Ina Leukefeld
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Last Statements
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Seniorinnen und Senioren, es sitzt zwar keiner mehr auf den Zuschauerbänken – doch einer, dann für Sie ganz besonders einen Gruß –, aber am Livestream, da bin ich ganz sicher, weil auch Seniorinnen und Senioren heute digitale Technik in vielen Fällen beherrschen und auch über sie verfügen.
Sehr geehrte Frau Holzapfel, mit den „Alten“ ist aber auch in Zukunft zu rechnen und man braucht nicht unbedingt ein Mandat im Thüringer Landtag wie wir auch, um engagiert Politik machen zu können.
Insofern denke ich, dass der vorliegende Gesetzentwurf, den wir heute beschließen werden, auch ein deutliches Zeichen ist für mehr Demokratie in Thüringen, für mehr Möglichkeiten und Beteiligungsrechte gerade auch von älteren Menschen. In Umsetzung des Koalitionsvertrags von Rot-RotGrün in Thüringen und auch im Ergebnis eines Prüfauftrags, wie die Mitbestimmung von Seniorinnen und Senioren ausgebaut werden kann, werden wir heute auch nach einer ausführlichen mündlichen Anhörung, die es gegeben hat, dieses Gesetz beschließen und entscheiden.
Es ist schon gesagt worden: Im Grunde genommen geht es um eine Doppelstrategie. Einmal ist es Ziel, älteren und alten Menschen zu ermöglichen, sich verstärkt in die Gesellschaft einzubringen und an Entscheidungsvorbereitungen und Entscheidungen teilzuhaben, und Ziel ist es zum anderen auch, mit
dem Gesetz einen Beitrag zur Verbesserung des Zusammenlebens der Generationen zu leisten.
In der Anhörung wurde unter anderem viel Zustimmung geäußert, aber natürlich auch immer kritische Dinge, weil solche Dinge ja auch Prozesse sind, die gestaltet werden. Es ist auch so, dass dieser Gesetzentwurf unter aktiver Mitwirkung von Seniorinnen und Senioren, insbesondere auch vom Landesseniorenrat, erarbeitet wurde.
Eins war mir aber durchaus etwas suspekt, weil in der Anhörung zum Beispiel durch den Vertreter des Landkreistags die Frage aufgeworfen wurde, ob es denn überhaupt notwendig sei, die Senioren besonders hinsichtlich Mitwirkung und Beteiligung zu stärken, schließlich ist das doch alles schon im Grundgesetz geregelt, dass jeder Bürger und jede Bürgerin mitwirken kann. Klare Antwort: Ja, das muss Politik! Ich glaube, wer Frau Holzapfel zugehört hat – ich kann das nur unterstützen –, da sind bestimmte neue Entwicklungen, gerade auch demografische Entwicklungen, dass die jungen Alten heute ganz anders mitwirken können, als das jemals in der Geschichte möglich war. Und da ist eine ganz wichtige Frage: Warum also Seniorenbeteiligungsrechte stärken? Klar ist doch auch, dass wir hier nur den Rahmen beschließen können. Letztendlich hängt es natürlich von vielen Faktoren ab: in den Kommunen, vom Willen der Seniorinnen und Senioren, sich auch selbst einzubringen. Antworten hat unter anderem auch der Zweite Seniorenbericht, wie er uns seit wenigen Tagen vorliegt, gegeben. Wenn man sich das näher anschaut, dann wird zum Beispiel deutlich, dass auch über 75-Jährige durchaus Ansprüche haben an Beteiligung, an Mitwirkung, dass sie auch Ideen und Vorschläge haben und dass sie natürlich aus eigener Erfahrung ganz praktisch am ehesten spüren, wo die Säge klemmt. Deswegen ist es nicht nur ein Gebot der Zeit, älteren Menschen in der Gesellschaft die Mitwirkung stärker zu ermöglichen, sondern es ist auch die Frage, ihre besondere Lebenssituation zu betrachten, zu beeinflussen und Politik darauf auszurichten.
Wir leben ja durchaus auch in einer ganz aktuellen Zeit eines Generationswechsels, nicht nur in der Politik, wie wir das hier auch sicherlich bald im Thüringer Landtag erleben werden, sondern generell. Insofern, glaube ich, ist es richtig, die Stimme von älteren Menschen zu den verschiedensten Themen, nicht nur zu Gesundheit und Pflege, sondern auch zu Mobilität, zu Bildung und Kultur sowie zu vielen anderen Fragen, zu hören und ihre Erfahrung zu nutzen. Die Frage, dass Erfahrungen ein ganz wichtiges Moment sind, wenn man über Men
schen im Alter redet und mit ihnen redet, ist auch mit in den Mittelpunkt zu stellen.
Richtig ist, dass das Seniorenmitwirkungsgesetz aus dem Jahr 2012 evaluiert wurde, angereichert wurde. Und ich möchte mich ausdrücklich auch noch mal für die Vorschläge des Landesseniorenrats bedanken.
Zu den Forderungen habe ich mich ein bisschen gewundert, Frau Holzapfel, dass die Vertreter der CDU da solche Bedenkenträger waren. Natürlich wollen wir verstärken, dass es kommunale Seniorenbeiräte gibt, dass sie nicht nur sozusagen Ansprechpartner für ältere Menschen sind, sondern dass sie viel stärker auch beratend wirken können – Landräte, Bürgermeister, Ausschüsse, Verwaltung –, dass sie Stellungnahmen abgeben können und dass das verstärkt wird, was eigentlich auch schon praktiziert wird. Ergänzend zu dieser Regelung mit den Seniorenbeiräten ist es ins Ermessen der Gemeinden bis zu 10.000 Einwohnern und der Landkreise gestellt, ebenfalls Seniorenräte zu bilden. Ich finde, an der Stelle ist eine Empfehlung durchaus auch besser als eine Verordnung. Sie kritisieren das ja an anderen Stellen auch, wenn hier beschlossen wird, wie es zu praktizieren ist. Kommunale Seniorenbeiräte sind wichtig, weil sie als eigenständige, als partei- und konfessionell unabhängig arbeitende Interessenvertretung der Senioren wirken. Neu ist, dass es ehrenamtliche Seniorenbeauftragte geben soll und dass diese zu wählen sind. Auch das ist, glaube ich, eine moderne und zukunftsweisende Regelung. Sie sollen die Arbeit der Beiräte unterstützen und können als sachkundige Bürger in die kommunalen Ausschüsse gewählt werden. Und wie wir wissen, wird das an vielen Orten auch schon praktiziert.
Neu im Gesetz wurde auch aufgenommen, dass die Behörden der Gemeinden, der Landkreise und der anderen Gemeindeverbände die Tätigkeit der Seniorenbeiräte und Seniorenbeauftragten unterstützen sollen. Das machen sie in vielen Fällen. Auch dafür danke schön. Aber Hauptamt soll Ehrenamt stärken. Es geht um ein gutes Zusammenwirken von beiden Partnern.
Neu geregelt wird im Gesetz die Förderung der Tätigkeit und Projekte der Seniorenbeiräte und Seniorenbeauftragten, gerade auch im neuen Landesprogramm Solidarisches Zusammenleben der Generationen. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt, der gerade jetzt in den vor Ort stattfindenden Diskussionen und Beteiligungsprozessen auch die älteren Menschen, die Familien, die sich auch um ihre älteren Familienmitglieder kümmern, bewegen sollte, sich dort einzubringen.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um vielleicht an der Stelle mal ein konkretes Beispiel zu benennen, wie unbürokratisch Hilfeleistungen jenseits von Markt und Staat in einem Modellprojekt entwickelt wurden. Wie Sie wissen, komme ich aus Suhl, dort gibt es dieses Modellprojekt, das heißt „Senioren helfen Senioren“. Das kann man mal googeln. Das ist ja jetzt keine Werbeveranstaltung, aber ich weiß, dass hier in den letzten Jahren ganz viel auf den Weg gebracht wurde. Dieser neue Verein – es hätte auch eine Seniorengenossenschaft sein können – hat in kürzester Zeit über 400 Mitglieder gewonnen. Es wurden im Jahr 2018 7.000 Stunden gegenseitige Hilfe geleistet. In diesem Jahr sind es schon 8.500 Stunden. Das ist eine Sache, die ich nur empfehlen kann.
Das geht auch bis Rohr bzw. deswegen rede ich hier darüber. Ich hoffe, dass …
Die Redezeit ist um? Schade. Ich hoffe, dass dieses Modellprojekt Wurzeln in ganz Thüringen schlägt, und bitte um die Zustimmung zum Gesetz. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer am Livestream oder wo immer Sie uns verfolgen können, ich möchte berichten über den Vorgangsablauf bezüglich des Gesetzentwurfs der Landesregierung zum Thüringer Gesetz zur Inklusion und Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen sowie zur Änderung des Thüringer Beamtengesetzes so, wie es in Drucksache 6/6825 vorliegt.
Dieser Gesetzentwurf wurde am 1. März dieses Jahres in den Thüringer Landtag eingebracht und dort fand die erste Lesung statt. Dann gab es die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit, das ist der federführende Ausschuss, und auch an den Innen- und Kommunalausschuss sowie an den Gleichstellungsausschuss.
Im Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit wurde dieser Gesetzentwurf in drei Sitzungen, nämlich am 01.03., am 21.03. und am 06.06. beraten und dort wurde beschlossen, eine umfangreiche mündliche Anhörung durchzuführen. Diese Anhörung fand am 21. März statt. Vorher wurden 44 Anzuhörende vorgeschlagen, davon haben zwölf an der mündlichen Anhörung teilgenommen und 22 schriftliche Stellungnahmen lagen uns zur Beratung vor.
Es gab viel Zustimmung zu dem Gesetzentwurf, aber auch eine ganze Reihe Hinweise. Aus diesen Hinweisen ergaben sich für die Koalitionsfraktionen einige Änderungen zum Gesetzentwurf. Im Übrigen hat es auch ein Online-Diskussionsforum gegeben, das hat in der Zeit vom 5. März bis zum 29. März stattgefunden. Allerdings bleibt festzustellen, dass dort keine Beiträge eingegangen sind. Das finden wir ein bisschen schade.
Jetzt gibt es die Beschlussempfehlung zum Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen aus dem Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit, wie es am 06.06.2019 dort beschlossen wurde. Es liegen auch die Beschlussempfehlungen der mitberatenden Ausschüsse vor. Der Gleichstellungsausschuss hat dazu am 26.06. beraten und der Innen- und Kommunalausschuss am 27.06.
Zum Schluss bleibt festzustellen, dass die Annahme des Gesetzentwurfs mit den Änderungen der Koalitionsfraktionen durch alle drei Ausschüsse empfohlen wurde. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, so viel Einigkeit, so viel Freude und Enthusiasmus bei der
Debatte eines Gesetzes gibt es selten. Das liegt aber offensichtlich daran, dass sich der partizipative Arbeitsstil und Politikstil hier gerade in diesem Gesetz auch weiter fortsetzt, was wir ja an vielen Stellen im Land Thüringen versuchen umzusetzen.
Ja, als ältestes Mitglied meiner Fraktion und mit Blick auf eine künftige Lebenssituation kann ich nur bestätigen und zustimmen: Senioren wollen nicht nur abwarten, was für sie getan wird, sondern sie wollen selbst etwas tun, sie haben Ideen, Vorschläge, insbesondere die jungen Alten. Frau Meißner hat ja hier schon sehr charakteristisch von der neuen Sozialfigur – da gibt es ganze Bücher darüber – etwas ausgeführt. Ich will jetzt die einzelnen Dinge auch gar nicht noch mal wiederholen, denn das ist nicht nötig, das ist – glaube ich – in allen Redebeiträgen gesagt worden.
Von diesem „Kann“ zum „Muss“ kann ich nur sagen: Es ist konsequent, verbindliche Regelungen zu schaffen, denn wer es noch nicht getan hat, hat – glaube ich – eine Chance vertan, die Seniorinnen und Senioren in den Meinungsfindungsprozess, in den Entscheidungsfindungsprozess direkt mit einzubeziehen. Da geht es um weit mehr als nur um Pflege und Krankheit, sondern da geht es um Mobilität, da geht es um Wohnen, da geht es um Bildung auch für ältere Menschen. Wir reden ja nicht ohne Grund vom lebenslangen Lernen, und das tun sie auch. Insofern ist das eine spannende Sache. Ich finde auch sehr gut: „Hauptamt stärkt Ehrenamt“ – auch das ist angeklungen –, weil eine wissenschaftlich und fachlich fundierte Begleitung auch sehr notwendig ist. Das wird mit diesem Gesetz besser ermöglicht. Und ich finde es auch gut, dass der Kontext hergestellt wird zu dem Landesprogramm Solidarisches Zusammenleben der Generationen, ganz einfach weil sich auch bestimmte Verhältnisse verändert haben, demografische Verhältnisse, die Familiensituation in vielen Fällen. Insofern kann das nur eine Bereicherung sein.
Dem Dank an die Seniorenbeiräte, an die Seniorenbeauftragten, an den Landesseniorenbeirat schließe ich mich gerne an. Aber ich möchte natürlich auch sagen: Demokratie erfordert auch Mittun. Deswegen möchte ich Seniorinnen und Senioren im Land Thüringen sagen: Sie werden gebraucht, machen Sie mit, nutzen Sie die Möglichkeiten, die Politik auch bietet, die Raum schafft für aktives Tun. Insofern freue ich mich auch auf eine interessante weiterführende Debatte in den Ausschüssen.
Zum Schluss vielleicht – eine kluge Frau hat mal gesagt: „Die Fähigkeit, sich kurz zu fassen, verlängert das Leben um das Doppelte.“ Das wollte ich gern, dass das noch im Protokoll in diesem Landtag steht.
Einen schönen guten Morgen, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Besucher auf der Tribüne, liebe Mitsehende und Mithörende am Livestream! Ich gebe den Bericht aus dem Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie zum Antrag „Weitere Umsetzung einer zeitgemäßen, an der Lebenswirklichkeit von Menschen mit Behinderungen orientierten Inklusionsund Teilhabepolitik“. Das war der Antrag der Landesregierung in der Drucksache 6/6119 in der Neufassung.
Ich kann Ihnen sagen, dass der Antrag durch den Beschluss des Landtags in seiner 129. Plenarsitzung am 28. September 2018 an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit federführend überwiesen wurde. Dieser Ausschuss hat den Antrag mehrfach beraten, unter anderem in den Sitzungen am 25. Oktober, am 29. November, am 24. Januar und am 21. Februar. Wir haben beschlossen, dazu eine mündliche Anhörung durchzuführen, die hat auch stattgefunden, und zwar mit sieben Anzuhörenden und elf Stellungnahmen, die uns schriftlich vorgelegen haben. Darunter war auch, was uns besonders gefreut hat, die LIGA Selbstvertretung. Im Kern wurde eingeschätzt, dass es viele gute Maßnahmen und eine breite, transparente Erarbeitung gegeben hat und dass es jetzt darum geht, konsequent an der Umsetzung zu arbeiten. Besonders hervorgehoben wurde von allen Anzuhörenden, dass es jetzt darum geht, die personellen, finanziellen und sächlichen Ressourcen zur Umsetzung auch tatsächlich bereitzustellen.
Die Beratung und Beschlussempfehlung der mitberatenden Ausschüsse liegt uns auch vor, und zwar hat am 19. März der Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport entschieden und am 22. März der Ausschuss für Europa, Kultur und Medien, sodass ich Ihnen heute übereinstimmend sagen kann, die Beschlussempfehlung lautet: Der Thüringer Maßnahmenplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, Version 2.0, soll angenommen werden. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Meißner, ich versuche es auch noch mal ganz in Ruhe. Ich kann mich gleich an das anschließen, was Frau Pelke hier gesagt hat. Mein Problem oder unser Problem ist, Sie vergleichen Äpfel mit Birnen. Sie zündeln hier, Sie schüren hier Ängste, die völlig grundlos sind. Ich meine, es ist hier von allen Seiten noch mal gesagt worden: gleiches Recht für alle, beste Voraussetzungen. Da, wo Behindertenwerkstätten das bieten, ist das völlig korrekt, aber der Wille auch von Beschäftigten dort, in den regulären Arbeitsmarkt überzugehen, das muss ermöglicht werden. Und diese Zweifel, die Sie hier schüren, ob hier eine ehrliche Politik gemacht wird, die halte ich für völlig verfehlt, für kontraproduktiv und die treiben Menschen in ganz andere Richtungen.
Arbeit ist ein Menschenrecht – sehr gut. Das sagen wir hier. Teilhabe für alle soll möglich sein und natürlich muss es immer auch eine Weiterentwicklung geben. Der Ministerpräsident hat von Kompetenzzentren gesprochen. Ich sage seit langer Zeit: Wir wollen Behindertenwerkstätten die Möglichkeit eröffnen, echte Inklusionsunternehmen zu werden, so wie es auch viele andere schon im Land Thüringen gibt. Und wenn Sie hier ein Konzept der Landesregierung einfordern und jetzt in den Raum stellen, wir lehnen das ab, wir wollen das nicht – ich sage Ihnen, die Träger sind schon viel weiter. Die arbeiten nämlich schon an solchen Konzepten.
Und wer in der Kommunalpolitik aktiv ist, der weiß, wie sich Werkstatträte, wie sich Aufsichtsräte in Behindertenwerkstätten auch mit Vertretern aus der Kommunalpolitik genau dafür einsetzen, dass dort den Interessen der Beschäftigten besser Rechnung getragen wird.
In diesem Sinne noch mal: Hören Sie auf, hier die Ängste zu schüren! Wir alle setzen uns dafür ein, dass beste Voraussetzungen für Menschen mit Behinderungen und eine echte Teilhabe an Arbeit auch ermöglicht wird. Herzlichen Dank.
Herr Kellner, Sie haben von Anspruch und Wirklichkeit gesprochen. Glauben Sie denn wirklich, dass das im Selbstlauf passiert? Sie haben jetzt also verschiedene Fraktionen auf kommunaler Ebene benannt. Ein Blick auch in Ihre Fraktion zeigt ja, dass es im Alleingang offensichtlich nicht gelungen ist – auch der CDU nicht –, eine Gleichstellung paritätisch herzustellen, was die Besetzung der Plätze angeht. Meinen Sie nicht, dass Frauen, wenn man diese Brücke einer Quote nutzt, zeigen können, was sie draufhaben und dass das wirklich zu einer lebendigen Veränderung auch von Demokratie hier im Thüringer Landtag führen würde, wenn hier mehr Frauen sitzen würden?
Danke schön, Frau Präsidentin.
Abrissförderung neu überdenken
In der Tageszeitung „Freies Wort“ war Anfang des Jahres 2019 zu lesen: Damit dauerhaft leer stehende Häuser den Markt nicht blockieren, können Wohnungsunternehmen in Thüringen weiter auf Steuergeld für Abrisse setzen. Des Weiteren wird dargelegt, dass Wohnungsunternehmen sowohl über das Bund-Länder-Programm zum Stadtumbau als auch über die Thüringer Landesförderung bis zu 100 Prozent der Kosten für den Abriss von Wohnungen gefördert bekommen können, allerdings gedeckelt auf maximal 70 Euro pro Quadratmeter. Bekannt ist, dass die Kosten für Abriss und Entsorgung deutlich höher liegen und aus diesem Grund leer stehende Wohnblöcke nicht abgerissen werden können.
Ich frage die Landesregierung:
1. In welcher Höhe wurde im vergangenen Jahr 2018 in Thüringen der Abriss von wie vielen Wohnungen mit Landesmitteln unterstützt?
2. Werden bei zukünftiger Abrissförderung die unterschiedlichen regionalen Standortbedingungen wie Bautyp des Gebäudes und die vor Ort vorhandene Entsorgungssituation beachtet?
3. Ist vorgesehen, die bisherige praktizierte PoolLösung durch eine am Bedarf orientierte flexible Lösung zu ersetzen und die nach einer öffentlichen Ausschreibung ermittelten realen Kosten anzuerkennen?
4. Ist demnächst mit einer Anhebung der derzeitigen Förderhöchstgrenze von 70 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche für Abrisse im Rahmen des Stadtumbaus zu rechnen?
Herzlichen Dank für die Antworten. Nur eine kleine Nachfrage: Gehe ich recht in der Annahme, dass das im Herbst 2019 noch einmal auf die Tagesordnung gesetzt und neu diskutiert wird?
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auch am Livestream und auf der Tribüne, eine längere Debatte zu einem Antrag hier aus dem Thüringer Landtag liegt hinter uns. Der Antrag ist anders zurückgekommen, als er ursprünglich hier beraten wurde, und das ist gut so. Fachkräftegewinnung ist neben Globalisierung, demografischer Entwicklung sowie Fragen von Digitalisierung, Automatisierung und Klimaschutz eine der wichtigsten Herausforderungen in der Gegenwart und vor allen Dingen für Thüringens Zukunft.
Wie wir wissen, belegt eine Studie vom Zentrum für Sozialforschung Halle, die die Thüringer Landesre
gierung in Auftrag gegeben hat, dass bis zum Jahr 2030 rund 344.000 Fach- und Arbeitskräfte benötigt werden. Das müssen nicht alles neue sein – so einen Sprung von der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze gibt es nicht –, aber über 260.000 Menschen gehen in Rente. Betroffen sind alle Bereiche, insbesondere die Sozialwirtschaft, aber auch im Handwerk, in der Industrie – überall werden gut qualifizierte Fachkräfte gebraucht.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch eines feststellen: Nicht weil zu wenig ausgebildet und qualifiziert wird, fehlen Fachkräfte. Es fehlen die Menschen. Der kräftige Aderlass von Thüringen, wo Menschen abgewandert sind, tut jetzt seine Wirkung. Und besonders vor dem Hintergrund des demografischen Rückgangs der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und der jetzt erfreulicherweise seit Jahren anhaltenden positiven wirtschaftlichen Entwicklung gewinnt diese Frage der Fachkräftesicherung an Bedeutung.
Die Digitalisierung der Betriebe und der Produktionsprozesse verändern die Arbeitswelt nachhaltig strukturell. Wir sind mitten dabei und werden in Zukunft noch viel mehr zu erwarten haben. Für die Bewältigung der strukturellen Veränderungen braucht es insbesondere eine grundlegende Qualifizierung und Weiterbildung der Fachkräfte und vieler weiterer Maßnahmen in den Betrieben, um den Anpassungsanforderungen zu genügen. Und wir brauchen in diesem Prozess Konzepte, um der vorhandenen tiefen Spaltung des Arbeitsmarkts entgegenzuwirken. Was meine ich damit? Auf der einen Seite hoch qualifizierte Fachkräfte und Kernbelegschaften und auf der anderen Seite gering Qualifizierte als Hilfsarbeiter – wir brauchen jede und jeden und wollen ihnen auch eine gute Perspektive und Zukunft ermöglichen.
Wir haben uns in den letzten Monaten im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Gesundheit sehr intensiv mit diesen Fragen beschäftigt und – meine Kollegin hat es schon gesagt – in einer umfangreichen Anhörung mit Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften, Wissenschaft und Verwaltung die Diskussion dazu geführt. Es gibt keine einfache Antwort, wie wir diesen Herausforderungen gerecht werden wollen. Es ist ein Mosaik von Maßnahmen, und das, glaube ich, spiegelt sich hier auch in diesem Antrag wider. Im Kern geht es um ein modernes und attraktives Thüringen. Wir haben dafür gute Voraussetzungen und wollen auch viele Menschen gewinnen, um das weiter fortzusetzen.
Um es kurz zusammenfassend zu sagen: Wir stellen damit die Weichen, um Fachkräfte zu gewinnen, sie auszubilden und vor allen Dingen auch zu halten. Wir liefern mit diesem umfassenden Antrag ei
nen Vorschlag für komplexe strukturelle Veränderungen und wir wollen hier vor allen Dingen die duale Ausbildung stärken, die Weiterbildung von Fachkräften ankurbeln und für gute Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne sorgen.
Vielleicht zu einigen wichtigen inhaltlichen Fragen: „Duale Berufsausbildung fördern“ ist der erste Schwerpunkt. Das beginnt natürlich in der Schule. Und wir können schon mal sagen, ohne dass das jetzt im Detail hier drinsteht: In dem Schulgesetzentwurf, der vorgelegt wurde und sich in der Diskussion befindet, spielt die berufliche Orientierung eine ganz entscheidende Rolle, und das ist gut so.
Wir wollen mit unserem Antrag die duale Berufsausbildung fördern und stärken. Dabei sollen die individuellen Bedürfnisse der Auszubildenden angemessen berücksichtigt werden. Zu stärken sind auch die Attraktivität der dualen Ausbildung und die Weiterbildung und Qualifizierung von Fachkräften in den Betrieben selbst. Ein entscheidender Faktor für junge Menschen für den Entschluss, ein Ausbildungsverhältnis einzugehen, ist die Erreichbarkeit von Ausbildungsstätten. Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass mit der Einführung des Azubi-Tickets dafür auch ein guter Schritt durch Rot-Rot-Grün gegangen wurde.
Wenn wir hier die Stärkung der dualen Ausbildung besonders hervorheben, ist das sicherlich richtig. Wir wollen damit aber auch sagen, dass es keine Gegenüberstellung von Studium und dualer Ausbildung geben muss. Beides ist wichtig und notwendig. Aber in unseren Unternehmen gibt es viele Möglichkeiten der Ausbildung für Facharbeiter.
Fachkräfteentwicklung als Wirtschaftsfaktor ist der nächste große Punkt und hier haben wir viele Anregungen, gerade auch vonseiten der Wissenschaft bekommen. Ich denke hier besonders an Prof. Dr. Dörre von der Friedrich-Schiller-Universität, der uns noch mal eindrücklich darauf hingewiesen hat, dass wir einen umfassenden Dialog in Thüringen über Arbeit, Ausbildung und Leben auf den Weg bringen sollten, viele Menschen in diese Diskussion einbringen müssen und das nach Möglichkeit mit wissenschaftlicher Begleitung. Der DGB-Index für gute Arbeit ist für uns ein Dreh- und Angelpunkt; höhere Löhne, gute Arbeitsbedingungen und intelligente Arbeitszeiten gehören zum Kern der modernen Arbeitswelt.
Einen bedeutenden Beitrag, meine Damen und Herren, zur wirtschaftlichen Entwicklung leisten in der Tat kleine und mittelständische Unternehmen. Wenn man dort in diese Unternehmen geht, dann
spürt man – das sagen viele von ihnen selbst –, dass das Niedriglohnland Thüringen nachwirkt, weil wir viel zu oft verlängerte Werkbank für Unternehmen mit dem Firmensitz in den alten Bundesländern oder irgendwo in der Welt sind. Deswegen muss man auch gemeinsam dafür sorgen, dass dieses Image „Niedriglohnland“ tatsächlich überwunden wird und dass man hilft, zu besseren Löhnen zu kommen. Das kann man am besten, indem man Gewerkschaften, Betriebsräte stärkt, denn da liegen auch ganz klar die Erfahrungen,
dass im Zusammenwirken der Sozialpartner bessere Löhne gezahlt werden.
Zur Frage der Sozialwirtschaft, großes Thema: Wir haben heute schon, das wissen alle, Schwierigkeiten bei der Deckung des Fachkräftebedarfs, nicht nur in der Pflege, sondern auch in der medizinischen Versorgung, in der Kindererziehung und auf vielen anderen Gebieten der Sozialwirtschaft. Um diesen Mangel zu beheben, brauchen wir eine allgemeine Aufwertung dieser Berufsstände. Wir müssen mehr junge Menschen für diese Berufe begeistern. Und das ist letztendlich nur möglich, wenn wir auch wirklich gute Arbeitsbedingungen schaffen und ordentliche Löhne beispielsweise in der Pflege zahlen. Wie schwer es ist, das auch umzusetzen, auch in der Gegenwart, selbst wenn Unternehmen sehr daran interessiert sind, lassen Sie sich mal von meinem Kollegen Kubitzki erklären. Der kann viel dazu sagen, denn er hat in seinem Betrieb dafür gesorgt, dass die Löhne für die Beschäftigten deutlich hochgesetzt werden konnten. Wir wollen in diesem Bereich eine Kampagne „Gute Arbeit“ starten, die gerade darauf abzielt, die Tarifbindung und auch die betriebliche Mitbestimmung in der Sozialwirtschaft zu stärken.
Zu den positiven Lohnentwicklungen in den letzten Jahren ist schon viel gesagt worden, dennoch haben wir die längsten Arbeitszeiten und liegen in der Aufholjagd bei der Lohnentwicklung immer noch nicht vorn. Deswegen müssen wir hier auf jeden Fall zulegen, übrigens auch durch die Verbesserung von Arbeitsbedingungen in den Unternehmen selbst. Wenn immer mehr Ältere in den Betrieben, in den Unternehmen tätig sind, muss man darauf Einfluss nehmen, dass Arbeit und Gesundheit einen höheren Stellenwert bekommen. Auch die Fragen des Arbeitsschutzes stellen wir in den Mittelpunkt. Die zuständige Behörde, das Amt für Arbeitsschutz, ist dort tätig und hilft bei Gefährdungsbeurteilungen, bei hinreichenden Kontrollen. Aber, meine Damen und Herren, wir wollen auch in Zukunft dafür sorgen, dass für die Möglichkeiten des Gesundheits- und Arbeitsschutzes die entsprechen
de Personalausstattung bereitsteht, und wollen Kürzungen auf diesem Gebiet nicht zulassen.
Wir können keinen Zuzug von Fachkräften erwarten, ohne dass sich die Arbeitsbedingungen verbessern. Hier ist in der Vergangenheit viel über prekäre Beschäftigungen gesprochen worden. Das will ich an dieser Stelle lassen. Ich will ein paar Bemerkungen zum Thema „Leiharbeit“ machen; das ist mir schon sehr wichtig, weil sich, glaube ich, auf dem Gebiet etwas verändert hat. Denn wenn die Entleihfirmen Leiharbeiter vor Ablauf der Verleihfrist übernehmen und einstellen, müssen sie Ablösegebühren zahlen. Das kann bis zu 5.000 Euro gehen, das ist vertraglich vereinbart. Das eigentliche Ziel aber ist, dass Leiharbeiter nur für zusätzliche Produktionsspitzen bereitstehen und ihren Platz letztendlich auch in ordentlichen Arbeitsverträgen in den Unternehmen finden sollen. Deswegen, denke ich, ist es unbedingt notwendig, hier in Zukunft etwas zu tun.
Leiharbeiter sind vor allen Dingen – das zeigt sich in den letzten Jahren – auch ausländische Fachkräfte bzw. Menschen, die uns hier zugewandert sind. Jeder weiß, dass wir die künftige Fachkräftesicherung nicht erfolgreich bestehen werden – das sagt auch die Wirtschaft selbst –, wenn wir nicht Zuwanderung zulassen, Zuwanderung aus dem europäischen Ausland, aber auch von Drittstaaten. Deswegen wollen wir – das steht in unserem Antrag –, die Thüringer Agentur für Fachkräftegewinnung um den Bereich ThAFF International erweitern, sie entsprechend umbauen.
Ich darf an die vietnamesischen Fachkräfte erinnern, die mit Unterstützung der Kammern hier in Thüringen arbeiten. Aber deswegen muss man vielleicht an dieser Stelle noch mal betonen, dass das, was auch von Thüringen ausgeht in Richtung „Spurwechsel“, dass wir Menschen, die hier schon da sind, die schon integriert sind, nicht abschieben, sondern sie hier als künftige Facharbeiter brauchen.
Wir wollen gute Arbeits- und Lebensverhältnisse in Thüringen, wir wollen Gerechtigkeit und Mitbestimmung, wir setzen auf Solidarität und Mitmenschlichkeit statt auf Spaltung und Diskriminierung. Wir denken, dass wir mit dem vorliegenden Antrag die Voraussetzungen schaffen, um einen neuen Schritt in Richtung „Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse für die Zukunft“ zu gehen, und dass wir unser Land Thüringen so weitergestalten, dass es interessant und attraktiv ist, hier tätig zu werden. Die Zukunft, meine Damen und Herren, kann man am besten voraussagen, wenn man sie selbst gestaltet. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu diesem Antrag. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Besuchertribüne, „Missbrauch von Leiharbeit in Thüringen unterbinden – Hartz IV durch Mindestsicherung ersetzen“ – schon wieder wird mancher sagen, nicht nur weil Weihnachten ist und etliche Leute da ihr
soziales Herz entdecken. Wir als Linke meinen, die Zeit ist reif, genau darüber zu sprechen. Denn mit der Einführung von Hartz IV vor 14 Jahren wurde prekäre Beschäftigung auch bei uns in Thüringen hoffähig. Das hat die Gesellschaft, das hat die Arbeitswelt gespalten und Armut trotz Arbeit hervorgebracht. Aufstocker – das sind in Thüringen über 30.000 Menschen – ist das geflügelte Wort dafür.
Jedes fünfte Kind wächst in Armutsfamilien, Armutsverhältnissen auf. Darüber hilft auch die gute Arbeitslosenstatistik – die Zahlen nenne ich jetzt nicht, die sind allseits bekannt – nicht hinweg, denn viele Menschen wenden sich frustriert von demokratischer Politik ab. Wir meinen, das ist sehr gefährlich. Es ist höchste Zeit, diesen Menschen die Hand zu reichen, ihre Lebenssituation zu begreifen, würdevolle Beschäftigungsbedingungen und ein Leben ohne Armut zu ermöglichen.
Lassen Sie mich das ganz aktuell sagen: Das muss uns niemand auf der Straße entgegenschreien. Wir wissen, dass Korrekturen längst überfällig sind. Wir freuen uns darüber, dass Bewegung in die Sache gekommen ist, und wir hören, was Andrea Nahles, was Habeck von den Grünen dazu sagten. Wir haben auch die Beschlüsse auf ihren Parteitagen verfolgt. Deswegen wollen wir gar nicht ins Gestern schauen sondern in die Zukunft und wollen fragen: Wie kann man jetzt gemeinsam Lösungen herbeiführen?
Das Ziel unserer Aktuellen Stunde ist, dass die Fraktion Die Linke die Landesregierung und die Koalitionspartner auffordert, dazu mit einer Bundesratsinitiative konkrete Vorschläge zu unterbreiten, um die Diskussion für die Zukunft des Sozialstaats zu befördern und außer Reden letztendlich den Menschen eine konkrete Alternative aufzuzeigen. Wir brauchen einen Sozialstaatsdialog.
Wir nehmen das heute zum Anlass und auch als Auftakt, zwei Vorschläge zu unterbreiten, die weiter in die Diskussion gebracht werden sollen. Wir wollen erstens den Vorschlag erneuern, Leiharbeit auf das zurückzuführen, was es war, nämlich kurzfristige Personalengpässe und Auftragsspitzen abzufedern. Und wir wollen zweitens das Zwangssystem Hartz IV durch eine Grundsicherung ohne Sanktionen, die existenzsichernd ist und nicht Armut hervorbringt, ersetzen. Beides steht in engem Zusammenhang, denn Leiharbeit ist prekäre Beschäftigung. Sie hat sich in den letzten Jahren im Osten verdoppelt, bundesweit beträgt die Zunahme seit 2006 65 Prozent. Leiharbeit in Thüringen ist mit 3,9 Prozent aller Beschäftigten besonders hoch.
Bei Hartz IV haben wir es so zu verzeichnen, dass über 100.000 erwerbsfähige Thüringerinnen Arbeitslosengeld II erhalten. Wir haben 77.000 Bedarfsgemeinschaften mit über 172.000 Personen.
Das ist weniger geworden, aber das ist immer noch zu viel. Das muss geändert werden und deswegen soll aus Sicht der Linken eine Grundsicherung diskutiert werden, die schon heute möglich wäre. Wir orientieren uns dabei an der Armutsrisikogrenze. Die liegt gegenwärtig bei 1.170 Euro. Überfällig sind Sanktionen und Arbeitszwang, beides steht für eine Misstrauenskultur, die nicht zu einer modernen und offenen Gesellschaft passt. Deswegen setzen wir auf Freiwilligkeit auch bei Arbeitsmarktmaßnahmen.
Unbedingt durchgesetzt werden soll eine Kindergrundsicherung. Ich sage Ihnen auch: Wenn das nicht so schnell möglich ist, dann sollten wir uns dafür einsetzen, dass wenigstens das Kindergeld nicht auf Hartz IV angerechnet wird und damit auch eine Gleichheit mit allen anderen Familien und Personen in Thüringen hergestellt wird.
Nehmen Sie das als Angebot, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir wünschen uns, dass unsere Koalitionspartner mit uns gemeinsam darüber diskutieren und die Bundesratsinitiative einbringen. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sie haben gerade die Überschrift der Aktuellen Stunde genannt: Ein Schritt in die richtige Richtung, aber notwendig wären 12 Euro mindestens. Das ist für uns Botschaft und Forderung zugleich. Aber Forderung ist eben das eine – das sagen wir ja nicht das erste Mal hier – und Realität das andere.
Warum ist das so aktuell und warum diskutieren wir das hier und sagen „12 Euro“? Die Linksfraktion im Deutschen Bundestag hat die Bundesregierung in einer Kleinen Anfrage gefragt, wie ein Mindestlohn aussehen müsste, damit man nach 45 Arbeitsjahren nicht in Grundsicherung im Alter fällt. Die Antwort der Bundesregierung: 12,63 Euro. Und das muss aus unserer Sicht der Maßstab sein.
Nun hat es in der letzten Woche andere Entscheidungen gegeben. Ich will noch einmal ganz kurz zusammenfassen, wie der Stand der Dinge ist. Sie wissen, seit 01.01.2015 gilt auch in Deutschland der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn. Los ging es mit 8,50 Euro. Dann wurde er erhöht, wie gesetzlich durch eine Mindestlohnkommission festgelegt. Zum 01.01.2017 beträgt er 8,84 Euro. Jetzt hat die Mindestlohnkommission planmäßig wieder getagt und im Juni 2018 empfohlen, den gesetzli
chen Mindestlohn in zwei Schritten zu erhöhen, nämlich zum 01.01.2019 auf 9,19 Euro und zum 1. Januar 2020 auf 9,35 Euro. Die Bundesregierung ist diesem Vorschlag per Verordnung gefolgt. Und just in dem Moment, als die Bundesregierung das beschlossen hatte, schrieb der Finanzminister Olaf Scholz, gleichzeitig Mitglied im Bundesvorstand der SPD, dass er 12 Euro für sehr angemessen hält. Stefan Körzell vom DGB-Bundesvorstand sagt als Reaktion darauf: Warum spitzt der Vizekanzler nur die Lippen und pfeift nicht – 12 Euro hätte er ja durchsetzen können? Nun ist Stefan Körzell allerdings auch Mitglied der Mindestlohnkommission und da sucht die Katze sozusagen den Schwanz. Entschuldigen Sie, verehrte Damen und Herren, ich wundere mich nicht, dass viele Menschen in Deutschland, auch in Thüringen, ihr Vertrauen in Politik nicht mehr so gewahrt sehen. Wir werden zwar morgen über Akzeptanz und Vertrauen in Parteien reden, das muss ich jetzt hier nicht machen zu diesem Thema, aber ich glaube, dass es nottut, das immer wieder zu diskutieren. Denn wenn wir wissen, dass es Menschen gibt, die an der positiven wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland kaum partizipieren – bei den Erhöhungen geht es um Cent und nicht um Euro –, dann ist das aus meiner Sicht auf der einen Seite eine Entwertung von Arbeit. Das ist demütigend für die Menschen, die es betrifft, und das schürt Angst. Wir alle machen uns Gedanken, wie bestimmte Entwicklungen hier in Deutschland ablaufen.
Dennoch ist es gut, dass sich die Stimmen für einen höheren Mindestlohn mehren. Ich glaube, wir müssen da mehr Gemeinsamkeit und mehr Kraft, damit wir diesem Ziel eher gerecht werden, in den Mittelpunkt stellen. Denn die Anhebung des Mindestlohns ist aus unserer Sicht unerlässlich, nicht nur, damit die Leute sofort mehr in der Tasche haben, es hilft auch, das Lohnniveau insgesamt anzuheben. Das haben wir ja erlebt, als der Mindestlohn eingeführt wurde, dass dort ein Niedriglohn auch aktiv bekämpft wird. Die Menschen brauchen eine bessere Entlohnung, denn das wirkt sich auch auf die Stärkung der Kaufkraft und der Konsumnachfrage und letztlich auch auf ein positiveres Wirtschaftswachstum aus.
Zum Schluss: Wir bekräftigen diese Forderung.
Ja, ich habe es gesehen. – Im Grunde genommen geht es darum, das, was erkannt ist, letztendlich umzusetzen. Es genügt nicht zu wollen, man muss auch tun – Johann Wolfgang von Goethe. Danke.
Herr Staatssekretär, gehe ich recht in der Annahme, dass der Ordnungsbehörde schon bekannt sein muss, dass es sich dort um ein ganz sensibles Gebiet handelt, wo die Anmeldung erfolgt ist und wäre es in dem Zusammenhang nicht richtig gewesen, dort tiefgründiger den Straßenzug und alles,
was damit in Zusammenhang steht, zu prüfen? Ist das erfolgt?
Danke, Frau Präsidentin.
Anwendung des gesetzlichen Mindestlohns in Thüringen
Die Zollbehörde ist eine moderne Bürger- und Wirtschaftsverwaltung des Bundes. Sie hat den Auftrag, Kontrollen zur Einhaltung und Umsetzung des Mindestlohngesetzes durchzuführen. Konkret fragen die Beamten die Mitarbeiter, wie viel Geld sie pro Stunde verdienen und wie viele Stunden sie im Monat arbeiten. Diese Daten werden dann mit der Buchhaltung der Unternehmen abgeglichen. Zurzeit liegt der Mindestlohn bei 8,84 Euro brutto pro Stunde.
Der Presse war zu entnehmen, dass der deutsche Zoll am Dienstag, den 11. September 2018, mit rund 6.000 Fahndern eine zweitägige Aktion gestartet hat, um Mindestlohnbetrüger aufzuspüren. Immer wieder stehen einzelne Unternehmen in den Branchen, wie Bau-, Fleisch-, Reinigungs- und Gastgewerbe, im Verdacht, den gesetzlichen Min
destlohn von 8,84 Euro pro Stunde zu umgehen. Die Beschäftigten verdienen also weniger Geld, als ihnen zusteht.
Ich frage die Landesregierung:
1. Liegen der Landesregierung Informationen vor, in welchem Umfang – betrifft Personaleinsatz, Zeitraum, Anzahl der kontrollierten Unternehmen – sich der Zoll in Thüringen an den bundesweiten Kontrollen zur Umsetzung des Mindestlohngesetzes beteiligt hat?
2. In welchen Wirtschaftsbereichen ist die Umsetzung des Mindestlohnes besonders schwierig?
3. Liegen der Landesregierung Ergebnisse der Mindestlohnkontrollen in Thüringen vor?
4. Wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus den vorgelegten Ergebnissen?
Herzlichen Dank.
Ja. Zunächst herzlichen Dank für die Beantwortung. Ich habe eine Frage: Hat die Landesregierung über die offizielle Kontrollinstanz des Bundes, was ja der Zoll ist, eigene Möglichkeiten, Informationen über die Umsetzung des Mindestlohns in Thüringen zu erlangen und – wenn ja – welche?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Thüringen hat die längsten Arbeitszeiten und mit die niedrigsten Löhne. Das stimmt uns nicht froh, aber das waren die Schlagzeilen der letzten Tage, und das bringen auch die neuesten Zahlen des Bundesamts für Statistik und der Arbeitsagentur zum Ausdruck. Um es gleich vorwegzusagen: Ja, die Löhne sind auch in Thüringen gestiegen, und zwar überdurchschnittlich, mehr als anderswo. Minister Tiefensee – war nachzulesen – sprach von einem Plus von 26,8 Prozent seit 2010. Gut so, das ist mehr als ein Viertel in den letzten acht Jahren.
Deswegen heißt unsere Aktuelle Stunde auch: Aufholjagd für gute Arbeit und gerechte Löhne – und da sind wir dabei. Zum Glück wird schon lange nicht mehr mit Thüringen als Niedriglohnland geworben wie zu Zeiten der CDU-Alleinregierung. Das niedrige Lohnniveau in Thüringen ist aber immer noch eine direkte Folge dieser verheerenden Billiglohnstrategie. Gleichzeitig spiegeln sich hier auch die fatalen wirtschaftspolitischen und strukturellen Fehlentscheidungen nach der Wende wider, die auch mit dem Instrument der treuhandbetriebenen großflächigen Deindustrialisierungspolitik durchgesetzt wurden.
Thüringen ist heute ein attraktiver Standort mit hoher Lebensqualität. Das hat uns auch die IHK Südthüringen bestätigt, nämlich dem Ausschuss für Arbeit, Soziales und Gesundheit in ihrer Stellungnahme zur Anhörung zur Fachkräfteentwicklung schriftlich mitgeteilt. Sie schreibt dann aber weiter: „Regelmäßige Kampagnen, die Thüringen als Niedriglohnstandort diffamieren, sind daher kontraproduktiv.“ Ja, meine Damen und Herren – oder besser gesagt: Nein, meine Damen und Herren, eine neue Kampagne zur Diffamierung ist das nicht. Aber wir sind schon verpflichtet, auch als Parlamentarier, zu sagen, was ist. Denn von den Lohnzuwächsen profitieren leider eben eine Reihe von Beschäftigten nicht, darunter vor allem auch viele Frauen. Richtig ist: Es gibt einerseits viel Arbeit, es gibt steigende Löhne und zum Teil auch attraktive Arbeitsbedingungen. Aber andererseits ist es noch nicht gelungen, die sozialen Unterschiede und damit auch
Ängste abzubauen. Das wird eine Aufgabe der nächsten Zeit sein.
Zweierlei ist wichtig, zur Kenntnis zu nehmen: Im Osten wird im Schnitt 67 Stunden im Jahr mehr gearbeitet als im Westen. In Thüringen war das 2017 mit 1.371 Stunden die Zeit, wo am längsten gearbeitet wurde. Zugleich lagen die Jahresbruttolöhne je Arbeitnehmer im Westen mit 35.084 Euro im Durchschnitt fast 5.000 Euro höher als in den neuen Ländern. Fakt ist: Der monatliche Bruttolohn beträgt in Thüringen im Durchschnitt 2.459 Euro, im Jahresdurchschnitt sind das 28.728 Euro. Da werden manche sagen: Ich wäre froh, wenn ich das hätte. Ich will mir aus Zeitgründen die Zahlen der anderen Bundesländer hier ersparen, wir liegen ziemlich weit unten.
Was also tun, um Lebensqualität, gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West und auch Fachkräftesicherung in Zukunft besser zu gestalten?
1. Der Tarifflucht und der Tarifabstinenz müssen wir ein Ende setzen. Das können wir hier aber nicht beschließen.
Aber weniger als 25 Prozent aller Unternehmen in Thüringen sind tarifgebunden und das ist auf die Dauer nicht haltbar. Da gibt es dringenden Handlungsbedarf.
2. Wir Linken bleiben bei unserer Forderung nach einem höheren Mindestlohn von 12 Euro.
3. Wir wollen die Aufholjagd bei Löhnen und Gehältern mit gemeinsamen Anstrengungen von Politik, Wirtschaft und den Gewerkschaften verbessern. Deswegen sage ich auch die Botschaft an die Beschäftigten: Organisiert euch in Gewerkschaften, stärkt eure Betriebs- und Personalräte. Wir sind eure Partner, denn wir brauchen den gemeinsamen Kampf für faire Arbeitsbedingungen und bessere Löhne in Thüringen! Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, „Endlich!“ hat Frau Pelke gesagt, jetzt ist das Gesetz parlamentarisch auf den Weg gebracht. Und ich kann namens meiner Fraktion kurz und bündig sagen: Das Gesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung. Zeit wird es. Gewerkschaften haben gesagt: überfällig. Aber es ist auf jeden Fall ein Schritt dahin, dass man die Frage der Arbeitszeit und vor allen Dingen – und das sagen wir auch schon lange – die freie Entscheidung des einzelnen Menschen, wie lange, wo und wie er oder sie arbeiten möchte, in den Mittelpunkt stellt.
Ich will vielleicht auch aufgrund der interessanten Diskussion noch mal eines sagen: Arbeit und Leben sind keine Gegensätze, sondern Arbeit ist Teil des Lebens, Familie ist Teil des Lebens und Kinder sollten zu unserem Leben dazugehören. Insofern spielt die Frage der Arbeitszeit und der freien Verfügbarkeit darüber auch in Zukunft, denke ich, eine immer größere Rolle. Wenn wir uns das aber gegenwärtig anschauen, dann kann von freier Entscheidung in vielen Fällen nicht gesprochen wer
den. Das ist leider noch nicht so, denn es gibt diese Teilzeitfalle eben noch, weil es kein Recht auf Vollzeit gibt. Ich glaube, beide Elemente, sowohl der Wille, in Vollzeit tätig zu sein, als eben auch verkürzt zu arbeiten, sind wichtige Fragen.
Es ist hier schon gesagt worden, was das neue Gesetz, das ab 01.01.2019 gelten soll, sagt: Diese Brückenteilzeit kann man in einem Zeitraum von einem bis fünf Jahren eingehen, um dann wieder zurück in Vollzeit zu kommen. Unsere Kritik als Linke besteht darin, dass es nur einen bestimmten Teil von Menschen, von Beschäftigten betreffen wird, also Menschen, die in Betrieben mit über 45 Beschäftigten tätig sind, dann auch mit Einschränkungen, 1 zu 15 sage ich nur; und in Betrieben mit über 200 Beschäftigten wird es ohne Beschränkungen gelten. Aber bundesweit werden 15 Millionen Menschen nichts davon haben, so auch die vielen Frauen, die gerade in Thüringen in Teilzeit arbeiten.
Wenn man sich die Zahlen hier anschaut, ich will einen ersten Fakt nennen: Wir haben laut Landesamt für Statistik etwa 82.600 Unternehmen, davon sind nur 2.000 mit über 50 Beschäftigten. Das ist natürlich sehr wenig.
Ein zweiter Fakt: Teilzeit, auch das wurde schon gesagt, hat zugenommen. Nun hat keiner etwas gegen Teilzeit, weil es auch Freiräume schafft. 27 Prozent aller Beschäftigten arbeiten in Thüringen in Teilzeit, 82 Prozent Frauen, das hat Frau Pelke jetzt auch noch mal gesagt. Jeder vierte Beschäftigte arbeitet in Teilzeit. Es sind auch die Bereiche hier noch mal besonders benannt worden: im Gesundheitswesen, in der Pflege, in der Erziehung, im Handel, in der Gastronomie, wo also Teilzeit sehr vordergründig ist. Ich rede gar nicht von den 116.000 Minijobbern und vor allem -jobberinnen, die es gibt. Gleichermaßen sagt aber auch die Statistik, dass etwa 10 Prozent der Frauen, die in Teilzeit beschäftigt sind, auch gern eine Vollzeitstelle wollen und die nicht finden. Das, meine Damen und Herren, ist oft auch eine finanzielle Frage.
Deswegen würde ich als dritten Fakt noch einmal die Lohnfrage hier ansprechen, obwohl es auch in Thüringen vorwärtsgegangen ist, wir – Gott sei Dank! – Thüringen als Niedriglohnland zumindest von der Öffentlichkeit her überwunden haben. Aber es ging vor einiger Zeit die Meldung durch die Medien, dass bundesweit insgesamt 3,7 Millionen Menschen weniger Verdienst haben als 2.000 Euro. Das betrifft im Westen 14,7 Prozent der Beschäftigten,
im Osten 31,2 Prozent und in Thüringen sind es 34. Für die wird es dann auch ein Gewinn sein, in Vollzeit zu gehen, wenn sie den Rechtsanspruch haben. Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte als Berichterstatterin Folgendes sagen: Der Antrag der Koalitionsfraktionen „Armut bekämpfen – Armutsprävention stärken“ in Drucksache 6/2931 wurde im Mai 2017 in den Landtag eingebracht. Hier erfolgte dann die Debatte zum Antrag und wir konnten am 04.05. eine Regierungserklärung der zuständigen Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Heike Werner, hören und diskutieren. Der Antrag wurde an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit überwiesen. Das war gleichzeitig auch der federführende Ausschuss. Mitberatend waren der Gleichstellungsausschuss und der Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport.
Im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Gesundheit fanden insgesamt sechs Ausschussberatungen statt, um sich gründlich mit dem Thema zu beschäftigen. Wir haben eine mündliche Anhörung beschlossen, einen umfangreichen Fragenkatalog schriftlich erstellt. Der wurde dann sowohl schriftlich als auch mündlich beantwortet. Zu der Anhörung waren 42 Anzuhörende eingeladen, die haben auch den Fragenkatalog bekommen. Es wurden 25 Stellungnahmen abgegeben. Die Anhörung selbst fand in der Sitzung am 26. Oktober des vergangenen Jahres statt. Dort haben neun Vertreterinnen und Vertreter teilgenommen.
Dankenswerterweise wurde durch die Landtagsverwaltung, also durch den Wissenschaftlichen Dienst
des Landtags, eine gründliche und umfangreiche Synopse erarbeitet und im März 2018 in Vorlage 6/3716 zur Verfügung gestellt. Das ist ein sehr interessantes Material von 88 Seiten.
Deutlich wurde durch die vielen konkreten Stellungnahmen sozialer Vereine und Verbände, von Kirchen, von Landesgremien und Wissenschaftlern, dass dieses Thema auch in Thüringen eine große Bedeutung hat. Kurzgefasst liegt der Schlüssel für gelingende Armutsprävention – so viel wurde deutlich – in eigenem Einkommen durch Arbeit, in guter Bildung von Anfang an und einem niedrigschwelligen Angebot von Beratung und Begleitung von Familien.
Die abschließende Beratung des federführenden Ausschusses fand in der Sitzung am 19. April dieses Jahres statt. Die Beschlussempfehlung liegt Ihnen vor und lautet: Erledigung der Nummer 1 des Antrags – das waren die Berichterstattung und die Regierungserklärung – und Annahme der Nummern 2 und 3 des Antrags. Gleiches gilt für die mitberatenden Ausschüsse, die haben auch ihre Beschlussempfehlungen abgegeben, die vom Gleichstellungsausschuss, datiert vom 16.05., empfiehlt die Annahme der Nummern 2 und 3 und die Empfehlung vom Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport, datiert vom 15.05., mit gleichem Inhalt. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Thema „Fachkräfte“ ist in aller Munde. Wir haben ja heute schon in mehreren Stunden unter verschiedenen Ansätzen darüber diskutiert und wir werden das auch in Zukunft weiter tun. Insofern will ich mal sagen: Herr Bühl, der Frust ist aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt, wenn wir gemeinsam, und zwar in sehr komplexer Form, über die Zukunft von Thüringen, die Zukunft von Arbeit in Thüringen, von Wirtschaft in Thüringen und die Zukunft von Fachkräften in Thüringen reden und dort unsere Strategie vervollkommnen, denn der Kampf um die Köpfe, nicht nur in Thüringen, sondern in der Bundesrepublik, in Europa, ja, man kann sagen weltweit, ist eigentlich schon länger entbrannt.
Es ist gut, dass die Studie vom Zentrum für Sozialforschung in Halle vorliegt. Es ist auch nicht die erste Studie für Thüringen. Wir können aber daraus entnehmen, dass es erstens derzeit so viele Arbeitsplätze und sozialversicherungspflichtige Beschäftigte gibt, wie es sie in Thüringen noch nie gegeben hat, nämlich über 800.000. Fast 40 Prozent der Beschäftigten sind älter als 50 Jahre. Daraus ergibt sich natürlich die Frage des Ersatzes und auch die Frage, welche Arbeitsplätze in Zukunft notwendig sind, auch entsprechend besetzt zu werden. Also in der Summe – das ist hier schon gesagt worden – brauchen wir 344.000 Menschen/Fachkräfte, in der letzten Studie waren das nur 280.000. Darüber kann man auch mal nachdenken.
Ich fand die Analyse des Bildungsstands des vorhandenen Arbeitskräftepotenzials interessant, weil das nämlich auch etwas aussagt: Wir haben 74 Prozent Facharbeiter, wir haben 13 Prozent Akademiker und nur 6 Prozent ohne Berufsabschluss. Ob das immer passend ist, ist dann eine andere Frage, aber das ist unser vorhandenes Potenzial und wir stehen natürlich auch nicht bei null. Verschiedene Akteure, natürlich auch mit verschiedenen Interessen, stellen sich den Herausforderungen; wir stehen da nicht bei null, aber wir müssen es komplexer machen. Insofern ist das, was in dem Antrag der CDU steht und in der Anhörung entstanden ist, nicht sozusagen in den Papierkorb zu schmeißen, sondern wird für die weitere Debatte, die hoffentlich auch in die Gesellschaft und zu den Akteuren hineinstrahlt, weiterhin eine Rolle spielen.
Ich will nur mal sagen – das wissen auch alle –, dass wir eine Thüringer Allianz für Berufsbildung und Fachkräfteentwicklung haben, wo die Akteure
schon zusammenarbeiten und wo es im Grunde genommen um drei wesentliche Dinge geht. Die erste Frage ist: Wie erschließen wir das vorhandene Arbeitskräftepotenzial besser? Zweitens: Wie erreichen wir durch gute Berufsorientierung, gute Berufsausbildung und dann auch Qualifizierung und Weiterbildung größere Effekte? Drittens geht es um die Frage der Standortfaktoren, vor allem der weichen Standortfaktoren, um Arbeit und Leben besser zu vereinbaren. Richtig ist auch, in einer Arbeitswelt, die von Automatisierung und zunehmender Digitalisierung und Roboterisierung geprägt ist, geht es letztendlich nicht nur um den Einsatz von Technik und Wissenschaft, sondern es geht vor allen Dingen um den Menschen als Hauptakteur. Da fällt mir in dem Zusammenhang das Zitat ein: „Der Mensch tritt neben den Produktionsprozess, statt sein Hauptagent zu sein.“ Das stammt von Karl Marx, dessen 200. Geburtstag wir am 5. Mai, also in wenigen Tagen, feiern.
Da lohnt es sich, ab und zu mal reinzugucken.
Das fällt mir ein, wenn ich zum Beispiel sehe, wie Thüringen auf der Hannover-Messe vertreten ist, wo es um künstliche Intelligenz, digitale Transformation und weitere Schlüsseltechnologien geht. Da ist Thüringen gut dabei. Thüringen soll aber auch weiter in die Lage versetzt werden – das geht nicht ohne den Menschen –, hier voranzugehen. Bei diesen gigantischen Prozessen, bei den Herausforderungen, vor denen wir stehen, macht das schon vielen Menschen Angst. Dazu kommt auch die Frage, die immer wieder eine Rolle spielt, dass uns die Arbeit ausgehen würde, dass wir gar nicht die Fachkräfte haben, dass wir in einer von Fachkräftemangel geprägten Gesellschaft leben. Ich glaube, das ist nicht der Fall. Auch mit dieser Mär wollen und müssen wir in dieser Debatte aufräumen.
Tatsächlich gibt es einen Fachkräftebedarf. Es gibt auch in bestimmten Berufen, ich sage nur mal als Stichwort „Pflege“, einen Mangel. Dem müssen wir uns stellen. Die „Süddeutsche Zeitung“ formulierte vor wenigen Tagen die Überschrift „Der Fachkräftemangel ist hausgemacht“. Dem kann ich nur zustimmen. Die sagen, Zitat: „Die Lösung für das Problem auf dem deutschen Arbeitsmarkt ist eigentlich offensichtlich. Doch es bräuchte ein grundsätzliches Umdenken: Bei Politikern, Unternehmen – und bei einigen Bürgern selbst.“ Man soll sich auf diese Potenziale, die wir haben, besinnen. Der vielbeschworene Fachkräftemangel macht sprachlos. Warum macht er sprachlos? Noch immer sind bundesweit – auch in Thüringen – viele Menschen arbeitslos, oftmals auch länger als ein Jahr. Ja, wir haben in Thüringen einen guten Arbeitsmarkt. Wir verfügen über eine gute Statistik, wir sind in Thüringen Spitze in den neuen Bundesländern mit weni
ger Arbeitslosen und auch weniger Langzeitarbeitslosen. Dennoch gibt es über 100.000 Menschen, die Arbeit suchen, von fairer Entlohnung und guten Arbeitsbedingungen mal ganz zu schweigen. Insofern lösen die Fachkräfteklagen der Unternehmen bei vielen Menschen auch Bitterkeit aus, zum Beispiel, weil sie sich bei der Jobsuche wegen ihres Alters unerwünscht vorkommen, weil sie Einschränkungen haben und sozusagen nicht die perfekten Arbeitnehmer sind, weil es Defizite gibt und sie auch nicht bedingungslos funktionieren können oder weil sie als Vater oder Mutter Beruf und Kinder so vereinbaren möchten, dass keines von beiden übermäßig leidet, oder eben auch, weil ihnen die begehrte Qualifikation fehlt und vielleicht auch noch das Angebot. Insofern müssen wir die Diskussion tatsächlich so führen, dass wir einerseits die Anforderungen der Unternehmen ernst nehmen, aber andererseits eben auch die vielseitigen Interessen und Bedürfnisse der Menschen selbst, denn sie sind die Fachkräfte. Wie groß sind die Probleme wirklich? Deswegen reicht es nicht aus, das nur beim Thema „duale Ausbildung“ mit Vorschlägen zu untermauern oder bei der Frage Unternehmertum, sondern wir müssen gemeinsam überlegen, wie Wirtschaft und Politik hier tatsächlich vorankommen können und worüber wir, wie das die „Süddeutsche Zeitung“ gefordert hat, neu und weiter nachdenken müssen.
Da will ich ein paar Fragen stellen, die noch nicht beantwortet worden sind. Warum passen denn Stellenangebote, Nachfrage und Arbeitssuchende oftmals nicht zusammen? Warum gibt es mehr Ausbildungsstellen als Bewerber und dennoch bleiben viele junge Leute ohne Berufsausbildung? Warum – das ist schon gesagt worden – ist die Abbrecherquote in bestimmten Bereichen so hoch, zum Beispiel im Gaststättengewerbe und in der Hotellerie? Da beträgt die Abbrecherquote bei Köchen und bei Restaurantfacharbeitern 50 Prozent. Das kann doch nicht an den Menschen liegen, sondern da müsste man – und das kritisiert die Gewerkschaft NGG zu Recht – über Ausbildungsqualität und Ausbildungsbedingungen nachdenken und fragen, wie man die verbessern kann.
Wie sieht es mit der Entlohnung aus? Wir haben immer noch, auch wenn die Zahl zurückgegangen ist, einen großen Teil von Aufstockern. Wir haben durch den Mindestlohn zwar Lohnzuwächse zu verzeichnen, aber der Mindestlohn von 8,84 Euro reicht nicht aus. Das sagen mittlerweile alle. Und er wird auch nicht überall gezahlt. Auch das muss, glaube ich, in Thüringen weiter hinterfragt werden. Und wir wissen auch, dass die Tarifbindung in Thüringen vor allen Dingen bei kleinen und mittelständischen Unternehmen sehr gering ist.
Qualität der Arbeitsplätze, Leiharbeit, Befristung, ungewollte Teilzeit in Größenordnungen sind ebenfalls Themen, die hier weiter untermauert werden
müssen. Genauso wie die Frage, dass es ein komplexes Weiterbildungsprogramm, eine Weiterbildungsstrategie, die sich am Bedarf der Unternehmen einerseits und an den Interessen und Möglichkeiten der Beschäftigten andererseits orientiert, so auch nicht gibt. Lebenslanges Lernen, meine Damen und Herren, soll keine Drohung sein, sondern ein Angebot, was man auch wahrnehmen kann. Und darüber wollen wir mit Betriebsräten und Gewerkschaften auch in Zukunft weiterarbeiten. Dazu gehört natürlich auch die Frage der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Ich denke, im Zusammenhang mit dem Landesprogramm, was sicherlich auch hier in der Diskussion eine Rolle spielen wird, und den Kommunen vor Ort ist das ein wichtiges Thema, um hier weiterzukommen.
Zu Potenzialen will jetzt nicht allzu viel sagen, weil das ja dann auch Gegenstand der weiteren Diskussion sein soll. Aber warum pendeln noch immer viele Menschen aus Thüringen heraus? Reichen die Bemühungen und die Angebote, die zum Beispiel die ThAFF macht? Wie sieht es aus mit den 5.000 Menschen mit Behinderung, die gern auf dem ersten Arbeitsmarkt …
Das ist keine Rede von 2011, das muss ich Ihnen …
Es sind immer noch genug Menschen, die auspendeln, auch wenn wir mehr Leute haben, die einpendeln. Ich rede mit denen, auch denen, die auspendeln, ganz konkret. Wissen Sie, warum die auspendeln? Weil sie dort mehr verdienen und weil es sich dennoch rechnet mit dem, was sie auch an Mehrausgaben haben. Viele wollen ihre Heimat, ihr Zuhause in Thüringen nicht ganz aufgeben.
Zum Potenzial der Menschen mit Behinderung: Ich sagte es gerade, 5.000, die gern auf den ersten Arbeitsmarkt gehen würden. Das ist nicht nur eine Frage, dass es für Unternehmen nicht möglich ist, das zeigen auch genügend Beispiele, dass man dieses Potenzial besser erschließen kann.
Vorangekommen sind wir bei der Einbeziehung von älteren Arbeitnehmern. Dennoch werden viele schneller gekündigt und bei den Erfordernissen, die ältere Arbeitnehmer in den Unternehmen brauchen, muss man auch einen Schritt weitergehen, denn wir brauchen bessere Möglichkeiten für Gesundheitsund Arbeitsschutz und Anpassungen der Arbeitsbedingungen, gerade an ältere Arbeitnehmer.
Zur Frage nach ausländischen Arbeitskräften ist hier schon ausgeführt worden. Ich denke, wenn wir uns der Zukunftsaufgabe komplex stellen wollen, lohnt es sich, all das, was bisher hier auch disku
tiert wurde, die Vorschläge von den Akteuren, aufzugreifen. Deshalb freue ich mich auf eine Anhörung im Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit und auch auf die Mitwirkung der anderen beiden Ausschüsse. Ich denke, der 1. Mai in wenigen Tagen soll auch für die Diskussion dieses Themas genutzt werden. Wir wollen Vielfalt und Gerechtigkeit, wir wollen Solidarität statt Spaltung und wir wollen eine Zukunft, in der Menschen, die hier in Thüringen leben, entsprechend ihren Möglichkeiten auch eine Mitwirkung im Prozess der Arbeit und damit ihrer eigenen Existenzsicherung haben. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Armut ist kein aktuelles Thema, was über uns hereingebrochen ist, sondern wir beschäftigen uns schon sehr lange damit. Es hat an Aktualität gewonnen durch eine erniedrigende und vor allen Dingen auch menschendemütigende Debatte, die jetzt in den letzten Tagen losgetreten wurde. Herr Thamm, lassen Sie mich das sagen: Das volle Zitat von Herrn Spahn macht es wirklich nicht besser – im Gegenteil, es zeigt eigentlich, wie völlig daneben dieser Minister ist.
Es ist hier schon gesagt worden, dass vor mittlerweile 15 Jahren, im Jahr 2003 mit der „Agenda 2010“ Hartz IV eingeführt wurde. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, das sage ich auch meiner Kollegin Pelke: Es erfüllt mich keineswegs mit Genugtuung, dass wir damals von Anfang an gesagt haben, dass Hartz IV Armut schafft. Deswegen erspare ich mir auch die Diskussion, wer es erfunden hat. Politischen Einsichten müssen aber politische Konsequenzen folgen. Meine Damen und Herren, das sehe ich im Moment bei dem, auch was heute dargelegt wurde, am Regierungsprogramm der GroKo nicht.
Hartz IV ist der Grund, dass Menschen arm sind, die Regelsätze reichen einfach nicht aus. Es stimmt eben nicht, dass sie sozusagen Armut verhindern, dass es die untere Schiene ist. Sie werden ja künstlich kleingerechnet, weil zum Beispiel in die Statistik Niedriglöhne gar nicht einbezogen werden. So ist Hartz IV eine Rutsche in Armut, oftmals lebenslang, wenn es nicht besondere Förderung oder eben auch gute Arbeit gibt. Lebenslang heißt dann eben auch: Altersarmut inklusive.
Jens Spahn und auch Herr Hirte haben jetzt das Fass zum Überlaufen gebracht. Die Äußerungen sind zynisch, anmaßend. Im Übrigen gibt es auch noch andere Äußerungen, aber die stehen heute nicht zur Diskussion. Ich halte es für gefährlich, so mit den Sorgen, Problemen und Gefühlen von Menschen zu spielen und zu zündeln. Das ist verantwortungslos.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch mal anmerken, was eigentlich Betroffene dazu sagen. Die sagen: Die Politiker halten Sonntagsreden. Der Spahn weiß gar nicht, was Armut ist. Man muss schon von der finanziellen Seite, also der Frage des Einkommens, das bei Armut fehlt, unterscheiden, dass Armut auch eine soziale, eine psychische, eine gesundheitliche, eine kulturelle Seite hat. Die macht es letztendlich in dieser Dimension besonders schwer, denn die bringt Hoffnungslosigkeit mit sich und irgendwann ein Sich-Abfinden und Sich-Einrichten. Wenn gerade in diesen Tagen Hartz-IV-Bezieher, bedürftige Menschen von Grippe betroffen sind oder vorbeugen wollen und in die Apotheke gehen, dann haben sie eben nicht das Rezept, sondern dann müssten sie einkaufen. Sie kennen vielleicht auch Menschen, die Angst haben, dass ihr klappriges Auto nicht mehr weiter mitmacht und dass sie es dann stehen lassen müssen, obwohl sie es dringend brauchen, um einen Minijob ausfüllen zu können.
Viele Empfänger von Hartz IV, von Arbeitslosengeld II sind auch gar nicht arbeitslos. Wir haben
auch in Thüringen 32.000 Aufstocker. Die Zahl ist runtergegangen, das ist richtig. 7.500 davon sind sogar in Vollzeit beschäftigt. Wir haben über 100.000 Minijobs und die machen arm trotz Arbeit. Wie Sie vielleicht in den letzten Tagen mitbekommen haben, gibt es eine Statistik, die sagt, dass in Deutschland das Armutsrisiko besonders hoch ist. Ja, was tun wir dagegen? Die Linke fordert eine armutsfeste und sanktionsfreie Grundsicherung von 1.050 Euro und eine Kindergrundsicherung von 573 Euro. Wenn Sie mich fragen, wäre der erste Schritt gewesen, das Kindergeld für Hartz-IV-Bezieher nicht in Anrechnung zu bringen, sondern zusätzlich wie bei allen anderen Menschen draufzupacken.
Das wäre ein Schritt gewesen. Sie haben auch verwiesen – ich bin jetzt gleich am Ende – auf die Debatte, die wir hier sicherlich in Kürze weiterführen werden, denn wir haben ja den Armutsantrag, wir hatten die Anhörung, die 88 Seiten sind auszuwerten. Deswegen werden wir uns auch weiter mit dem Thema beschäftigen. Politisch und gesellschaftlich
muss es ein Umsteuern geben im Interesse der Menschen. Dafür trägt Politik eine große Verantwortung. Herzlichen Dank.
Danke, Frau Präsidentin.
Öffentlich geförderte Beschäftigung im Rahmen des Konzepts „Forsten und Tourismus“ durch ThüringenForst
Der Verein Ökoland-Landschaftsgestaltung e. V. leistet seit vielen Jahren einen erheblichen Beitrag im Rahmen des Konzepts „Forsten und Tourismus“ im Auftrag von ThüringenForst und nutzt dabei Möglichkeiten öffentlich geförderter Beschäftigung, um Langzeitarbeitslose und Menschen mit Handicap in sinnvolle und notwendige Beschäftigung zu bringen. Mit der Kofinanzierung durch ThüringenForst wurden Leistungen erbracht, die der Umsetzung des Thüringer Waldgesetzes hinsichtlich der Gewährleistung der Erholungsfunktion des Waldes und des Naturschutzes dienten und dabei auch die Attraktivität des Thüringer Waldes zur touristischen Nutzung erhöht haben. Diese Leistungen sind auch in Zukunft unverzichtbar. Wie Ökoland-Landschaftsgestaltung e. V. nun mitteilte, sollen die dafür bereitzustellenden Mittel erheblich gekürzt werden, sodass das Konzept für die nächsten Jahre infrage steht.
Ich frage die Landesregierung:
1. In welcher Höhe hat ThüringenForst in den letzten fünf Jahren das Konzept „Forsten und Tourismus“ finanziert?
2. Welchen Gesamtaufwand hat ThüringenForst in den vergangenen fünf Jahren im Bereich des Waldtourismus erbracht und welche Konsequenzen hätte eine zukünftige Mittelkürzung?
3. Was beinhaltet das oben genannte Konzept zur langfristigen Qualitätssicherung der touristischen Infrastruktur im Thüringer Wald?
4. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu der Tatsache, dass durch eine vorzeitige Beendigung der Arbeitsverhältnisse wegen möglicher Nichtbereitstellung finanzieller Mittel im Jahr 2018 eine Rückzahlung und mögliche Insolvenz des Maßnahmeträgers droht?
Herzlichen Dank.
Zunächst herzlichen Dank für die Beantwortung. Da wird ja allein schon anhand der Summen deutlich, was für ein Potenzial dahinter steckt. Meine Frage ist: Was will die Landesregierung angesichts auch der erreichten Ergebnisse und der drohenden Einschnitte bei Mittelkürzungen tun, um künftig eine Fortsetzung der Beschäftigung geförderter Arbeitskräfte zu ermöglichen?
Touristische Erschließung der Friedbergbahn
In der Tageszeitung „Freies Wort“ war kürzlich erneut zu lesen, dass die Friedbergbahn zwischen Suhl und Schleusingen eine technische Besonderheit ist. Sie hat im steilsten Abschnitt mit 70,6 Promille die größte Neigung einer Normalspurstrecke in Deutschland. Nach der letzten fahrplanmäßigen Fahrt am 31. Mai 1997 und der endgültigen Betriebseinstellung 1999 ist aber auf den starken Bewuchs der Strecke hinzuweisen. Hier ist es nur den vielen ehrenamtlichen Helfern aus dem Verein Dampfbahnfreunde Mittlerer Rennsteig e. V. (Grup- pe IG Friedbergbahn) zu verdanken, dass die 15,8 Kilometer lange Eisenbahntrasse von Schleusingen über St. Kilian, Erlau und Hirschbach nach Suhl immer wieder freigelegt und damit nutzbar gehalten wird. Diese große Anstrengung geschieht auch mit dem Ziel, hier wieder einen touristischen Bahnbetrieb zu etablieren.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Position bezieht die Landesregierung zur Reaktivierung und erneuten Inbetriebnahme der Friedbergbahn?
2. Welche Vorstellungen gibt es im Tourismuskonzept „Zukunft Thüringer Wald“ hinsichtlich der künftigen Erschließung und Vernetzung der Friedbergbahn?
3. Wie wurde bzw. wird der Verein Dampfbahnfreunde Mittlerer Rennsteig e. V., speziell auch die Gruppe Interessengemeinschaft Friedbergbahn, bei
der Umsetzung der Projekte durch das Land unterstützt?
4. Welchen Stellenwert hat ein Gesamtkonzept zum touristisch orientierten Schienenpersonenverkehr für Thüringen?
Danke.
So ein Austausch wäre sicherlich immer wünschenswert und ratsam. Ich will nur noch mal sagen: Ich würde schon unterscheiden zwischen Schienenpersonennahverkehr, der dann touristisch genutzt wird, und einem ausschließlichen touristischen Verkehr, der mit Sicherheit für diese Strecke Friedbergbahn gemeint ist. Denn ich glaube, für den Schienennahverkehr braucht man den eher nicht...
Ja, ich muss das aber erklären. Meine Frage ist: Kann man sich auch vorstellen, einen rein touristischen Schienenverkehr in einem begrenzten Umfang im Kontext mit Rennsteigbahn und Friedbergbahn vernetzt auf den Weg zu bringen?
Herr Präsident, meine Damen und Herren, zunächst erst einmal einen schönen Dank an die Arbeitsministerin für den ausführlichen Bericht zu dem Antrag, so wie die Fragen auch aufgeworfen und eine Beantwortung gefordert wurde. Ein bisschen kommt es mir vor wie „Wiederholung ist die Mutti von Weisheit“, denn wir haben ja – das ist schon bei der Begründung gesagt worden durch Frau Holzapfel – vor fünf Monaten ausführlich hier darüber gesprochen und haben festgestellt, dass es eine deutlich große Mehrheit im Haus dazu gibt, dass sich das Ladenöffnungsgesetz bewährt hat und insbesondere die in Rede stehenden zwei freien Samstage.
Ich habe das Protokoll noch einmal gründlich gelesen, verehrte Frau Holzapfel: Gefordert hatten Sie damals keine Rechtsverordnung, wohl aber die Überweisung an den Ausschuss, also das ist keine Frage. Wir, die Koalitionsfraktionen, sind damals davon ausgegangen, die Koalitionsfraktionen, dass es ja eine umfassende schriftliche Evaluation nach den fünf Jahren gegeben hat, die uns auch zugeleitet wurde und die ausführlich auch noch einmal begründet hat, dass eine Veränderung des verfassungskonformen und rechtssicheren Ladenöffnungsgesetzes nicht nötig ist. Sie haben damals, wenn ich das auch mal zitieren darf, gesagt: Das Thüringer Ladenöffnungsgesetz ist „Vorbild“, „die Republik horcht auf“, es ist „ein sozialpolitischer Ritterschlag […], auf den wir […] stolz sein können“,
und Sie haben damals hier auch viel Beifall dafür bekommen. Ich dekliniere es noch mal ganz kurz durch: Dass Vereinbarkeit von Familie und Beruf gerade in einem von Frauen dominierten Bereich wichtig ist, dass wir die zwei freien Samstage auch als Ausgleich zu den Arbeitsbelastungen sehen, gerade im Einzelhandel, und dass dies natürlich auch ein Beitrag zum Umgang mit dem Fachkräftemangel ist, haben wir hier alle deutlich gesagt und haben uns darin auch gegenseitig bestärkt. Im Grunde genommen geht es ja um die Frage der Ausnahmetatbestände.
Lassen Sie mich das an der Stelle noch einmal deutlich sagen: Auch darüber haben wir, auch in anderen Zusammenhängen, ausführlich diskutiert, sowohl bei der IHK, bei den Arbeitgebern, als auch mit den Gewerkschaftsvertretern, mit Betriebs- und Personalräten. Wir haben uns letztendlich darauf
verständigt, dass eine deutliche Mehrheit der Vertreter der Beschäftigten gesagt hat: Bleibt bei diesem Vorschlag, bei dieser gesetzlichen Regelung der zwei arbeitsfreien Samstage; wenn ihr davon abrückt, ist das der Einstieg in den Ausstieg. Das sehen wir auch so. Wir sehen natürlich, dass es in geringem Umfang, ich sage gleich noch einmal was dazu, auch Benachteiligte gibt. Aber ich meine, das ist immer so eine Sache, wenn eine Mehrheit sich für eine Regelung entscheidet, die zwei freie Samstage festschreibt, aber dann trotzdem sagt, es gibt Ausnahmen – wo fängt das an, wo hört das auf?
Ja, ja.
Im Einzelfall – aber Arbeitnehmer, Beschäftigte sagen uns, dass dann der Druck vom Arbeitgeber in bestimmten Situationen so groß wird, dass der Einzelne sich dann auch überzeugen lässt, sein Recht nicht in Anspruch zu nehmen. Das ist so. Deswegen bleibt es aus unserer Sicht dabei, dass wir sagen, wir wollen keine Aushebelung dieser guten Regelung, die hier getroffen ist. Im Grunde genommen konzentriert sich das ja auf die provisionsabhängigen Entgelte in einigen Handelseinrichtungen, insbesondere in der Möbelbranche. Ich sage Ihnen, bis zum heutigen Tag haben wir hier mit Beschäftigten geredet. Es waren auch zwei Vertreter von Höffner heute hier, die gefragt haben: Wie steht ihr dazu? Ich kann nur auch im Namen meiner Fraktion – und das wird von den Koalitionsfraktionen getragen – darin bestärken, wer ordentliche Löhne zahlt, die nicht vom Fixum und von Leistungserbringung abhängig sind, der sichert natürlich, dass das ausgehebelt wird: Das Problem, was die Beschäftigten tatsächlich haben ist, dass der Samstag nun einmal in der Möbelbranche der ertragsträchtigste Tag ist. Deswegen denke ich, dass wir weiter daran arbeiten sollten. In erster Linie ist das ein Aufruf an die Sozialpartner, zu einem Flächentarifvertrag im Handel zu kommen, einen Branchentarifvertrag zu vereinbaren, zu schauen, wie man gemeinsame Lösungen finden kann und nicht von oben reguliert diese gute Lösung, die es gibt, aushebeln muss.
Ich kann nur sagen, getretener Quark – je mehr wir darüber diskutieren – wird breit nicht stark, deswegen gehe ich davon aus, was die Ministerin hier auch deutlich gemacht hat, dass wir überlegen, wie mit einem Branchendialog der Sozialpartner eine entsprechende Vereinbarung auf den Weg kommt, wie wir dann auf dieser Grundlage erneut hier eine Diskussion führen können. Für uns ist einfach wichtig, dass es keine kleine Gruppe von Benachteiligten gibt, wenn eine große Mehrheit der Beschäftigten, der Betriebsräte und der Gewerkschaften das will. Deshalb denke ich, warten wir ab, wie die Sozialpartner jetzt zu einer Lösung kommen, wie die
Interessenvertretung der Beschäftigten gewahrt wird und so lange ist aus unserer Sicht eine Rechtsverordnung nicht nötig.
Was den Alternativantrag der AfD angeht, so kann man getrost in das Protokoll der letzten Beratung hineingucken. Das müssen wir hier nicht noch einmal diskutieren. Herzlichen Dank.
Danke schön, Herr Präsident. Ich will nur drei kleine Anmerkungen machen. Herr Bühl, Sie sagen, wir machen es uns leicht. Ich finde, Sie machen es sich sehr leicht.
Sie haben Ihre Kollegin Frau Holzapfel hier so was von in die Pfanne gehauen, dass man einfach sagen muss, so geht das, glaube ich, nicht. Denn Frau Holzapfel hat sich vor Ihrer Rede vor fünf Monaten – wie ich weiß – auch mit Beschäftigten aus dem Handel in Verbindung gesetzt. Es war auch vor der damaligen Debatte bekannt, dass sozusagen nicht alle Blütenträume reifen und dass es darunter auch Defizite gibt. Schlaraffenland ist halt nicht. Insofern will ich die Kritik, die Sie hier Ihrer Kollegin Holzapfel ausgesprochen haben, einfach zurückweisen, auch aus Frauensolidarität. Das sage ich jetzt einmal so.
Das Zweite – das Stichwort haben Sie gerade gesagt –: Herr Bühl meint, wir hätten keine Vorschläge unterbreitet. Haben wir doch! Sie erklären uns doch immer und immer wieder, wo sich Politik nicht im Detail einmischen muss und darf, sondern nur Rahmenbedingungen stellen kann – siehe auch bei Mindestlohn, da denke ich einmal an diese Debatten, dass die Sozialpartner verhandeln müssen. Ich glaube, da muss sich auch ein Arbeitgeber bewegen, wenn er weiß, dass in seinem Möbelhaus, in seinem Kaufhaus, in seiner Einrichtung etwas nicht rundläuft. Ich glaube, das ist möglich. Insofern ist der Branchendialog in erster Linie keine Frage der Politik, sondern in erster Linie eine Frage der Sozialpartner. Man kann wirklich die Kolleginnen und Kollegen, die Gewerkschafter nur bestärken und die Arbeitgeber auffordern, sich diesem Branchendialog und diesem Dialog ganz konkret zu stellen. Das wollte ich hier einfach an der Stelle noch mal sagen. Danke schön.
Das habe ich Ihnen ja gerade gesagt, das ist in erster Linie keine Aufgabe, die jetzt die Politik auf den Weg bringt,
sondern Branchendialog ist die Frage der Sozialpartner, die sich in allererster Linie einmal dazu äußern müssen. Wenn ein Vorschlag auf den Tisch gelegt wird, dann – und ich meine, Herr Bühl hat hier zitiert, ich zitiere jetzt einmal aus dem Schreiben des Ministerpräsidenten, wenn ich darf. Der letzte Satz heißt: Meine Schlussfolgerung ist nach wie vor, dass es gelingen muss, auf der Ebene der Sozialpartner zu gemeinsamen Vereinbarungen zu kommen, mit denen sich dann der Verordnungsgeber positiv ins Benehmen setzen kann. – Genau das haben hier die Vertreterinnen und auch ich gesagt, dazu stehen wir. Das haben wir heute den Kolleginnen von Höffner gesagt: Kümmert euch, kommt mit konkreten Vereinbarungen, mit konkreten Vorschlägen von beiden Seiten, dann werden wir das auch mit den Gewerkschaften abstimmen. Ich denke, dass dann auch noch einmal erneut dazu die Debatte geführt werden kann.
Entschuldigung, Frau Meißner, ich bin ja nicht die Regierung. Wir sind alle hier Legislative.
Inwieweit sich die Regierung dort einbringt, müssen Sie die Ministerin fragen, vielleicht wird sie auch etwas dazu sagen. Ich gehe davon aus, dass zunächst erst mal die Sozialpartner aktiv werden. Die sind in vielen Fällen aktiv, sie reden ja auch mit uns und haben uns und auch in der Evaluation gesagt, dass das eine gute Sache ist, dass wir auf gar keinen Fall da die Axt anlegen sollen und dass es jetzt aber noch ein kleines Stück gibt. Und ich sage: Die Kolleginnen, die Beschäftigten gerade von Höffner und anderen Möbelhäusern, das wollen wir doch nicht sozusagen unter den Teppich kehren. Da ist
ein Problem. In erster Linie muss aber versucht werden, das mit dem Arbeitgeber und mit der Vertretung der Beschäftigten zu klären. Wo ist da das Problem? Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Präsidentin hat es gerade gesagt, es handelt sich um einen Antrag zur besseren Unterstützung von Genossenschaften. Der Antrag liegt seit September vor, es gibt jetzt eine Neufassung, ich sage es gleich vorab, da ist nicht inhaltlich was geändert worden, sondern lediglich der Berichtstermin, damit die Zeit nicht über uns hinweggeht.
Die Koalitionsfraktionen haben diesen Antrag eingereicht, weil uns genossenschaftliches Handeln als Hilfe zur Selbsthilfe ein ganz wichtiges Thema ist. „Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele“ war das Motto von Raiffeisen, der als Begründer der Genossenschaften gilt. Viele von Ihnen oder einige von Ihnen – ich bin gar nicht so sicher – werden sich vermutlich noch an die Insolvenz der Drogeriekette Schlecker im Jahre 2012 erinnern. Mit der Pleite standen nicht nur viele der vor allen Dingen beschäftigen Frauen vor dem Verlust ihrer Arbeit und ihrer Existenzgrundlage, sondern auch kleine Orte in Thüringen verloren ihre oftmals einzige Einkaufsmöglichkeit. Deshalb hat genau diese Schlecker-Pleite einen weiteren Verlust an Lebensqualität vor allen Dingen im ländlichen Raum gebracht. Ich fand das damals ausgesprochen bewundernswert, dass sich viele der Angestellten mit der Entwicklung nicht zufriedengeben wollten und vor allem mutige Frauen gesagt haben: Wir wollen nicht nur unsere Jobs retten, sondern wir wollen auch unsere Geschäfte retten, weil wir wissen, wie wichtig das für unsere Region und den sozialen Zusammenhalt auch im Dorf ist. In der Folge gab es viele Initiativen, übrigens nicht nur in Thüringen. Die wurden auch unterstützt von der ortsansässigen Bevölkerung, denn Genossenschaften wären ein tragfähiges Modell gewesen, um hier etwas zu retten. Dann passierte aber etwas, was ich eigentlich bis heute nicht ganz verstehen kann und was mich sehr nachdenklich stimmt. Viele dieser Initiativen scheiterten an bürokratischen Strukturen, die es einfach nicht ermöglichten, diese Idee als Genossenschaft oder einer anderen solidarischen Unternehmensform umzusetzen. Die Frage steht: Wo genau liegen eigentlich die Probleme, die es verhindern, dass Menschen, die sich entschließen, sich als Gruppe gemeinschaftlich zu gründen, nicht ins Leere laufen? Das betrifft übrigens auch den Wunsch von manchen Soloselbstständigen, sich zusammenzutun und gemeinschaftlich tätig zu werden. Wir wissen natürlich, dass es auch hinsichtlich Genossenschaften positive Beispiele gibt. Ich denke an Energiegenossenschaften, die Genossenschaftsbanken, die Wohnungsgenossenschaften oder auch fortbestehende Agrargenossenschaften. Wir haben aber noch viele Möglichkeiten im sozialen, im soziokulturellen Bereich, wo die Genossenschaftsidee sehr interessant ist. Deshalb wollen die Koalitionsfraktionen mit der Ihnen heute vorliegenden Genossenschaftsinitiative an genau diese Fragen heran und die passenden Stellschrauben nachjustieren. Dabei geht es um scheinbar lapidare Dinge wie die Passfähigkeit von Onlineformularen bei Förderprogrammen, aber es geht auch um Fragen wie die Zulassung einer neuen Unternehmenskategorie, nämlich dem wirtschaftlichen Verein, mit dem es etwa in Rheinland-Pfalz gelungen ist, ein außerordentlich erfolgreiches Dorfladenprogramm auf die Beine zu stellen. Interessant
ist, dass die UNESCO auf Vorschlag von Deutschland die Genossenschaftsidee jetzt sogar zum immateriellen Weltkulturerbe ernannt hat. Deswegen hoffe ich sehr, dass unsere heutige Diskussion genau vor dem beschriebenen Hintergrund zwei Ergebnisse bringt, nämlich erstens die Vereinfachung für diejenigen Menschen, die den demokratischen und solidarischen Kern unseres Gemeinwesens auch als Unternehmerinnen und Unternehmer in besonderer Weise fördern wollen, und zweitens zugleich eine Stärkung des genossenschaftlichen Anteils unserer Thüringer Wirtschaft ganz im Sinne der Festlegung in unserem Grundgesetz: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zum Wohle der Allgemeinheit dienen. Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Präsident.
Mitteleinsparung bei ThüringenForst für öffentlich geförderte Beschäftigung
Die Landesforstanstalt ThüringenForst hat in den letzten Jahren erhebliche Mittel bereitgestellt, um durch Kofinanzierung von Landesprogrammen für öffentlich geförderte Beschäftigung langzeitarbeitslosen Menschen, insbesondere älteren, die Chance auf Beschäftigung zu ermöglichen. Mit dieser Kofinanzierung wurden Leistungen erbracht, die der Umsetzung des Thüringer Waldgesetzes hinsichtlich der Gewährleistung der Erholungsfunktion des Waldes und des Naturschutzes dienten und dabei auch die Attraktivität des Thüringer Waldes zur touristischen Nutzung erhöht haben. In Zusammenarbeit mit dem Regionalverbund Thüringer Wald und Maßnahmeträgern der öffentlich geförderten Beschäftigung wurde dazu ein unverzichtbarer Beitrag geleistet. Dies scheint gefährdet, da die Mittel der Kofinanzierung ab dem Jahr 2017 erheblich abgesenkt werden sollen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Leistungen wurden von ThüringenForst in den letzten Jahren im Rahmen des Konzepts „Forsten und Tourismus“ erbracht?
2. Wie bewertet die Landesregierung diese Leistungen und die Zusammenarbeit mit anderen Maßnahmeträgern?