Kathrin Kagelmann
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Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Regelmäßig mit der Vorbereitung der Frühjahrsbestellung und der damit verbundenen Meldung von geplanten Anbauflächen für gentechnisch veränderte Kulturen an das Standortregister beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit nimmt die gesellschaftliche Diskussion um die grüne Gentechnik an Schärfe zu. Bauern, Imker und Naturschützer streiten in unterschiedlichen Veranstaltungen um das Für und Wider der grünen Gentechnik. Das Kräfteverhältnis zwischen Befürwortern und Gegnern der kommerziellen Anwendung der grünen Gentechnik
scheint dabei seit Jahren relativ konstant. Wenigen Anwendern steht eine übergroße Ablehnung durch Verbraucher allgemein und speziell von Ökolandwirten und Imkern gegenüber.
Daran gibt es nichts zu rütteln, Herr Heinz, auch wenn Ihnen die belastbaren Studien fehlen: Die Imker bleiben skeptisch. Offensichtlich entfaltet die Diskussion ganz langsam praktische Wirkung. Nach den bisherigen Anmeldungen im Standortregister nimmt der Anbau von gentechnisch veränderten Kulturen in Deutschland, aber auch in Sachsen in diesem Jahr erstmals im Vergleich zu 2008 wieder ab. Herr Weichert hat darauf schon hingewiesen. Dieses Kräfteverhältnis in der Gesellschaft erfuhr allerdings bisher keine Berücksichtigung in der großen Politik der Bundesrepublik und schon gar nicht im Land Sachsen.
Allenfalls übte man sich auf Bundesebene insbesondere vor Wahlen in politischen Abwehrschaukämpfen gegen den angeblichen Druck der EU, indem beispielsweise das Inverkehrbringen von Mais der Linie MON 810 zeitweilig ausgesetzt wurde. Auch unsere derzeitige Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin, Frau Aigner, prüft gegenwärtig das Zulassungsverfahren und droht unter anderem schon einmal mit Erlaubnisentzug.
In Sachsen war man von vornherein nicht bereit, Handlungsspielräume zur Sicherung der Koexistenz von Gentechnik anwendender und gentechnikfreier landwirtschaftlicher Produktion auszuloten oder Naturschutzgebiete vor der grünen Gentechnik zu schützen. Das ist nicht nötig, denn die offizielle Staatsdoktrin heißt in Sachsen: Die grüne Gentechnik ist eine Zukunftstechnologie – wir haben es von Herrn Heinz gehört –, und Kritiker sind Angstmacher und Technologiefeinde. Zu letzterer Kategorie gehört selbstverständlich auch die Linksfraktion, die sich bekanntermaßen seit Jahren konsequent gegen die Freisetzung sowie gegen den kommerziellen Anbau von gentechnisch veränderten Organismen ausspricht. Die Gründe dafür haben meine Kollegin Altmann und ich in diesem Haus mehrfach hinreichend erläutert.
Ich gebe zu, angesichts dieser politischen Konstellation und der Rückbesinnung auf vergangene Debatten hier im Plenum sowie angesichts dessen, was ich heute bereits wieder von Herrn Heinz gehört habe, grenzt es wirklich schon an Masochismus, sich wieder ernsthaft mindestens um Nachdenken bei den Gentechnikbefürwortern unter den Abgeordneten zu bemühen, zumal ich aus ganz praktischem Erleben zu der Überzeugung gelangt bin, dass regionale Verbraucher- oder Naturschutzinitiativen künftig eine wesentlich größere Durchsetzungskraft gegenüber der Politik erlangen werden, egal, was eine Mehrheit im Sächsischen Landtag beschließt oder eben nicht.
Aber seit dem 2. März ist ein erneuter Versuch durchaus legitim, und wir werden ihn natürlich unterstützen. An diesem Tag nämlich wurden die nationalen Anbauverbote von gentechnisch verändertem Mais der Sorte MON 810 in Österreich und Ungarn vom EU-Umweltministerrat
bestätigt. Ein entsprechender Antrag der EU-Kommission, die Anbauverbote zu kippen, wurde mit qualifizierter Zweidrittelmehrheit zu Fall gebracht. Die ein paar Wochen später angesetzte Abstimmung über das französische und das griechische Anbauverbot scheint danach reine Formsache zu sein. Das heißt, dass es seit dem 2. März deutlich schwieriger geworden ist, eigene Untätigkeit mit dem Fingerzeig auf europäischen Regelungsdruck zu kaschieren.
Und das heißt weiter: Es gibt sehr wohl Handlungsspielräume innerhalb der EU, und es gibt vor allen Dingen Handlungsspielräume für nationale Politik, die nach wie vor überwiegende Meinung der Bevölkerung, die gentechnisch veränderte Produkte nicht auf ihren Tellern haben will, endlich ernst zu nehmen.
Diese Handlungsspielräume werden uns von mündigen Bürgern eröffnet. Bundesweit gibt es inzwischen 188 gentechnikfreie Regionen bzw. Initiativen und 176 Kommunen, die sich zur gentechnikfreien Bewirtschaftung ihrer Ländereien bekannt haben. Zugegeben, in Sachsen sind es noch nicht ganz so viele – Herr Weichert hat sie alle genannt –, aber es gibt Bewegung in vielen Kreisen, und es gibt ein umtriebiges Aktionsbündnis für eine gentechnikfreie Landwirtschaft in Sachsen.
Vor fast genau einem Jahr habe ich Ihnen hier im Rahmen einer durch die GRÜNEN beantragten Aktuellen Debatte über einen Antrag meiner Kreistagsfraktion im damaligen Landkreis NOL berichtet, der die Landwirte und Grundstückseigentümer ermutigen sollte, auch weiterhin auf den Anbau von Gentec-Pflanzen zu verzichten. Ich bin Ihnen noch das Ende der Geschichte schuldig: Der Antrag wurde im Juni 2008 im Kreistag mit CDU-Mehrheit abgelehnt. Aber die fast einjährige Diskussion, die dieser Antrag ausgelöst hat, ist der eigentliche Erfolg. Deshalb werde ich es meinem alten und neuen Landrat selbstverständlich nicht ersparen, erneut einen ähnlichen Antrag in den Kreistag Görlitz einzubringen und sich der Abwägung von wirtschaftlichen, naturschutzfachlichen und Verbraucherschutzinteressen zu stellen.
Ich möchte, dass sich gerade auch die Christdemokraten im Kreis mit der ethisch-moralischen Dimension der Einführung der grünen Gentechnik stärker auseinandersetzen, selbst wenn wir als Linke sie dazu tragen müssen.
Die selbstorganisierte und freiwillige Ausweisung von gentechnikfreien Regionen durch Landwirte und Bürger ist eine Reaktion der Verbraucher auf fehlende politischrechtliche Rahmensetzungen in Bund und Land. Damit ist es geradezu eine Aufforderung an sächsische Politik, sich endlich dezidiert dem Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft und von ökologisch sensiblen Gebieten zuzuwenden. Das kann sie, wenn sie die bestehenden gentechnikfreien Regionen oder gleichgelagerte Initiativen endlich unterstützt.
Die Formen einer möglichen Unterstützung beschreibt der Antrag der GRÜNEN. Ich könnte ergänzen, dass dazu auch eine erneute Anpassung des Sächsischen Naturschutzgesetzes hinsichtlich des Anbaus von GVO in Schutzgebieten und der Festlegung wirkungsvoller Abstandsregelungen zu solchen Flächen geboten wäre.
Es ist für mich unverständlich, dass man sich einerseits um einzelne Lobbygruppen sehr stark bemüht – ganz heftig reißt man sich ja gegenwärtig von konservativer und liberaler Seite beispielsweise um die Imker, die mehrheitlich ausgesprochene Gentechnikskeptiker sind –, aber den überaus deutlichen, seit Jahren unveränderten Willen der Verbraucher konsequent ignoriert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, stärken Sie Ihrer schwesterlich verbundenen Ministerin in Berlin auch gegenüber parteiinternen Kritikern den Rücken, die nach eigenen medialen Bekundungen der Schaffung von gentechnikfreien Zonen sehr offen gegenübersteht. In diesem speziellen Fall kann man wirklich mal von Bayern siegen lernen. DIE LINKE stimmt dem vorliegenden Antrag zu.
Danke schön.
Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Ich stelle fest, es herrscht inhaltlich große Einigkeit in der Bewertung des Themas und in der Bewertung der Dramatik des Themas. Ich kann meine Ausführungen deshalb an dieser Stelle straffen.
Vögel der Agrarlandschaft sind mittlerweile die am stärksten bedrohte Gruppe der Brutvögel in Deutschland. Diese Entwicklung muss auch für Sachsen konstatiert werden. Deutlich über 60 % der Feldvögel sind nach Aussagen des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten in Deutschland in ihrem Bestand bedroht oder stark gefährdet. Der Trend weist für einen großen Teil der Arten weiter in eine negative Richtung. Das heißt, Rebhuhn, Kiebitz oder Feldlerche verschwinden allmählich aus dem Landschaftsbild, auch in Sachsen. Der entscheidende Grund für die zurückgehenden Bestände liegt nachweisbar in der Intensivierung der Landwirtschaft. Wir hatten bereits dazu von Herrn Lichdi gehört. Wir haben aber auch gestern in der Debatte zur Großen Anfrage der GRÜNEN dazu gesprochen. Dazu gehören die Ausweitung des Anbaus bestimmter Pflanzensorten wie Raps oder Wintergetreide, die Veränderungen in der Grünlandbewirtschaftung und der verstärkte Einsatz von Pestiziden und Mineraldünger.
Mit der Intensivierung der Landwirtschaft geht ein Verlust an Strukturvielfalt in der Natur allgemein einher. All diese Faktoren verringern die Brut- und Ernährungsmöglichkeiten für Vögel allgemein und für Vögel der Agrarlandschaft insbesondere und sind die Ursachen für die dramatischen Bestandsrückgänge.
Jetzt muss sich die Politik zu diesem Artenschutzproblem äußern. Was nottut, ist ein gezieltes Management, sind Maßnahmen zur Extensivierung im Ackerbau, beispielsweise durch Vorhaltung von Brachflächen oder durch Erhöhung der Kulturenvielfalt. Was nottut, ist die Aufwertung von Landschaftsstrukturen, beispielsweise durch Wiesen, Hecken oder Gewässersäume. Was nottut, sind besondere Maßnahmen der Grünlandbewirtschaftung, wie der Erhalt von feuchten Niederungen, aber auch von Steppen- oder Magerrasen, und nestschonende Mähtechniken.
Nun soll also politisch gegengesteuert werden und gezielte Maßnahmen zur Förderung der Lebensräume besonders gefährdeter Vögel der Agrarlandschaft aufgelegt werden. Das ist richtig, und Erfolge in laufenden Artenschutzprogrammen zeigen, dass solche Naturschutzinstrumente auch nachweisbare Erfolge sowohl für die Zielart selbst als auch für weitere Arten hervorbringen. Dabei ist der Antrag der Koalitionsfraktionen sehr knapp als Handlungsauftrag an die Staatsregierung formuliert. Die GRÜNEN haben sich mehr Mühe gegeben, indem sie den Auftrag mit der Beschreibung der konkreten Bedingungen für Erhalt und Ausbreitung der Vögel untersetzten. Wir werden beiden Anträgen zustimmen.
Danke schön.
Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Verehrter Kollege Günther! Ich hatte meinen Redebeitrag zur Großen Anfrage der GRÜNEN zum Thema Biodiversität am gestrigen Tag eingeleitet mit der Vermutung, dass nicht alle umweltpolitischen Anträge, die in jüngster Zeit üppig ins Haus flattern, Ergebnis einer ernsthaften und inhaltlichen Auseinandersetzung mit konkreten sächsischen Problemen sind.
Doch, er hört jetzt wieder zu, zumindest tut er so.
Nach meinem gestrigen Redebeitrag fühle ich mich in meiner These noch einmal bestätigt. Wer zum wiederholten Mal den anthropogenen Einfluss auf die Klimaerwärmung verniedlicht und zum Artenrückgang lapidar bemerkt – womit wir dann bei dem jetzt in Rede stehenden Antrag der FDP-Fraktion wären –, dass es erdgeschichtlich immer ein Auf und Ab in der Artenvielfalt gegeben hätte, der verkennt völlig die außerordentliche Dramatik der Gesamtentwicklung, wie sie sich gegenwärtig vollzieht.
Herr Günther, natürlich sind in der Vergangenheit Arten ausgestorben und neue entdeckt worden. Das Entscheidende aber ist, heute ist die Geschwindigkeit des Artensterbens tausendmal höher als zu früheren Zeiten. Im „Spiegel Online“ heißt es dazu in einem Artikel aus dem Jahr 2006: „Biologen beobachten derzeit das größte Artensterben seit 65 Millionen Jahren.“ Es kommt hinzu, dass natürliche Wanderungs- und Anpassungsstrategien, mit denen Pflanzen und Tiere beispielsweise auf klimatische Veränderungen reagieren, sich im Zeitraum von mehreren hundert oder tausend Jahren und nicht innerhalb weniger Jahrzehnte vollziehen.
Die heutige Landschaftsstruktur lässt solche Ausweichreaktionen häufig gar nicht mehr zu.
Unter dem Eindruck Ihrer Argumentation, Herr Günther, hatte ich nicht übel Lust, den heutigen Antrag der FDPFraktion abzulehnen. Gott sei Dank konnte ich eine Nacht darüber schlafen und mich wieder beruhigen. Nähern wir uns diesem Antrag nun vorbehaltlos und werten nur den Text selbst. Mit einem guten Willen ist ein positiver, pädagogisch wertvoller Ansatz in Bezug auf die stärkere Mobilisierung der Menschen für Artenschutzfragen erkennbar. Ich habe weiterhin den Eindruck, dass sich Ihnen die Funktion von Roten Listen für bedrohte Tier- und Pflanzenarten nicht erschließt.
Seit inzwischen zwei Jahrzehnten haben sich Rote Listen als ein in der Gesellschaft anerkanntes Instrument für die objektive
Beurteilung des Gefährdungsgrades von Pflanzen- und Tierarten etabliert. Sie genießen Akzeptanz. Der hohe Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung führt dazu, dass ihre Botschaften über die Medien mit großer Aufmerksamkeit kommuniziert und von der Politik aufgegriffen werden. Das beweist auch die Diskussion in dieser Woche in diesem Haus. Allein dadurch haben Rote Listen das Potenzial, Artenschutzprogramme zu initiieren. Sie geben grundlegende Hinweise, wo ein Handlungsbedarf im Artenschutz besteht.
Schließlich produzieren die Roten Listen bedrohter Vögel nicht nur negative Meldungen. Es wird ebenso dargestellt, welche Arten sich in ihrem Bestand erholen und somit in der Gefährdungskategorie herabgestuft werden konnten.
Vielleicht kann man diese positiven Bewertungen noch deutlicher herausstellen – darüber kann man sicherlich diskutieren.
Ob für die Darstellung der Fortschritte im Naturschutz eine „Weiße Liste“ als Gegenstück zu einem gemeinhin anerkannten Instrument die geeignete Form sein soll, wage ich sehr zu bezweifeln. Im Übrigen erschließt sich aus dem Antrag nicht genau, ob Sie die „Weiße Liste“ als regelmäßige Berichterstattung verstehen wollen. Aber natürlich kann die Staatsregierung berichten. Ja, es gibt Erfolge im Artenschutz. Das bestreitet keiner. Es gibt Institutionen – wie beispielsweise die Sächsische Landesstiftung für Natur und Umwelt –, die aktiv eine wirksame Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit betreiben, um auf ebensolche Erfolge im Artenschutz hinzuweisen. Dazu zählen beispielsweise Aktionen zur Fledermaus, Flussperlenmuschel, Haselmaus oder zum Glühwürmchen.
Naturschutzvereine engagieren sich mit eigenen Aktionsprogrammen für Wolf, Hamster & Co. Viele weitere Vereine bringen sich ein und verdienen Anerkennung und Respekt. Über all das kann man, wie gesagt, berichten. Das soll die Staatsregierung auch tun. Auf welcher Grundlage sie dies tut, möchte ich gern ihr selbst überlassen.
Insgesamt ist das Anliegen des Antrages sehr durchschaubar. Zu mehr als einer müden Enthaltung kann sich meine Fraktion nicht aufraffen.
Danke.
Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Was ist eigentlich in diesem Landtag los? Es ist ja nicht so, dass wir uns nicht mit dem Zustand von Natur und Umwelt im Plenum befassen würden, im Gegenteil. Herr Prof. Mannsfeld hat es angedeutet; gerade in diesem Jahr haben wir wiederholt das Thema Umweltpolitik im Freistaat anhand von Anträgen, Großen Anfragen oder jüngst dem sächsischen Umweltbericht diskutiert. In den letzten Tagen legten die Koalitionsfraktionen mit Anträgen noch einmal nach. Sogar die FDP meldete sich beim Thema Artenvielfalt zu Wort.
Angesichts dessen ist man wirklich geneigt zu fragen, ob bei jedem dieser Anträge die Einsicht in Notwendigkeiten die Feder geführt hat oder ob eher politisches Kalkül im Spiel ist. Ganz böse Zungen behaupten ja, dass in Zeiten von Finanzkrise und Wirtschaftsstagnation das Image der Landesregierung wieder durch positive Botschaften aufgehübscht werden soll. Wie dem auch sei – vielleicht hat beispielsweise die noch fast druckfrische Rote Liste der Brutvögel Deutschlands ein klein wenig Anteil an diesen Aktivitäten. Wir werden sehen, ob es der bedrohten Tier- und Pflanzenwelt hilft.
Bitte schön.
Herr Lichdi, Sie brauchen sich überhaupt nicht angegriffen zu fühlen. Wenn Sie den nächsten Satz hören, können Sie Ihre Zweifel gleich an die Seite schieben. Er wird folgendermaßen eingeleitet: Auf die jetzt zu diskutierende Große
Anfrage der GRÜNEN trifft meine Mutmaßung ausdrücklich nicht zu.
Sie wurde bereits Ende März 2008 eingereicht. Aber die Große Anfrage beschäftigt sich zentral und sehr ausführlich mit Fragen der Bestandsentwicklung gefährdeter Vogelarten in Sachsen. Die Antworten der Sächsischen Staatsregierung sind da wenig ermutigend. Die Bestände von Rebhuhn, Feldlerche, Braunkehlchen oder Kiebitz haben danach dramatisch abgenommen. Bei anderen Arten wie dem Goldammer oder dem Neuntöter hat sich der Bestand auf niedrigem Niveau stabilisiert. Spezielle Artenschutzmaßnahmen für Vögel der Agrarlandschaft sind also unumgänglich. Dazu werden wir uns noch in dieser Woche verständigen.
Allerdings scheint die Staatsregierung zur Zeit der Beantwortung der Fragen im Mai dieses Jahres noch wenig Sensibilität für die Situation der Vögel entwickelt zu haben; denn dort verweist sie noch auf ein Projekt der Landesanstalt für Landwirtschaft Köllitsch, wonach „die derzeit übliche landwirtschaftliche Praxis für viele Vögel der Agrarlandschaft überwiegend gute Lebensvoraussetzungen schafft“. – Eine erstaunliche Erkenntnis angesichts der im Nachgang detailliert dokumentierten Bestandsentwicklung, erstaunlich auch angesichts der Warnungen aus Naturschutzverbänden.
Der NABU Sachsen beispielsweise spricht in einer Presseerklärung in diesem Jahr von einer „seit Jahren besorgniserregend zurückgehenden Bestandsentwicklung bei Arten der Agrarlandschaft“, und er benennt die Ursachen, die in der Intensivierung der Landwirtschaft und dem fortgesetzten Flächenverbrauch zu suchen sind. Verschärfend wirkt nach Aussagen des NABU auch der EU-Beschluss zur Aufhebung der Stilllegungspflicht, nachdem im rasanten Tempo ökologisch wichtige Brachflächen wieder unter den Pflug kamen. Überhaupt hält die Staatsregierung weiter gehende Naturschutzmaßnahmen noch im Frühjahr dieses Jahres für überflüssig und preist die Richtlinie „Natürliches Erbe“ als Allheilmittel.
Nun liegen die Antworten der Staatsregierung einige Monate zurück. Da regierte offensichtlich noch das Prinzip Hoffnung. Wenn wir allerdings mit dem Wissen von heute diese Antworten bewerten, ist ein Verweis auf die Möglichkeit der Förderung von investiven und wiederkehrenden Artenschutzmaßnahmen nach dieser Richtlinie geradezu zynisch. Ich habe mehrfach während vergangener Debatten dieses leidige Thema angesprochen, und Sie, Herr Staatsminister Kupfer, haben Klärung zugesichert. Aber trotz aller Beteuerung ist zumindest bis Anfang Oktober immer noch kein Geld für konkrete Landschaftspflegemaßnahmen geflossen. Inzwischen ist es für viele Projekte in diesem Jahr einfach zu spät. Das ist die traurige Wahrheit, Herr Staatsminister.
Die Linksfraktion fordert deshalb von der Staatsregierung die Zusicherung, dass die Naturschutzförderung 2009 in Bezug auf die Förderrichtlinie Natürliches Erbe reibungs
los beginnt und dass natürlich die unverbrauchten Haushaltsmittel zweckgebunden für Naturschutzmaßnahmen auf das neue Jahr vorgetragen werden.
Daneben bedarf es inhaltlicher Korrekturen in der Förderung. So sollten die Nutzungs- und Pflegemaßnahmen in Schutzgebieten und Biotopen denjenigen vorbehalten bleiben, die in den Naturschutzvereinen und Landschaftspflegeverbänden die gefährdeten Pflanzen und Tiere kennen und sich seit Jahren um deren Fortbestand kümmern, das heißt, die die entsprechende fachliche Kompetenz und Erfahrung mitbringen. Das bedeutet in der Konsequenz, dass Leistungen nur dann öffentlich ausgeschrieben werden sollen, wenn die bisher damit betrauten örtlichen Gliederungen der sächsischen Naturschutzvereine und Landschaftspflegeverbände dafür keine personellen und materiellen Voraussetzungen besitzen. Das ist nämlich meine Sorge, wenn wir in den nächsten Tagen weitere Maßnahmenpakete schnüren wollen. Wenn das SMUL bereits gegenwärtig mit der Umsetzung bestehender Naturschutzinstrumente hoffnungslos überfordert ist, wer garantiert dann die Durchsetzung neuer Artenschutzprogramme, so wichtig die auch sind?
Zurück zur Großen Anfrage. Ein weiteres Thema – das kann auch gar nicht anders sein, wenn über Biodiversität im Freistaat gesprochen wird – ist die Grüne Gentechnik. Sie kennen die klar ablehnende Position der Linksfraktion zur kommerziellen Einführung der Grünen Gentechnik. Auch die Position der Staatsregierung ist nicht neu. Sie wird in der Anfrage folgendermaßen zusammengefasst: Zwar können nachteilige Auswirkungen von gentechnisch veränderten Pflanzen auf die biologische Vielfalt nicht ausgeschlossen, aber eben auch nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, und solange das so ist, wird auch der Anbau genveränderter Organismen in Naturschutzgebieten hingenommen. Um keine Verunsicherung zuzulassen, werden anderslautende Studien nur am Rande als Kurzfassung registriert.
Meine Damen und Herren! Auch wenn Sie es nicht mehr hören können: Das hat nichts mit verantwortlicher, nachhaltiger Politik zu tun,
weil das nichts mit gesundem Menschenverstand zu tun hat. Der würde einem nämlich raten, beim leisesten Zweifel an der Sicherheit einer neuen Technologie auf deren Erprobung in der freien Natur zu verzichten. Das Mindeste aber, was gefordert werden muss, ist ein Verbot des Anbaus von GVO in Naturschutzgebieten und die Ausweitung des Mindestabstandes zu GVO-Anbauflächen.
Ein solcher Antrag der Linksfraktion wurde allerdings durch die Mehrheit in diesem Haus erst vor einigen Monaten abgelehnt, genauso wie vorher ein Antrag zu einem generellen Anbaumoratorium. Aber Sie haben noch
in dieser Woche Gelegenheit, Ihre Haltung zu korrigieren. Zu diesem Thema liegt ja ein Antrag der GRÜNEN vor, und auch der Entschließungsantrag befasst sich mit diesem Thema.
Interessant waren für mich auch die Fragen nach naturschutzfachlichen Auswirkungen von Maßnahmen des Hochwasserschutzes. Unbestritten ist die verantwortungsvolle Abwägung von berechtigten Sicherheitsinteressen der Flussanlieger mit Aspekten des Naturschutzes ein besonders neuralgischer Punkt bei der Planung und Durchführung von Hochwasserschutzmaßnahmen. Aber zahlreiche Hinweise von Umweltschützern belegen, dass durch die Landestalsperrenverwaltung gerade bei Deichbau- oder -unterhaltungsmaßnahmen eher naturschutzfachlich unsensibel geklotzt als gekleckert wird. Die Antwort der Staatsregierung auf Beeinträchtigungen für FFH- und SPA-Gebiete weist allerdings erhebliche negative Beeinträchtigungen durch solche Maßnahmen zurück, obwohl sie gleichzeitig zugibt, keine vollständige statistische Erhebung darüber zu besitzen, welche Hochwasserschutzmaßnahmen SPA- bzw. FFH-Gebiete überhaupt betreffen.
Also auch der Rückzug der Staatsregierung auf eine fehlende Datenlage ist nicht wirklich neu. Ich kann mich noch an eine inhaltlich ähnlich gelagerte Große Anfrage der GRÜNEN aus dem Jahr 2006 erinnern, als die Staatsregierung zu Entsiegelungsflächen sowie Kompensations- und Ausgleichsmaßnahmen bei Infrastrukturprojekten ebenfalls keine konkreten Aussagen treffen konnte.
Meine Damen und Herren! Natürlich erfordert die Erfassung solcher statistischer Daten einen erhöhten Verwaltungsaufwand. Aber – auch diese Kritik habe ich bereits mehrfach angebracht – wie sollen denn sonst Entwicklungstrends gerade bei solchen zentralen Fragen wie der Flächeninanspruchnahme aufgezeigt werden und, was noch wichtiger ist, wie will man sonst auf Fehlentwicklungen angemessen reagieren?
Werte Abgeordnete! Wie sagt der Volksmund so schön? – Wer keine Probleme hat, der schafft sich welche. In Bezug auf den Umweltschutz irrt der Volksmund gewaltig. Die Menschheit hat nicht nur gewaltige Probleme, sie schafft sich auch immer wieder neue – Stichwort Klimawandel, Stichwort Gentechnik, Stichwort Flächenversiegelung. Ich bin der festen Überzeugung: Wenn wir nicht bereit sind, wirtschaftliches Wachstum zu begrenzen und Lebensqualität neu zu definieren, retten uns und diese Welt bald auch keine Artenschutzprogramme mehr.
Danke schön.
Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Um es relativ kurz zu machen – die Linksfraktion wird dem Entschließungsantrag zustimmen. Im Teil I werden Feststellungen getroffen, die die Linksfraktion unterstützt. Ich glaube sagen zu können, dass wir das Ohr bei den Naturschutzverbänden haben. Herr Prof. Mannsfeld, für Sie war zum Beispiel Punkt 2, FFH- und SPA-Gebiete, die nicht naturschutzgerecht bewirtschaftet werden, ein Knackpunkt. Diese Information haben wir von den Leuten, die sich mit der Sache fachlich beschäftigen und die wir vor Ort beobachten können. Deshalb teilen wir die Einschätzungen, die im Teil I, Punkte 1 bis 4, festgestellt werden.
In Teil II kommen wir zu den Schlussfolgerungen, die daraus zu ziehen sind. Die Position der Linksfraktion ist hinreichend deutlich geworden. Ich möchte noch auf die Landesstrategie eingehen. Herr Prof. Mannsfeld, aus meiner Sicht ist das Handlungsprogramm, das Herr Staatsminister Kupfer zugesichert hat, ein großer Unterschied zu dem, was hier gefordert wird und was ich im Übrigen schon in einer Debatte im Januar 2007 angemahnt habe: dass der Freistaat Sachsen schon in der Entwurfsphase – Anfang 2007 war die nationale Biodiversitätsstrategie des Bundes noch nicht fertig – parallel mit der Erarbeitung einer Landesstrategie beginnen sollte. Eine Landesstrategie muss aus meiner Sicht wesentlich umfassender, nachhaltiger und langfristiger angelegt sein als ein Handlungsprogramm, das im Wesentlichen nichts anderes ist als ein Bündel verschiedener Schutzprogramme und Fördermöglichkeiten. Deshalb teilen wir nachdrücklich diesen Ansatz einer Strategie.
Zur grünen Gentechnik, der wir natürlich ausdrücklich zustimmen, habe ich bereits mehrfach ausführlich in diesem Haus gesprochen.
Danke schön.
Ja.
Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Die Linksfraktion bekennt sich zur Vielfalt der Eigentums- und Betriebsformen in Sachsen. Wir wissen um die besondere Situation der großen Genossenschaften und anderer LPG- und VEG-Nachfolgebetriebe. Diese Betriebe sind vielerorts das Rückgrat unserer ländlichen Räume. Die Sicherung ihres Fortbestandes ist eine wichtige Voraussetzung dafür, den ländlichen Raum nachhaltig zu entwickeln.
Die Möglichkeiten zur Einflussnahme durch das sächsische Parlament sind in Fragen der EU-Agrarpolitik zwar begrenzt, eine Positionsbestimmung gegenüber dem Bund ist aber deshalb umso wichtiger. Insoweit unterstützen wir das Anliegen des Antrages der Koalitionsfraktionen.
Wir gehen auch mit dem ersten Punkt des Antrages mit, der eine Selbstverständlichkeit einfordert, nämlich die Verlässlichkeit der Aussagen zu einem einmal ausgehandelten Finanzrahmen in der aktuellen Förderperiode bis 2013. Für die Zeit danach fordern wir allerdings eine Änderung der EU-Agrarpolitik in die Richtung, dass Direktzahlungen an wirksame ökologische und beschäftigungspolitische Kriterien gekoppelt werden.
Dann beginnen aber, was den Antrag betrifft, schon unsere Probleme, weshalb wir uns gezwungen sehen, über den Antrag punktweise abstimmen zu lassen. Gehen wir ins Detail.
Zu Punkt 2 des Antrages. Es geht um die Degression und Kappung von Direktzahlungen als der ersten Säule der Agrarsubventionen. Dagegen hat sich DIE LINKE im Bundestag immer wieder ausgesprochen. Sie verbinden diese Forderung aber mit der Ablehnung der Modulation. Das halten wir zumindest für diskussionswürdig. Zwar trägt die Verschiebung von Fördermitteln aus Säule eins in Säule zwei des EU-Agrarförderfonds, also die Modulation, laut dem Agrarbericht 2007 auch zu sinkenden Gewinnen ostdeutscher Landwirtschaftsbetriebe bei, andererseits werden aber über die zweite Säule die für uns wichtigen Agrarumweltmaßnahmen finanziert.
Dieser ökologische Ansatz in der Bewertung der EUAgrarpolitik ist uns als Linksfraktion sehr wichtig. In Abwägung dieser Kalamität können wir uns an dieser Stelle nur enthalten.
Die Anhebung der Untergrenzen bei der Förderung wird von uns dagegen nicht unterstützt. Aus unserer Sicht würde diese Verfahrensweise vor allem zulasten von Kleinbauern außerhalb Deutschlands, speziell im osteuropäischen Raum, gehen. Das ist für uns unsolidarisch und deshalb nicht akzeptabel. An dieser Stelle erwarten wir
von Deutschland mehr Akzeptanz bei der Unterschiedlichkeit landwirtschaftlicher Produktionsbedingungen in den Mitgliedsländern.
Gegen den Strich geht uns Punkt 5 des Antrages. Ich bin der Ansicht, dass wir uns auch von Sachsen aus über die Welternährungslage Gedanken machen sollten. Aber das meinen Sie hier offensichtlich nicht. Sie sprechen von der globalen Ausrichtung der sächsischen Agrarwirtschaft. Anstatt den Menschen in Sachsen und der heimischen Agrarwirtschaft eine nachhaltige Perspektive zu geben, sprechen Sie vom globalen Anpassungsdruck. Sie erwähnen weder die Exportsubventionen in die Länder des Südens, die dort heimische Märkte zerstören helfen, noch sprechen Sie von den GVO-Exporten aus Übersee zu uns, noch sprechen Sie von den unsinnigen Transporten und Verarbeitungsketten in Zeiten des Klimawandels.
Als Menetekel nennen Sie stattdessen Cross Compliances, die nichts anderes aussagen, als die Verknüpfung von Prämienzahlungen mit der Einhaltung von Umweltstandards. Die Kontrollen und Nachweispflichten sind sicherlich aufwendig für die Landwirtschaftsbetriebe, aber sie sind für die Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen sowie für die Erhaltung eines guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustands der Flächen unumgänglich.
Wir haben erst vor wenigen Stunden über die dramatischen Folgen der Intensivierung der Landwirtschaft für die Artenvielfalt gesprochen. So konkret ist Politik! Sie können nicht auf der einen Seite Artenschutzprogramme für die Agrarlandschaft fordern und auf der anderen Seite die Kontrolle ökologischer Standards aushebeln wollen. Das ist unredlich, und damit konterkarieren Sie nicht zuletzt die gewiss nicht sehr weitgehenden umweltpolitischen Ziele der Bundesregierung.
DIE LINKE streitet für die ostdeutschen Landwirtschaftsbetriebe, aber wir stehen auch für Vorgaben im Umwelt- und Tierschutz. Insgesamt ist der Antrag nur unzureichend geeignet, die Zukunftsfähigkeit einer nachhaltigen Landwirtschaft in Sachsen sicherzustellen. Unsere Perspektiven sind Ernährungssouveränität, lebenswerte ländliche Räume und zukunftsfähige kleine wie große landwirtschaftliche Betriebe. Deshalb bekennen wir uns zur Stärkung der zweiten Säule, zu LEADER und anderen Werkzeugen zur Umsetzung einer fairen EU-Agrarpolitik europaweit und zu regionaler Wertschöpfung, die von den Menschen in den ländlichen Räumen ausgeht.
Wir halten es dennoch für richtig, sich gegenüber dem Bund zu den Fragen der EU-Agrarpolitik zu äußern. Ich erneuere deshalb meine Aussage, über den Antrag punktweise abstimmen zu lassen, um uns die Gelegenheit zu geben, unser Abstimmungsverhalten zu differenzieren.
Danke schön.
Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Um es vorwegzunehmen: Selbstverständlich ist es vernünftig, sich konsequent gegen den Handel und die Anwendung nicht zugelassener oder nicht genehmigter Pflanzenschutzmittel einzusetzen. Selbstverständlich wird sich DIE LINKE auch nicht gegen eine weitere Verbesserung der Kontrollen des Inverkehrbringens und der ordnungsgemäßen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in den Betrieben der Landwirtschaft, des Gartenbaues und der Forstwirtschaft stellen.
Aber ganz kommentarlos kann der Antrag der Koalitionsfraktionen bzw. die Stellungnahme der Staatsregierung dann doch nicht durchgewunken werden. Wir sehen die Problematik dann doch eher wie die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Angesichts der Verstöße gegen das Pflanzenschutzmittelrecht, die Umweltorganisationen mit großer Regelmäßigkeit aufdecken, klingt die Aussage der Staatsregierung in ihrer Stellungnahme zum Antrag wenig überzeugend, wonach in Sachsen im Bereich des Inverkehrbringens und der Anwendung verbotener PSM so gut wie keine Verstöße zu verzeichnen seien. Diese Aussage entspringt wohl eher einem realitätsfernen Wunschdenken. Dass nur wenige Verstöße aufgedeckt werden, liegt doch an der geringen Kontrolldichte vor Ort in Sachsen wie in anderen Bundesländern. Die Dunkelziffer bei Verstößen gegen das geltende Recht dürfte dagegen wesentlich höher ausfallen.
Ich will einen weiteren Aspekt anführen und damit die Dimension deutlich machen, die sich hinter dem durchaus richtigen Ziel der stärkeren Kontrolle des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln verbirgt, denn es geht hier eben um mehr als nur den Nachweis von PSM in Nahrungsmitteln, so wichtig das ist. Es geht eben auch um Belastungen für die Umwelt. Wer ist schon in der Lage, die Einhaltung beispielsweise der Abstandsregelungen zu Gewässern, die Auflagen zum Schutz vor Abschwemmungen oder die Abstandsauflagen zum Schutz von Saumbiotopen zu kontrollieren? Allein schon die Feststellung, welche Abstandsauflagen im konkreten Fall für die Gemarkung gelten, bedarf umfangreicher Recherchen. Hierzu gibt es auch noch ständig und mehrfach geänderte Auflagen.
Daran wird deutlich, wie undurchsichtig das ganze Kontrollgerüst aufgebaut ist. Wir können nur an das Verantwortungsbewusstsein der Land- und Forstwirte appellieren, von sich aus mit großer Sorgfalt darauf zu achten, dass Gefahren, die durch PSM für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für den Naturhaushalt entstehen können, vermieden werden.
Aber was wir verlangen können, sind verstärkte Kontrollen bei den Händlern und in den Betrieben sowie natürlich daraus Sanktionen abzuleiten.
Im zweiten Punkt soll sich die Staatsregierung nach dem Wunsch der Koalitionsfraktionen für die Harmonisierung der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln europaweit auf hohem Niveau einsetzen. Die Amtschefkonferenz der Agrarressorts der Länder fasste dazu am 17. Januar 2008 einen lakonischen Beschluss. Die Amtschefs „bitten das Bundesministerium für Ernährung, Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz, sich bei den künftigen Verhandlungen auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass eine Vereinfachung und Harmonisierung der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, eine verpflichtende gegenseitige Anerkennung nationaler Zulassungen und eine ausgewogene Gestaltung der Zulassungskriterien erfolgt.“ Seitdem verliert sich die Spur dieser Bitte im Nebel der Europapolitik.
Nur darf das eben nicht zu solchen Ergebnissen führen, wie sie Greenpeace in einer Studie vor zwei Monaten in Bezug auf die am 1. September 2008 in Kraft getretene Verordnung der Europäischen Gemeinschaft aus dem Jahr 2005 zur Änderung und Vereinfachung der Vorschriften über Pestizidrückstände in Lebensmitteln aufgedeckt hat. Fast 700 der zukünftig EU-weit geltenden Höchstmengen für Pestizide in Obst und Gemüse sind zu hoch. Durch die Angleichung der Pestizidhöchstmengen von Lebensmitteln in der EU wurden die deutschen Grenzwerte durch meist höhere EU-Grenzwerte ersetzt. Bei 570 Grenzwerten von Obst und Gemüse wird die akute Referenzdosis für Kinder überschritten. Fast 10 % der Grenzwerte für diese Sorten sind potenziell gesundheitsschädigend für Kinder. Bei 94 Grenzwerten wird die akzeptable tägliche Aufnahmemenge nicht eingehalten.
Ich wiederhole nochmals: Das wollen wir als Linke unter der Harmonisierung der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln europaweit auf hohem Niveau nicht verstanden wissen.
Lassen Sie mich gleich zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kommen. Zu diesem Antrag, dem wir selbstverständlich zustimmen werden, will ich dennoch zwei kurze Bemerkungen äußern. Im Antrag, der ja bereits vom April dieses Jahres stammt, wird unter Nummer 1 die Anschaffung von modernen Gas- und Flüssigkeitschromatografen vorgeschlagen. Ein Blick auf die Seiten 258 und 259 des Haushaltsplanentwurfs des Staatsministeriums für Soziales, Einzelplan 08, hätte aus unserer Sicht genügt, um zu erkennen, dass die Staatsregierung diesem Anliegen bereits nachgekommen ist. 2009 wird für die Ersatzbeschaffung von veralteter Technik, die teilweise seit 1990 genutzt wird, der Haushaltstitel der Landesuntersuchungsanstalt gegenüber 2008 um 411 000 Euro erhöht. 2010 verdoppelt sich fast der Mittelansatz gegenüber 2008. Damit dürfte zumindest dieser Punkt abgeklärt sein.
Die beiden anderen Forderungen, die Kontrollen auf Pestizidrückstände zu verstärken und die Informationen über die Kontrollergebnisse besser als bisher in den Medien darzustellen, treffen aus unserer Sicht den Kern
des Problems. Diesen Punkten wird die Linksfraktion selbstverständlich zustimmen.
Danke schön.
Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Lärm macht krank, das zumindest ist das Ergebnis zahlreicher Studien über den Zusammenhang zwischen einer dauerhaften
Lärmbelastung und der Zunahme von Herz-KreislaufErkrankungen. Eine dauerhafte Lärmbelastung führt nicht nur zu Schlafstörungen, sie kann bei Kindern auch deutlich deren Leistungsfähigkeit mindern. Diese Erkenntnisse sind nicht neu. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat sich im letzten Jahrzehnt mehrfach mit der Belästigung und gesundheitlichen Beeinträchtigung der Bevölkerung durch den Einfluss von Umgebungslärm befasst, so in dem Sondergutachten „Umwelt und Gesundheit“ und in den turnusmäßigen Umweltgutachten.
Die Sachverständigen raten unter dem Eindruck der wachsenden Zahl der Forschungsergebnisse und trotz noch fehlender Kausalitätsnachweise der Politik zum sofortigen Handeln. Ich zitiere aus dem Umweltgutachten 2004: „Unter diesen Voraussetzungen kann mit weiteren Maßnahmen nicht abgewartet werden, bis alle wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Störungen vorhanden sind, die durch Lärm verursacht werden.“
Dieser Handlungsauftrag erging 2002 bereits von der EU. Die Linksfraktion wollte nun nachhaken, wie es mit der Umsetzung der Umgebungslärmrichtlinie in Sachsen aussieht. Die Antworten der Staatsregierung auf unsere Große Anfrage vom 23. Februar dieses Jahres beschreiben den Stand als unbefriedigend. Es wurde deutlich, dass bei Weitem nicht alle planungspflichtigen Gemeinden den gesetzlichen Termin für die Ausarbeitung der Lärmaktionspläne, den 18. Juli 2008, einhalten konnten.
Für den Zeitverzug bei der Lärmaktionsplanung gibt es sicherlich ein ganzes Bündel von Gründen. Es fehlen zuerst staatlich vorgegebene Lärmwerte, bei deren Überschreitung in den Lärmaktionsplänen Lärmschutzmaßnahmen in Erwägung gezogen oder eingeführt werden sollen, wie es in der Antwort der Staatsregierung auf Frage 42 heißt. Das ist ungewöhnlich in Deutschland. Die planungspflichtigen Gemeinden mussten sich deshalb weitgehend auf den Sachverstand von Ingenieurbüros verlassen. Hinzu kommt, dass besonders hohe Lärmbelastungen an den verkehrlich stark frequentierten Autobahnabschnitten auftreten. Eine gewisse Reserviertheit bei den Kommunen hinsichtlich der gesetzlich vorgeschriebenen Aktionsplanung ist also durchaus verständlich. Nicht sie zeichnen verantwortlich für die Hauptlärmquellen, sie sind es jedoch, die sich mit den Folgen herumschlagen müssen.
Was uns als Linke negativ aufstößt, ist die Tatsache, dass die sächsischen Straßenbauverwaltungen und die DEGES, die für Autobahnen zuständige bundeseigene Gesellschaft, die Daten über die Lärmvorsorge und Lärmsanierung an Bundesfernstraßen detailliert erheben, nicht aber für den ureigensten Verantwortungsbereich, die Staatsstraßen. Die Datenlage hierfür ist äußert spärlich, wie aus den Antworten der Staatsregierung auf die Fragen 12 bis 15 der Großen Anfrage der Linksfraktion hervorgeht. Hierzu erwarten wir von Staatsminister Kupfer oder Staatsminister Jurk ein Angebot, wie dieser Mangel behoben und eine Übersicht und gezielte Steuerung von Lärmschutzmaßnahmen gewährleistet werden kann.
Dagegen ist aus der Statistik ersichtlich, dass die Ausgaben für Maßnahmen der Lärmsanierung an Staatsstraßen seit Jahren zurückgehen. Waren es 2007 nur noch 12 300 Euro, leistete sich der Freistaat vier Jahre zuvor noch Ausgaben von 166 400 Euro für die Lärmsanierung. Der Entwurf des Einzelplanes 07 für 2009 und 2010 enthält ebenfalls kein akzeptables Angebot. Da fragen wir uns schon, ob sich für die Staatsregierung die Lärmsanierung an Staatsstraßen etwa bereits erledigt hat? Und das, obwohl sie in der Antwort auf Frage 1 der Großen Anfrage sehr richtig feststellt, dass – Zitat – „Lärm auch für viele Menschen in Sachsen eines der vorrangigen Umweltprobleme darstellt“.
Ich denke, Landtag und Staatsregierung sollten das Problem der Lärmsanierung sehr ernst nehmen und den planungspflichtigen Gemeinden bei der Umsetzung der Aktionspläne verstärkt helfen.
Lassen Sie mich dazu einige Beispiele nennen, um die Problemlage deutlich zu machen, natürlich aus dem Bereich Straßenverkehr, denn dort findet sich die Hauptlärmquelle.
Es geht dabei um die nicht abreißenden Beschwerden von Menschen, die an den eigentlich als lärmsaniert geltenden Bundesautobahnen in Sachsen leben oder, besser gesagt, leben müssen. Da stand in der „Freien Presse“ Plauen vom 2. Oktober 2008 unter der Überschrift „Autobahnen nicht lauter als erlaubt“, dass sich die Gemeinderäte aus Neuensalz in ihrer jüngsten Sitzung darauf verständig hätten, eine sogenannte Lärmaktionsplanung vorzeitig abzubrechen, da der Autobahnlärm der A 72 im erlaubten Rahmen bleibe.
„Frankenhausen beschäftigt der Autobahnlärm der A 4 seit Jahren“, heißt es in einer Meldung der „Freien Presse“ Werdau vom 27. September. Zitat: „Besonders bei Nordostwind ist die Belästigung sehr groß. Es ist so, als fahren Autos durch das Haus.“ Trotzdem verzichtet die Gemeinde auf das Erstellen eines Lärmaktionsplanes, weil nach Voruntersuchungen keine Notwendigkeit bestehe.
Drittens. In der Gemeinde Bockelwitz verdirbt der Lärmschutz entlang der A 14 dem Bürgermeister die gute Laune, wie wir der „LVZ“ Döbeln im Juni entnehmen konnten, weil grenzwertige Dezibelpegel dem Gemeinderat die Entscheidung für eine Lärmaktionsplanung mit konkreten Lärmschutzmaßnahmen erschweren.
Sachlich ist zu konstatieren: In diesen und vielen weiteren Fällen haben die Gemeinden die Lärmaktionsplanungen eingestellt, weil die allgemein angewandten Beurteilungspegel von 55 Dezibel nachts und 65 Dezibel tags eingehalten oder nur geringfügig überschritten werden. Aber die Kommunen wissen, dass die Probleme der Lärmbelästigung fortbestehen. Der formale Rückzug ist also eher der Tatsache geschuldet, dass sie mit ihren Wünschen nach verbessertem Lärmschutz auf den Autobahnab
schnitten bei der DEGES bzw. im SMWA auf Granit gebissen und resigniert haben.
Dabei haben DEGES und SMWA mehr als nur eine moralische Verpflichtung zur Abhilfe der Lärmprobleme und Lärmauswirkungen.
Im Zuge des Ausbaues der betreffenden Autobahnabschnitte wurden deshalb auch Schallschutzanlagen zur Pegelminderung für die Anwohner in den angrenzenden Siedlungsbereichen vorgesehen. Der Haken daran ist: Die Berechnung der Verkehrsemissionen erfolgt bei Autobahnen ohne Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Grundlage der in Deutschland gültigen Richtgeschwindigkeit. Diese Richtgeschwindigkeit beträgt 130 km/h. Die real gefahrene Geschwindigkeit und damit der Lärmpegel auf sogenannten freigegebenen Autobahnabschnitten liegt jedoch deutlich höher, wie aus Straßenverkehrszählungen immer wieder hervorgeht. Mehr als die Hälfte der Verkehrsteilnehmer auf solchen Autobahnabschnitten fährt deutlich schneller als 130 km/h. Zusätzlich wird beim Schwerlastverkehr nahezu durchgehend die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h überschritten.
Das Fazit: In Summe ergeben sich daraus real deutlich höhere Lärmbelastungen, als sie im Rahmen der Berechnungen zur Lärmaktionsplanung zur Abwägung und Dimensionierung der Schallschutzanlagen im Rahmen der Ausbauprogramme für die Autobahn ausgewiesen sind.
In dieser Situation bleibt nur eine praktikable Lösung im Interesse der von Lärm gestressten Anwohnerinnen und Anwohner: Die Höchstgeschwindigkeit muss auf diesen Abschnitten mindestens auf die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h gesenkt werden.
Die Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit erweist sich auch auf innerörtlichen Abschnitten der Bundes- und Staatsstraßen als eine der wirksamsten und billigsten verkehrsorganisatorischen Maßnahmen. Die Effekte einer Senkung des Geschwindigkeitsniveaus von 50 auf 30 km/h sind vergleichbar mit denen einer Halbierung der Verkehrsmenge des betreffenden Straßenabschnittes. Man sollte meinen, dass sie deshalb vorrangig zur Anwendung kämen, wenn da nicht Vorbehalte der Behörden wären, die die Geschwindigkeitsbegrenzungen genehmigen müssen.
Meine Herren Staatsminister Jurk und Dr. Buttolo, vielleicht wäre es an dieser Stelle angebracht, die zuständigen Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet des Straßenverkehrswesens beispielsweise mit einem Erlass zu ermutigen, im Interesse der lärmgestressten Bevölkerung schneller zu reagieren.
Die Bekämpfung des Umgebungslärms in Sachsen steht erst am Anfang. Die 2006 gebildete interministerielle Projektgruppe „Umgebungslärmrichtlinie“ unter Leitung des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie muss weiterarbeiten.
Im Entwurf des Einzelplanes 09 ist für 2009 im LfULG eine befristete Stelle vorgesehen, die sich um die Umsetzung der Umgebungslärmrichtlinie kümmern soll. Warum nur für 2009 und nicht für Jahre verstetigt?
In den kommenden Jahren sollte der Schwerpunkt der Arbeit der Fachbehörden in der Unterstützung der Gemeinden bei der Umsetzung der in die Aktionspläne aufgenommenen Maßnahmen bestehen. Da das Gesetz keine Prüfung und Genehmigung der Aktionspläne vorsieht, muss der Erfahrungsaustausch mit den 102 Gemeinden gepflegt und gehegt werden, die durch Verkehrslärm von Bundesfernstraßen besonders betroffen sind.
Ob der Freistaat Sachsen einen Beitrag zur Finanzierung der Umsetzung der Maßnahmen leisten wird, konnte bei der Beantwortung der Großen Anfrage im Februar 2008 noch nicht beantwortet werden. Wir allerdings meinen, es kann nur ein Ja geben.
Denn ich erinnere Sie an den Rat der Sachverständigen im Umweltgutachten bereits aus dem Jahr 2004: Nicht abwarten, sondern handeln im Interesse der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger ist das Gebot der Stunde.
Danke schön.
Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Ich stelle zunächst für meine Fraktion fest, dass in dieser Debatte von allen Rednern der demokratischen Parteien die Lärmbelastung als vordringliches Umweltproblem aner
kannt wurde, auch wenn über Mittel und Wege zur Lärmminderung oder über die eine oder andere nicht gestellte Frage unterschiedliche Auffassungen bestehen.
Meine Damen und Herren! Das sollte eigentlich ein guter Ansatz sein für unseren Entschließungsantrag, den ich in weiten Teilen bereits mit meinem Redebeitrag eingebracht habe. Ich fasse die wichtigsten Aussagen zusammen.
Im ersten Teil unseres Entschließungsantrages geht es um ein schlichtes Bekenntnis: Erstens – das habe ich zumindest der Debatte entnommen – zu der hohen Bedeutung der EU-Richtlinie Umgebungslärm für die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger in Sachsen. Wie waren uns im Wesentlichen einig, dass dies ein vorrangiges Umweltproblem darstellt, wie es auch die Staatsregierung in der Antwort auf die Große Anfrage betont.
Zweitens. Wenn man diesem Punkt folgen kann, muss der nächste Schritt darin bestehen, sich zur Verantwortung des Freistaates zur Umsetzung der Richtlinie und damit zur Umsetzung der aus den Aktionsplänen abgeleiteten Maßnahmen in den Kommunen zu bekennen.
Drittens. Dieser Punkt ist ein Bekenntnis zur Geschwindigkeitsbekämpfung als eine effektive, billige und kurzfristig durchsetzbare Lärmminderungsmaßnahme. Was für den einen eine Selbstverständlichkeit ist, grenzt möglicherweise im Autoland Deutschland und speziell in Sachsen, wo rücksichtslose Raserei als ein individuelles Freiheitsrecht definiert wird, an einen Paradigmenwechsel. Aber, meine Damen und Herren, wer es mit der Lärmbekämpfung ehrlich meint, kommt an einer Geschwindigkeitsbegrenzung in sensiblen Straßenbereichen nicht vorbei.
Im zweiten Teil leiten wir aus den Bekenntnissen konkrete Handlungen ab.
Erstens. Zuerst sollten innerörtlich Geschwindigkeitsbegrenzungen von 30 km/h auf Bundes- und Staatsstraßen, insbesondere nachts, genehmigt werden.
Zweitens. Auf Autobahnabschnitten ohne Geschwindigkeitsbegrenzung soll in sensiblen Bereichen die Höchstgeschwindigkeit ganztags auf 130 km/h beschränkt werden.
Drittens. Es sollen Lärmminderungsmaßnahmen an besonderen Problempunkten in den Kommunen finanziell gefördert werden.
Herr Morlok, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie auf das Problem mit Verweis auf den Haushalt noch einmal aufmerksam gemacht haben. Herr Lichdi, der von Ihnen beklagte Aktionismus bleibt unter anderem deshalb an der Oberfläche, weil die Kommunen nicht wissen, wie sie die Lärmschutzmaßnahmen, die sich aus den Aktionsplänen ergeben, letztlich finanzieren sollen. Ich habe von Herrn Kupfer vernommen, dass er sich um das Finanzierungsproblem kümmern will. Diesbezüglich sind wir uns wieder einmal einig und können diesem Punkt zustimmen.
Es geht aber in diesem dritten Punkt auch um das Verwaltungshandeln, das sich stärker der individuellen Problemsicht der Betroffenen annehmen soll. Das, meine Damen und Herren, ist der Kern der EU-Richtlinie. Es geht nicht um technisch festgelegte Lärmpegel, sondern es geht um die Beseitigung von belästigenden oder gesundheitsschädlichen Geräuschen im Freien. Es geht um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger, und das sollte das Maß der Dinge sein. Daran sollten sich auch die Lärmschutzmaßnahmen orientieren. In diesem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zum Entschließungsantrag.
Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Die positive Botschaft des Umweltberichtes wird auch von der Opposition anerkannt.
Die Flüsse sind sauberer geworden, die Luft ist klarer. Es gibt mehr geschützte Räume für Tiere und Pflanzen und
es gibt viel beachtete Erfolge im Kampf um die Rettung von bedrohten Arten. Dabei ist es geradezu tragikomisch, dass die spektakulärsten Erfolge im Artenschutz häufig wenig Gegenliebe in der Öffentlichkeit erfahren und einige von ihnen von unterschiedlichen Lobbygruppen erbittert bekämpft werden.
Der eigentliche Zweck solcher Berichte besteht allerdings im Aufzeigen von Entwicklungsdefiziten als künftige Handlungsaufträge an die Staatsregierung. Die wichtigsten Probleme werden gleich im Vorwort benannt: Klimawandel, Ressourcenknappheit, Flächenverbrauch. Zu zwei dieser Themen möchte ich mich äußern.
Flächenverbrauch: Nach einem Rückgang der Flächeninanspruchnahme steigt dieser seit 2004 wieder deutlich an. Die guten Vorsätze nach der Jahrhundertflut – Stichwort Wasserspeicherfähigkeit und Rückhalteflächen – überlebten also lediglich einen Sommer. Sachsen setzt weiter auf Straßenneubau. Gewerbeparks und Industrieansiedlungen werden zu oft noch auf die grüne Wiese gestellt und Sachsens Kommunen weisen immer neues Bauland am Stadtrand aus, um dann im Innenstadtbereich Wohnungsleerstand zu bekämpfen. Mit weitreichenden Folgen: Wo Wiese und Acker unter Beton verschwinden, verschwinden auch ehemals dort beheimatete Tier- und Pflanzenarten, viele von ihnen für immer.
So fällt das Resümee der Aktivitäten im Kapitel Natur und Landschaftsschutz realistischerweise pessimistisch aus. Trotz Schutzgebietssystem, Biotopverbund und Artenschutzprogrammen muss bei der Entwicklung von Flora und Fauna konstatiert werden, dass Sachsen aufgrund des zunehmenden Aussterbens von Arten weiter verarmt und eine Trendwende seit 1990 nicht erreicht wurde. Mehr als 50 % der Farn- und Samenpflanzen und der Wirbeltiere stehen auf der „Roten Liste“.
Naturschutzvereine und zahlreiche Landbewirtschafter ackern inzwischen verbissen gegen den Trend des fortgesetzten Artenschwundes, indem sie unter anderem Biotope pflegen oder gezielt entwickeln – seit Jahrzehnten vielfach auch ehrenamtlich. Dafür wurden sie mit entsprechenden Förderinstrumenten unterstützt, aus Sicht der Naturschützer nicht gerade üppig, nie ausreichend, was den Gesamtbedarf an Maßnahmen betrifft. Immer wieder müssen Naturschützer und Landschaftspfleger dabei gegen bürokratische Hemmnisse ankämpfen. Als 2003 beispielsweise ein solches zentrales Förderinstrument der Biotoppflege, nämlich die Landschaftspflegerichtlinie, durch die Naturschutzrichtlinie abgelöst wurde, stauten sich die Anträge bei der Bewilligungsbehörde, weil die erforderliche neue Richtlinie der EU zu spät zur Bestätigung vorgelegt worden war. Als dann endlich im November die sächsischen Mittel flossen, konnte ein Großteil der beantragten Maßnahmen nicht mehr durchgeführt werden. Diese Verwaltungspanne findet natürlich keine Erwähnung im Umweltbericht. Nichtsdestotrotz hätte eine kritische Analyse möglicherweise neue Kalamitäten vermieden, denn was sich das SMUL mit der noch relativ
frischen Richtlinie „Natürliches Erbe“ geleistet hat, ist ein Schildbürgerstreich ohne Beispiel. Wie sich die Bilder gleichen: Die alte Naturschutzrichtlinie lief wieder völlig überraschend für die Behörde Ende 2007 aus. Die neue wurde wieder viel zu spät in Brüssel eingereicht. Die Übergangslösung von allgemeinen Ausschreibungen von Pflegeleistungen mussten die Umwelt- und Landschaftspflegeverbände als Affront gegen ihr jahrelanges Engagement in der Biotoppflege verstehen.
Anfang September sollen nun die Zuwendungsbescheide rausgegangen sein. Es ist bereits wieder Herbst. Doch damit fließen längst nicht alle Mittel. Für investive Maßnahmen konnten zwar Anträge schon im Frühjahr gestellt werden, aber zumindest bis Mitte dieser Woche wurden die Anträge durch die Naturschutzbehörden nicht bearbeitet, weil – man höre und staune – die entsprechende Behandlungsrichtlinie noch nicht vorliegt. Ist das nun Unfähigkeit oder Böswilligkeit? Oder sollte die großartige Funktionalreform – –
– die Landesbehörde völlig handlungsunfähig gemacht haben?
Herr Staatsminister Kupfer, ich fordere Sie auf, sich heute und hier dazu zu äußern, wann und wie Ihr Haus gedenkt, diese dringende Angelegenheit endlich zum Abschluss zu bringen. Es geht hier um ganz praktischen Naturschutz und ganz nebenbei geht es auch um ganz konkrete Arbeitsplätze in der Landschaftspflege.
Danke schön.
Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Die Oberlausitzer sind zugegeben ein eigenwilliges Völkchen.
Weil die Abwanderung vor allem junger Menschen problematisch betrachtet wird, sollte man annehmen, dass im umgekehrten Fall allenthalben eitel Freude herrscht – noch dazu, da die Zuwanderer der Region bereits einen spürbaren Imagegewinn gebracht haben.
Aber weit gefehlt. Schuld daran ist der allgemein schlechte Ruf, der der Sippe des aus Polen illegal eingewanderten ersten Neuankömmlings anhaftet.
Der Wolf, meine Damen und Herren, spaltet die Bevölkerungsmeinung vor Ort. Die Nachwirkungen dessen, was an unzähligen Kinderbettchen der vergangenen Jahrhunderte unter anderem durch grimmsche Erzählkunst für Schaden angerichtet wurde, konnte man besonders ab dem Jahr 2004 bei diversen Veranstaltungen im NOL oder auch im Kreistag live erleben. Es brauchte ganze acht Jahre vom Auftauchen des ersten Wolfes 1996 in der Lausitzer Heide bis zum ersten Antrag auf eine Abschussgenehmigung. Damals hatte sich gerade einmal ein kleines Rudel in der Muskauer Heide etabliert. Für mich kommen da keine Zweifel auf, wer der gefährlichste Prädator auf Erden ist.
Der Biologe Dr. Wolfgang Epple kommt denn auch in einem Beitrag des Südwestfernsehens unter dem Titel „Das Tier Mensch – ein Nutzungsprimat“ zu der Einschätzung: „Der Wolf findet keinen Frieden. Jede Beeinträchtigung menschlicher Interessen löst Verfolgungs- und Vernichtungsstrategien aus. Tierpopulationen werden nur in dem Maße geduldet, wie sie praktisch unauffällig
bleiben.“ Ich könnte ergänzen: Der Kormoran, der Fischotter, der Biber – das sind die Tierarten, die allein in den Stellungnahmen zum Gesetzentwurf als Problemarten genannt werden – sie alle finden keinen Frieden mehr. Deshalb sind sie geschützt – was allerdings in der Praxis aufgrund der Überlagerung verschiedenster schutzwürdiger Arten und Lebensräume, unterschiedlicher Schutzinteressen und -kategorien doch nicht immer einfach handelbar ist. Dafür habe ich sogar bedingtes Verständnis. Wir leben nun einmal in einer dicht besiedelten Kulturlandschaft – da bleiben Konflikte nicht aus.
Bezüglich des Wolfes kommt deshalb der Sächsische Schaf- und Ziegenzuchtverband e. V.
zu der Forderung, dass – ich zitiere – „der Wolf umgehend zum jagdbaren Wild erklärt und alsbald bewirtschaftet werden muss“. – Herr Prof. Mannsfeld, Sie hatten die gleiche Stelle zitiert. Diese schnellen Rufe nach radikalen Lösungen entspringen einer egozentrischen KostenNutzen-Sichtweise auf unsere Mitwelt. Das ist eine Ursache für das bis in die Gegenwart anhaltende Artensterben.
In Europa muss der Mensch nach ihrer fast restlosen Ausrottung wieder lernen, mit großen Beutegreifern zu leben. Insbesondere der traditionellen Jägerschaft wird dabei eine regelrechte Katharsis abverlangt, die mit einer Abkehr von der althergebrachten Auffassung von Hege einhergehen muss. Das Argument des Landesjagdverbandes Sachsen zur Ausrottung des Muffelwildbestandes durch den Wolf zieht eben nicht; denn das Wildschaf wurde bekanntermaßen nur für den Jagdsport erst in den Siebzigerjahren bei uns angesiedelt – in einer Gegend, die nichts mit seinem natürlichen Lebensraum auf Korsika gemein hat. Ein solcher Prozess des Umdenkens braucht natürlich seine Zeit. Hitzige Debatten und Überreaktionen gehören wohl dazu. Sie sind auch zu ertragen, solange der herausragende Schutzstatus des Wolfes auch nachts auf dem letzten Hochsitz im Wald akzeptiert wird.
Im Rahmen eines internationalen Wolfssymposiums in Rietschen im Herbst 2007 berichtete beispielsweise Prof. Okarma von der Universität Krakow von Überlegungen über Regelungen für begrenzte Abschüsse, weil man damit der illegalen Wilderei zu begegnen hofft, die inzwischen für ein wirksames Wolfsmanagement in Polen zum Problem geworden ist. Eine solche Strategie ist selbstverständlich keine Option für unsere Jäger. Aber: Es darf nicht zum Problem der Gesellschaft erklärt werden, wenn die Jagdstrecken durch Wolf, Luchs oder Bär zurückgehen – wenn sie überhaupt zurückgehen.
Nach einer Studie „Wolf, Jagd und Wald in der Oberlausitz“ aus dem Jahr 2006 ist – Zitat – „ein quantitativer Einfluss der Wölfe auf die Schalenwildpopulationen nicht erkennbar“. Deutschlandweit vollzieht sich allerdings ein Rückgang der Wildstrecken unabhängig davon, ob es sich um ein Wolfsgebiet handelt oder nicht. Die Sorge der Jäger, die ihre Felle entschwinden sehen, rührt also von
einer Entwicklung her, deren Ursachen vielgestaltig sind. Unabhängig davon aber ist das Wildtier gerade deshalb ein Wildtier, weil eben kein Jagdpächter oder Waldbesitzer darauf einen Eigentums- und damit Entschädigungsanspruch erheben kann. Es ist allerdings schon das Problem der Gesellschaft, wenn der Schäfer, wenn andere Nutztierhalter durch den Wolf Tiere verlieren. Darauf reagiert der Gesetzentwurf, indem er Entschädigungsausgleiche nun auch für Private regelt. Das war längst überfällig und ist deshalb vorbehaltlos zu unterstützen.
Es wird in der Zukunft insbesondere mit dem Anwachsen der Wolfspopulation immer wieder zu Interessenskollisionen kommen. In der Oberlausitz wurde frühzeitig ein professionelles Wolfsmanagement eingerichtet, das die Bestandsentwicklung wissenschaftlich begleitet, Schadensfälle dokumentiert, eine vielschichtige Öffentlichkeitsarbeit betreibt und eng mit Tierhaltern, Naturschutzvereinen und Behörden zusammenarbeitet. In unbestimmter Zukunft, wenn sich die Wolfspopulation entsprechend entwickelt hat, werden innerhalb des Wolfsmanagements als Schutzmaßnahmen im Einzelfall vielleicht auch Vergrämungs- oder sogar letale Maßnahmen zu diskutieren sein.
Eine solche Entscheidung wird behördlich aufgrund sachlicher Erwägungen getroffen. Sie kann nie eine Reaktion auf Druck einer einzelnen Lobbygruppe sein. Dazu besteht allerdings bei uns gegenwärtig überhaupt kein Anlass; dazu ist die Wolfspopulation in Deutschland noch viel zu klein und instabil. Der Wolf steht gegenwärtig auf der Roten Liste und darf nicht bejagt werden. Punkt.
Das umstrittene Thema Wolf wird weiter die Gemüter der Menschen nicht nur in meiner Heimatregion bewegen. Es ist gut, dass das SMUL in Sachsen von Anfang an die natürliche Wiederansiedlung des Wolfes als positives Signal im Kampf um den Erhalt der Artenvielfalt unterstützt hat.
Dem Gesetzentwurf wird die Linksfraktion zustimmen.
Danke schön.
Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Unsere cleveren Marketingstrategen haben das Thema „biologische Vielfalt“ längst als wirksamen Träger von Werbebotschaften entdeckt. Da werden Neuwagen beispielsweise mit einem seltenen Schmetterling oder dem vom Aussterben bedrohten Braunbären beworben. Das ist geradezu perfide; denn es sind besonders der wachsende Autoverkehr und die
Zerschneidung der Landschaft, die nicht nur Schmetterling und Braunbär den Raum zum Leben nehmen. Außer Acht gelassen wird dabei, dass es um unsere natürlichen Lebensgrundlagen geht – das wichtigste Gut, das Menschheit, menschliches Sein überhaupt erst ermöglicht.
Die Hälfte der Arten und ein Drittel der Lebensräume Sachsens sollen sich nach einem ersten Bericht über den Zustand nach der EU-Naturschutzrichtlinie in unzureichendem Zustand befinden. Ein erster Bericht Sachsens liegt vor. Das Bewertungsergebnis könne als Teil eines Barometers für die biologische Vielfalt genutzt werden, heißt es im SMUL. Den Bericht der Bundesregierung erhielt ich; den sächsischen Bericht finde ich nicht, weder im Internet noch in Broschur.
Die Bundesregierung unterrichtete den Deutschen Bundestag über die „Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt“. Aus Sachsen kam im Vorfeld anstatt konstruktiver Mitwirkung eine lange Meckerliste.
Umweltdaten und Umweltbeobachtungssysteme, die zur Überwachung der Zielerreichung notwendig sind, seien vielfach nicht vorhanden. Bei der Einrichtung der Systeme und der Erhebung der Daten müsse mit erheblichen Kosten gerechnet werden. Es sei versäumt worden, den zur Umsetzung der Strategie erforderlichen Konsens in den betroffenen Nutzergruppen herzustellen. Und: Die Zielwerte der Strategie seien vielfach unrealistisch.
Angesichts dessen sage ich nur: Damit werden die Dramatik der Entwicklung und die eigene sächsische Verantwortung für einen dringend notwendigen globalen Umkehrprozess beim Artensterben ein weiteres Mal völlig verkannt.
Wenn das der sächsische Weg zum Stopp des Artensterbens sein soll, muss er in einer Sackgasse enden.
Die Staatsregierung ist im Übrigen der Auffassung, dass neben der Zieldefinition und Umweltbeobachtung in geringer räumlicher Auflösung nicht das konkrete Handeln vergessen werden dürfe. So steht es jedenfalls in ihrer Antwort auf die Große Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die vor zwei Tagen ausgegeben wurde.
Selbstverständlich, Herr Prof. Mannsfeld. Ich darf aber kurz darauf verweisen.
Das ist eine durchaus tiefschürfende Erkenntnis. Ich zitiere gleich noch Prof. Wöller aus der Pressemitteilung zum Aktionstag: „Nichts tun ist teurer als Handeln!“ – Ja, Herr Staatsminister, da haben Sie zweifelsohne recht. Nur kommt es mir so vor, als ob Sie zum Beweis in Sachsen 2008 einen „Feldversuch“ gestartet haben, um mit dem
Vorenthalten von Fördermitteln ganz praktisch zu beweisen, dass Nichtstun im Biotopschutz tatsächlich teurer ist als Handeln. Das ist unnötig. Brechen Sie diesen „Feldversuch“ schnellstens ab und stellen Sie Naturschutzvereinen und Landschaftspflegeverbänden endlich die notwendigen Mittel für Pflegemaßnahmen zur Verfügung!
Wir haben in einem eigenen Änderungsantrag dazu einen Weg aufgezeigt. Unser Änderungsantrag erweitert den Ursprungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema „Biologische Vielfalt im Freistaat Sachsen sichern!“, den wir natürlich vorbehaltlos unterstützen. Es bedarf dringend – ich sage das an dieser Stelle nicht zum ersten Mal – einer Landesstrategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt, auch wenn wir inzwischen – Herr Prof. Mannsfeld, da teile ich Ihre Skepsis – etwas vorsichtiger geworden sind, ob wir das Artensterben bis 2010 überhaupt noch stoppen können. Dazu steckt die Karre inzwischen zu tief im Dreck. Es wird wohl noch erheblich länger brauchen, um durchgängig eine Wende zum Besseren zu erreichen. Die Zielsetzung ist dennoch nicht überflüssig.
Die Fraktion DIE LINKE stimmt selbstverständlich auch dem Antrag der Koalitionsfraktionen zu, in dem die Staatsregierung um einen Bericht zum Thema ersucht wird. Wir haben nicht ohne Grund mit unserer Großen Anfrage zur Zwischenbilanz über den Schutz der FFHGebiete auf Defizite bei der Umsetzung des Europäischen Netzes Natura 2000 aufmerksam machen wollen. Wäre man damals unserem aus den Antworten auf die Große Anfrage resultierenden Entschließungsantrag gefolgt, wären wir heute bereits einen konkreten Schritt weiter. Aber wir kennen ja diese parlamentarischen Spielchen und sind an dieser Stelle nicht nachtragend.
Ich kann es Ihnen nicht ersparen, auf eine weitere Bedrohung der biologischen Vielfalt zu sprechen zu kommen. Sie ahnen es: Es geht um die Bedrohung durch die AgroGentechnik. Auf über 114 Millionen Hektar weltweit werden inzwischen gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut. Es dominieren herbizid- und insektenresistente Pflanzen. Ihr Anbau ermöglicht den Einsatz von Totalherbiziden, das heißt, alle Pflanzen – außer den gentechnisch veränderten – werden vernichtet. Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Wollen Sie das für Sachsen? Wollen Sie den Rückgang von Wild- und Ackerunkräutern bis zu deren Aussterben? Ich denke, nein.
Nun sind wir in Sachsen zum Glück noch nicht von dramatischen Entwicklungen in dieser Größenordnung betroffen. Aber die Agrokonzerne haben mit dem Anbau von gentechnisch verändertem Mais MON 810 bereits den Fuß in der Tür. Der Maiszünsler, der mit dem gentechnisch veränderten Mais bekämpft werden soll, ist nur in ganz wenigen sächsischen Gebieten ein wirtschaftliches Problem, und auch das meist nur, wenn die gute fachliche Praxis nicht eingehalten wurde oder nicht
eingehalten werden konnte. Trotzdem hat die aggressive Markteinführungsstrategie von Monsanto Erfolg.
Es wird zünslergiftproduzierender Mais in Gebieten angebaut, in denen es gar keine wirtschaftliche Bedrohung durch den Schädling gibt. Es wird also ein Problem gelöst, das keines ist. Gleichzeitig werden neue Probleme geschaffen.
Diese durch Agro-Gentechnik in der Praxis entstehenden Gefahren für die biologische Vielfalt müssen immer wieder benannt werden. Da ist zunächst die Unkontrollierbarkeit der Ausbreitung der gentechnisch veränderten Pflanzen in die Umwelt über Auskreuzungen zu nennen. Denn wenn die neuen Gensequenzen der Pflanze einen Standortvorteil verschaffen, werden sie innerhalb kürzester Zeit andere Pflanzen verdrängen, ohne dass wir eine Chance haben, ihre Ausbreitung wieder zu stoppen. Hinzu kommt die reale Gefahr, dass sich Resistenzen gegen Pflanzenschutzmittel auf andere Unkräuter übertragen und dadurch sogenannte Superunkräuter entstehen.
Aber auch genetisch veränderte Pflanzen ohne einheimische Kreuzungspartner, wie der Mais, stellen ein Umweltrisiko dar, wenn ihre Pollen von Insekten aufgenommen werden oder wenn sie Bodenorganismen beeinflussen, indem sich das vom gentechnisch veränderten Mais produzierte Toxin im Boden anreichert.
Diese Pflanzen, meine Damen und Herren, sind kreuzgefährlich. Die Agrotechnik gehört nicht auf die Felder in Sachsen und die Staatsregierung muss hier endlich aktiv werden.
Vorbild kann hier der Hessische Landtag sein. Dort hat man einen mutigen Beschluss gefasst, der dafür sorgt, dass keine gentechnisch veränderten Pflanzen auf landeseigenen Flächen angebaut werden. Der Antrag kam von den GRÜNEN und wurde von der SPD und den Linken unterstützt. Herr Wöller, ich fordere Sie ausdrücklich auf, diesem Beispiel zu folgen und den Antrag auf Sachsen zu übertragen.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! „Der Schutz der biologischen Vielfalt ist neben dem Klimaschutz die zentrale ökologische Herausforderung des 21. Jahrhunderts“, so Staatsminister Wöller. In Sachsen aber geriet gerade die Biotoppflege mit der neuen Förderperiode „ins Stocken“, wie es regierungsamtlich verlautet.
Die Mitglieder der Linksfraktion würden zu gern erfahren, warum es in den Vorjahren nicht möglich war, eine Förderrichtlinie für Maßnahmen der wiederkehrenden Biotoppflege ab 2008 zusammenzubasteln, die bei der Europäischen Kommission grünes Licht erhält. Es war doch langfristig bekannt, dass die alte Richtlinie am 31.12.2007 ausläuft.
Nun bieten Sie, Staatsminister Wöller, kleinlaut eine Übergangslösung an, nach der die Durchführung der Naturschutzpflege ab September beginnen soll. Wenn Sie
meinen, mit dieser Übergangslösung in diesem Jahr die Biotoppflege sicherstellen zu können, und wenn Sie meinen, dass die Fördersätze auskömmlich sein werden, dann irren Sie. Ich möchte auf die Schreiben der sächsischen Naturschutzvereine hinweisen, in denen auf den unhaltbaren Zustand ausbleibender Förderung der Biotoppflege hingewiesen wurde. Am 18. März 2008 schrieb Ihnen einer der Vorsitzenden – ich zitiere auszugsweise –: „Diese Situation ist äußerst unbefriedigend, da keine Förderanträge gestellt werden können. Mit den Pflegemaßnahmen muss – wie jedes Jahr im Mai – bereits begonnen werden. Die Beweidung bei einer Pflege mit Rindern oder Schafen läuft bereits seit Jahresbeginn.“
Und weiter: „Die veröffentlichten Fördersätze für die B-1-Maßnahmen sind aus naturschutzfachlicher Sicht ebenfalls nicht nachvollziehbar. Beispielsweise ist bei den Pflegesätzen mit mittlerer und hoher Erschwernis keine zweite Mahd vorgesehen. Da auf den betreuten Naturschutzflächen in FFH-Gebieten die Mahd nicht in Abhängigkeit von der Verwertung des Mähgutes, sondern von vorhandenen geschützten Tier- und Pflanzenarten durchgeführt wird, kann ohne die erforderliche Aufwandsentschädigung auf diesen Flächen keine zweite Mahd mehr durchgeführt werden.“
In den Naturschutzvereinen und Landschaftspflegeverbänden macht sich Verbitterung breit, weil die Leistungen zur Biotoppflege ab Juli ausgeschrieben werden sollen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verbänden sind Fachleute. Sie kennen die Pflanzen und Tiere, haben die Schutzgebietsflächen über Jahrzehnte beobachtet und zum Teil wissenschaftlich untersucht. Die Pflegemaßnahmen sind nach den besonderen Bedürfnissen der am stärksten gefährdeten Arten ausgerichtet. Oftmals sind Mahd- oder Pflegezeitpunkt sehr stark von der Jahreswitterung abhängig.
Wir fordern die Staatsregierung auf: Tun Sie alles zur maximalen Beschleunigung der Förderung. Nutzen Sie die Spielräume, die das sächsische Haushaltsrecht zur Vereinfachung der Förderung bietet, und verstecken Sie sich nicht weiter hinter der EU. Ich denke, dass wir nicht Landschaftspfleger und Naturschutzvereine für Unterlassungssünden des SMUL verantwortlich machen dürfen.
Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordnete! In der 1. Lesung des Gesetzentwurfes der Linksfraktion am 12. Dezember 2007 im Sächsischen Landtag habe ich zu Sinn und Zweck der von uns begehrten Änderungen im Sächsischen Wassergesetz ausführlich gesprochen. Auch im Ergebnis der öffentlichen Anhörung zum Gesetzentwurf vor dem Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft kommen wir zu keinem anderen Ergebnis. Die Änderungen sind richtig und wichtig.
Auf drei Änderungen möchte ich an dieser Stelle ausführlicher eingehen.
Erstens. Der völlige Verzicht auf das gesetzlich verbriefte Vorkaufsrecht des Freistaates für Grundstücke in Hochwasserentstehungsgebieten und in Überschwemmungsgebieten, die ohne förmliches Verfahren festgesetzt sind, entbürokratisiert und beschleunigt den Grundstücksverkehr. Dieser Verzicht ist berechtigt, weil der Freistaat nach unseren Erkenntnissen bisher in den von mir genannten Gebieten keine Grundstücke erworben hat oder zu erwerben gedenkt.
Zweitens. Die Regelung in § 100 Abs. 3 Sächsisches Wassergesetz, nach der Überschwemmungsgebiete kraft Gesetzes gelten, wenn diese Gebiete in Arbeitskarten der
zuständigen Wasserbehörden oder technischen Fachbehörden dargestellt sind, ohne dass es der Festsetzung durch Rechtsverordnung bedarf, soll Ende 2008 außer Kraft treten. In der Anhörung wurde dieser Vorschlag von der Vertreterin des Städte- und Gemeindetages heftig kritisiert. Diese Kritik ist unangebracht. Die Regelung war erst in der 2. Lesung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Wassergesetzes im Juni 2004 per Änderungsantrag der CDU-Fraktion in das Gesetz aufgenommen worden.
Dabei hatte ein Rechtsgutachten des Juristischen Dienstes des Sächsischen Landtages einen Monat vorher durchgreifend rechtliche Bedenken gegen die Rechtsnatur der zum damaligen Zeitpunkt ebenfalls beabsichtigten Form der Ausweisung von Hochwasserentstehungsgebieten in Arbeitskarten aufgezeigt. Ich will aus diesem Rechtsgutachten zwei Stellen zitieren, weil die rechtlichen Probleme der daraufhin fallen gelassenen Vorschrift für Hochwasserentstehungsgebiete und der in das Gesetz aufgenommenen Vorschrift für die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten identisch sind. Die erste Stelle findet sich auf Seite 6 des Gutachtens: „Im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes möglicher Betroffener durchgreifend problematisch erscheint bereits, dass die Karten in ihrer rechtlichen Natur in keiner Weise definiert werden. Eine Karte ist ein Werkzeug der bildlichen Darstellung, wie es allgemein insbesondere aus den Bereichen Geometrie und Geografie bekannt ist. Als Rechtsbegriff ist der Begriff Karte hingegen nirgends definiert.“
Die zweite Stelle findet sich auf Seite 8: „Ohne derartige wesentliche Verbesserungen, einschließlich der Klarstellung, in welcher Rechtsform die Karte letztendlich erlassen werden soll, erscheint die jetzt vorgesehene Regelung nicht verfassungsgemäß.“
Alles Weitere konnten Sie, meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, im juristischen Gutachten selbst nachlesen, um zu der gleichen Überzeugung zu gelangen wie wir. Vorwerfen können Sie uns höchstens, dass wir vorgeschlagen haben, dieses Verfahren nicht sofort, sondern erst am 31. Dezember 2008 wegfallen zu lassen.
Drittens. Wir sehen die unmittelbare Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Aufstellung und an der Fortschreibung der Abwasserbeseitigungskonzepte als unumgänglich an. Dafür wird meine Fraktionskollegin Andrea Roth in der zweiten Runde nochmals vehement werben.
Viertens. Einige Bemerkungen zur Änderung in § 136, alte wasserrechtliche Entscheidungen: Mit der Neufassung des § 136 Sächsisches Wassergesetz, der die Gültigkeit von alten wasserrechtlichen Entscheidungen regelt, sollen die mit der Gesetzesänderung im Jahr 2004 aufgebauten außerordentlich hohen Hürden wieder beseitigt werden. Danach hat ein altes Recht nur Bestand, zu dessen Ausübung am 1. Juli 1990, dem Tag des Inkrafttretens der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion, rechtmäßige und funktionsfähige Anlagen vorhanden waren. Das klingt ja noch annehmbar.
Die hohen Hürden werden erst aus der Begründung zu dieser Gesetzesänderung ersichtlich. Dies ist an und für sich schon fragwürdig.
Als rechtmäßig und funktionsfähig vorhanden gilt eine Anlage, „die die Ausübung der zugelassenen Benutzung auch nach Zweck, Art und Ausmaß (Umfang) der einmal bestehenden Zulassung ermöglichte“.
Nun bekommen wir erklärt, die zuständigen Wasserbehörden hätten vom ersten Tag an diese und keine anderen Kriterien für das Fortgelten alter Wasserrechte verwendet.