Birgit Arnold
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Last Statements
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir begrüßen es von unserer Seite sehr, dass sich das Kultusministerium mit großem Nachdruck wieder der früh kindlichen Bildung und Betreuung zuwendet und den Versuch eines Gesamtkonzepts vorgelegt hat.
Wir begrüßen auch sehr, dass die Bildungshäuser in diesem Gesamtkonzept eine zentrale Rolle spielen und dass sie quan titativ weiter ausgebaut werden sollen. Dass es hierbei keine Begrenzung mehr geben soll, das ist ganz in unserem Sinn. Wir sehen es genauso, wie es unser Koalitionspartner sieht, dass das Bildungshaus gerade für kleine Kommunen ein sehr gutes Angebot ist, durch die enge Zusammenarbeit von Kin dergarten und Grundschule einen Bildungsstandort in der Flä che – und hierbei vor allem in der ländlichen Fläche – zu hal ten. Auch der Gedanke, sie später zu Familienzentren auszu bauen, ist sehr interessant. Ich denke aber, das ist noch Zu kunftsmusik.
Meine Damen und Herren, ich möchte nicht verhehlen, dass wir uns dieses Gesamtkonzept an einigen Stellen etwas kon kreter vorgestellt haben; denn es bleiben noch einige Fragen offen. Es ist von einem integrierten Gesamtbildungsplan die Rede, einem für die Drei- bis Zehnjährigen verpflichtenden Bildungsplan, in den der Orientierungsplan einfließen soll. Das bedeutet, dass, wenn dieser Gesamtbildungsplan ver pflichtend wird, auch der Orientierungsplan verpflichtend wer den muss. Das begrüßen wir sehr. Aber es ist schon heute so, dass die Inhalte des Orientierungsplans und des Bildungsplans für die Grundschule sehr eng aufeinander abgestimmt sind.
Ich habe mir unter diesem Gesichtspunkt die Eckpunkte noch einmal ganz genau angeschaut. Dort taucht dieses integrierte Gesamtkonzept nicht auf. Dort ist nur von der Verbindlichkeit des Orientierungsplans als Basis die Rede. Vielleicht kann im Lauf der Debatte noch geklärt werden, wie der verpflichten de Gesamtbildungsplan zu verstehen ist.
Wir begrüßen sehr, dass sich die Erzieherinnenausbildung ein Stück weit verändern soll, dass sie aufgewertet werden soll, dass sie neue Impulse bekommen soll. Das ist genau der rich tige Weg. Die Aussage von Frau Dr. Schick, dass der Beruf der Erzieherinnen in Zukunft vielleicht einer der spannends ten Berufe in unserer Bildungslandschaft sein wird, kann ich sehr gut nachvollziehen.
Auch dass die Kinder früher untersucht werden sollen, ist ganz in unserem Sinn. Die Untersuchung soll jetzt zum Kindergar tenbeginn einsetzen. Es ist von einer Kompetenzendiagnostik die Rede. Aber auch hier stellen sich Fragen, und zwar: Was passiert mit der neuen Einschulungsuntersuchung, die wir schon derzeit haben? Wird sie vorgezogen, oder wird hier ein neues Verfahren eingeführt? Was wird in diesem Zusammen hang eigentlich aus dem Projekt „Schulreifes Kind“, das in den letzten Jahren mit sehr guten Ergebnissen ausprobiert worden ist? Auch hier sind also noch Fragen offen.
Wesentlicher Bestandteil der frühkindlichen Bildung und Er ziehung ist natürlich die Sprachförderung, und sie soll es auch in Zukunft sein. Der Presse war zu entnehmen, dass Frau Dr. Schick sie in die Alltagsarbeit des Kindergartens einfließen lassen will; sie soll ein Standardrepertoire werden. Das ist mit tel- und langfristig sicher richtig. Aber auch hier stellt sich mir die Frage: Wie soll das in nächster Zukunft aussehen? Denn in dem Gesamtkonzept ist nach wie vor von der Förderung durch qualifiziertes Personal die Rede. Soll es jetzt zusätzli ches qualifiziertes Personal geben, oder sollen die Erzieherin nen das allein leisten? Auch an dieser Stelle ist der Weg, der hier gegangen werden soll, nicht ganz klar ersichtlich.
Fazit von unserer Seite, meine Damen und Herren: Wir be grüßen sehr, dass wir uns gemeinsam ganz intensiv Gedanken über die frühkindliche Bildung und Erziehung machen. Aber ich denke, wir müssen aufpassen, dass wir nicht den zweiten Schritt vor dem ersten tun und ins Stolpern geraten. Vielmehr sollten wir erst einmal alles daransetzen, dass der Orientie rungsplan wirklich verbindlich in der Fläche umgesetzt wer den kann. Dafür müssen wir die nötigen Ressourcen bereit stellen.
Wir wünschen uns hier und heute auch ganz konkret eine In tensivierung der Sprachförderung. Das heißt, sie muss früher anfangen, sie muss auch mehr Kinder erreichen als bisher.
Auch hierfür müssen wir jetzt und heute die nötigen Ressour cen zur Verfügung stellen.
Die Konsequenz aus diesen Überlegungen ist, dass wir es zur zeit als wenig sinnvoll erachten, ein verpflichtendes Kinder gartenjahr einzuführen;
denn das müsste vom Land finanziert werden. Vielmehr soll ten wir die Mittel, die wir dafür brauchten, lieber in die bei den Maßnahmen stecken, die ich eben genannt habe. Diese sind aus unserer Sicht vordringlich. Diese sollten wir als Ers tes zur Zufriedenheit aller Beteiligten realisieren.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Das glauben Sie doch wohl selbst nicht. Eine solche Verkennung meiner Person! Al so wirklich!
Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe es befürch tet, aber nicht wirklich geglaubt: Uns soll hier aus wahltakti schen Gründen wenige Wochen vor der Landtagswahl in die ser letzten Debatte zur Bildungspolitik in Baden-Württemberg wieder eine Schulstrukturdebatte aufgezwungen werden. Die sen Gefallen tue ich Ihnen nicht, Frau Rastätter und – wo ist sie? – Frau Queitsch, sondern ich halte mich an das, was hier auf der Tagesordnung – –
Ach so, Frau Haller-Haid. Entschuldigung.
Ich halte mich an die Tagesordnung, und auf der Tagesord nung stehen diese beiden Anträge auf Genehmigung von zwei Schulversuchen. Dazu nehme ich jetzt Stellung.
Eine Richtigstellung möchte ich vorher noch treffen. Frau Rastätter, Sie haben so getan, als würde ohne die Schulversu che, die ja wirklich anhängig sind und die wir auch ein Stück weit unterstützen würden, wenn wir könnten – aber Sie wis sen ja, wer hier in dieser Frage das Sagen hat – –
Das ist doch wahr.
Ach, Herr Schmiedel.
Ich komme zu den beiden Anträgen, die hier zu behandeln sind.
Ich wollte nur noch eines richtigstellen. Sie tun so, als wären diese Schulversuche dringend notwendig, um die Wiederho lerquote in diesem Land zu senken. Liebe Frau Rastätter, durch unser hoch differenziertes und differenzierendes Bil dungssystem sind wir in der Lage, viele Schülerinnen und Schüler individuell zu fördern.
Es ist zwar verbesserungswürdig, aber wir können es. Die ba den-württembergische Wiederholerquote ist, wie vieles ande res auch, bundesweit einmalig niedrig.
Sie liegt nämlich bei 1 %. Ich denke, das ist eine gute Quote. Das schaffen wir aber auch ohne Ihre Bemühungen.
Nun zu den Dingen, die hier wirklich zu beraten sind. Be schlusslage bei der FDP ist: Wenn alle Beteiligten vor Ort ein verstanden sind, sind wir bereit, Schulversuche, bei denen Neues ausprobiert wird, zuzulassen.
Ich betone aber – dabei sind Sie, Frau Haller-Haid, offensicht lich nicht richtig informiert –, dass alle Betroffenen zustim men sollen. Unsere Fraktion im Tübinger Gemeinderat hat eben nicht zugestimmt.
Herr Zeller, ich sage Ihnen auch, warum sie nicht zuge stimmt hat.
Natürlich sollte hierbei Konsens herrschen. – Warum hat die FDP-Fraktion im Tübinger Gemeinderat nicht zugestimmt?
Darf ich bitte meinen Satz in Ruhe zu Ende bringen?
Die FDP-Fraktion im Tü binger Gemeinderat hat diesem Antrag auf Durchführung ei nes Schulversuchs nicht zugestimmt, weil erstens die Auswir kungen auf die anderen Schulstandorte in der Stadt nicht hin reichend diskutiert worden sind,
weil sich zweitens ein erheblicher zusätzlicher Raumbedarf ergeben würde und weil das drittens angesichts der desolaten Finanzlage der Stadt gar nicht zu leisten wäre. Das waren die Gründe für die Ablehnung.
Ich werde den Teufel tun, mich hier über diese kommunalpo litisch wichtige und begründbare Haltung meiner Parteifreun de in Tübingen hinwegzusetzen.
Nein. Bei den vielen Zwi schenrufen gestatte ich jetzt keine Zwischenfrage.
Jetzt noch zu der Geschichte in Karlsruhe. Dort ist die Situa tion wieder etwas anders gelagert. Das ist wirklich eine olle Kamelle, die Sie hier aus dem Hut ziehen; denn der Antrag ist bereits zwei Jahre alt. Die Situation in Karlsruhe hat sich mitt lerweile verändert. Schon allein deshalb kann ich nicht zu stimmen. Ich habe gestern noch einmal mit meinen Partei freunden telefoniert.
Es ist mittlerweile Konsens im Gemeinderat in Karlsruhe, dass man lieber ein Bildungshaus an dieser neuen Grundschule ein richten möchte.
Diese Information habe ich.
Ich sage hier dasselbe. Solange eine Entscheidung nicht von allen gemeinsam im Konsens getragen wird, mische ich mich
in diese kommunalpolitischen Dinge von dieser Stelle aus nicht ein.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Frau Lösch, eines muss ich mit Nachdruck zurückwei sen: Ihre Aussage, dass wir gar nichts gemacht hätten, kann man so nicht stehen lassen.
Ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass wir das Angebot an Ganztagsschulen massiv ausgebaut haben.
Ich will meinen Spruch von der SPD nicht wieder aufsagen. Mittlerweile haben wir im Land 1 353 Ganztagsschulen. Wir haben die Kinderbetreuungsmöglichkeiten gerade in dieser Legislaturperiode intensiv ausgebaut.
Herr Präsident, könnten Sie bitte einmal für Ruhe sorgen? Danke.
Auch die Zahlen, die die Landesverwaltung betreffen, muss man etwas korrigieren – Frau Krueger hat es bereits angespro chen –: Im gehobenen Dienst sind mittlerweile fast 47 % der Bediensteten Frauen. In den obersten Landesbehörden sind es auch 47 %. Ganz so düster sieht es in Baden-Württemberg al so nicht aus.
In der Tat: Als frauenpolitische Sprecherin sehe ich natürlich genauso wie meine Vorrednerinnen Handlungsbedarf. Die Fra ge ist nur, wie man handelt. Eine gesetzliche Quotenregelung können wir auf den Weg bringen. Wir können damit aber nicht auf den Weg bringen, dass die Frauen, die dann als „Quoten frau“ ihren Job machen müssen, Akzeptanz finden.
Bei uns in der FDP/DVP ist die Diskussion noch nicht abge schlossen, was die Frauenquote in Führungspositionen anbe langt. Wir sehen vor allem ein ordnungspolitisches Problem: Die Vorgabe einer solchen Frauenquote in den Aufsichtsgre mien würde einen starken Eingriff in die Autonomie der Un ternehmen bedeuten. Einen solchen Weg wollen wir uns na türlich in Ruhe überlegen. Dies ist ein großes Problem für uns. Außerdem – Frau Krueger hat es schon angesprochen – gibt es auch Branchen, die nach wie vor in einem solchen Maß männerdominiert sind, dass wir die Frauenquote gar nicht er füllen könnten, weil es dort gar nicht genügend Frauen gibt.
Das eigentliche Problem, meine Damen und Herren – das wur de zum Teil schon angesprochen –, liegt doch ganz woanders. Dieses Problem kann die Landesregierung auch nicht allein lösen. Frauen tragen heutzutage größtenteils noch immer ei ne doppelte Belastung:
Sie sind zuständig für Kinder und Haushalt
sowie für ihren Beruf. Ihnen fehlen die Zeit und die Möglich keit, eine Karriere genauso zielstrebig aufzubauen, wie dies Männern möglich ist. Es müssen schon gewisse Voraussetzun gen erfüllt sein, wenn ich als Frau eine leitende Position ein nehmen will.
Jüngste Untersuchungen, Herr Röhm, haben gezeigt: Ein Drit tel der Familien in Deutschland
Sie helfen daheim; das ist sehr erfreulich –
leiden unter Zeitnot. Das heißt, Vollzeittätigkeit ist heute noch immer mit einem ganz bestimmten Bild verbunden, nämlich dem des sorglosen Arbeitnehmers, der ständig verfügbar sein muss, in Führungspositionen natürlich auch abends und am Wochenende. Das heißt, Mütter weichen auf Teilzeitbeschäf tigung aus, weil sie diese Doppelbelastung vermeiden wollen. Das bedeutet in der Regel Verzicht auf Karriere.
Die Zahlen belegen das auch: 85 % der Teilzeitarbeitenden in Baden-Württemberg sind Frauen. Zwei Drittel der Minijobs sind in Frauenhand.
Dabei wünschen sich Eltern eigentlich etwas anderes. Über raschenderweise wünschen sich drei Viertel der Väter eine Re duzierung ihrer Arbeitszeit. Auch die Hälfte der Mütter wün schen sich eine Reduzierung der Arbeitszeit. Die Wunschar beitszeiten bewegen sich zwischen einem hohen Teilzeit- und einem gemäßigten Vollzeitumfang.
Hier sehe ich eine Lösungsmöglichkeit. Aber diese kann ich eben auch nicht verordnen. Wir müssen gerade für die Fami lienphase zu neuen Arbeitszeitmodellen kommen.
Wir müssen von der lebenslangen Vollzeittätigkeit mit der ständigen Präsenz wegkommen, und wir müssen die Arbeits zeiten für Männer wie für Frauen gerechter verteilen.
Wie kann das geschehen? Wir haben im Moment Führungs positionen im Blick. Diese Forderung gilt gerade auch für Führungspositionen. Es ist durchaus machbar, meine Damen und Herren, wenn wir Arbeitszeit und Arbeitsort flexibler handhaben – z. B. mehr Teilzeit auch für Männer im Beruf
oder Gleitzeit in vielen Berufen. Die Erreichbarkeit über Han dy und Laptop ist doch heute gegeben. Sie alle erinnern sich sicher an die Reklame im Fernsehen, bei der ein Mann in ei nem Boot sitzt und angelt und telefoniert, während ein ande rer rudert und telefoniert. Beide behaupten, sie seien im Bü ro. Warum müssen sie das noch behaupten? Wir können heu te an Stellen arbeiten, an denen das früher gar nicht möglich war. Diese Flexibilität sollten wir auch nutzen.
Nein, sie arbeiten ja. Aber sie machen beides gleichzeitig. Das heißt, die Flexibilität, was Arbeitszeit und Arbeitsort an belangt, können wir auch für Führungspositionen auf den Weg bringen. Dann wäre das auch für Frauen leistbar.
Es zeichnet sich ein Lichtstreif am Horizont ab. Es wird – das ist schon heute erkennbar – in Zukunft ein großer Wettbe werbsnachteil sein – hier komme ich auf die Unternehmens seite zu sprechen –, wenn Arbeitgeber keine familiengerech ten Angebote machen.
Früher war das ein Alleinstellungsmerkmal. Aber heute wird das im Grunde von einem guten Arbeitgeber erwartet. Wie kann das aussehen? Er kann eine eigene Kindertagesstätte ein richten. Er kann die Kinderbetreuung seiner Beschäftigten be zuschussen.
Er kann auch Belegplätze in öffentlichen Einrichtungen bu chen. Diese Investition rechnet sich, weil sie die Motivation der Beschäftigten stärkt; es gibt weniger Fehlzeiten,
und es gibt eine stärkere Bindung an das Unternehmen. Das ist gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ein ganz wichti ger Wettbewerbsvorteil.
Hier deutet sich ein Umdenken an. Denn laut einer repräsen tativen Umfrage aus dem Jahr 2009 sehen 74 % der Unterneh men mittlerweile ganz konkrete betriebswirtschaftliche Vor teile durch das Angebot von familienfreundlichen Maßnah men. Diesen Weg müssen wir gehen, meine Damen und Her ren. Wir brauchen nicht nur Gesetze, sondern auch eine Ver änderung aufseiten der Unternehmenslandschaft.
Ein weiterer Lichtstreif, den ich abschließend noch anspre chen möchte, ist: Viele junge Väter wollen heute nicht mehr nur die Rolle des Brotverdieners spielen, sondern sie wollen von Anfang an eine intensive Beziehung zu ihren Kindern auf bauen. Erfreulicherweise haben im Jahr 2008 immerhin 21 % der Väter von der Möglichkeit des Bezugs von Elterngeld Ge brauch gemacht, wenn auch leider meist nur für zwei Mona te und nicht für den vollen Zeitraum. Aber hier kündigt sich ein Bewusstseinswandel an. Das, meine Damen und Herren, müssen wir unterstützen.
Wir müssen die richtige Balance zwischen der Familie und der Arbeit finden. Beides muss uns gleich wichtig sein: Fami lie – also Familienarbeit – und Beruf – also Erwerbsarbeit. Wenn wir hier die richtige Balance hinbekommen, dann kön nen sich Frauen stärker um ihre Karriere kümmern und sind nicht mehr dieser Doppelbelastung ausgesetzt.
Das zweite Positive ist, dass dann die Väter in unsere Famili en zurückkehren. Sie sind dort dringend nötig. Es würde un serer Gesellschaft sehr guttun, wenn sich diese Entwicklung fortsetzen würde.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Im Jahr 2007, Herr Zeller, war die SPD sehr mutig. Sie hat damals einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Folgendes be inhaltete:
2. Die Grundschule wird von vier auf sechs Jahre verlän
gert.
3. Haupt- und Realschulen werden zu Gemeinschafts
schulen... zusammengeschlossen.
Außerdem besteht die Möglichkeit, einen gymnasialen Zweig anzugliedern.
4. Die gymnasiale Schulzeit in der Normalform beträgt
künftig sechs Jahre.
So lautete der ursprüngliche Gesetzentwurf im Jahr 2007. Er wurde dann zurückgezogen – nach Hamburg,
wo nämlich genau ein solches Konzept umgesetzt werden soll te.
Dieses Konzept ist damals in Hamburg – das wissen wir alle – grandios gescheitert.
Jetzt legen Sie uns erneut einen Gesetzentwurf vor. Dieser ent spricht eigentlich dem alten Gesetzentwurf, ist aber deutlich weichgespült.
Ich kann mich auch etwas drastischer ausdrücken: Je näher der Wahltag rückt, desto mehr fressen Sie Kreide – wenn ich das hier einmal so sagen darf.
Immerhin sind Sie noch so ehrlich, dass Sie in der Darstel lung der Zielsetzung im Vorblatt Ihres weichgespülten Gesetz entwurfs ausführen:
Das selektive dreigliedrige Schulsystem soll schrittweise in ein integratives Schulsystem umgewandelt werden. Das Ziel der SPD ist die 10-jährige gemeinsame Schulzeit für alle.
Sie beschreiben also noch einmal mit allem Nachdruck, was Sie langfristig vorhaben.
Herr Zeller, in den Sechzigerjahren gab es in der Pädagogik die Vorstellung, dass man die große Breite der Schülerschaft in gleicher Zeit auf ein gleiches Niveau führen kann.
Aber wir wissen heute, dass diese Annahme falsch war.
Wir haben kein wissenschaftliches Fundament für die Rich tigkeit dieser Annahme. Wir wissen heute – das haben Studi en des Max-Planck-Instituts in München belegt –, dass sich Kinder im Erwerb geistiger Kompetenzen schon sehr früh un terscheiden, und zwar in der Geschwindigkeit, in der Menge und in der Qualität.
Diese individuellen Unterschiede bleiben bis ins Erwachse nenalter erhalten.
Sie haben in den Debatten immer die PISA-Ergebnisse zitiert. Auch PISA ist kein Beleg dafür, dass Gemeinschaftsschulen bessere Bildungserfolge generieren. Denn PISA ist nur eine punktuelle Bestandsaufnahme. Es ist keine langfristige Schul entwicklungsuntersuchung und kann nicht als Zeuge dafür herhalten, dass Gemeinschaftsschulen besser seien.
Es gibt aber eine ganze Reihe von sehr aufwendigen empiri schen Studien zu der Frage, was das gegliederte Schulsystem leistet. Diese kommen alle übereinstimmend zu dem Ergeb nis, dass eine möglichst – ich sage bewusst: möglichst – ho mogen zusammengesetzte Lerngruppe bessere Lernerfolge zeitigt als – –
Doch, diese Studien gibt es.
Sie liegen von Rossbach und Heller, von Baumert und Köller und von Herrn Weinert vor. Ich wollte die Namen nicht nen nen, weil mir die Zeit davonläuft.
Wenn wir von den wissenschaftlichen Befunden einmal abse hen und das, was Sie vorschlagen, einmal ernst nehmen, dann sage ich Ihnen, Herr Zeller: In der gemeinsamen Pressekon ferenz, die Sie – SPD und Grüne – am vergangenen Freitag gegeben haben, in der Sie vorgetragen haben, wie Ihre Bil dungspolitik in Zukunft gestaltet werden soll, haben Sie ge sagt: Die Schule soll im Dorf bleiben.
Das haben Sie eben auch wiederholt.
Sie sagten weiter, dort gebe es die größtmögliche Vielfalt an differenzierten Lernangeboten an einem Schulort. Sie wollen sämtliche Bildungspläne und Bildungsstandards abbilden, al so von Hauptschule, Werkrealschule, Realschule und Gym nasium.
Ich frage Sie, Herr Zeller, allen Ernstes: Wie soll eine Dorf schule das leisten? So viel zur Praktikabilität Ihres Vorschlags.
Vor wenigen Wochen hatten wir im Schulausschuss Besuch aus Finnland. Das waren Leiter von finnischen Gewerbeschu len. Es gab ein interessantes Gespräch. Sie haben uns am En de gefragt: Wie hoch ist denn die Jugendarbeitslosenquote in Baden-Württemberg? Als wir gesagt haben: „2,7 %“, stand den finnischen Kollegen der Mund offen. In Finnland liegt sie nämlich bei knapp 20 %. Einer der Kollegen fragte uns: „Wa rum wollen Sie dann eigentlich Ihr Schulsystem verändern?“ Ich habe geantwortet: „Wir wollen es nicht verändern. Wir wissen, was wir daran haben.“
Dieser weichgespülte Gesetzentwurf, den Sie heute hier vor legen, soll nur eines verschleiern, lieber Herr Zeller, nämlich dass die SPD mit ihrer Bildungspolitik auf der ganzen Linie gescheitert ist.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Was Sie von der Opposition uns hier vorlegen ist schon sehr eigenartig. Sie wollen, dass einzügige Hauptschulen die Bezeichnung „Werkrealschule“ bekommen. Ich darf daran er innern, Herr Zeller und auch die anderen Damen und Herren von der Opposition, was Sie vor gut einem Jahr, im Novem ber 2009, über die neue Werkrealschule gesagt haben: Sie ha ben gesagt, das sei Etikettenschwindel,
das sei eine pädagogische Mogelpackung. Jetzt wollen Sie ge nau diese Bezeichnung für alle einzügigen Hauptschulen ver wenden. Da komme ich nicht mehr mit.
Wenn wir Sie an dieser Stelle wirklich ernst nehmen sollen, dann müssen Sie einmal deutlich Ihr Bedauern darüber aus sprechen, dass Sie die neue Werkrealschule so schlecht gemacht haben. Andernfalls ziehen Sie diesen Vorschlag zu rück. Das eine passt nicht zum anderen.
Was die Notenhürde betrifft, die Sie abschaffen wollen, kann man mit uns reden. Es ist völlig richtig, dass diese Notenhür de an dieser Stelle systemwidrig ist. Aber dann müssen wir auch eines schaffen: Wir müssen wirklich in Klasse 5 anfan gen, die Kinder individuell zu fördern, damit sie den mittle ren Bildungsabschluss als Regelabschluss bekommen.
Ich habe es in früheren Reden schon gesagt: Wir haben im Land eine Werkrealschule – jetzt ist sie auch die neue Werk realschule –, die das schon vorher geschafft hat. Amtzell hat mit der alten Werkrealschule 75 % der Schüler zum mittleren Bildungsabschluss geführt. Das ist genau das Konzept, das wir flächendeckend umsetzen müssten. Dann bräuchten wir die Notenhürde in der Tat nicht mehr.
Zu Ihrem Antrag auf Genehmigung integrativer Schulmodelle: Zunächst einmal herzlichen Dank, dass Sie unser Wahlpro gramm so ausführlich zitiert haben. Ich kann nur sagen: Will kommen im Klub! Schön, dass Sie bei uns abschreiben.
Bei uns ist das nämlich schon lange Beschlusslage. Allerdings gibt es zwei feine Unterschiede zu Ihren Vorschlägen.
Zum einen: Bei Ihnen ist nur von den Kommunen die Rede. Wir wollen, dass alle am Schulgeschehen Beteiligten einver standen sind, wenn im Bildungsbereich vor Ort etwas Neues ausprobiert werden soll. Sie reduzieren Ihre integrativen Schulmodelle wieder auf den Begriff „Gemeinschaftsschule“. Das ist sehr verräterisch; Herr Schebesta hat schon das Nöti ge dazu gesagt. Das ist viel zu eng gefasst. Es gibt viele Mög lichkeiten der integrativen Zusammenarbeit. Wir wollen das Ganze nicht nur auf die Gemeinschaftsschule reduzieren. Des halb lehnen wir Ihr Begehren an dieser Stelle ab.
Meine Damen und Herren, auch ich komme nicht umhin, ei niges zum Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen zu sa gen. Natürlich haben wir uns über dieses Urteil gefreut. Ich möchte den wichtigsten Punkt – –
Ach, Herr Schmiedel, lassen Sie mich Ihnen doch einfach einmal in Ruhe meine Gedanken erläutern.
Der aus unserer Sicht wichtigste Satz in diesem Urteil lautet – ich will ihn nur sinngemäß wiedergeben –: Es wird klar gestellt, dass im Schulgesetz genau festgelegt ist, wie die Werkrealschule umgesetzt werden soll, nämlich grundsätzlich zweizügig und an mehreren Standorten. Das Verwaltungs gericht sagt klipp und klar: Es steht dem Kultusministerium nicht zu, auf dem Verwaltungsweg Vorstellungen, die von die sen Festlegungen im Schulgesetz abweichen, zu realisieren.
Genau das hat nämlich stattgefunden, und genau das ist der Knackpunkt unserer Auseinandersetzungen im letzten Jahr ge wesen.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal Herrn Zeller zitie ren. Er hat im November 2009 gesagt, die FDP/DVP interpre tiere das Gesetz völlig anders als der – damalige – Kultusmi nister. In diesem Punkt haben Sie, Herr Zeller, völlig recht.
Aber Sie sagen weiter: „Die FDP/DVP erzählt Falsches und behauptet etwas in Bezug auf die Klassen 5 bis 9, was nicht zutrifft.“ An dieser Stelle war das, wie so oft, etwas voreilig, Herr Zeller. Wir wussten von Anfang an, was wir politisch wollten.
Wir haben das auch legislativ umgesetzt. Wir haben die Be stätigung jetzt bekommen. Wir haben bis heute an unserer Be schlusslage festgehalten und sie bis heute immer wieder kom muniziert. Manchmal mahlen die Mühlen eben etwas länger.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, verehrte Frau Dr. Schick, um Ihnen Folgendes zu sagen: Sie sind neu in diesem Haus, und Sie sind eine mutige Frau.
Ich fordere Sie auf: Nutzen Sie die Chance, die Ihnen das Ur teil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen bietet. Ich habe schon vorhin gesagt: Im Grunde ist alles ganz einfach: grund sätzlich zweizügig, an mehreren Standorten. Überlassen Sie es den Kommunen und den Schulleitungen, wie sie das um setzen. Vor Ort sind die Kreativität und das pädagogische Know-how vorhanden. Die Betroffenen wissen auch um die örtlichen Bedürfnisse. Deshalb: Haben Sie Mut, entlassen Sie die Schulen in die Freiheit, die wir von der FDP immer ge wollt haben und die ihnen auch das Schulgesetz dem Wortlaut nach gewährt.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Verehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Da men und Herren! Herr Zeller, ich bin gespannt, was passiert, wenn Sie demnächst an der Regierung sind. Sie waren ja schon einmal an der Regierung. Damals ist gar nichts passiert.
Das lassen wir jetzt einmal beiseite.
Aber ich weise wirklich mit Nachdruck die Unterstellung zu rück – ich weiß gar nicht, wie Sie dazu kommen –, wir wären im Hinblick auf den Ausbau der Ganztagsschulen starrköpfig.
Das stimmt überhaupt nicht. Ich bin mit Ihnen völlig einig da rin: Die Ganztagsschule ist ein wichtiges Element unserer Bil dungslandschaft.
Wir haben uns seit Jahren dafür eingesetzt, dass die Ganztags schule ausgebaut wird. Wir haben einen deutlichen Anteil an dem Ausbau, der jetzt stattgefunden hat.
Aber – auch da stimme ich Ihnen zu – es gibt einige Unge reimtheiten, die diese stürmische Entwicklung mit sich ge bracht hat, und wir sehen – ich habe es bereits in der ersten Runde gesagt und führe es heute gern noch einmal an – in die sem Feld Handlungsbedarf.
Noch einmal zu unseren wesentlichen Wünschen: Wir wol len, dass die Schulen in Zukunft entscheiden, ob sie Ganztags betreuung anbieten und, wenn ja, in welcher Form.
Wir wollen, dass die Schulen die dafür nötigen Ressourcen erhalten. Wenn wir miteinander diskutiert haben und ich die Möglichkeit dazu hatte, habe ich mehrfach zu erkennen gege ben, dass auch wir von der FDP/DVP durchaus damit einver standen sind, wenn die Ganztagsschule im Schulgesetz ver ankert wird. Das ist völlig klar. Die Kommunen brauchen die Rechtssicherheit. Diesen Weg gehen wir gern mit.
Wenn man dies legislativ umsetzen will, braucht man dazu natürlich auch einen Partner. Doch hier scheint sich ein Licht am Horizont zu zeigen.
Für mich war das wichtigste Ergebnis der Beratungen im Schulausschuss – in diesem haben wir das Thema neulich be handelt –, dass Frau Dr. Schick sinngemäß gesagt hat: Pers pektivisch wird es auch in diesem Bereich Veränderungen ge ben. Diese Aussage begrüßen wir sehr.
Ich begrüße auch sehr, dass sich die CDU auf ihrem Landes parteitag dafür ausgesprochen hat, die Ganztagsschule in Zu kunft im Schulgesetz zu verankern. Offensichtlich konnten wir die Kolleginnen und Kollegen davon überzeugen, dass das sinnvoll ist.
Aber, meine Damen und Herren, auch hier brauchen wir die nötige Flexibilität vor Ort. Wir brauchen – ich sage es noch einmal, Frau Rastätter – nicht einen solch dirigistischen Ge setzentwurf wie den Ihren.
Nein, das muss man nicht alles im Gesetz regeln, und wir haben ja noch gar keinen Beschluss. Ihren Dirigismus wollen
wir nicht. Aber ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit der CDU in dieser Frage. Wir bekommen das schon hin.
Verehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Da men und Herren! Herr Zeller, Sie müssen sich diesen Gesetz entwurf einmal etwas genauer ansehen. Frau Rastätter möch te die Jugendbegleiter ausdrücklich dabeihaben.
Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde mir gern viel Mü he geben, Frau Rastätter, keine Vertreterin einer „DagegenPartei“ zu sein. Das ist aber manchmal gar nicht so einfach; denn es ist nicht immer leicht zu erkennen, was Sie eigentlich wollen.
Vor wenigen Jahren wollten Sie das Gymnasium noch ab schaffen. Jetzt stellen Sie lange Überlegungen zu G 8 oder G 9 an. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie uns zunächst einmal sa gen würden, was Sie wirklich wollen.
Dann können wir uns überlegen, ob wir dagegen sind oder nicht.
In dem Redebeitrag von Herrn Mentrup hat mich eines über rascht. Wo ist er denn eigentlich?
Ach, da läuft er. – Es ist noch nicht so lange her, da hat Herr Dr. Mentrup gemeinsam mit den Damen und Herren von den Grünen einen Rechtsanspruch für jeden Schüler gefordert, der die Voraussetzungen erfüllt, um auf das berufliche Gymnasi um zu wechseln. Jetzt höre ich plötzlich von Ihnen – ich fra ge Sie: was wollen Sie eigentlich? –: „Na ja, die beruflichen Gymnasien sind vielleicht doch nicht das Gelbe vom Ei;
die haben nicht so die fachliche Tiefe.“ Das alles ist in sich sehr widersprüchlich.
Meine Damen und Herren, unser Weg ist klar: Wir halten am Ausbau der beruflichen Gymnasien als eine Möglichkeit fest, nach der Grundschule in unserem Land nach neun Jahren das Abitur zu machen.
Wir sind sehr froh, dass wir jetzt auch die Möglichkeiten ha ben, die beruflichen Gymnasien in dem Maß weiter auszubau en, wie wir uns das schon lange gewünscht haben.
Ich möchte noch einmal darauf verweisen, dass dieser Weg für uns auch deshalb zielführend ist, weil die beruflichen Gymnasien ein wichtiges Integrationsinstrument sind. Ich ha be es schon beim letzten Mal gesagt, und Sie wissen es auch: 70 % der Schülerinnen und Schüler an beruflichen Gymnasi en kommen aus Realschulen; dort sind mittlerweile auch vie le Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund ver treten. 30 % aller Abiturienten haben zuvor eine berufliche Schule besucht; nimmt man die Fachhochschulreife hinzu, so kommen 50 % aller Hochschulzugangsberechtigungen in un serem Land über diese Schiene. Hieran zeigt sich deutlich, wie wichtig diese Schulart als Integrationselement ist.
Im Weiteren kann ich mich kurz fassen. Frau Vossschulte hat schon alle Argumente der kommunalen Landesverbände an geführt, die diesen Weg, den Sie vorschlagen, auch nicht mit gehen wollen. Ich kann mir eine Wiederholung an dieser Stel le ersparen und schließe mich diesen Ausführungen voll und ganz an.
Es bleibt dabei: Berufliche Gymnasien sind der richtige Weg, was das G 9 anbelangt.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Doch, Herr Mentrup, es gibt Gründe – auch wenn Sie sich das nicht vorstellen können –, Ihren Gesetzentwurf abzuleh nen.
Die Zahl, die Sie hier nennen, nämlich dass 17 % der Kinder, die eine Gymnasialempfehlung haben, von ihren Eltern dann nicht aufs Gymnasium geschickt werden, ist mit Blick auf das G 8 nicht belastbar. Wenn Sie in den Bildungsbericht schau en, der uns vor anderthalb Jahren auf den Tisch gelegt wor den ist, und die Entwicklung in früheren Jahren anschauen, dann sehen Sie, dass diese Zahl schon immer in dieser Grö ßenordnung lag. Hier spielt G 8 keine deutliche Rolle.
Dann frage ich Sie ähnlich wie Frau Vossschulte: Was wollen Sie eigentlich? Sie wollten bei der letzten Plenardebatte vor drei Wochen einen gesetzlichen Anspruch der Abgänger aus der Realschule auf einen Platz am beruflichen Gymnasium durchsetzen. Da hatten Sie die beruflichen Gymnasien im Fo kus. Jetzt fokussieren Sie sich aus durchsichtigen wahltakti schen Gründen wieder auf das G 8.
Jetzt sollen die Kinder vor allem dort ihre Potenziale entwi ckeln können. Was wollen Sie denn nun eigentlich?
Beides ist nicht bezahlbar. Wenn Sie uns sagen, wie diese Doppelstruktur finanziert werden soll, dann ist das ein verlo ckender Gedanke. Aber da brauchen wir Hinweise, wie das alles bezahlt werden soll.
Meine Damen und Herren, es gibt Probleme mit G 8. Hoffent lich wird es sie nicht weiter geben. Wir nehmen diese Proble me zur Kenntnis, und wir nehmen sie auch ernst.
Wir begrüßen es sehr, dass sich die Frau Kulturministerin die sem Problem deutlich zugewandt hat und hier Lösungen vor schlägt und dass auch vonseiten des Kultusministeriums die se Problematik verstärkt aufgegriffen wird. So soll es z. B. in Zukunft jährliche Gespräche mit jedem Gymnasium geben. Diese Vorgehensweise begrüßen wir sehr, denn da ist mögli cherweise in der Vergangenheit zu wenig getan worden.
Auch die weiteren Entlastungen in der Unterstufe – ich will sie jetzt nicht weiter ausführen; Frau Dr. Schick wird sie si cher noch näher erläutern – halten wir grundsätzlich für rich tig. Aber an dieser Stelle möchte ich schon davor warnen: Wir dürfen die organisatorischen und pädagogischen Freiheiten nicht zu sehr einschränken, die wir unseren Schulen an dieser Stelle bisher gegeben haben.
Ich denke, da müssen wir ein bisschen aufpassen.
Wie gesagt, wir wollen keine parallelen Strukturen, weil wir einfach die Mittel dafür nicht haben. Für uns ist es wichtig, dass wir das Gymnasium G 9, das wir noch immer haben, nämlich die beruflichen Gymnasien – das ist ja nach wie vor ein neunjähriger Bildungsgang –, stärker ausbauen als bisher. Wir sind sehr froh, dass es hier jetzt 100 neue Klassen geben wird und auch für die Zukunft ein weiterer bedarfsgerechter Ausbau vorgesehen ist. Diesen Weg gehen wir natürlich voll und ganz mit.
Meine Damen und Herren, abschließend noch einige wenige Zahlen. Die beruflichen Gymnasien gibt es in der Bundesre publik nur in Baden-Württemberg und in Sachsen. Sie sind ein ganz wichtiges Integrationsinstrument, vielleicht sogar das wichtigste, das wir haben.
Der Ausländeranteil an den beruflichen Oberschulen und an unseren beruflichen Gymnasien – wie gesagt: Ausländer; lei der werden die Kinder mit Migrationshintergrund nicht sta tistisch erfasst – ist doppelt so hoch wie an unseren normalen Gymnasien. Da zeichnet sich das schon ab.
Noch zwei andere Zahlen, dann bin ich fertig. 30 % der Abi turienten kommen über unsere beruflichen Schulen. Wenn man die Fachhochschulreife noch dazunimmt, haben 50 % der jungen Menschen in unserem Land ihre Hochschulzugangs berechtigung über die beruflichen Schulen erworben.
Diesen Weg wollen wir verstärkt weitergehen, weil er aus un serer Sicht viel zielführender ist
als diese Zickzackpolitik, die Sie von der SPD hier machen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, verehr te Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ist das Glas jetzt halb voll, oder ist es halb leer?
Ich als Mitglied der Regierungskoalition tendiere dazu,
ein halb volles Glas auf den Tisch zu stellen. Ganz so schlimm, wie es in den letzten beiden Redebeiträgen dargestellt worden ist, ist es nicht. Frau Netzhammer hat schon einige wichtige Zahlen genannt.
Wir haben in den letzten vier Jahren wirklich einen deutlichen Sprung nach vorn gemacht. Ich darf noch einmal zwei Zah len nennen: In den obersten Landesbehörden liegt der Frau enanteil mittlerweile bei 47,5 %. Im gehobenen Dienst liegt der Frauenanteil bei 46,9 %.
Wir sind uns völlig einig darin, dass Frauen in Führungsposi tionen noch stark unterrepräsentiert sind.
Sie haben die Zahl genannt: Der Frauenanteil liegt hier nur bei knapp 15 %. Da sehen wir alle gemeinsam noch deutli chen Handlungsbedarf. Das ist gar keine Frage.
Meine Damen und Herren, ich habe im Jahr 1975 geheiratet; das ist noch gar nicht so furchtbar lang her.
Na ja, es kommt immer darauf an, wie man sich fühlt. – Da mals, meine Damen und Herren
das alles geht von meiner Redezeit ab –, durfte ich nur mit der Zustimmung meines Ehemanns berufstätig werden. Das muss man sich heute einmal auf der Zunge zergehen lassen.
Es gab diese Vorgaben damals noch.
Wenn man das als Vergleich nimmt, dann stellt man fest, dass in den letzten Jahrzehnten viel passiert ist. Ich denke, wir sind hier auf einem sehr, sehr guten Weg. Sie haben es angespro chen; ich weiß nicht mehr, wer es war.
Natürlich geht es nicht nur um Chancengleichheit für Frauen insgesamt, sondern es sind auch volkswirtschaftliche Fragen,
die heute auf der Tagesordnung stehen. Bei dem sich abzeich nenden Fachkräftemangel brauchen wir die Frauen. Sie gehö ren zu der bestausgebildeten Frauengeneration aller Zeiten. Es wäre natürlich auch aus volkswirtschaftlichen Gründen fahrlässig, wenn wir dieses Potenzial nicht nutzen würden.
Meine Damen und Herren, das, was ich Ihnen jetzt vorlese, stammt nicht von Alice Schwarzer, sondern das habe ich aus der jüngsten Veröffentlichung einer Unternehmerzeitung he rausgelesen. Ein Ergebnis darin lautet, dass Frauen eben auch ganz wichtige Führungsqualitäten haben, die wir im öffentli chen Dienst auch sehr gut gebrauchen können.
Sie haben ein großes Organisationstalent.
Ach Kinder, jetzt hört mir einmal zu. Frau Präsidentin, kön nen Sie bitte für Ruhe sorgen?
Frauen haben ein großes Organisationstalent. Sie vergeuden weniger Zeit, weil sie ein Ziel viel effektiver ansteuern. Sie hören besser zu, sie sind konfliktfähiger, sie haben mehr Ge spür für Beziehungen, und sie sind auch risikobewusster.
Es gibt eine ernst zu nehmende Untersuchung – –
Es gibt eine ernst zu neh mende Untersuchung, die in den USA gemacht worden ist, die zu dem Ergebnis kommt, dass Unternehmen, in denen Frau en in Führungspositionen in der Mehrheit sind, deutlich bes sere Ergebnisse haben, weil Frauen einfach risikobewusster sind.
Aber jetzt kommen wir einmal zu unserem Bericht zurück.
Für mich war eine Aussage dieses Berichts ganz wichtig, weil sie einen Gedanken aufgreift, den ich an dieser Stelle schon
mehrmals formuliert habe und es heute wieder tue. Der letz te Satz in diesem Bilanzbericht lautet:
Neben der gezielten beruflichen Förderung von Frauen muss aber auch künftig das Augenmerk auf Maßnahmen gerichtet werden, die die Balance von Berufs- und Fami lienleben für Männer und Frauen verbessern.
Denn diese Balance haben wir im Moment nicht.
Wir wissen, dass es vor allem Frauen sind, die diese doppel te Belastung aushalten müssen. Wir wissen: In Baden-Würt temberg beträgt der Anteil der Männer an den Beschäftigten in Elternzeit im Moment 4,6 %. Das ist viel zu wenig. 83 % der Teilzeitbeschäftigten in der Landesverwaltung sind Frau en. Wir brauchen mehr Männer, die bereit sind, in Teilzeit zu arbeiten.
Das ist doch die eigentliche Problematik, meine Damen und Herren: Wir können so viele Zielvorstellungen formulieren, wie wir wollen, Frau Lösch.
Aber solange wir diese Balance nicht hinbekommen, solange Frauen hier massiv überbelastet sind – –
Die Balance erreichen wir nur dann, wenn wir die Möglich keiten nutzen, die wir haben, um Familie und Beruf besser miteinander zu vereinbaren, als da sind: Die Erwerbspausen für Frauen dürfen nicht so lang dauern. Auch Männer sollen Erwerbspausen einlegen.
Die Betreuungszeiten müssen gleichmäßiger verteilt werden; in der Familie müssen sie auf beide Schultern verteilt werden. Teilzeit, Telearbeit, all diese Instrumente, die wir schon heu te haben,
müssen auch viel mehr von den Männern in Anspruch genom men werden. Das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.
Lassen Sie mich doch einmal ausreden.
Ich bin gleich fertig; ei nen Satz noch.
Warum ist das so wichtig? Es ist nicht nur für uns wichtig, sondern aus meiner Sicht ist es auch für die Kinder in unse rer Gesellschaft ganz wichtig. Wir müssen aufpassen, dass wir unsere Lebenswelt, unsere Wirtschaftswelt nicht nur so orga nisieren, wie es den Bedürfnissen der Erwachsenen entspricht, sondern wir brauchen auch den Blick darauf, welche Bedürf nisse die Kinder haben. Sie brauchen Zeit, sie brauchen Lie be, sie brauchen Zuwendung.
Die Balance zwischen Er werbsleben und Familienleben müssen wir erreichen, und zwar für Männer und Frauen.
Das wäre wirklich ein großer Schritt nach vorn. Man darf das nicht nur von oben machen. Es muss auch in der Gesellschaft wachsen.
Meine Damen und Herren, ich bin heute bei diesem letzten Tagesordnungspunkt die letzte Rednerin aus den Reihen der Abgeordneten. In diesem Sinn erlaube ich mir, Ihnen ein fröh liches und gesegnetes Weihnachtsfest zu wünschen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Bitte, Frau Wonnay.
Sie haben von Ihrem Denkansatz her völlig recht, Frau Wonnay. Aber der Bilanz bericht macht Aussagen, zumindest in Ansätzen. Ich habe die Instrumente genannt: Telearbeit, flexible Arbeitszeiten, Sab batjahr. All das gibt es in der Landesverwaltung auch schon. Aber ich bin mit Ihnen völlig einig: Wir haben noch viel zu tun.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.