Protocol of the Session on May 22, 2003

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie herzlich zur 76. Sitzung des Landtages Brandenburg in seiner 3. Wahlperiode. Ich begrüße ebenso die heute anwesenden Journalisten. Ganz besonders begrüße ich junge Gäste aus Groß Glienicke, die an unserer heutigen Sitzung teilnehmen wollen. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Mit der Einladung ist Ihnen wie üblich der Entwurf der Tagesordnung zugegangen. Gibt es diesbezüglich von Ihrer Seite Anmerkungen, Wünsche oder Änderungsabsichten? - Dies scheint nicht der Fall zu sein. Dann sage ich zunächst etwas zur Tagesordnung.

Als neuer Tagesordnungspunkt 8 soll Tagesordnungspunkt 4, Beratung der Antwort auf die Große Anfrage 57, Umsetzung des Sozialgesetzbuches IX, Teil II, Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter im Land Brandenburg, Drucksache 3/5790, unter Beibehaltung der Redezeitenvariante 3 behandelt werden. Außerdem soll ein zusätzlicher Tagesordnungspunkt 7, Beratung des Antrages „Umgestaltung des 610-Stellen-Programms“, Drucksache 3/5858, mit Redezeitenvariante 1, also fünf Minuten je Fraktion, aufgenommen werden, ebenso zusätzlich ein Tagesordnungspunkt 10 zur Behandlung der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses zu den Kommunalen Verfassungsbeschwerden der Gemeinden Kiekebusch, Schönefeld, Selchow, Waltersdorf, Waßmannsdorf, Wernsdorf und Kreuzbruch, allerdings ohne Debatte, so der Wunsch des Hauptausschusses und der Parlamentarischen Geschäftsführer.

Gibt es bezüglich dieser Änderungen Ihrerseits Anmerkungen? - Dann bitte ich um Ihr zustimmendes Handzeichen, dass wir die geänderte Tagesordnung heute so abarbeiten. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann wird es so geschehen.

Da wir in personeller Hinsicht keine zu vernachlässigende Größe darstellen, ist es nicht unwahrscheinlich, dass auch einmal an zwei Tagen hintereinander Geburtstage gefeiert werden. Heute haben wir die Freude, mit der Vorsitzenden der CDUFraktion zu feiern. Es erfreut mich ganz besonders, dass sie uns nicht im Stich gelassen hat, sondern ihren Geburtstag hier mit den anderen 87 Abgeordneten verbringt. Ich wünsche Ihnen alles Gute.

(Allgemeiner Beifall - Präsident Dr. Knoblich überreicht Blumen.)

Es gibt eine ganze Reihe von Abwesenheitserklärungen. Da niemand mit seiner Abwesenheit Schuld auf sich lädt, werte ich diese nicht als Entschuldigungen, denn die Pflichterfüllung, die manchen Politikern ein so vielfältiges Programm und so vielfältiges Spektrum von Aufgaben auferlegt, erfordert eben manchmal Selektion. Das bedeutet, dass der Landtag bei all seiner Höhe oder Bedeutung - es ist immer vom hohen Haus die Rede - auch einmal auf die Anwesenheit einiger verzichten muss. Das bezieht sich heute zum Beispiel auf den Ministerpräsidenten für die Zeit von 11 bis 14 Uhr - er bleibt noch bis

11 Uhr hier, weil wir dann den 100 000. Besucher hier erwarten. Minister Baaske hat den Landräten zur Verfügung zu stehen; ähnlich ist es bei den Ministern Meyer, Junghanns, Richstein und Reiche.

Wenn ich vorhin versucht habe, die leeren Plätze zu erklären, dann möchte ich noch auf eines hinweisen. Wenn Sie sich die Verfassung ansehen, dann wissen Sie: Das Wechselspiel zwischen Parlament und Regierung ist auf die Anwesenheit derer angewiesen, die ins Gespräch kommen wollen oder die Fragen stellen bzw. beantworten sollen. Wenn aber die Regierungsbank leer ist, dann ist bei allem Verständnis für die Vielzahl der Aufgaben sicherlich auch in Erwägung zu ziehen, ob man dies nicht auch so einrichten kann, dass Berücksichtigung findet,

(Beifall bei der PDS)

was wir für das Folgejahr vor der Sommerpause des jeweils vorangehenden Jahres als Arbeitsplan für den Landtag festschreiben. Insofern habe ich nicht für alles Verständnis, was vielleicht einer schnellen Organisation zum Opfer gefallen ist. Ich bitte also diesbezüglich auch daran zu denken, dass wir das Recht haben, die Fragen beantwortet zu bekommen und die Anwesenheit der Minister zu fordern, die uns schließlich Partner und nicht nur Bekannte von früher sein sollen.

(Heiterkeit bei der SPD - Minister Schönbohm: Für die Zukunft!)

Das ist das Ende der Schimpfkanonade gewesen. Nunmehr rufe ich Tagesordnungspunkt 1 auf:

Fragestunde

Das Wort geht an die Abgeordnete Hesselbarth, die die Dringliche Anfrage 40 (BBI-Privatisierung geplatzt) stellen wird.

Die BBI-Privatisierung ist geplatzt. Wegen des fruchtlosen Ausgangs der Verhandlungen über den Verkauf der Flughafenholding und den Neubau des Großflughafens am Standort Berlin-Schönefeld ist die Privatisierung des Großflughafenprojektes endgültig gescheitert. Angesichts der Defizite in den Haushalten des Landes Brandenburg, des Landes Berlin und des Bundes ist eine öffentliche Finanzierung des Großflughafenneubaus infrage gestellt.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Welches Finanzierungskonzept zur Realisierung des Großflughafens BerlinSchönefeld in Eigenregie der öffentlichen Hand hat die Landesregierung angesichts dieser Sachlage?

Herr Wirtschaftsminister, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete, in der Tat befinden wir uns in diesen Tagen und Stunden in einer sehr wichtigen Phase der Entscheidung über das Privatisierungsverfahren. Aus diesen, dem Verfahren innewohnenden Gründen, die eine öffentliche Behandlung dieses Vergabeverfahrens verbieten, bitte ich Sie, Frau Abgeordnete, um Verständnis, wenn ich jetzt noch keine deutlicheren Informationen über Alternativen geben kann. Sobald die Entscheidung herbeigeführt sein wird, wird die Landesregierung den Landtag rechtzeitig und in geeigneter Weise bezüglich dieser Frage informieren.

Der Ausbau des Flughafens Schönefeld zum BBI ist nicht gefährdet. Insbesondere nehmen die Planfeststellungsverfahren, die Umsiedlungen und die Planung zum BBI ihren Fortgang. Danke schön.

Herr Minister, es gibt noch Klärungsbedarf. Wir beginnen mit der Fragestellerin.

Mich interessiert, ob die Landesregierung mit Schadensersatzforderungen rechnet.

Sehr geehrte Frau Hesselbarth, ich habe gerade davon gesprochen, dass wir uns in einer Entscheidungsphase befinden, die es mir nicht gestattet, über eine Beschlusslage zu informieren, die den notwendigen Entscheidungsgang noch nicht vollendet hat. Vorabbewertungen in die Richtung, die Sie gerade dargestellt haben, kann ich an dieser Stelle nicht vornehmen.

Frau Tack, bitte.

Angesichts der Berichte in den gestrigen Zeitungen darüber, dass heute das Vergabeverfahren möglicherweise beendet und der Regierende Bürgermeister im Berliner Abgeordnetenhaus dazu eine Erklärung abgeben wird, stelle ich zwei Fragen.

Die erste Frage steht im Zusammenhang mit der Beendigung des Vergabeverfahrens und des Privatisierungsverfahrens. Wie bewertet die Landesregierung als Gesellschafterin der Flughafen-Holding das Alternativkonzept zum Zwischenausbau Schönefeld, das IVG vorgestellt hat?

Zweitens möchte ich wissen: Mit welchen Konsequenzen, insbesondere mit welchen finanziellen Folgen, wird das Vergabeverfahren und damit das Privatisierungsverfahren voraussichtlich beendet werden? Sie sind ja Gesellschafter und wissen, was heute Mittag erklärt wird. Wird die Basis der „Letter of intent“ und demzufolge die vereinbarte Größe sein oder ist damit zu rechnen, dass infolgedessen andere Vereinbarungen bis hin zu Schadensersatzforderungen getroffen werden?

Frau Tack, mit Ihrer ersten Frage ziehen Sie Ihre spätere Fragestellung vor. Ich hätte also noch Gelegenheit, darauf zu antworten.

Zur Bewertung des IVG-Konzepts sage ich Folgendes: Dieses Konzept ist von einem Konsortiumsteilnehmer ins Spiel gebracht worden. Es liegt damit als Angebot des Konsortiums der PPS nicht vor. Also kann es im laufenden Vergabeverfahren nicht in die Bewertung einbezogen werden. Sie werden Verständnis dafür haben, dass man, wenn in diesem Verfahrensstand eines der Konsortien mit einem Alternativkonzept hervortritt, dem bisherigen Verfahrensgang keine andere Richtung geben kann.

Damit ist auch eine umfassende Bewertung ausgeschlossen. Sie haben in den Medien vernehmen können, welche Bewertungskriterien es dafür geben kann, so man denn in eine Bewertung eintritt. Dies ist im Rahmen dieses Verfahrens durch die PPS aus den vorgenannten Gründen nicht erfolgt.

Auch die Ankündigungen in den Medien, die Sie hier zitiert haben, setzen mich nicht in den Stand, in meiner institutionellen Verantwortung einer Beschlusslage vorzugreifen - ich wiederhole mich an dieser Stelle -, die noch nicht ihre Vollendung gefunden hat. So sie ihre Vollendung noch nicht gefunden hat, muss man mit den in der Welt stehenden Mutmaßungen umgehen, kann aber die sachlichen Entscheidungen dadurch nicht gefährden wollen. Das ist die Begründung dafür, dass ich an dieser Stelle dazu keine Erklärung abgeben kann.

(Zuruf von der PDS: Bedauerlich!)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Wir kommen zur Dringlichen Anfrage 41.

In diesem Zusammenhang möchte ich einige Bemerkungen zur Fragestunde anführen. Die Dringliche Anfrage 41 hat mich bewogen, darauf hinzuweisen, dass es außerordentlich schwierig ist, die Grenze von aktueller Landespolitik und darin enthaltenen Problemen zur Kommunalebene oder anderen Bereichen zu ziehen.

Die Frage 41 ist in ihrem Gehalt eine Frage, die eigentlich an den Landrat gerichtet werden müsste. Nach Rücksprache mit der Landesregierung hat sich der Innenminister jedoch bereit erklärt, dazu etwas zu sagen, obwohl das Problem von ihm nicht gelöst werden kann.

Eine zweite Anmerkung bezieht sich auf die später folgenden „normalen“ mündlichen Fragen. Wir reihen die Fragen so, wie sie die Fraktionen einreichen. Das bedeutet, es ist von den Fraktionsverantwortlichen nicht „abgesegnet“. Deshalb bereitet es zuweilen Schwierigkeiten, wenn die individuellen Intentionen eine andere Reihung bevorzugen.

Ich habe keine Lust, wenn wir eine Drucksache nach den Vorstellungen der Fraktionen erstellt haben, sie entsprechend den Wünschen, die nicht mit den Fraktionsverantwortlichen abgestimmt sein müssen, neu zu gestalten. Ich bitte sich vorher zu überlegen, wer in welcher Reihenfolge welche Frage beantwor

tet haben möchte. Sie wissen, wir schaffen in einer Fragestunde ungefähr zwölf Fragen, was daran liegt, dass die Antwort fünf Minuten dauern darf. Wenn der Vorspann nicht so lang ausfällt, haben wir auch fünf Minuten Zeit. Ich sage das prophylaktisch, weil sich hier Präzedenzfälle breit machen, auf die man dann mit dem Hinweis zurückkommt, dass wir das an anderer Stelle ganz anders gemacht haben.

Nun Herr Abgeordneter Schrey mit seiner Dringlichen Anfrage 41 (Planfeststellungsverfahren).

Im Planfeststellungsverfahren betreffend den Antrag auf Zulassung des Ausbaus des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld erfolgte eine Auslegung zusätzlicher Unterlagen des Vorhabenträgers, der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH.

In einigen Gemeinden ist der Hinweis auf die Auslegung bereits bekannt gemacht worden. Der Bürgermeister der Gemeinde Schulzendorf ist jedoch gemäß einem Bericht des Landesamtes für Bauen, Verkehr und Straßenwesen vom 16.05.2003 nicht bereit, diese Unterlagen auszulegen bzw. will nur veränderte Unterlagen auslegen.

Da ich erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Handelns eines Hauptverwaltungsbeamten habe, der sich weigert, Unterlagen anderer Behörden zu veröffentlichen, bzw. der Unterlagen anderer Behörden inhaltlich verändert, frage ich die Landesregierung: Welche Konsequenzen zieht sie - auch in dienstund disziplinarrechtlicher Sicht - aus einem solchen Vorgang? Danke.

Herr Innenminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schrey, der von Ihnen dargestellte Sachverhalt ist zutreffend. Danach weigert sich die Gemeinde Schulzendorf, den Hinweis auf die Auslegung bekannt zu machen, weil ihrer Auffassung nach die Bevölkerung durch den Bekanntmachungstext, mit dem auf die Auslegung hingewiesen wird, unzutreffend unterrichtet werde. Die Gemeinde Schulzendorf ist der Auffassung, dass dieser Text nicht sachgerecht ist.

Die Gemeinde hat einen von den Vorgaben der Anhörungsbehörde des Landesamtes für Bauen, Verkehr und Straßenwesen abweichenden Bekanntmachungstext veröffentlicht. Gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 3 Luftverkehrsgesetz in Verbindung mit § 73 Abs. 3 Satz 1 und 5 Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Brandenburg besteht die Verpflichtung, in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben auswirken kann, die vorgesehenen Unterlagen auszulegen und die Auslegung zuvor ortsüblich bekannt zu machen. Dabei ist der vorgesehene Bekanntmachungstext auch für den Hinweis auf die Bekanntmachung zu verwenden und kein eigener zu entwickeln.

Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, in der es in § 73 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Brandenburg heißt, die Anhörungsbehörde veranlasst, dass der

Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben auswirkt, ausgelegt wird. Der Bekanntmachungstext gehört als Annex zur Verpflichtung, eine Planunterlage auszulegen. Die Gemeinden haben mithin kein Recht zu einer inhaltlichen Prüfung des Bekanntmachungstextes, weil die dazu berufene Behörde für das Anhörungsverfahren verantwortlich ist. Als Herrin des Anhörungsverfahrens hat sie ein geordnetes, einheitliches und rechtlich ordnungsgemäßes Anhörungsverfahren durchzuführen. Dies schließt aus, in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben auswirkt, unterschiedliche Bekanntmachungstexte zu verwenden, die möglichen Einwendern eine unterschiedliche verfahrensrechtliche Stellung einräumen. Der Sachverhalt ist an sich einfach und logisch.

Angesichts des Umstandes, dass mehrmalige Hinweise des Landesamtes für Bauen, Verkehr und Straßenwesen nicht zu einer Änderung der Auffassung der Gemeinde Schulzendorf führten, hat das Innenministerium am 19. Mai den Landrat des Landkreises Dahme-Spreewald angewiesen, der Gemeinde Schulzendorf eine kommunalaufsichtliche Anordnung gemäß § 126 Gemeindeordnung zu erteilen, die zusätzlichen Unterlagen auszulegen und die Auslegung zuvor ohne Veränderung ortsüblich mit den vom Landesamt für Bauen, Verkehr und Straßenwesen vorgegebenen Bekanntmachungstext bekannt zu machen.

Gleichzeitig hat die Gemeinde Schulzendorf am 19. Mai einen von den Vorgaben der Anhörungsbehörde abweichenden Bekanntmachungstext ortsüblich bekannt gemacht.

Ich werde nunmehr den Landrat bitten, die fehlerhafte Bekanntmachung von der Gemeinde zurücknehmen zu lassen und eine erneute Bekanntmachung mit dem von der Anhörungsbehörde vorgesehenen Bekanntmachungstext zu veranlassen.