Andreas Texter

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Last Statements

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie können sich sicherlich denken, dass ich heute in Vertretung meines Kollegen Schütt hier stehe und seine Rede vortrage, da er kurzfristig einen anderen Termin wahrnehmen muss.
Man könnte denken, wenn man die „BauernZeitung“ liest, dass es zunächst eine gute Nachricht gibt, dass es eine leichte Tendenz gibt, dass der Milchpreis in den zurückliegenden Wochen und Tagen etwas angestiegen ist. Das ist sicherlich eine frohe Botschaft, aber das ist natürlich im 1-bis-2-Cent-Bereich zu sehen. Und demgegenüber steht sicher die schlechte Nachricht, dass es noch lange dauern wird, Monate vergehen werden, ehe auskömmliche Milchpreise am Markt erzielt werden können.
Kollege Krüger hat in seiner Einbringungsrede umfänglich von den Marktmechanismen gesprochen, auf die Beziehungen zwischen Markt, Erzeuger, Verarbeiter hingewiesen, sodass ich mich darauf nicht weiter beziehen werde.
Schon jetzt sind viele Landwirte, gerade diejenigen, die nur Milch produzieren, insolvenzgefährdet, deshalb gilt es natürlich, alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Landwirte zu unterstützen. Dabei geht es beispielsweise um rechtzeitige Auszahlung der Mittel für von Landwirten erbrachte gesellschaftliche Leistungen im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen oder aber beispielsweise um das Einfrieren von Pachtzinsen bei Neuverträgen. Darüber haben jüngst Landwirte geklagt, dass zum Beispiel Gelder für die Erbringung von Leistungen im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen noch nicht vollständig überwiesen worden sind. Diese Situation, so hat das Ministerium auch erklärt, ist geklärt und es gibt die Aussage, dass den Landwirten keinerlei Nachteile entstehen sollen und dürfen.
Des Weiteren beklagen Landwirte sich darüber, dass bei der Gestaltung von neuen Pachtverträgen seitens des Landes die Pachtzinsen erheblich, teilweise über 20 Prozent angehoben werden sollen. Meine Fraktion geht davon aus, dass das angekündigte Moratorium für Pachtzinsen nicht nur für laufende Verträge, sondern auch für neu abzuschließende Verträge gilt. Hier sollte man darüber nachdenken, ob nicht im Interesse der existenzgefährdeten Landwirte die laufenden Pachtverträge um zwei Jahre verlängert werden.
Meine Damen und Herren, die Milchkrise wird uns sicherlich noch lange Zeit begleiten. Seitens der Europäischen Union, aber auch der Bundes- und der Landesregierung wurden Maßnahmen ergriffen, um die betroffenen Unternehmen zu unterstützen. So haben gerade die Bundesregierung und der Bundestag einen Pakt für die Landwirtschaft beschlossen.
Der Pakt für die Landwirtschaft enthält folgende Forderungen:
1. Liquiditätshilfen und Bürgschaftsprogramm
2. steuerliche Erleichterungen
3. Nutzung der Instrumente zur Verbesserung der Markt
stellung und der Branche selbst
4. mittelfristige Verschärfung des Wettbewerbsrechts
5. Nachhaltigkeitsprogramm und
6. Selbstverpflichtung der Politik
Also alle Beteiligten sind sich klar darüber, dass die Milchmenge, also das Angebot, verknappt werden muss.
An dieser Stelle eine persönliche Anmerkung von mir: Vor vier Wochen hat mir ein Landwirt aus der Nähe von Rostock erzählt, dass er seine 270 Milchkühe verkauft hat. Da könnte man sagen, na gut, das ist schlimm, er wird seine Produktion umstellen. Aber auf meine Frage, wo sind denn die Milchkühe hin, sagte er, sie sind an andere Milchbauern verkauft worden.
Das heißt, genau die Verknappung oder die Verringerung der Milchmenge findet durch Verkauf von Milchkühen oder die Aufgabe von Existenzen eben nicht statt. Das ist ein Problem. Und auf meine Nachfrage hat mir gestern Abend beim Sommerfest der Präsident des Bauernverbandes Detlef Kurreck eben auch genau diese Situation bestätigt. Das ist also nicht nur im Einzelfall so, sondern...
Der hat schon lange keine Kühe mehr, richtig. Das ist aber nicht ganz neu, Herr Minister, das ist schon ein paar Jahre so. Sie wissen das sicherlich.
Aber ich spreche hier von der derzeitigen Situation und das hat mir eben auch bestätigt, dass dieser Effekt oftmals nicht eintritt, sondern die Milchkühe einfach nur auf andere Betriebe verteilt werden und somit nicht aus der Milchproduktion verschwinden.
Über den Weg dahin streiten sich die Beteiligten, allerdings steht für meine Fraktion fest, dass an vielen Stellschrauben gedreht werden muss, um eine Lösung zu finden. Nur bei Schaffung der steuerlichen Risikoausgleichsrücklage, der Unterstützung der landwirtschaftlichen sozialen Sicherungssysteme, Anpassung der Pachtzinsen, Erhalt der Liquidität – ganz wichtig – und, möglicherweise sehr schwierig, Abmilderung von bürokratischen Lasten, aber auch der Unterstützung von ausstiegswilligen Milchviehhaltern gibt es eine Zukunft der Milchviehhaltung in unserem Land.
Es gibt eine breite Palette von Maßnahmen, die es umzusetzen gilt. Vor diesem Hintergrund gilt es, sowohl die Beschlüsse der Agrarministerkonferenz umzusetzen als auch die zügige Auszahlung von Geldern und die Zusagen hinsichtlich der Pachtzinsen für landeseigene landwirtschaftliche Flächen umzusetzen. Ich hoffe, dass die Sonderagrarministerkonferenz, der Minister hat darüber ausführlich berichtet, auch wirklich zu Maßnahmen führt, die dann den betreffenden Bauern und der Landwirtschaft helfen, denn die Anmerkung ist ja völlig richtig, es betrifft den ländlichen Raum und nicht nur Einzelexistenzen. Da gebe ich Ihnen völlig recht, Herr Minister.
Dem vorliegenden Antrag wird meine Fraktion selbstverständlich selbstredend auch im Interesse der Bauern und
der vor- und nachgelagerten Produktionsbereiche zustimmen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Einbringende selbst, also Herr Pastörs, hat ja auf den Antrag hingewiesen, den wir in der Junisitzung 2012 auf der Drucksache 6/820 bereits hatten. Der Unterschied zu der heutigen Drucksache besteht im Wesentlichen darin, dass man sie etwas erweitert hat und die Mitgliedsstaaten der NATO bei den Waffenlieferungen, wie es der Antrag ausdrückt, einschließt.
Das ist also der Unterschied zu damals.
Es ist auch schon gesagt worden, damals ging es im Wesentlichen um die U-Boot-Lieferungen an Israel. Ich bin damals ausführlich darauf eingegangen und der Rede ist grundsätzlich auch nichts hinzuzufügen. Was ich ergänzen möchte, ist, Sie hatten die Höhe der Exporte in Zahlen genannt, was Sie allerdings nicht genannt haben, Herr Pastörs, ist die Tatsache, dass Genehmigungen schon seit Jahren vorliegen, das stimmt, und in Einzelfällen ist es eben so, dass bei der Höhe der ausgewiesenen Exporte zum Beispiel zwei Tankflugzeuge drin sind,
die schon einen Wert von deutlich über 1 Milliarde Euro haben. Es sind bei diesen Exporten auch sehr, sehr viele Fahrzeuguntergestelle, die weder Bewaffnung noch sonst irgendwas haben, darunter.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Landesrichtergesetz – auf die Wichtigkeit dieses Gesetzes ist bereits hingewiesen worden – ist ja bereits im September 2015 in der Ersten Lesung hier im Landtag gewesen. Heute findet die Zweite Lesung statt, die abschließende Beratung dazu, und sicherlich ist es so, dass die Ausschussberatung relativ lange gedauert hat. Man könnte jetzt denken, dass es dort ganz besonders große Unterschiede gab, weil inzwischen lange Zeit vergangen ist zwischen Erster und Zweiter Lesung. Ich komme aber auf dieses Thema gleich noch mal zurück.
Die Überarbeitung des Landesrichtergesetzes – das ist hier auch schon dargestellt worden – ist zwischen den Koalitionären im Koalitionsvertrag vereinbart worden. Ziel war es, die Beteiligungsrechte der Richterinnen und Richter, der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte an die Regelung des Personalvertretungsgesetzes anzupassen. Damit das Ergebnis dann auch von den Staatsanwälten und Richtern möglichst breit akzeptiert wird – das ist hier ebenfalls schon gesagt worden –, entschied sich das Justizministerium, eine Expertenkommission zu bilden. Die Mitglieder wurden zur Hälfte durch die Richter- und Staatsanwaltsvertretungen und zur anderen Hälfte durch das Justizministerium benannt, wobei ich nochmals besonders hervorheben möchte, dass es sich dabei ausschließlich um Experten handelte, die sowohl rechtliche als auch praktische Erfahrungen in die Arbeit der Kommission einbrachten.
Diese Kommission hat daraufhin ein Eckpunktepapier erarbeitet und anschließend einstimmig beschlossen. Auch vonseiten meiner Fraktion wurde diese Verfahrensweise ausdrücklich begrüßt, wurde doch hier sichergestellt, dass diejenigen, die später von diesem Gesetz, von der Novellierung betroffen sind, auch bei der Erarbeitung des Gesetzes zumindest mittelbar beteiligt waren.
An dieses Papier hat sich das Justizministerium bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfes im Wesentlichen gehalten und im September den Gesetzentwurf, wie gesagt, vorgelegt. Die Erarbeitung erfolgte bereits sehr harmonisch. Auch die Ausschussberatungen waren nach mei
nem Empfinden im Großen und Ganzen einvernehmlich. Mit der demokratischen Opposition standen wir in keinem besonders großen Dissens. Frau Borchardt hat es eben noch mal ausführlich dargestellt, wo die Unterschiede lagen, aber es ist nach meiner Wahrnehmung nicht so, dass es jetzt von grundlegender Bedeutung war, und Frau Borchardt hat ebenfalls dargelegt, dass sie trotz dieser noch vorhandenen Unstimmigkeiten dem Gesetzentwurf zustimmen werden.
In der Anhörung haben wir uns besonders auf die Unterschiede zwischen dem Gesetzentwurf und den Empfehlungen der Expertenkommission konzentriert und Änderungen in den Bereichen vorgenommen, wo uns die Meinungen der Kommission und der Praktiker zielführender erschienen. Deshalb wurde den Änderungsanträgen der Koalition auch einvernehmlich mit den Stimmen der Opposition zugestimmt. So war es zum Beispiel wichtig, dass der Richterrat der aufnehmenden, aber auch der abgebenden Dienststelle beteiligt wird. Das war also ein Diskussionspunkt, der aus der Anhörung hervorgegangen ist.
Dass die Beratung im Ausschuss letztendlich so lange gedauert hat, liegt im Wesentlichen daran, dass der Europa- und Rechtsausschuss in den vergangenen Monaten einer großen Belastung ausgesetzt war. Dennoch haben wir uns dort nicht treiben lassen und haben den Gesetzentwurf sorgfältig beraten und die Änderungen genau abgewogen. Ich denke, wir haben hier ein gutes Gesetz vorliegen. Dieses Gesetz wird auch von Staatsanwälten und Richtern begrüßt. Wir sollten jetzt zügig zum Schluss kommen, damit dieses Gesetz dann auch Gesetzeskraft erwirkt. Insofern bitte ich um die Zustimmung zu diesem Landesrichtergesetz. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte vorausschicken, dass ich mich mit meinen weiteren Ausführungen der Einfachheit halber nur auf den Gesetzentwurf und den Geschäftsordnungsantrag der demokratischen Fraktionen beschränken werde, da der Gesetzentwurf der GRÜNEN aus dem Jahr 2012 – Herr Müller sprach es an – aufgrund der jüngsten Ausschussberatungen wahrscheinlich für erledigt erklärt wird.
Meine Damen und Herren, bereits in den Reden zur Ersten Lesung der vorliegenden Anträge wurde deutlich, dass sich alle demokratischen Fraktionen der Bedeutung dieses Gesetzentwurfes und des daraus resultierenden Antrages zur Änderung der Geschäftsordnung bewusst sind. Die Verfassung wurde als richtungsgebend für unser Land bezeichnet, dabei aber nicht als statisches Konstrukt betrachtet, sondern durchaus als anpassungsfähig an neue Gegebenheiten und offen für weitere Verbesserungen beschrieben. Dort, wo es um Staat und Verfassung geht, empfiehlt es sich, mit großer Ernsthaftigkeit zu arbeiten. Es geht um politische Selbstständigkeit, um persönliche Freiheit, demokratische Teilhabe, Machtkontrolle und um gutes Regieren.
Sich eine Verfassung zu geben, das ist für jedes Bundesland der grundlegende Akt der Selbstbestimmung. Sie soll die freie Entfaltung der Bürger schützen, soll dem staatlichen Handeln Ziele und Grenzen setzen und soll möglichst wirksam dazu beitragen, dem Gemeinwohl zu dienen. Das ist der Grund für ihre besondere Stellung und macht sie zum Zentrum staatlicher Rechtsordnung. Dieses Zentrum soll in sich beständig sein, denn ständiges Herumdoktern schadet bloß, aber es darf eben trotzdem auch nicht zu statisch werden.
Mit diesem Ansatz sind wir als Ausschuss in die Beratungen gegangen. Der Europa- und Rechtsausschuss hat sich die Zeit genommen, diesen wichtigen Gesetzentwurf in Ruhe zu beraten, und hat sowohl zu dem Gesetzentwurf der GRÜNEN als auch später zu dem interfraktionellen Gesetzentwurf und dem Geschäftsordnungsantrag eine ausführliche Anhörung durchgeführt.
Ergebnis der Anhörung zu dem interfraktionellen Verfassungsänderungsentwurf und dem Geschäftsordnungsantrag war zunächst einmal die grundsätzliche Zustimmung aller Anzuhörenden. Natürlich konnten sich einige Anzuhörende in einzelnen Punkten ein Mehr vorstellen, aber grundsätzlich wichtig war die Feststellung in der Anhörung, dass die Vorstellungen, die die Fraktionen von der Verfassungsänderung hatten, mit unserer bestehenden Verfassung vereinbar waren und sich in ihren Klang einpassten.
Dennoch hat der Ausschuss kleinere Änderungen zum Gesetzentwurf beschlossen. In der Anhörung wurde deutlich, dass eines der Ziele, nämlich eine flexible Wahltermingestaltung, sodass dieser Termin möglichst nie in die Ferienzeit oder Winterzeit fällt, mit der im Gesetzentwurf angedachten Regelung nicht hundertprozentig zu erreichen war. Insofern mussten wir noch einmal nachbessern, was auch eine Änderung des Landes- und Kommunalwahlgesetzes mit sich brachte. Außerdem wird der Europaausschuss bei plenarersetzenden Beschlüssen nunmehr in öffentlicher Sitzung beraten. So wollen wir noch mehr Transparenz in die Beschlüsse bringen, da ja auch der Landtag in dem Fall in öffentlicher Sitzung tagen würde.
Für bereits anhängige Volksbegehren haben wir eine Übergangsregelung geschaffen und die freie Unterschriftensammlung definiert, sodass sie für die Anwender besser verständlich ist. Ansonsten haben wir lediglich Anpassungen an den Wortlaut der Geschäftsordnung vorgenommen.
Sie sehen also, wir sind behutsam mit unserer Verfassung umgegangen, haben sie dort geändert, wo man sie noch besser machen konnte. Auf die Einzelheiten der Quorenabsenkung von 120.000 auf 100.000 Stimmen sowie von einem Drittel auf ein Viertel bei den Volksentscheiden ist Herr Müller bereits eingegangen, deswegen erspare ich mir die Wiederholung der inhaltlichen Darstellung.
Noch ein Wort zur NPD: Der NPD-Fraktion war es so wichtig, dass sie an den Beratungen zur Landesverfassung gar nicht erst teilgenommen hat.
Darüber kann man sich selbst ein Urteil bilden.
Meine Fraktion wird als Mitarbeiterin an dieser Verfassungsänderung selbstverständlich den vorliegenden
Anträgen zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Dr. Brie, für Ihren engagierten Vortrag.
Meine Damen und Herren, mit dem Ihnen hier vorliegenden Antrag wollen die Koalitionsfraktionen ein klares Zeichen setzen, ein Zeichen für die europäische Idee, ein Zeichen in einer Zeit, in der Europa eine schwere, wenn nicht sogar die schwerste Krise durchlebt. Kommissions
präsident Juncker hatte kürzlich festgestellt, dass die Europäische Union in keinem guten Zustand sei. Grundwerte der Union wie Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die Wahrung der Menschenrechte scheinen bisweilen zu leeren Worthülsen verkommen zu sein. In Ungarn wurden Kritiker und Journalisten eingeschüchtert und verfolgt, in Polen wurden die Rechte des Verfassungsgerichts massiv beschnitten, in verschiedensten Ländern sitzen Rechts- wie Linkspopulisten und Europakritiker in den Parlamenten, und als wenn derartige innenpolitische Entwicklungen nicht schon genug wären, sind die Mitgliedsstaaten in der aktuellen Flüchtlingskrise zerstrittener denn je.
So gibt es nach wie vor keine gesamteuropäische Lösung, im Gegenteil, manche Staaten sprechen sich offen für die Wiedereinführung dauerhafter Grenzkontrollen aus. Dies wäre nichts anderes als eine Aufkündigung des Schengen-Abkommens.
Damit wäre ein integraler Bestandteil der europäischen Integration hinfällig. Schlimmstenfalls könnten das Projekt Europa beziehungsweise wesentliche Teile davon scheitern.
Angesichts dieser besorgniserregenden Entwicklungen haben Ihnen die Koalitionsfraktionen diesen Antrag vorgelegt. Damit wollen wir klar Position beziehen und unsere in die Ostseeparlamentarierkonferenz und das Parlamentsforum Südliche Ostsee entsendeten Abgeordneten beauftragen, in den jeweiligen Gremien eine gemeinsame Position zur Einhaltung des Schengen-Abkommens auszuloten.
Meine Damen und Herren, eine Aufkündigung des Schengen-Abkommens und die damit verbundene Wiedereinführung von Grenzkontrollen hätten fatale Auswirkungen auf uns alle, allen voran negative ökonomische Auswirkungen. Diese würden sich unter anderem in einer Erhöhung von Transport- und Personalkosten oder in längeren Wartezeiten an Grenzübergängen widerspiegeln. Wirtschaftliches Wachstum in Deutschland und Europa würde erheblich gebremst werden, was wiederum zu Wohlstandsverlust führen würde. Zudem würden Importpreise ansteigen und Verbraucher würden durch Kosten- und Preissteigerungen belastet werden. Für Mecklenburg-Vorpommern hätte insbesondere auch der Wegfall der Reisefreiheit negative Auswirkungen. So sind die Wachstumsraten bei internationalen Gästen und den Gästen aus dem EU-Raum in den letzten Jahren überproportional hoch.
Meine Damen und Herren, laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung, auf die wir auch in der Begründung verweisen, wären für die gesamte EU bis zum Jahr 2025 Wachstumsverluste von 470 Milliarden Euro im günstigsten und bis zu 1,4 Billionen Euro im schlimmsten Fall zu erwarten. Allein Deutschland müsste Verluste im Umfang von 77 bis 235 Milliarden Euro hinnehmen. Eine andere Studie vom Münchner ifo Institut hat einen Schaden für die gemeinsame EU in einem Umfang von 30 bis 65 Milliarden Euro errechnet.
Meine Damen und Herren, die Zahlen beider Studien unterscheiden sich aufgrund ihrer anderen Methodik, am Ende jedoch sagen sie Identisches aus: Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen kommt uns teuer zu stehen,
egal in welcher Hinsicht, denn neben negativen wirtschaftlichen Folgen wäre auch der gesamte europäische Integrationsprozess in Gefahr. All die Errungenschaften, die sich auf unser tägliches Leben auswirken, könnten hinfällig werden. Das gilt für unsere gemeinsame Währung ebenso wie für das grenzüberschreitende Reisen und es gilt für praktische Dinge wie Austauschprogramme für Jugendliche oder auch das EU-weite Telefonieren. Die Binnengrenzen zu schließen, kann für Europa keine Lösung sein. Daher ist es wichtig, dass wir als Landtag heute ein klares Signal senden.
Ich möchte meine Rede mit einem Appell beenden. Dieser Appell geht in Richtung der Kammern und Wirtschaftsverbände. Ich finde, auch sie sollten klar Position beziehen und deutlich machen, dass die Wiedereinführung von Grenzkontrollen Gift für unsere Unternehmen wäre. Schließlich kann es gar nicht oft genug hervorgehoben werden, wie immens die Bedeutung des freien Grenzverkehrs für uns alle ist.
Zu den beiden Änderungsanträgen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN: Denen werden wir zustimmen. Wir finden, dass beide Anträge diesen Antrag bereichern könnten, und ich bitte Sie um die Zustimmung für unseren Antrag. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Tat, ich will und kann es sehr, sehr kurz machen. Die Ministerin Frau Kuder hat hier ausführlich ausgeführt
und ich bin meiner Kollegin Frau Drese sehr dankbar, dass sie in aller Ausführlichkeit auf die Fakten eingegangen ist. Ich könnte Ihnen jetzt natürlich diese Fakten noch mal in aller Breite aufzählen, aber das kann man sich wirklich sparen, denn ich will hier nicht nach dem Motto verfahren: „Es ist alles schon gesagt, nur noch nicht durch mich.“ Wie gesagt, inhaltlich braucht man hier überhaupt nichts weiter hinzuzufügen.
Ich finde es ziemlich beschämend, dass Sie, Frau Borchardt, den Antrag nicht zurückgezogen haben, nachdem Frau Ministerin am 6. April im Ausschuss ausführlich berichtet hat.
Und noch mal – das finde ich erwähnenswert –: Selbst der Richterbund und die Pressestelle des Landgerichts Schwerin, das ist auch schon mehrfach gesagt worden, haben keine höhere Personalausstattung, weder beim richterlichen Personal noch beim sonstigen Personal, am Landgericht Schwerin gefordert. Das ist eine Tatsache, die unbedingt Berücksichtigung finden muss. Insofern: Ihren Antrag wird meine Fraktion selbstverständlich ablehnen.
Der Grund für diesen Antrag ist einfach nur, dass Sie das Thema Gerichte, Gerichtsstrukturreform im anstehenden Wahlkampf weiter warmhalten wollen.
Das ist der einzige Grund, warum Sie diesen Antrag aufrechterhalten wollen. Besser wäre es, ihn zurückzuziehen, dann müssten wir uns hier nicht am Freitagnachmittag mit solchen Dingen beschäftigen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An der Thematik können Sie schon erkennen, es geht hier in die Tiefen der Juristerei.
Der Oberjurist von der NPD hat uns jetzt einen Vortrag gehalten. Ich würde als Nichtjurist trotzdem sagen, da war einiges richtig, einiges auch falsch,
aber darauf gehe ich noch ein.
In dem Antrag führen Sie aus, dass der Wohnungseinbruch wie das Grunddelikt, also wie Einbruch, mit einer Mindeststrafe unter einem Jahr bedroht sei, und suggerieren, dass der Gesetzgeber den Wohnungseinbruchsdiebstahl mit einem normalen Diebstahl gleichsetzt – obwohl ich das ein bisschen korrigieren muss, Herr Andrejewski, in der Tat, Sie haben vom qualifizierten Tatbestand gesprochen –, das wäre so nicht richtig, aber das haben Sie ja selber dargestellt.
Der Wohnungseinbruchsdiebstahl wurde schon immer als eine besondere Art des Diebstahls begriffen und er wurde deshalb auch immer, abgekoppelt vom Grunddelikt, mit einer höheren Grundstrafe versehen. Im Rahmen der sechsten Strafrechtsreform im Jahre 1998 wurde der Wohnungseinbruch zu einem Spezialfall des besonders schweren Delikts. Das hatte zur Konsequenz, dass der Einbruchsdiebstahl aus Wohnungen gegenüber den übrigen Einbruchsdiebstählen mit einer doppelt so hohen Strafe versehen wurde und eine Geldstrafe gar nicht mehr in Betracht kommt. Im Mindestmaß ist der Wohnungseinbruchsdiebstahl mit sechs Monaten bis hin zu zehn Jahren Freiheitsentzug bestrafbar.
Ich möchte noch mal darauf hinweisen, dass das Grunddelikt des Diebstahls einen Strafrahmen von höchstens fünf Jahren Freiheitsentzug vorsieht. Insoweit sind Ihre Ausführungen im Antrag irreführend und nicht vollständig.
Weiter fordern Sie, dass der Wohnungseinbruchsdiebstahl nicht mehr als qualifizierte Form des Diebstahls und als Verbrechen zu normieren sei. Wenn Sie dies fordern, dann hat Ihr Rechtsberater möglicherweise nicht so ganz aufgepasst. Für die Einstufung eines Straftatbestandes als Vergehen oder Verbrechen ist es nämlich vollkommen egal, ob es ein eigenständiger Straftatbestand ist oder ein qualifiziertes Delikt. Ich will Ihnen das einmal an einem Beispiel verdeutlichen, nämlich der Körperverletzung.
Im Grunddelikt wird Körperverletzung mit einer Freiheitsstrafe von höchsten fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, also ein Vergehen. Die schwere Körperverletzung hingegen – also wenn man jemanden so verletzt, dass er sein Leben lang davon gekennzeichnet ist – ist ein Quali
fikationstatbestand der einfachen Körperverletzung und ein Verbrechen, da es im Mindestmaß mit einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist. Das Strafmaß ist also das Abgrenzungskriterium zwischen Vergehen und Verbrechen. Alle Delikte mit einem Strafmaß von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe sind Verbrechen, ganz egal, ob es sich dabei um eigenständige Straftatbestände oder um Qualifikationstatbestände handelt. Also auch in diesem Punkt ist Ihre Forderung falsch.
Ebenfalls wird Ihre Forderung, den Wohnungseinbruchsdiebstahl dem Tatbestand des Raubes anzunähern, von den Fraktionen des Landtages abgelehnt. Richtig ist, dass auch ein Raub Elemente eines Diebstahls enthält, allerdings immer unter dem Einsatz von Gewalt. Dieses Nötigungsmittel ist für Juristen aber elementarer Bestandteil und unterscheidet den Diebstahl vom Raub. Wohnungseinbruchsdiebstahl und Raub unterscheiden sich also erst mal objektiv in einem wichtigen Merkmal und sollten deshalb nicht einfach so in einen Topf geschmissen werden.
Im Juristendeutsch hätten wir nun den objektiven Tatbestand betrachtet und als nicht erfüllt angesehen. Ihr Antrag könnte somit bereits an dieser Stelle abgelehnt werden. Dennoch, meine Damen und Herren, möchte ich auch kurz auf die subjektive Seite des Wohnungseinbruchs, des Wohnungseinbruchsdiebstahls eingehen. Das ist nämlich die Seite, die eigentliche Seite, auf die Sie hier anspielen: der Wohnungseinbruchsdiebstahl, und ich stelle auf die Tat des Einbruchs denn auf den Diebstahl ab.
Das Eindringen von fremden Personen in unsere Privat- sphäre erfüllt die Menschen mit Angst und lässt sie mit unguten Gefühlen zurück. Wir wollen nicht, dass unser Zuhause ungefragt betreten wird, dass Unbekannte sich dort bewegen und unsere persönlichen Sachen berühren oder durchwühlen. Das Zuhause ist für die Menschen ein Ort der Zuflucht – meist so gestaltet, dass man abschalten kann vom Berufsalltag –, an dem man mit Freunden und Familie schöne Dinge erleben will, und es soll ein sicherer Rückzugsort sein. Betreten fremde Menschen ungefragt diesen Rückzugsort, kommt das für viele regelrecht einer Entweihung gleich.
Mit Ihrem Antrag suggerieren Sie, dass die Politik dieses subjektive Sicherheitsempfinden nicht wahrnimmt. Auch hier muss ich Ihnen sagen, dass das falsch ist. Bereits im März letzten Jahres gab es vonseiten des bayerischen Justizministeriums eine Initiative im Bundesrat, die Strafen bei Wohnungseinbruchsdiebstahl so zu verschärfen, dass Verfahrenseinstellungen eben nicht mehr möglich sind. Zusätzlich sollte der Anwendungsbereich der Telekommunikationsüberwachung auf den Wohnungseinbruchsdiebstahl erweitert werden. Dies hätte eine effektivere und angemessene Bekämpfung und Bestrafung des Wohnungseinbruchsdiebstahls mit sich gebracht.
Mecklenburg-Vorpommern hat sich dafür ausgesprochen, so wie alle CDU-geführten Justizministerien. Diese Anregung wurde zwar im Rechtsausschuss des Bundesrates abgelehnt, aber es zeigt, dass wir uns sehr wohl mit dem subjektiven Sicherheitsgefühl der Menschen vor Ort auseinandersetzen und die Initiative ergreifen. Dass es schließlich nicht zu den Strafverschärfungen gekommen ist, das ist Teil der Demokratie. Demokratie heißt Mehrheiten. Aber nur, weil diese Meinung 2015 noch keine Mehrheit gefunden hat, bedeutet dies nicht, dass es
zukünftig dafür keine Mehrheiten geben wird. Da sind wir zuversichtlich.
An dieser Stelle möchte ich, weil es dazu passt, eine dpa-Meldung von gestern auszugsweise zitieren. Zitat: „Union und SPD setzen auf mehr Polizei und Geld gegen Einbrüche. Union und SPD wollen mit mehr Polizisten und höheren Zuschüssen zur Wohnungssicherung gegen Einbrüche vorgehen. … Das im vergangenen Herbst aufgelegte Programm zur Einbruchssicherung mit 30 Millionen Euro soll … mit zusätzlichem Geld ausgeweitet werden“, wie aus einem der Deutschen PresseAgentur vorliegenden Papier hervorgeht, das die Spitzen beider Bundestagsfraktionen bei einer Klausur im badenwürttembergischen Rust beschließen wollen. „Die Mindestinvestitionssumme von 2.000 Euro solle gesenkt und der Zuschuss auf bis zu 20 Prozent erhöht werden.“ Ich denke, das ist eine wichtige Maßnahme. „Außerdem sollen die Polizeien von Bund und Ländern neue Methoden nutzen, mit denen Einbruchskriminalität durch Analyse bisheriger Tatmuster vorhergesagt werden kann.“ Passt nicht ganz, aber ich finde, das ist eine wichtige Mitteilung, die zu diesem Antrag passt.
Also, meine Damen und Herren, die NPD braucht sich hier nicht so als Hüter von Recht und Gesetz aufzuspielen. Der Antrag ist auch in diesem Punkt nicht nutzbringend, meine Herren von der NPD. Ihr Antrag ist aus mehreren Gründen und aus juristischer Sicht einfach unsinnig und unnötig.
Die demokratischen Fraktionen werden diesen Antrag ablehnen. – Vielen Dank.
... Damen und Herren! Herr Müller hat es bereits angesprochen, es gibt derzeit in Mecklenburg-Vorpommern kein Gesetz, welches sich ausdrücklich, ausschließlich und abschließend mit dem Jugendarrest beschäftigt. Daher ist es auch die Auffassung unserer Fraktion, dass die Thematik so wichtig ist, dass wir die einschlägigen Normen nicht im Jugendstrafvollzugsgesetz oder im Jugendhaftvollzugsgesetz verstreut lassen sollten. Deshalb war und ist es gut und richtig, dass das Ministerium einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt hat.
Alle Anzuhörenden sahen das ebenso. In der Anhörung wurde der Gesetzentwurf grundsätzlich begrüßt. Auch die Opposition hat die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes gesehen. In den Details, das hat Herr Müller auch schon mal angedeutet, wurden dann aber doch sehr unterschiedliche Ansichten von dem Ziel eines solchen Gesetzes deutlich. Beispielsweise sprach Herr Suhr in der Ausschusssitzung selber von dem, Zitat, „Geist, den dieses Gesetz atmet“, und verzichtete in seinem Antrag auf die Zielsetzung, den Arrestierten ihr begangenes Unrecht, dessen Folgen und ihre Verantwortung dafür bewusst zu machen. Sie sprachen dies in Ihrem Antrag nur im Zusammenhang mit der Förderung des TäterOpfer-Ausgleichs an. Für das Ministerium und meine Fraktion ist dieser Punkt, den jungen Menschen ihr begangenes Unrecht aufzuzeigen, aber elementar und so wichtig, dass wir es als Ziel des Jugendarrestes formuliert sehen wollten.
Das ist der Punkt, der erste Schritt, an dem wir beginnen müssten. Den jungen Menschen muss doch deutlich gemacht werden, dass ihr Verhalten falsch war. Nur dann können sie erkennen, dass sie etwas ändern müssen, wenn ihr Lebensweg nicht in einer Einbahnstraße, beispielsweise in einer Haftstrafe, enden soll. Für sein Handeln muss man die Konsequenzen tragen. Das haben mir meine Eltern gesagt, ich habe das meinen Kindern auch so beigebracht, aber es gibt eben Unterschiede, soziale Umstände und Lebenswege, in denen junge Menschen diesen Grundsatz nicht vermittelt bekommen. Wenn das Elternhaus dies nicht übernehmen kann oder will, dann muss es eben die Gesellschaft übernehmen. Deshalb, meine Damen und Herren, brauchen wir dieses Gesetz, deshalb brauchen wir auch den Jugendarrest und deshalb brauchen wir dies als konkret formulierte Zielstellung im Gesetz.
Bei Ihnen, werte Kollegen von den LINKEN und den GRÜNEN, habe ich bei den Änderungsanträgen, die wir ja teilweise heute hier im Änderungsantrag der GRÜNEN vorliegen haben, beziehungsweise bei denen, die wir im Ausschuss diskutiert haben, manchmal das Gefühl, man würde so ein bisschen über einen Streichelzoo sprechen und nicht über jugendliche Straftäter.
Das müssen wir uns nämlich vor Augen führen.
Wir reden beim Jugendarrest auch nicht unbedingt vom Ersttäter, wir reden hier über Straftäter, über Menschen, die geraubt haben, die geschlagen haben, die andere Menschen verletzt haben, oder aber über die, die einen Teil ihrer Tage im Drogenrausch verbracht haben. Wir reden über Menschen, die schon mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. Wir reden über Straftäter, denen einzig zugutegehalten werden kann, dass sie noch sehr jung sind. Deshalb nehmen wir sie an die Hand und zeigen ihnen, dass ein fest strukturierter Tagesablauf einen Halt im Leben darstellt und dass ein Leben ohne Straftaten funktioniert. Da hilft aber aus unserer Sicht keine Kuschelpädagogik, da helfen feste Strukturen. Mindestens eine Stunde am Tag zur freien Gestaltung genügt da vollkommen, ein Mehr an freier, unstrukturierter Zeit führt nur zu Ideen, die nicht zielführend sind. Wohin das junge Menschen führen kann, sieht man ja. Die Arrestierten wären nicht da, wo sie sind, wenn sie mit ihrer freien Zeit eben doch sinnvoll umgehen könnten.
Oder aber die Forderung, die Fähigkeiten und Begabungen der Arrestierten zu ergründen und zu fördern: Die Höchstdauer, meine Damen und Herren, für einen Arrest sind vier Wochen. Wie soll das genau erfolgen? Sie verweisen in dem Fall einfach auf Schleswig-Holstein, aber Sie nehmen sich doch dieser Ansicht an, da kann man ja auch eine Antwort von Ihnen erwarten und eben nicht von den Schleswig-Holsteinern. Das war also in der Anhörung deutlich und auch in den Anträgen.
Ich habe mich im Rahmen der Beratungen mit dem schleswig-holsteinischen Gesetz auseinandergesetzt, auf das Sie in Ihrem Änderungsantrag ja öfter verwiesen haben, und ich habe mich auch mit der Kritik daran auseinandergesetzt. An den Stellen, an denen es in der von Ihnen geforderten Weise von unserem Gesetzentwurf abweicht, wird es als zu abstrakt und zu wenig praktikabel kritisiert. Genau das waren auch unsere Kritikpunkte an Ihrem Änderungsantrag, denn wenn man nur eine
sehr, sehr begrenzte Zeit zur Verfügung hat, dann muss man den Verantwortlichen im Vollzug etwas Umsetzbares an die Hand geben.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion ist der Ansicht, dass die begrenzte Zeit des Jugendarrestes so gut wie möglich genutzt werden sollte und dass die Auseinandersetzung mit dem Unrecht und mit den Folgen der Schwerpunkt der Arbeit mit den Arrestierten sein sollte.
Ein weiterer Punkt, den ich kurz ansprechen möchte, weil er sich ja immer wieder so negativ anhört, ist: Ja, in unserem Gesetzentwurf schreiben wir das Tragen von Anstaltskleidung vor. Im Änderungsantrag wird das anders gefordert. Wir haben uns gerade nach der Anhörung ganz bewusst dafür entschieden, diesen Passus im Gesetz nicht zu ändern.
Der Leiter der Jugendarrestanstalt bei uns im Land hat es ganz deutlich gesagt: Kleidung ist gerade bei Jugendlichen ein Statussymbol, sie dient der gegenseitigen Abgrenzung, sie dient aber oft auch als Erkennungszeichen. Wenn wir den Jugendlichen aufzeigen wollen, dass es ein besseres und aussichtsreicheres Leben außerhalb ihrer bisherigen Strukturen gibt, dann können wir sie nicht in der Arrestanstalt mit ihrer Kleidung herumlaufen lassen und sie dazu befähigen, sich selbst im Jugendarrest mit ihrem Aussehen abzugrenzen.
Meine Fraktion ist der Ansicht, dass der Jugendarrest, so, wie er dem Landtag hier vorliegt, sehr gut ausgestaltet ist. Die Mitarbeiter haben gute, handhabbare Vorgaben im Umgang mit den Arrestierten durch die klar formulierte Zielstellung des Gesetzes. Der Vollzug soll den Arrestierten das von ihnen begangene Unrecht, dessen Folgen und ihre Verantwortung hierfür bewusst machen, er soll einen Beitrag leisten, die Arrestierten zu einem eigenverantwortlichen Leben ohne weitere Straftaten zu befähigen. Jugendkriminalität ist und bleibt eine Herausforderung, meine Damen und Herren. Hier dürfen wir mit unseren Anstrengungen nicht nachlassen. Ich denke, das Jugendarrestvollzugsgesetz ist ein guter Baustein bei dieser Arbeit.
Auf die Inhalte des Änderungsantrages bin ich schon, glaube ich, ausführlich eingegangen. Wir lehnen den Änderungsantrag ab und bitten darum, diesem vorliegenden Gesetzentwurf so zuzustimmen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, jetzt kommt die böse CDU und ich kann es vorwegnehmen.
Ja, das habe ich gesagt, meine ich ja auch ein bisschen.
Nein, nein, nein, nein! Okay, nehmen Sie es als meine Darstellung oder Wahrnehmung, Herr Suhr.
Aber, Herr Suhr, Sie haben ja selbst gesagt in Ihrer Rede, dass Sie auch nicht davon ausgehen, dass sich die Einstellung ändert, beziehungsweise dass es nicht so viele neue Erkenntnisse geben würde seit unserer ersten Diskussion über das Wahlalter oder die Absenkung des Wahlalters. Insofern ist auch nicht sehr viel Neues zu
erwarten. Aber dennoch will ich auf einige Dinge eingehen, die Sie hier vorgebracht haben.
Es ist mit Sicherheit so, dass dieses Anliegen, diese Absenkung des Wahlalters, ein häufig benutztes Thema in den letzten Jahren war. Das werden wir alle noch in Erinnerung haben. Und es ist eben nicht so. Sicherlich ist es so, dass wir diesen Gesetzentwurf nicht in die Ausschüsse überwiesen haben oder in den Ausschuss, aber bei der ersten Diskussion darum – es hat ja schon mal einen Vorstoß gegeben von LINKEN und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – ist der Gesetzentwurf überwiesen worden. Wir haben eine Anhörung gehabt, so, wie das auch üblich ist. Es ist viel darüber diskutiert worden, aber unsere Argumente haben sich seitdem nicht im Wesentlichen geändert.
Auch ist angesprochen worden, dass Sie das Thema im Rahmen des Selbstbefassungsrechts in den Ausschuss gebracht haben. Das ist richtig, aber in der Tat haben wir noch zwei Landtagssitzungen, wenn man mal diese jetzt abrechnet. Und wir haben noch insgesamt vier Ausschusssitzungen, die mit Sicherheit thematisch und inhaltlich sehr, sehr vollgepackt sind.
Sie haben ja vorgeschlagen, das ist richtig, die Verfasser der Bertelsmann-Studie anzuhören. Nun stelle ich mir vor oder wir haben uns vorgestellt – und das ist im Übrigen auch mit der SPD abgestimmt worden, da sind wir mit der Meinung nicht allein, das muss ich mal so ganz eindeutig sagen, grundsätzlich hat Herr Müller das dargestellt, das ist aber auch nichts Neues, das braucht man nicht alles zu wiederholen –, es ist also so, darüber waren wir uns einig: Was bringt so eine Anhörung, auch wenn es nur eine Stunde, eineinhalb oder zwei sind, dem Verfasser der Bertelsmann-Studie, wenn danach in dieser Legislatur in der Tat es gar nicht weitergeht aus objektiven Gründen? Das ist eigentlich die Hauptdiskussion gewesen. Und das Selbstbefassungsrecht ist gutes Recht der Ausschüsse und der Opposition, das zu beantragen.
Aber objektiv hätte es wirklich nichts gebracht.
Zur Bertelsmann-Studie: Diese gibt es seit Dezember 2015. Das ist schon ein bisschen her, man hätte es vielleicht auch noch einen Tick eher machen können, wenn man es wirklich gewollt hätte, aber sei es drum.
Also zur Bertelsmann-Studie, vielleicht inhaltlich: Es ist nach meiner Auffassung, nach unserer Auffassung nicht so, dass es ganz neue erhellende Ergebnisse gebracht hätte.
Quintessenz, die aus dieser Studie mitgenommen werden könnte, ist, wenn man das Wahlalter auf 16 herabsetzt, dass dann auf lange Sicht eine Steigerung der
Wahlbeteiligung erfolgen kann. Auf „kann“ liegt die Betonung, „kann“, aber nicht „muss“.
So, wie die Prognosen nun mal sind, kann das Ergebnis auch nicht eintreten. Die Studie sagt auf Seite 21, letzter Absatz, falls das jemand nachlesen möchte, dass diese Prognose bei einer Herabsenkung des Wahlalters nicht eintreten muss. Die Studie selbst geht bei der ersten Erwartung von einer Wahlbeteiligung – und jetzt bitte genau zuhören, 2049! – im Jahre 2049 in Höhe von 78,2 Prozent aus, wenn ich das Wahlalter auf 16 Jahre herabsetze bei Bundestagswahlen. Das wäre eine Steigerung von nicht mal 7 Prozentpunkten gegenüber der Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2013. Also innerhalb von 35 Jahren prognostiziert man eine mögliche Steigerung von 6,7 Prozent.
Nein, jetzt nicht.
Womöglich wäre diese Steigerung im Idealfall drin. Ich meine, das ist nicht der große Wurf, wenn man das mal vorsichtig ausdrückt. Und das liegt daran, dass die Herabsetzung des Wahlalters nicht der wie von Ihnen immer propagierte bedeutende Schritt ist, um der zunehmenden Wahlmüdigkeit entgegenzutreten.
Auf Seite 50 – das möchte ich an dieser Stelle ansprechen – der Bertelsmann-Studie wird beispielsweise aufgezeigt, ich finde, das ist bemerkenswert, welcher Faktor am meisten Einfluss auf die Wahlbeteiligung hat, und hier ist es das Elternhaus. Sind die Eltern, sagt die Studie, politisch interessiert und gehen wählen, dann tun es auch ihre Kinder. Das ist mit Zahlen unterlegt in so einem Schaubild.
Das Elternhaus und der Freundeskreis spielen eine elementare Rolle dabei, ob man später wählen geht oder nicht. Und genau dort, denke ich, muss man ansetzen bei den jetzigen Nichtwählern. Beim Jugendarrestvollzuggesetz hatte ich bereits kurz angedeutet, Eltern sind der wichtigste Bezugspunkt für Kinder und dienen als Vorbild für deren spätere Lebensgestaltung. Wenn die Eltern schon nicht wählen gehen, dann wird es auch kein 18-Jähriger tun oder kein 16-Jähriger. Das sagt die Studie auch ganz deutlich: Die Wahlbeteiligung der 16- bis 17-Jährigen lag bei allen Wahlen unter der durchschnittlichen Wahlbeteiligung. Das zeigt doch ganz deutlich auf, dass die Jugendlichen möglicherweise anderen Gedanken nachgehen, als zu wählen.
Ein konkretes Beispiel anhand von Bremen ist mehrfach schon angesprochen worden. Da wurden nämlich zumindest für das Jahr 2011 – das ist eine etwas andere Herangehensweise der Statistiker – die Alterskohorten in relativ große Gruppen gefasst. Es wurde die Gruppe der 16- bis 21-Jährigen betrachtet und dann die Gruppe der 21- bis 25-Jährigen. Da fand innerhalb dieser Gruppen also keine weitere Differenzierung statt. Somit werde ich jetzt auch von diesen Zahlen ausgehen.
Wenn ich also Ihrer Argumentation folge, dann müsste sich bei der Wahl 2015 die Wahlbeteiligung der 21- bis 25Jährigen erhöht haben oder zumindest gleich bleiben, weil die ja 2011 schon wählen durften. Diese Gruppe war 2011 demzufolge noch in der Gruppe der 16- bis 25-Jährigen und ist herangewachsen. Ihre Argumentation ist, wer in
jungen Jahren zur Wahl geht, tut dies auch, wenn er erwachsen ist. Das müsste sich in Bremen also widerspiegeln. Und wenn man sich dann das Ergebnis ansieht, ist es gerade nicht so, sondern das Gegenteil ist der Fall. Die Wahlbeteiligung 2015 in der Altersgruppe der 21- bis 25Jährigen war so schlecht, dass die Bertelsmann-Studie sie gar nicht erwähnte. Aber ich möchte es Ihnen mal kurz sagen: Die 16- bis 21-Jährigen im Jahr 2011 in Bremen hatten eine Wahlbeteiligung von 52,2 Prozent. Diese jungen Menschen, die 2015 in der Gruppe der 21- bis 25Jährigen aufgewachsen sind, hatten in dem Jahr 2015 eine Wahlbeteiligung von nur noch 40,1 Prozent. Das ist ein Verlust von 12,1 Prozent. Die gleichen Personen, die 2011 noch zur Wahl gegangen sind, haben es 2015 nicht mehr in dem Umfange getan.
Wenn man dann noch mal den Vergleich anstellt zu den 21- bis 25-Jährigen von 2011, dann waren es dort noch 45,1 Prozent.
Genau, 2011 war die Wahlbeteiligung in der gleichen Alterskohorte also um 5 Prozent höher als in 2015.
Ich sehe da jetzt kein Argument für die Herabsetzung des Wahlalters. Das ist so nicht bewiesen. Aus diesem zugegeben sehr schmalen Ausschnitt, der aber im Gegensatz zur Bertelsmann-Studie keine Prognose darstellt, sondern harte Fakten, muss ich ebenfalls schließen, dass sich ein Herabsetzen auf ein zu frühes Wahlalter negativ auf das Wahlverhalten auswirken könnte.
Meine Damen und Herren, die repräsentative Umfrage ist also schon mal angesprochen worden, ich will das jetzt auch nicht mit Zahlen belegen.
Das haben wir damals ausführlich getan. Wir haben die betreffenden Alterskohorten in einer repräsentativen Umfrage gefragt, und, wie gesagt, dabei ist herauskommen, dass eine überwiegende Mehrheit der Jugendlichen in dem Alter nicht wirklich ein Interesse an der Herabsetzung des Wahlalters hat.
Wir sprechen natürlich die Jugendlichen an, die hier bei „Jugend im Landtag“ auftreten und das vehement fordern. Das ist nachvollziehbar, aber man muss immer wieder ganz deutlich sagen, es handelt sich hier um eine Gruppe von Jugendlichen, die überaus politisch interessiert sind. Denen begegnen wir immer wieder, nicht nur bei „Jugend im Landtag“, sondern bei den Parteien, bei verschiedenen Diskussionen, aber ganz offensichtlich – das hat unsere Umfrage bewiesen – ist es nicht die Mehrheit, sondern eine wahrscheinlich sehr kleine Minderheit, die das fordert, und somit bleiben wir bei unseren Argumenten.
Das hat uns in dieser Legislatur nicht überzeugt und meine Fraktion wird diesen Gesetzentwurf demzufolge ablehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, Herr Köster, jetzt stehe ich schon wieder hier und...
Ich sage Ihnen schon mal vorweg, meine Damen und Herren, ich werde mich ganz bewusst sehr kurz fassen. Ich sage Ihnen auch, warum, aus drei Gründen:
Erstens haben wir noch eine umfangreiche Tagesordnung, eine lange Tagesordnung vor uns,
und ich glaube, alle sind froh, wenn wir das hier nicht zu weit ausdehnen.
Zweitens. Es gibt seit der Januarlesung keine, aber auch wirklich keine neuen Erkenntnisse oder neue Argumentation zu diesem Thema.
Und drittens muss ich Ihnen sagen, Herr Köster, es ist auch nicht zu erwarten, dass Sie dieser Argumentation, die wir sowohl im Januar als auch heute vertreten, in irgendeiner Weise Bedeutung beimessen.
Insofern kann ich das eigentlich noch mal kurz zusammenfassen.
Ja, Herr Köster, es ist nun mal so, wir können uns die Zeit ein bisschen kürzer machen.
Wir haben seinerzeit festgestellt, dass es also in Mecklenburg-Vorpommern möglich ist, sowohl ein Ministeramt innezuhaben als auch Abgeordneter zu sein.
Und zu Ihrer Argumentation, die Sie während Ihres Vortrages gebracht haben, Minister üben ihre Abgeordnetentätigkeit nicht aus, sinngemäß haben Sie es so gesagt:
Also ich sage mal, auf jeden Fall ist es so – jedenfalls kenne ich das von vielen Ministern dieser Regierung so –,
dass sie sich in ihren Wahlkreisen sehen lassen, dass sie sich um ihre Wahlkreise kümmern, dass sie für die Menschen in ihren Wahlkreisen Ansprechpartner sind,
und das sind originäre Abgeordnetentätigkeiten. Das ist zumindest etwas, was man den Abgeordneten …
Wir haben es heute beispielsweise erlebt, ein zweites Beispiel, vielleicht haben Sie zugehört oder vielleicht auch nicht. Der Innenminister Lorenz Caffier hat heute Vormittag als Abgeordneter gesprochen. Das haben Sie vielleicht mitgekriegt. Das ist schon ein Unterschied.
Das ist schon ein Unterschied. Und insofern gibt es dort tatsächlich Unterschiede.
Also trotz des viel diskutierten denkbaren Interessenkonfliktes kennen das Grundgesetz – noch mal, Herr Köster – und die Verfassungen der Mehrzahl der Länder keine entsprechenden Inkompatibilitäts...,
Inkompatibilitätsregeln, wie Sie es von der NPD fordern.
Auch noch mal zur Erinnerung: Im Fall von MecklenburgVorpommern hat sich namentlich auch die Verfassungskommission in ihrer 22. Sitzung am 27. November 1992 ganz bewusst gegen eine solche Regelung ausgesprochen.
Das deckt sich nicht nur mit der bereits erwähnten deutschen Verfassungstradition, sondern auch mit der vieler europäischer Länder.
Gegen die Notwendigkeit der vorgeschlagenen Inkompatibilität sprechen neben geübter Verfassungstradition und geübter Verfassungspraxis vor allen Dingen praktische Gründe. Immerhin verbinden sich mit der parlamentarischen Anbindung von Regierungsmitgliedern auch Vorteile. Ich habe darauf im Januar bereits hingewiesen. Und zwar, die unmittelbare Verantwortlichkeit des Ministerpräsidenten gegenüber dem Landtag
erfordert ohnehin ständige Kontakte seinerseits, um die erforderliche Mehrheit für seine Politik zu gewinnen oder aufrechtzuerhalten.
Meine Damen und Herren, ich möchte folgendes Fazit zu diesem Thema abschließend ziehen: Der von der NPD vorgelegte Gesetzentwurf kann inhaltlich nach wie vor nicht überzeugen, dies insoweit, als dass die in der Landesverfassung trotz Beratung in der Verfassungskommission ausdrücklich nicht geregelte Inkompatibilität
von Regierungsämtern mit einem Landtagsmandat zwar theoretisch zu Interessenskonflikten führen könnte, andererseits in der Praxis von einem diesen theoretischen Nachteil überwindenden Vorteil. Der Verfassungsgeber tut gut daran, in Übereinstimmung mit deutscher und europäischer Verfassungstradition von der vorgeschlagenen Inkompatibilitätsregelung abzusehen.
Das ist das Fazit, was man hier aus dieser ganzen Debatte ziehen kann. Wir lehnen nach wie vor diesen von Ihnen eingebrachten Gesetzentwurf ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesverfassung anzufassen und zu ändern, ist eine Sache, die man in einer Legislaturperiode nicht so ohne Weiteres anpackt. Unsere Landesverfassung bezeichne ich als die Wirbelsäule unseres Landes. In ihr vereint sind die wichtigen Leitlinien und Prinzipien unseres Bundeslandes ressortübergreifend niedergeschrieben.
Um dieser Bedeutung noch mehr Nachdruck zu verleihen, haben – Herr Holter hat das auch schon angesprochen – die Bürger im Jahre 1994 mit ihrer Stimme dieser Landesverfassung zugestimmt. Nicht umsonst, das ist
hier auch schon mehrmals erwähnt worden, bedarf eine Verfassungsänderung einer ausreichenden Mehrheit im Parlament. Diese Dinge verpflichten uns, mit Verfassungsänderungen sehr behutsam umzugehen und gerade in diesem sensiblen Bereich als demokratische Fraktionen, Opposition und Koalition in dem Fall zusammenzuarbeiten.
Trotz dieser großen Bedeutung und der Hürde, die eine Änderung mit sich bringt, sind die Regelungen einer Landesverfassung nicht statisch. Auch sie müssen wie jedes andere Recht an gesellschaftliche Veränderungen oder auftauchende Probleme angepasst werden. Eine Landesverfassung wie hier in Mecklenburg-Vorpommern wird nicht oft aufgemacht, aber wenn man es tut, dann aus gutem Grunde. So ist es auch dieses Mal.
So ist beispielsweise bei der Planung der Landtagswahl dieses Jahr und gerade mit einem in die Zukunft gerichteten Blick auf kommende Landtagswahlen genau das Problem erkannt worden, dass sich mit der bisherigen Regelung der Wahltermin immer weiter in den Sommer verschieben würde. Mit der jetzt vorgeschlagenen Regelung verschaffen wir der Wahlterminplanung für Landtagswahlen mehr Flexibilität. Wir bedauern immer mehr die Wahlmündigkeit der Menschen – nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern. Aber wenn wir die Menschen an die Wahlurne bewegen wollen, muss schon mal eins stimmen, und das sind die äußeren Rahmenbedingungen. Wahlen in den Sommerferien abzuhalten, wäre nun wirklich nicht gerade optimal.
Ja, Frau Borchardt, es ist aber nun mal so. Das können auch Sie nachvollziehen. Wenn man bei der Regelung 57 bis 59 Monaten bleibt, ist es zwangsläufig so, dass spätestens bei der Wahl 2021 im August gewählt werden müsste. Die jetzt von uns vorgeschlagene Regelung erlaubt es, den Wahltermin so festzulegen, dass er nicht in die Ferienzeit fällt oder aber in den tiefsten Winter verschoben wird. Somit ist mehr Flexibilität vorhanden.
Meine Damen und Herren, die vier Fraktionsvorsitzenden der einbringenden Fraktionen haben monatelang, auch das ist hier schon angesprochen worden, in sehr konstruktiven Gesprächen zusammengesessen und die Änderungsmöglichkeiten der Landesverfassung beraten. Ja, es ist ein Kompromiss. Wenn hier unterschiedliche Auffassungen aufeinandertreffen, dann ist es so, dass man sich letztendlich auf einen Kompromiss einigt, und das ist hier ganz offensichtlich der Fall.
Ich möchte gar nicht auf die weiteren Regelungen von Änderungen, die vorgesehen sind, eingehen, das ist durch die Ministerin Frau Kuder, durch Frau Drese und durch Herrn Holter schon gemacht worden. Ich würde hier Wiederholungen anstellen, das muss nicht sein.
Erlauben Sie mir aber dennoch eine Bemerkung zu den plenarersetzenden Beschlüssen oder der Möglichkeit der plenarersetzenden Beschlüsse. Herr Dr. Brie hat wirklich schon vor einiger Zeit diese Vorschläge eingebracht und ich war mit einer der Ersten, der dies befürwortet hat, weil es durchaus Auswirkungen haben kann auf die Menschen im Lande. Es mutet zunächst an wie eine technische Korrektur, aber die ist von entscheidender Bedeutung. Herr Holter hat es eben schon gesagt, sollte dieser plenarersetzende Beschluss gegen die Interessen des
gesamten Landtages sein, wenn ein Beschluss im Europa- und Rechtsausschuss gefasst werden sollte, dann ist der Landtag jederzeit in der Lage, diesen Beschluss wieder einzukassieren, um das mal salopp zu formulieren, und das ist auch richtig so. Diese Ideen aus den einzelnen Fraktionen sind ernsthaft diskutiert worden. Das Ergebnis ist ein Konsens, und der liegt uns jetzt vor.
Die Änderung der Geschäftsordnung ergibt sich zwangsläufig aus der Einführung des Artikels 35a. Das braucht man nicht weiter zu erläutern. Die Umsetzung dieser plenarersetzenden Beschlüsse erfolgt in der Geschäftsordnung und somit ist es zwangsläufig notwendig, diese im Zuge der Änderung der Landesverfassung mit zu beschließen.
Wir haben gehört, dass es möglicherweise hier und da noch Diskussionsstoff gibt. Aber im Prinzip bin ich der festen Überzeugung, meine Damen und Herren, dass wir uns weitestgehend einig sind. Es könnte sich bestenfalls noch um Nuancen handeln. Wir haben – und da setze ich voraus, dass wir das Vorhaben überweisen – im Ausschuss ausgiebig Gelegenheit, über etwaige Auslegungen noch ausführlich zu diskutieren.
Eine Bemerkung noch und dann bin ich auch schon fertig.
Herr Holter, Öffentlichkeit im Ausschuss, ich sehe da nicht das große Problem. Sie haben recht, der Europa- und Rechtsausschuss tagt nicht öffentlich, aber wir haben es an verschiedensten Punkten – und das waren auch Anträge von der Opposition – zu bestimmten Tagesordnungspunkten, aber auch zu bestimmten Themen in einer Ausschusssitzung die Öffentlichkeit zugelassen. Darüber kann man jederzeit reden. Dazu sind wir bereit. Gerade bei so einem wichtigen Thema wie der Änderung der Landesverfassung will ich keine Entscheidung vorwegnehmen, aber ich signalisiere schon mal Verhandlungsbereitschaft, dass wir uns da mit Sicherheit einig werden.
Ich meinte die Diskussion, verehrte Frau Borchardt. Anhörungen sind öffentlich, da haben Sie natürlich recht. Das weiß ich auch. Vielen Dank für die Belehrung.
Ich bitte, den Entwurf zur Änderung der Landesverfassung zu überweisen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Wahlrecht mit 16 beschäftigt uns nun auf Wunsch der GRÜNEN schon die gesamte Wahlperiode, und die LINKEN kann man da, glaube ich, mit einschließen, wie wir ja eben gehört haben.
Der Innenminister hat es bereits erwähnt, das Thema war erstmals 2012 im Landtag, und wir als Koalition haben diesen Gesetzentwurf, und zwar auch im Ausschuss, um das noch mal zu bemerken, lang und breit diskutiert. Ja, und ein gewisser Dissens innerhalb der Koalition ist auch nichts Neues, da muss man nicht sagen, oh, jetzt ist ja irgendwas passiert in der Koalition und zum Ende der Wahlperiode,
der Legislatur bricht hier alles zusammen. Weit gefehlt, meine Damen und Herren, das ist nichts Neues. Das, was Herr Dahlemann hier gesagt hat, ist insofern nichts Neues. Neu ist, dass er zu diesem Thema spricht,
insofern wollen wir mal sehen. Gut, wir wollen mal sagen, das Stichwort „junger Politiker“ ist durchgekommen. Da hat man dann vielleicht gesagt, damit du auch mal eine Rede hast, deswegen musst du da ran.
2014 war dann abschließend im Landtag darüber debattiert worden
und seitdem hat sich an der Meinung der CDU-Fraktion, …
Ist es nun wieder gut, Herr Ritter, ja?!
… hat sich an der Meinung der CDU-Fraktion nichts geändert. Neue Fakten, …
Meine Herren!
… neue Fakten oder Erkenntnisse sind nicht aufgetaucht, da sind wir auch der Meinung wie der Innenminister. Neue Fakten, die unsere Meinung ändern würden, sind nicht da. Die Einführung des Wahlrechts mit 16 Jahren ist aus unserer Sicht nicht nötig und konnte auch in diesem neuen Gesetzentwurf und Antrag nicht überzeugend erklärt werden.
Im Übrigen, Herr Suhr, was ich immerzu überlege, aber mir fällt es überhaupt nicht ein, ist,
wieso die Absenkung des Wahlrechts, wie Sie das auch in dem Antrag begründet haben, zur Erhöhung der Wahlbeteiligung führen sollte. Also das ist völlig unlogisch.
Wenn wir von einer Gruppe von circa 24.000 Wählern, glaube ich, haben Sie gesprochen – richtig? –,
ausgehen, dann müsste die Wahlbeteiligung exorbitant über der Wahlbeteiligung der restlichen ab 18 liegen, damit überhaupt prozentual eine Erhöhung der Wahlbeteiligung stattfindet.
Ja, natürlich ist es so. Es ist rein rechnerisch so, ansonsten …
Ja, aber das sind trotzdem immer 100 Prozent, Herr Saalfeld, da können Sie nun machen, was Sie wollen.
Wenn sich die Anzahl der Wahlberechtigten erhöht,
also die Wahlberechtigten, dann ist es doch egal, um wie viele.
Wie viele davon gehen zur Wahl, das ist der Anteil, das ist die Wahlbeteiligung.
Ja, können Sie mir nicht erklären.
Zwischen dem Wahlalter und der Volljährigkeit besteht für uns nach wie vor ein innerer Zusammenhang. Warum
soll jemand über die Geschicke der Gesellschaft mitentscheiden, wenn die Gesellschaft ihn selbst gleichzeitig nicht für reif genug hält, seine eigenen Lebensverhältnisse eigenständig zu regeln? Diese Frage konnten Sie bis heute nicht beantworten.
Seit 2009 dürfen Minderjährige, also unter 18-Jährige, kein Sonnenstudio benutzen, zum Beispiel. Der Opferschutz von Zeugen durch Ausschluss der Öffentlichkeit wurde von 16 Jahren auf 18 Jahre erhöht. 16-Jährige werden also vom Gesetzgeber eben gerade nicht wie Erwachsene behandelt, vielmehr werden die Schutzregelungen, die für Kinder und Jugendliche gelten, für diese Altersgruppe sogar noch ausgedehnt.
Der Staat traut den jungen Menschen zwischen 16 und 18 nicht zu,
dass sie sich mit den Risiken und Folgen ihres Verhaltens abschließend auseinandersetzen können, und sieht in vielen Bereichen eine gegenüber Erwachsenen erhöhte Schutzbedürftigkeit.
Genau dies steht doch aber in einem absoluten Missverhältnis, meine Damen und Herren, zu Ihrer Argumentation für das Wahlrecht.
Auf Ihre Argumentation zur Hoffnung auf eine höhere Wahlbeteiligung bin ich schon eingegangen. Auswirkungen auf die Höhe der Wahlbeteiligung können nach unserer Auffassung kein Argument für die Absenkung des Wahlalters sein, denn sie spielen ja auch beim Wahlrecht für Erwachsene keine Rolle. Da aber jede Wahl nach dem Verfassungsgrundsatz in einer allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl zu erfolgen hat, können für 16-Jährige keine anderen Grundsätze für das Wahlrecht gelten als für 18Jährige.
Die von uns in Auftrag gegebene Umfrage vom Februar 2014 ist hier ebenfalls schon zur Sprache gekommen.
Es ist eine repräsentative Umfrage gewesen, darauf möchte ich noch mal hinweisen an dieser Stelle. Dort ist klar und deutlich herausgekommen, und auch bei der Gruppe der betreffenden Wähler, nicht nur bei den … Es ist also gefragt worden, es sind die Alterskohorten befragt worden, die hier in Rede stehen, nämlich die 16- und 17-Jährigen, und es sind die, die das Wahlrecht haben, ebenfalls befragt worden. Also da gibt es eine deutliche Trennung. Das ist nicht so, wie das hier, ich glaube, Frau Borchardt dargestellt hat. In beiden Alterskohorten war deutlich zu sehen, dass das Wahlrecht mit 16 nicht gefordert wird. Vielmehr ist es so, dass die Jugendlichen sich das gar nicht zutrauen und sich selbst nicht für reif genug halten.
Die Argumentation, werter Herr Dahlemann, „Jugend im Landtag“ kann insofern auch nicht stechen,
weil das nun wirklich eine Gruppe ist, die nicht repräsentativ ist. Also wenn man eine Umfrage macht, die repräsentativ ist …
Mit dem Abstimmungsverhalten bei „Jugend im Landtag“, da unterstellt man ganz einfach, dass das Jugendliche sind – das ist auch so und das ist ja hundertprozentig so –,
dass es Jugendliche sind, die sich für Politik interessieren, aber das ist im Durchschnitt der Bevölkerung eben nicht so.
Also die meisten minderjährigen Jugendlichen stehen einer Absenkung des Wahlalters höchst kritisch gegenüber. Sie sind mit der Verantwortung, die mit einer Wahlentscheidung einhergeht, überfordert. Viele äußern sich ganz offen, dass Politik derzeit nicht zu den Hauptthemen ihres Lebens gehöre.
An der Stelle mal ein Zitat von Ernst Barlach, der sagte:
„Es ist das Vorrecht der Jugend, Fehler zu begehen, denn sie hat genug Zeit, sie zu korrigieren.“ Zitatende. Wenn wir den jungen Menschen das Wahlrecht geben, dann haben sie diese Zeit zum Korrigieren eben nicht mehr, zumindest was die Wahlentscheidung betrifft,