Protocol of the Session on January 29, 2003

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie zur 69. Sitzung des Landtages Brandenburg dieser Legislaturperiode. Ich begrüße ebenso herzlich die Journalisten und die Gäste, die der heutigen Plenarsitzung folgen.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, habe ich eine angenehme Pflicht zu erfüllen. Ein Mitglied unseres Landtages hat heute Geburtstag. Abgeordneter Werner wird wieder einmal 29; ich bitte ihn zu mir.

(Allgemeiner Beifall - Vizepräsident Habermann und Ab- geordneter Homeyer [CDU] überreichen dem Abgeordne- ten Werner Blumen.)

Meine Damen und Herren, ehe wir in die Tagesordnung eintreten, habe ich einige Bemerkungen zu machen:

Der Vorsitzende des Ausschusses für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung hat mir mitgeteilt, dass der Ausschuss vorschlägt, den Antrag der Fraktion der PDS „Umsichtige Vorbereitung der Forstreform im Bereich der Landesforstverwaltung“ - Drucksache 3/491 - aufgrund des Beschlusses des Landtags zum Bericht zur Umsetzung der Forstreform, der Ihnen in der Drucksache 3/3965-B vorliegt, und der Beratung der Großen Anfrage 50 der Fraktion der PDS zur Forstreform - Drucksache 3/4920 - als erledigt zu betrachten. Gibt es dazu Bemerkungen? - Das ist nicht der Fall. Damit hat sich der Antrag in der Drucksache 3/491 erledigt.

Die Vorsitzende des Ausschusses für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr hat mich darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Antrag „Konzeption für das Potsdamer 'Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte'“ - Drucksache 3/2542 - vom Antragsteller zurückgezogen wurde, da die mit dem Antrag verfolgten Intentionen inzwischen im Wesentlichen als erfüllt angesehen werden.

Des Weiteren informiere ich Sie darüber, dass die Fraktion der PDS den Antrag „Bundesratsinitiative zur Änderung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen - Eigenheimzulage“ Drucksache 3/5228 - zurückgezogen hat.

Nach diesen Bemerkungen habe ich weitere zur vorliegenden Tagesordnung zu machen, und zwar zuerst zum Tagesordnungspunkt 3, 2. Lesung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes und anderer Vorschriften. Entgegen der vorliegenden Tagesordnung wird jetzt gewünscht, diesen Tagesordnungspunkt mit Debatte abzuhandeln, und zwar nach der Variante 1, also mit jeweils fünf Minuten Redezeit für die Fraktionen.

Zum Tagesordnungspunkt 11: Der Bericht der Landesregierung „Lernen - ein Leben lang! - Weiterbildungsbericht 1997 bis 2001 Land Brandenburg“ soll jetzt - unter Beibehaltung der vorgesehenen Redezeiten - als Tagesordnungspunkt 8 behandelt werden.

Die Tagesordnungspunkte 9 und 10 sollen nach dem Vorschlag der Parlamentarischen Geschäftsführer gemeinsam behandelt

werden - das sind der Zwischenbericht der Landesregierung zum Stand des Stadtumbaus in Brandenburg und der Antrag „Fortsetzung des Stadtumbaus im Land Brandenburg“ -, allerdings mit einer kleinen Redezeitaufstockung, und zwar mit Redezeiten nach Variante 2, also zehn, acht, fünf Minuten.

Zum Tagesordnungspunkt 12: Das ist ein neuer Tagesordnungspunkt - wir haben uns jetzt in der alten Tagesordnung bewegt -, nämlich Tagesordnungspunkt 8 des morgigen Tages, der den Abschlussbericht der Landesregierung „Rahmenbedingungen für Mittelstand und Handwerk“ - Drucksache 3/5371 - betrifft. Dieser Tagesordnungspunkt wird auf den heutigen Tag vorgezogen und - unter Beibehaltung der vorgesehenen Redezeiten - als Tagesordnungspunkt 12 eingeordnet.

Gibt es zu diesen Änderungen bzw. Ergänzungen Bemerkungen? - Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über die so geänderte Tagesordnung abstimmen. Wer dieser geänderten Tagesordnung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann verfahren wir so.

Ehe ich den Tagesordnungspunkt 1 aufrufe, möchte ich eine weitere Mitteilung machen: Mit Ihrem Einverständnis möchte ich heute zu allen Tagesordnungspunkten, bei denen das MASGF gefragt ist, Frau Staatssekretärin Schlüter an das Rednerpult bitten, weil der Herr Minister gestern einen Sportunfall hatte, im Krankenhaus liegt und deswegen heute an der Plenarsitzung nicht teilnehmen kann. Ich denke, dass Sie dafür Verständnis haben und wir so verfahren können.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Fragestunde

Drucksache 3/5423 Drucksache 3/5424 Drucksache 3/5425 Drucksache 3/5428 Drucksache 3/5365

Zu dieser Fragestunde liegen uns vier Dringliche Anfragen vor. Ich rufe zuerst die Dringliche Anfrage 29 (Entschuldung der Flughafenholding BBF) auf und erteile der Abgeordneten Tack das Wort.

Mehrere Zeitungen berichteten am 24. Januar 2003, dass die BBF-Gesellschafter in einer konzertierten Aktion Kredite in Höhe von 160 Millionen Euro der Baufeld-Ost-Verbindlichkeiten der BBF an die Gläubigerbanken zurückgezahlt hätten. Das Geld sei zum größten Teil direkt aus den Haushalten des Bundes, Berlins und Brandenburgs geflossen. Berlin steuerte angeblich 30 Millionen, der Bund 46 Millionen und Brandenburg fast 60 Millionen Euro bei. 25 Millionen Euro wurden aus den Einnahmen der Berliner Flughäfen verwendet. Im Haushaltsplan 2002/2003 und im Nachtragshaushalt 2002/2003 des Landes Brandenburg waren bzw. sind bis heute keine Direktzahlungen zur BBF-Schuldentilgung vorgesehen. Im Sommer des Jahres hat mir die Landesregierung, nachzulesen in der Drucksache 3/4738, auf die Frage, warum keine Vorkehrungen im Landeshaushalt für die BBF-Entschuldung getroffen worden seien, geantwortet:

„Die Gesellschafter der BBF gehen davon aus, dass die Privatisierung der BBF noch im Jahre 2002 abgeschlossen werden wird und eine Entschuldung der BBF von den Baufeld-Ost-Verbindlichkeiten aus dem Kaufpreis erfolgt.“

Daher frage ich die Landesregierung: Woher hat die Landesregierung 60 Millionen Euro zur Entschuldung der BBF genommen, wenn hierfür im Landeshaushalt weder eine entsprechende Vorsorge getroffen war noch ein Privatisierungserlös vorliegt, aus dem das Geld gegebenenfalls zur Verfügung steht?

Für die Landesregierung wird die Finanzministerin antworten. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Tack, im Haushaltsplan 2002/2003 sind, wie Ihnen bekannt, in Kapitel 20 610, Titel 662 10, Mittel in Höhe von rund 70 Millionen Euro mit der Zweckbestimmung „Zuweisungen an die Berlin Brandenburg Flughafen Holding GmbH“ eingestellt. Aus diesem Titel sind insbesondere die Privatisierungsaufwendungen und die Zinsen für die Baufeld-Ost-Kredite der BBF erstattet worden. Zulasten dieses Titels sollten ferner ausweislich der nicht verbindlichen Erläuterungen zu diesem Titel - Gesellschafterdarlehen für die Umsiedlung und zur Sicherung der betriebsnotwendigen Flächen für den Ausbau von Schönefeld zum Flughafen Berlin Brandenburg International ausgereicht werden. Diese Mittel wurden nicht in dem ursprünglich vorgesehenen Umfang benötigt, da die Gesellschafter angesichts des sich abzeichnenden Privatisierungsergebnisses mit dem Erwerberkonsortium weitere Grundstückskäufe zurückstellten.

Die Gesellschafter der BBF - und damit auch das Land Brandenburg - sind bereits bei der Aufstellung ihrer Haushalte für 2002 davon ausgegangen, dass die BBF noch im Jahre 2002, wie Sie, Frau Tack, richtig festgestellt haben, privatisiert werden sollte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war, wie die Landesregierung dem Landtag auf Anfrage mehrfach erklärt hat, die erforderliche Entschuldung der BBF vorgesehen.

Die Entschuldung sollte soweit möglich aus dem Kaufpreis und soweit erforderlich auch aus Mitteln der Gesellschafter vorgenommen werden. Da die Konsortialkredite für das Baufeld Ost am 15.12.2002 fällig waren, haben sich die Gesellschafter der BBF vor diesem Hintergrund entschlossen, noch im Jahr 2002 eine Teilentschuldung der Kredite für das Baufeld Ost zu ermöglichen.

Der Beitrag des Landes Brandenburg in Höhe von 59,8 Millionen Euro wurde aus dem Haushaltsplan 2002/2003 der für das Jahr 2002 eingestellten und verfügbaren Mittel im Rahmen der vorgesehenen Zweckbestimmung geleistet. Über- und außerplanmäßige Ausgaben wurden deshalb nicht notwendig. Nach Aussage der Geschäftsführung der BBF werden die Konsortialbanken aber weiterhin einen Kredit in Höhe von 120 Millionen Euro prolongieren. - Vielen Dank.

Schönen Dank, Frau Ministerin. Es gibt noch Zusatzfragen. Frau Abgeordnete Tack, bitte.

Frau Ministerin, ich habe drei Nachfragen. Die erste: Wenn, wie Sie gerade sagten, 2002 bestimmte Mittel - nämlich bezüglich Liegenschafts- und Umsiedlungskosten - nicht in Anspruch genommen worden sind, entfallen diese dann möglicherweise auf den Haushaltsansatz 2003 und wenn ja, wie werden diese dann berücksichtigt?

Eine zweite Frage: Worin besteht das Landesinteresse zu diesem Zeitpunkt, das in der teilweisen Entschuldung vor einer möglichen Privatisierung zum Ausdruck kommt?

Die dritte Frage: Wodurch begründen sich die Unterschiede in der Inanspruchnahme der Kostenhöhe vonseiten des Bundes und des Landes? Bei Berlin waren es 30 Millionen, bei Brandenburg 60 Millionen und beim Bund 46 Millionen, wobei Berlin und Brandenburg die gleichen Anteile von 37 % an der Holding halten.

Um mit der letzten Frage zu beginnen: Es war immer so, dass die Gesellschafter unterschiedliche Beiträge gezahlt haben, die dann im nächsten oder übernächsten Haushalt ausgeglichen worden sind. Berlin und Brandenburg sind noch nicht auf der Höhe der Leistung des Bundes. Das werden wir in diesem Jahr nachholen. Da ist der Haushaltsansatz mit 30 Millionen ausreichend, um etwas über den Teilbetrag von 6 Millionen für die Restentschuldung zu bringen.

Das Landesinteresse lag schon deshalb vor - das wissen Sie ja aus langjährigen Diskussionen, die Sie selbst geführt haben -, da die Entschuldung des Baufeldes Ost vorangehen soll. Auch der Landesrechnungshof und der Ausschuss für Haushaltskontrolle haben das immer wieder gefordert. Wir haben nun entsprechend unseren Möglichkeiten eine Teilentschuldung eingeleitet und den Notwendigkeiten, die durch den Ausstieg einer Bank, die den Kredit nicht mehr prolongiert, sondern fällig gestellt hat, Rechnung getragen.

Im Haushalt 2003 sind 30 Millionen Euro veranschlagt. Wir werden sehen, inwieweit sie abfließen. Ich kann Ihnen nicht genau sagen, wie die Abläufe sein werden, um das Voranschreiten der Privatisierung dann auch mit Haushaltsmitteln zu begleiten. Das wird sich im Zuge der Erarbeitung des Verhandlungsergebnisses zeigen.

Schönen Dank. Frau Abgeordnete Osten, stellen Sie maximal zwei Nachfragen.

Frau Ministerin, Sie können uns also nicht konkret sagen, welche Mittel im Jahr 2003 aufgrund des Ausfalls einiger Verwendungszwecke im letzten Jahr nun in diesem Jahr für den Flughafen notwendig werden?

Können Sie vielleicht doch meinen Ansatz teilen, dass ein Haushaltsplan transparent sein muss und Vorsorge für die zu bewältigenden Aufgaben zu treffen hat und Sie, da Sie diese Kreditverträge genau kannten, daher sozusagen stille Reserven schufen, was ich so nicht akzeptieren kann?

Kreditverträge sind Verträge und die sind seit Jahren immer wieder prolongiert worden.

(Frau Osten [PDS]: Eben!)

Das kennen Sie doch alles, das ist doch überhaupt nichts Neues und Überraschendes. Überraschend war lediglich, dass eine Bank am Jahresende eben nicht weiter prolongiert, sondern fällig gestellt hat. Das ist das einzig Neue.

(Frau Osten [PDS]: Damit mussten Sie rechnen!)

Dementsprechend mussten wir handeln und das haben wir.

Frau Ministerin, der Abgeordnete Dellmann hat noch eine Frage. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Ziegler, teilen Sie meine Auffassung, dass den Abgeordneten des Landtages Brandenburg alle notwendigen Informationen rechtzeitig und transparent zur Verfügung standen?

(Lachen bei der PDS)

Ich kenne übrigens alle Unterlagen dazu.

Zweitens: Teilen Sie meine Auffassung, dass durch die Entscheidung der Gesellschafter für das Land Brandenburg keinerlei betriebswirtschaftliche oder haushaltsrechtliche Nachteile entstanden sind?

(Zuruf von der PDS: Artig!)

Das ist korrekt. Ganz im Gegenteil, durch die Zinsersparnisse ist ein Vorteil für die Gesellschaft entstanden. Das ist ganz logisch.

Die Transparenz ist hergestellt. Wir haben den Haushaltsausschuss darüber informiert. Wir werden in der nächsten Haushaltsausschusssitzung wohl auch weiter darüber beraten. - Vielen Dank.

(Frau Osten [PDS]: Das wird sich noch zeigen!)

Schönen Dank, Frau Ministerin. - Die Dringliche Anfrage 30 (Bund-Länder-Programm für kommunale Infrastruktur) ist vom Abgeordneten Thiel formuliert worden. Er hat jetzt Gelegenheit, sie zu stellen. Bitte schön.