Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, Vertreter der Landesregierung, verehrte Gäste auf der Besuchertribüne, ich darf unsere 19. Plenarsitzung des Thüringer Landtags am heutigen 7. Juni 2000 eröffnen. Neben mir haben Platz genommen als Schriftführer Frau Abgeordnete Wackernagel und Herr Abgeordneter Panse. Der Herr Abgeordnete Panse führt die Rednerliste. Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Minister Dr. Birkmann, Herr Abgeordneter Wetzel, Frau Abgeordnete Dr. Klaus, Frau Abgeordnete Zitzmann, Frau Abgeordnete Thierbach, Herr Abgeordneter Buse und Herr Abgeordneter Dr. Koch. Da in Sonderheit die zuletzt genannten Abgeordneten zum Teil aus schwer wiegenden gesundheitlichen Problemen hier nicht teilnehmen können, möchte ich die Gelegenheit nutzen, allen Erkrankten auch Genesungswünsche hier vom hohen Haus zu übermitteln.
Ich darf einige Hinweise geben: Wir haben hier vor dem Plenarsaal eine kleine Präsentation des Projekts "Internationales Restaurierungs- und Baujugendlager - Kloster Konevitsa" in der Russischen Föderation, ein Projekt, das durch die untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Gera und das Bildungszentrum Ostthüringen in Gera gefördert wird - heute zum Ansehen, morgen werden auch Vertreter über ihr Projekt zum Gespräch zur Verfügung stehen.
Des Weiteren möchte ich darauf hinweisen, dass heute Abend die Stiftung für Technologie- und Innovationsförderung hier in Thüringen zu einem parlamentarischen Abend eingeladen hat, der um 20.00 Uhr im Speiseraum stattfinden wird. Auch ein Besuch dieses parlamentarischen Abends stelle ich gern anheim.
Zunächst zu TOP 4: Der angekündigte Gesetzentwurf der Landesregierung, Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes und zur Einführung von Verbraucherbeiräten, hat die Drucksachennummer 3/727. Da der Ältestenrat bereits Einvernehmen über eine Aufnahme in die Tagesordnung erzielt hat, gehe ich davon aus, dass einer Fristverkürzung nicht widersprochen wird. Ist das richtig so? Gut. Dann ist auch entsprechend die Frist verkürzt.
Zu TOP 11 hat die Fraktion der SPD mit Schreiben vom 7. Juni 2000 ihren Antrag in Drucksache 3/712 - Bericht über die unmitelbaren und mittelbaren Kapitalbeteiligungen
sowie Gewährtägerschaften des Freistaats Thüringen zurückgezogen. Eine entsprechende Unterrichtung liegt in Drucksache 3/731 vor.
Zu TOP 12 - Fragestunde - kommen folgende Mündliche Anfragen für die heutige Sitzung hinzu: die Drucksachen 3/719 und 3/722. Zu der Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Pelke - Drucksache 3/691 - wurde eine Neufassung verteilt.
Ich möchte noch anmerken, da am 8. Juni - also morgen - die 10. Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen, -minister, -senatorinnen, -senatoren der Länder in Hannover stattfindet, an der die Teilnahme der Frauenbeauftragten der Landesregierung, Frau Staatssekretärin Dr. Bauer, unabdingbar ist, wurde Einvernehmen mit den übrigen Fragestellern erzielt, dass die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Wolf - Drucksache 3/678 - noch heute in der Fragestunde, und zwar als letzte Mündliche Anfrage, aufgerufen wird. Die Fragestunde wird dann gemäß § 21 Abs. 1 Satz 5 der Geschäftsordnung gleich nach der Feststellung der Tagesordnung aufgerufen.
Außerdem hat die Landesregierung angekündigt, zu den Tagesordnungspunkten 6 und 10 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen.
Soweit zunächst einmal das, was ich zur Tagesordnung auszuführen habe. Ich frage: Wird dieser Tagesordnung widersprochen? Herr Parlamentarischer Geschäftsführer Stauch.
Frau Präsidentin, wir beantragen zur Aufnahme in die Tagesordnung zwei weitere Drucksachen, und zwar die Drucksache 3/716 - Zertifizierung von Holz in Thüringen -, ein Antrag der CDU-Fraktion, und die Drucksache 3/717 - Wanderfischprogramm in Thüringen -, auch ein Antrag der CDU-Fraktion.
Wir bitten um Einordnung, wenn ich gleich einen Platzierungsvorschlag machen darf, am morgigen Tage nach der Regierungserklärung.
Die PDS-Fraktion beantragt, die Drucksache 3/730 - Informantentätigkeit von rechtsextremistischen Funktionären für den Thüringer Verfassungsschutz - in die Tagesordnung aufzunehmen. Die Dringlichkeit möchte Steffen Dittes begründen.
Dann bitte ich um die Begründung der Dringlichkeit. Wir brauchen ja zwei Drittel zur Fristverkürzung, die notwendig ist für diesen Antrag.
Meine Damen und Herren, Skandale, sollen sie keinen größeren politischen Schaden zur Folge habe, als sie ohnehin verursachen, bedürfen der Aufklärung. Sie gehören vor allem öffentlich und schnell aufgeklärt, und das vollständig und rückhaltlos. Die bisherigen Verlautbarungen, sowohl des Thüringer Innenministers als auch des Amtes selbst, werden diesen Anforderungen keineswegs gerecht. Meine Damen und Herren, der CDU insbesondere, öffentlich und rückhaltlos heißt auch nicht, eine weitere geheim arbeitende Institution wie die Parlamentarische Kontrollkommission mit Informationen zu betrauen, so dass die Bevölkerung in diesem Land, die ein Recht auf Informationen hat und die gerade in diesem Zusammenhang in dieser Zeit ein ganz besonderes Recht auf Informationen hat, wiederum außen vor gelassen wird. Sollte der Bericht des Zweiten Deutschen Fernsehens, der am gestrigen Tag über die Nachrichtenagenturen inhaltlich bekannt gemacht worden ist, bestätigen, dass der Neonazi Thomas Dienel, der lange Zeit die rechtsextremistische Szene Thüringens maßgeblich beeinflusste, Informant des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz gewesen sei, dann handelt es sich um einen weiteren Skandal, der im Zusammenhang mit dem Thüringer Landesamt und seinem derzeitigen Präsidenten steht.
Angesichts der angekündigten Aussage in dem Beitrag der Fernsehsendung "Kennzeichen D", dass mit den Geldern des Thüringer Verfassungsschutzes massenweise Werbeträger, Werbematerial finanziert wurde und Dienel Zusagen für eventuell künftige Strafverfahren seitens des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz erhalten hat, stellen sich Fragen, meine Damen und Herren, die ohne Zeitverzug zu beantworten sind: In welcher Art und Weise und mit welcher Intensität und über welche Zeit
dauer erfolgte die Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit dem Neonazi Thomas Dienel? Welche Leistungen erhielt Thomas Dienel dafür vom Verfassungsschutz? Inwiefern besitzt oder hat das Landesamt für Verfassungsschutz Kenntnis darüber besessen, dass öffentliche Gelder zur Finanzierung rechtsextremistischer Strukturen genutzt wurden? Wurde seitens des Landesamts für den Verfassungsschutz auf Strafverfahren Einfluss genommen oder dieses angeboten? Wurden gar rechtsextremistische Straftaten, die durch Informanten des Landesamts für Verfassungsschutz begangen wurden, durch den Thüringer Verfassungsschutz verschleiert? Und in dieser kurzen Aufzählung als Letztes, ob und wie das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz weitere führende rechtsextremistische Funktionäre aus Thüringen als Informanten nutzt bzw. genutzt hat und mit welchen Leistungen diese Informantentätigkeit bezahlt wird bzw. wurde.
Herr Abgeordneter Dittes, die Dringlichkeit für die heutige Sitzung ist das Thema, nicht der Inhalt des Antrags.
Frau Präsidentin, sollten diese Fragen weiterhin öffentlich unbeantwortet bleiben, bieten sie Raum für Spekulationen, die dann noch lange Zeit umso nachhaltiger wirken.
Meine Damen und Herren, die in gestrigen Pressemeldungen veröffentlichten Aussagen lassen den Schluss zu, dass die Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit Thomas Dienel den rechtsextremistischen Strukturen weit mehr genutzt hat als umgekehrt. Angesichts der von allen Fraktionen als notwendig und unerlässlich erachteten gesamtgesellschaftlichen Auseinandersetzungen mit rechtsextremistischen Denkweisen und Strukturen können wir es nicht dem Zufall oder gar der Zeit überlassen, welche Informationen über derartige Arbeitspraktiken des Thüringer Verfassungsschutzes öffentlich werden. Anstatt Aufträge über den verfassungsschutzeigenen Heron-Verlag zur filmischen Umsetzung der ahistorischen und unpolitischen These Roewers von den siamesischen Zwillingen rechts und links zu vergeben, sollte dessen Präsident endlich die Karten auf den Tisch legen. Die Verantwortung für sein Handeln trägt er. Die Verantwortung für das Nichthandeln der politischen Entscheidungsträger tragen diese selbst, meine Damen und Herren, und deshalb last, but not least ein weiterer Grund für die Dringlichkeit unseres Antrags: Der beantragte Bericht des Innenministers sollte der letzte Bericht über die Tätigkeit des derzeitigen Präsidenten des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz sein.
Das dafür auch Notwendige, meine Damen und Herren, duldet keinen weiteren Aufschub mehr. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, vorab, die CDU-Fraktion wird der Aufnahme des Antrags in Drucksache 3/730 in die Tagesordnung nicht zustimmen; und ich will Ihnen das auch kurz begründen.
Punkt 1: Wir plädieren schon dafür, dass man sich die ZDF-Sendung, auf die sich Ihr Antrag bezieht und die am heutigen Abend ausgestrahlt wird, erst einmal anschaut und auch der Regierung die Chance dazu lässt und dass man danach entscheidet, wie mit den dann detailliert vorliegenden Informationen umzugehen ist.
Punkt 2: Der Thüringer Gesetzgeber hat die mit Sicherheit notwendige Befassung mit derart sensiblen Themen aus unserer Sicht richtigerweise - und so hatten wir das bisher auch immer gehandhabt - anders geregelt, nämlich, dass sich nach § 18 Verfassungsschutzgesetz nicht der Landtag in Gänze, sondern die Parlamentarische Kontrollkommission damit zuerst zu befassen hat.
Punkt 3: Meine Damen und Herren, ich will Ihnen das gleich kundtun. Die Einladung an die zuständige Kommission ist bereits ergangen, so dass eine kurzfristige Befassung mit diesem Thema, und zwar sachgerecht und in aller Klarheit, erfolgen wird. Deshalb ist auch aus unserer Sicht keine Eilbedürftigkeit für das Plenum zu erkennen.
Und, meine Damen und Herren, Herr Dittes, dass Sie von der PDS mit dem entsprechenden Gremium nichts zu tun haben wollten und dass Sie nun dort nicht vertreten sind, darf aber nun nicht Anlass für den Thüringer Landtag sein, dass er gegen seine eigenen Regularien verstößt. Deshalb bleiben wir dabei: Wir lehnen die Aufnahme Ihres Antrags in die Tagesordnung ab.
Das war eine Rede für die Dringlichkeit und eine dagegen. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung, zunächst zur Drucksache 3/716. Da ging es um die Zertifizierung von Holz. Wer der Aufnahme in die Tagesordnung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Das ist die Mehrheit, damit ist der Punkt aufgenommen.
Wer für die Aufnahme des Wanderfischprogramms Thüringen in der Drucksache 3/717 stimmt, den bitte ich auch um das Handzeichen. Danke. Das ist sehr einmütig, von daher auch aufgenommen.
Dann stimmen wir über die Platzierung dieser beiden Anträge, wie sie vorgeschlagen worden sind, ab - nach der Regierungserklärung -, ich denke, das macht Sinn, am morgigen Vormittag. Ich bitte ebenfalls um das Handzeichen, wer damit einverstanden ist. Danke. Auch das ist die Mehrheit.
Dann stimmen wir über den Antrag der PDS-Fraktion ab, den wir soeben in Rede und Gegenrede begründet gehört haben - Drucksache 3/730 -. Wer hier für die Aufnahme in die Tagesordnung und zuerst für die Fristverkürzung ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Das sind deutlich keine zwei Drittel, damit ist die Fristverkürzung nicht erreicht und eine Aufnahme in die Tagesordnung ist nicht möglich.
Ich habe für den Antrag gestimmt, weil in einer Zeit, in der Thüringen immer wieder im Zusammenhang mit rechten Aufmärschen oder Anschlägen Schlagzeilen macht, es besonders wichtig ist, dass zu den in der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Vorwürfen eine umfassende und vor allen Dingen auch zeitnahe Aufklärung erfolgen muss. Zu den in den Medien aufgeworfenen Fragen zu der Person Dienels, der als Informant tätig gewesen sein soll, und seiner möglichen Anwerbung, besonders auch vor dem Hintergrund, dass Dienel kein Mitläufer, sondern ein Aktivist der rechten Szene war, verlangen wir eine konkrete, zeitnahe und schnelle Aufklärung. Weitere bekannt gewordene Kritikpunkte zur Arbeit des Landesamts für Verfassungsschutz harren ebenfalls einer Aufklärung. Ich denke, die heute in den Medien aufgeworfenen Probleme zu Personalfragen, zu den Fragen des Heron-Verlags - dass das auch in der Öffentlichkeit aufgeklärt werden muss. Ich danke Ihnen.
Vielen Dank für die Erklärung zum Abstimmverhalten. Das ändert aber nichts am Ergebnis der Abstimmung. Damit ist die Feststellung der Tagesordnung erfolgt. Wir verfahren wie hier mehrheitlich beschlossen. Ich möchte jetzt noch vor Aufruf der Fragestunde das hohe Haus davon in Kenntnis setzen, dass die während der letzten Plenarsitzung zur Beratung über das Gesetz zum Bürgerbeauftragten amtierende Präsidentin, Frau Dr. Klaubert, nach § 37 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags der Abgeordneten Nitzpon, die durch ungebührliche Bemerkungen, insbesondere gegenüber dem Thüringer Ministerpräsidenten Dr. Vogel, die Würde des Hauses in grober Weise verletzt hat, einen nachträglichen Ordnungs
Wir kommen zunächst zur Drucksache 3/603 der Abgeordneten Frau Thierbach, die aber vertreten wird durch Frau Abgeordnete Dr. Fischer.