Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 28. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie. Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen und die Gespräche einzustellen.
Aus dienstlichen Gründen haben sich Herr Minister Professor Dr. Goll und – für den Nachmittag – Herr Minister Hauk entschuldigt. Dienstlich verhindert ist Herr Minister Professor Dr. Frankenberg.
Aktuelle Debatte – Verwirrspiel um Führerschein mit 17 jetzt endlich beenden! – beantragt von der Fraktion der SPD
Das Präsidium hat die üblichen Redezeiten festgelegt: fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde. Ich darf die Vertreter der Regierung bitten, sich ebenfalls an diesen zeitlichen Rahmen zu halten.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! „Verwirrspiel um Führerschein mit 17 jetzt endlich beenden!“ Ich gehe auf zwei Aspekte dieses Themas ein. Erstens – inhaltlich –: Ist der Führerschein mit 17, sprich das begleitete Fahren, eine angemessene und sinnvolle Präventionsmaßnahme? Und zweitens: Wie gehen die Regierung und die Regierungsfraktionen mit diesem Thema um?
Wir haben gestern auf Antrag der FDP/DVP das Thema Verkehrssicherheit debattiert und dabei übereinstimmend festgestellt: Es gibt eine besondere Risikogruppe; das sind die Fahranfänger. Der Anteil der Fahranfänger an den Unfallverursachern ist wegen mangelnder Erfahrung beim Führen von Fahrzeugen relativ hoch. Ich wiederhole nochmals: Man braucht eine Fahrerfahrung von ca. 80 000 km – vielleicht sind es auch 60 000 km –, um eine gewisse Reaktionsfähigkeit in kritischen Situationen zu haben. Nach der Fahrschule hat man ca. 1 000 km zurückgelegt.
Es besteht also ein dringlicher Bedarf, sich dieser Zielgruppe zuzuwenden, um die Fahrfehler möglichst zu reduzieren. Hierzu gibt es unterschiedlichste Instrumentarien der Prävention und der Sanktion. Ein Präventionsinstrument ist das begleite
te Fahren mit 17, umgangssprachlich „Führerschein mit 17“ genannt. Das heißt: Man legt die Führerscheinprüfung mit 17 Jahren ab und darf bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs in Begleitung ein Kfz führen. Die Begleitperson muss mindes tens 30 Jahre alt und mindestens fünf Jahre im Besitz eines Führerscheins sein. Es gibt einschlägige Bestimmungen zur Fahrtüchtigkeit, auch der Begleitperson. Aber haftungsrechtlich bleibt der Fahrer voll verantwortlich.
Ziel des begleiteten Fahrens ist die Erhöhung der Verkehrssicherheit in dieser Republik, die Minimierung gravierender Unfälle – nicht mehr und nicht weniger. Das Thema – das sei einmal deutlich gesagt – eignet sich nicht zur ideologischen Überhöhung. Damit verbindet sich keine Heilsgewissheit über die Zukunft dieser Republik. Das Thema verlangt einen pragmatischen Zugang.
Man muss abwägen, was dafür und was dagegen spricht. Es handelt sich um eine Sachentscheidung, für die man sich aussprechen und der man sich auch widersetzen kann.
Anfangs variierten die Meinungen quer durch die politischen und gesellschaftlichen Gruppen. Niedersachsen war der Schritt macher mit der Einführung des Modellversuchs im Jahr 2004. Heute, drei Jahre später, haben 15 von 16 Bundesländern dieses Modell initiiert. ACE, ADAC, Fahrlehrerverband, Bundesamt für Straßenwesen, alle fachkompetenten Gruppen und Organisationen in dieser Republik befürworten dieses Modell – wie man hört, sogar die FDP –,
weil die in der Praxis gewonnenen Erkenntnisse eindeutig dafür sprechen, getreu dem alten Handwerkermotto „Früh übt sich“.
Wir von der SPD haben schon 2004 und in den Folgejahren dafür plädiert, das Modell einzuführen. Auch die FDP/DVP, vertreten durch Frau Berroth, favorisierte das Modell. Aber einmal mehr hat die FDP/DVP in der Regierung nicht wollen dürfen, weil die damaligen CDU-Minister Mappus und Müller es abgelehnt haben.
(Zurufe von der SPD: Aha! – Hört, hört! – Abg. Hei- derose Berroth FDP/DVP: Die Reihenfolge stimmt nicht!)
Sie von der CDU haben die Risiken und nicht die Chancen in den Vordergrund gestellt, getreu einem Konservativismus,
Erst gab es bei der CDU eine ablehnende Haltung. Dann kam der große Wandel. Dann kam er, der neue CDU-Landesvorsitzende, der neue Ministerpräsident Günther Oettinger, der Mann, der in Fettnäpfchen tritt, von denen andere gar nicht wissen, dass es sie gibt.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Oh-Rufe von der CDU – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Blattschuss!)
Gleich nach der Regierungsübernahme hat er dieses Modell beim Fahrlehrerverband in Rust und später bei seinen Steigbügelhaltern von der Jungen Union propagiert.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Jetzt haben Sie aber mich vergessen! Das beleidigt mich! – Heiterkeit – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist keine Be- leidigung, das ist ein Sakrileg, Herr Kollege Zimmer- mann, Sie zu vergessen!)
Herr Staatssekretär Köberle hat im Januar beim Jahresempfang der Verkehrswacht den 1. Juli als Termin zur Einführung genannt.
Im Verlass auf dieses Wort, auf das Wort von Herrn Köberle – das aufgrund von dessen oberschwäbischer Herkunft ja nun allemal glaubwürdiger ist als das des Ministerpräsidenten –, haben viele Fahrschulen damit begonnen, Fahrschüler ab 17 auszubilden, weil sie einem Wort dieser Regierung geglaubt haben.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das war ein Fehler! – Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist gefährlich, wenn man das macht! Ganz gefährlich! – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Gefährlich!)
(Beifall bei der SPD – Abg. Thomas Blenke CDU: Was war jetzt eigentlich der Inhaltswert dieser Re- de?)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema der heutigen Aktuellen Debatte könnte auch lauten: „Was hat die SPD mit der Altfasnet zu tun?“
Eine Gemeinsamkeit ist sicher: Beide kommen sie zu spät, denn zum begleiteten Fahren mit 17 ist schon alles gesagt, nur eben nicht von jedem.
(Abg. Ute Vogt SPD: Aber nichts getan! – Abg. Rein- hold Gall SPD: Lesen Sie die heutige Zeitung, da steht drin, was Sie bisher getan haben!)
Ich habe die Haltung der CDU schon in der gestrigen Debatte ausführlich dargestellt und verweise daher auf das Protokoll.
(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Genau! Sehr gut! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Dann können Sie sich ja wieder setzen!)
Nach der ausführlichen und sehr sachlichen Debatte von ges tern ist diese Aktuelle Debatte kropfunnötig, und die SPD hätte die Möglichkeit gehabt –