Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 53. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württemberg. Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen und die Gespräche einzustellen.
Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Altpeter und die Kollegen Bayer und Buschle haben heute Geburtstag. Im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich sehr herzlich.
(Beifall bei allen Fraktionen – Zurufe von der SPD: Frau Altpeter hat erst morgen Geburtstag! – Abg. Ka- trin Altpeter SPD: Sie müssen morgen noch einmal gratulieren!)
Meine Damen und Herren, auf Ihren Tischen befindet sich ein Vorschlag der Fraktion der SPD für eine Umbesetzung im Petitionsausschuss. Ich stelle fest, dass Sie der vorgeschlagenen Umbesetzung zustimmen.
Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt Ihnen vervielfältigt auf Ihren Tischen vor. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu. Es ist so beschlossen.
Az.: 1 BvR 2492/08 – Verfassungsbeschwerde von mehreren Vereinigungen gegen das Bayerische Versammlungsgesetz
Meine Damen und Herren, 55 gehört nicht zu den ganz markanten Zahlen. Trotzdem sollten wir heute einen Moment innehalten und fünfeinhalb Jahrzehnte zurückblicken. Denn am 19. November 1953 ist unsere Landesverfassung in Kraft getreten, nachdem sie am 11. November 1953 von der Verfassunggebenden Landesversammlung mit überwältigender Mehr heit besiegelt worden war.
Damit wurde nicht nur die Gründung des Landes BadenWürttemberg staatsrechtlich vollendet. Auch die innere Selbstfindung des neuen Gemeinwesens hatte spürbare Fortschritte gemacht.
Das war umso bemerkenswerter, als die ersten Verfassungsentwürfe der Regierung und der damals oppositionellen CDU anfangs kaum vereinbar erschienen. Nach Bildung einer breit angelegten Koalition unter Ministerpräsident Gebhard Müller gelang es jedoch, in konstruktiven Debatten tragfähige Kompromisse zu erarbeiten und überzeugend Einheit zu stiften. Die intensive Auseinandersetzung um die Fusion der drei südwestdeutschen Nachkriegsländer prägte nicht mehr allein das politische Klima. Der manifest gewordene Grundkonsens förderte das Überwinden alter Vorbehalte.
Unsere Hochachtung gilt den 121 Mitgliedern der Verfassunggebenden Landesversammlung. Neben dem erwähnten Minis terpräsidenten Gebhard Müller sei stellvertretend erinnert an Emmy Diemer-Nicolaus, Theopont Diez, Walter Erbe, Franz Gog, Wolfgang Haußmann, Walter Krause, Reinhold Maier, Alex Möller, Viktor Renner, Fritz Ulrich und Hermann Veit.
Die Mitglieder der Verfassunggebenden Landesversammlung haben ein Dokument geschaffen, das dauerhaft von föderaler Staatskunst zeugt. Unsere Landesverfassung besitzt zwar keinen eigenen Grundrechtsteil; sie übernimmt pauschal die im Grundgesetz formulierten Grundrechte. Aber gerade weil sie sich auf die substanziellen Freiräume der Länder im bundesstaatlichen Gefüge konzentriert, wird sie zu den besonders geglückten Verfassungsschöpfungen eines Gliedstaates gezählt.
Bei allem notwendigen Wandel soll eine Verfassung als Konstante wahrgenommen werden und so wirken. Dem Landtag von Baden-Württemberg oblag daher in den vergangenen fünfeinhalb Jahrzehnten, diese Konstante zeitgemäß auszuformen, ohne an ihr hastig herumzudoktern.
Ich denke, Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, widersprechen mir nicht, wenn ich mit gewissem Stolz feststelle: Unsere Vorgänger und wir haben diese Aufgabe stets sensibel erfüllt. Durch 19 Änderungen und Ergänzungen ist unsere Verfassung im Geist ihres ursprünglichen Selbstverständnisses klug fortgeschrieben worden.
Unsere Verfassung bindet die staatliche Macht und weist ihr Aufträge zu. Unsere Verfassung gewährleistet Kontrolle und politische Teilhabe. Und sie betont das Grundprinzip unseres Gesellschaftssystems und unserer Wirtschaftsordnung, nämlich die Symbiose von Freiheit und Verantwortung. Diese Facette zu würdigen ist ja im Herbst 2008 ungeahnt aktuell.
Noch einen Aspekt mit Zeitbezug sollte man hervorheben. Ich meine den Gesichtspunkt, dass unsere Verfassung Ausdruck unserer Eigenstaatlichkeit ist. Wir sind deshalb in diesen Wochen gleichsam verfassungsrechtlich verpflichtet, jene zu bestärken, die mit Augenmaß und Leidenschaft für den Erfolg der Föderalismusreform II streiten.
Mehr Finanzautonomie, mehr fiskalische Klarheit im Verhältnis zwischen Bund und Ländern, mehr Anreize für sparsames Haushalten und eine effiziente Standortpolitik wären ein Gewinn, besser gesagt ein Rückgewinn an Eigenstaatlichkeit.
So gesehen ist es durchaus richtig, kurz zurückzuschauen, obwohl 55 Jahre in der Rangfolge der Jubiläen nicht ganz oben rangieren.
Information zu den Verhandlungen des Landes mit dem Haus Baden durch den Ministerpräsidenten und Aussprache
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Unser Land BadenWürttemberg verfügt über eine Fülle von Kulturschätzen – von Heidelberg bis zur Reichenau, von Karlsruhe bis nach Neresheim. Burgen, Klöster, Kirchen und Schlösser zeugen von einer kulturell vielfältigen Vergangenheit.
Dabei geht es um Kirchengüter, Klöster, Schlösser und Burgen der Fürstentümer, der Grafen, der Herzöge und der Könige – man könnte hier fast das Wort „Kleinstaaterei“ gebrauchen. Sicher ist aber: Die Geschichte, von der diese Bauten zeugen, ist ein Glück und eine Last zugleich. Viele Güter, viele Schätze befinden sich in Landeseigentum und werden vom Land Baden-Württemberg seit Jahrzehnten gepflegt, instand gehalten oder wieder instand gesetzt. Wir tun alles dafür, dass unser kulturelles Erbe, unsere bauliche Geschichte erhalten bleiben und für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Dazu bekennen wir uns.
Zu den wertvollsten, den historisch bedeutendsten Kulturschätzen gehören das alte Kloster und das Schloss Salem am Bodensee. Die Geschichte Salems reicht bis in das 12. Jahrhundert zurück. Das Kloster war zunächst eine Abtei und spä
ter der Sitz des Generalabts der Zisterzienser. Es gelangte dann in das Eigentum des Großherzogs von Baden und später des Markgrafen von Baden.
Wie kaum ein anderes Gebäude, wie kaum ein anderer Kulturschatz ist Salem von außergewöhnlicher landesgeschichtlicher, kulturgeschichtlicher und kirchengeschichtlicher Relevanz und überragt damit andere herausragende Kulturgüter, etwa in Mannheim, Karlsruhe oder Ludwigsburg. Seit 205 Jahren besteht über die Entwicklung von Salem Uneinigkeit. Seit fünf Jahren wurden Verhandlungen geführt. Ich bin dem Landtag dafür dankbar, dass ich heute über den Stand der Verhandlungen und über ein mögliches Ergebnis berichten kann, und bin auch an Ihrer Einschätzung, an Ihrer Kritik interessiert.
Wir haben – hier darf ich den Kollegen Dr. Frankenberg und Stächele Dank sagen – in den letzten Monaten intensiv und gründlich verhandelt. Unser Ziel war es, dass Kulturgüter und Kulturschätze, die für die Wissenschaft und für die Bevölkerung von Interesse sind, öffentlich zugänglich bleiben oder öffentlich zugänglich werden und damit auf Dauer für unsere Kinder in Baden-Württemberg gesichert sind. Grundlage war für uns, dass alles, was öffentlich zugänglich war, öffentlich zugänglich bleibt, und dass das, was für die Öffentlichkeit aus Gründen der Wissenschaft und aus anderen Gründen wichtig ist, öffentlich zugänglich wird. Daran haben wir uns orientiert.
Auf dieser Grundlage legen wir Ihnen Eckpunkte vor, die in einen Vertrag einmünden können, der das Ziel hat, dass am Ende eine umfassende Klärung aller Eigentumsfragen, aller Rechtsfragen und aller Standortfragen steht.
Natürlich sind wir in wirtschaftlich schwieriger Zeit. Natürlich kann man, wenn eine Rezession droht, sagen: Es geht gar nichts mehr. Natürlich kann man auch Themen verschieben und sagen: Das macht die nächste Generation. Ich finde aber, dass die Fragen bezüglich Schloss und Kloster Salem und der darin befindlichen Kulturschätze schon viel zu lange aufgeschoben worden sind. Es ist an der Zeit, dass wir uns entscheiden: Wollen wir, oder wollen wir nicht? Trauen wir uns eine Gesamteinigung – in Kenntnis der finanziellen Lasten – zu, oder trauen wir sie uns nicht zu und verschieben sie?
Mit einer Verschiebung wird gar nichts gelöst. Wer um weitere Jahre verschiebt, verschärft nur das Problem.
Wir haben in den Eckpunkten unseres Verhandlungsergebnisses zwei große Teile vorgesehen. Der eine Teil betrifft das Kloster, das Schloss und das Münster in Salem, also die Liegenschaft. Diese Liegenschaft befindet sich unstreitig im Eigentum des Hauses Baden. Von diesem Haus wurde in den letzten Jahren ein erheblicher Millionenbetrag in die Instandsetzung und Instandhaltung investiert.
Aber es besteht zum einen die Gefahr, dass das Haus Baden die Qualität von Schloss Salem nicht halten kann, weil es mit seinen Investitionsmöglichkeiten am Ende ist. Und es besteht die Gefahr, dass ein Investor die öffentliche Zugänglichma