Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 110. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.
Krankgemeldet sind Frau Abg. Brunnemer und Frau Abg. Haußmann, Frau Ministerin Professorin Dr. Schick und die Herren Abg. Ehret, Reichardt und Stoch.
Meine Damen und Herren, eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt vervielfältigt auf Ihren Tischen. Sie neh men davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlä gen zu. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
des Rechnungshofs Baden-Württemberg zur Umsetzung des Zu kunftsinvestitionsgesetzes: Bildungs- und Infrastrukturpauschalen – Drucksache 14/7554
1 BvR 471/10 und 1 BvR 1181/10 – Verfassungsbeschwerde gegen § 57 Abs. 4 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen we gen des Verbots des Tragens einer religiös motivierten Kopfbede ckung
Organstreitverfahren auf Antrag der Fraktion GRÜNE und der Frak tion der SPD gegen die Landesregierung wegen Verfassungsverstoßes im Zusammenhang mit dem Erwerb von EnBW-Aktien
Haushaltsvermerks bei Kapitel 1212 Titelgruppe 71 bzw. nach § 3 StHG 2010/11 Abs. 19 in der Fassung des Nachtrags 2010/11 – Drucksache 14/7593
Ergänzung rundfunkrechtlicher Staatsverträge; hier: Berichte des SWR und des ZDF über die Finanz-, Haushalts- und Personalkosten entwicklung in den Jahren 2009 bis 2012 – Drucksache 14/7657
Aktuelle Debatte – Chancengleichheit für Frauen in Ba den-Württemberg durch eine moderne Familien- und Be schäftigungspolitik stärken – beantragt von der Fraktion der SPD
Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Redner in der zweiten Runde gilt wie üblich jeweils eine Re dezeit von fünf Minuten.
Herr Präsident, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Der Gleichstellungsatlas der Bun desregierung aus dem Jahr 2010 bringt es ans Licht: Die Bi lanz für Baden-Württemberg ist verheerend. Beim Frauenan teil in den Verwaltungsspitzen der Kommunen belegt das Land den drittletzten Platz, beim Frauenanteil bei den absolvierten Promotionen den vorletzten Platz, beim Frauenanteil bei den Mandatsträgern in kommunalen Vertretungen den letzten Platz, beim Anteil der Ministerinnen in den Landesregierun gen den vorletzten Platz, beim Frauenanteil bei den Manda ten in den Länderparlamenten den letzten Platz. Das ist Ihre Bilanz bei der Gleichstellung hier in Baden-Württemberg.
(Zuruf von der CDU: Wie sieht es denn bei der SPD aus? – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Für die SPD spricht ein Mann zu diesem Thema!)
Wenn man dann noch den Zuständigkeitsbereich betrachtet, bei dem die Landesregierung unmittelbaren Einfluss hat,
(Zuruf von der CDU: Ihr habt doch Frau Vogt weg geschickt! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Die SPD hat Frau Vogt weggemobbt!)
dann sieht man, dass der Anteil von Frauen in Führungsposi tionen in der Landesverwaltung gerade einmal 13 % aus macht. Aktuellen Angaben aus dem Sozialministerium zufol ge wurden im Land seit Inkrafttreten des Chancengleichheits gesetzes im Jahr 2005
in die Gremien, bei denen das Besetzungsrecht durch die Lan desregierung ausgeübt wird, meine sehr verehrten Damen und Herren von CDU und FDP/DVP, 370 Männer, aber nur 79 Frauen berufen. Das ist Ihre verheerende Bilanz bei der Gleichstellung von Männern und Frauen.
Es geht nicht nur um die Bereiche, in denen das Land direkt Einfluss hat, sondern es geht auch um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, damit Frauen überhaupt die Chance ha ben, Karriere zu machen und sich auch in Führungspositio nen hochzuarbeiten. Das Ziel ist eine echte Wahlfreiheit für Männer wie Frauen, damit sie sich aus freien Stücken dazu entscheiden können, Beruf und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bekommen.
Aber auch hier ist die Bilanz in Baden-Württemberg verhee rend. Der Ausbau der Kinderkrippen, der Kleinkindbetreuung läuft schleppend. Es fehlt an Ganztagsangeboten in Kinder gärten und Schulen. Nur als Beispiel: Der Anteil der Ganz tagsangebote in Kindergärten ist hier mit etwa 11 % bundes weit am niedrigsten, und bei den Grundschulen machen nur 8,8 % der Schulen Ganztagsangebote.
Damit hat Baden-Württemberg in diesem wichtigen Feld, in dem es darum geht, dass Männer und Frauen auf der einen Seite verlässliche Betreuungsangebote haben und auf der an deren Seite ihr berufliches Fortkommen strukturiert und ver lässlich organisieren können, die große Chance verpasst, die Weichen richtig zu stellen. Es darf nicht sein, dass die Fami lien – in der Regel betrifft das ja die Frauen – nach der halb wegs gut organisieren Zeit im Kindergarten dann nach dem Übergang in die Schule alles neu organisieren müssen, weil das Kind um 13:00 oder 14:00 Uhr wieder auf der Matte steht. Dies ist eines modernen Landes nicht würdig.
Es ist auch für die Kinder fatal, dass für ihre Bildung und Er ziehung so wenige Möglichkeiten in der frühkindlichen Bil dung, in den ersten Bildungsphasen bestehen. Denn wir wis sen aus vielen Untersuchungen, zuletzt aus einer Untersu chung der Bertelsmann Stiftung, dass das, was in den Phasen der frühen Kindheit versäumt wird, später nur schwer nach geholt werden kann.
Gerade zur Wahrung der Chancengleichheit unserer Kinder und im Hinblick auf den sich abzeichnenden Fachkräfteman gel in der Zukunft ist es unerlässlich, dass es uns gelingt, dass diese Kinder unabhängig davon, aus welchen Familien sie kommen, aus welchen Stadtteilen sie kommen und welche Herkunft sie haben, von Anfang an optimal und individuell gefördert werden. Dazu brauchen wir endlich verlässliche Ganztagsangebote, die bei den Kindergärten anfangen und über alle Schularten hinweg reichen.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Haben wir doch! Ha ben wir doch!)
Sie bemühen sich, die Wettbewerbsfähigkeit der baden-würt tembergischen Wirtschaft zu verbessern. McKinsey wurde be auftragt, ein Gutachten zu erstellen. Die Ergebnisse wurden vorgestellt. Daraufhin hat das Wirtschaftsministerium ein paar Millionen Euro in die Hand genommen, um irgendwelche För dertöpfe anzulegen. Eine entscheidende Lehre aus dieser Stu die war aber, dass der Fachkräftemangel, der sich für die nächsten Jahrzehnte abzeichnet, nur bewältigt werden kann, wenn wir es schaffen, dass mehr Frauen im Beruf bleiben und mehr Frauen kontinuierlich Karriere im Beruf machen kön nen.
Der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskam mertag hat noch einmal darauf hingewiesen, dass in BadenWürttemberg bereits im Jahr 2014 über 3 000 Fachkräfte feh len werden. Das heißt, dass wir in diesem Land nicht mehr viel Zeit haben. Wir müssen es endlich anpacken und es schaf fen, dem Fachkräftemangel offensiv zu begegnen. Dazu ge hört in erster Linie, dass die am besten ausgebildete Frauen generation in unserer Geschichte auch eine echte Chance ha ben muss, ihre beruflichen Fertigkeiten anzuwenden.