Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, sehr verehrte Vertreter auf der Regierungsbank, verehrte Besucher auf der Besuchertribüne, ich darf die heutige 54. Plenarsitzung des Thüringer Landtags am 14. Dezember 2001 eröffnen und Sie alle sehr herzlich begrüßen. Als Schriftführer haben an meiner Seite Frau Abgeordnete Wackernagel und Frau Abgeordnete Bechthum Platz genommen. Die Rednerliste wird Frau Abgeordnete Wackernagel führen. Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt für den Vormittag Herr Minister Köckert, den dürfen wir dann ab 14.00 Uhr erwarten, der Abgeordnete Bonitz, der Abgeordnete Dr. Botz, Frau Abgeordnete Dr. Fischer und der Abgeordnete Scheringer.
Außerdem möchte ich auf ein besonderes Ereignis am heutigen Tag hinweisen. Ich denke, es ist der Erwähnung durchaus wert, dass mit dem heutigen Tag ein Mitglied unseres Hauses, nämlich der Ministerpräsident Dr. Vogel, derjenige ist, der alle bisherigen Dienstzeitrekorde deutscher Ministerpräsidenten seit Beginn der Bundesrepublik Deutschland schlägt. Recht herzlichen Glückwunsch und weiter eine gute ausdauernde Hand.
Damit kommen wir zum ersten Thema des heutigen Tages, wie wir das gestern beschlossen haben. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf
Beratung des Abschlussberichts der Enquetekommission "Wirtschaftsförderung in Thüringen" - Drucksache 3/1771 sowie der Stellungnahme der Landesregierung zu den Empfehlungen der Enquetekommission - Drucksache 3/2027 auf Anrag der Fraktion der CDU dazu: Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/2037
Wir steigen unmittelbar in die Beratungen ein. Als erster Redner hat sich Herr Minister Schuster zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die Enquetekommission "Wirtschaftsförderung in Thüringen" ist vom Thüringer Landtag eingesetzt worden, um sich mit der Wirtschaftsförderung im Freistaat zu befassen. Aus der Analyse der Wirtschaftsentwicklung und der Bewertung der Wirtschaftspolitik sollte die Enquetekommission sodann vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschafts
lage Empfehlungen für die zukünftige Wirtschaftspolitik ableiten. Die Erstellung des in Umfang und Qualität bemerkenswerten Abschlussberichts war in der kurzen Zeit nur möglich, weil die Enquetekommission über die Parteigrenzen hinweg sehr konzentriert und sachorientiert gearbeitet hat.
Die Thüringer Landesregierung ist mit dem Landtagsbeschluss vom 7. September 2001 aufgefordert worden, zu den Empfehlungen der Enquetekommission Stellung zu nehmen. Die Stellungnahme liegt Ihnen schriftlich vor. Sie ist nicht als Abschluss, sondern als Beginn einer konstruktiven Diskussion über die besten Lösungen für die zukünftige Wirtschaftspolitik im Freistaat zu verstehen. Die Landesregierung ist sehr erfreut darüber, dass nun auch von einer parteiübergreifenden Kommission des Thüringer Landtags eine alles in allem erfolgreiche und gute Wirtschaftspolitik in Thüringen bescheinigt wurde.
Die Enquetekommission stellt zutreffend fest, dass die wirtschaftliche Entwicklung in Thüringen in den ersten 10 Jahren nach der Wiedervereinigung im Großen und Ganzen positiv verlaufen ist
und dass es zu grundlegenden Beanstandungen an der Wirtschaftspolitik und der Wirtschaftsförderung des Landes keinen Anlass gibt.
Auch im Hinblick auf die zukünftigen wirtschaftspolitischen Herausforderungen besteht kein Dissens. Im Gegenteil, in den wesentlichen Aufgabenbereichen stimmen die Enquetekommission und die Landesregierung völlig überein. Die von der Enquetekommission vorgetragenen Empfehlungen sind bereits weitgehend Bestandteil unserer Wirtschaftspolitik und des aktuellen Wirtschaftsförderungsinstrumentariums.
Der weitere Ausbau der Infrastruktur und die Schließung der Infrastrukturlücke gegenüber den alten Ländern sind der Schlüssel zur Entwicklung Thüringens zu einem wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort. Für die Landesregierung haben Infrastrukturinvestitionen daher absolute Priorität.
Zwar ist die Finanzierung zukünftiger Infrastrukturprojekte mit den Entscheidungen zum Solidarpakt 2 auf eine solide Basis gestellt worden, aber es ist auch und gerade der Bund gefordert, seinen Verpflichtungen beim Ausbau
der in seiner Zuständigkeit liegenden Infrastrukturmaßnahmen nachzukommen. Das betrifft insbesondere die Schienen- und Straßenverkehrsprojekte. Die Forderung der Enquetekommission, solche Projekte vorzuziehen, ist gerade jetzt vor der konjunkturellen Situation aktueller denn je. Sie wissen, dass unser Ministerpräsident diese Forderung ja schon vor Monaten erhoben und begründet hat.
Tatsächlich findet zurzeit aber das Gegenteil statt, indem die der Bahn zur Verfügung gestellten Mittel wegen fehlenden Planungsvorlaufs im bestehenden Netz nicht verbaut werden können. Die Thüringer Landesregierung hat die Bundesregierung mehrfach aufgefordert diese Mittel einzusetzen, um Projekte zu realisieren, die längst Baurecht haben und von heute auf morgen weitergefördert und weitergebaut werden können. Gemeint ist natürlich die ICE-Trasse durch den Thüringer Wald. Pragmatische Lösungen muss es auch bei der Finanzierung dringend benötigter Verkehrsinfrastrukturprojekte geben können. Die Enquetekommission fordert hier entsprechende öffentliche und private Vorfinanzierungen. Aber auch an dieser Stelle sind der Thüringer Landesregierung die Hände weitgehend gebunden, da der Bund sowohl für den weiteren Ausbau der Schienen als auch der Straßenverkehrsinfrastruktur nicht mehr bereit ist Vorfinanzierungsmodelle zu akzeptieren. Was den Einsatz der Solidarpakt-2-Mittel angeht, so wird es erforderlich sein, auf Landesebene Regelungen zu treffen, die eine investive Mittelverwendung auch langfristig gewährleisten.
Neben dem weiteren Infrastrukturausbau muss auch die einzelbetriebliche Investitionsförderung die Investitionsbereitschaft in Thüringen stärken. Die Regionalförderung als zentrales Investitionsförderungsinstrument ist den grundgesetzlichen Aufgaben verpflichtet, gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen zu schaffen. Sie hat also sowohl dem Ausgleichs- als auch dem Wachstumsziel zu dienen. Die Fördermöglichkeiten dürfen gleichwohl nicht so stark differenziert werden, dass darunter die Bereitschaft, in den strukturstärkeren Regionen zu investieren, leidet. Dies wäre mit dem Wachstumsziel nicht vereinbar. Dies wäre nicht vereinbar mit der Notwendigkeit, weitere Arbeitsplätze zu schaffen, und zwar in der notwendigen Anzahl. Die GA-Richtlinie wird die Investitionsfähigkeit der Thüringer Unternehmen stärken, weil die Fördersätze für Rationalisierungsinvestitionen auf den für Errichtungs- und Erweiterungsinvestitionen möglichen Fördersatz angehoben worden sind. Nicht sinnvoll wäre eine Absenkung der GA-Fördersätze in den thüringischen Grenzkreisen,
um so genannte fördersatzinduzierte Nahverlagerungen zu vermeiden. Meine Damen und Herren, wir hätten damit
eine Absenkung in den Grenzkreisen, eine Absenkung in den B-Fördergebieten; wir müssten in den Grenzkreisen alle Investitionen mit den Nachbarländern abstimmen. Die Folge wäre ohne Frage eine beachtliche Benachteiligung Thüringens im nationalen Standortwettbewerb. Die Thüringer Landesregierung begrüßt sehr, dass die Enquetekommission bei der zukünftigen Investitionsförderung sowohl für den Investitionszuschuss als auch für die Investitionszulage votiert.
Die Investitionszulage sollte als Basisinstrument der Investitionsförderung zumindest für das verarbeitende Gewerbe und den produktionsnahen Dienstleistungsbereich aufrechterhalten werden. Das Instrument ist einfach zu handhaben und gewährt den Unternehmen Planungssicherheit, weil ein Rechtsanspruch auf diese Investitionsförderung besteht. Was die Investitionsförderung von Unternehmen angeht, die weder zu dem Adressatenkreis der GA noch zu der Investitionszulage zählen, so hat die Thüringer Landesregierung ihre Hausaufgaben für die Zukunft bereits gemacht.
Unter dem Titel "Gründungs- und Wachstumsfinanzierung", abgekürzt GuW, bietet der Freistaat Thüringen seit Mitte des Jahres gemeinsam mit der Deutschen Ausgleichsbank ein Darlehensprogramm an, das die Vorteile der bisherigen Thüringer Darlehensprogramme mit dem Existenzgründerprogramm der DtA verbindet. Dieses Programm hat drei entscheidende Vorzüge: Es bietet erstens günstige Zinsen, zweitens günstige Darlehenslaufzeiten und zum Dritten eine fünfzigprozentige Haftungsfreistellung. Alle drei Punkte sind gerade für mittelständische Unternehmen von großer Bedeutung. Weil es dieses Programm gibt, sieht die Landesregierung keine Notwendigkeit, einen revolvierenden Fonds und eine Darlehensdirektausreichung durch die Förderbank wieder zu vollziehen. Ein solcher Vorschlag bedeutet eine Abkehr vom Hausbankenprinzip, die der Freistaat Thüringen sicher nicht finanzieren könnte. Die Landesregierung stimmt der Enquetekommission zu, dass die Existenzgründungsförderung verbessert werden kann. GuW ist genannt, natürlich muss man auch die anderen Programme überprüfen. Bei der GA-Förderung haben wir eine Absenkung der förderfähigen Mindestinvestitionssumme von 50.000 auf 20.000 vorgenommen, um Existenzgründer noch besser zu erreichen und noch besser fördern zu können. Existenzgründungen scheitern aber nicht nur an mangelnder Finanzierung, sondern auch an mangelnder Vorbereitung und Beratung. Hier bedarf es eigener Beratungsprogramme, die notwendig sind, um den Unternehmen über verschiedene Barrieren hinwegzuhelfen.
Aber auch solche Beratungsprogramme gibt es längst, etwa im Rahmen der Technologieförderung, im Rahmen der Förderung der Kammern usw.
Meine Damen und Herren, natürlich bedarf es auch einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen der Wirtschaft und den Thüringer Bildungseinrichtungen, aber auch auf diesem Gebiet finden derzeit große Anstrengungen statt, um die Vernetzung noch effektiver zu gestalten. Es werden Netzwerke gebildet auch zwischen Schulen und Wirtschaft. Es wird der Technologietransfer noch stärker organisiert auch in so genannten Netzwerken. Thüringen verfügt bereits über ein flächendeckendes Netz an leistungsfähigen Hochschulen und wirtschaftsnahen Forschungs- und Technologieeinrichtungen. Die Thüringer Wirtschaft muss diese Möglichkeiten sicherlich noch stärker nutzen und die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Hochschulen soll auch noch intensiviert werden. Der Freistaat Thüringen fördert darüber hinaus auch einzelbetriebliche Forschungsund Entwicklungsprojekte, um so dem jeweiligen Unternehmen zu helfen, neue Produkte zu entwickeln und rechtzeitig auf den Markt zu bringen. Natürlich müssen solche Bemühungen auch deshalb stattfinden, um den kleinen und mittleren Unternehmen das notwendige Knowhow zu vermitteln und um Abwanderungstendenzen bei bestimmten Fachkräften entgegenzuwirken. Was man sich in Deutschland nicht leisten kann, sind die Verkrustungen auf dem Arbeitsmarkt.
Die rechtlichen und administrativen Hemmnisse müssen so weit reduziert werden, dass sich auch die Schaffung von Arbeitsplätzen wieder lohnt.
Die Arbeitsmarktpolitik kann zwar nur flankierend tätig werden, muss aber so ausgerichtet sein, dass sie auf den ersten Arbeitsmarkt zuführt, dass sie also
eine Brückenfunktion vom zweiten zum ersten Arbeitsmarkt übernimmt. Wir sind diesen Weg bereits gegangen. Ich erinnere etwa an die Lohnkostenzuschüsse im Rahmen des Programms "50 PLUS", ein Programm, das inzwischen bundesweit von der Bundesanstalt für Arbeit übernommen worden ist.
Sicherlich bedarf es auch entsprechender Qualifizierungsmaßnahmen außerhalb und innerhalb der Unternehmen.
Meine Damen und Herren, ich komme damit zum Schluss. Wir sind weithin einig, wir sind aber auch schon unterwegs, das umzusetzen, was auch die Enquetekommission vorgeschlagen hat. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Abschlussbericht der Enquetekommission, denke ich, spricht für sich selbst. In überwiegend seltener Einmütigkeit haben die berufenen Mitglieder und Ersatzmitglieder sowie die benannten Sachverständigen ein Bild der Entwicklung in Thüringen gezeichnet, das den Aufbauleistungen seit 1990 ebenso entspricht wie der realistischen Darstellung der noch vorhandenen Defizite in der Entwicklung Thüringens. Deutlich geworden ist, dass die Enquetekommission davon ausgegangen ist, dass die Aufgaben der Landesregierung darin bestehen, solche Rahmenbedingungen zu schaffen, die auf die Erreichung einer selbsttragenden Wirtschaftsentwicklung, auf die Verbesserung der Arbeitsmarktpolitik, auf Erhöhung von Innovation, Qualität, Produktivität und Absatzfähigkeit von Produkten und Leistungen ebenso orientiert wie auf Fragen der Nutzung und Qualifizierung vorhandener Potenziale sowie im Humankapital als auch bei Bildung und Forschung. Insofern sind die gegebenen Empfehlungen hergeleitet aus der Analyse und diskutiert hinsichtlich der in Thüringen genutzten Förderinstrumente und eingesetzten Finanzmittel sowie der in Bundesverantwortung liegenden Aufgaben und Zuständigkeiten aus der Sicht der Enquetekommission. Und aus der Sicht der Enquetekommission sind sie geeignet, sich andeutender Stagnation der wirtschaftlichen Entwicklung und der Verfestigung der hohen Sockelarbeitslosigkeit entgegenzuwirken und zu einer Verbesserung von Bildung, Innovation, Produktivität und Absatz beizutragen. Hierüber trotz oder gerade wegen des von der Landesregierung vorgelegten Berichts weiter zu diskutieren, hieße, die sprachliche und inhaltliche Deutlichkeit des Abschlussberichts in Frage zu stellen, denn die Kommission hat sich positioniert und damit, denke ich, sind die Fronten klar.
Wenn ich trotzdem aus unserer Sicht noch einmal auf den Abschlussbericht eingehen will, dann deshalb, weil ich eine Reihe von Minderheitenvoten abgegeben habe und nicht nur ich, sondern auch weitere Vertreter - und die, Herr Schuster, zeichnen doch ein etwas anderes Bild. So vertreten wir die Auffassung im Zusammenhang mit der Regionalförderung, dass zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse sowie im Sinne der Bestandspflege und Weiterentwicklung von Unternehmen in Anlehnung an die A- und B-Fördergebiete bei der einzelbetrieblichen Förderung differenziert gefördert werden sollte. Warum, meine Damen und Herren, sollte ein Gebiet oder eine Maßnahme mit bereits erreichtem 80-prozentigen Anschluss an Klärwerkskapazitäten in gleicher Höhe gefördert werden wie ein Gebiet mit unter 50-prozentigem Anschluss. Ich weiß
natürlich, dass Beispiele hinken, aber könnte damit nicht eine Einflussnahme auf eine Vergleichmäßigung der standardgeprägten Infrastrukturkomponenten erfolgen? Ich glaube ja. Im Übrigen auch mit dem Nebeneffekt, dass, um bei dem Beispiel zu bleiben, in den zurückliegenden Landesteilen durch höhere Fördermittelanteile die Erschließungsbeiträge für Bürgerinnen und Bürger und für Unternehmen geringer ausfallen würden, vor dem Hintergrund der Debatten und Aktivitäten der Bürgerbewegungen auf diesem Gebiet, denke ich, ein überlegenswerter Fakt. Lege ich bei diesen Überlegungen die vom Deutschen Institut für Urbanistik vorgelegten Ergebnisse einer repräsentativen Erhebung zum Standortkalkül von Unternehmen zugrunde, dann sind infrastrukturelle Bedingungen, Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitnehmer und kommunale Abgaben, Beiträge und Gebühren im Ranking als sehr wichtig und wichtig bei den Entscheidungsgründen auf den Plätzen eins bis drei von insgesamt 12 Faktoren platziert, Herr Schuster, weit vor der Bereitstellung von Wirtschaftsfördermitteln. Das ist eine etwas andere Sicht auf diese Verfahrensweisen, als Sie hier vorgestellt haben. Hier, Herr Schuster, erwarten wir keine negative Haltung zu unseren Vorschlägen, sondern ein ehrliches Bemühen, um Lösungen zu ringen. Herr Schuster, ich erinnere Sie in diesem Zusammenhang eher gern an Ihre Verweigerungshaltung zur Abkopplung von EFRE-Mitteln von der GA-Förderung im Jahre 1996 und die Tatsache, dass im folgenden Haushaltsjahr z.B. EFRE-Mittel für Abwassermaßnahmen dem Landwirtschaftsminister zur Nutzung bereitgestellt werden. Verneinen Sie also nicht, sondern sichern Sie den machbaren und zielführenden Weg.
Zu der Anwendung revolvierender Fonds, auf die Sie ja auch eingegangen sind, Herr Schuster, verweise ich noch einmal auf den Forschungsauftrag 2/2000 mit der Projektnummer BFIIF2 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zum Auftrag "Evaluierung der ERP-Förderprogramme" vom September 2001. Hier werden in den Empfehlungen die Arbeiten mit revolvierenden Fonds als effiziente Form der Wirtschaftsförderung bestätigt. Die Notwendigkeit, größere Schritte, sowohl was Fragen der Risikokapitalbereitstellung, der Übernahme von Kreditbürgschaften, aber insbesondere auch auf den Gebieten der Innovation, der Aktivierung und Unterstützung unternehmerischer Initiativen sowie der Entwicklung von Humanressourcen betrifft, in Deutschland und in Thüringen zu gehen, macht auch das Benchmark in der Unternehmenspolitik, vorgelegt von der Kommission der Europäischen Gemeinschaft vom 21. November 2001, deutlich. Die analytischen Ausgangspunkte entsprechen dabei auch der Auffassung der Enquetekommission. Die Landesregierung hat ja prinzipiell auch keine andere Auffassung, sie hält nur weitere Maßnahmen für nicht notwendig bzw. problematisch. Einfacher ist es natürlich, auch an dieser Stelle von Bundesebene die entsprechende Mittelbereitstellung zu finanzieren und dort den Druck aufzumachen, als selbst über entsprechende Effektivierungen nachzudenken. Neben einem Minderheitenvotum zur Umwandlung eines Landesdarlehens bei Erreichung festzulegender
struktur-, regional- und arbeitsmarktpolitischer Effekte in einen Zuschuss - auch wieder Möglichkeit der Umwandlung zur Sicherung der Mitarbeiterbeteiligung - habe ich vor allem eine abweichende Stellungnahme zur aktiven Arbeitsmarktpolitik abgegeben.
Meine Damen und Herren, dass die Arbeitsmarktförderung verändert werden muss, denke ich, liegt auf der Hand, denn die Arbeitslosigkeit in Thüringen stagniert seit Jahren und steigt inzwischen wieder an. Dazu noch einmal einige Zahlen: Im November waren mehr als 182.000 Menschen als offiziell registriert arbeitslos gekennzeichnet, 3.700 mehr als noch vor einem Jahr. Davon waren mehr als 60.800 Personen langzeitarbeitslos, 3.500 mehr als vor einem Jahr. Dem standen im November lediglich 11.400 freie Stellen gegenüber, 1.800 weniger als vor einem Jahr. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat in Thüringen einen neuen Tiefpunkt erreicht. Topp Thüringen? Die Antworten der Landesregierung und der CDU werden den hinter diesen Zahlen stehenden Problemen in Wirtschaft, Arbeitsmarkt und im Sozialbereich nicht einmal ansatzweise gerecht. Bedenkt man außerdem die sich drastisch verändernden Rahmenbedingungen, die im Kommissionsbericht genannt wurden - der Solidarpakt II und die EU-Osterweiterung -, dann wird die ganze Gefahr einer unzulänglichen Politik, die sich im Ministerium weiter so manifestiert, deutlich. Falsches kommt nur von den anderen, wie wir auch heute wieder gehört haben. Die Landesregierung macht alles richtig, so zumindest die verkündete Grundposition. Die "Thüringer Landeszeitung" vom 21.11. bemerkt dazu - Frau Präsidentin, ich darf zitieren: "Mit Sicherheit ist es richtig, den Bund in die Pflicht zu nehmen, jedoch sollte der Wirtschaftsminister nicht vergessen, die eigenen Aufgaben zu erledigen." Zum ständigen peinlichen Selbstlob der Landesregierung fragt diese Zeitung zu Recht, was die schönen Zahlen denn den Arbeitslosen in Thüringen nützen. Was passiert, meine Damen und Herren, wenn die Landesregierung dann doch einmal aktiv wird, zeigt eine Initiative im Oktober im Bundesrat. Um das Ergebnis vorwegzunehmen, sie ist gescheitert. Ich zitiere aus dem Protokoll der Bundesratssitzung vom 19. Oktober: "Damit hat der Bundesrat beschlossen, die Entschließung nicht zu fassen." Ich betone das deshalb so, meine Damen und Herren, weil von Seiten der Landesregierung bisher keine Information erfolgte. Während Minister Schuster die Behandlung des Antrags mehrfach groß angekündigt hatte, ist über das Ergebnis in den Medien nicht berichtet worden. Niederlagen - und an dieser Stelle sage ich, Gott sei Dank Niederlagen - werden verschwiegen. Diese Niederlage ist trotz einer Rede des Ministers in Berlin erfolgt. Dazu allerdings, meine Damen und Herren, noch etwas Kurioses, was die Kommunikation zwischen Opposition und Landesregierung etwas charakterisiert: Auf eine Information des Wirtschaftsministeriums über diese Rede, die ich nachlesen wollte, warte ich heute noch. Man müsse erst jemanden finden, Herr Schuster, der entscheiden kann, ob ein Oppositionsabgeordneter eine solche Rede bekommen dürfe, wurde meinem Mitarbeiter am 23. Oktober mitgeteilt. Dass