Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie herzlich zur 72. Sitzung des Landtages Brandenburg in seiner 3. Wahlperiode. Ganz besonders heiße ich heute unsere jungen Gäste willkommen.
Vor Eintritt in die Tagesordnung frage ich Sie: Gibt es Anmerkungen bzw. Ergänzungs-, Erweiterungs- oder Kürzungswünsche hinsichtlich des Entwurfs der Tagesordnung? - Wenn das nicht der Fall ist, bitte ich um Ihr zustimmendes Handzeichen, dass wir nach dieser Tagesordnung verfahren. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist die Tagesordnung in der vorliegenden Form beschlossen.
Die Landesregierung hat als eine der Konsequenzen aus den Ergebnissen der internationalen Schulleistungsvergleiche Modelle zur Verkürzung des Bildungsganges zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife entwickelt und für das Schuljahr 2003/04 den Schulversuch 6+6 vorbereitet. An diesem Schulversuch nehmen nach Presseverlautbarungen 20 Schulen teil, die sich in unterschiedlicher Weise auf die Landkreise bzw. Zuständigkeitsbereiche der regional zuständigen staatlichen Schulämter verteilen.
Ich frage deshalb die Landesregierung: Warum haben sich zum Beispiel im Landkreis Dahme-Spreewald keine geeigneten Schulen am Schulversuch 6+6 beteiligt?
Es wäre schön, wenn die Lautstärke auch noch zuließe, dass ich erkenne, wann die Frage gestellt wird. - Danke sehr.
Mit Ihrer Zustimmung erteile ich Herrn Staatssekretär Szymanski das Wort zur Beantwortung dieser Frage.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Redepenning, im Schuljahr 2003/04 nimmt aus dem Landkreise Dahme-Spreewald keine Schule am Schulversuch 6+6 teil, da sich keine Schule aus diesem Landkreis
dafür beworben hat. Für den Landkreis Dahme-Spreewald bestand die Möglichkeit, mit bis zu drei öffentlichen Schulen an diesem Schulversuch teilzunehmen, da der Landkreis durch Kreistagsbeschluss auf den Anspruch von zwei Standorten im 2001/02 begonnenen Schulversuch Leistungsprofilklassen zugunsten des Schulversuchs 6+6 verzichtete.
Die Auswahl der Schulen für den Schulversuch 6+6 wurde in den Landkreisen und kreisfreien Städten ab August 2002 zwischen interessierten Schulen, Schulämtern und Landräten bzw. Oberbürgermeistern einvernehmlich geregelt. Ein gemeinsamer Vorschlag des jeweiligen Landkreises bzw. der kreisfreien Stadt war dem Ministerium bis zum November letzten Jahres einzureichen. Leider hat es aus dem Landkreis Dahme-Spreewald auch auf Nachfrage seitens des MBJS keine Meldungen zur Teilnahme am Schulversuch gegeben. Die Schulen begründeten dies mit einer starken Belastung durch viele Veränderungen in der Sekundarstufe I und in der gymnasialen Oberstufe. Diese Veränderungen, die überwiegend begrüßt werden, bereiteten aber in der Umsetzung viel Arbeit; in dieser Situation sei es schwierig, einen neuen Schulversuch zu beginnen.
In der weiteren Diskussion mit dem Landrat, dem Schulamt und einem Mitarbeiter unseres Hauses mit mehreren infrage kommenden Schulen des Landkreises, so zwei Schulen aus Königs Wusterhausen und dem Paul-Gerhard-Gymnasium aus Lübben, stellte sich heraus, dass drei Schulen daran interessiert sind, nochmals über die Teilnahme an dem Schulversuch zu befinden. Für die Beratungen an diesen drei Schulen im März liegen bereits Einladungen von den Schulkonferenzen vor. Vertreter der Schulträger, des regionalen Schulamtes und ein Mitarbeiter unseres Hauses werden an diesen Konferenzen teilnehmen und noch einmal die Zielstellungen und Modalitäten des Schulversuchs erläutern. Bei einem positiven Votum der Schulkonferenzen ist eine Teilnahme von Schulen des Landkreises DahmeSpreewald zum Schuljahr 2004/05 möglich.
Herr Staatssekretär Szymanski, auch der Kreis Oberhavel hatte die Möglichkeit, mit vier Versuchsklassen in den Schulversuch 6+6 einzusteigen. Auch dort ist eine Schule abgesprungen, das Puschkin-Gymnasium in Hennigsdorf. Ich frage Sie daher: Halten Sie diesen Schulversuch aufgrund Ihrer bisherigen Kenntnis für ausreichend vorbereitet? Worin sehen Sie die Ursachen dafür, dass Schulen abspringen und sich nicht zutrauen, an diesem Schulversuch teilzunehmen?
Insgesamt nehmen an diesem Schulversuch 20 Schulen teil, sieben Gesamtschulen und 13 Gymnasien. Von den 15 Landkreisen und kreisfreien Städten, die den Anspruch hatten, weil ja drei Landkreise verzichtet haben, nehmen jetzt 13 teil. Das Interesse ist also vorhanden; die entsprechenden Unterlagen sind vorhanden und die Beratung ist gewährleistet. Beim Gymnasium Hennigsdorf war es wohl so, dass bei der Begründung die Frage der Belastung eine Rolle gespielt hat.
Ich gehe also davon aus, dass in einigen Kreisen auch vor dem Hintergrund, dass Schulen die Mindestzügigkeit nicht erfüllten, die mittel- und langfristig gegeben sein muss, um an dem Schulversuch teilzunehmen, dann durch die Schulträger entschieden wurde, dass die Schulen aufgrund der nicht erfüllten Anforderungen nicht an dem Schulversuch teilnehmen können. Das hat etwas mit dem Übergang in die gymnasiale Oberstufe aufgrund der jeweils gegebenen Zügigkeit zu tun.
Herr Staatssekretär, ich habe zwei Nachfragen. Erstens: Ist es richtig, dass sich die in Rede stehenden Schulen im Landkreis Dahme-Spreewald vor zwei Jahren für die Leistungsprofilklassen beworben hatten, deren Errichtung jedoch aufgrund der Entscheidung des Kreistages nicht zustande kam?
Zweitens: Wäre es möglich, wenn es jetzt keine Bewerbung um die Teilnahme am Schulversuch 6+6 gibt, dass im Landkreis Dahme-Spreewald noch ein oder zwei Leistungsprofilklassen errichtet werden?
Wir haben im bisherigen Verfahren des Versuchs Leistungsprofilklassen und des Versuchs 6+6 immer Einvernehmen mit den Schulträgern, den Landkreisen, hergestellt. Ich bin der Auffassung, dass man bei diesem Verfahren bleiben soll. Es liegt also in der Entscheidung des Landkreises, inwieweit diesbezüglich Veränderungen vorgenommen werden können oder nicht. Wie ich bereits ausführte, sind die Gespräche anberaumt, um in den Schulkonferenzen noch einmal entsprechende Diskussionen zu führen.
Danke sehr. - Wir sind bei der Frage 1507 (Ich-AG), die Herr Abgeordneter Karney jetzt vortragen kann.
Presseberichten ist zu entnehmen, dass die Möglichkeit zur Gründung einer so genannten Ich-AG von den arbeitslosen Brandenburgerinnen und Brandenburgern kaum genutzt wird.
Ich frage die Landesregierung: Welche Gründe sieht sie dafür, dass es in Brandenburg bisher kaum zu Gründungen von IchAGs kam?
In der Tat bin auch ich in der vorigen Woche noch diesen vom Arbeitsamt stammenden Zahlen aufgesessen. Erst am Dienstagnachmittag, als Herr Fuß vom Landesarbeitsamt bei mir war, wurde das aufgeklärt.
Inzwischen, also bis Ende Februar, wurden in Brandenburg 122 Ich-AGs gegründet. Ich glaube, das ist kein schlechtes Ergebnis. Gemessen daran, was im Hinblick auf Vermittlungsgutscheine oder Einstellungen nach dem Mainzer Modell in zwei Monaten geschehen ist, ist dies ein ausgezeichnetes Ergebnis, zumal wenn man bedenkt, dass das Gesetz erst kurz vor Weihnachten beschlossen wurde.
Die Gründung einer Ich-AG ist eine weitere Möglichkeit zum Aufbau einer eigenen Existenz. Natürlich muss auch jeder Mitarbeiter der Bundesanstalt über das Wie und den notwendigen Beitrag jedes Einzelnen informiert sein, bevor er diejenigen, die den entsprechenden Antrag stellen, informieren kann. Daher ist die Zahl der Gründungen zwei Monate nach In-Kraft-Treten des Gesetzes ein gutes Ergebnis.
Ich bin auch ganz optimistisch, dass noch viele Brandenburgerinnen und Brandenburger den Mut finden und die entsprechende Idee haben werden, um den Weg in eine Ich-AG zu gehen. Die Lotsendienste in unserem Land sind im Übrigen angehalten, dort zu helfen, also außer über die anderen Existenzgründerprogramme auch hinsichtlich des Bereichs der Ich-AGs zu beraten. Insofern glaube ich, dass die Ich-AGs das Gründungsgeschehen in Brandenburg erheblich beleben können. - Vielen Dank.
Zwei kurze Nachfragen, Herr Präsident. Die erste: Können Sie mir die Anzahl der Gründungen von Ich-AGs bundesweit nennen?
Presseberichten war zu entnehmen, dass der Arbeitsminister des Landes Brandenburg, also Herr Minister Baaske, nicht die Einschätzung der Handwerkskammern teilt, dass durch die Ich-AGs traditionelle Handwerksbetriebe gefährdet werden. Wie begründet die Landesregierung die Einschätzung des Arbeitsministers?
Den bundesweiten Trend kann ich nicht anführen; ich weiß nur, dass es in Berlin- Brandenburg etwas mehr als das Doppelte der vorhin genannten Zahl ist. Wir werden inzwischen ca. 300 Plätze haben. Ich befinde mich im Gegensatz zu der Befürchtung der Handwerkskammern, dass die Ich-AGs das Handwerk oder auch die IHK-Betriebe gefährden könnte; denn ich glaube das nicht. Vielmehr geht es darum, zusätzliche Beschäftigungs
verhältnisse neben denen zu erschließen, die bisher in der Rolle stehen bzw. die IHK-Berufe sind. Insofern teile ich diese Befürchtung nicht.
Herr Baaske, meine erste Frage: Liegt Ihnen eine Übersicht bzw. eine Aufschlüsselung der Bereiche vor, in denen Ich-AGs gegründet werden?
Die zweite Frage: Rechnen Sie damit, dass auch durch die Gründung von Ich- bzw. Familien-AGs die Scheinselbstständigkeit im Land Brandenburg wachsen wird, weil heute fest Beschäftigte morgen als Kleinstunternehmer für ihren vorherigen Arbeitgeber Dienste ausführen werden?
Ihre erste Frage muss ich Ihnen mit einem klaren Nein beantworten. Wir müssen noch abwarten, welche Unterlagen wir bekommen. Wir sind aber daran und wollen das zusammenstellen. Zum anderen wäre es bei der Ich-AG oder der FamilienAG das erste Mal, dass wir Subventionstatbestände ohne Mitnahmeeffekte hätten. Natürlich werden wir sie auch in diesem Fall haben.
Danke sehr. - Ich wies vorhin auf die jungen Gäste hin. Zu Ihrer Information: Es sind Schüler der Realschule in Potsdam. Herzlich willkommen!
Das Wort geht an den Abgeordneten Thiel, der die Frage 1508 (Auswirkungen des Paradigmenwechsels in der Arbeitsmarkt- förderung der Bundesanstalt für Arbeit auf das Land Branden- burg) formulieren wird.
Seit dem Bekanntwerden einschneidender Maßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit im Bereich der Arbeitsmarktförderinstrumente ABM und SAM, umgesetzt durch die Arbeitsmarktstrategien der Arbeitsämter, reißt der Protest seitens der betroffenen Vereine, Verbände, Gesellschaften und freier Projektträger sowie von Kommunen im Land Brandenburg nicht ab. Beispielhaft sei an dieser Stelle nur das Schreiben des Netzwerkes „Chancengleichheit“ im Landkreis Spree-Neiße an Abgeordnete dieses Landtages genannt, das am 13. Februar auch dem Ministerpräsidenten während eines Besuches in Forst persönlich überreicht wurde. Angesichts massiver Kürzungen von ABM und SAM im soziokulturellen und im Beratungsbereich sind viele Kommunen vom Zusammenbruch gewachsener Strukturen bedroht.
Ich frage deshalb die Landesregierung, mit welchen Maßnahmen sie den absehbaren negativen Folgen des offensichtlichen