Protocol of the Session on May 14, 2009

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 67. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.

Urlaub für heute habe ich den Herren Abg. Kaufmann, Locherer und Stratthaus erteilt.

Krankgemeldet sind die Herren Abg. Dr. Lasotta und Rei chardt sowie Herr Minister Rau.

Dienstlich verhindert sind Herr Minister Dr. Reinhart und Herr Minister Pfister sowie – heute Nachmittag – Herr Minister Stächele und Herr Minister Hauk.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des

Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Abfindungsvergleich mit einem ehemaligen Unfallchirurgen an der Freiburger Universitätsklinik stoppen – Disziplinarverfahren zügig wieder aufnehmen – Drucksache 14/4220

b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Rechtliche Aspekte des Vergleichs mit einem früheren Ärztlichen Direktor und Professor für Unfallchirurgie an der Universität Freiburg – Drucksache 14/4185

Dazu rufe ich die vorliegenden Änderungsanträge Drucksachen 14/4466, 14/4486 und 14/4476 mit auf.

Ich schlage vor, dass wir wegen des Sachzusammenhangs auch die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst – die laufende Nummer 54 der Sammeldrucksache 14/4383 –, die unter Tagesordnungspunkt 15 aufgeführt ist, an dieser Stelle behandeln. –

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Ja!)

Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann verfahren wir entsprechend.

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a und b je fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort erteile ich Frau Abg. Sitzmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestern haben wir eine Debatte über die

Handlungsfähigkeit dieser CDU-FDP/DVP-Landesregierung in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise geführt. Wir kamen zu dem Ergebnis,

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Wer ist „wir“?)

dass die parteipolitischen Ränkespiele um den LBBW-Chef dem Land massiv schaden und beweisen, dass diese Landesregierung nicht handlungsfähig ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Die Debatte über die Vorstandsbezüge des neuen Chefs Vetter,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Thema!)

der sich nicht mit dem vom Landtag einstimmig beschlossenen Jahresgehalt von 500 000 € zufriedengeben wird, wird das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik weiter schmälern. Das haben Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP/DVP, zu verantworten.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Werner Pfisterer CDU: Eine Wahlkampfrede heute Mor- gen?)

Heute reden wir über die Frage, ob diese Landesregierung und insbesondere das CDU-Wissenschaftsministerium bei Alltags- und Routineangelegenheiten handlungsfähig sind. Meine Damen und Herren, wir kommen zu dem gleichen Fazit: Das Wissenschaftsministerium ist selbst im Alltagsgeschäft nicht handlungsfähig.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Jawohl!)

Die Belege dafür sind zahlreich. Lassen Sie mich das Verwaltungsgebührengesetz für Studierende nennen, das vom Gericht wieder kassiert wurde. Lassen Sie mich erwähnen, dass das Wissenschaftsministerium Handschriften kaufen wollte, die dem Land schon gehörten.

(Abg. Werner Pfisterer CDU: Können Sie einmal zur Sache kommen, bitte! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das haut einen nicht vom Sitz!)

Der Anlass der heutigen Debatte, Herr Kollege, ist: Wissenschaftsminister Frankenberg wollte einem ehemaligen Freiburger Unfallchirurgen, der wegen fahrlässiger und vorsätzlicher Körperverletzung rechtskräftig verurteilt ist, fast 2 Millionen € bezahlen, damit das Beamtenverhältnis beendet wird.

Diese Beispiele belegen: Das Wissenschaftsministerium ist selbst im Alltagsgeschäft nicht handlungsfähig.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Überfordert!)

Dieser Abfindungsvergleich hat ebenfalls – wie die Debatte über die Vorstandsgehälter – das Vertrauen in die Politik, die Justiz und die Verwaltung massiv erschüttert. Der vom Wissenschaftsministerium und der Universitätsklinik Freiburg unterzeichnete Vergleich berührt grundlegende Fragen der Gerechtigkeit. Denn eigentlich müsste der Pfuscharzt, der ja viele Menschen geschädigt hat, nicht Geld erhalten, sondern selbst bezahlen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es!)

Deshalb hat die geplante Abfindung zu Recht zu großer Empörung in der Öffentlichkeit geführt und das Vertrauen in die Politik zerstört. Dafür tragen Sie, Herr Minister Frankenberg, die Verantwortung.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Bei der „Badischen Zeitung“ sind mehrere Hundert Leserbriefe eingegangen. Lassen Sie mich einfach drei Überschriften zitieren, die deutlich machen, wie dieser Vergleich in der Öffentlichkeit angekommen ist.

Überschrift 1:

Die Volksverdummung durch das Wissenschaftsministerium soll weitergehen.

Überschrift 2:

Herr Oettinger, wieso greifen Sie hier nicht ein?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Der ist auch handlungs- unfähig!)

Und Überschrift 3:

Frankenbergs Stuhl scheint... heftig zu wackeln.

Da selbst der Ministerpräsident sagt, dass Sie im Fall Friedl keine Glanzleistung vollbracht haben, und sogar eine Abmahnung geprüft hat, scheint Ihr Stuhl tatsächlich zu wackeln, Herr Minister, und das zu Recht. Das Fass ist zum Überlaufen voll. Wir haben schon zu viele juristische Fehlleistungen aus Ihrem Haus erlebt, und eine weitere Schlappe können Sie sich nicht mehr leisten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wenn Sie jetzt endlich von einem rechtsunwirksamen Vergleich Abstand nehmen, dann tun Sie das nur auf Druck der Opposition,

(Abg. Werner Pfisterer CDU: Da lachen ja die Hüh- ner! – Gegenruf von der SPD: Wegen was denn sonst? – Zurufe von der SPD und den Grünen)

des VGH, auf Druck von 200 Rechtsanwälten,

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE zur CDU: Sie hät- ten schon längst an ihn überwiesen!)

die Strafanzeige wegen Untreue erstattet haben, und auf Druck der empörten Öffentlichkeit und engagierter Journalisten.