Rosemarie Bechthum

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Last Statements

Kinderschutz
Die aktuellen Ereignisse im Falle des sexuellen Kindesmissbrauchs in Sonneberg und der Kindesmisshandlung mit Todesfolge in Erfurt sind zum wiederholten Male Anlass, die Arbeitsweise der öffentlichen Träger der Jugendhilfe zu hinterfragen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Initiativen mit welchen Ergebnissen hat die Landesregierung ergriffen, um bei den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe die Sensibilität zur Wahrnehmung der Gefährdung des Kindeswohles zu erhöhen und geeignete Maßnahmen im Sinne von § 15 des Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes (ThürKJHAG) rechtzeitig und ausreichend zu ergreifen?
2. Welche niedrigschwelligen Beratungsangebote für gefährdete Minderjährige hält die Landesregierung im Sinne ihrer Zuständigkeit gemäß §§ 82 und 85 des Achten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VIII) auf der Ebene der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe mindestens für erforderlich, damit die Jugendämter ihre Aufgaben zur Abwendung einer Gefährdung des Kindeswohles erfüllen können?
3. In welchem Umfang förderte die Landesregierung die Jugendämter beim bedarfsgerechten Ausbau der Angebote entsprechend Frage 2 in den Haushaltsjahren 2000 bis 2004?
4. Welche finanzielle Förderung und welche sonstigen unterstützenden Angebote bzw. Initiativen hält die Landesregierung aus fachlichen Gründen für erforderlich, damit die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe ihre Aufgabenstellungen entsprechend § 15 ThürKJHAG, insbesondere die des Kinderschutzes, zukünftig besser erfüllen können?
Herr Staatssekretär, es wird immer wieder geklagt über die Mitarbeiter der Jugendämter. Wie schätzen Sie den Qualifizierungsbedarf der Jugendämter ein? Mittel dafür speziell gibt es ja nicht, wie wir gehört haben.
Herr Staatssekretär, können Sie das Fachkräftegebot in den Jugendämtern gewährleisten? Zum Beispiel, ich habe das miterlebt, wenn eine Lehrerin dort als Zeugin auftritt, uns wörtlich sagt: "Im Jugendamt bin ich als Beratungslehrerin ohnehin nicht gern gesehen, denn ich bringe nur Probleme." Da stimmt doch was nicht.
Fortbildungsprogramm für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendämter und der Beratungsdienste
In Auswertung der Anhörung zum Thema "Mediation Chancen zur Konfliktbewältigung bei Scheidung im Interesse von Eltern und Kindern" in der 29. Sitzung des Gleichstellungsausschusses am 15. November 2002 erklärte das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit, dass man sich eine Verbesserung bei der Zusammenarbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendämter, der Beratungsdienste und der Familienrichterinnen und Familienrichter durch ein entsprechendes Fortbildungsprogramm vorstellen könne. Zuständig für die Erarbeitung eines solchen Programms sei das Landesjugendamt.
Eine entsprechende Konzeption müsse gemeinsam mit dem Justizministerium dazu erstellt werden. Wenn die konzeptionellen Gespräche in 2002 noch erfolgten, könnten erste Erfahrungen im Frühjahr 2004 ausgewertet werden. Das war das Protokoll von damals.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wurde ein solches Konzept für Fortbildungsseminare zusammen mit dem Justizministerium erstellt?
2. Wenn ja, gibt es bereits praktische Erfahrungen damit?
3. Wenn von einem solchen Fortbildungsprogramm abgesehen wurde, was sind die Gründe dafür?
Wird hier die Landesarbeitsgemeinschaft Mediation mit herangezogen bei den Fortbildungsveranstaltungen?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Ihnen liegt ein Gesetzentwurf vor, der die erforderlichen Leistungen der Familienförderung sowohl auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte als auch auf der Ebene des Landes konkretisiert. Ein Gesetzentwurf, der außerdem den Kinderschutz und die Kinderschutzdienste als bewährtes Instrument der Jugendhilfe, vor allen Dingen aber als bewährtes Schutzangebot für Hilfe suchende Kinder und Jugendliche gesetzlich verankert. In § 19 a und 19 b geht es also in erster Linie um die präventive Familienarbeit und Familienförderung, die als gesetzliche Pflichtleistung verankert werden soll. In § 20 a hingegen wird durch die gesetzliche Verankerung des Kinderschutzes den Kindern, bei denen häufig, aber nicht nur, innerhalb der Familien eine Gefährdung des Kindeswohles vorliegt, konkrete Hilfe angeboten. Mit diesem Gesetz greifen wir Neues auf und beziehen uns dennoch auf bewährte Erfahrungen innerhalb der Jugendhilfe. Neues deshalb, weil der Bundesgesetzgeber uns immerhin seit dem 3. Oktober 1990 den Auftrag, zumindest aber die Option mit § 16 des Kinderund Jugendhilfegesetzes gegeben hat. Dort wird in Absatz 3 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Nähere über den Umfang und Inhalt der Aufgaben, und gemeint ist hier die Familienförderung, durch Landesrecht zu regeln ist. Wir haben dies bereits im Oktober 2002 angeregt und die Landesregierung aufgefordert, dem Landtag einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen, damals leider ohne Erfolg, aber wir geben die Hoffnung nicht auf. Nun hat sogar der Ministerpräsident angekündigt, in der nächsten Legislaturperiode ein Familiengesetz einzubringen, welches die Leistungen für Familien bündeln soll. Deshalb bringen wir einen Gesetzentwurf jetzt ein. Sie erkennen daran, dass wir eine konstruktive und ideenreiche Opposition sind.
Mit diesem Gesetzentwurf wird erstens der Grad der Verbindlichkeit für Angebote der Familienförderung entscheidend erhöht und zweitens mit dem Kernelement der Familienförderplanung sowohl auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte als auch auf der Landesebene rücken wir alle - ja alle - Angebote der Familienförderung
in den Blickpunkt der politischen Auseinandersetzung.
Eine letzte Anmerkung zum Kinderschutz: Meine Damen und Herren, lassen Sie uns mit der Verankerung des Kinderschutzes und der Kinderschutzdienste im Ausführungsgesetz dafür sorgen, dass nicht erst nach skandalösen Missständen hektische Aktivitäten unternommen werden. Wir haben hier darüber genügend gesprochen. Sie alle kennen die entsprechenden Gerichtsverfahren. Sie alle wissen oder ahnen, welche Dramen sich immer wieder bei Missbrauch von Kindern und Gewaltanwendung gegenüber Kindern abspielen. Mit der gesetzlichen Verankerung geben wir uns und den Landkreisen und kreisfreien Städten eine Verpflichtung, die Aufgabe des Kinderschutzes zumindest weiterhin ernst zu nehmen, hoffentlich sogar ernster zu nehmen als bisher.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie um die Überweisung dieses Gesetzes an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit bitten, und ich darf Sie nach den Beratungen natürlich um Zustimmung zu diesem Gesetz bitten. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, Frau Thierbach, unser Antrag ist eine modifizierte Wie
derholung unseres ersten und zweiten Antrags in den Drucksachen 3/2639 und 3/3244. Es ist also nicht nur von Ihnen gekommen. Die Situation in der Pflege in Thüringen stellt sich nach unserer Auffassung sehr zwiespältig dar. Einerseits kommt sie jährlich wenigstens einmal mit Pflegeskandalen in die Öffentlichkeit, andererseits wird von den Pflegekassen und dem Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit immer wieder beteuert, dass wir eine gute Pflege haben. Die letzten beiden bekannt gewordenen Pflegeskandale haben uns gezeigt, wie notwendig eine verbesserte Kontrolle in den Pflegeheimen ist. Laut dpa-Meldung vom 19. Februar 2004 sollen der Medizinische Dienst der Krankenkassen das letzte Mal vor rund fünf Jahren und die Heimaufsicht das Heim in Bad Klosterlausnitz vor knapp drei Jahren kontrolliert haben. Gleichzeitig aber sagt der Staatssekretär Herr Benner bei einem Besuch in einem Weimarer Pflegeheim, die Einrichtungen würden mindestens einmal jährlich kontrolliert. Wem soll der Bürger, der einen Angehörigen in einem Pflegeheim hat, glauben? Deshalb interessiert uns, wie im Antrag zu lesen, nicht nur die Anzahl der Kontrollen, sondern auch die Zahl der kontrollierten Pflegeheime und damit der zeitliche Abstand zwischen den Kontrollen der Heimaufsicht und des MDK. Entweder sind die vom damaligen Minister Dr. Pietzsch im 71. Plenum am 10. Oktober 2003 aufgeführten vielen gesetzlich vorgeschriebenen Berichte und Kontrollen nicht aussagekräftig, sie werden von den Verantwortlichen, z.B. dem Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit als Rechtsaufsichtsbehörde, nicht gelesen oder sie sind unwirksam. Nach den derzeitigen Erkenntnissen darf man hier frei wählen. In unserem Antrag haben wir auch die Frage nach der Personalsituation in den Pflegeheimen gestellt. Wie uns im Sozialausschuss berichtet wurde, hat das Heim in Bad Klosterlausnitz u.a. als Auflage, fehlendes Personal, das sind immerhin rund acht Fachkräfte bei 129 Heimbewohnern, einzustellen. Da stellt sich sofort die Frage: War da jemals eine ordentliche Pflege gewährleistet oder wurden die Mitarbeiterinnen schamlos ausgebeutet? Wenn man nun am 3. März bei dpa liest, dass die "Krosana" das Personal aus anderen eigenen Häusern holen will, stellt sich die Frage: War es dort wirklich überzählig? Wenn ja, warum war es nicht eher möglich, dieses umzusetzen oder schlimmer, werden jetzt an anderer Stelle Löcher aufgerissen? Das kann nicht im Interesse der Pflegebedürftigen sein. Wir haben in unserem Antrag nach der Zertifizierung der Heime gefragt. In den Streit zwischen den Pflegekassen möchten wir uns nicht einmischen oder gar Partei ergreifen. Uns bewegt vielmehr die Frage nach dem Sinn, d.h. der Verlässlichkeit von Zertifikaten, wenn für diese viel Geld, das ja wohl letztendlich aus dem Pflegesatz kommt, ausgegeben wird und nach kurzer Zeit bei einer Kontrolle erhebliche Mängel festgestellt werden. Dabei ist es unter dem Gesichtspunkt der Verlässlichkeit eines Zertifikats nach unserer Meinung gleich, ob diese dem Management oder bei der Pflege direkt sind. Managementfehler führen in den meisten Fällen zu Pflegefehlern.
Auf einen weiteren Punkt unseres Antrags möchte ich noch eingehen. Bei allen Diskussionen um Mängelaufdeckung bei der Pflege in Heimen sollten wir den Blick darauf haben, wie entwickelt sich die Pflegestruktur in Thüringen weiter. Dazu gehören einerseits die Schaffung genügender Pflegeheimplätze. Bei der Versorgung mit ausreichend Pflegeplätzen sind wir noch weit von einem konkurrierenden Angebot bei den Pflegeheimen entfernt; der Ausbau des Prinzips "ambulant vor stationär", z.B. durch mehr betreutes Wohnen und die Weiterentwicklung der Versorgungsstruktur besonders für demenzkranke Pflegebedürftige. Nach über zwei Jahren intensiver "Fleißarbeit" hat das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit im Dezember 2003 es endlich geschafft, eine Verordnung nach § 45 b Abs. 3 Sozialgesetzbuch XI zu erlassen. Nur nebenbei, sie hat den Umfang von acht Paragraphen. Die letzten drei Paragraphen sind reine Routine.
Zu dem Entschließungsantrag der PDS möchte ich nur so viel sagen, dass Qualität vor Schnelligkeit gehen sollte. Was bei einem Schnellschuss aus der Hüfte herauskommt, sah man ja schon in der Überschrift Ihres Antrags im Vorabdruck in der Drucksache 3/4072. Wir gehen davon aus, wenn ein Bericht erstellt werden soll, ist er auf einem fundierten und geprüften Material aufzubauen. Schlussfolgerungen, die aus unvollständigen oder gar unkorrekt dargestellten Fakten gezogen werden, nützen den Pflegebedürftigen und dem Pflegepersonal überhaupt nichts.
Zum Antrag der CDU in der Drucksache 3/4069: Nach den gegebenen Informationen des Sozialministers Dr. Zeh im Sozialausschuss diese Woche war ich gespannt, was uns nun plötzlich als Ergebnis präsentiert wird. Die als Ergebnis gefeierte Allianz der Verantwortung wäre sehr wichtig. Aber leider ist sie bisher nur eine Worthülse. Sie haben dazu ja auch ausgesagt, zu handeln. Interessant wäre ja nun, wie dies konkret mit den Beteiligten umgesetzt werden kann. Der Landtag hat sich heute bestimmt nicht das letzte Mal mit dem Thema "Pflege" in Thüringen beschäftigt. Aber ich hoffe, dass dann die Weiterentwicklung der Pflege in Thüringen der Anlass ist und nicht solche für die Pflegebedürftigen bedauerlichen Zustände, wie wir sie jetzt wieder erlebt haben in Thüringen. Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Minister, ich frage Sie: Die hohe Zahl vor einem Jahr in Suhl in einem Heim wund gelegener und auch fehlernährter und jetzt diese Zahl in Bad Klosterlausnitz, 41 wund gelegene und 42 nicht richtig ernährte Patienten oder Pflegeheimbewohner - ist das für Sie kein Skandal?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, über drei Jahre hat die Enquetekommission 3/1 gearbeitet und einen mindestens im Umfang starken Bericht dem Landtag vorgelegt. An dieser Stelle möchte ich ganz besonders den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung danken - und hier Frau Schlauraff, die uns zur Seite stand -, die während der vielen Sitzungen der Enquetekommission 3/1 und bei der Erstellung des Berichts eine große und umfangreiche Arbeit geleistet haben. Ein Dankeschön auch an die Sachverständigen, und zwar Professor Isensee, Professor Wuermeling, Professor Römelt, Frau Dr. Schubert-Lenhardt, Herrn Pilger, Fachbereichsleiter für Schule, Gesundheit und Soziales beim Landratsamt, die uns in diesen drei Jahren sehr intensiv begleitet haben. Auch wenn wir nicht immer der gleichen Auffassung waren, aber wir zollen - ich ganz besonders - einen hohen Respekt diesen Sachverständigen, die, denke ich, auch unser Leben ein Stückchen mit geprägt haben. Denn diese Arbeit geschieht ehrenamtlich, das kann man nicht hoch genug schätzen.
Wir sind der Meinung, dass die Ergebnisse der Enquetekommission 3/1, die sich in 83 Empfehlungen widerspiegeln, gleich, ob man ihnen zustimmt oder nicht, durch eine Stellungnahme durch die Landesregierung bewertet werden sollen, so z.B. die Aussagen zur Notwendigkeit eines Landesausführungsgesetzes zum Schwangerschaftskonfliktberatungsgesetz und dessen möglichen Inhalten, oder zu den Empfehlungen zur gesellschaftlichen Integration und Förderung der Alltagskompetenz, Nr. 21 - 24 der Empfehlungen, wobei die Frage nach einer Einrichtung einer Professur für Sprachbehindertenpädagogik, Nr. 24, allein in der Kompetenz des Landes liegt, oder die Formulierung von Gesundheitszielen, auch die Forderung nach einem Lehrstuhl für Allgemeinmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität.
Soll die Arbeit der Enquetekommission 3/1 einen Sinn gemacht haben, so darf man nicht auf halbem Wege ste
hen bleiben. Deshalb sehen wir die Möglichkeit im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit in einer öffentlichen Anhörung, wir haben das geändert, anstatt vor dem Landtag den Bericht der Landesregierung zu hören und darüber zu beraten, als eine bessere und konkrete Variante. Beide Anträge, der SPD-Antrag und auch der CDU-Entschließungsantrag, sollten an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit überwiesen und am 29. April dort auch beraten werden. Danke.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste, Herr Bischof Kähler, seien Sie herzlich willkommen. Sie sehen, das Interesse ist so groß, eigentlich ist es schade, dass die Abgeordneten hier nicht zahlreicher vertreten sind, das muss ich einfach sagen.
Der Thüringer Landtag hat gemäß Artikel 63 der Verfassung des Freistaats Thüringen und § 84 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags eine Enquetekommission "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen" eingesetzt, und nach über drei Jahren Arbeit liegt dieser 394 Seiten umfangreiche Abschlussbericht dem Thüringer Landtag und der Öffentlichkeit in der Drucksache 3/3854 vor. Ich danke hier noch mal Frau Dr. Fischer für die würdigenden Worte zur Arbeit der Kommission, zu den Mitgliedern und hier noch ein ganz besonderes Dankeschön auch an Sie, Frau Arenhövel, Sie haben es wirklich verstanden, uns immer wieder nach hitzigen Debatten zusammenzuführen, und das ist eigentlich ein gutes Zeichen.
Ich brauche das, was ich eigentlich auch sagen wollte, dann nicht noch mal wiederholen, aber Frau Schlauraff hier auch noch mal meinen Dank und auch Herrn Heilmann und auch Frau Pölitz, die jetzt uns dann zum Schluss betreut hat. Die Qualität, die Aussagefähigkeit und ganz besonders, was die eigentliche Aufgabe einer Enquetekom
mission ist, nämlich die Vorbereitung von Entscheidungen über umfangreiche und bedeutende Sachkomplexe, wird die Zukunft zeigen. Ich verweise hier auf unseren Antrag in der Drucksache 3/3934, worin wir unserer Meinung nach den ersten Schritt zur Umsetzung der Empfehlungen sehen und auch in dem Entschließungsantrag der CDU. Allerdings drängt sich uns schon bei dem ersten großen Beratungskomplex in 3. "Schutz des ungeborenen Lebens", und da ganz besonders die Kapitel 2 bis 4, die Frage auf, welche Entscheidungen des Thüringer Landtags sollen hier eigentlich vorbereitet werden. Die Kompetenz liegt allein beim Bundesgesetzgeber, denn es geht um Fragen des Embryonenschutzgesetzes, des Schwangerenhilfegesetzes, und für diesen Abschnitt haben wir allein ca. zwei Jahre aufgewandt. Die letzte inhaltliche Beratung war in der 42. Sitzung am 15. April 2003.
Was ist dabei herausgekommen? Die Diskussion bei den zentralen Themen Pränataldiagnostik, PND, Präimplantationsdiagnostik, PID, Stammzellen war dadurch gekennzeichnet, die wissenschaftlichen Ergebnisse der Forschung zu ignorieren, konservative Standpunkte zu festigen. Beispielsweise wurde die Tatsache nicht diskutiert und berücksichtigt, dass ca. 70 Prozent aller befruchteten menschlichen Eizellen sich gar nicht erst zum Kind entwickeln, sondern frühzeitig absterben, so wie die Mehrheitsfraktion postulierte "Mensch von Anfang an", und wir haben darüber eine heiße Debatte geführt. Ich war auch erst dafür, dann habe ich aber gemerkt, in welche Richtung das ging, und dann konnte ich dem auch nicht mehr zustimmen, weil es auch eigentlich die Auffassung der Kirchen ist. Hieße das, dass die ärztliche Kunst sich darauf ausrichten müsste, mittels Diagnostik und Therapie statt 30 Prozent vielleicht 35 bis 40 Prozent der befruchteten Eizellen am Leben zu erhalten. Widersinnig ist daher nach unserer Auffassung die Empfehlung 11, die PID ohne differenziertes Nachdenken rundweg abzulehnen. In der Diskussion und der Darstellung im Abschlussbericht der Enquetekommission 3/1 wird weiterhin voll und ganz ignoriert, dass sich erst weit nach der Befruchtung, etwa im 64. Zellstadium ungefähr festlegen lässt, welche zwei bis vier Zellen tatsächlich sich zu einem Kind entwickeln. Die anderen Zellen werden nicht zum Kind, sondern zum Mutterkuchen bzw. zur Plazenta oder Plazentaanhangsgebilden. Die PID setzt zeitlich weit vor dieser Differenzierung der Zellen an. Weiterhin gehört die Annahme, es könnten Designerbabys gezüchtet werden, vielleicht auf die erste Seite der BILD-Zeitung, aber nicht in den Bericht über den Bereich der realen Möglichkeiten. Alle, die die PID rundweg ablehnen, müssen dann konsequenterweise auch eine künstliche Befruchtung in vitro Fertilisation ablehnen, denn hierbei wird die befruchtete Eizelle optisch überprüft und ärztlich nachvollziehbar anormale Keime nicht für eine Schwangerschaft genutzt. Jede in vitro Fertilisation beinhaltet eine PID ohne deren manipulativen Aspekt. Frau Arenhövel, Sie waren dabei als Prof. Knöpfler darüber gesprochen hat beim Pflegetag, dass das, was bis jetzt normal war, auf einmal kriminalisiert wird. Das ist eigentlich für diese Wissenschaftler und Pro
fessoren unerträglich. Die genannte Empfehlung 11, das geforderte Verbot der PID, widerspricht inhaltlich auch der Diskussion und der Intention der Empfehlung Nr. 3, es sollen späte Schwangerschaftsabbrüche wegen der ungeheuer großen psychischen Belastung der Frau möglichst vermieden werden. Eine Möglichkeit, gerade bei vorbelasteten Eltern, die oft schon ein behindertes Kind haben, ist die PID. Während der Diskussion über die PID wurde nicht ein einziger Betroffener gefragt. Es steht außer Frage, dass in Einzelfällen, und um solche soll es sich nur handeln, eine PID ärztlich, menschlich und ethisch geradezu geboten sein kann. Führende Wissenschaftler, Ärzte und Ethiker, auch auf universitärem Niveau hier in Thüringen, teilen hierin unsere Meinung.
Zur Stammzellenproblematik verweise ich auf unser Sondervotum. Auch hier werden durch die wissenschaftlich nicht haltbare Definition, dass der Mensch von Anfang an Mensch ist, nach unserer Meinung die gesellschaftlichen Schwierigkeiten und Probleme von vornherein nicht mit einbezogen. Die Teile 2. Allgemeine und ethische Aussagen über den Lebensbeginn, 3. Fragestellung am Lebensbeginn und 4. Einsatz des modernen medizinisch Möglichen und ethisch Verantwortbaren in der Therapie enthalten viele Fragestellungen, deren juristische Lösungen allein auf der Bundesebene liegen. Da Enquetekommissionen dem Gesetzgeber bei seiner Entscheidungsfindung helfen sollen, stellt sich natürlich die Frage, was soll das auf Landesebene? Nach unserer Auffassung war es der Versuch, entgegen der wissenschaftlichen Kenntnis den Status quo zu betonieren. In dem Bericht wird durch die aufgemachte Forderung, kein Komma am Embryonenschutzgesetz zu ändern, nicht das Ziel, die Probleme zu beschreiben und zu bearbeiten, sondern eine konservative Lesart zu festigen, verfolgt. Selbst katholische Ethiker denken hier differenzierter als es der Bericht ausdrückt. Unsere Vorstellungen zu diesem Themenkreis sind, einen bewussten, sachgerechten und sich auf dem Stand der Wissenschaft befindenden Umgang mit diesen Fragestellungen herbeizuführen, damit ein breiter gesellschaftlicher und sozialer Konsens hergestellt werden kann.
Ungeachtet dieser Kritik unterstützen wir voll die Empfehlungen 1 bis 10 und die 13, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob wir in der Empfehlung 8 zur Mutterschaftsvorsorge nicht über das Ziel hinausgeschossen und einer Minderheitenmeinung aufgesessen sind. Die jetzigen Regularien zur Mutterschaftsvorsorge sind auf Empfehlung der Bundesärztekammer von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen worden.
Zum Teil 4 "Unterstützung bei schwerer Behinderung" möchte ich sagen, es war ungeheuer schwierig und ist eigentlich auch nicht so richtig gelungen, eine Aussage zu machen, ab wann sich ein Mensch mit Behinderungen in einer Grenzsituation des menschlichen Lebens befindet. Auf zwei Abschnitte möchte ich besonders eingehen,
zum Ersten auf den Abschnitt "humangenetische Beratung". Wir möchten mit diesem Sondervotum klarstellen, wozu humangenetische Beratung eigentlich gemacht wird. Die im Bericht gemachten Aussagen sind nach Meinung von Humangenitikern über ihre Arbeit nicht haltbar. Sie waren entsetzt darüber, was wir hier geschrieben haben, aber das wurde ja dann von der Mehrheit auch so beschlossen. Zu den Empfehlungen des 4. Teils, welcher Stellenwert den Aussagen der Enquetekommission 3/1 zukommt, haben wir gestern erlebt. Empfehlung 14, die Verabschiedung eines Thüringer Gleichstellungsgesetzes für Menschen mit Behinderungen, ist erst mal Makulatur. Von der Zeit teilweise überholt wurde die Empfehlung 15 Schiedsstellenregelung im BSHG -, unterdessen wurde das Sozialgesetzbuch XII verabschiedet. Die Möglichkeit, über den Bundesrat Einfluss zu nehmen, dürfte für die nächste Zeit in diesem Punkt vorbei sein. Ich möchte nicht auf jede einzelne Empfehlung eingehen und sie kommentieren, vielmehr möchte ich auf unseren Antrag in Drucksache 3/3934 verweisen. Soll die Arbeit der Enquetekommission 3/1 nicht für den Papierkorb gewesen sein - ich denke, das wollen wir alle nicht -, so ist eine Stellungnahme der Landesregierung, die die Umsetzungsmöglichkeiten sowohl hinsichtlich des zeitlichen als auch des finanziellen Rahmens beinhaltet, notwendig.
Im Teil "Umgang mit schwerer Krankheit" will ich auf folgende Punkte, die mir besonders wichtig erscheinen, verweisen. Da sind zum einen die Probleme, die die Transplantationsmedizin durch mangelhafte Zahl von Organspenden hat. Neben den gestellten Forderungen an den Bundesgesetzgeber tut Aufklärung über die Möglichkeiten der Organspende und Förderung der Bereitschaft dazu Not. Organspende bedeutet aktive Hilfe für menschliches Leben in Grenzsituationen. Eine Uraltforderung ist die Einrichtung einer Professur für Allgemeinmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der Begründung zur Empfehlung 48 kann ich nur voll inhaltlich zustimmen. Die Landesregierung ist hier gefordert, endlich zu handeln. Man kann nicht jahrelang in die Klagen der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringens nach mehr Hausärzten einstimmen, aber selbst keinen eigenen Beitrag zur Lösung des Problems leisten wollen. Wie dringend sie gebraucht wird, hat auch dieser Artikel in der letzten Zeitschrift vom Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität aufgezeigt. In unserer immer älter werdenden Gesellschaft könnte die Empfehlung 57 der Landesregierung als Maxime für die Geriatrieplanung in Thüringen dienen. Eine effektive Vernetzung der Aufgaben von Land, Kommunen und Trägern bei der Betreuung und Pflege von an Demenz erkrankten Menschen scheint mir der beste Weg zu sein. Bei den immer knappen finanziellen und künftig auch personellen Ressourcen wird eine Pflege auf dem Stand der Wissenschaften sonst nicht möglich sein.
Beim Thema "Begleitung Sterbender" möchte ich auf die Situation der Hospizdienste in Thüringen hinweisen. Es ist gut, dass endlich auch bei uns ein stationionäres Hospiz in Bad Berka gebaut wird. Betrachtet man aber die
Entwicklung hin zu 1-Kind-Familien und dass eine große Zahl unserer älteren Bevölkerung allein lebt, so scheint mir, ist der weitere Bau stationärer Hospize dringend nötig, vielleicht auch Einrichtungen, nicht unbedingt alles Neubauten. Hier hat der Freistaat einen großen Nachholbedarf. Wenn man aber die Forderung des Baus von ambulanten Hospizen, wie im Haushaltsplan 2004 auf null setzt - deshalb sagte ich, wir müssen das nicht unbedingt alles an Neubauten durchführen -, wird Thüringen weiterhin hier ein Entwicklungsland bleiben. Dem Wunsch von Bischof Dr. Wanke, geäußert bei einer ersten Beratung des Berichts im Augustinerkloster vor einer Woche, die von der evangelischen und katholischen Kirche veranstaltet wurde und sehr, sehr gut besucht war, die Ergebnisse und Exemplare des Enqueteberichts so breit wie möglich zu streuen, um eine große Öffentlichkeit in die Diskussion mit einzubeziehen, kann ich voll zustimmen. Vielleicht wäre eine ausgewogene Kurzform des Berichts dazu sehr hilfreich. Schulen, Ethiklehrer, Sozialkundelehrer, Religionslehrer und -lehrerinnen haben bereits ihr Interesse bekundet. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena wird ab Sommersemester ein Wahlpflichtfach "Ethik in der Medizin" eingeführt und im Rahmen der Vorlesungsreihe interessiert sich vielleicht dann auch dieser zuständige Prof. Knoepffler für unseren Bericht und wird vielleicht auch die Studenten darüber informieren. Deshalb, denke ich, wäre es gut, so eine Kurzform, in welcher Form auch immer, zusammenzustellen. Danke für die Aufmerksamkeit.
Familienförderung
Seit dem laufenden Haushaltsjahr ist die Thüringer Familiencard für einen bestimmten Personenkreis eingeführt. Die vorgesehenen Mittel in Höhe von 500.000  ! nach Angabe des Sozialministers Dr. Zeh allerdings nur für ca. 8.000 Bezugsberechtigte. Die Anzahl möglicher Bezugsempfänger ist erheblich größer.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie hoch ist die Anzahl der möglichen Bezugsberechtigten und welcher Mitteleinsatz wäre jährlich unter den jetzt gültigen Leistungen der Familiencard erforderlich, um alle Bezugsberechtigten zu fördern?
2. In welcher Höhe und für wie viele Personalstellen erhält der Arbeitskreis Thüringer Familienorganisationen e.V.
in diesem Haushaltsjahr eine Förderung?
3. Welche voraussichtlichen Kosten verursacht der ca. einen Monat vor der Wahl beabsichtigte Thüringer Familientag?
4. Wie entwickelten sich die innerhalb des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit für Familienpolitik eingesetzten Personalstellen seit 1999 (Anzahl und Eingruppierung) und die damit verbundenen durchschnittlichen jährlichen Personalkosten
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, aufgrund der wiederholten Verweigerungshaltung der CDU im Plenum am 11. Dezember vorigen Jahres gibt es keine neuen inhaltlichen Dinge. Das Argument, keine Gesetze zu verabschieden, die erst in der nächsten Wahlperiode wirksam werden, ist blanker Unsinn. Auf Bundesebene ist da nur an die Rentenreformgesetze von 1989 und 1997, Letzteres als Rentenreform 1999 besser bekannt, oder das Pflegeversicherungsgesetz von 1994 und auf Landesebene z.B. die letzten Entscheidungen der Mehrheitsfraktion in diesem Landtag, wie das Gesetz zur Überprüfung der Abgeordneten, das Gesetz zur Gewährung von Sonderzahlungen zu erinnern. Mit der zu erwartenden Entscheidung, Ablehnung des Gesetzentwurfs, stellt die CDU-Fraktion Arbeitsergebnisse der Enquetekommission 3/1 "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen" in Frage. Mein Kollege Maik Nothnagel hat es sehr ausführlich erläutert.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, für uns in der SPD steht fest, die Menschen mit Behinderungen in unserem Land brauchen für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ein Landesgesetz, um ihre berechtigten Interessen wahrnehmen zu können.
Ich betone es noch einmal: Auch Sie von der CDU haben nicht das Recht, eine Gruppe von Menschen im Freistaat Thüringen bewusst in großen Teilen vom gesellschaftlichen Leben weiterhin auszugrenzen.
Und Ihre Haltung bestätigt auch die Befürchtungen, die Prof. Kodalle, der Lehrstuhlinhaber des Lehrstuhls für Praktische Philosophie der Friedrich-Schiller-Universität, hat - Frau Präsidentin, ich zitiere: "Allerdings sollten wir bedenken, dass es unterhalb der veröffentlichten Meinung in der Welt des Biertisches nach wie vor zahlreiche Ressentiments und auch Sympathien zumindest für den Ausschluss Behinderter aus der Gesellschaft gibt." Und er führt weiter aus: "Sicher muss unsere Gesellschaft noch behindertenfreundlicher werden, denn das Leben behinderter Menschen ist, angefangen bei infrastrukturellen Defiziten, noch immer schwer genug." Auch die
Kritik der Behindertenverbände an bestehenden Missständen ist in vielen Fällen ganz gewiss berechtigt. Ich bin von den Behindertenverbänden beauftragt, Ihnen folgende Information hier zu überbringen: Wenn das vorliegende Gleichstellungsgesetz abgelehnt wird, warum bringt die CDU nichts Besseres? Die Behindertenverbände lassen weiterhin sagen, sie bleiben aktiv und sie haben vor, mit der Landtagspräsidentin zu sprechen und auch mit denen, die das Gesetz bisher abgelehnt haben. Sie überlegen, ein Behindertenparlament im Plenarsaal ins Leben zu rufen und sie machen ernst daraus. Wenn bis 05.05.2004 kein Gleichstellungsgesetz verabschiedet worden ist, will der Verband zu Großaktionen aufrufen. Sie erinnern sich ganz bestimmt noch an die große Demo vor der Staatskanzlei im vorigen Jahr. Das war der Anfang und sie werden das fortsetzen. Deshalb, denke ich, sollte man sich sehr, sehr wohl überlegen, ob man einfach wieder so das Gesetz ablehnt. Ich kann mich jetzt auch meinem Kollegen Maik Nothnagel anschließen, noch mal die Chance zu haben, dieses Gesetz im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu beraten, denn morgen werden wir auf alle Fälle nochmals darauf zu sprechen kommen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ganz so kann man das doch nicht im Raum stehen lassen, was jetzt alles so gesagt wurde. Wenn ich Sie, Herr Minister Krapp, und jetzt noch Herrn Minister Reinholz höre, muss ich den Eindruck haben, wir in Thüringen können sagen, alles ist gut, wir brauchen gar nichts zu ändern.
Es sitzen Schüler hier. Ich weiß nicht, wie oft Sie hier Schülergruppen auch mit betreuen als Besuchergruppen.
Ich höre fast bei jeder Gruppe: Warum haben wir hier so wenig Ausbildungsplätze und warum wandern so viele ab, wie ist das mit der Berufssituation? Das kann man in fast jeder Gruppe so hören. Wenn wir wieder festgestellt haben, dass über 5.000 junge Menschen, junge Familien jedes Jahr abwandern aus Thüringen, dann muss uns das langsam doch viel, viel mehr beunruhigen, als es hier immer noch dargestellt wurde. Und wenn wir sagen, es sind über 2.400 in den alten Bundesländern in Ausbildung, dann ist das besonders für uns als bekümmert darzustellen und festzustellen, denn es sind ja vor allem die jungen Frauen, das bedauern wir ja immer, die einen guten Ab
schluss haben. Wir reden immer davon, in einigen Jahren haben wir mit unseren jungen Menschen hier riesige Defizite. Es werden die Kinder fehlen, die eigentlich hier geboren werden sollten. Es sind die jungen Frauen, die vor allem hochwertige Ausbildungsberufe suchen, Herr Reinholz, und die fehlen hier. Sie haben richtig gesagt, wieso schaffen wir es immer noch nicht zu informieren, dass es mehr als diese 10 und 20 Berufe gibt, für die sich die Mehrheit der jungen Menschen entscheidet.
Diese hochwertigen Berufe, die zu wenig hier angeboten werden, die müssen wir auch versuchen vielleicht über die Ausbildungsumlage hier mit zu verändern, dass man den Firmen auch hilft, mehr solche Plätze zu schaffen
und vor allem die Unternehmenskultur, auch die Unternehmer im Umgang gerade mit jungen Menschen auch zu schulen. Da ist auch ein Stillstand zu vermerken. Ich muss Ihnen sagen, Herr Krapp, der IHK-Präsident Herr Chrestensen, wir kennen uns aus vielen Situationen, wir sind zusammen im Kuratorium der Fachhochschule Erfurt, kritisiert sehr realistisch, wo sind die Defizite. Er sagte: Wo sind die Defizite in der Schule? Warum werden immer noch so wenige Berufe hier nur gewählt? Wo sind die Defizite der Landesregierung? Sie schieben ja immer alles weg, was Sie machen. Natürlich muss man auch die Defizite des Elternhauses mit hervorheben. Wenn ich Sie hier höre, Herr Krapp, Sie reden immer alles schön. Es läuft das Praktikum, es läuft das, das sind alles Maßnahmen. Wir waren auch auf den Ausbildungsmessen und ich sehe auch dort, wie die Schulen kommen. Sie werden dort durchgeschleust, dann wird mal gesagt, ah, einer, zwei, die haben jetzt hier einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen, daran wird dann alles hochgezogen. Sie können doch auch mal sagen, da kann man auch was besser machen, dass Sie einmal kritisch sagen könnten, hier klappt es noch nicht, das ist gut, dass es das gibt, aber wie wird das angenommen. Das würden wir uns hier wünschen und nicht immer alles schönreden und so tun, die böse Opposition, die wieder nur alles schlechtredet. Wir wollen doch etwas tun für unsere jungen Menschen. Die fragen uns und die unterscheiden da überhaupt nicht, ob wir jetzt die Opposition sind oder ob wir in der Regierung sind.
Sie wollen, dass wir auch was tun, und sie sind froh, wenn wir sagen, wir werden das wieder zum Thema im Landtag machen. Dann merken sie, man kümmert sich um sie, und so möchten wir das auch gesehen haben. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Minister Zeh, ich habe mit großem Interesse Ihre Ausführungen verfolgt. Ich kann Ihnen erst mal sagen, der größte Wunsch ehrenamtlich Tätiger ist, so wenig wie möglich bürokratische Erschwernisse. Sportlerinnen und Sportler im Verein fühlen sich durch die für sie zuständigen Verbände wie Stadtsportbünde, Landessportbund sehr gut vertreten. Ich
denke, Frau Pelke als die Vorsitzende vom Stadtsportbund Erfurt kann das bestätigen.
Herr Minister, Sie haben in Ihrer Rede zitiert: "Die Bedeutung des Sports für unseren Freistaat kann kaum überschätzt werden. Er stellt aber auch wohl das wichtigste Instrument zur Krankheitsvorbeugung dar und seine Förderung ist deshalb immer auch eine effektive Gesundheitspolitik." Ich gebe Ihnen hier völlig Recht, es ist ja so auch mit zum Ausdruck gekommen. Aber ich muss Ihnen sagen, eine Bevölkerungsgruppe, die bald die größte in Thüringen sein wird - und ich freue mich, dass wir so viele Seniorinnen und Senioren hier auf der Tribüne haben -, hätten Sie eigentlich mehr in den Mittelpunkt stellen müssen, und zwar ist das die Bevölkerungsgruppe der über 50-Jährigen. Zum Mediensymposium im November war eine Veranstaltung "Frauen in der Sportwerbung". Ich hatte schon fast erwartet, ich war eine der ganz wenigen, wenn wir fünf Leute waren, die dort darüber gesprochen haben. Es ist sicherlich immer ganz wichtig, wie viele es sind, aber, ich denke, es waren dort auch Persönlichkeiten, die das aufgenommen haben. Wir haben ganz einmütig festgestellt zu einem Thema "Frauen, Seniorinnen, Senioren im Sport, in der Werbung" - hier wird viel zu wenig getan. Es ist ja nicht diese interessante Personengruppe, die sich darstellt in wunderschönen Trikots. Das ist ein ganz großer Mangel. Sie werden auch in Fernsehübertragungen, dort wo sie sich beschäftigen, viel zu wenig gezeigt als Vorbild auch zum Mitmachen für andere. Wissen Sie überhaupt, wie viel Geld hier einzusparen ist, wenn ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger zu gewinnen sind, im Verein Sport mitzumachen. Ich möchte Ihnen ein Beispiel von Erfurt sagen. Ich bin Gründungsmitglied eines Vereins 50 PLUS und erlebe das mit, den haben wir vor sechs Jahren gegründet. Wir waren damals sieben. Denn Sport ist für Seniorinnen und Senioren viel, viel mehr.
Vor allem ist die Zielgruppe Frauen - Männer, entweder spielen die dann mal Schach -, denn es sind vor allem die Frauen, die sich betätigen, die regelmäßig kommen. Ja, es ist so. Ältere Frauen und Männer, die Sport treiben, tun hier vor allem etwas nicht nur für ihre Freizeit, sondern für ihre Gesundheit.
Sie brauchen weniger Arztbesuche, sie brauchen weniger Medikamente und sie sind sehr selbstbewusst. Mir ist aufgefallen, von diesen Vereinsmitgliedern, die inzwischen auf 310 angewachsen sind, ist keiner in einem Seniorenheim untergebracht. Sie sind zu Hause, sie leben dort, sie holen sich diese Kraft auch durch die Zusammenkünfte im Verein. Sie haben mir am 09.12. zur traditionellen Weihnachtsfeier gesagt, wir sind stolz, wir haben uns eine zusätzliche Bahn im Schwimmbecken erkämpft, Herr Dr. Zeh, denn wir wollen keinen wegschicken.
Sie sind selbst zu den Verantwortlichen gegangen und haben sich dafür eingesetzt, dass sie diese Bahn bekommen. Gerade für ältere Menschen ist Schwimmen das Beste was man tun kann, um sich zu bewegen. Deshalb möchte ich noch mal hervorheben, wir brauchen die Rahmenbedingungen, den Stadtsportbund, der sich bemüht, wir brauchen den Landessportbund, aber wir brauchen auch das Land - ganz besonders. Sie haben auch mitgeteilt, dass es diese Bäderkonzeption gibt, und ich kann Sie eigentlich nur bitten, bei der Landesförderung gerade in der Bädersituation sich hier besonders daran zu erinnern, weil das eigentlich das preiswerteste, beste Mittel ist, um gerade älteren Menschen Bewegung zu verschaffen
und sie einzubinden, sie in ihrer Freizeit wirklich zu gewinnen und dass sie auch gemeinsam etwas unternehmen. Dieser Mitgliederverein mit 310 Mitgliedern fährt als besonderes Dankeschön zum Ablauf des Trainingsjahres am 17.12. nach Töttelstädt. Es wird eine Busfahrt organisiert, dort werden Wanderungen organisiert und das machen die ehrenamtlich - alles ältere Menschen, die selbst die Übungsleiter stellen. Das ist ein Beispiel, wie wichtig das ist, aber man muss das auch mit nennen. Sie haben die Chance, das über den MDR viel mehr hervorzuheben, wo diese Menschen sind. Herr Minister Krapp, das kann ich Sie auch nur bitten, diese Menschen, das wird einfach so verschwiegen, die machen das schon, aber sie fühlen sich auch geehrt, wenn gezeigt wird, was sie tun und wie man mitreißen kann. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit Würde haben wir hier im Landtag mit einer großen Fachtagung und am 25. Oktober dieses Jahres auf der Wartburg mit einem Festakt den 10. Jahrestag der Verfassung des Freistaats Thüringen begangen. Dem Artikel 2 der Verfassung wurde in diesem Jahr besondere Aufmerksamkeit, und ganz besonders dem Absatz 4, geschenkt. Frau Präsidentin, ich zitiere: "Menschen mit Behinderung stehen unter dem besonderen Schutz des Freistaats. Das Land und seine Gebietskörperschaften fördern ihre gleichwertige Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft."
Meine Damen und Herren, dieser Aufgabe darf sich keine Landesregierung und keine sie tragende Fraktion entziehen. Es reicht nicht aus, schöne Worte zu finden, Schirmherrschaften zu übernehmen und Aufgaben zu formulieren. Entscheidend ist, dass sie auch mit Leben erfüllt werden.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben in dem neu eingebrachten Gesetzentwurf durch Änderungen beim InKraft-Treten und durch die Herausnahme des ehemaligen Artikels 4, der sich auf die Bauordnung bezog, Hindernisse, die einer Verabschiedung eines Thüringer Gesetzes zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen im Wege standen, beseitigt. Wie ich schon am 8. Mai dieses Jahres gesagt habe, dazu erlassene Gesetze allein sind nicht ausreichend, um das Ziel, die gleichwertige Teilnahme von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben, zu erreichen. Dessen sind wir uns bewusst. Aber wir wollen, dass mit einem solchen Gesetz dieser Prozess beschleunigt wird, alles Machbare auch umzusetzen. Das, glaube ich, sind wir unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit Behinderung hier im Freistaat schuldig. Danke.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen - es sind ja nur noch wenige da - am 3. Dezember 2003 hatte der Landesjugendring, und ich betone nochmals der Landesjugendring, zu einer Veranstaltung mit den Fachsprechern/Fachsprecherinnen für Behindertenpolitik aller Fraktionen eingeladen. Es gab dieses sehr schöne Plakat. Ich hätte mir auch gewünscht, dass mehr Abgeordnete hier gewesen wären, weil das auch hier im Landtag war. Das Thema lautete: "Teilhabe verwirklichen - Gleichstellung durchsetzen - Selbstbestimmung ermöglichen - zum Nulltarif?" Dann war gleich zu Beginn: "Im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen ist ein Gleichstellungsgesetz in Thüringen an den Stimmen der CDU im Landtag gescheitert."
Meine Damen und Herren: "In Thüringen zeichnet sich das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen auf der Ebene" - so wird es gesehen - "der Landesregierung und der Landespolitik der CDU weitestgehend durch Un
tätigkeit aus." So die Meinung der Behindertenverbände. Die Behindertenverbände und die Behinderten selbst haben sehr viel bewegt in diesem Jahr. Sie haben sensibilisiert, aufmerksam gemacht, wo es Defizite gibt und sie haben aber auch mit Stolz auf Erfolge hingewiesen, die sie mit durchgesetzt haben und natürlich mit Verbündeten, zum Beispiel in Erfurt den Erweiterungsbau der Bildungsstätte der Lebenshilfe. Im Mai bzw. Juni hatte die Mehrheitsfraktion in diesem Haus eingereichte Gesetzentwürfe der Oppositionsfraktionen zu dieser Problematik mit dem Hinweis auf die Haushaltssituation abgelehnt. Wörtlich von Frau Arenhövel am 8. Mai 2003: "Das ist der einzige Grund, weshalb wir heute zu diesem Gesetzentwurf Nein sagen müssen." Gemeint war der Gesetzentwurf der SPD. Frau Arenhövel, ich finde das schon scheinheilig, wie Sie hier argumentieren. Sie lassen noch nicht einmal die Reden zu. Sie sagen von vornherein, um abzuschotten. Ich weiß nicht, aber man merkt, es geht auf die Wahlen zu. Sie wollen irgendwie alle gute Listenplätze haben, bei Herrn Althaus irgendwie sicherlich einen guten Platz holen.
Dass Sie schon, bevor Sie die Reden hören, sagen, wir lehnen es ab, im Ausschuss zu beraten, das ist ein so unfairer parlamentarischer Stil.
Da hätten Sie einmal erleben müssen - Sie waren ja mit in der Enquetekommission - da haben Sie alle sehr wunderbar geredet und wie toll das alles ist. Das, was Sie jetzt hier im Grunde auch kritisiert haben, das hat wahrlich nichts mit rotgrüner Bundespolitik zu tun. Das ist das Machbare, was wir hier tun können. Und da sagen Sie von vornherein auch Nein. Dieses Nein nämlich, das war auch die einzige Aktivität von Seiten der Mehrheitsfraktion und der Landesregierung, wo es um konkrete Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen hier auch im Thüringer Landtag ging. Sie haben selbst nichts auf die Beine gebracht. Sie erzählen immer, Sie haben einen Gesetzentwurf, der liegt irgendwo im Fach. Wir haben ihn nicht einmal gesehen, Sie haben ihn nicht einmal gesehen und die Fraktion war auch zu faul, um selbst etwas vorzulegen.
Ich muss doch erst einmal etwas vorlegen, bevor ich Schlechteres ablehne. Die Arbeit in der Enquetekommission, ich sagte es schon, "Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen", das haben Sie, glaube ich, so als Plattform mit genutzt, die übrigens gleichfalls ein solches Gesetz fordert und sehr hart. Das wissen Sie auch. Das ist kein Ersatz für fehlende parlamentarische Arbeit. So sehe ich das auch hier. Wir werden ja im Januar diesen Bericht der Enquetekommission, der gestern der Landtags
präsidentin überreicht worden ist, beraten. Wir werden Sie auf diesen Punkt noch einmal sehr intensiv hinweisen, auch was hier Ihre lieben Kolleginnen und Kollegen der CDU mit als Empfehlung beschlossen haben.
Meine Damen und Herren, wir haben in den letzten 10 Jahren den Paradigmenwechsel von der Fürsorge hin zur Teilhabe an der Politik für Menschen mit Behinderungen erlebt. Aber, und das ist nicht nur meine Meinung, in den Köpfen der Menschen ist der Paradigmenwechsel noch nicht vollzogen. Das ist ein langwieriger Prozess und wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Wir sind aber der Meinung, dass man alles tun muss, um diesen Prozess im Interesse unserer betroffenen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu beschleunigen. Wenn Sie den § 1 unseres Gesetzentwurfs aufmerksam gelesen haben, so geht es nicht nur darum, Benachteiligungen für Menschen mit Behinderungen zu beseitigen, sondern ihr Entstehen von Anfang an zu verhindern. Damit ist deutlich ausgedrückt, dass es nicht allein die finanziellen Leistungen, die eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben ermöglichen, sind. Nein, das Gesetz fordert von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in den Verwaltungen unseres Landes und seiner Kommunen von vornherein bei ihrem Handeln Barrierefreiheit zu beachten.
Hier können z.B. beim Bauen Kosten gespart werden. Ich möchte an dieser Stelle aber darauf hinweisen, dass Barrierefreiheit nicht allein die rollstuhlgerechte Ausführung von Eingängen, Treppen, Toiletten usw. beinhaltet, sondern dass sie auch bei den Kommunikationsformen, Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken und in der Informationstechnik eine immer stärkere Rolle spielen. In unserem Gesetzentwurf wurden die Fragen in den §§ 6 bis 9 berücksichtigt. Diese Vorgaben müssen den verantwortlich Handelnden klar sein und sie sollen immer wieder auch aus der Sicht der Betroffenen die möglichen Ergebnisse ihrer Entscheidungen durchdenken. Weiterhin enthält der § 5 des Gesetzentwurfs die Verpflichtung der öffentlichen Stellen, eine aktive Rolle bei der Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen einzunehmen. Wir wollen damit erreichen, dass ganz besonders auf der lokalen Ebene Planungen und die daraus resultierenden Anliegen und Probleme mit den Betroffenen besprochen werden. Eine weitere, den Verbänden für Menschen mit Behinderungen wichtige gesetzliche Regelung ist die Schaffung der Möglichkeit eines Verbandsklagerechts. Es ist in § 10 so formuliert, dass keiner einen Missbrauch durch übertriebene Inanspruchnahme zu befürchten hat. Aus meinen Ausführungen geht, glaube ich, deutlich genug hervor, dass es eine ganze Anzahl von Möglichkeiten, die uns auf den Weg zu einer Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen gibt, die nicht allein von einer finanziellen Ausstattung abhängen. Das ist der Grund, weshalb wir meinen, verantworten zu können, dass die
finanzielle Ausstattung des Gesetzes über das Jahr 2004 hinausgestreckt werden kann. Andererseits aber ist eine Gesetzgebung jetzt notwendig, da - wie allen hier im Haus bekannt sein dürfte - im Frühjahr 2004 die Haushaltsanmeldungen für das Jahr 2005 erfolgen. Eine Regel ist dabei, wenn das Gesetz nicht da ist, wird es auch nicht etatisiert. Wir bitten Sie deshalb, einer sachlichen Beratung im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zuzustimmen.
Abschließend einige Bemerkungen zum Antrag der PDS in der Drucksache 3/3787. Zum ersten Punkt des Antrags: Ich halte ihn wegen der Haushaltssituation für unrealistisch. Ob ein nochmaliger Nachtragshaushalt für 2004 kommt, ist nicht bekannt, aber auch in seiner praktischen Umsetzung. In relativ kurzer Zeit müssen sich die Behindertenvereine und -verbände mit der Landesregierung auf eine Person als Landesgleichstellungsbeauftragter oder -beauftragte einigen, die auch bereit ist, dieses Amt sechs Jahre lang auszuüben. Aber vielleicht haben Sie von der PDS schon interne Informationen, wer zwischen den Behindertenvereinen und -verbänden, der vielleicht konsensfähig wäre oder wert sein könnte. Vielleicht ist es nur eine Nachlässigkeit, aber so wie der Punkt 3 b formuliert ist, muss man daraus schlussfolgern, dass der Landesgleichstellungsbeauftragte nur für die Landesregierung und seine nachgeordneten Behörden tätig sein soll. Bisheriger Konsens war doch, dass er in seiner beratenden Tätigkeit für alle und ganz besonders für die Anliegen von Menschen mit Behinderungen tätig sein sollte. Vielleicht haben wir das falsch aufgefasst, lieber Maik.
Von einer Wahl durch den Thüringer Landtag versprechen wir uns mehr Akzeptanz in der Bevölkerung und bei den Behörden. Deshalb ist uns die von der PDS in Punkt 2 vorgeschlagene Regelung, den Landesgleichstellungsbeauftragten für Menschen mit Behinderungen von der Landesregierung für sechs Jahre einsetzen zu lassen, vollkommen befremdlich. Warum wollen Sie, dass der oder die Landesgleichstellungsbeauftragte von einer Landesregierung eingesetzt und nicht, wie wir meinen, vom Landtag auf Vorschlag der Landesregierung gewählt wird? Nach Ihrer vorgeschlagenen Regelung gäbe es außerdem erst in der 5. Wahlperiode die reguläre Möglichkeit einer Neubesetzung des Amtes. Jährliche Berichte haben unserer Auffassung nach nur dort einen Sinn, wo eine Menge Daten kontinuierlich anfallen und deren Aufarbeitung für die weitere Arbeit gebraucht werden. Wir haben in unserem Gesetzentwurf einen Bericht, der dem Thüringer Landtag vorgelegt werden soll, gefordert. Dabei haben wir die Intention, dass dieser auch entsprechend unserer Geschäftsordnung besprochen werden kann und die Abgeordneten unter anderem Hinweise für ihre parlamentarische Arbeit erhalten. Nach Ihrer Formulierung wäre es ein Bericht der Landesregierung für die allgemeine Öffentlichkeit. Solche Berichte, das wissen Sie aus der Geschäftsordnung dieses Hauses, kann man nur mit Hilfe von Selbstbefassungsanträgen im Ausschuss oder durch Anfragen in das Parlament einbringen.
Der Antrag der PDS-Fraktion in der Drucksache 3/3787 entspricht nach unserer Auffassung, nicht unserer Intention, dass der Thüringer Landtag sich hier selbst aus dem Spiel bringt. Lieber Maik Nothnagel, ich kann hier sagen, unser Gesetzentwurf in der ersten Fassung - ich habe den Landesbehindertenbeauftragten von Brandenburg kennen gelernt und habe darüber auch gesprochen und er fand ihn fair, er sagte, er wäre machbar. Sicherlich was wir jetzt herausgenommen haben, ist ein Stück Kürzung. Aber er sagte, so könnte man ihn eigentlich verabschieden. Wenn die CDU-Fraktion euch die Hand reichen will, dann nehmt sie. Wir möchten Ihnen die Hand reichen, dass wir sagen, wir können darüber sprechen und dass Sie vielleicht sagen, vielleicht wäre es eine Möglichkeit am 5. Mai nächsten Jahres so ein Gesetz hier einzubringen oder vielleicht auch mit zu verabschieden. Das wäre ein Signal und damit könnte man auch leben. Mir geht es um die Menschen und nicht unbedingt darum, dass ich nun Recht bekomme. Ich beantrage deshalb für die Fraktion der SPD, der Maik Nothnagel hat es schon getan, unseren Gesetzentwurf noch einmal im Ausschuss zu beraten. Ich denke, es ist ja schon abgelehnt worden, aber trotzdem vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, eigentlich hat mich jetzt Frau Groß dazu mit angeregt, doch hier noch mal etwas sagen zu müssen, und zwar es geht um die Aussagen, Herr Ministerpräsident, zur Familie. Es geht mir darum, Sie sagen hier: "Um seelischer Verrohung entgegenzuwirken, ist Mut zur Erziehung gefragt." Was meinen Sie damit? Welcher Mut ist hier gefragt? Ich kann es bestätigen, dass das notwendig ist, aber wie wollen Sie das umsetzen? Auf der letzten Fachtagung, es war "Thüringen bleibt sozial" war auch ein Redner, Pater Otto, ein von uns allen sehr geschätzter Mensch. Ich habe ihn noch nie mit so viel Unmut erlebt. Er hat auch zu dem Problem Erziehung/Bildung gesprochen und sagte: Es ist ein Fehler, der hier gemacht wird in Thüringen, dass man Schuljugendarbeit und Schulsozialarbeit hier entweder gleichsetzt oder glaubt, mit Schuljugendarbeit das bewältigen zu können, was einfach fehlt an den Schulen. Wir brauchen Sozialarbeit, Sozialpädagogen und er hat das ganz vehement eingefordert. Man kann das eigentlich nur unterstützen. Wer Kontakte zur Schule hat und nachfragt, wie ist die Situation in Familien, der wird von Lehrern erfahren, die Eltern, die Kinder lassen sich so in drei Gruppen einteilen, so ungefähr immer ein Drittel. Und ein Drittel ist genau der Teil, der wirklich Probleme hat, von den Eltern ganz besonders vernachlässigt wird und sich selbst überlassen bleibt. Alle Studien haben das bestätigt. Genau diese Eltern, die hilflos sind, die auch zum Teil erziehungsunfähig, überfordert sind, die brauchen diese Hilfen. Dafür sollte es eigentlich auch sein, dass Schulsozialarbeit das Bindeglied auch darstellt. Dazu fällt nicht ein Wort in Ihrem Bericht, wie kann so was geschehen, denn das sind die gefährdeten Kinder. Sie nehmen selbst auch an Konferenzen teil, und mich hat hier schon die sehr mutige und sehr offene Aussage bei einer Konferenz in Bad Salzungen/Schmalkalden doch betroffen gemacht, dass Lehrer deutlich sagen: Der beste Lehrer kann das Elternhaus nicht ersetzen; die Wur
zeln für Gewalt liegen in der Familie. Die Schule kann nur die Symptome mildern. Deshalb ist es auch so wichtig, sich hier der Familie zu widmen und auch niedrigschwellige Angebote zu machen. Das kann nur jemand, der dieses Bindeglied auch darstellen kann.
Sie haben für Mai 2004 einen Landesfamilientag vorgesehen, der kostet viel Geld. Was soll der bringen, frage ich Sie, um dort zu zeigen, was es alles gibt. Es werden die Eltern, die wir erreichen wollen, nicht dort hingehen und dazu brauchen wir nicht so einen Familientag. Es sollte sicherlich eine Darstellung der Landesregierung sein, was alles geschieht, aber das Geld sollten Sie eigentlich nehmen, um jetzt hier Schulsozialarbeit mit zu unterstützen. Da würden Sie mehr Erfolge erreichen, auch mehr tun und das würde auch anerkannt.
Und, Herr Ministerpräsident, Sie unterstreichen noch mal das geänderte Erwachsenenbildungsgesetz. Ich habe das ja sehr befürwortet, unterstütze das auch, aber ich bin schon enttäuscht. Es kann nicht sein, dass an den Schulen, wo die Klassen 1 bis 5 erreicht werden sollten, solche Flyer verteilt werden. Das hilft keinem Menschen, und darin steht noch, dass diese Veranstaltungen Geld kosten. Das ist das persönliche Ansprechen, man hat die Chance vertan, am ersten Schultag oder in der ersten Schulwoche mit Dozenten, mit Klassenlehrern und den Eltern darüber zu sprechen. Es wird hier kein Angebot oder auch keine Nachfrage kommen. Das kann ich Ihnen heute schon zusagen. Es ist schade, dass wir uns solche Chancen hier vergeben. Es sind alle Familien angesprochen auch etwas mehr zu erfahren. Wenn eine junge Frau der Gerichtsprozess war vor kurzem, als sie mit 19 Jahren als Abiturientin ihr Kind hat zu Tode kommen lassen, weil sie es selbst zur Welt gebracht hat -, sagt: Ich hatte eine beschissene Jugend. Mit 13/14 habe ich gesoffen. Ich habe immer Probleme mit mir selbst ausgemacht. Und das sind die aus den ganz normalen Elternhäusern. Auch die zu erreichen, denen so etwas passieren kann,
die Chancen sollten wir uns schon hier nehmen. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich sehe das ein bisschen anders, ich finde das schon wichtig, dass man diese Themen behandeln sollte und deshalb, denke ich, ist es vielleicht auch vernünftig, in einer Aktuellen Stunde darüber zu sprechen, aber ich sage dazu, warum mir es in dieser Hinsicht auch nicht ganz so gefällt. Diese Aktuelle Stunde ist meiner Meinung nach alles andere als aktuell, denn eigentlich müsste allen bekannt sein, dass im Deutschen Bundestag am 24. Oktober dieses Jahres die erste Lesung zu den Rentengesetzen stattfand. Und um es gleich zu sagen, bei dem unterdessen eingebrachten Zweiten Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze geht es nicht um eine grundlegende Korrektur der Rentenreform von 2001. Diese war zur Sicherung der gesetzlichen Renten ebenso wie die Rentenreform 1989 für einen langfristigen Zeitraum angelegt. Im Grundsatz wird dies von der RürupKommission bestätigt. Die Herzog-Kommission widerspricht in ihrem Papier dieser Aussage auch nicht. Dass auf lange Zeit anglegte Grundsatzentscheidungen einer Nachjustierung bedürfen, darüber gibt es Konsens. In dem oben genannten Gesetzentwurf, dessen Eckpunkte auf der gemeinsamen Klausurtagung der Bundesregierung mit den Vertretern der Regierungsfraktionen erarbeitet und beschlossen wurden, geht es um kurzfristige Maßnahmen. Durch die anhaltende Konjunkturschwäche, eigentlich besser gesagt Konjunktureinbruch, seit dem 11. September 2001 sind die Beitragseinnahmen signifikant gesunken. So sind infolge der Konjunkturschwäche in den ersten neun Monaten dieses Jahres die Beitragseinnahmen nur um 0,5 Prozent gestiegen. Daraus ergibt sich das bekannte Defizit von 8 Mrd. 234       Problems kommen zwei Alternantiven in Betracht:
1. die Erhöhung der Beitragssatzes von 19,5 auf 20,5 Prozentpunkte oder
2. bei einer Stabilisierung des Beitragssatzes einen finanziellen Ausgleich innerhalb der Rentenversicherung zu suchen.
Unter dem Aspekt der Aus- und Wechselwirkungen von Lohnnebenkosten, Arbeitsplatzsicherung und Konjunkturbeeinflussung wäre eine Erhöhung des Beitragssatzes für die konjunkturelle Situation Gift mit seinen negativen Folgen für Wachstum und Beschäftigung. Es würden die Beitragszahler allein die Lasten der Wirtschaftskrise tragen müssen. Letztlich würden auch die Rentner durch noch niedrigere Tarifabschlüsse und durch den erhöhten Beitragssatz belastet. Die zweite Alternative sind die zugegebenermaßen sehr unpopulären Maßnahmen wie Aussetzung der Rentenanpassung und der volle Beitrag durch
den Rentenempfänger zur Pflegeversicherung. Ja, es ist eine finanzielle Mehrbelastung - da wollen wir uns nichts vormachen -, die leider eben zur Beitragssatzstabilität aus konjunkturellen Gründen hier auch Vorrang haben muss und die auch nicht zu vermeiden ist. Ja, es schmerzt mich selbst. Ich habe selbst einen Pensionär als Mann und höre mir auch jeden Tag Ärger an. Die Verschiebung des Auszahlungstermins für die Rente auf das Monatsende ab April 2004 gilt für Renter, deren Rente ab 1. April 2004 beginnt. Hier von einer zusätzlichen Belastung der Rentner zu sprechen ist wohl absurd. Denn die überwiegende Zahl der Erwerbstätigen erhalten ihre Löhne und Gehälter ebenso wie die Bezieher von Lohn- und Ersatzleistungen erst zum Monatsende. Somit fällt ein Neurentner nicht in ein finanzielles Loch und kann sich auf den neuen Zahlungstermin der Rente einstellen. Die von der CDU gebetsmühlenartig immer wieder geäußerte Behauptung, durch eine punktgenaue Umsetzung der Rentenreform von 1999, vor allem durch den vorgesehenen Demographiefaktor, wäre es nicht zu dieser Entwicklung gekommen, ist einfach falsch. Im Gegenteil, wir hätten jetzt ein abgesenktes Rentenniveau und einen Beitragssatz von 21,5 Prozentpunkten.
Ein Wort noch an die, die immer von den falschen Voraussetzungen oder geschönten Zahlen der Bundesregierung bei der Rentengesetzgebung reden, dass die Rentenreform 1999 auf der Basis einer durchschnittlichen jährlichen Lohnsteigerung von 3 Prozent gemacht wurde wann hat es die überhaupt wieder im Durchschnitt gegeben, seit dieser Zeit. Deshalb ist auch der Stand, so wie er eben leider jetzt ist. Es hat kaum einen Lohnzuwachs gegeben von 3 Prozent im Durchschnitt.
Abschließend möchte ich sagen, diese Aktuelle Stunde und, ich denke, auch der zu behandelnde Antrag der CDU dann zur Rente dienen dem Punktesammeln für die nächsten Wahlen. Ich muss sagen, es bestätigt einfach die Aussage, die die Befragten im Monitor gemacht haben, dass gesagt wurde, 75 Prozent der Befragten meinen, dass die Parteien nur im Interesse um Wählerstimmen zu sammeln hier auch Politik machen. Das finde ich nicht sehr gut und deshalb, denke ich, müssen wir uns darüber auch in einer anderen Form weiter unterhalten. Das ist kein guter Stil der Parlamentsarbeit. Danke.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Antrag der CDU-Fraktion und der Bericht der Landesregierung gehen in Richtung Wahlkampf, Herr Dr. Zeh, und nicht darum, die derzeitigen Probleme der gesetzlichen Rentenversicherung für alle klar und deutlich aufzuzeigen. Das wäre ein Beitrag, um das Vertrauen in die sozialen Sicherungssysteme zu stärken. Herr Minister Zeh, ich hätte mir eigentlich von Ihnen etwas mehr Realitätssinn gewünscht und weniger Populismus. Das passt eigentlich nicht zu Ihnen.
Kurz nach der Wende gab es von Herrn Blüm die Parole: "Die Renten sind sicher." Trotz dieser Aussage und der gerade durchgeführten Rentenreform 1992 wurde von der Bundesregierung eine Kommission gebildet, die zur langfristigen Sicherung der Rentenfinanzierung Vorschläge erarbeiten sollte. Hintergrund war der Anstieg der Rentenbeitragssätze und die immer höheren Bundeszuschüsse zur Rentenversicherung. Sie waren selbst dabei, als vor einer Woche Minister Clement auf der Messe gesprochen hat und sagte, 37 Prozent zahlt die Regierung zu den Renten dazu; das ist sehr, sehr viel. 1997 wurde nach noch nicht einmal acht Jahren die nächste Rentenreform für 1999 verabschiedet. Es ist nötig, auf zwei Schwerpunkte dieser Reform 1999 hier näher einzugehen.
Erstens wurden die Abschläge für ein vorgezogenes Renteneintrittsalter bei allen Altersrenten, langjährig Versicherte, Arbeitslose, Frauen, Erwerbsunfähigkeit, eingeführt. Dieser Teil der Reform ist aus Gründen der Vertrauens
schutzregelungen noch nicht abgeschlossen. Die davon erhofften finanziellen Entlastungen sind dementsprechend auch nicht verifizierbar.
Zweiter Schwerpunkt ist der immer wieder von der CDU als Wunderwaffe gegen die Beitragseinbrüche angeführte Demographiefaktor. Ich habe vorhin dazu schon etwas gesagt. Nicht gesagt wird, dass sich mit dem vorgeschlagenen Demographiefaktor das Rentenniveau auf 64 Prozent absenkt. Eine soziale Abfederung des sinkenden Rentenniveaus, wie Möglichkeiten für eine verbesserte private Altersvorsorge zu schaffen, war aber von der damaligen Bundesregierung überhaupt nicht vorgesehen. Dies wurde erst durch die SPD-geführte Bundesregierung mit der so genannten Riesterrente, die ja eine Frage des Einkommenssteuergesetzes und nicht des VI. SGB ist, geschaffen.
Vermutlich wurde sie nur von Finanzbeamten ausgearbeitet, sonst wüsste ich nicht, wie man so umständliche Regelungen erlassen kann. Dieses ist unterdessen erkannt und wird auch geändert. Ich habe vorhin bereits gesagt, die CDU-Bundesregierung ging bei ihrer Rentenreform 1999 von einer Lohnsteigerung bis zum Jahre 2030 von durchschnittlich jährlich 3 Prozent aus, nachzulesen BMA Pressemitteilung Bonn, 18.06.1997. Das war damals schon längst keine reale Zahl mehr. Nun wird immer wieder von der CDU behauptet, mit dem Demographiefaktor wäre das Rentenbeitragsdefizit, denn um dieses geht es, bei den kurzfristigen Maßnahmen nicht so hoch oder gäbe es gar nicht. Die Wahrheit ist eine andere. Bei der Umsetzung der Rentenreform 1999 mit dem Demographiefaktor läge heute der Beitragssatz bei 21,5 Prozent und für nächstes Jahr bei 22,3 Prozent. Haben Sie das denn alles vergessen? Herr Bergemann, Sie können nachher auch was sagen. Zu dieser Aussage kam übrigens kein Widerspruch von Seiten der CDU im Bundestag. Hier regen Sie sich auf und wollen alles klären, was Sie dort nicht machen.
Zu dem ständig gebrachten Einwurf zur Ökosteuer: Sicherlich, der Begriff hat mir auch nicht gefallen, die Einnahmen waren von vornherein dafür vorgesehen, die rentenversicherungsfremden Leistungen durch Steuermittel und nicht wie bisher aus dem Beitragsaufkommen zu bezahlen. Ohne die Erträge aus der Ökosteuer - vielleicht hätte man rechtlich sagen sollen "Mehrwertsteuer" oder eine richtige Steuer, eine Steuer für die Renten, da hätte man das sagen sollen, deshalb ist dieser Begriff "Ökosteuer" auch immer wieder für uns so ein Punkt des Angriffs und das verstehe ich auch - hätten wir heute einen um 1,7 Prozentpunkte höheren Rentenbeitragssatz, 21,2 Prozent.
Welche Gesetzesmaßnahmen sind denn vorgesehen, die Sie von der CDU nicht schon längst in Ihrer Regierungszeit selbst durchgeführt oder in Ihrem CDU-Papier "Soziale
Sicherheit - Herzog-Kommission" vorschlagen? Effektive Rentenkürzungen haben wir in den 90er-Jahren durchaus gehabt, denn die Rentenanpassungen lagen jahrelang deutlich unter der Inflationsrate. Sie haben das alles vergessen. Die entsprechend der Inflationsrate gedeckelte Rentenanpassung im Jahr 2000 war damit immer noch höher als eine ganze Reihe von Rentenanpassungen zuvor. So ist Ihre Behauptung zum wiederholten Mal - eine effektive Rentenkürzung durch die SPD-geführte Bundesregierung verlogener Populismus, das muss ich Herrn Zeh auch so sagen. Er hat es so gesagt. Die 8 Mrd.  lende Beitragseinnahmen in den ersten 9 Monaten des Jahres 2003 sind nicht einfach durch höhere Bundeszuschüsse auszugleichen. Da hätten Sie ja vorige Woche dem Herrn Clement das auch mal sagen können, Herr Reinholz. Sie waren doch dabei, es haben alle genickt, als gesagt wurde, die 37 Prozent das ist ein ganzer Batzen und mehr ist nicht möglich. Das Aussetzen der Rentenanpassung ist ja leider eine notwendige Antwort, so schmerzhaft wie es ist, aber es ist ehrlich. Bei den ab 1. April 2004 von den Rentnern voll zu erbringenden Beitragsleistungen zur sozialen Pflegeversicherung empfehle ich der CDU-Fraktion das Herzog-Papier, Punkt 50 zu lesen. Wenn Sie von der CDU das Wort "Generationengerechtigkeit" gebrauchen - denken Sie mal an Ihren Herrn Mißfeldt oder wie heißt er -, dann bitte ich doch wie im Zusammenhang mit der Rentenreform 1999, wo es heißt: "Gemeinsames Tragen der zusätzlichen Belastungen durch Rentner, Beitragszahler und Bund" Das ist eine Bundestagsdrucksache 13/8011 vom 24.06.97.
Eine Frage wurde in dem Antrag ganz ausgeklammert, nämlich: Welchen Einfluss nimmt die Landesregierung, dass der Beitragssatz der gesetzlichen Krankenkassen, die der Landesaufsicht unterliegen, gesenkt wird? Haben Sie schon etwas dazu unternommen? Diese Beitragssatzsenkungen der gesetzlichen Krankenkassen können nach dem Gesetzentwurf jetzt jeden Monat berücksichtigt werden. Diese neue positive Möglichkeit wird immer von den Kritikern geflissentlich übersehen. Die CDU-Fraktion sollte von der Landesregierung in ihrem Bericht auch verlangen, dass Letztere über Alternativen zu den notwendigen kurzfristig wirkenden Maßnahmen in der Rentenpolitik berichtet. Hier wären Ihre Vorschläge zur Lösung des Problems der Generationengerechtigkeit von großem Interesse. Weiterhin hätten in den Bericht auch Aussagen über die Auswirkungen eines sonst steigenden Rentenbeitragssatzes auf die Thüringer Wirtschaft und den Thüringer Arbeitsmarkt gehört. Das wäre auch ehrlich gewesen, Herr Dr. Zeh. Wer aber nur ablehnen will, der darf sich nicht wundern, wenn man ihm fehlende eigene Alternativen nachsagt. Die CDU-Bundestagsfraktion hat nämlich keinen, wie man aus der Rede ihres Abgeordneten Andreas Storm zur ersten Lesung der Rentengesetze entnehmen kann. Danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Vorsitzende, verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Bericht der Landesregierung wurde gegeben. Ein Dankeschön auch an Frau Dr. Meier. Die Fraktionen haben dazu gesprochen. Erfolge im Vorgehen gegen häusliche Gewalt durch Polizeibeamte und -beamtinnen sind zu verzeichnen. Den Beamtinnen und Beamten ist hier ein ganz besonderes Dankeschön auszusprechen. Aber auch dem Innenausschuss, denn die haben sich damit sehr intensiv befasst und sie haben auch dieses Thema hier im Landtag zu einem sehr ernsten und wirklich wichtigen und brennenden Thema gemacht. Auch natürlich den Kolleginnen und Kollegen vom Justizausschuss.
Gewalt in der Familie im häuslichen Bereich sind als traurige Realität inzwischen anerkannt. Fast jede Woche informieren Gerichtsprozesse über schlimme Taten, die Männer Frauen, aber auch Frauen Männern antun könnten. Man glaubt, von einem Gewaltschutzgesetz haben sie noch nie etwas gehört. Anfänge zur Arbeit mit den Gewalttätern gibt es auch. Die Maßnahmen gegen Ge
walt im häuslichen Bereich sind aber für mich nicht nur Gewalt zwischen Frauen und Männern.
Die CDU-Fraktion hat nach gut einem Jahr der Beschlussfassung der Maßnahmen gegen häusliche Gewalt sie zur Beratung ins Plenum eingebracht. Welche Erfahrungen vorliegen, das ist positiv zu bewerten. Ich muss aber etwas Wasser in den Wein gießen. Wir hätten uns jedoch gewünscht, ein anderes Gesetz, das in unmittelbarer und nicht zu trennender Verbindung im Zusammenhang mit den Maßnahmen gegen häusliche Gewalt steht, mit seinen Auswirkungen in Thüringen zu beleuchten. Denn genau das war es, was auf Bundesebene gleich nach Antritt der neuen Bundesregierung gedacht war, dass man erst das Gewaltächtungsgesetz - das wurde am 2. November 2000 verabschiedet - und dann das Gewaltschutzgesetz in Kraft treten lässt. Das trat am 1. Januar 2002 in Kraft. Ich spreche hier also von einem Gesetz, dass das Recht jedes Kindes auf eine Erziehung ohne Gewalt gesetzlich festschreibt. Es ist das so genannte Gewaltächtungsgesetz. Ich sagte schon, es ist am 2. November 2000, d.h. vor knapp drei Jahren, in Kraft getreten. Ich zitiere: "Kinder haben ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig." So heißt dieses Gesetz.
Frau Pelke und ich hatten schon 2001 zu diesem Gesetz hier im Landtag eine Mündliche Anfrage gestellt, wie die Umsetzung geschehen wird, was wird getan, um dazu aufzuklären. Herr Dr. Pietzsch hatte damals darauf geantwortet noch als der zuständige Minister.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wer kennt dieses Gewaltächtungsgesetz? Von Ihnen hier bestimmt im Landtag auch schon keiner mehr. Wer soll es dann außerhalb des Landtags kennen? Es sind die, die sich mit Kinderschutz befassen, die kennen es auch. Ich frage deshalb: Wie hat die Landesregierung darüber öffentlich informiert, dieses Gesetz erläutert, es auch erklärt, Kampagnen dazu durchgeführt in Kitas, in Schulen? Ich weiß, es sind Bundesinitiativen dazu gestartet worden, vielleicht erinnern Sie sich auch daran, "Mehr Respekt vor Kindern". Der Artikel, der gestern in der "Osterländer Volkszeitung" stand, müsste Sie alle ebenfalls aufgeschreckt haben. Erneut, es gab schon ähnliche Infos dazu zu der Statistik. Vielleicht interessiert Sie das doch noch mal, weil es uns alle angeht, dass hier sehr deutlich gesagt wird, immer mehr Kinder werden misshandelt. 2002 mussten 750 Mädchen und Jungen in Thüringen durch Jugendämter und freie Träger in Schutz genommen werden. Wenn die Jugendämter zugreifen, dann ist es schon sehr, sehr schlimm, dass es so in der Öffentlichkeit ist. Vor acht Jahren waren es noch 400 Kinder, die in Obhut genommen werden mussten, weil sie von ihren Eltern geschlagen, misshandelt oder vernachlässigt wurden. Dabei sei sehr bedenklich, dass Eltern immer öfter die Verantwortung für ihr Kind einfach nicht übernehmen wollen. Der Kinderschutzdienst in Gera hat z.B. 2002 mehr als 70 Fälle bearbeitet.
Sexueller Missbrauch, Vernachlässigung und körperliche Misshandlung seien hier die Hauptgründe gewesen. Diese Familien benötigen Hilfe, denn Kinder, die in der Familie selbst Opfer von Gewalt wurden, seien besonders gefährdet, selbst später Gewalt als Lösungsstrategie bei Problemen anzusehen. Hier müssen Präventionsprojekte ansetzen. Das fordert auch der Geschäftsführer des Vereins Schlupfwinkel und Sorgentelefon. Denn wo Gewalt angewendet wird, wird Gewalt auch geweckt. Das hat schon der berühmte deutsche Philosoph Karl Jaspers gesagt. Dieser Kreislauf muss durchbrochen werden, wenn wirklich Maßnahmen gegen häusliche Gewalt greifen sollen, wenn sie Wirkung erzielen sollen. Diese erschütternden Zahlen zur Gewalt an Kindern sollen und müssen als dringender Appell, als eine Anforderung an uns alle gestellt werden, dieses Gesetz, das Recht des Kindes auf gewaltfreie Erziehung, hier auch darüber aufzuklären. In besonderer Verantwortung ist aber die Landesregierung. Sie haben dazu die Mittel, und Sie haben auch die Möglichkeiten, hier tätig zu werden, mehr als wir noch, wo wir in Reden, wenn wir irgendwo sind, dazu aufklären können. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, sexueller Missbrauch an Kindern ist das schlimmste Vergehen, Verbrechen, das Kindern angetan werden kann.
Ein Richter des Erfurter Landgerichts nannte es Mord an der Seele, und das ist es auch. Gehen Sie mal zu so einem Prozess. Ich weiß nicht, ob Sie schon zu so einem Prozess gewesen sind, das miterlebt haben. Danach geht es einem nicht gut. Aber man muss es selbst miterleben, damit man darüber aufklären kann. Und es ist eben leider so, ich habe bis jetzt nur volljährige junge Frauen erlebt, die sich dazu durchgerungen hatten mit viel Kraft und auch Empfehlungen, nachdem sie sich geöffnet hatten, das zur Anzeige zu bringen, was Ihnen mit sechs, sieben, acht Jahren angetan worden ist. Die Tat liegt zum Teil zehn Jahre und mehr zurück. Es sind erschütternde Szenen, die sich vor Gericht abspielen. Und wie viele Jahre Kindheit, Jugend diesen jungen Frauen gestohlen worden sind, das kann man gar nicht ermessen. Es ist gut, dass es die Gerichte gibt, die wirklich fair in solchen Prozessen umgehen, die wirklich auch diesen jungen Frauen glauben und auch harte Urteile aussprechen. Das kann ich nur unterstützen und stehe auch voll dahinter. Deshalb ist eine frühe Aufklärung nötig, es könnte eine Chance sein, manches Unheil in Familien zu verhindern. Manche Männer und Väter als Täter sind sich der Folgen ihres schändlichen Handelns zum Teil überhaupt nicht bewusst. Sie sitzen dann dort und weinen bitterlich. Sie können das nicht wieder gutmachen. Familien zerbrechen daran. Es ist schlimm, aber man könnte vielleicht, wenn man darüber aufklärt, dieses Leid, diese Gewalt in Familien hier auch vielleicht unterbinden. Ob es gelingt, das weiß man nicht, aber es könnte ein Stein dazu sein. Positiv bewerte ich deshalb auch die gestiegene Nachfrage nach Erziehungsberatung. Beratung kann ebenfalls Gewalt im häuslichen Bereich vermindern helfen. Deshalb sind Kür
zungen für den Kinderschutzdienst oder für Erziehungs-, Familien- und Lebensberatungsstellen nicht zu akzeptieren. Wir müssen froh sein, dass die Zahl so gestiegen ist, aber es gibt Wartelisten, und das ist nicht gut. Wer sich durchringt zu einer Erziehungsberatung zu gehen, der hat schon ein Martyrium hinter sich, und dann wird ihm gesagt, ja kommen sie erst mal in vier Wochen. Das geht nicht. Dafür muss das Geld da sein. Und nicht umsonst hat der Geschäftsführer vom Kinderschutzdienst gesagt, um präventiv tätig zu werden, brauchen wir mehr Geld. Das ist dann viel billiger als das, was sich danach abspielt. Auch über Elternschulen, wir haben sie ja nun im Gespräch, die Elternberatung, die Begleitung beim Aufwachsen, Erziehen eines Kindes muss viel intensiver informiert werden. Es sollte den Eltern und denen, die Eltern werden wollen, das Bedürfnis vermittelt werden, mehr über Partnerschaft und Elternschaft wissen zu wollen. Das muss natürlich sehr sensibel geschehen. Und das Interesse besteht. Sie haben in Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, hier auch angeregt, wie soll das weitergehen? Und ich kann eigentlich nur darin die Hauptaufgabe jetzt sehen. Die gesetzlichen Grundlagen sind da, die Polizei weiß auch, was sie zu tun hat. Es werden Interventionsstellen geschaffen, die Männerberatung wird aufbereitet, das ist alles sehr gut. Aber der Weiterentwicklung der beschlossenen Maßnahmen zu diesem Problemfeld sollte Elternschaft, Partnerschaft, was wir auch in den beiden Enquetekommissionen bereits als Empfehlung an die Landesregierung weitergegeben haben, jetzt besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dann könnte man vielleicht auch Maßnahmen gegen häusliche Gewalt schon eindämmen und sie vielleicht in diesem Umfang nicht mehr haben. Danke schön.
Teilnahme von Thüringer Betrieben an der Zertifizierung Audit Beruf und Familie
Die Landesversicherungsanstalt Thüringen hat als einziges Thüringer Unternehmen das Grundzertifikat Audit Beruf und Familie 2003 in Düsseldorf bekommen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie viele Thüringer Betriebe haben sich 2002 bzw. 2003 um eine Zertifizierung beworben?
2. Haben andere Thüringer Ministerien, die laut Antwort auf meine Nachfrage zur Mündlichen Anfrage in Drucksache 3/1866 Interesse bekundeten, teilgenommen?
Herr Staatssekretär, werden Sie die Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaft zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die eine hohe Zufriedenheit der berufstätigen Mütter praktisch gebracht hat, mit in die Arbeit der Landesregierung einfließen lassen? Dann interessiert mich noch: Wie wird die Landesregierung die Wirtschaft, gerade Betriebe in dieses Ziel, familienfreundliche Bedingungen in Betrieben zu schaffen, auch in dieses Bündnis für Familie mit einbeziehen?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, aufgrund der Verweigerungshaltung der CDU im Plenum am 8. Mai gibt es keine neuen inhaltlichen Dinge. Mit Verbitterung muss ich feststellen, selbst das Ergebnis des Berichtsersuchens im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit wollte die Mehrheitsfraktion in diesem Haus nicht abwarten, besser überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen.
Meine Damen und Herren, mit der zu erwartenden Entscheidung heute, die Ablehnung des Gesetzentwurfs der SPD zur Gleichstellung behinderter Menschen, stellt die CDU-Fraktion zumindest Teile und Arbeitsergebnisse der Enquetekommission 3/1 "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen" in Frage. Als Ergebnis der Arbeit der Kommission wird im Abschlussbericht mit den Stimmen der CDU-Mitglieder und ihrer Experten, hier insbesondere Prof. Dr. Isensee, der so genannte Verfassungspapst, die Forderung nach einem die Bundesgesetze, "Sozialgesetzbuch IX" und "Bundesgleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderung", ergänzenden Landesgesetz stehen.
Meine Damen und Herren von der CDU und sehr geehrte Frau Vorsitzende der Enquetekommission, wie wollen Sie erklären, dass Sie in der Kommission Empfehlungen mit großartigen Forderungen zur Integration und Teilhabe von Menschen mit Behinderung einbringen und im Landtag nicht einmal bereit waren oder bereit sind, über die gesetzgeberische Umsetzung zu diskutieren?
Ich muss schon sagen, das grenzt an Scheinheiligkeit und ist heuchlerisch.
Meine Damen und Herren, für uns in der SPD steht fest, die Menschen mit Behinderung in unserem Land brauchen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, sie brauchen für die Teilhabe ein Landesgesetz, um ihre berechtigten Interessen wahrnehmen zu können. Ich betone es noch einmal: Keiner hier hat das Recht, eine Gruppe von Menschen im Freistaat Thüringen bewusst vom gesellschaftlichen Leben auszugrenzen.
Unser Gesetzentwurf ist realistisch und trägt auch der Haushaltssituation unseres Landes Rechnung. Das Angebot der SPD, Herr Minister Pietzsch hat es auch angeboten, über Fragen der Umsetzung der doch unzweifelhaft berechtigten Forderungen der Menschen mit Behinderungen im Gesetzentwurf zu sprechen, steht auch weiterhin. Man muss aber eben nicht nur Sonntagsreden halten, sondern auch den Willen zur Gestaltung haben. Vielleicht tut sich jetzt mit dem neuen Ministerpräsidenten in dieser Richtung etwas Realistisches. Vermutlich meinen Sie von der CDU, dass die Menschen mit Behinderung Ihr Abstimmverhalten im Trubel des heutigen Tages nicht bemerken und bis zur Wahl 2004 vergessen werden. Ich kann Ihnen versichern, die SPD, aber bestimmt nicht nur diese allein, sondern auch die Behindertenverbände und ganz besonders das außerparlamentarische Bündnis für Behinderte, werden dafür sorgen, dass wir hier in diesem Landtag so lange darüber reden werden, bis es ein entsprechendes Landesgesetz auch im Freistaat geben wird. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Panse, Sie haben mich einfach herausgefordert, doch noch mal etwas zu sagen.
Kritische Bemerkungen oder Aussagen, wie sie auch von Frau Pelke zu diesem Kinder- und Jugendbericht gemacht wurden, sehen Sie in der CDU ja immer als Angriffe an, anstatt Sie es als eine Chance sehen, schöpferisch damit umzugehen. Es kommt immer sofort: Die wollen uns Böses. Das ist auch meine Auffassung. Ich muss Ihnen sagen, wenn Sie hier kritisieren, dass die Erziehung in der Familie in öffentliche Verantwortung zu nehmen und zu übertragen ist, und Sie sagen, das wäre staatliches Einmischen, frage ich mich, woher Sie diese Auffassung nehmen.
Sie haben auch vorhin das gestern von uns beratene Zweite Gesetz zur Änderung des Thüringer Erwachsenenbildungsgesetzes genannt. Haben Sie sich das auch mal angeschaut, was da eigentlich gesagt wird? Ich möchte daraus zitieren: "Der Elternbildung wird als wesentlicher Teil der allgemeinen Erwachsenenbildung eine hervorgehobene Stellung zugewiesen." Und hier wird gesagt: "Durch die Einführung im Rahmen der gesetzlichen Angebotsbeschreibung wird die erforderliche Attraktivität der Angebote der Erwachsenenbildung herausgestellt. Denn die Bildungsbeteiligung der Erwachsenen, insbesondere bildungsferner und benachteiligter Personen, gilt es zu erhöhen und die Befähigung zu selbst gesteuertem lebensbegleitendem Lernen zu fordern." Und dann nehmen Sie auch neu auf: "Mit dem Ausbau der Elternbildung als Schwerpunkt der Erwachsenenbildung wird auch die Berufung eines Vertreters des Arbeitskreises Thüringer Familien-organisation in das Landeskuratorium für Erwachsenenbildung aufgenommen."
Was glauben Sie denn, wie das hier zu realisieren ist, frage ich mich. Ich habe auch den Herrn Professor Wingen gehört und er hat mir aus dem Herzen gesprochen. Ich muss sagen, er hat genau die Ergebnisse der Studien, die im vorigen Jahr vorgelegt worden sind, hier genannt, und zwar woran es hapert, warum die Familien nicht funktionieren. Herr Panse, Sie können sich dann hier auch noch mal melden. Er hat ganz besonders kritisch auch bemerkt, dass Partnerschaft und Elternschaft ganz, ganz wichtig sind und einfach vernachlässigt wird. Dass Menschen gar nicht wissen, wie sie eine Partnerschaft aufbauen, damit sie auch hält, das ist einer der ganz großen Knackpunkte und das wissen Sie auch.
Er sagte auch, Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist wichtig für beide. Dass junge Frauen, die einen guten Beruf erlernt haben, den auch weiter ausüben möchten und auch Angst haben, Kinder zu bekommen. Wir wissen, 40 Prozent der Akademikerinnen haben keine Kinder und werden keine haben. Eigentlich möchten wir gerade von denen die Kinder! Ich habe selbst eine Tochter von 36, die keine Kinder hat und auch nicht haben wird, ebenso mein Sohn mit 28 und seine Lebensgefährtin. Das ist genau die Altersgruppe, die sich scheut, Kinder zu haben. Und die Gründe, die sie nennen, es sind Verunsicherungen, sie haben Angst vor der Verantwortung. Es fehlt also etwas in der Vorbereitung. Wir haben ja oft genug dazu gesprochen.
Natürlich, eine Partnerschaft und Elternschaft, die ist hier mit aufzubauen.
Natürlich möchten wir gerade Kinder auch von denen, die akademisch gebildet sind. Das sind die, die am wenigsten Kinder bekommen, dass wissen Sie doch. Jetzt möchte ich Sie noch einmal fragen, wie soll denn das geschehen? Es wird immer kritisiert, wir haben die ganzen Untersuchungen. Auch in der Enquetekommission beschäftigen wir uns erst einmal mit Familienpolitik, aber wie soll das umgesetzt werden? Das ist aber der Punkt, wo es dann immer aufhört. Nun möchte ich Ihnen doch einmal, für mich doch eine positive Aussage und Ankündigung von der Volkshochschule Sonneberg nennen. Denn in dem Familien- und Erwachsenenbildungsgesetz geht es ja auch darum, dass die Volkshochschulen diese Anerkennung auch weiter bekommen. Es hat mich schon gefreut, dass ich hier zum 23. Mai 2003 zu einem Pressegespräch eingeladen worden bin. Dort wird man der Presse vorstellen, eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel "Elternschule" möchte man organisieren.
Man möchte erst einmal auch fragen: Brauchen wir eine "Elternschule"? Wer Professor Pfeifer gehört hat, er hat jetzt schon zweimal in Erfurt gesprochen, der so genannte berühmte Professor Pfeifer - als Töpfchen-Pfeifer auch bekannt - er hat sich da auch schon umgestellt, der gerade auch hervorgehoben hat, eine Elternschule ist ungeheuer wichtig, dass wir die auch brauchen, die aber in Deutschland noch irgendwie so etwas Verschwommenes ist. Man hat da noch keine richtigen Vorstellungen. In Australien gibt es da schon viel mehr Erfahrungen. Ich denke, solche Ansätze sollten wir auch unterstützen, das kann ich Ihnen auch nur - und auch von der Landesseite her - empfehlen, dass man solche Veranstaltungsreihen auch in ganz Thüringen mit unterstützt, das würde ich sehr gut finden. Sie haben alle sicherlich schon die Broschüre bekommen "Der Amoklauf von Erfurt", aber schauen Sie sich wirklich auch einige Kapitel an.
Ich denke, wenn wir das auswerten, hier ist sehr viel gesagt, warum es dazu gekommen ist. Was passiert in den Familien oder was passiert nicht in den Familien? Hier hat man sich sehr feinsinnig ausgedrückt. Man ist auf den Spuren von nicht erwachsen gewordenen Erwachsenen und da bringt man auch die Beispiele dazu, wie so etwas läuft. Warum Erwachsene, man sagt ja ungefähr 1/4 der Eltern, die einfach erziehungsunfähig sind. Aber sie wissen es auch nicht anders, sie haben es nicht gelernt, sie kommen aus diesem Kreislauf nicht heraus. Deshalb müssen wir ihnen helfen.
Ja, Herr Panse, wie wollen wir das denn machen? Wir müssen das mit staatlicher Unterstützung machen und so ist das auch gemeint. Anbieten vor Abschaffen, wer macht denn das, ein privater Mensch, der sagt, ich lade sie ein und will sie dazu bilden, dass doch bestimmt nicht. Damit ist das auch gemeint, dass die Öffentlichkeit, die Schulen, die staatlichen Einrichtungen das anbieten. So sehe ich das auch, und da vermuten Sie doch nicht oder unterstellen Sie, hier will sich der Staat nun unbedingt einmischen. Das wird keiner tun. Ich würde mir auch nicht anmaßen, hier so etwas zu sagen. Aber es gibt sehr vieles, ich kann Sie nur bitten, sich das anzuschauen, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen und zu sagen, so etwas müssen wir in unseren Schulen - und vielleicht ist es die Chance über die Volkshochschulen - anbieten. Da ist vielleicht auch diese Hemmschwelle nicht ganz so groß, dass man dort hingeht und auch sagt, das könnte ich mir vorstellen.
Ich werde das hier mit verfolgen und denke, das ist ein Anfang, dass man dort ansetzen und auch manches verändern könnte in der Beziehung Elternhaus-Schule und auch allein in Erziehung. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nach einer Anhörung und mehreren Beratungen im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und in den mitberatenden Ausschüssen kann leider nur als Ergebnis gesagt werden, keine von den zur ersten Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung gestellten Fragen konnte auch nur annähernd geklärt werden. Die durchgeführte Anhörung zeigte deutlich, dass nur Einigkeit herrschte in der Aussage, dass ambulante, teilstationäre und stationäre Eingliederungshilfe in eine Hand gehören. Aber bei der Frage, wer das sein soll - das Land, die örtlichen Träger der Sozialhilfe oder ein neu zu schaffender Verband - fehlte jegliche Gemeinsamkeit. Es sind z.B. in den Beratungen die Probleme der Gewährleistung einer thüringenweit gleichen Gestaltung der Eingliederungshilfen für die betroffenen Menschen, die Fragen nach dem zusätzlichen qualifizierten Personal für die örtlichen Träger der Sozialhilfe und deren Finanzierung offen geblieben. Es wird doch so kommen, dass je nach Haushaltslage jeder Landkreis, jede kreisfreie Stadt ihre eigenen Maßstäbe in der Eingliederungshilfe setzen wird. Richtlinien lassen immer einen ge
wissen Spielraum zu.
Zum Personal: Da gibt es doch die berechtigte Frage, wo bekommen die örtlichen Träger von heute auf morgen genügend qualifizierte Sachbearbeiter her, die außerdem möglichst einige Jahre Berufserfahrung mitbringen sollten. Hier geht es nicht nur um die Kenntnis der eigenen Gesetze, wie das Bundessozialhilfegesetz und das Thüringer Ausführungsgesetz und die dazu gehörenden Rechtsverordnungen, sondern sie müssen die der Sozialhilfe vorgelagerten Rehabilitationsgesetze beherrschen. Es reicht nicht einmal aus, das Sozialgesetzbuch mit seinen Büchern I bis XI zu kennen. Kurz gesagt, in fast allen Sozialgesetzen sind Regelungen, die die Eingliederung behinderter Menschen betreffen, enthalten. Alle diese Regelungen haben Vorrang vor der Sozialhilfe. Und nur eine gute Kenntnis dieses umfassenden Katalogs von Rehabilitationsmaßnahmen, den es im Sozialrecht gibt, bewahrt die örtlichen Sozialhilfeträger davor, im Endeffekt für andere Versicherungsträger zahlen zu müssen. Die kommunalen Spitzenverbände und andere Verbände rechnen mit zwei zusätzlichen Personalstellen pro Landkreis bzw. kreisfreier Stadt. Dass diese Stellen nicht gerade in den unteren Gehaltsstufen ausgeschrieben werden können, dürfte jedem hier klar sein. Andererseits haben wir im Landesamt für Soziales und Familie nach Aussagen des Sozialministers ca. 40 Personen, 24 Stellen, die sich bisher mit dieser Problematik beschäftigten. Sie werden von den Kreisen nicht übernommen. Es hieß in einem Ausschuss nur lapidar, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen gibt und dass sie andere Aufgaben im Landesamt für Soziales und Familie übertragen bekommen - welche, konnte aber nicht gesagt werden. Im Endeffekt wird durch diese Gesetzesänderung die Verwaltung im Landesamt für Soziales und Familie nicht verringert, aber dafür bei den Kommunen zusätzlich notgedrungenermaßen vergrößert werden. Jeder von der CDU-Fraktion, der nachher diesem Gesetz zustimmen wird, macht sich unglaubwürdig, wenn er dann noch von einer Verschlankung des Staats spricht.
Meine Damen und Herren, ein weiterer vorgetragener Kritikpunkt ist die fehlende prospektive Gesetzesfolgenabschätzung, die auch von den kommunalen Spitzenverbänden kritisiert wurde. Die Revisionsklausel für das Jahr 2008 ist unserer Ansicht nach zu spät und hat dadurch mehr den Charakter einer Alibifunktion. Die Frage, die auch nicht beantwortet wurde, ist, inwieweit in der Eingliederungshilfe dann eine Ausgabensteuerung überhaupt möglich ist. Nicht einmal eine Schätzung, wie viele der in der stationären Eingliederungshilfe Eingewiesenen könnten denn ambulant versorgt werden, liegt vor. Wie hier die örtlichen Sozialhilfeträger eine Ausgabensteuerung vornehmen können, ist auch in der Auswertung der Anhörung nicht klar geworden. Wir werden und können einer solchen Gesetzesänderung nicht zustimmen, weil nach unserer Auffassung der Freistaat Thüringen mit dieser Strukturveränderung, d.h. der Delegierung der Eingliederungshilfe auf 23 kommunale Ämter, seiner Aufgabe für die gleichen Bedingungen im gesamten Freistaat zu sorgen, nicht
mehr nachkommen kann und vielleicht auch nicht will. Für die Bedarfsplanung für ein Angebot der notwendigen und unterschiedlichen Einrichtungen und zur Steuerung der unterschiedlichen Eingliederungshilfen wird eine ständig arbeitende und nicht nur gelegentlich zusammensitzende Planungskommission benötigt. Es gibt weder eine Sozialplanung noch verbindliche Planungsgrößen für die Landkreise und kreisfreien Städte, damit Sie wissen, was nach dem In-Kraft-Treten auf sie zukommt. Es entsteht eine Kostenverschiebung zu Lasten der Kommunen. Die Schätzungen liegen hier im Mittel bei 100 Mio.   die kommunale Seite in den Jahren 2004 bis 2008 zusätzlich aufbringen muss. Es ist regelrecht grotesk, wenn dann im Ausschuss ausgeführt wird, "man wolle hier die Kosten sparen, um weiterhin Aufgaben der Sozialhilfe im kommunalen Bereich fördern zu können". Weiterhin wird, wie eben schon ausgeführt, die Verwaltung in Thüringen weiter aufgebläht statt abgebaut. Eine Neustrukturierung in der Sozialhilfe in Thüringen ist notwendig, aber dieser Gesetzentwurf bringt uns nicht weiter. Im Gegenteil, es besteht die nicht von der Hand zu weisende Gefahr, dass der bestehende hohe Standard durch die Aufsplittung der Leistungsträger nicht mehr gehalten wird. Frau Thierbach hatte vorhin schon auf das Schreiben, das wir alle bekommen haben, der Liga der Freien Wohlfahrtspflege Thüringen hingewiesen, die sich noch einmal am 6. Mai mit 40 Expertinnen und Experten aus den führenden Verbänden, auch aus dem Landtag zusammengesetzt haben. Wir konnten daran nicht teilnehmen, weil das eine ungünstige Zeit war. Das, was als Ergebnis hier aufgezählt worden ist, finde ich, sollte beherzigt werden. Ich möchte nur noch einmal den Punkt nennen, bei dem sich eigentlich die CDU überhaupt nicht verweigern könnte, was in Punkt 4 gesagt wird: "Wir brauchen ein ausgewogenes und transparentes Kosten- und Nutzenbewusstsein im Dreiecksverhältnis zwischen Hilfeempfängern, Kostenträgern und Einrichtungsträgern." Und auch - das ist klar, wir wollen uns nichts vormachen - der Gesetzentwurf wird von der Mehrheit hier beschlossen. Wir haben das schon im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit abgelehnt. Meine Fraktion lehnt den Gesetzentwurf in Gänze ab. Deshalb werden wir auch die Änderungsanträge der PDS im Grunde schon nicht mehr hier bewerten können. Wir werden uns bei diesen Änderungsanträgen deshalb dann auch enthalten. Sie sind schon nicht berücksichtigt worden, die Vorschläge in der Auswertung der Anhörung, und mit, denke ich, sehr konkreten und auch wichtigen Hinweisen, was geändert werden sollte. Man ist schon langsam pessimistisch, wenn man weiß, es wird hier sowieso mit einer Mehrheit abgestimmt. Meine Fraktion lehnt den Gesetzentwurf ab. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, verehrte Gäste, Menschen mit Behinderungen wollen in gleicher Weise wie nicht Behinderte am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Die Beseitigung der Barrieren, die behinderte Menschen an der Teilhabe hindern, ist Ziel und Aufgabe unseres Gesetzentwurfs. Wir verfolgen damit die gleiche Intention, wie sie in der einstimmig im Deutschen Bundestag verabschiedeten Entschließung am 19. Mai 2000, Bundestagsdrucksache 14/2913, zum Ausdruck kommt. Ich zitiere, Frau Präsidentin: "Im Mittelpunkt der politischen Anstrengungen stehen daher nicht mehr die Fürsorge und die Versorgung von behinderten Menschen, sondern ihre selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und die Beseitigung der Hindernisse, die ihrer Chancengleichheit entgegenstehen."
Meine Damen und Herren, mehr als 10 Jahre hat es gedauert, dass das Sozialgesetzbuch, neuntes Buch "Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen" verabschiedet wurde. Als eine Konsequenz aus dem in der Politik für Behinderte stattgefundenen Paradigmenwechsel wurde im vorigen Jahr durch die SPD-geführte Bundesregierung das "Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetze" in den Bundestag eingebracht und verabschiedet. Die SPD-Landtagsfraktion sieht es als notwendig an, dass den behinderten Menschen sowohl bei Bundesbehörden als auch bei den kommunalen und Landesbehörden gleiche Teilhaberechte zustehen. Aus diesem Grund muss es auch ein Landesgesetz zur Gleichstellung von behinderten Menschen hier in Thüringen geben.
Am 5. Mai, zum europaweiten Aktionstag für die Gleichstellung behinderter Menschen im europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen 2003, wurde durch viele Menschen, Behinderte und nicht Behinderte, dieses Gleichstellungsgesetz für Behinderte eingefordert. Sie werden dieses Recht auch weiterhin aktiv einfordern. Ich denke, sie werden es auch schaffen, dass sie auch ihr eigenes Gesetz einbringen werden und es dann auch verabschieden. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren und vor allem liebe Freundinnen, Freunde, Mitstreiterinnen und Mitstreiter des Außerparlamentarischen Bündnisses für die Gleichstellung von Behinderten und auch liebe Mitglieder des Verbandes Behinderter! Am 25. Oktober 1993 wurde auf der Wartburg die Verfassung des Freistaats Thüringen verabschiedet. In Artikel 2 Abs. 4 Satz 2 heißt es, ich zitiere, Frau Präsidentin: "Menschen mit Behinderung stehen unter dem besonderen Schutz des Freistaats. Das Land und seine Gebietskörperschaften fördern ihre gleichwertige Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft." Nachdem vor einem Jahr auf Bundesebene die gesetzliche Umsetzung dieses Ziels erfolgte, ist es erforderlich, auf der Ebene des Landesrechts zu handeln. Frau Arenhövel, die Bundesregierung hat ihre Hausaufgaben gemacht.
Es ist immer gut auf die Bundesregierung zu schimpfen. Sie kennen doch aber die Gepflogenheiten BundesgesetzLandesgesetz, es ist leicht, immer alles zu vertuschen und zu entschuldigen und zu sagen, der Bund soll was tun. Es reicht nicht, vor zehn Jahren ein schönes Staatsziel zu formulieren, um dann nicht zu handeln. Es ist genügend Geld da, Herr Trautvetter, ich sage dann auch noch etwas dazu.
Wir verkennen hierbei nicht, dass zum Erreichen der Teilnahme von behinderten Menschen am gesellschaftlichen Leben Gesetze allein nicht ausreichend sind. Entscheidend und notwendig ist auch ein Umdenken, sozusagen eine Barrierefreiheit in den Köpfen zu schaffen. Dies betrifft sowohl nicht behinderte als auch behinderte Menschen. Im vorliegenden Gesetzentwurf in der Drucksache 3/3266 hat sich die SPD-Fraktion auf das Notwendige und auf das Machbare konzentriert. Wir haben uns nach dem Bundesgesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen und dem Vorschlag des Forums der behinderten Juristinnen und Juristen für ein Landesgesetz gerichtet. Und
Herr Nothnagel, Sie machen uns den Vorwurf, wir hätten unseren Entwurf nicht beraten mit den entsprechenden Behindertenverbänden. Also, wer seit Jahren sich damit befasst und die wichtigsten Kongresse hier dazu mit besucht hat - da waren Sie nicht dabei, bei dem ersten großen Bundeskongress in Düsseldorf 2001 und bei diesen Anhörungen - und auch die Verbindungen hält zu Behinderten, also wenn ich das bis heute nicht wüsste, was in so ein Gesetz hinein müsste als Grundlage, dann wäre das traurig.
Als essenzielle Bestandteile eines Gleichstellungsgesetzes für behinderte Menschen gehören nach Auffassung der Verbände
1. ein allgemeines Benachteiligungsverbot,
2. die Herstellung der Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr,
3. das Recht behinderter Menschen zur Benutzung der deutschen Gebärdensprache,
4. das Verbandsklagerecht,
5. die barrierefreie Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken bis hin zur Informationstechnik,
dann 6. die gesetzliche Verankerung eines Landesbehindertenbeauftragten und
7. eine periodische Berichtspflicht der Landesregierung gegenüber dem Thüringer Landtag.
Das Ziel unseres Gesetzentwurfs ist es, auf der Grundlage des eingangs zitierten Artikels 2 der Thüringer Verfassung Benachteiligungen von behinderten Menschen zu beseitigen bzw. zu verhindern und die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten. Von diesem Ziel sind wir im täglichen Leben in der Arbeitsweise der Behörden noch ein ganzes Stück weit entfernt. Damit wollen wir keinem böse Absichten unterstellen. Nein, es ist eine Frage des Umdenkens, des Abbaus der Barrieren in den Köpfen. Um diesen Prozess zu beschleunigen bedarf es unserer Ansicht nach eines gesetzlichen Drucks mit einklagbaren Rechten. Hier sind wir bei weiteren grundlegenden Paragraphen des Gesetzentwurfs. Hat ein behinderter Mensch begründeten Anlass zu vermuten, dass er durch Behörden des Landes, der Kommunen und anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts aufgrund seiner Behinderung benachteiligt wird, so wollen wir mit der Umkehr der Beweislast in § 3 erreichen, dass
1. behinderte Menschen selbstbewusster ihre Angelegenheiten vertreten
und dass
2. die Behörden sich sehr wohl ihre Handlungsweise gegenüber behinderten Menschen überlegen. Bei vielen ist das immer noch nicht drin. Man denkt, behinderte Menschen, die sind unbeholfen, denen muss man ja immer helfen. Dazu gehört auch die Möglichkeit der Verbandsklage, wie sie in § 10 ausgeführt wird.
Menschen mit Behinderung werden oftmals nicht bereit oder nicht in der Lage sein, sich ihr Recht vor Gericht zu erstreiten. Die Bestimmungen zur Herstellung der Barrierefreiheit sind zum Teil nicht als subjektiv öffentliche Rechte ausgestaltet und können damit auch nicht von einzelnen Personen gerichtlich geltend gemacht werden. Hier bietet sich die Verbandsklage als geeignetes Mittel an, die Rechtswidrigkeit des Handelns von Behörden auf dem Gerichtsweg feststellen zu lassen. Durch die in § 10 Absätze 2, 3 und 4 angeführten Voraussetzungen - zum Beispiel, muss ein Verband für die Belange behinderter Menschen satzungsmäßig arbeiten, um anerkannt zu werden; er muss mindestens drei Jahre bestehen und auch während dieser Zeit tätig sein - ist auch keine Klageflut zu befürchten. Außerdem ist grundsätzlich die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens vor der Klageerhebung vorgeschaltet. Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr ist eigentlich immer das Erste, was einem einfällt, wenn es heißt, es muss behindertengerecht gestaltet werden. Ich will hier aber nicht näher darauf eingehen, da ja nachher noch die Änderungen der Thüringer Bauordnung in erster Lesung beraten wird. Wenn unser vorgeschlagener Artikel 4 dort Eingang findet, wäre es sehr zu begrüßen.
Der Artikel 5 betrifft die Barrierefreiheit beim Straßenbau und bei der Sondernutzung von Straßen. Hier kommen diese Regelungen allen mobilitätsbeeinträchtigten Personen, d.h. zum Beispiel auch den Müttern und Vätern mit Kindern in Kinderwagen zugute. Der öffentliche Personennahverkehr ist in Bezug auf Barrierefreiheit oft in der Kritik. Allerdings möchte ich betonen, dass sich gerade hier seit der Wende sehr viel verbessert hat.
Barrierefreiheit bedeutet auch, ohne Hilfe durch andere kommunizieren zu können. Dazu gehören vor allem der Gebrauch der deutschen Gebärdensprache und der lautsprachebegleitenden Gebärden. Die Schaffung der rechtlichen Möglichkeiten ihres Einsatzes in der Kommunikation mit Behörden ist eigentlich schon längst überfällig. Man soll nicht immer nur vom technischen Fortschritt reden, sondern ihn für behinderte Menschen auch anwenden. Bescheide, Vordrucke können doch für blinde Menschen auch in Blindenschrift oder in Hörkassetten herausgegeben werden. Das Internet ist eine wichtige Informationsquelle
und wird immer mehr von behinderten Menschen genutzt. Warum sollen dann die Internetauftritte der Landesregierung, der Städte und der Kreise barrierefrei gestaltet werden? Die technischen Möglichkeiten sind vorhanden. Warum soll der sehbehinderte Mensch seine Steuererklärung nicht auch am Computer erledigen können? Die Möglichkeit für sehbehinderte und blinde Menschen, bei den nächsten Wahlen mittels einer Wahlschablone ihre Stimme allein, ohne Hilfe durch andere abgeben zu können, haben wir aufgrund der Kompliziertheit unseres Kommunalwahlrechts auf die Landtagswahl beschränkt. Wenn es technische Möglichkeiten gibt, auch bei Kommunalwahlen Gleiches oder Ähnliches einzuführen, dann sollte das geschehen.
Abschließend möchte ich noch kurz die Frage der Kosten hier ansprechen. Wir kommen ebenfalls wie die Landesregierung auf eine geschätzte Summe von 300.000 ! Dabei soll man aber nicht vergessen, dass da auch die Kosten für die Anfertigung der Wahlschablonen mit enthalten sind, die ja nicht jedes Jahr gemacht werden müssen. Davon aber ganz abgesehen, halten wir es für diskriminierend, wenn behinderten Menschen auf Bundesebene sozusagen die Teilnahme an der Gesellschaft ermöglicht, aber im Freistaat Thüringen mit dem Hinweis, dass die Kosten von 300.000   zubringen wären, verweigert wird. Und wir werden schon mal eine Frage stellen, wie die Landesregierung das sieht, dass sie die Kosten für diese 24 Stellen, die jetzt hier im Landesamt für Familie und Soziales ja im Grunde überflüssig werden, aber weiter bezahlt werden müssen, denn hier berechnet werden. Wir haben vorhin schon mal kurz überschlagen, da kommen Sie allein im Jahr auf 600.000 !(  ) da, wenn es eben gesetzlich gefordert wird, diese Menschen werden ja weiter bezahlt und zu Recht auch. Und außerdem werden andere Stellen geschaffen. Und wie bezahlen Sie denn nun diese großen - ja, ich weiß nicht, wie ich sie bezeichnen soll -, die großen Veranstaltungen, die ja über das Sozialministerium auf der Messe gemacht werden, die mehr so Jubelveranstaltungen sind. Oder auch diese 1 Mio., die im nächsten Jahr eingestellt sind - ein neuer Titel "Familienarbeit". Was geschieht damit, auf solchen Jubelveranstaltungen oder mal Familien hinzubringen, die einen fröhlichen Tag verleben - darauf können wir verzichten. Mit Familien arbeiten ist also wirklich ganz was anderes.
Oder, wir hätten auch auf die Diätenerhöhung ja wirklich 1 Jahr mal verzichten können, wie wir es vorgeschlagen haben. Das wollen Sie aber alle nicht.
Nun noch ein paar Anmerkungen zu dem Gesetzentwurf der PDS in Drucksache 3/3249. In Artikel 1 des PDSGesetzentwurfs finden wir von den inhaltlichen Forderungen her eine ganze Reihe von Übereinstimmungen mit unserem Gesetzentwurf. Es wäre auch verwunderlich, wenn es bei der gleichen Materie hier große Unterschiede gäbe. Nach unserer Ansicht sind aber einige Bestim
mungen, wie zum Beispiel gemeinsames Lernen, entweder schon in anderen Thüringer Gesetzen enthalten. Und Sie wissen, Herr Nothnagel, wir haben uns in der Enquetekommission sehr, sehr ausführlich damit befasst - Lernen in Förderschulen, gemeinsames Lernen, wir waren doch erstaunt, wie viel integrierte Schulen es schon gibt, Schulklassen, und was uns doch eigentlich auch erfreut und auch ermutigt hat. Oder sie sollten jedenfalls enthalten sein oder sie sind direkt als Privilegierung von behinderten Menschen zum Beispiel, wenn ihnen allein im Gegensatz zu nicht behinderten Menschen das Recht der Akteneinsicht gewährt wird. Ich verweise gerade hier auf das von der SPD vorgeschlagene Informationsfreiheitsgesetz. Der Artikel 2 des PDS-Entwurfs enthält das Nachteilsausgleichsgesetz. Dieser Teil des Gesetzentwurfs ist ein reines Leistungsgesetz. Dazu möchte ich kritisch anmerken, dass wenigstens der Versuch einer Kostenabschätzung durch die PDS-Fraktion hätte gemacht werden müssen. Schon allein die Kostenbelastung, die aus den vorgeschlagenen Änderungen des Blindengeldes oder durch die Gewährung von Gehörlosen- oder Werkstattgeld entsteht, hätte annähernd beziffert werden können.
Und zum Schluss noch - Herr Pietzsch, Sie haben hier diese Broschüre erstellen lassen, wo Veranstaltungen im Freistaat Thüringen enthalten sein sollen. Mich wundert es doch sehr, dass diese hervorragende Ausstellung des Hygienemuseums Dresdens und der Deutschen Behindertenhilfe "Aktion Mensch", die im Haus "Krönbacken" Waidspeicher ist, "Bilder die noch fehlten" - eine wunderbare Ausstellung - hier nicht enthalten ist und auch keine Werbung dafür gemacht wird.
Das ist dann aber traurig. Ich muss Ihnen sagen warum das im "Krönbacken" ist, normalerweise sollte sie in der Galerie am Fischmarkt sein. Dort konnte sie leider nicht sein, weil es in diesem wunderschönen alten restaurierten Haus keine Möglichkeit gibt für behinderte Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, hineinzukommen. Wir haben darüber mit der Stadt gesprochen. Man wird sich Gedanken machen bei einer Prioritätenliste dieses Museum vielleicht vorzugsweise erst einmal so auch mindestens einzurichten, dass dort wirklich auch vielmehr Ausstellungen sein könnten. Ich beantrage im Namen der Fraktion der SPD die Überweisung des Gesetzentwurfs in der Drucksache 3/3266, Maik Nothnagel hat es schon betont, auch den eigenen Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit federführend und als mitberatende Ausschüsse den Haushalts- und Finanzausschuss, den Innenausschuss und den Justizausschuss. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Zusätzliche Entbindungsstation ab September 2003 in Erfurt
Laut Thüringer Landesamt für Statistik starben in Thüringen 2001 73 Kinder vor Vollendung ihres ersten Lebensjahres. Dabei lag die Sterberate während der Perinatalperiode mit 45,2 Prozent (33 Fälle) am höchsten.
Trotz anders lautender Gutachten im 4. Thüringer Krankenhausplan wurde die Einrichtung einer Entbindungsstation am Katholischen Krankenhaus St. Nepomuk in Erfurt aus wohl rein politischer Sicht, denn die Mindestanforderung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) können auch zukünftig nicht eingehalten werden, genehmigt.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie viele Kliniken in Thüringen haben eine Entbindungsstation und wie viele davon mit mehr als 700 Geburten pro Jahr?
2. Wie verteilt sich die Sterberate während der Perinatalperiode auf die Kliniken mit bis zu 500, bis zu 1.000 und über 1.000 Geburten pro Jahr?
3. Welche medizinische und wirtschaftliche Begründung gibt es, dass bei einer sinkenden Geburtenrate im Katholischen Krankenhaus Erfurt eine zusätzliche Entbindungsstation eingerichtet wird?
4. Wie steht diese Entscheidung der Landesregierung im Einklang mit dem von ihr beklagten Ärztemangel, wenn bei dieser Teilung nicht einmal die Mindestanforderungen der DGGG bezüglich des Personals eingehalten werden können?
Herr Minister, ich habe hier eine Zusammenstellung, Chronologie auch der Hauptabteilung Gynäkologie und Geburtshilfe am Katholischen Krankenhaus. Da geht auch ein Datum hervor vom 08.05.2001. Da haben Sie ein Gutachten des Instituts für Gesundheitssystemforschung Kiel vorgestellt. In diesem Gutachten wurde vorgeschlagen, die Bettenzahl für Gynäkologie und Geburtshilfe in Thüringen von 1.421 auf 1.235 Betten zu reduzieren. Wie ist die Umsetzung dieses Vorschlags für Thüringen erfolgt?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, vor 7 Monaten, fast auf dem Tag genau, hat die Mehrheitsfraktion in diesem Hause den von der SPD geforderten jährlichen Bericht zur pflegerischen Versorgung in Thüringen abgelehnt, Sie erinnern sich noch, mit Phoenix in Verbindung. Nun liegen uns gleich 3 inhaltlich fast identische Anträge auf einen Bericht zu diesem Thema vor. Er wurde gerade gegeben. In unserem Antrag in der Drucksache 3/2639 hatten wir die Vorlage des ersten Berichts zum 3. April 2003 gefordert. Und genau an diesem Tag tagte der AOK-Vorstand und verbreitete eine von der Landesregierung später heftig dementierte Pressemeldung. Für die Pflegebedürftigen hoffe ich, dass hier die Landesregierung Recht hat. Aber in Anlehnung an einen Satz aus der Krankenhaushygiene kann ich nur sagen, jeder Dekubitus ist ein Dekubitus zu viel. Neben den Fragen, die primär vielleicht mehr statistischen Charakter haben, wie z.B. Zahlen zu den durchgeführten Kontrollen des MDK und der Heimaufsicht und aus den Ergebnissen gezogene Konsequenzen zu den Pflegeeinrichtungen mit abgeschlossenen Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen zu den erteilten Leistungs- und Qualitätsnachweisen und zur technischen Ausrüstung hat sich der Schwerpunkt hin zu Fragen der Personalsituation verschoben.
Meine Damen und Herren, so wie wir aus den uns bekannt gewordenen Informationen entnehmen können, sind ein Großteil der Pflegefehler auf ein schlechtes Management sowie auf subjektive Fehler zurückzuführen. Wir haben in Thüringen in den letzten Jahren viele Altenpflegerinnen und Altenpfleger ausgebildet. Da ergeben sich für uns dann schon einige Fragen: Wie ist das Verhältnis in den Pflegeeinrichtungen zwischen ausgebildetem und Hilfspersonal? Was haben die Einrichtungen unternommen, um ein qualifiziertes Stammpersonal zu bekommen und zu halten und haben sie dabei ihre tariflichen Möglichkeiten ausgeschöpft? Das scheint mit einer der Hauptschwerpunkte in Thüringen zu sein, diese nicht tarifgemäße Bezahlung und damit auch wenig Motivation, das kann man auch verstehen. Ich denke, darüber sollten wir auch im Ausschuss beraten. Welche berufsspezifischen Weiterbildungsangebote gab es und wie werden sie genutzt? Wie war das Interesse der Träger der Einrichtungen daran, dass sich ihr Personal weiterqualifiziert? Zugegeben, die Fragen betreffen nicht die unmittelbare Verantwortung des Landes. Aber das Land Thüringen hat alles zu tun, wenn man nun schon in ein Pflegeheim muss, dass der Betroffene auch die Gewähr hat, in guten Händen zu sein. Mich erschütterte gestern eine Aussage von einem Fachmann - ich möchte den Namen hier nicht nennen - es gäbe in Thüringen keinen Wettbewerb unter den Heimen. Die pflegebedürftigen Men
schen stünden Schlange vor den Heimen und es gibt Wartelisten auf jeden frei werdenden Platz. Das könnte auch auf die Zustände in manchen Heimen negativen Einfluss haben. Ich denke, da ist vielleicht etwas dran, man sollte sich damit auseinander setzen. Danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Nothnagel, ich kann Ihre Verbitterung und auch Enttäuschung verstehen und nachvollziehen. Ich bin genauso verbittert. Aber es betrifft das Integrationsgesetz, das gekippt worden ist im Kabinett. Darüber werden wir aber zu einem späteren Zeitpunkt sprechen. Ich denke, das sollte man hier jetzt nicht vermischen. Heute geht es um das Zweite Gesetz zur Änderung des Thüringer Blindengeldgesetzes. Dazu möchte ich vielleicht nur ein paar Gedanken sagen. Ich hätte eigentlich gar nicht gesprochen, aber Sie haben es nun veranlasst hier. Ich muss sagen, ich bin da bestimmt die Letzte, die einfach sich so hinreißen lässt auch so zuzustimmen, und ich habe mich persönlich mit dem Vorstand von unserem Erfurter Blinden- und Sehbehindertenverband darüber ausgesprochen, Erfahrungen ausgetauscht, ihre Stellungnahme hier erbeten und auch die vom Landesverband Thüringen e.V. Wenn Sie hier sagen, dass man dem so zustimmen kann, ich denke, dann sollte man das auch so respektieren.
Herr Panse hat hier noch mal die wichtigsten Änderungen genannt. Deshalb kann ich mir das ersparen. Ich möchte nur zwei Passagen zitieren, einmal aus dem Blinden- und Sehbehindertenverband Thüringen e.V. die Stellungnahme
zur Anhörung, die sagen: "Insgesamt stimmt der Landesvorstand des Blinden- und Sehbehindertenverbands Thüringen e.V. dem vorliegenden Gesetzentwurf zu und hofft, dass er in dieser Form vom Thüringer Landtag verabschiedet wird." Und der Paritätische Wohlfahrtsverband, Sie wissen, ein sehr, sehr kritischer Verband, ich möchte diese ganz kurze Stellungnahme hier vortragen. Ich zitiere, Frau Präsidentin: "Dem Anliegen des Gesetzentwurfs sowie den gewählten Regelungen zu dessen Umsetzung stimmen wir zu. Wir unterstützen insofern ausdrücklich die Stellungnahme unserer Mitgliedsorganisation, dem Blinden- und Sehbehindertenverband Thüringen e.V., vom 02.01.2003 und hoffen, dass der Gesetzentwurf in der vorgelegten Fassung verabschiedet wird." Reinhard Müller, Landesgeschäftsführer, hat das unterzeichnet und ich denke, dem brauchen wir nichts mehr hinzuzufügen.
Und ich bin auch dafür, dass wir den heute so verabschieden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es geht wieder um soziale Probleme und da ist schon wieder viel Unruhe. Frau Arenhövel, jetzt lassen Sie mal Herrn Althaus in Ruhe.
Meine Damen und Herren, Sozialberichte und andere Berichte der Landesregierung sollen dem Parlament eine Übersicht über den Stand des jeweils Erreichten geben. Sie sollen aufzeigen, wo Handlungsbedarf ist, aufzeigen, wo Landespolitik gestaltend eingreifen soll. Derartige Berichte sollen möglichst objektiv sein und sich an sachlichen Gegebenheiten orientieren. Innerhalb eines Sozialberichts sollte den Parlamentariern aufgezeigt werden, an welchen Stellen wir in eigener Handlungskompetenz dieses Parlaments zur Beseitigung von Armut beitragen können. Also, es soll aufgezeigt werden, wie z.B. die aktive Arbeitsmarktförderung dieses Landes als Beitrag zum Abbau oder zur Vermeidung von Armut zu bewerten ist, unter welchen Bedingungen alte Menschen in Thüringen leben und wie wir sie vor Altersarmut schützen können, wie es mit der Ausbildungs- und Beschäftigungssituation junger Menschen aussieht und wie wir zu deren verbesserten beruflichen Integration beitragen können. In einem Sozialbericht sollte natürlich die Lebenssituation von der Familie in der Phase der Kindererziehung oder der Phase der Unterstützung von Pflegebedürftigen beschrieben und die notwendige Unterstützung durch Landespolitik benannt werden. Dies waren Beispiele, was ein derartiger Sozialbericht möglichst konkret benennen und leisten sollte. Und er sollte nicht nur uns im Parlament Handlungsgrundlagen verschaffen, sondern auch dem interessierten Bürger als Bewertungsgrundlage für einen wesentlichen Teil der Landespolitik dienen. Ein derartiger Sozialbericht sollte also auch ein Betrag zu einem Mehr an Bürgerbeteiligung und zu einer transparenten Landespolitik sein. Ich muss sagen, die vorausgegangenen zwei Sozialberichte waren in dem Bemühen zu erkennen, diesem Anspruch zu entsprechen. Es sagen heute viele, die auch damals kritisiert haben, dass dieser Bericht doch sich sehr, sehr bemüht hat auch Schlussfolgerungen zu ziehen und auch Handlungen hier für uns zu benennen.
Meine Damen und Herren, erfüllt der vorgelegte Bericht diesen Anspruch? Erheben die Auftraggeber dieses Berichts, die ja auch gleichzeitig die Verfasser sind, überhaupt diesen Anspruch? Ich muss klar und deutlich sagen: Dieser Anspruch wird überhaupt nicht erhoben. Was hier vorliegt, und das sage ich heute wirklich bewusst, ist bestenfalls Hofberichterstattung,
obwohl der Minister im Vorwort Lösungsansätze aufzuzeigen verspricht. Ich habe mir am Schluss dahinter geschrieben: Wo sind die und welche?
1. Herr Minister Pietzsch beschreibt als Hauptursache von vielen Schwierigkeiten die lang anhaltende Arbeitslosigkeit. Da stimmen wir zu. Er verschweigt aber die dramatische Kürzung der Arbeitsmarktförderung dieser Landesregierung von mehr als 170 Mio. 0#! &777! nunmehr gerade noch 52,5 Mio. cherlich hat das auch
etwas mit dem Bund zu tun. Und er verschweigt im eigenen Zuständigkeitsbereich auch die Kürzung der Jugendberufshilfe um 75 Prozent. Selbst wenn es nach heftiger Intervention der Opposition gelungen ist einen Teil dieser Arbeit durch ESF-Mittel zu retten, so verändert sich dennoch der Arbeitsauftrag. Die gesamte Aufgabenstellung der Jugendberufshilfe als wesentliches Instrument zur Überwindung von Armut durch Verhinderung von Jugendarbeitslosigkeit steht spätestens 2006 zur Disposition.
2. Die Teilnahme an Bildung, möglichst gute Bildungschancen während der Schulzeit sind ein wesentlicher Beitrag zur späteren Erwerbssicherung. Bildung und Ausbildung ist mehr denn je der Schlüssel, um im Leben die eigene Existenz abzusichern. Kein Wort im Sozialbericht darüber, dass Thüringen im Vergleich zu den anderen Bundesländern anteilmäßig die meisten Schüler ohne Hauptschulabschluss aufweist. Wir alle wissen doch genau, dass dies in der Zukunft die potenziell von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Zielgruppen sind. Kein Wort auch über den seit Jahren zu verzeichnenden dramatischen Rückgang betrieblicher Ausbildungsstellen, der eben nicht allein mit wirtschaftlicher Entwicklung zu begründen ist.
3. Während wichtige Angelegenheiten, wie die Arbeitsmarktförderung und die Schulbildung, die in eigener Zuständigkeit der Landesregierung liegen, beschönigt beschrieben und tatsächliche Entwicklungen verschwiegen werden, nimmt der imaginäre Themenbereich "Familiengeld" innerhalb des Berichts und des Vorworts einen ausgesprochen großen Stellenwert ein. Nun, dafür gibt es zwar keine originäre Zuständigkeit, es gibt auch keinen Ist-Zustand zu beschreiben, es gibt selbst nach Einschätzung Ihres Parteifreundes in Hessen, des Ministerpräsidenten Koch, kürzlich im "Spiegel" keinerlei absehbare Finanzierbarkeit. Aber es gibt immerhin eine Bundesregierung, auf die man hinweisen kann. Es gibt offensichtlich ein bayowarisch angehauchtes und zwischenzeitlich überholtes CDU-Bundestagswahlprogramm. Was diese parteiprogrammatische Forderung ohne jeden Realitätsbezug im Dritten Thüringer Sozialbericht zu suchen hat, bleibt schleierhaft.