Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie herzlich zur 39. Sitzung des Landtages Brandenburg in seiner 3. Wahlperiode.
Ganz besonders herzlich begrüße ich die jungen Gäste aus meiner früheren Wirkungsstätte Lübbenau, die heute an unserer Plenarsitzung teilnehmen. Herzlich willkommen!
Vor Eintritt in die Tagesordnung meine Frage an Sie: Gibt es zu dem Entwurf, der Ihnen mit der Einladung zugegangen ist, Bemerkungen, Änderungs-, Erweiterungs- und Ergänzungswünsche? - Wenn dies nicht der Fall ist, dann bitte ich um Ihr zustimmendes Handzeichen, dem Entwurf entsprechend zu verfahren. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist dem so entsprochen.
Es gibt eine Abwesenheitserklärung des Ministerpräsidenten, der heute erst etwas später, gegen 10.30 Uhr, hier sein kann. In gleicher Weise haben sich auch einige Abgeordnete abgemeldet.
Das Wort geht an die Abgeordnete Frau Konzack, die die Frage 787 (Finanzielle Situation der kreisfreien Städte) formulieren wird.
Auf meine Anfrage zur finanziellen Situation der kreisfreien Städte in der Sitzung am 25. Januar antwortete Herr Minister Schönbohm, dass er mit den Oberbürgermeistern Gespräche über Lösungsmöglichkeiten bezüglich der Finanzprobleme der kreisfreien Städte führen wird. Seit dem 19. April gibt es eine Arbeitsgruppe der Oberbürgermeister, die gemeinsam mit Vertretern des Innenministeriums das Ausgabenverhalten der Städte prüft.
Ich frage deshalb die Landesregierung: Welche Erkenntnisse lassen sich aus Sicht des Innenministeriums aus den Ergebnissen der Arbeitsgruppe der Oberbürgermeister im Hinblick auf die Lösung der Finanzprobleme der kreisfreien Städte ableiten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Konzack, aufgrund der angespannten Haushaltslage der kreisfreien Städte haben sich die vier Oberbürgermeister in einem Brief an den Ministerpräsidenten und mich mit der Bitte gewandt, einmal festzustellen, inwieweit den kreisfreien Städten geholfen werden kann. Dazu hat ein erstes Gespräch zwischen
den Oberbürgermeistern und mir stattgefunden. Wir haben dann eine Arbeitsgruppe der Kämmerer eingesetzt, die sich mit der Frage einer eingehenden Analyse der finanzwirtschaftlichen Lage der kreisfreien Städte in Brandenburg befasst und Vorschläge zur Neugestaltung der Finanzbeziehungen zwischen dem Land und den Städten erarbeitet. Diese Arbeit dauert noch an. Darum kann ich jetzt nur einen kurzen Zwischenbericht geben.
Unter maßgeblicher Beteiligung der Stadt Potsdam und der Mitarbeiter meines Hauses ist ein umfassender interkommunaler Vergleich mit Städten in den neuen Bundesländern und mit denen im übrigen Bundesgebiet eingeleitet worden.
Erste Analyseergebnisse, Frau Konzack, bestärken meine Aussage vom Januar dieses Jahres, dass die finanzielle Schieflage unserer größten Städte in erheblichem Maße auch auf vorhandene Effizenzreserven im Ausgabenverhalten zurückzuführen ist. So hat zum Beispiel die Untersuchung der Personalaufwendungen ergeben, dass unsere kreisfreien Städte, berechnet auf die Zahl der Einwohner, im Ost-West-Vergleich trotz des geringeren Tarifniveaus im oberen Drittel der Ausgaben liegen.
Dieser Sachverhalt ist von unseren Städten erkannt worden und sie bemühen sich in jüngster Zeit um weitere, tragfähigere Personalwirtschaftskonzepte. Zum Beispiel nehmen unsere kreisfreien Städte, allen voran Potsdam und Frankfurt (Oder), auch bei den Ausgaben und Zuschüssen für die Kitas und Horte einsame Spitzenplätze ein.
Die kreisfreien Städte, meine Damen und Herren, haben aber ihre Chance genutzt, auch die Finanzbeziehung zwischen dem Land und den Kommunen gründlich zu analysieren. Im Vergleich mit den anderen vier neuen Bundesländern kann sich die Gesamtheit der Finanzzuweisungen durchaus sehen lassen. Aber in der Struktur sind aus der Sicht der Städte signifikante Unterschiede zu erkennen. Während die Investitionszuweisungen im Vermögenshaushalt des Landes Brandenburg etwa doppelt so hoch sind wie in den übrigen ostdeutschen Städten, leiden die Verwaltungshaushalte an einer chronischen Unterfinanzierung. Das liegt daran, dass der Anteil der Schlüsselmasse an der Verbundquote im brandenburgischen Gemeindefinanzierungsgesetz geringer ist als in den übrigen Bundesländern. Dies ist zum Beispiel auch ein Bestandteil des heute Nacht vom Kabinett verabschiedeten GFG, das eine weitere Ausweitung der Schlüsselmasse zulasten dieses Ausgabenblocks vorsieht. Wir werden dies dem Parlament nach der Sommerpause zuleiten.
Ich will den Lösungsvorschlägen der Oberbürgermeister nicht vorgreifen, aber es bedarf wenig Fantasie, um zu erkennen, welche Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Neugestaltung der Finanzbeziehungen zwischen dem Land und den Kommunen im künftigen Finanzausgleichsgesetz, mit dessen Erarbeitung wir jetzt beginnen, gezogen werden müssten.
Ich beabsichtige, sehr geehrte Frau Konzack, nach Abschluss der Untersuchungsphase die Gespräche mit den Oberbürgermeistern im September fortzusetzen. Ich bin gespannt auf ihre Lösungsvorschläge, die wir gemeinsam erarbeiten und dann dem Landtag in der anstehenden Debatte zum Finanzausgleichsgesetz präsentieren werden. Ich gehe davon aus, dass die Debatte um das Gemeindefinanzierungsgesetz 2002/2003 auch schon Anlass bietet, diese Fragen in größerer Tiefe zu erörtern.
Herr Minister, ich habe zwei Fragen. Zum einen: In welchem konkreten Zeitrahmen soll die eingesetzte Arbeitsgruppe tatsächlich Ergebnisse vorlegen, über die dann zu debattieren wäre?
Die zweite Frage betrifft das Problem des Wegzugs vieler Einwohner der kreisfreien Städte in die Umlandgemeinden. Welche Lösungsvorschläge sehen Sie, dort die Kräfte wieder zu bündeln, um Aufgaben, die insbesondere in den kreisfreien Städten wahrgenommen werden müssen, zum Beispiel im Bereich Kultur, tatsächlich noch leisten zu können?
Ich fange mit der letzten Frage an, Herr Kollege. Zunächst einmal: Man mag es bedauern, aber ich finde es ganz natürlich, dass die Bewohner des Landes Brandenburg entscheiden, wo sie wohnen wollen. Wir haben generell die Tatsache zu verzeichnen, dass ein Teil der Einwohner die Möglichkeiten der größeren Städte nutzen, aber im Grünen leben möchte. Das ist das Phänomen, das wir kennen, und dies ist ein Bestandteil der Diskussion.
Wir haben uns auch im Zusammenhang mit dem GFG 2002/2003 über dieses Thema unterhalten, unter anderem darüber, wie man kulturell etwas tun kann, und heute Nacht auf meinen Vorschlag hin beschlossen, zum Beispiel bei der Theaterpauschale die Zuweisung für die Städte um einen begrenzten Betrag pro Jahr zu erhöhen.
Eines ist vollkommen klar: Uns wird es nicht gelingen, den Wegzug sozusagen in allen Bereichen zu kompensieren, weil die Entwicklung nicht genau messbar ist. Ich glaube, die Städte müssen auch einen Beitrag dafür leisten, dass sie liebens- und lebenswert sind. Das ist im Land Brandenburg etwas unterschiedlich ausgeprägt - sage ich einmal abstrakt. Wer das Land konkret kennt, weiß, dass es da auch definierbare Unterschiede gibt. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit des politischen Handelns. Das werden wir sowohl im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes als auch des Gemeindefinanzierungsgesetzes besprechen.
Die erste Frage bezog sich auf den Zeitplan. Ich hatte gesagt: Im September. Wir werden dies im Rahmen des GFG erörtern und dazu auch noch einmal das Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaft heranziehen. Ich denke, dass es dann endgültig in die Erarbeitung des Finanzausgleichsgesetzes, bei der wir jetzt sind, eingehen wird. Bis zum Ende des Jahres wollen wir unseren Fragenkatalog beantwortet haben, sodass wir im Jahre 2002 mit der Erarbeitung dieses Gesetz beginnen können, damit es spätestens Anfang 2003 verabschiedet werden kann. Dies wird ein Gesetz sein, das sehr weitreichende Folgen für die Entwicklung im Land Brandenburg haben wird. Darum möchte ich sehr sorgfältig und sehr umfassend herangehen.
Herr Minister Schönbohm, Sie sprachen die Haushaltsprobleme der großen kreisfreien Städte an, insbesondere die Defizite, und nannten namentlich Frankfurt (Oder). Sind Sie mit mir der Meinung, dass man erstens deshalb gleichwohl energisch den Gerüchten in der Öffentlichkeit entgegentreten muss, dass eine Bestellung von Beauftragten durch das Innenministerium im Raum stehen könnte? Denn diese Probleme sind sicherlich politisch durch die Stadtverordnetenversammlungen zu lösen.
Zweitens: Sie haben sich mit einem Schreiben an die Fraktionen des Landtages, die kommunalen Spitzenverbände, die Kammern und die kommunalpolitischen Vereinigungen der Parteien gewandt, um in Vorbereitung eines Finanzausgleichsgesetzes Positionen abzufragen, die in die Überlegungen des Innenministeriums einfließen sollen. Halten Sie vor diesem Hintergrund auch die Einbeziehung der Arbeitsgruppe der Oberbürgermeister für angezeigt?
Herr Sarrach, je mehr man fraktioniert, desto mehr Uneinigkeit trägt man ins Land. Ich möchte nicht, dass es jetzt heißt: Wir diskutieren nur mit den Oberbürgermeistern. Wir haben den Städte- und Gemeindetag, den Städte- und Gemeindebund und den Landkreistag. Dann haben wir noch die Arbeitsgruppe der Oberbürgermeister. Die Arbeitsgruppe der Oberbürgermeister haben wir eingesetzt, um sich mit spezifischen Problemen auseinander zu setzen - ich habe sie bereits genannt -, so zum Beispiel die hohen Personalausgaben, die hohen Kita- und Hortausgaben. Diese Themen müssen wir abarbeiten.
Bei der Erarbeitung des Finanzausgleichsgesetzes habe ich nicht die Absicht, eine Sonderarbeitsgruppe einzusetzen, an der sich die Oberbürgermeister beteiligen. Dieses möchte ich mit dem Sachverstand des Parlamentes tun - darin sind alle Bereiche des Landes vertreten -, dieses möchte ich mit den beiden großen Verbänden, die unsere Ansprechpartner sind, in einer Anhörung tun, die zum Beispiel im Innenausschuss stattfinden kann. Dort würden dann die notwendigen Fachleute zusammenkommen. Von daher hielte ich es für falsch, wenn man eine solche Arbeitsgruppe einsetzte.
Herr Sarrach, zu Ihrer ersten Frage bezüglich dessen, einem Gerücht energisch entgegenzutreten. Ich weiß nicht, wie man das machen soll. Gerüchte haben ihre eigene Dynamik. Von Alfred Weber gibt es eine Karikatur, die Folgendes zeigt: Ein Gerücht geht durch die Stadt - man sieht eine Vielzahl von Köpfen, die durch die Stadt fliegen, ohne Bodenberührung zu haben. - Dem trete ich nicht energisch entgegen, sondern ich glaube, dafür gibt es die normative Kraft des Faktischen.
Dann gibt es das Arbeitsgerücht. Wenn jemand ein Gerücht an zwei Ecken in die Welt setzt und diese nun zwei Gerüchte dann irgendwo zusammentreffen, dann hat man das bestätigte Arbeitsgerücht. Das ist ein Teil unserer Lebenserfahrung. Damit setze ich mich nicht auseinander.
Herr Minister, eine kurze Frage. Wie der Presse zu entnehmen war, haben Sie erst gestern im Kabinett den Haushaltsvorschlag für die nächsten zwei Jahre und damit auch das Gemeindefinanzierungsgesetz verabschiedet. Meine Frage: Ist in diesem GFG bereits eine Besserstellung der kreisfreien Städte im Vergleich zu den vergangenen Jahren vorgesehen?
Sie sagen, wir haben es „erst” verabschiedet, ich sage: Wir haben es Gott sei Dank verabschiedet. Ich finde es gar nicht so spät, Frau Osten.
Im Rahmen der Zuteilung der Finanzmittel hat es eine Fortschreibung der Tendenz gegeben, dass die Bedürfnisse der kreisfreien Städte besonders berücksichtigt werden. Genauere Zahlen werden wir Ihnen mit dem Gesetz zuleiten. Auf dieser Basis können wir dann darüber diskutieren.
Herzlichen Dank. - Nun sind wir bei der Frage 788 (Bundesver- kehrswegeplan), gestellt vom Abgeordneten Ingo Senftleben. Bitte, Herr Senftleben.
Presseberichten war zu entnehmen, dass die Bundesregierung, entgegen der Koalitionsvereinbarung vom Herbst 1998, darauf verzichten will, die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes zügig umzusetzen.
Ich frage die Landesregierung: Welche Auswirkungen sind aufgrund der Verschiebung der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes auf die Verkehrsinfrastrukturentwicklung des Landes Brandenburg zu erwarten?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Senftleben, der Bundesverkehrswegeplan ist der verkehrsträgerübergreifende Investitionsrahmenplan der Bundesregierung für Verkehrsinvestitionen. Dieser setzt und untersetzt durch die jeweiligen Ausbaugesetze für Schienenwege, für Wasserstraßen und für Bundesfernstraßen die Maßnahmenanmeldung der Länder. Die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes wird nach gegenwärtigen Informationen voraussichtlich im Jahre 2003 abgeschlossen sein. Negative Auswirkungen dieser Verzögerungen auf die Verkehrsinfrastrukturentwicklung des Landes
Brandenburg sind aus heutiger Sicht nicht ableitbar, denn im Bau bzw. in der Planung befindliche Projekte werden weitergeführt.
Dafür wurde von der Bundesregierung das spezielle Investitionsprogramm für die Jahre von 1999 bis 2002 erarbeitet. Dieses bestimmt unterhalb der gesetzlichen Ebene die Projekte, die in den vier Jahren vollendet, weitergebaut bzw. begonnen werden.
Als Zusatzprogramm wurde von der Bundesregierung das so genannte Antistauprogramm 2003 bis 2007 konzipiert. Es soll zur Beseitigung von Engpässen, zum Beispiel Überbelastung bei vierspurigen Bundesautobahnen, dienen. Gegen dieses Antistauprogramm - das muss ich vielleicht einschieben - habe ich seinerzeit intensiv protestiert, weil zum Beispiel die Frequentierung der Autobahnen in den dünn besiedelten neuen Ländern noch nicht oder aber nie an die Schwellenwerte für dieses Antistauprogramm, nämlich 55 000 Fahrzeuge pro Tag, herankommt. Solche Zahlen erreichen wir in unseren dünn besiedelten Ländern nicht. Damit konnten die neuen Länder insgesamt nicht berücksichtigt werden.
Die Finanzierung dieses Antistauprogramms soll ausschließlich durch die Zweckbindung eines Teilbetrages der geplanten streckenbezogenen Autobahnnutzungsgebühr für schwere Nutzfahrzeuge ab dem Jahre 2003 erfolgen. Durch zusätzliche Finanzmittel, durch das Steuerpaket, was uns ganz hilfreich ist, und durch die Versteigerung der UMTS-Frequenzen konnten weitere Straßenbauvorhaben, insbesondere im Bereich der Lausitz, sowie Ausbaustrecken der Eisenbahn in Berlin und in Frankfurt (Oder) in das Zukunftsinvestitionsprogramm 2001 bis 2003 eingestellt werden.
Falls es doch zu weiteren Verzögerungen bei der Fertigstellung des Bundesverkehrswegeplanes kommen sollte, hat die Verkehrsministerkonferenz der Länder vom Bundesministerium gefordert, sowohl das Investitionsprogramm als auch das Zukunftsinvestitionsprogramm für den Zeitraum von 2003 bis 2007 fortzuschreiben. Dies wäre dringend erforderlich, damit die Umsetzung späterer Straßenbauvorhaben durch die Fortführung bzw. die Neuauflage von Investitionsprogrammen gewährleistet ist, und um die erforderlichen Planungen zügig voranzutreiben. Das ist vor allen Dingen für Brandenburg wichtig, Herr Senftleben, weil wir zurzeit in den Verfahren ganz erheblich unter Druck stehen. Wir haben diese 430 Millionen DM aus dem Steuerpaket, wir haben die UMTS-Mittel und wir haben eine Menge Projekte zusätzlich bekommen. Das heißt, die Pakete, die wir fertig in der Planung hatten, sind jetzt abgearbeitet. Das ist gut so. Darüber können wir alle glücklich sein. Wenn wir aber jetzt nicht diesen Anschluss bekommen, wissen wir nicht, auf welche Projekte wir uns konzentrieren müssen.