Protocol of the Session on June 29, 2006

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 6. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt sind Herr Ministerpräsident Oettinger, Herr Minister Stratthaus und – heute Nachmittag – Frau Ministerin Dr. Stolz.

Dienstlich verhindert ist Frau Staatsrätin Professor Dr. Hübner.

Meine Damen und Herren, heute hat Herr Minister Professor Dr. Frankenberg Geburtstag. Er ist zwar noch nicht hier,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wo ist er? Sekt!)

aber unsere besten Wünsche begleiten ihn am heutigen Tag.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich noch bekannt geben, dass nach einer Vereinbarung unter den Fraktionen der Gesetzentwurf der Fraktion der SPD zur Änderung des Schulgesetzes für Baden-Württemberg, Drucksache 14/28, als neuer Tagesordnungspunkt 3 behandelt wird. Die übrigen Tagesordnungspunkte verschieben sich dadurch entsprechend. – Kein Widerspruch. Sie sind damit einverstanden. Es ist so beschlossen.

Wir treten damit in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Neue Chancen durch die Föderalismusreform – beantragt von der Fraktion der CDU

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuelle Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Redner in der zweiten Runde gilt jeweils eine Redezeit von fünf Minuten. Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.

Schließlich darf ich darauf hinweisen, dass nach § 60 Abs. 4 der Geschäftsordnung im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Schüle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Aktueller könnte diese Aktuelle Debatte zum Thema Föderalismusreform nicht sein: Morgen entscheidet der Bundestag über die Föderalismusreform, und am 7. Juli entscheidet der Bundesrat.

Die jetzt bewältigte erste Etappe ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem effektiven Wettbewerbsföderalismus. Ein effektiver Wettbewerbsföderalismus in gerechten Bahnen ist das Ziel dieser Föderalismusreform.

Meine Damen und Herren, diese Reform entspricht den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger: schnellere und transparentere Entscheidungen, eine klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten – auch wenn das nur der Anfang ist.

Bei aller aktuellen Diskussion in den vergangenen Tagen zum Thema Hochschulpolitik ist und bleibt der entscheidende Kern die Entflechtung der Zuständigkeiten, die in den Artikeln 84 und 85 (neu) gelungen ist.

Wir hatten 1949 bei der Schaffung des Grundgesetzes eine Zustimmungsquote von ungefähr 20 % im Bundesrat. Sie ist im Laufe der Jahre auf über 60 % gestiegen, insbesondere durch die Veränderungen von 1966 bis 1969.

Diese Reform bringt Vorteile für Bund und Länder gleichermaßen. Sie bringt für den Bund Vorteile, weil die Länder weniger Zustimmungsrechte haben, wenn es um Verwaltungsangelegenheiten geht. Die Zustimmungsquote wird von 60 auf 30 % reduziert. Auf der anderen Seite bekommt der Bund dort, wo es sinnvoll ist, die ausschließliche Zuständigkeit: Terrorismusbekämpfung, Waffenrecht und anderes mehr.

Der Gewinn für die Länder liegt in einem neuen Zuständigkeitsrecht, wenn durch Bundesentscheidungen Kostenfolgen für die Länder verbunden sind, und in Kompetenzgewinnen bei Versammlungsrecht, Gaststättenrecht, Ladenschlussrecht, öffentlichem Dienstrecht. Vor allem – das ist ganz entscheidend – erhalten die Länder im Schulbereich, im Bildungssektor die vollständige Kompetenz – ein großer Erfolg dieser Föderalismusreform.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, das gilt auch für die Hochschulpolitik, vor allem im Bereich des Hochschulbaus. Bisher bestanden komplizierte Antragsverfahren. Es gab Sitzungen von Kommissionen aus Vertretern des Bundes und der Länder und Abstimmungen, die zu Zeitverlusten führten. Jetzt

spricht das Land direkt mit den Hochschulen. Das führt zu Zeitgewinn und Bürokratieabbau und damit auch zu einem finanziellen Gewinn in diesem Bereich.

Der Kompromiss im Hochschulbereich, was das Thema „Wissenschaft und Forschung“ angeht, ist problematisch, und zwar deshalb, weil sichergestellt werden muss, dass nicht über Bundesmittel, über Bundesprogramme auch Gelder an solche Länder kommen – im Sinne eines Nachholbedarfs –, die ihre Hausaufgaben in der Hochschulpolitik bislang noch nicht im erforderlichen Maß gemacht haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, wir waren uns in diesem hohen Haus im November 2005 einig, dass der ursprüngliche Entwurf, Kollege Kretschmann, Kollege Drexler, richtig war. Er ging im Bereich der Hochschulpolitik weiter. Damals hat dies aber Frau Bulmahn mit der Begründung abgelehnt – ich darf sie noch einmal zitieren –, der Vorsprung von Bayern und Baden-Württemberg würde damit zementiert.

Es ist richtig, dass diesem Kompromiss jetzt zugestimmt wurde, weil die Länder bei Bundesprogrammen ein Vetorecht haben. Jedes einzelne Land muss letztlich zustimmen. Wir als Baden-Württemberger können uns wehren. Aber das Problem, das dahinter steht, ist die Tatsache, dass wir es im Hinblick auf den zweiten Schritt, den wir machen müssen – Finanzbeziehungen neu zu ordnen in Richtung eines echten effektiven Wettbewerbsföderalismus –, mit erheblichen Bremsern zu tun haben, insbesondere in der SPD-Bundestagsfraktion.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Michael Theu- rer FDP/DVP)

Ich darf einen weiteren Nichtmitstreiter zitieren, Herrn Thierse, der im Fraktionsvorstand der SPD noch dagegen gestimmt hat – er wird morgen wohl dafür stimmen –, der gefragt worden ist: Warum haben Sie im SPD-Fraktionsvorstand gegen die Föderalismusreform gestimmt? Thierse:

Mit der Föderalismusreform wird ein Paradigmenwechsel zum Wettbewerbsföderalismus eingeleitet.

Und weiter:

Alles läuft darauf hinaus, dass die Länder in verstärkte Konkurrenz zueinander treten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist nicht die Denkweise, die wir brauchen, um im zweiten Schritt bei der Föderalismusreform voranzukommen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Deswegen kann ich nur sagen: Attempto. Attempto heißt, Frau Vogt: Bringen Sie Ihren Generalsekretär Tauss – bisher waren Sie auf Tauchstation, Herr Tauss war Verhinderer – dazu, dass er zum Turboantreiber der Föderalismusreform, zweiter Teil, wird.

(Abg. Ute Vogt SPD: Er hat doch zugestimmt! – Abg. Reinhold Gall SPD: Bleiben Sie ruhig! Es wurde doch zugestimmt! Wir wollen das gemein- sam machen!)

Meine Damen und Herren, Frau Vogt hat in der letzten Woche eine Pressemitteilung abgegeben. Sie hat noch einmal wiederholt, sie sei gegen den Vorschlag des Ministerpräsidenten bei der Länderneugliederung; man solle beim Bisherigen bleiben. Das wird uns nicht weiterbringen.

(Abg. Ute Vogt SPD: Quatsch!)

Der erste neue Vorschlag: abgelehnt. Dann hat sie sich – –

(Abg. Ute Vogt SPD: Gegen Volksentscheid für al- le, über die Köpfe anderer zu entscheiden! Lesen Sie doch richtig! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Lesen sollte man halt können!)

Hier ist die Pressemitteilung. Richtig, das war der neue Vorschlag. Da kann ich Ihnen nur sagen: Dann haben Sie sich auf den Grafen Eberhard berufen. Wir haben das, wie auch andere, recherchiert. Dieser Graf Eberhard ist am Ende auch Herzog geworden, unter anderem, weil er Württemberg-Urach und Württemberg-Stuttgart erfolgreich zusammengeführt hat. Länderneugliederung, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU – Abg. Ute Vogt SPD: Und er hat den Teufel ausgetrieben! Erzählen Sie ruhig die ganze Geschichte!)

Deswegen kann ich nur sagen: Wenn Sie wie Graf Eberhard wirklich zum Herzog werden wollen,

(Unruhe bei der SPD)

wenn Sie wirklich Oppositionsführerin werden wollen und das nicht Herrn Kretschmann überlassen wollen,

(Abg. Thomas Blenke CDU: Sie wird nicht Her- zog! Sie bleibt Vogt! – Abg. Reinhold Gall SPD: Wir sind doch gemeinsam bei diesem Thema unter- wegs! Werden Sie doch nicht polemisch!)

werden Sie mutiger und helfen Sie mit, wie das bisher alle Fraktionen gemacht haben, damit diese Föderalismusreform auch im zweiten Schritt ein Erfolg wird!

Ich bedanke mich für die CDU-Fraktion bei Herrn Kretschmann, der diese Föderalismusreform, Teil I, für die Grünen solidarisch mitgetragen hat. Herzlichen Dank an die Fraktion GRÜNE.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD)

Wir bedanken uns bei Herrn Drexler und bei der SPD-Fraktion, die solidarisch mitgearbeitet und zum Erfolg beigetragen hat, ferner bei unseren Freunden von der FDP/DVP, beim langjährigen Ministerpräsidenten Erwin Teufel und bei Günther Oettinger. Wir sind froh und dankbar. Wir sollten das erste Ergebnis nicht kleinreden, sondern uns darüber im Klaren sein, dass wir einen wichtigen Schritt vorangekom