Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie zur 78. Sitzung des Landtages Brandenburg in seiner 3. Wahlperiode.
Mit der Einladung ist Ihnen der Entwurf der Tagesordnung zugegangen. Gibt es von Ihrer Seite diesbezüglich Anmerkungen? - Das scheint nicht der Fall zu sein.
Gestern wurde gemäß unserer Geschäftsordnung die 3. Lesung der Brandenburgischen Bauordnung beantragt. Daraus ergibt sich für unsere heutige Tagesordnung eine kleine Verschiebung. Für diese 3. Lesung, die unter Tagesordnungpunkt 3 vorgesehen ist, wird die Redezeitvariante 1, das heißt 5 Minuten je Fraktion bzw. Landesregierung, vorgeschlagen. Die ursprünglich unter Tagesordnungpunkt 3 vorgesehene 2. Lesung des Gesetzes zur Änderung des Fünften Gesetzes zur landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die Landkreise Barnim, Märkisch-Oderland, Oberhavel, Ostprignitz-Ruppin, Prignitz, Uckermark, Drucksache 3/5946, verschiebt sich auf Tagesordnungspunkt 4. Organisatorisch, aber nicht inhaltlich soll dies mit der 2. Lesung des Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes sowie zur Änderung des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2002/2003 verbunden werden.
Wenn Sie diesem Vorschlag zustimmen, dann bitte ich Sie um Ihr Handzeichen, damit die Tagesordnung entsprechend geändert und abgearbeitet werden kann. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Dann verfahren wir so.
Auch für die heutige Sitzung liegt wieder eine Reihe von Abwesenheitserklärungen sowohl von Abgeordneten als auch von Mitgliedern der Landesregierung vor. Auch der Innenminister wird offensichtlich noch aufgehalten, sodass wir versuchen müssen, die Reihenfolge der Fragestellungen so zu organisieren, dass dem Recht der Fragesteller auf verbindliche Antwort entsprochen wird.
Das Wort geht an den Abgeordneten Claus, der Gelegenheit hat, die Dringliche Anfrage 44 (Neuerliche Insolvenz am In- dustriestandort Premnitz) zu formulieren. Bitte sehr.
Nach Pressemeldungen steht der am Chemiestandort Premnitz bisher einzige Hoffnungsträger - ein Teppichrecycling-Unternehmen - vor dem Aus. Das Werk ist zahlungsunfähig. Die Geschäftsführung stellte am 18. Juni 2003 einen Insolvenzantrag.
Inzwischen wurde ein Berliner Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter eingesetzt. Von der Insolvenz sind 208 Arbeitsplätze betroffen.
Ich frage die Landesregierung: Welche Maßnahmen will sie ergreifen, um die Arbeitsplätze des von der Insolvenz betroffenen genannten Unternehmens in Premnitz zu erhalten?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter, die Geschäftsführung der Polyamid 2000 hat in der Tat Insolvenz angemeldet. Es ist eine unternehmerische Entscheidung, die die Marktsituation für das Unternehmen reflektiert.
In der aktuellen Situation, sprich: Aufnahme der Lage der Masse, steht mein Haus mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter, der vom zuständigen Insolvenzgericht Potsdam beauftragt worden ist, in enger Abstimmung. Erste Beratungen mit ihm haben stattgefunden. Sein Ziel - er ist Herr des Verfahrens - in dieser schwierigen Situation ist es, die Fortführung des Unternehmens mit einem neuen Investor zu erreichen. Mit dieser Zielvorstellung laufen die Verhandlungen.
Wir gehen davon aus, dass die Chancen nicht schlecht stehen. Es muss aber noch eine Vielzahl von betriebswirtschaftlichen und finanziellen Voraussetzungen geschaffen werden, um einen neuen Investor - auch zur Sicherung der Arbeitsplätze, aber insbesondere zur Sicherung des Geschäfts am Standort Premnitz - zu finden.
Herr Minister, welche arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Maßnahmen will die Landesregierung zugunsten der durch das laufende Insolvenzverfahren bzw. die früheren Insolvenzverfahren anderer Unternehmen in der Prignitz betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Falle ihrer Arbeitslosigkeit ergreifen?
Zweitens: Wie viele Fördergelder von EU, Bund und Land wurden seit 1990 in den Chemiestandort Premnitz investiert? Es sind wohl über 200 Millionen gewesen.
Drittens: Plant die Landesregierung die Ansiedlung neuer Investoren am Standort Premnitz? Wenn ja, um welche handelt es sich dabei?
Erstens: Wie im ersten Teil meiner Antwort ausgeführt, gibt es über das Paket von möglichen bzw. angefragten Maßnahmen gegenwärtig Verhandlungen. Ich kann heute überhaupt noch nicht sagen, wie es im Einzelnen aussieht. Aus entsprechenden früheren Ereignissen am Standort wissen Sie, dass wir nach
konstruktiven Lösungen suchen, die nicht zu einer Abwälzung des wirtschaftlichen Risikos auf die öffentliche Hand führen. Wenn es notwendig ist, werden wir Arbeitsmarktmaßnahmen auf den Weg bringen. Das hängt aber zunächst davon ab, welches wirtschaftliche Konzept mit welchem Arbeitskräftepotenzial verhandelbar ist. Das wissen wir noch nicht.
Zweitens: Ich möchte die Auseinandersetzungen über diesen schwierigen Fall nicht jedes Mal mit einer Diskussion über schon geleistete, aber nicht erfolgreiche Hilfen verbinden; denn das wäre dem Standort nicht förderlich. Der Umgang mit dem Standort Premnitz verlangt von uns, jüngste Ereignisse nicht jeweils auf den Haufen fehlgeschlagener Unterstützungsaktivitäten zu legen, sondern gemeinsam mit den Machern, den Unternehmern am Standort sehr sensibel nach neuen Perspektiven zu suchen. In mehreren Beratungen am Standort habe ich entsprechende Ansätze festgestellt. Diese Ansätze hätten nicht alles, was geschehen ist, verhindern können, schaffen aber auf alle Fälle Voraussetzungen, um dort mit einem gemeinsamen Standortbewusstsein nach vorn zu schauen.
Sie kennen die Höhe der Mittel, die in den Standort geflossen sind. Dies veranlasst uns aus heutiger Sicht, noch sorgsamer auf das wirtschaftliche Risiko zu achten, das am Standort eingegangen wird, das heißt ich werde sehr vorsichtig mit dem Insolvenzverwalter verhandeln, was den Umgang mit öffentlichen Mitteln angeht.
Drittens: Die Suche nach neuen Investoren ist vor dieser Kulisse sehr schwer. Das kann jeder, der sich mit der Materie befasst hat, sicherlich nachvollziehen. Ich bin nicht in der Lage, heute schon konkrete Verhandlungspartner zu nennen. Wir arbeiten mit dem Standortmanager in Premnitz zusammen. Diese Struktur ist eng mit der ZAB verknüpft. Wir profilieren den Standort, indem wir die besondere Chemiekompetenz herausstellen, aber gleichzeitig auf die guten Ansiedlungsmöglichkeiten für eine breitere Dienstleistungsstruktur hinweisen.
Ich bitte Sie, mit dafür Sorge zu tragen, dass das Problembewusstsein zu konstruktiven Ansätzen weiterentwickelt werden kann. Es wäre falsch, die Insolvenzanmeldung in die Reihe nur negativer Erlebnisse zu stellen und damit die Depression am Standort zu verstärken. Eine solche negative Einschätzung entspräche auch nicht den Tatsachen am Standort. - Danke schön.
Ich danke auch. - Wir sind damit bei der Frage 1660 (Auswei- sung weiterer Retentionsflächen in Brandenburg), gestellt vom Abgeordneten Dellmann.
Die Erfahrungen mit den Hochwassern der vergangenen Jahre an Oder und Elbe haben die dringende Notwendigkeit der Ausweisung weiterer Retentionsflächen auch in Brandenburg unter Beweis gestellt. Gerade die Bereitstellung von Flächen zur Überflutung kann einen guten Beitrag zur Senkung von Hochwasserspitzen leisten.
bewertet sie den Stand der Vorbereitung bzw. Ausweisung von weiteren Retentionsflächen für den Hochwasserschutz?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Fluss mehr Raum zu geben ist ein vorrangiges politisches Ziel, um ökologisch wertvollen Auenraum zurückzugewinnen, der Entwicklung eines naturnahen Flussleitbildes zu entsprechen und einen Beitrag - das ist das Entscheidende - für den Hochwasserschutz zu leisten.
Inwieweit eine neue Retentionsfläche einen Beitrag zum Hochwasserschutz leistet, muss in jedem Einzelfall untersucht werden. Zur Kappung von Hochwasserspitzen mit Auswirkungen auf die Unterlieger können im Mittellauf und Unterlauf eines Flusses steuerbare Flutungspolder geeignet sein. Ein besonders beeindruckendes Beispiel für die erfolgreiche Kappung einer Hochwasserwelle war die gesteuerte Flutung der Havelniederung beim Elbehochwasser 2002.
Die Etablierung weiterer Retentionsflächen wird vorbereitet. So gibt es an der Elbe bei Lenzen am Bösen Ort deutschlandweit eines der größten Rückdeichungsprojekte, das bereits kurz vor der Realisierung steht. Nach mehrjährigen Voruntersuchungen, dem erforderlichen Flächenerwerb und der Bewilligung durch das Bundesamt für Naturschutz soll Baubeginn im Jahr 2005 sein. Weitere Rückdeichungsprojekte an der Elbe befinden sich südlich von Mühlberg und beim so genannten Rühstädter Bogen.
An der Oder wird ebenfalls die Schaffung neuer Retentionsflächen angestrebt - neben einem Teil der Neuzeller Niederung auch ein Teil der Ziltendorfer Niederung sowie der Sophienthaler und Staffelder Polder.
Alle genannten Projekte sind bereits im aktuellen Entwurf des Landesentwicklungsplans Gesamtraum enthalten, sodass auch die raumordnerische Sicherstellung gewährleistet ist.
Im Landesumweltamt werden darüber hinaus grundlagenorientierte Untersuchungen zu ehemaligen Auenflächen durchgeführt. Ob im Zusammenhang mit diesen umfangreichen Untersuchungen neue Vorschläge für Retentionsflächen gemacht werden, die eine Chance auf Realisierung haben, ist noch völlig offen.
Insgesamt bleibt festzustellen, dass das Land Brandenburg, nicht zuletzt aufgrund der Hochwassererfahrungen im letzten Jahrzehnt, umfangreiche Maßnahmen auf dem Gebiet des Hochwasserschutzes ergriffen und die Schaffung neuer Retentionsflächen in Angriff genommen hat. Ich glaube, wir sind hier insgesamt auf einem sehr guten Weg und brauchen den Vergleich mit anderen Ländern nicht zu scheuen. - Vielen Dank.
lung des Gewerbestandorts „Flugplatz Brandenburg-Briest“), die der Abgeordnete Bartsch formulieren wird.
In den Regionen entstehen zunehmend Befürchtungen über die Gefährdung von Standortentwicklungskonzepten durch die Nachmeldung von FFH-Gebieten.
Ich frage die Landesregierung: Ist es zutreffend, dass durch die beabsichtigte Ausweisung von FFH-Gebieten auch weitere Teilflächen der Havel erfasst werden?
Das Wort erhält erneut Herr Minister Birthler, der diese Frage für die Landesregierung beantworten wird.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Ergebnis des zweiten EU-Seminars der kontinentalen biogeographischen Region im November 2002 hat sich für das Land Brandenburg ein Gebietsnachmeldebedarf für zwölf Lebensraumtypen und für 26 Arten, davon zehn Fischarten, ergeben.
Einen Schwerpunkt der Gebietskulisse bilden die Fließgewässer, unter anderem Mittlere Havel, Spree, Kleine Elster, sowie Lückenschlüsse der Elbe, Oder und Neiße. Im Fall der Nachmeldung zusammenhängender Fließgewässerabschnitte steht der Schutz der Fischarten, unter anderem Rapfen, Bitterling, Bachneunauge und Lachs, im Vordergrund. Hauptziel ist die Erhaltung der Durchgängigkeit der Flusssysteme für die Fische.
Das zur Nachmeldung vorgeschlagene FFH-Gebiet 655 „Mittlere Havel Ergänzung“ umfasst Abschnitte der Mittleren Havel unterhalb von Potsdam über Brandenburg bis Pritzerbe, Seen und Flussseenabschnitte mit naturnahen Uferzonen und landseitig anschließende Feucht- und Auenwiesen sowie Staudenfluren. Nicht einbezogen wurden Abschnitte mit weitgehend verbauten, durch dicht angrenzende intensive Landnutzung geprägten oder mit höherer Intensität touristisch genutzten Uferbereichen.
Die zur Nachmeldung ausgewählten Flächen befinden sich derzeit in der detaillierten naturschutzfachlichen Prüfung mit dem Ziel, ausschließlich die Gebiete nachzumelden, die zur Erfüllung der seitens der EU-Kommission attestierten Meldedefizite zu melden sind. Die Verhinderung einer Standortentwicklung durch die Meldung ist im Grundsatz auszuschließen. Im Einzelfall kann sich das Erfordernis einer Verträglichkeitsprüfung ergeben. - Danke schön.