Mein Gruß zur 46. Sitzung des Landtages in seiner 3. Wahlperiode trifft Sie zu morgendlicher Stunde, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Er trifft auch unsere Gäste aus der Käthe-Kollwitz-Schule in Potsdam. Herzlich willkommen!
Er trifft die Journalisten, die nicht ganz so zahlreich erschienen sind, aber es ist vielleicht noch etwas früh.
Mit der Einladung ist Ihnen der Entwurf der Tagesordnung zugegangen. Gibt es von Ihrer Seite diesbezüglich Bemerkungen? - Wenn dies nicht der Fall ist, dann nehme ich für mich in Anspruch, auf ein paar Dinge hinzuweisen, nämlich zunächst darauf, dass der Tagesordnungspunkt 4 - 2. Lesung des Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Kirchensteuergesetzes ohne eine Debatte stattfinden wird, dies auf Empfehlung der Parlamentarischen Geschäftsführer, die die Meinung der Fraktionen wiedergeben.
Zudem sollte ein zusätzlicher Tagesordnungspunkt aufgenommen werden: 2. Lesung des Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Psychisch-Kranken-Gesetzes, des Gesetzes über Grundsätze und Vorgaben zur Optimierung der Landesverwaltung und des Krankenhausgesetzes des Landes Brandenburg Drucksache 3/3326. Sowohl der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen als auch die Parlamentarischen Geschäftsführer schlagen vor, diesen Tagesordnungspunkt mit der Redezeitvariante 1 zu behandeln.
Wenn es keine weiteren Bemerkungen gibt, bitte ich um Ihr zustimmendes Handzeichen, dass wir die Tagesordnung so abändern. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann wird so verfahren.
Es gibt wieder eine ganze Reihe von Abwesenheitserklärungen, die vorzutragen ich mir schenke. Die Abgeordneten wie die Vertreter der Landesregierung haben sich in einer sehr disziplinierten Form abgemeldet. Ab 11 Uhr wird der Ministerpräsident ins Reich der Mitte unterwegs sein. Er wird vertreten durch seinen Innenminister.
Das Wort geht an den Abgeordneten Schippel, der seine früh genug gestellte Frage 937 (Schließung des Bombardier-Stand- ortes Vetschau), sodass sie nicht, wie im Rundfunk zu hören, als Dringliche Anfrage des Abgeordneten an die Landesregierung gewertet wird, vortragen wird.
Wie in der vergangenen Woche bekannt geworden ist, ist der Standort des Bombardier-Werkes in Vetschau gefährdet - und
das in einer Region, die bereits über Jahre eine Arbeitslosenquote von rund 24 % hat. Damit wäre ein kaum zu verkraftender Verlust verbunden.
Daher frage ich die Landesregierung: Was wird die Landesregierung unternehmen, um eine beabsichtigte Schließung des Bombardier-Standortes Vetschau und damit den Wegfall von 111 direkt und 300 indirekt betroffenen Arbeitsplätzen zu verhindern?
Da es eine zweite Frage zum gleichen Thema von der Abgeordneten Frau Große gibt - Frage 938 (Restrukturierungskon- zept von Bombardier Transportation für Vetschau und Hennigs- dorf) -, schlage ich vor, die beiden Fragen gemeinsam zu beantworten. Das setzt natürlich voraus, dass Sie sie erst einmal gestellt haben.
Der Präsident der Bombardier Transportation, Pierre Lortie, verkündete am 13. November 2001 in Berlin die Ergebnisse des seit Mai erwarteten Restrukturierungsplanes. Danach wird es zur Schließung der Standorte Halle-Ammendorf und Vetschau sowie zu Einschnitten am Standort Hennigsdorf durch die Abwicklung der Abteilungen Vormontage und Wagenkastenbau kommen. Nach Angaben des Betriebsrates sind am Standort Vetschau 110 Arbeitsplätze und am Standort Hennigsdorf 420 Arbeitsplätze direkt betroffen.
Ich frage die Landesregierung: Welche Handlungsmöglichkeiten sieht die Landesregierung bezogen auf die jüngsten Entscheidungen des Schienentechnikkonzerns Bombardier?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Entscheidung von Bombardier in Bezug auf die Standorte in Europa ist zunächst einmal eine Entscheidung des Unternehmens.
Aus der Sicht der Landesregierung bedauern wir außerordentlich die Entscheidung von Bombardier Transportation, den Standort Vetschau im 2. Halbjahr des nächsten Jahres zu schließen. Wir hatten die Situation in Vetschau vor zwei Jahren schon einmal und sie hat sich im Grundsatz nicht wesentlich geändert. Auch heute sind die Auftragsbücher in Vetschau voll und es gibt keinerlei Kritik an der Qualität der Arbeit in Vetschau.
Deswegen sind die Fragen, die die Mitarbeiter dort stellen, berechtigte Fragen und diese Fragen können in erster Linie natürlich nur vom Unternehmen beantwortet werden, denn die Unternehmensstrategie für die Zukunft kann nicht von der Landesregierung bestimmt werden.
Was den Standort Hennigsdorf betrifft, bleibt dieser Standort nach der jetzigen Entscheidungslage - diese Entscheidungen sind noch nicht vom Aufsichtsrat des Unternehmens bestätigt;
was ich sage, gilt unter dem Vorbehalt der endgültigen Entscheidung des Aufsichtsrates - weitgehend erhalten. Die Wagenkastenproduktion soll abgezogen werden und die Vorproduktion soll in Teilen abgezogen werden. Das ist insoweit richtig. Aber es ist gleichzeitig zugesagt worden, dass die Zahl der Arbeitsplätze in Hennigsdorf im Wesentlichen erhalten bleibt.
Die Landesregierung wird nicht nur das Unternehmen beim Wort nehmen und darauf drängen, dass allen Betroffenen Ersatzarbeitsplätze im Werk selbst oder in Berlin-Marzahn zur Verfügung gestellt werden, sondern sich auch dafür einsetzen, dass alles getan wird, damit der Standort Hennigsdorf - und darum geht es den Mitarbeitern - so ausgestattet wird, dass er auch in Zukunft ein tragfähiger Standort für das Unternehmen bleibt, dass wir also nicht von Übergangssituationen reden, sondern dass dieser Standort auf Dauer gesichert wird.
Deshalb ist es ganz wichtig, den Bahntechnikstandort Hennigsdorf über Bombardier hinaus auszubauen. In diesem Zusammenhang haben wir, wie Sie wissen, bereits intensive Gespräche geführt und dafür gesorgt, dass Mittel für das Technologiezentrum Bahn mit Testring zur Verfügung stehen, wobei ich zur Information hinzusage: Dieser Testring ist nicht eine Investition des Unternehmens Bombardier, sondern wird eine mittelständische eigene Lösung sein, die dann von Bombardier wie von anderen mit genutzt wird. Aber er ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass der Technologiestandort Hennigsdorf insbesondere in Bezug auf Bahntechnologie erhalten werden kann.
In Vetschau sieht die Sache etwas anders aus. Dort kann man nicht mit einer wissenschaftsorientierten oder testorientierten Einrichtung für vergleichbare Voraussetzungen sorgen. Es macht auch keinen Sinn zu sagen: Das ist nicht ganz so schlimm, weil weniger Mitarbeiter betroffen sind. - Das wäre die falsche Logik.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auch in aller Deutlichkeit und trotz aller Enttäuschungen, meine Damen und Herren, sagen, dass es im Falle Vetschau keinen Zusammenhang mit der Entscheidung in Bezug auf Hennigsdorf gibt. Ich habe in der einen oder anderen Zeitung gelesen, dass es hier um ein „Bauernopfer” für Hennigsdorf gehe. Das ist nicht der Fall. Die Entscheidungen für Hennigsdorf und gegen Vetschau sind Teil der Strategieentscheidung und hängen nicht miteinander zusammen. Vor allem lege ich Wert auf die Feststellung, dass diese nicht Gegenstand irgendeines Gespräches mit der Landesregierung waren. Ich bitte noch einmal festzuhalten, dass keine Zusammenhänge in der Diskussion bestehen und dass dies insbesondere auch nicht mit der Landesregierung besprochen worden ist.
Ich habe mich mit Herrn Eisele als Vertreter der Gewerkschaft und der Mitarbeiter in Vetschau intensiv unterhalten und abgesprochen, das sich dann, wenn es im weiteren Verlauf der Gespräche der Arbeitnehmer mit dem Unternehmen richtig und notwendig ist, die Landesregierung einschaltet und wie vor zwei Jahren auch ihren Einfluss geltend macht, damit sinnvolle Entscheidungen getroffen werden können, wobei auch die Zeitperspektive aus meiner Sicht eine wesentliche Rolle spielt.
Sie können davon ausgehen, dass die Landesregierung wie bisher im intensiven Gespräch mit Bombardier ihren Einfluss geltend machen wird, damit für den Standort Brandenburg und
Herr Minister, wir sollten natürlich nicht Belegschaften gegeneinander aufrechnen; das wäre das Schlimmste, was wir machen könnten. Sie sagten, die Situation habe sich im Hinblick auf die Auftragsbücher und die Fertigungsqualität nicht geändert.
Soweit ich weiß, wurden aufgrund der damaligen Anforderungen von Bombardier bereits circa 25 Arbeitsplätze abgebaut. War das nicht ein Beitrag zur Kostenminimierung?
Ich gehe davon aus, dass das damals ein Beitrag zur Kostenminimierung, aber auch dazu war, dass das Werk in Vetschau positive Zahlen in den Bilanzen produziert hat. Bei Vetschau geht es aber gar nicht um die Frage, wie produktiv dieses Werk ist, soweit ich es aus Sicht von Bombardier einschätzen kann, sondern darum, wie das Unternehmen mit Überkapazitäten an den unterschiedlichen Standorten in Deutschland umgeht. Tatsache ist, dass es sowohl in der Drehgestellproduktion als auch im Waggonbau Überkapazitäten gibt. Das Unternehmen muss, um wirtschaftlich arbeiten zu können, Kapazitäten reduzieren und Synergieeffekte herstellen. Also wird es negative Entscheidungen für verschiedene Standorte in Deutschland und Europa geben. Für uns stellt sich nur die Frage, ob wir die Chance haben und sie nutzen, die Profile der Brandenburger Standorte so zu entwickeln, dass sie für die Zukunft des Konzerns unverzichtbar sind.
Das kann ich Ihnen im Einzelnen nicht sagen. Nach Hennigsdorf - das wissen Sie selbst; Sie sind länger dabei als ich - sind erhebliche Fördermittel geflossen.
ständlich unverändert. Wenn man Fördermittel bekommt, unterschreibt man einen Vertrag, in dem festgehalten ist, wie viele Arbeitsplätze man zur Verfügung stellt. Wenn man diese vertraglichen Verpflichtungen nicht einhält, hat die Landesregierung die Möglichkeit, auf Vertragserfüllung zu bestehen. Aber das ist für Bombardier in Hennigsdorf überhaupt nicht das Thema. Sie wissen, dass parallel dazu Debatten dieser Art in Sachsen-Anhalt stattfinden. Ich muss Ihnen sagen, dass ich es nicht für klug hielte, wenn ein Minister einem Unternehmen aus einer Parlamentssitzung heraus mitteilte, wenn es dies nicht tue, werde die Landesregierung jenes tun. Das Unternehmen weiß ganz genau, welche Verpflichtungen es eingegangen ist, und wird - wie wir auch - zu dem Vertrag stehen.
Herr Minister, meine Nachfrage bezieht sich auf den Bahntestring. Welche Wirkung verfolgt die Landesregierung mit der angekündigten Förderung des Bahntestrings in Hennigsdorf in Höhe von 90 Millionen DM in Anbetracht der Tatsache, dass in den vergangenen Jahren die Investition nicht zustande gekommen ist, weil es angeblich genügend Testkapazitäten in den alten Bundesländern gebe und deshalb Hennigsdorf nicht gebraucht werde?
Die Situation hat sich insoweit geändert, als Bombardier die Entscheidung getroffen hat, für seine Tests ausschließlich auf einen Testring, nämlich den in Hennigsdorf, zu setzen und keine Tests in anderen Einrichtungen, die zum Teil Fremdstandorte wie die in Nordrhein-Westfalen sind, durchzuführen. Wenn diese Entscheidung so umgesetzt werden sollte, dann wird eine teilweise Auslastung des Testrings in Hennigsdorf gegeben sein.
Aber es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir eine mittelständische Lösung nur dann zustande bringen, wenn auch andere Firmen, die Lokomotiven und Züge bauen, diesen Testring nutzen können. Wir verfolgen damit ausdrücklich eine eigenständige mittelständische Lösung, die von verschiedenen Unternehmen genutzt werden kann. Langfristiges Ziel ist es - ich wiederhole es -, Hennigsdorf zu einem Kompetenzzentrum für Bahntechnologie auszubauen. Dafür ist der Testring ein Element. Ferner gehören dazu die Bahnerprobungseinrichtungen der Deutschen Bahn. Im Moment sind wir dabei, die Bahnerprobungseinrichtungen in Hennigsdorf und Kirchmöser besser miteinander zu verzahnen, damit die Testeinrichtung in Hennigsdorf von beiden genutzt werden kann.
Gespräch; Sie haben darauf Bezug genommen. Welche Chancen und Möglichkeiten hatte die Landesregierung, auf Bombardier Transportation Einfluss zu nehmen, um diesen Standort zu sichern?
Ich habe zu Beginn gesagt, die Entscheidung über die strategische Ausrichtung eines Unternehmens sei die Entscheidung des Unternehmens. Das Allerschlechteste ist, dafür öffentlich Ratschläge zu erteilen.