-Meldung vom 24.03.2003 ist Arbeitsminister Günther Baaske der Auffassung, dass die Arbeitsuchenden bei Umsetzung des Streichprogramms des Bundeskanzlers für die hohe Erwerbslosenquote ihrer Regionen gewissermaßen büßen müssten. Ministerpräsident Matthias Platzeck will dazu mit der Bundesregierung ins Gespräch kommen, da sich nach seiner Auffassung anderenfalls der Abwanderungsprozess aus den neuen Ländern drastisch beschleunigen werde.
Ich frage die Landesregierung: Mit welchem Konzept wird sie sich in die geplanten Auseinandersetzungen im Bundesrat einbringen?
Herr Minister Baaske, werden Sie sich mit Ihren Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen in den kommenden Auseinandersetzungen vor allen Dingen dafür stark machen, dass für die Ostländer, vor allen Dingen im Bereich ABM/SAM und bei anderen beschäftigungsfördernden Maßnahmen nicht in dem Maß gestrichen wird, in dem es vorgesehen ist?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein neuer Masterplan aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit enthält neben durchaus Bedenkenswertem eine ganze Wunschliste für Deregulierung auch des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Die Autoren des Papiers haben sich damit begnügt, alte Hüte aus den Forderungskatalogen marktradikaler Wirtschaftsverbände aufzuwärmen und zu einer Art Diskussionspapier aneinander zu hängen. Besonders auffällig ist dabei der weltfremde Vorschlag, die Pflichtversicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung abzuschaffen und zu privatisieren.
Weitere Ideen sind die Modernisierung der Arbeitsstättenverordnung, um die Unternehmen von möglichst vielen Verpflichtungen zum Schutz ihrer Beschäftigen zu entbinden, ein Abbau der berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschriften und eine Überprüfung der Regeln zur sicherheitstechnischen und betriebsärztlichen Betreuung von Kleinbetrieben. Dahinter, meine Damen und Herren, wird an vielen Stellen eine Denkweise sichtbar, die den Schutz der Gesundheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern lediglich als Kostenfaktor oder als Wettbewerbshemmnis betrachtet.
Einfallslos ist derzeitige Politik häufig, wenn es um die Wahrung der sozialen Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geht. Fallen jedoch die Stichworte Deregulierung oder Bürokratieabbau, entwickelt sie häufig eine geradezu ungeahnte Fantasie.
Meine Damen und Herren, offensichtlich in diesem Kontext meint nun die DVU-Fraktion, ein Vorschlag sei schon deshalb gut, weil er sich auch in einem solchen Masterplan nachlesen lässt. Aber schon die Begründung des Antrages macht deutlich, dass die DVU von einem völlig indiskutablen, weil unzulässig verkürzten Verständnis der Aufgaben von Berufsgenossenschaften ausgeht. Im Antrag steht zwar etwas von Versicherungsschutz bei Arbeitsunfällen, aber zum Beispiel kein Wort von Präventionsauftrag, von Aus- und Fortbildung betrieblicher Fachleute, von Gefährdungsanalysen oder gar von Beratungsleistungen für Unternehmen. Wie diese Aufgaben von einer Privatversicherung nach dem Modell der Kfz-Haftversicherung wahrgenommen werden sollen, bereitet der DVU offenbar keinerlei Sorgen. Von dem damit verbundenen Systemwechsel eines paritätisch besetzten selbstverwalteten gesetzlichen Versicherungsträgers hin zu einer Privatversicherung will ich gar nicht erst reden.
Kurzum, meine Damen und Herren, hier wird von der DVU wieder einmal ein Stichwort aufgegriffen und in die Debatte geworfen, fernab von realem Reformbedarf, den es hinsichtlich der gesetzlichen Unfallversicherung durchaus gibt. Die Bundesregierung - Herr Klein ist darauf eingegangen - hat inzwischen einen Gesetzentwurf vorgelegt, der finanzielle und organisatorische Veränderungen beinhaltet. Darüber wird sachlich zu reden sein. Eine Privatisierung von Berufsgenossenschaften lehnt die PDS-Fraktion ab, ebenfalls den vorliegenden Antrag.
Der Vorstandschef der Communicant AG hat kürzlich seine Trennung vom Frankfurter Institut für Halbleiterphysik verwaltungstechnisch vollzogen. Hinsichtlich der Zukunft der Chipfabrik meinte er, dass vorbehaltlich der Klärung der Gesamtfinanzierung der Bau in absehbarer Zeit abgeschlossen sein wird.
Minister Junghanns äußerte unlängst gegenüber der Presse, dass ein lang anhaltender Krieg zu nicht absehbaren Folgen für das multinationale Projekt Chipfabrik in Frankfurt (Oder) führen könnte.
Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie die Chancen für den baldigen Abschluss der Gesamtfinanzierung?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema der Aktuellen Stunde bezieht sich auf Brandenburger Arbeitsmarktpolitik, auf die Haushaltspolitik des Landes sowie auf die Weltpolitik, womit ganz offensichtlich der Irak-Krieg gemeint ist. Ich stelle nicht in Abrede, dass dies alles sehr ernste Themen und Probleme sind, und stelle auch nicht in Abrede, dass es da Zusammenhänge gibt. Was mich allerdings an den derzeitigen Diskussionen und auch an der Begründung des Antrags ernsthaft stört, ist die Vermittlung des Eindrucks, die Frage nach der Führung von Kriegen könne man davon abhängig machen, ob sie Arbeitsplätze bringen oder nicht.
Von einer solchen Betrachtungsweise grenzt sich meine Partei ausdrücklich ab. Kriege als Mittel der Politik sind abzulehnen ohne Wenn und Aber.
Die Abschreckung von Investoren - da gebe ich dem Kollegen Klein Recht - durch das Wirken von rechtsextremen Kräften gegenüber ausländischen Investoren besonders im Osten ist erwiesen. Diesbezüglich braucht man nicht erst nach Begründungen zu suchen.
Ich will mich deshalb in der mir zur Verfügung stehenden Zeit vordergründig einigen wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Problemen widmen.
Die aktuellen Zahlen zur Arbeitslosigkeit muss ich nicht umfassend wiederholen; sie sind bekannt und ernüchternd genug. Zwei möchte ich jedoch noch einmal in Erinnerung rufen, weil sie besonders folgenschwer sind.
Die Langzeitarbeitslosigkeit liegt mit 38,5 % in Brandenburg im März noch gut 1 % höher als im Durchschnitt der Ostländer. Die Lehrstellensituation stellt sich derzeit noch dramatischer dar als in den Jahren zuvor. Ich weiß, dass Minister Baaske mit dieser Situation nicht glücklich ist. Die Möglichkeiten der Arbeitsmarktpolitik in den Ländern sind zudem in besonderem Maße von der Bundespolitik abhängig.
Meine Damen und Herren, die Antwort auf die Frage, wie eine konjunkturelle Belebung in Deutschland zur Entspannung des Arbeitsmarktes erreicht werden soll, ist Bundeskanzler Gerhard Schröder während seiner Regierungserklärung am 14. März dieses Jahres im Bundestag leider schuldig geblieben. Allerdings meint er, mittels einer höheren Eigenbeteiligung an den sozialen Leistungen sowie drastischen Verkürzungen von Bezugszeiten für Leistungen, auf die Beitragszahler bekanntlich einen Anspruch erworben haben, jene Lohnnebenkosten senken zu können, welche von den neuen Wirtschaftsliberalen bekanntlich als das Übel aller Übel bezeichnet wurden. - Eine Tatsache übrigens, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, die der arbeitsmarktpolitische Sprecher Ihrer Bundestagsfraktion, Ottmar Schreiner, erst kürzlich wieder als die politische Lebenslüge bezeichnete, mit der er sich in seiner langen Politikerlaufbahn konfrontiert sieht.
Wir haben im Osten nicht nur zu wenig Unternehmen, sondern den vorhandenen fehlen zugleich Aufträge. An Aufträgen mangelt es nicht nur, weil es an privaten und öffentlichen Investitionen fehlt, sondern auch deshalb, weil die Menschen auf den laufenden und den angekündigten Sozialabbau rational reagieren. Sie schränken sich ein, woraus für die Binnenwirtschaft eine weiter abnehmende Nachfrage folgt.
Minister Baaske hat kürzlich öffentlich auf die mit den Sozialabbauprojekten des Bundeskanzlers verbundenen Konsequenzen für die Kaufkraft sowie die wirtschaftliche und demographische Entwicklung im Lande hingewiesen. Unsere Kritik, Herr Minister, richtet sich auf die weiter vorangetriebene Demontage des Sozialstaates und nicht nur auf das Kaufkraftargument.
Dies schließt selbstverständlich ein, dass zum Beispiel die vorgesehene Kürzung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau eine massive soziale Ungerechtigkeit darstellt und deshalb unseren Widerstand geradezu herausfordert.
Meine Damen und Herren, die Regierungserklärung des Kanzlers am 14. März hat zugleich mehr als deutlich gemacht: Der Bund beabsichtigt, mit seinen arbeitsmarktpolitischen Maßnah
men einen Weg zu gehen, auf dem die Probleme im Osten nicht gelöst, sondern massiv verschärft werden. Der Osten ist in der Bundespolitik offenbar - dieser Eindruck drängt sich letztlich regelrecht auf - nach der mehr als nur missglückten Chefsache der vergangenen Jahre gewissermaßen in der Versenkung verschwunden. Der Osten war dem Kanzler in seiner Regierungserklärung gerade mal einen Nebensatz wert.
Um im Bild von Ottmar Schreiner zu bleiben: Es gibt in dieser Bundesrepublik eine zweite große politische Lebenslüge, den angeblich permanenten Mangel an verfügbarem Geld auf allen Ebenen. Kanzler Schröder hätte am 14. März im Bundestag seinen Mut, der im Nein zum Irak-Krieg zum Ausdruck kam, ein weiteres Mal beweisen können, nämlich mit der Auflage einer befristeten Abgabe auf größere Vermögen, mit der Erhebung der ausgesetzten Vermögensteuer, mit der Besteuerung von Erlösen aus dem Verkauf von Unternehmensbeteiligungen, mit einer Neuregelung der Erbschaftsteuer oder der Einführung einer Wertschöpfungsabgabe für Arbeitgeber, um nur das Wichtigste zu nennen.
Nichts dergleichen ist jedoch geschehen oder wenigstens in Sicht.
Während die wirtschaftliche Erholung weiterhin auf sich warten lässt, verzeichnen wir einen geradezu dramatischen Einbruch auf dem so genannten zweiten Arbeitsmarkt. Auf Weisung der Zentrale der Bundesanstalt für Arbeit werden die Arbeitslosen zudem nun in gute und schlechte - im Klartext: in teure und billige - unterschieden. Die teuren sollen zuerst vermittelt werden. Doch selbst diese angestrebte schnellere Vermittlung erweist sich hier im Osten als frommer Wunsch. Wohin soll denn auch vermittelt werden, wenn die entsprechenden Arbeitsplätze fehlen? Bundesweit einheitliche Konzepte, wie das Mittelstandsprogramm „Kapital für Arbeit“ aus dem Hartz-Konzept, floppen vor allem auch deshalb in den neuen Ländern. Von den wenigen bisher auf diese Art geförderten Arbeitsplätzen entfallen ganze 12 % auf den Osten.
Auch die Veränderungen in der beruflichen Weiterbildung im Zuge des Paradigmenwechsels in der Politik der Bundesanstalt - Stichwort: 70 % Vermittlungseffekt pro Maßnahme - wirken sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt verheerend aus. Im März ist die Zahl der Arbeitslosen im Osten, die im gleichen Monat eine vom Arbeitsamt finanzierte Weiterbildungsmaßnahme begonnen haben, um 63 % im Vergleich zum Vorjahresmonat zurückgegangen. Gleichzeitig rechnet man mit dem Wegfall von über 20 000 Arbeitsplätzen in diesem Sektor. Kurzum: Hier werden den Betroffenen ein weiteres Mal Perspektiven und Chancen genommen bzw. vorenthalten.
Meine Damen und Herren, man kann es drehen und wenden, wie man will: Es gehört offenbar zur erklärten Absicht der jetzigen „Arbeitsmarkt-Reformer“, die gesamte Arbeitsförderung auf das ihrer Auffassung nach „notwendigste“ Maß herunterzufahren. Ziel ist dabei auch die Sanierung öffentlicher Haushalte, aber fast ausnahmslos zulasten der sozial Schwachen. Die Vermögenden in diesem Lande bleiben wieder einmal außen vor.
Was eigentlich, meine Damen und Herren, ist an der Zusam
menlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf niedrigstem Niveau sozial? Was ist an der Verschärfung der Zumutbarkeitskriterien demokratisch? Was eigentlich ist an dem verschärften Druck gegenüber Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern sozialdemokratisch?
Hartz wollte mit seinen Vorschlägen die Zahl der Arbeitslosen innerhalb von drei Jahren um zwei Millionen senken. Das ist löblich. Wenn aber in Berlin und Nürnberg weiterhin nur der Rotstift regiert, haben wir bald Hunderttausende Arbeitslose mehr.
Die Trendwende auf dem Arbeitsmarkt ist politisch dutzendfach versprochen worden, verbunden mit massiven Steuerentlastungen für große Unternehmen, mit moderaten Tarifabschlüssen, mit dem Bündnis für Arbeit, mit der Verstärkung des Drucks auf Arbeitslose, mit Niedriglohnmodellen, mit dem Umbau der Bundesanstalt für Arbeit, zuletzt mit den Hartz-Gesetzen und nun mit den in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers am 14. März angekündigten weiteren ruckartigen Schritten. Aber, meine Damen und Herren, spektakuläre Ankündigungen interessieren die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr. Statt immer Großartigeres anzukündigen, sollte die Politik endlich etwas Richtiges und Überzeugendes tun, auch wenn sich daran das Eingeständnis knüpft, dass niemand die Massenarbeitslosigkeit im Lande derzeit beseitigen oder auch nur halbieren kann. Dieses Eingeständnis schließt allerdings ein, offensichtlich falsche Wege endlich zu verlassen und offensichtlich falsche Entscheidungen schnellstens zu korrigieren.
Entgegen anders lautender Gerüchte gibt es Alternativen.
Die PDS hat in der Vergangenheit eben nicht nur kritisiert, sondern auch immer wieder machbare und finanzierbare Vorschläge auf den Tisch gebracht und konstruktive Diskussionen angeboten.
- Stichpunkte dazu, Herr Hackel, lauteten: Arbeitszeitverkürzung, kommunales Infrastrukturprogramm, Weiterentwicklung des Landesprogramms für Qualifizierung und Arbeit, umlagefinanzierte Erstausbildung und anderes mehr.
Die Vorsitzenden der PDS-Fraktionen haben in der vergangenen Zeit vorgeschlagen, ein Innovationsprogramm Ost für Arbeit, Ansiedlung und Aufträge aufzulegen. Wir werden es in der nächsten Zeit der Öffentlichkeit vorstellen. Es ist ein Konzept für den Osten, das dort beginnt, wo das Hartz-Konzept aufhört. Von einer weiteren Flexibilisierung des Arbeitsmarktes im Osten wird keine neue Dynamik ausgehen. Das müssen wir ganz einfach zur Kenntnis nehmen. Der Dreh- und Angelpunkt ist die Schaffung von neuen innovativen Arbeitsplätzen.
Darüber hinaus zeigt die gesellschaftliche Praxis, meine Damen
und Herren, dass wir eine stärkere Regionalisierung von Entscheidungen brauchen. Das trifft auch für die Wirtschafts- und Arbeitsmarktförderung zu und ist gewissermaßen als notwendiges Gegenstück zur Globalisierung erforderlich.
Herr Ministerpräsident, ich habe Ihnen während der Kreisbereisung aufmerksam zugehört. Die Regionalisierung ist das Gegenstück, das wir auf Landesebene in der Hand haben und auch nutzen sollten.
In Mecklenburg-Vorpommern ist es unter Führung des PDSArbeitsministers übrigens gelungen, anstelle hierarchischer Fördermittelzuweisungen
die Regionen des Landes aufgrund ihrer besseren Sachkenntnis - ich weiß nicht, was es da zu lachen gibt, wir reden hier über ernsthafte Probleme -
unter anderem über Projekte der Arbeitsmarktförderung und die Erschließung endogener Entwicklungspotenziale selbst entscheiden zu lassen und ihnen dafür eigene Budgets zur Verfügung zu stellen.
Ich erneuere an dieser Stelle auch unsere Forderung nach einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor, der aus Steuergeldern finanziert wird.
Im sozialen, im Jugend-, im Umwelt- und im kulturellen Bereich gibt es in den neuen Ländern viel zu tun, was die Kommunen nicht mehr bezahlen können. Wenn die tief greifenden Einschnitte bei den Beschäftigung schaffenden Maßnahmen, wie ABM und SAM, zukünftig alternativlos bleiben, dann erweisen sie sich gerade in diesen Bereichen für den sozialen Zusammenhalt ganzer Regionen als gefährlich. Die Abgeordneten werden das im Zusammenhang mit der Kürzung des Landeshaushaltes aus ihren Regionen bestätigen können.
Meine Damen und Herren! Die große Aufgeschlossenheit der Menschen im Osten, Innovationen anzunehmen und für Innovationen zu stehen, muss jetzt genutzt werden, ehe sie sich unwiderbringlich aufbraucht. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Seit dem Bekanntwerden einschneidender Maßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit im Bereich der Arbeitsmarktförderinstrumente ABM und SAM, umgesetzt durch die Arbeitsmarktstrategien der Arbeitsämter, reißt der Protest seitens der betroffenen Vereine, Verbände, Gesellschaften und freier Projektträger sowie von Kommunen im Land Brandenburg nicht ab. Beispielhaft sei an dieser Stelle nur das Schreiben des Netzwerkes „Chancengleichheit“ im Landkreis Spree-Neiße an Abgeordnete dieses Landtages genannt, das am 13. Februar auch dem Ministerpräsidenten während eines Besuches in Forst persönlich überreicht wurde. Angesichts massiver Kürzungen von ABM und SAM im soziokulturellen und im Beratungsbereich sind viele Kommunen vom Zusammenbruch gewachsener Strukturen bedroht.
Ich frage deshalb die Landesregierung, mit welchen Maßnahmen sie den absehbaren negativen Folgen des offensichtlichen
Paradigmenwechsels der Bundesanstalt für Arbeit in der Arbeitsmarktförderung begegnen wird.
Ich hatte zwei Nachfragen. Die erste haben Sie schon beantwortet. Sie bezog sich auf den allmählichen Übergang zur Steuerfinanzierung gesellschaftlich notwendiger Projekte.
Deswegen gleich die zweite Frage: Herr Minister Baaske, wie stehen Sie persönlich zu einer auf Vorschlag des Arbeitsministers Helmut Holter, PDS, abgestimmten Initiative der ostdeutschen Arbeitsminister, die zu einem Konjunkturaufschwung und durch Innovation in der Arbeitsmarktpolitik zu mehr Arbeitsplätzen auch im Land Brandenburg führen könnte?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade ist es durch die Medien veröffentlicht worden: Allein in Brandenburg sind derzeit weit mehr als 271 000 Menschen ohne Arbeit - eine nie dagewesene Rekordzahl. Die Arbeitslosenquote in Brandenburg hat den Wert von 20 % erreicht.
Abgesehen von den bekannten wirtschaftlichen Ursachen sind wir auf dem Arbeitsmarkt jetzt auch mit ersten Konsequenzen aus dem Job-AQTIV-Gesetz und aus den ersten Hartz-Gesetzen genauso unmittelbar konfrontiert wie mit den negativen Auswirkungen eines arbeitsmarktpolitischen Paradigmenwechsels der Bundesanstalt für Arbeit. Maßgebliches Leitmotiv der angeblichen Profis der Nation in Arbeitsmarktfragen ist dabei - wie auch die kürzlich in Brandenburg durchgeführten Arbeitsmarktgespräche deutlich machten - die Erhöhung der Geschwindigkeit der Vermittlung in den so genannten ersten Arbeitsmarkt.
Dabei liegt es doch quasi auf der Hand: Wo wie bei uns im Land Brandenburg im Schnitt 30 bis 40 Bewerber auf ein Arbeitsplatzangebot kommen, kann die Erhöhung der Vermittlungsgeschwindigkeit nicht zentraler Ansatz eines arbeitsmarktpolitischen Konzepts sein.
Versprach die alte Bundesanstalt für Arbeit noch Ende der 90er Jahre unter Jagoda die Kompensation für zurückgefahrene Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen mit dem Slogan „Weniger ABM mehr Weiterbildung“, so hat sich das unter Gerster offensichtlich erledigt. Auf aktive Arbeitsmarktpolitik will man zunehmend ganz verzichten. Fiskalischer Ausdruck dessen ist die Streichung des Bundeszuschusses an die Bundesanstalt für Arbeit.
Als eine der schwer wiegenden Folgen dieser Kürzungsorgie, meine Damen und Herren, wird die Zahl der Langzeitarbeitslosen und leider auch der Arbeitslosen im jugendlichen Alter sowie die Zahl der Arbeitslosenhilfeempfänger weiter steigen. Auch weitere Abwanderungen sind gewissermaßen vorprogrammiert.
Die soziale Situation spitzt sich zu, wenn die Bundesregierung mit ihrem Vorschlag am Ende dieses Jahres durchkommt, die Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf dem um nur 10 % angehobenen Niveau der Sozialhilfe zusammenzulegen. Der Bund arbeitet also bereits, meine Damen und Herren, an einem neuen Armutszeugnis herrschender Politik. Zudem wird die Bundesanstalt für Arbeit die zusätzlichen Kosten für diese Arbeitsmarktreform aus dem Topf für aktive Arbeitsmarktpolitik bezahlen, so übrigens auch die Kosten für das so genannte Herzstück von Hartz, die Einrichtung von Personalserviceagenturen, einem neuen Instrument, dessen Wirksamkeit vor allem hier im Osten aufgrund mangelnder freier Arbeitsplätze in den Sternen steht.
Meine Damen und Herren, um nicht missverstanden zu werden: Nicht alle Vorschläge der Hartz-Kommission weisen in die falsche Richtung und verdienen eine ernsthafte Prüfung. Erstens stecken wir seit Jahren in einem arbeitsmarktpolitischen Reformstau, der angesichts der demographischen Entwicklung, aber auch angesichts der Krise der traditionellen Erwerbsarbeit dringend aufgelöst werden muss.
Zweitens ist es auch richtig, dass ABM und SAM längst keine zeitgemäßen Instrumente zur Bewältigung der Massen-, Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit mehr sind. Sie haben aber, um das immer wieder klarzustellen, insbesondere hier im Osten eine zurzeit unverzichtbare sozialpolitische Komponente, die man nicht einfach ersatzlos streichen kann.
Jedoch ist auch aus der Sicht von Betroffenen ein Festhalten an den jetzt massiv reduzierten Maßnahmen und ihre radikale Begrenzung auf nur noch 30 Wochenstunden und sechs Monate Laufzeit mehr als fragwürdig, weil dadurch nur eine Erhöhung der Durchlaufzahlen erfolgt und Statistiken weiter geschönt werden können und weil gleichzeitig vermieden wird, dass aus dieser Art aktiver Arbeitsförderung neue Leistungsansprüche gegenüber der BA erwachsen.
Dazu kommt, meine Damen und Herren, dass aus Beitragsgeldern der Arbeitslosenversicherung unter anderem auch öffentliche Daseinsvorsorge sowie kommunale Infrastrukturmaßnahmen finanziert werden, die aber, mit Verlaub gesagt, eigentlich klassische Leistungen der öffentlichen Hand sind. Darauf, dass dies auf Dauer nicht so bleiben kann, hat die PDS bereits vor Jahren hingewiesen. Strategien und Konzepte hat die Landesregierung bisher allerdings nicht entwickelt. Dies fällt uns nun doppelt auf die Füße, denn auch die Kassen von Land und Kommunen sind heute leerer denn je.
Meine Damen und Herren, es mehren sich also die Zweifel, dass die Hartz-Gesetze und die jüngsten Entscheidungen der Bundesanstalt tatsächlich die dringend notwendige Wende am Arbeitsmarkt bringen können. Die neuen Arbeitsmarktgesetze sind außerdem - das ist eigentlich das Verwerfliche - zu einem Sparprogramm für öffentliche Haushalte mutiert, das bundesweit bei den Ärmsten dieser Nation ansetzt. Allein 1,5 Milliarden Euro will die Bundesregierung bei den Beziehern von Arbeitslosenhilfe einsparen. Wie viel soziale Kälte will sich eines der reichsten Länder dieser Erde denn noch ungestraft leisten?
Ich kann nur an die Verantwortlichen appellieren: Überlegen Sie gut, was Sie heute tun! Bedenken Sie bereits jetzt die Folgen
Ihres politischen Handelns! Denn alles in allem, meine Damen und Herren: dass in der jetzigen Situation die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik vor allem in den neuen Bundesländern deutlich gekürzt werden, ist mit normalem Menschenverstand nicht mehr zu begreifen.
Denn wo der erste Arbeitsmarkt nichts bietet, muss der zweite Arbeitsmarkt das Schlimmste verhüten. Es ist deshalb für mich wenig tröstlich, dass meine Partei von Anfang an davor gewarnt hat, Hartz setze an der falschen Stelle an. Wir werden auch deshalb weiterhin das fehlende Ostmodul im Hartz-Konzept zum Ausgangspunkt für konstruktiven politischen Gegendruck machen, und zwar auf der Basis eigener Vorschläge. Diese sind unter maßgeblicher Federführung von PDS-Ministern ausgearbeitet worden. Das heißt, wir verfügen unterdessen auch über praktische Erfahrungen in der aktiven wie präventiven Arbeitsmarktpolitik.
Was ist also unmittelbar zu tun?
Erstens: Landespolitisch werden wir uns, ob wir es wollen oder nicht, mit den Folgen der Hartz-Gesetze und der derzeitigen Geschäftspolitik der Bundesanstalt für Arbeit auseinander setzen müssen. Wir brauchen aber für das Land Brandenburg nicht nur eine einfache Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen, sondern ein neues, innovatives Arbeitsmarkt- und Strukturentwicklungsprogramm, das die Erfahrungen mit dem Landesprogramm „Qualifizierung und Arbeit für Brandenburg“ aufnimmt und Innovation auch anderer Länder schöpferisch verarbeitet. Das neue Landesprogramm muss stärker auf die Zielgruppen, die von der BA sozusagen aufgegeben werden, ausgerichtet sein. Wir haben heute früh im Rahmen der Fragestunde bereits darüber gesprochen. Es müssen Angebote unterbreitet werden, die der erste Arbeitsmarkt nicht bieten kann.
Das Landesprogramm muss gezielter als bisher die Verzahnung von sozialer, wirtschaftlicher und Arbeitsmarktorientierung herstellen. Ein Diskussionsangebot unsererseits liegt vor. In ihm widerspiegeln sich arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitische Ansätze der PDS, die wir seit Jahr und Tag vertreten, so beispielsweise die konsequente Regionalisierung mit größtmöglicher demokratischer Teilhabe, also das Prinzip, dort zu entscheiden, wo es die meiste Sachkenntnis gibt und wo auch die Wirkungen dieser Entscheidung letztendlich spürbar werden. Es widmete Existenzgründerförderung und Bestandssicherung vornehmlich im Klein- und mittelständischen Unternehmerbereich die dringend notwendige Aufmerksamkeit und räumt zugleich Projekten des so genannten öffentlich geförderten Beschäftigungssektors, vor allem im Bereich humaner Dienstleistungen, eine größere Chance ein. Die herkömmlichen Arbeitsmarktförderinstrumente werden stärker als Hilfe zur Selbsthilfe bzw. als Anschubfinanzierung gestaltet, um systematisch den Übergang zur Steuerfinanzierung der ÖPS-Projekte vorzubereiten. Damit soll und muss nach dem faktischen industriellen Kahlschlag hier im Osten der nun drohende soziokulturelle verhindert werden.
Zweitens brauchen wir dringend das kommunale Infrastrukturprogramm Ost, denn in Zeiten drohender wirtschaftlicher Rezession muss die öffentliche Hand investieren. Diese Erkenntnis gehört eigentlich zum ökonomischen Grundwissen.
Dafür sind regionale Entwicklungsprogramme auch mit Blick auf die bevorstehende EU-Osterweiterung unerlässlich. Leider, meine Damen und Herren, sind die Signale aus Berlin wenig erfreulich bzw. die Ankündigung des „Aufbau-Ost-Ministers“ Stolpe mehr als vage. Gerade deshalb - das wäre mein Wunsch -, Herr Minister Baaske, sollte Ihr Haus den vor drei Tagen in Sachsen vorgestellten neuen Initiativen des derzeitigen Vorsitzenden der Arbeitsministerkonferenz Helmut Holter die notwendige Unterstützung geben. Sie haben ja heute früh bereits gesagt, dass Ihr Haus das ernsthaft prüft.
Drittens will ich zum Schluss darauf hinweisen, dass das Land Brandenburg fast die Hälfte seiner Arbeitsfördermittel für die Finanzierung der beruflichen Bildung einsetzt. Ich will mich nicht dagegen aussprechen, aber ich möchte eine Frage aufwerfen. Wir haben als Fraktion die Landesregierung wiederholt zu einer Initiative für die Umlagefinanzierung für die berufliche Erstausbildung aufgefordert. Wir bekräftigen auch heute diesen Ansatz. Wer angesichts der aktuellen Haushaltslage immer noch nicht verstanden hat, dass der Staat hier, wenn auch aus sozialpolitisch einleuchtenden Gründen, eine Aufgabe übernommen hat, für die eigentlich die Wirtschaft selbst Verantwortung trägt, bleibt mit Vorschlägen zu Leistungskürzungen im sozialen Bereich oder bei Beschäftigung schaffenden Maßnahmen unglaubwürdig. Ich kenne natürlich die Schwierigkeiten der wirtschaftlichen Unternehmen im Osten. Aber es muss eine Prüfung stattfinden. Wir werden die notwendigen Mittel aus der Arbeitsförderung nicht mehr zur Verfügung haben.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der längste Weg beginnt immer mit dem ersten Schritt, heißt es. Ein solcher ist die anstehende und notwendige Überarbeitung des Landesprogramms „Qualifizierung und Arbeit für Brandenburg“. Ich bitte deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Die Arbeitsminister der neuen Bundesländer hatten sich im November letzten Jahres mit einem Schreiben an den Bundes
kanzler gewandt. Darin kritisierten sie die Reduzierung der Ansätze für die Arbeitsförderung, die auch im Land Brandenburg im Jahr 2003 viele Vereine und Projekte in ihrem Bestand gefährdet. Sie empfahlen den zügigen Start einer Initiative „Kommunale Infrastruktur Ost“.
Nun liegt ein Antwortschreiben des Chefs des Bundeskanzleramtes vor. Bezüglich des kommunalen Infrastrukturprogramms heißt es darin, es werde nicht die allgemeine Infrastrukturfinanzierung im Vordergrund stehen, vielmehr gehe es darum, besonders förderfähige Projekte der kommunalen Infrastruktur zu ermitteln und deren Verwirklichung beispielhaft zu unterstützen. - Diese Konzeption unterscheidet sich deutlich von jener, die vom brandenburgischen Arbeitsministerium seit langem vertreten wird. Ich verweise auf die 10 Thesen zum Arbeitsmarkt in den neuen Bundesländern. Auch hinsichtlich des Zeitpunktes ergibt sich aus der Antwort des Kanzleramtes kein Anhaltspunkt für einen von den Arbeitsministern geforderten zügigen Start einer solchen Initiative.
Ich frage daher: Welchen Nachholbedarf sieht die Landesregierung im Hinblick auf die Konzeption und den zeitlichen Start eines „Bund-Länder-Programms für kommunale Infrastruktur“ nach Kenntnis der Antwort der Bundesregierung?
Frau Staatssekretärin, sind Sie mit mir einer Meinung, dass die Antwort im Schreiben des Bundeskanzleramtes lautet: Sofern die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung es zulässt, will man im Jahre 2004 beginnen? Sind Sie mit mir der Meinung, dass jetzt in den neuen Ländern wirklich zügiges Handeln gefordert ist? Wie kann die Landesregierung gemeinsam mit den Arbeitsministern der anderen neuen Bundesländer noch im Jahre 2003 Initiativen entwickeln? Das Jahr hat ja gerade erst begonnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Minister hat es bereits erwähnt. Nach gut zweieinhalb Jahren liegt er nun vor, der bereits am 19. Oktober 2000 beantragte Bericht zum LAPRO, dem wichtigsten Programm der Landesregierung zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit in Brandenburg. Anliegen des ursprünglichen Antrages meiner Fraktion war es - ich habe im Protokoll nachgelesen -, die Beschäftigungswirksam
keit dieses Landesprogramms auf den Prüfstand zu stellen und mithilfe geförderter Entlastungs- und Eingliederungsbilanzen den Landtagsabgeordneten zu jenen Daten zu verhelfen, mit denen sie in die Lage versetzt werden, Mitsprache und Kontrolle bei der zielorientierten Weiterentwicklung des Landesprogramms auszuüben. Das wurde durch einen Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen leider, wie bereits damals von uns befürchtet, in unzulänglicher Weise verwässert. Deshalb sind bei der Bewertung des Berichts folgende kritische Anmerkungen notwendig:
Erstens: Führen wir die Aussagen des Berichtes auf das Wesentliche zurück, so wissen wir heute über die Zahl der bewilligten Anträge, die Zahl der realisierten Förderfälle und die Summe der ausgereichten Fördermittel, aufgeteilt nach EU- und Landesmitteln, bezogen auf jedes Jahr der EU-Förderperiode von 1994 bis 1999, Bescheid. Das ist übrigens eine Fleißarbeit, die die Landesregierung sowieso hätte leisten müssen, zumal die EUKommission bis zum 31. März dieses Jahres einen Schlussbericht der Ziel-1-Gebiete angefordert hat. Der Landesregierung kann ich nicht einmal einen Vorwurf machen, denn mehr hatten die Regierungsfraktionen in ihrer Bescheidenheit vor zweieinhalb Jahren auch nicht verlangt.
Zweitens: Fast 40 % der im Berichtszeitraum genannten EUund Landesmittel sind laut Bericht für den Programmteil „Förderung der Qualifizierung“ ausgegeben worden. Berücksichtigt man, dass angesichts der anhaltend schwierigen Situation im Ausbildungssektor darunter unter anderem sowohl die Förderung der Erstausbildung und der Weiterbildung von Beschäftigten im KMU-Bereich als auch die entsprechenden Systeme gegen Langzeitarbeitslosigkeit fallen, dann ist diese Schwerpunktsetzung auch künftig richtig.
Über Integrationseffekte auf dem ersten Arbeitsmarkt und über Erfolge präventiven Handelns gegen die drohende Arbeitslosigkeit im oben angemahnten Sinne, verbunden mit entsprechenden Schlussfolgerungen, erfährt man leider aus diesem Teil des Berichts nichts. Das gilt für alle Berichtsteile.
Drittens: Am aussagekräftigsten ist die 16-zeilige Schlussbemerkung des 20-seitigen Berichts. Von der Landesregierung wird zutreffend festgestellt, dass im gesamten Berichtszeitraum die Wirtschaftskraft in Brandenburg und deren Entwicklung nicht ausreichte, um zu einer grundlegenden Verbesserung der Arbeitsmarktsituation beizutragen. Insoweit waren die Maßnahmen der Arbeitsmarktförderung zur Entlastung des Arbeitsmarktes unverzichtbar. Schließlich leistete die Arbeitsmarktförderung durch Vermeidung der dauerhaften Ausgrenzung bestimmter Personengruppen aus dem Erwerbs- und Gesellschaftsleben aber auch einen Beitrag zum sozialen Frieden.
Meine Damen und Herren der Landesregierung, ich frage Sie angesichts solch richtiger Erkenntnisse, warum Sie Ihre Stimmen nicht lauter gegen die jüngst von der Bundesanstalt für Arbeit und der Bundesregierung eingeleitete Sparorgie im Bereich der Arbeitsmarktförderung erheben. Wir haben bereits heute früh im Rahmen der Fragestunde darüber diskutiert. Warum fordern Sie nicht energisch - wie der PDS-Arbeitsminister Helmut Holter in Mecklenburg-Vorpommern; man kann jeden Tag eine Presseerklärung von ihm lesen -, dass endlich im relevanten politischen Raum begriffen wird, dass erstens die HartzGesetze im Osten aufgrund der fehlenden Arbeitsplätze nicht
greifen können und dass zweitens eine entsprechende Ostvariante auf die politische Tagesordnung gehört.
Die Antwort des Bundeskanzlers liegt vor. Im Klartext heißt das: Der Bund saniert sich weiterhin auf Kosten der Arbeitslosen. Wichtige Projekte, zum Beispiel im soziokulturellen Bereich, brechen weg. Immer mehr Jugendliche haben keine Perspektive und wandern ab. Wir haben darüber gerade im Zusammenhang mit dem Wohnungsbauantrag diskutiert. Eine qualifizierte Arbeitsmarktpolitik, meine Damen und Herren, als Bestandteil einer allumfassenden Beschäftigungspolitik ist unabdingbar, obwohl sie allein keine Wunder vollbringen und nicht ersetzen kann, was anderswo zum Teil sträflich vernachlässigt wird.