Protocol of the Session on December 13, 2002

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, Vertreter auf den Regierungsbänken, die Besuchertribüne ist nur sehr einzeln besetzt, aber auch Ihnen ein herzliches Willkommen.

Als Schriftführer haben an meiner Seite Frau Abgeordnete Bechthum und Frau Abgeordnete Zitzmann Platz genommen. Frau Abgeordnete Zitzmann wird die Rednerliste führen.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Dr. Koch, Herr Abgeordneter Nothnagel, Herr Abgeordneter Dr. Pidde, Herr Abgeordneter Pohl, Herr Abgeordneter Wunderlich, Herr Abgeordneter Dr. Zeh, Herr Abgeordneter Prof. Goebel und Frau Ministerin Prof. Schipanski.

Die Tagesordnung haben wir bereits gestern auch für den heutigen Tag festgestellt. Wir verfahren also wie gestern beschlossen, wobei ich noch zu TOP 11 a den Hinweis geben möchte, dass hierzu in Drucksache 3/2973 ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD verteilt wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir vor Einstieg in die heutige Tagesordnung noch eine Anmerkung, die ich gestern Abend im Eifer des Gefechts unterlassen habe, die ich aber heute Morgen gern noch nachholen möchte. Denn dass wir gestern intensiv und viele Stunden den Doppelhaushalt 2003/2004 debattiert haben, ist unsere Sache als Parlament und es ist unser gutes Recht und auch unsere Pflicht. Dass wir aber so zügig durch die Abstimmungen gekommen sind, ist nicht nur unsere Sache gewesen, sondern hat auch dank einer professionellen und guten Begleitung der Landtagsverwaltung so geschehen können. Insbesondere Herrn Dr. Seidel und seinen Leuten noch einmal ein herzliches Dankeschön.

(Beifall im Hause)

Es erleichtert uns das Geschäft erheblich. Ich hoffe, er hat es am Bildschirm gehört. Ansonsten, Herr Dr. Dette, werden Sie es ihm ausrichten.

Jetzt komme ich zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 3

a) Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung der Thüringer Talsperrenverwaltung Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/2731 dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 3/2909 dazu: Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/2966 Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/3004 ZWEITE BERATUNG

b) Thüringer Gesetz über die Errichtung eines Sondervermögens "Verbesserung wasserwirtschaftlicher Strukturen" (ThürSVwSG) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/2725 dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 3/2908 dazu: Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/2992 ZWEITE BERATUNG

Gemeinsame Berichterstattung erfolgt nun durch den Abgeordneten Gerstenberger. Bitte.

Ich bedanke mich, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 10. Oktober 2002 sind die beiden genannten Gesetzentwürfe an den Haushalts- und Finanzausschuss federführend und an den Ausschuss für Naturschutz und Umwelt überwiesen worden. Der Haushalts- und Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 42. Sitzung am 1. November 2002 und in seiner 44. Sitzung am 20. November 2002 beraten und ein schriftliches Anhörungsverfahren durchgeführt. Der Ausschuss für Naturschutz und Umwelt hat den Gesetzentwurf in seiner 41. Sitzung am 29. November 2002 beraten. Neben redaktionellen Änderungen ist darauf hinzuweisen, dass das In-Kraft-Treten des Thüringer Gesetzes über die Errichtung eines Sondervermögens "Verbesserung wasserwirtschaftlicher Strukturen" durch die Beschlussempfehlung geändert wird. Mehrheitlich bittet der Ausschuss den Landtag um Zustimmung zu beiden Entwürfen.

Das war kurz und knapp. Damit kommen wir zur Aussprache. Als Erste hat das Wort Frau Abgeordnete Dr. Klaus, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich spreche zum Punkt 3 a der Tagesordnung. Dazu gibt es einen Änderungsantrag unserer Fraktion. Zuerst die gute Nachricht: Fernwasser soll billiger werden. Im Zuge der Fusion und insbesondere durch die zurzeit verhandelten Neuabschlüsse des Fernwasserbezugs beabsichtigt die Landesregierung, den Fernwasserabsatz von derzeit etwa 30 Mio. m³ im Jahr auf 40 Mio. m³ auszuweiten. Dies soll durch Ausbau bisheriger Kapazitäten geschehen und durch Gewinnung von Neukunden. Fernwasser soll künftig 0,61   damit billiger sein, als es heute im Schnitt ist. Das war die gute Nachricht.

Herr Minister Sklenar wäre sicher enttäuscht, wenn ich hiermit meinen Redebeitrag beenden würde, denn es kommt auch noch eine schlechte Nachricht. Die Basis dafür, dass erstens die Ausweitung des Fernwasserabsatzes realisiert wird und zweitens ein Fernwasserpreis von 0,61 tatsächlich die Kosten des Fusionsbetriebes deckt; diese Basis sehen wir als nicht gegeben an.

(Beifall Abg. Kummer, PDS)

Zweifel an der Richtigkeit der Absatzprognose ergeben sich daraus, dass bisher alle vergangenen Prognosen, was den Absatz betrifft, deutlich nach unten korrigiert werden mussten.

Das so genannte Kienbaum-Gutachten, das vielleicht Klarheit bringen könnte, ist bis heute nicht veröffentlicht worden.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Wer sagt das?)

Auch uns als Abgeordnete sind nur Auszüge daraus bekannt, und da es sich um eine vertrauliche Sitzung handelt, kann ich hier nicht daraus zitieren, sondern kann nur sagen, dass das Ganze in den wesentlichen Punkten auf dem Prinzip "Glauben und Hoffen" basiert, weil eben die Fakten nicht auf den Tisch gekommen sind. Wenn die Landesregierung Recht hat, dann kann sie ja mit Sicherheit unseren Anträgen zustimmen, die auch vom Gemeinde- und Städtebund so gesehen wurden. Denn bei allem, was mit Zahlen und Geld zu tun hat, ist das Prinzip "Glauben und Hoffen" nicht angebracht.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Eines steht fest, auch die Thüringer Landesregierung sagt, zur Unterhaltung des gesamten Fernwassersystems und

zum Decken dieser 0,61  tatsächlich 40 Mio. m³ verkauft werden. Anderenfalls würde die neue Fernwasserversorgung Verluste erwirtschaften und mangels weiterer Landeszuschüsse entweder durch Umlagen ihrer betroffenen Mitglieder finanziert oder aber es würde zu einem Verzehr des von Land und Kommunen eingebrachten Vermögens kommen.

Damit wäre eine kurzfristige Kostensenkung für die Gebührenzahler sehr teuer erkauft. Das ist unsere Meinung zu dieser Frage. Und da Sie wissen, wie die kommunalen Haushalte aussehen, ist uns vollkommen klar, wenn tatsächlich Defizite eingefahren werden, wird auf eine Privatisierung ganz neuer Druck ausgeübt werden und diese Option tatsächlich in den Bereich des Möglichen rücken.

Um dem entgegenzuwirken und wenn die Landesregierung tatsächlich überzeugt ist, dass ihre Gutachten richtig sind, haben wir drei Anträge eingebracht. Der eine heißt: Das Land stellt sicher, dass die Anstalt ihre Aufgaben erfüllen kann, also die Übernahme der Anstaltslast. Ich hatte schon in einer vorhergehenden Rede gesagt, dass das größte Problem durch das Land Thüringen durch die Verschuldung der Talsperrenverwaltung ausgelöst wurde. Ich denke, hier ist es nur recht und billig, dass der kleinere Partner mit den kleineren Problemen tatsächlich in die Lage versetzt wird, auch sein Vermögen langfristig gesichert zu sehen.

Frau Dr. Klaus, wenn Sie gerade einmal Luft holen. Es ist eine sehr große morgendliche Unruhe im Saal. Vielleicht kann man doch diese Gespräche etwas einstellen oder vor die Tür gehen. Man versteht es fast nicht.

Wir wollen also nicht, dass die Kommunen dieses hohe wirtschaftliche Risiko, das sie nur zu Teilen verursacht haben, allein tragen müssen bzw. dass die Anlagen einer Entwertung ausgesetzt werden und damit das ganze Unternehmen auf Privatisierungskurs gebracht wird, weil Kommunen eben nicht in der Lage sind, größere Geldsummen aufzubringen.

(Beifall Abg. Kummer, PDS)

Ein weiteres wichtiges kommunales Interesse aus unserer Sicht ist, dass für bestimmte Aufgaben Entscheidungen qualifizierter Mehrheiten erforderlich sind. Ich sage nur ein Beispiel: Neuverteilung des Stammkapitals oder Aufnahme bzw. Ausscheiden neuer Mitglieder. Ich denke, wenn das mit einfacher Mehrheit läuft, kann das Land Thüringen allein entscheiden, was hier in diesen äußerst wichtigen Fragen zu tun ist.

(Beifall Abg. Kummer, PDS)

Dies entspricht auch der Auffassung des Gemeinde- und Städtebundes, weil hier immer wieder der Einwand kommt, dass eine Änderung im Gesetz ja zustimmungspflichtig wäre. Das ist richtig. Aber da es sich um eine Verbesserung handelt, ist davon auszugehen, dass auch die Kommunen dem zustimmen werden. Ohne diese beantragten Veränderungen im Gesetz halten wir dieses Fusionsgesetz für so problematisch, dass es aus unserer Sicht nicht zustimmungsfähig ist. Denn bleibt alles so, wie es ist, kommt es quasi einer Enteignung der Kommunen gleich, weil sie in wichtigen Aufgaben überhaupt keine Entscheidungshoheit mehr haben. Sie erfahren lediglich zwei Tage eher als die interessierte Presse, was denn nun auf sie zukommen wird.

(Beifall Abg. Höhn, SPD)

Wenn also die Landesregierung an ihre eigenen Konzepte glaubt, dürfte es ein Leichtes sein, unseren Anträgen zuzustimmen, die zugegebenermaßen einer gewissen Skepsis gegenüber den Rechenkünsten der Landesregierung entspringen. Wir werden diesem Gesetz ohne diese Änderungen nicht unsere Zustimmung geben können, weil wir weder eine Quasienteignung der Kommunen durch die Dominanz des Landes wollen, noch der Privatisierung der Fernwasserversorgung mit diesem Gesetz den Weg Bahnen wollen. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Es hat jetzt der Abgeordnete Krauße, CDU-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Dr. Klaus, Ihr Vortrag war eigentlich nichts weiter als die Zusammenfassung der letzten Debatten hier in diesem Plenum zu diesem Thema. Eines kann ich Ihnen versichern, in diesem Fall der Thüringer Fernwasserversorgung geht es weder um Glauben noch um Hoffen, sondern hier geht es um ganz konkrete betriebswirtschaftliche Zahlen. Ich gehe jetzt auch überhaupt nicht mehr auf Einzelheiten zu diesem Gesetz ein, aus einem einfachen Grund: Wir haben schon mehrere Stunden in diesem Plenum über die Sache debattiert; es haben sich auf Ihrer Seite offensichtlich keine neuen Erkenntnisse eingestellt und wir werden damit leben können, dass Sie diesem Gesetz nicht zustimmen. Das sage ich hier so ganz klar und drastisch.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Sagen Sie das im Ernst? Das ist hart.)

Ja, sicher. Denn, Sie können es im Protokoll nachlesen, ich habe in einer der letzten Debatten gesagt, Sie werden immer dagegen sein, weil Sie den Gedanken, die Idee "billigeres, preiswerteres Wasser für die Thüringer Bevölke

rung" eben nicht hatten. Das ist ein Problem für Sie und mit diesem Problem werden Sie halt auch leben müssen. Die letzte Hoffnung, noch jemanden zu finden, der da mal gegen eine Satzungsänderung klagt und der dann versucht, auf diesem Wege die Fusion vielleicht noch zu stoppen, auch dieses hat sich ja nun mittlerweile weitgehend in Luft aufgelöst.

Zu Ihren Anträgen: Das Privatisierungsrisiko sehen wir überhaupt nicht. Denn wenn überhaupt eine Privatisierung anstehen sollte, dann müsste dies einstimmig beschlossen werden. Wenn wir hier eine Gefahr für die Kommunen sehen würden, dann würden die Kommunen zuallererst für sich selbst diese Gefahr sehen, denn alle beteiligten örtlichen Versorger waren an der langen, sehr langen Diskussion beteiligt und haben diese Gefahr nicht gesehen. Was die Absatzprognosen angeht, auch da haben Sie Zahlen. Auch da wissen Sie mit ziemlicher Sicherheit, welche Verträge abgeschlossen wurden - das Material wurde Ihnen zur Verfügung gestellt -, welche Optionen vorhanden sind und wie sich die Absatzmengen in Zukunft entwickeln werden. Dies alles wissen Sie. Deshalb verstehe ich einfach nicht, wieso Sie sich hier hinstellen und sozusagen die ganze Litanei der letzten Monate einfach wiederholen, ohne irgendetwas Neues zur Kenntnis zu nehmen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Habt Ihr etwas Neues?)

Ich denke und ich weiß es mit ziemlicher Sicherheit, dass wir für fast alle Thüringer örtlichen Trinkwasserversorger ab 1. Januar mit In-Kraft-Treten dieses Gesetzes vernünftige marktgerechte Preise im Trinkwasserbereich haben werden und dass diese auch wirtschaftlich dauerhaft zu sichern sind, nämlich aus der wirtschaftlichen Tätigkeit der neuen Anstalt. Ich bitte namens meiner Fraktion um Zustimmung zu diesem Gesetz.

(Beifall bei der CDU)

Es hat als Nächster das Wort der Abgeordnete Kummer, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zuerst möchte ich ganz herzlich die Vertreter der kommunalen Seite auf der Tribüne begrüßen, besonders Herrn Lenz, für deren Mitarbeit bei den Beratungen zu diesem Gesetzentwurf ich mich nochmals ganz herzlich bedanken möchte.

(Beifall bei der SPD)

Herr Krauße, zuerst ein paar Worte zu Ihnen. Es freut mich ausgesprochen, dass Sie damit leben können, dass wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen werden, denn das hätte mir schon eine Last auf der Seele bedeutet, wenn ich gewusst

hätte, Sie nehmen sich danach das Leben.

(Heiterkeit und Beifall bei der PDS, SPD)

Aber Ihre Bemerkung, Herr Krauße

(Zwischenruf Abg. Krauße, CDU)