Michael Gerstenberger

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Last Statements

Herr Staatssekretär, halten Sie es für möglich, dass Sie mit Ihrer Antwort, die Sie eben gegeben haben, das hohe Haus veralbern?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit Hartz IV findet Sozialraub statt und ein Sozialraub, der in Berlin im Dezember 2003 von SPD, Grünen, FDP, CDU und CSU gemeinsam beschlossen wurde. Offensichtlich geht es mit dieser Aktuellen Stunde nur noch um die Frage, wie dieser Sozialraub umzusetzen ist. Man hat den Sozialabbau bei den Ärmsten beschlossen, nachdem man Steuerentlastungen in Milliardenhöhe bei den besser Verdienenden vorher beschlossen und realisiert hatte. Heute, fünf Monate nach diesem Sozialstaatsdesaster, wird über den Stand der Vorbereitungen diskutiert und das in einer Aktuellen Stunde des Landtags. Über Vorschläge zur Veränderung des Gesetzes und zur Situation, die anlässlich eines Antrags der PDS vor einigen Monaten hier in dieses Haus eingebracht wurden, sah die CDU-Seite keinen Diskussionsbedarf und schon gar keinen Handlungsbedarf. So viel zum Vorspann, aber nun zum Gesetz:
Alle wussten, meine Damen und Herren, dass Arbeitsgemeinschaften, die zu bilden sind, rechtlich, finanziell und personell im Gesetz Hartz IV völlig unzureichend bestimmt sind und solange das unklar ist, bleibt es für Thüringer Kommunen ein großes Problem, verbindliche Verhandlungen zur Bildung solcher Arbeitsgemeinschaften aufzunehmen. Das stammt nicht von mir, sondern das stammt aus Feststellungen vom Gerarer Oberbürgermeister, der gleichzeitig Vizepräsident des Gemeinde- und Städtebunds ist. Das wussten alle, das wussten auch Sie, als Sie diesen Gesetzen zugestimmt haben. Das heißt, die Strukturen sind unklar und man macht jetzt 20 bis 30 Modellversuche zur Arbeitsgemeinschaftsbildung, darunter soll im Arbeitsamtsbereich Sachsen-Anhalt/Thüringen eventuell das Arbeitsamt in Halle sein.
Zweite Bemerkung: Das System zur Sicherung der Zahlungsmodalitäten und der Datenerfassung ist völlig unklar und es ist bisher nicht vorliegend, das hat Herr Fiedler schon gesagt, aber es ist auch nicht getestet. Eine Schulungsversion für die zuständigen Arbeitsgemeinschaften, war von Herrn Dähne letzte Woche zu hören - und er muss es wissen als Chef der Verwaltung Sachsen-Anhalt/Thüringen -, kommt wahrscheinlich im Sommer.
Dritte Bemerkung: Schwerpunkt der Arbeit der Agenturen ist die Sicherung der Zahlung des Arbeitslosengelds II mit seinen 331       9 7%" in den alten Bundesländern ab dem 01.01.2005 mit Hilfe einer vorläufigen Software. Alle anderen Fragen sind nachrangig und werden danach eingeordnet.
Nur zur Erinnerung: Ursprünglich war geplant, mit Hartz IV neue Beschäftigung zu schaffen. Diese Frage wird nachrangig eingeordnet, weil es erst einmal um die Zahlung des geringer werdenden Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe geht, die unter dem Begriff "Arbeitslosengeld II" zusammengefasst werden.
Meine Damen und Herren, alles technische Fragen und Probleme, alles Schritte, die die Verantwortung des so genannten Sozialstaats weiter beschneiden und die Bundes- und Landeshaushalte sanieren sollen. Aber wie sind - und das frage ich hier ganz ernsthaft auch Herrn Fiedler die sozialen Folgen und die sozialen Auswirkungen? Wie sind die Einzelfälle, wer betrachtet die Betroffenen, die von diesem wenigen Geld, was Sie so entschieden haben, leben sollen?
Auch hier einige Bemerkungen - die erste: Die Zahl der Beschäftigungsmaßnahmen, also die Möglichkeit, für diese Personen zwischenzeitlich mal einer Tätigkeit nachzugehen, sinkt permanent. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen steigt dafür permanent. Ca. 43.000 Thüringer Bürgerinnen und Bürger werden infolge der Einführung von Hartz IV keine Leistungen im Rahmen der leistungssicheren Arbeitslosengeld I oder Arbeitslosengeld II in Zukunft erhalten. Diese Berechnung stammt nicht von uns, sondern die Berechnung stammt vom Bundesministerium. Ca. 270 Mio. Nachfrageverlust werden in Thüringen entstehen und damit Kaufkraftverlust, der dazu führen wird, dass im Einzelhandelsbereich weitere Beschäftigungsverhältnisse verloren gehen. Die Situation der Träger wird sich dramatisch verschlechtern und Befürchtungen zur Verringerung von sozialen Angeboten greifen breiten Raum und enden in einer Kampagne "Thüringen sozial", die zurzeit behandelt wird.
Ich komme in einer zweiten Redemeldung gern noch mal darauf zurück und würde an dieser Stelle erst mal beenden, aber ich werde Ihnen die anderen Punkte, die als soziale Auswirkungen zu betrachten sind, noch mal darstellen. Danke schön erst einmal.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir waren stehen geblieben bei den Problemen der Einzelnen und der Betroffenen. Es ist bedauerlich, dass keiner der Redner den Mut dazu gefunden hat, diese Probleme hier zu benennen, denn es gibt weitere neben den aufgezählten der Reduzierung der Leistungsempfänger, des Nachfrageverlustes und der Verschlechterung der Situation für die Träger.
Eine vierte Bemerkung: Die Schaffung von Arbeitsangeboten für arbeitslose Jugendliche unter 25 Jahren, für die es eine gesetzliche Pflicht gibt ab dem 01.01.2005, ist also in Thüringen genauso nachrangig wie die Schaffung neuer Ausbildungsverhältnisse. Das heißt, das Problem von 25.000 jungen Leuten unter 25 Jahren, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt ohne Arbeit sind, wird in der ganzen Diskussion weitestgehend ausgeblendet. Es ist richtig, dass es ungeklärte Finanzfragen in den Kommunen gibt. Nach Aussagen der Stadt Erfurt bewegt sich die Mehrbelastung in der Größenordnung von 3,5 bis 6 Mio.  für die Stadt Erfurt. Rechnet man das hoch auf Thüringen, heißt das eine Mehrbelastung in den Kommunen zwischen 35 und 60 Mio.    Jahr. Eine fünfte Be
merkung, Frau Vopel, und da muss ich Ihnen ganz deutlich widersprechen: Um das Problem Schaffung von Arbeitsplätzen geht es in Hartz IV nicht. Das Wort Schaffung von Arbeitsplätzen und Maßnahmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen, Frau Vopel, finden Sie in dem gesamten Gesetz, was am 29. Dezember 2003 veröffentlicht und am 24. Dezember ausgefertigt wurde, nicht. Der Punkt kommt nicht vor. Den haben sie in der Diskussion am 19. Dezember offensichtlich im Bundesrat völlig vergessen. Heute den Menschen glauben zu machen, dass das der Hintergrund dieses Gesetzes gewesen wäre, das ist nicht redlich. Denn diese Forderung war niemals eine Ihrerseits und diese Forderung ist auch niemals im Gesetz eingesetzt worden, jedenfalls nicht in Hartz IV. Das haben Sie und das hat die SPD so beschlossen. Diesen Vorwurf müssen Sie sich von unserer Seite schon gefallen lassen.
Diese Frage, meine Damen und Herren, interessiert offensichtlich auch die Landesregierung nicht. Die ist völlig aus ihrem Blickfeld. Es gibt einen Vorschlag für die Bundesratssitzung am 14. Mai, das ist nächste Woche, den müssten Sie eigentlich schon kennen. Dass uns das Kabinett dazu nicht informiert, kann ich mir schon vorstellen, aber wenigstens die CDU-Fraktion könnte ja dazu informiert sein. In dieser Initiative geht es darum, das Finanzproblem der Kommunen aufzugreifen und die Sicherung des Auszahlungstermins 01.01.2005 in die Reihe zu bekommen. Ihre angemahnte Forderung, Frau Vopel, dass es um die Schaffung von Arbeitsplätzen geht, um konstruktive Elemente in dieser Richtung, die ich ja teile, die fehlt bisher in dieser Initiative, die im Bundesrat am 14. Mai offensichtlich von den CDU-regierten Ländern aufgegriffen werden soll. Wenn es Ihnen gelingen sollte, diese Forderung ernst zu nehmen und tatsächlich aufs Papier zu bringen und dann am 14. Mai auch noch in den Bundesrat einzubringen mit konkreten Vorschlägen, wie denn Instrumente geschaffen werden zu zusätzlicher Beschäftigung, wäre das ja eine Diskussionsbasis für uns. Aber ich befürchte, das wird ähnlich funktionieren wie heute Morgen die Diskussion mit dem Abwasser. Wir mahnen es an, wir weisen aber darauf hin, haben Sie da gesagt, das wird Zeit brauchen, um es zu überarbeiten, lassen Sie die Wahlen vorbeigehen, lassen Sie erstmal die Bürger uns wählen, und was wir danach versprechen, wird einer neuen Überlegung wert sein. Meine Damen und Herren, mit solchen populistischen Vorstellungen und Vorschlägen eine Aktuelle Stunde einzuberufen, gehört eigentlich in Geschichte und nicht in das Aktuelle, was Sie hier verzapfen, denn das hilft den Menschen, den über 100.000 von diesem Hartz-IV-Gesetz Betroffenen, überhaupt nichts und bringt uns in Thüringen nicht voran. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Arbeitslosenzahlen in Thüringen wie in den neuen Bundesländern sind alarmierend und wer die Zahlen liest und wer die Hintergründe versteht, erkennt daran, dass auch die Frauenarbeitslosigkeit in diesem Zusammenhang ein besonderes Problem darstellt. Aber nicht nur die Arbeitslo
senzahlen sind alarmierend, sondern auch die Beschäftigungssituation der Frauen ist nicht weniger rosig, sondern sehr, sehr problematisch. Es stehen Beschreibungen im Raum, die von einer "unnormalen Erwerbsneigung der ostdeutschen Frauen" reden, so wie das in einem CDU/CSUPapier vor Jahren noch zu lesen war. Auch die Entlohnungssituation, insbesondere die Entlohnungssituation in Thüringen, ist ein massives Problem. Wer die Zahlen und die statistischen Angaben kennt, weiß und erkennt, dass Thüringen das niedrigste Lohnniveau aller neuen Bundesländer hat. Dazu kommt, dass die Frauen in diesem geringen Lohnniveau nochmals schlechter gestellt sind, unberechtigterweise schlechter gestellt sind, als die Männer, also das absolut unterste Ende dieser Einkommensskala in den neuen Bundesländern und damit in der Bundesrepublik darstellen. Dazu kommt, dass mit der Hartz-Gesetzgebung diese Situation weiter verschärft wird. Berufliche Weiterbildung wird eingeschränkt und Maßnahmen gegen Langzeitarbeitslosigkeit werden massiv begrenzt, auch dort wieder die Frauenproblematik und die Frauenspezifik besonders ableitbar. Deshalb, wenn auch zu einer sehr unglücklichen Zeit, aber doch unser Antrag, sich mit der Situation der Frauen am Thüringer Arbeitsmarkt zu beschäftigen und auseinander zu setzen. Wir bitten die Landesregierung um Bericht und anschließende Diskussion zur Aussprache. Danke.
Vertragliche Ausgestaltung der Elektroenergieversorgung von Immobilien in Verantwortung der Landesregierung
Nach der Liberalisierung des Energiemarktes hat die Landesregierung die Versorgung von Immobilien mit Elektroenergie ausgeschrieben und vertraglich ausgestaltet.
Ich frage die Landesregierung:
1. Für welchen Zeitraum ist die Versorgung mit Elektroenergie zwischen dem Freistaat und dem ausgewählten Energielieferanten vertraglich vereinbart?
2. Ist eine so genannte Preisgleitklausel Gegenstand des Vertrags?
3. Liegt mit der aktuellen Preisentwicklung der Energielieferant noch immer günstiger gegenüber den Wettbewerbern?
4. Ist die Möglichkeit der Beendigung des Vertragsverhältnisses vor Ablauf der Vertragslaufzeit vereinbart, wenn ja, in welcher Abhängigkeit von der Preisentwicklung?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die SPDFraktion verlangt von der Landesregierung einen Bericht zum Mitteleinsatz des Europäischen Sozialfonds in Thüringen zu geben. Im November 2003 hatten wir im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik auf Antrag der PDS mit der Halbzeitbewertung des Operationellen Programms des Freistaats für die EU-Fonds unsere Beschäftigung, leider in nicht öffentlicher Sitzung. Ich kann mich in diesem Ausschuss nicht an Nachfragen der SPD-Teilnehmer erinnern.
Im gleichen Monat lag auch der Endbericht dieser Halbzeitbewertung gedruckt vor. Der Teil zum ESF hat, das Literaturverzeichnis einmal weggelassen, 347 Seiten und die Landesregierung hat inzwischen einen Änderungsantrag für das Operationelle Programm vorgelegt. Im Gleichstellungsausschuss am 6. Februar wurde ebenfalls auf Antrag der PDS über dieses Thema gesprochen. Der Fragebedarf der SPD-Fraktion war dort gleich null.
Morgen veranstaltet das Thüringer Institut für Akademische Weiterbildung einen Infotag Arbeits- und Wirtschaftsförderung auf der Erfurter Messe, bei dem auch einige Instrumente des ESF vorgestellt werden. Dort konnten sich Interessenten anmelden. Am 11. März findet eine Arbeitsmarktkonferenz der Landesregierung zum Europäischen Strukturfonds statt, auch in den Räumen der Messe. Inhalt ist ausweislich der Einladung eine Halbzeitbewertung und die Frage nach dem wie weiter nach 2006. Hier gibt es zum Arbeitsmarkt und Gender Mainstreaming einen eigenen Workshop. Bitte entschuldigen Sie den Begriff, aber das ist fast schon eine inflationäre Berichterstattung zum ESF, so sehe ich es jedenfalls. Aber Spaß bei Seite, wenn die SPD-Fraktion mit einem inhaltlichen Antrag zu diesem EU-Strukturfonds aufgetreten wäre, hätte ich das noch verstanden. Aber das Berichtsersuchen ist schwer bzw. gar nicht zu verstehen. Auch über die Probleme, die die Kommunalentwicklung Baden-Württemberg während ihrer ganzen Tätigkeit in Thüringen mit der Verwaltung dieser wichtigen Strukturfonds hatte, ist im Landtag schon mehrfach debattiert worden. Die Beauftragung dieses Unternehmens ist zum 31.12.2003 beendet worden, was die PDS begrüßt. Übrigens war das auch eine Prognose der PDS, die immer gesagt hat, so wird es nicht gehen.
Man hätte es gleich in andere Hände geben können, vielleicht hätten wir da heute an einigen Stellen andere Ergebnisse.
Ich gehe auch davon aus, dass der Umgang mit dem ESF jetzt wieder etwas professioneller vorgenommen wird. Ich will aber auf zwei Aspekte des Antrags näher eingehen. Dass die SPD die Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt verbessern will, ist sicher ehrenhaft, doch dazu braucht es diesen Bericht ebenfalls nicht. Frauen werden auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor strukturell benachteiligt. Sie erhalten weniger Lohn, haben die schlechteren Jobs und sind auch kaum in Führungspositionen vertreten. Der Arbeitsplatzabbau seit der Wende ging auch in Thüringen vor allen Dingen zu ihren Lasten. Vorschläge der SPD-Fraktion, das zu ändern, sehe ich keine. Die SPD thematisiert unter dem Punkt 4, den ESF zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit einzusetzen. In der Begründung wird von der beruflichen Integration von Langzeitarbeitslosen gesprochen. Dazu gilt es als Erstes festzustellen, Grund der schwierigen Situation bei den Langzeitarbeitslosen ist die Mittelkürzung in der von mir genannten Reihenfolge. Zuerst hat das Land gekürzt und später hat der Bund nachgezogen. Die PDS spricht sich für eine auf die Herausforderung der strukturellen Massenarbeitslosigkeit ausgerichtete, vor allen Dingen finanziell entsprechend ausgestattete, aktive Arbeitsmarktpolitik aus. In Thüringen ist diese aber nicht gegeben. Hier hat die CDU ganz im Gegenteil dazu seit 1999 die Mittel Jahr
für Jahr reduziert und diese falsche Politik hat zu deutlich mehr Arbeitslosen geführt, aber auch zu deutlich mehr Langzeitarbeitslosen. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen lag im Januar bei über 81.000 offiziell gezählten Betroffenen, und diese Zahl wurde allerdings schon nach der neuen Form der statistischen Erfassung, die die Bundesregierung vorgenommen hat, ermittelt und verfälscht die tatsächliche Situation also sogar ins Positive. Trotzdem sind es 11.000 registrierte Langzeitarbeitslose mehr als vor einem Jahr und es sind 40.000 Langzeitarbeitslose mehr als zu Beginn dieser Legislaturperiode. Aus Sicht der PDS ist für die aktive Arbeitsmarktpolitik ein Fördermittelmix notwendig, der auch die Verantwortung des Bundes, des Landes und der EU aufgreift und eine einseitige Abwälzung dieser Verantwortung auf die EU-Fonds wird dem nicht gerecht. Aber genau diese vollziehen wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Thüringen.
Es wäre auch eine trügerische Sicherheit, sich immer stärker auf die europäischen Mittel zu verlassen. Wir wissen nicht, wie sich die Förderpolitik in der Zukunft entwickeln wird. Leider sehe ich aber diese Tendenz, eigene Mittel zu sparen, bei der Landesregierung schon seit längerem und es ist bedauerlich, dass die SPD in diese Richtung einzuschwenken scheint. Ich vermute, ein Grund ist die katastrophale Arbeitsmarktpolitik der Bundes-SPD finanziell kompensieren zu wollen, ohne dass sie die eigene Regierung namentlich kritisieren will.
Das ist aber nur die halbherzige Politik und ich hoffe, dass es durch die angekündigten Neuregelungen in der Ostförderung, die künftig auf Wachstumskerne ausgerichtet werden soll, nicht zu einer erneuten Mittelreduzierung des Bundes kommt. Im Interesse der Langzeitarbeitslosen hält die PDS es für sinnvoll, die Förderung von Projekten zur lokalen Beschäftigungsentwicklung deutlich stärker zu entwickeln. Das würde auch dem Anspruch des SPDAntrags nach regionaler Arbeitsmarktpolitik entsprechen. Leider geht die Landesregierung allgemein nicht davon aus, dass hier grundlegender Bedarf an einer Änderung des Operationellen Programms besteht. Wir haben das im Ausschuss angesprochen, es wurde vonseiten der Landesregierung nicht so gesehen.
Speziell die lokale Beschäftigungsentwicklung war und ist für sie ein ungeliebtes Feld. Erste Bewilligungen wurden auch aus dem Jahr 2003 vorgenommen; im Halbzeitbericht konnte deshalb in diesem Bereich nicht evaluiert werden. Ich gehe nicht davon aus, dass die Landesregierung der 3. Legislaturperiode hier noch bedeutende Änderungen vornimmt. Es bleibt also einer Regierung der 4. Legislaturperiode vorbehalten, hier noch etwas zu ändern. Resümee und Fazit also zu diesem Antrag: Viel Lärm ohne Konsequenzen, den Wahlkampf an der Stelle hätten wir uns sparen können. Danke schön.
Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Umgang mit Bodenreformland
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gab mit einem aktuellen Urteil Klägern Recht, die Bodenreformgrundstücke geerbt hatten, sie aber aufgrund des Abwicklungsgesetzes zur Bodenreform 1992 ohne finanziellen Ausgleich an die Bundesländer abtreten mussten. Die Folge des Urteils wird sein, dass Betroffene jetzt ihren Anspruch auf entsprechende Ausgleichsleistungen entweder durch Entschädigungszahlung oder durch Rückgabe von Grundstücken geltend machen können. Die neuen Bundesländer werden sich demnächst über die Verfahrensweise zu verständigen haben, wie diese Leistungen zu gewähren sind.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie viele nach diesem Urteil rechtswidrig Enteignete gibt es in Thüringen?
2. Wie viele der enteigneten Grundstücke wurden verkauft bzw. befinden sich noch in Landesbesitz?
3. Auf welchen finanziellen Umfang können sich voraussichtlich die Forderungen Betroffener belaufen?
4. Wie stellt sich die Landesregierung die Entschädigung der Betroffenen vor?
Ich darf darauf verweisen, dass es dazu durchaus noch eine Antwort auf eine Kleine Anfrage gab, aber die ist eben vom 26.01.1999. Der aktuelle Stand wäre wichtig für das Plenum.
Herr Staatssekretär, in der Antwort von 1999 war möglich zu sagen, wie viel der Landesfiskus eingenommen hat. Nach dieser Antwort waren 4.317.270 DM im Berichtszeitraum 1992 bis 1998 durch den Landesfiskus vereinnahmt worden. Damals handelte es sich um 457 ha, die in das Eigentum des Landes übergegangen sind. Lässt sich sagen, wie hoch die Einnahmen des Landes waren aus diesen Rücknahmen?
Das war die Zahl von 1992 bis 1998 aufgrund der Rückübertragung von 457 Hektar in das Eigentum des Landes, davon waren 151 Flurstücke mit 107 Hektar Waldfläche. Wenn das damals so akribisch geführt wurde, gehe ich mal davon aus, dass bei den 1.662 Hektar, von denen 15 Hektar weiterverkauft wurden, dieser Einnahmewert für den Landesfiskus auch klar sein müsste.
Knapp unter 4 Mio. 2
Dann muss ich die zweite Frage stellen: Wenn es 1998 schon 4,3 Mio. waren, die eingenommen wurden...
Euro.
Ja, 4,3 Mio. 
Wann rechnet die Landesregierung mit einer entsprechenden gesetzlichen Initiative bzw. Einigung?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das ist so eine typische Diskussion, die hier stattfindet, die dem Bürger das Interesse an politischem Tun und Handeln so richtig nahe bringt. Hier streiten die Leute über das, was hätte sein können und vielleicht doch nicht ist, der eine sagt hü, der andere sagt hott, aber im Übrigen wird das Gefühl vermittelt, so richtig weiß keiner, welche Meinung sich durchsetzt und entschieden haben wir schon gar nichts. Deshalb war mir eigentlich eingefallen, dass man so einen Diskussionsbeitrag unter die Überschrift stellen könnte: "Reden über Dichtung und Wahrheit". Ich habe dann allerdings festgestellt, dass es das nicht ganz trifft und die Diskussion hat es ja jetzt gezeigt, das ist eher eine bewusste lückenhafte Darstellung der Realität. Deshalb habe ich mir vorgenommen, wir reden mal über das, was schon entschieden ist, dann ist das mit der Dichtung etwas schwieriger und mit der Realität ist vieles ziemlich schnell nachprüfbar. Deshalb, da es sich ja um drei scheinbar zusammenhanglose Anträge handelt, die hier gemeinsam behandelt werden, zunächst zur Mittelfristigen Finanzplanung. Bewusste lückenhafte Darstellung hatte ich gesagt, und das will ich an zwei Punkten festmachen, wie ich mich auch insgesamt in dem Redebeitrag vorwiegend auf das Problemfeld Arbeitsmarktpolitik beschränken will, weil dort doch einige Entscheidungen in seltener Zweisamkeit zwischen CDU und SPD gemeinsam gefasst wurden. Dort ist zu lesen in der Mittelfristigen Finanzplanung, dass es bei der Zusammenlegung der beiden Hilfesysteme Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe dringend geboten ist, dieses zu tun und man hofft darauf, dass der relativ geringen Zahl an erwerbsfähigen Sozialhilfeempfängern in den neuen Bundesländern Rechnung getragen wird und dass hinsichtlich der Organisation des Niveaus der Zumutbarkeitskriterien und der anrechenbaren Vermögen ein Konsens hergestellt wird. Man vertraut auf eine zielgenaue Lösung, die auch die Kompetenz der Kommunen mit der Verantwortlichkeit für die Arbeitsmarktpolitik durch den Bund verzahnt; das Ganze datiert vom Dezember. Ganz davon abgesehen, dass es heute jeglicher Aktualität entbehrt, hat es doch etwa Pikantes. Denn im Dezember, zwei Tage nach der Kabinettssitzung, Frau Ministerin, in der die Mittelfristige Finanzplanung verabschiedet wurde, stellte der Landtag genau dieses Ansinnen, was wir als Antrag eingebracht haben, in Abrede und stimmte genau gegen diese Absicht.
Meine Damen und Herren der CDU, manchmal steht in einem PDS-Antrag auch was Sinnvolles drin. Man sollte ihn lesen, man sollte darüber nachdenken und sich nicht vier Wochen später von der Opposition schon vorhalten lassen müssen, dass man offensichtlich keinen blassen Schimmer hatte, was in der Realität tatsächlich notwen
dig ist, und sich auch von der Opposition nicht vorhalten lassen müssen, dass die Landesregierung offensichtlich ähnliche Gedankengänge, allerdings im stillen Kämmerlein, schon längst gefasst hatte. Das ist der eine Teil.
Der zweite Teil, der in diesem Zusammenhang recht interessant ist, diese Vorlage wurde am 2. Dezember im Kabinett gefasst und verabschiedet, am 15. Januar, das sind fast sechs Wochen später, hat sie das Datum des Thüringer Landtags und der Druck wird vermerkt am 16. Januar, das heißt, es hat sechs Wochen im stillen Kämmerlein gelegen, weshalb dann auch anschließend eine Dringlichkeitsvorlage zur Vorabüberweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss beantragt wurde.
Auch, Frau Ministerin, wenn da Weihnachten dazwischenliegt, Heiligabend ist am 24. und der 1. und 2. Feiertag am 25. und 26. Es wäre durchaus möglich gewesen, das am 29., am 30., ja sogar am 31. zu überweisen. Und wenn das im alten Jahr wegen Urlaubsregelungen für das Kabinett nicht möglich gewesen wäre, wäre es auch denkbar gewesen, dass man es Anfang Januar tut. Sechs Wochen danach und dann anschließend das Parlament zu solchen Hauruckaktionen zu zwingen und großzügig die Selbstbefassung im Ausschuss zu den nicht geleisteten Themenpunkten anzubieten, das ist schon ein dreistes Stück und das zeigt, wie weit die Bereitschaft zu einem ehrlichen und offenen Umgang mit diesem Parlament tatsächlich gegeben ist.
Aber ich wollte mich auf die Arbeitsmarktpolitik beschränken und komme deshalb zum zweiten Teil und der wird echt interessant. Dort wird nämlich in der mittelfristigen Entwicklung auch einiges gesagt zum dem, was Arbeitsmarktpolitik in Zukunft will. Dort wird festgestellt, dass man im Landesarbeitsmarktprogramm offensichtlich nicht mehr die Förderung von Trägerstrukturen der Arbeitsmarktpolitik integriert haben möchte, denn in der Aufzählung der Fördertatbestände aus dem Landesarbeitsmarktprogramm fehlt genau dieser Punkt. Das heißt, ganz offensichtlich ist neben den Problemen, die sich aufgrund der Hartz-III- und Hartz-IV-Gesetzgebung ergeben, durch die Landesregierung vorgesehen, dass diesen Trägerstrukturen das Geld entzogen wird, was bisher, zugegeben in sehr bescheidenem und in völlig unzureichendem Maße in diesem Titel eingestellt ist, dieses Geld soll also offensichtlich auch noch gestrichen werden.
Eine weitere interessante Behauptung steht in dieser Mittelfristigen Finanzplanung, Frau Ministerin. Sie stellen dort fest, dass Strukturanpassungsmaßnahmen eine große Beschäftigungswirkung und Strukturbedeutung haben. Dies gilt auch im Hinblick auf die Entstehung von Dauerarbeitsplätzen infolge der geförderten Maßnahmen. Das wird Anfang Dezember, sprich am 2. Dezember, im Kabinett noch einhellig verabschiedet. Zwei Wochen später im Ver
mittlungsausschuss entbindet Sie das aber nicht von der Zustimmung zur Hartzgesetzgebung, die genau dieses Instrument ersatzlos abschafft, ja, die sogar noch weiter geht und sämtliche Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik nivelliert und auf null stellt und auf diese Art und Weise keine Möglichkeit mehr bietet, aktive Arbeitsmarktpolitik zu betreiben. Diesen kompletten Abschied, diese Kehrtwendung von dem von Ihnen auf Seite 29 am 2. Dezember noch gut gefundenen Instrument hin zur völligen Negierung und Auflösung am 21. Dezember, das wäre schon wünschenswert, wenn man das der Öffentlichkeit etwas genauer erklären kann.
Nun, meine Damen und Herren, zu zwei bzw. drei konkreten Punkten, die mit dieser Entscheidung vom 21. Dezember zusammenhängen. Zunächst wird dort für Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger das Arbeitslosengeld und die Sozialhilfe zusammengelegt und auf einem neuen Niveau festgeschrieben. Das heißt, die Langzeitarbeitslosen und die Sozialhilfeempfänger sollen dafür zahlen, dass mit den Steueränderungen der letzten Jahre eklatante Fehler gemacht wurden und damit die Umverteilung der Gewinne von unten nach oben und die Umverteilung der Lasten von oben nach unten vollzogen wurde, statt Korrektur der Fehler nun also Bestrafung der Unschuldigen. Sozialabbau wird also auf der einen Seite beschlossen, um anschließend vermeintlich ganz erstaunt die Ergebnisse zur Kenntnis zu nehmen und fürsorglich Trostpflaster kleben zu wollen. Ich mache das an der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe deshalb fest, weil sich dafür mit konkreten Zahlen Aussagen treffen lassen können. Nach Aussagen der Bundesanstalt und der amtlichen Nachrichten der Bundesanstalt vom Dezember dieses Jahres bezogen Arbeitslosenhilfeempfänger im Durchschnitt in Thüringen bisher 662   8!#+1 Dezember, und über dessen Auswirkungen wollten ja sowohl die SPD als auch die CDU etwas wissen, heißt das für Thüringen, dass diese Summe genau halbiert wird. Das heißt, anstelle der 662   !!   ' kunft ab 01.01.2005 noch 331     0   heißt, wir haben, Parlamentarier und Minister, eine Halbierung der Mittel für den Lebensunterhalt beschlossen, die sie für sich selbst in der gegenwärtigen Phase als völlig unzumutbar zurückweisen würden. Denn wie ist es denn sonst zu erklären, dass zeitgleich an einigen Stellen die entsprechenden Gehälter und Diäten erhöht wurden?
Dass damit gleichzeitig die Kaufkraft nachhaltig in Thüringen reduziert wird, scheint überhaupt keine Rolle zu spielen. Das frage ich natürlich auch die SPD, bei der CDU habe ich nichts anderes erwartet. Aber zumindest wurde ja von SPD-Seite auch behauptet, dass wir ein Binnennachfrageproblem haben. Wenn man durch diese Entscheidung bei über 100.000 Betroffenen in Thüringen die Einkommensstruktur so auf die Hälfte nach unten schreibt, also Kaufkraftverzicht bewusst in Kauf nimmt, dann muss man sich schon fragen lassen, welches Gesell
schaftskonzept man verfolgt und ob das mit den wortreich geführten Reden zur Gleichbehandlung in dieser Gesellschaft überhaupt noch übereinstimmt. An der Stelle von Glücksgefühlen zu reden, die sich in Grenzen halten, wie es Frau Arenhövel heute Nachmittag getan hat - Frau Arenhövel, ich habe da keine Glücksgefühle an dieser Stelle.
Richtig, es war gestern, Entschuldigung. Sondern ich habe Wut im Bauch über so viel soziale Ungerechtigkeit und die Ungerechtigkeit, die hier noch nicht mal in der Öffentlichkeit vertreten wird, sondern die man mit Wenn-hätte- und Möchte-gern-Diskussionen versucht zu verschleiern.
Ich will auf einen weiteren Punkt eingehen, der in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt. Es wird uns suggeriert, dass unsere Wirtschaft eine positive Entwicklung nimmt, dass die Entwicklung und das Bruttoinlandprodukt in Thüringen eine der besten Situationen abgibt in den neuen Bundesländern insgesamt, auch das war in der Mittelfristigen Finanzplanung wieder zu hören. Aber, meine Damen und Herren, dieses Topp-Thüringen, was uns hier vermittelt wird, hat eine zweite Seite und die hängt unmittelbar mit den Problemen zusammen, die in Hartz III und Hartz IV beschlossen wurden. Wir haben in den letzten Jahren zwischen 2000 und 2003 in Thüringen eine Abnahme der Erwerbstätigen am Arbeitsort von 56.000, das entspricht rund 5 Prozent der Gesamterwerbstätigen in Thüringen, um die diese Zahl abgenommen hat. Gleichzeitig haben wir ein geringer werdendes Potenzial an offenen Stellen, so dass die Vermittlung von den nahezu 200.000 Arbeitslosen auf diese offenen Stellen eine unlösbare Problematik darstellt und eine unlösbare Situation in dieser Gesellschaft. Gleichzeitig wird durch die Bertelsmann-Stiftung festgestellt, und ich wiederhole es, die ist nun nicht in der Gefahr PDS-nah zu sein, dass Erfahrungen in Dänemark, in Großbritannien und in den Niederlanden zeigen, dass Sanktionen Aktivierung im Arbeitsmarktbereich tatsächlich erhöhen können, aber nur dann, wenn auch entsprechende Arbeitsangebote vorhanden sind. Trotzdem haben Sie in Einheit von SPD und CDU am 21. Sanktionspolitik gegen Arbeitslose als Hauptinstrument beschlossen, ohne auch nur einen einzigen Ansatzpunkt dafür zu bieten, dass diese desolate und katastrophale Situation im Bereich der offenen Stellen korrigiert und verändert werden kann. Das mache ich Ihnen zum Vorwurf, indem Sie auf der einen Seite ein Insutrument wider besseres Wissen einführen, das die Arbeitslosen bestraft und auf der anderen Seite keine Möglichkeit bieten, um die Situation der Arbeitslosen zu verbessern. Deshalb glaube ich, dass in dieser Bundesrepublik, meine Damen und Herren, eine ärmliche, eine mehr als ärmliche Diskussion geführt wird. Das wurde uns auch hier wieder dargestellt und ich bleibe dabei, es ist einfach ärmlich, wenn wir über die Kosten des Sozialstaats diskutieren und seine Nichtfinanzierbarkeit konstatieren, statt gleichzeitig jede Möglichkeit zu suchen und auszuschöpfen, um Steuergerechtigkeit wieder her
zustellen. Nein, meine Damen und Herren, es ist der falsche Weg, der am 21. Dezember gegangen wurde, nämlich der Weg in die Privilegiengesellschaft. Was wir brauchen, ist die Rückkehr zu einem sozialstaatlichen Prinzip und zu sozialstaatlichem Handeln, was in dieser Bundesrepublik in den letzten Jahren auf Bundes- und auf Landesebene abhanden gekommen ist. Das muss wieder verlassen werden und wir müssen zurückkehren zu einem anderen Weg.
Sichtbar wird dieses Spiel, hin zu einer Privilegiengesellschaft, auch durch die beiden Anträge von SPD und CDU. Meine Damen und Herren der SPD, ich kann Ihnen das nicht ersparen, wenn Sie schon den Antrag der CDU abschreiben, dann sollten Sie wenigstens darüber nachdenken, was Sie geschrieben haben. Dieser Antrag ist ein seltenes Eingeständnis, dass die Maßnahmen zu Hartz III und IV einzig und allein nur aus fiskalischen Gründen, aber nicht aus arbeitsmarktpolitischer Sicht getroffen wurden. Denn Sie schreiben dort, Umfang und Komplexität der Beschlüsse zum Vorziehen der Steuerreform und der damit verbundenen Veränderungen zur Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II sollen dargestellt werden. Was bedarf es noch, um darzustellen, dass es Ihnen nicht darum ging, die Arbeitsmarktproblematik oder das Arbeitsmarktproblem zu lösen, es ging Ihnen lediglich um eine Finanzierungsquelle, um die Phantastereien in der Steuergesetzgebung zu kaschieren und auf diese Art und Weise von den eigentlichen Problemen abzulenken.
Meine Damen und Herren, auf eine letzte Konsequenz will ich aufmerksam machen, nein, auf eine vorletzte, die auch in der heutigen Diskussion eine Rolle hätte spielen müssen. Frau Ministerin, Sie haben erklärt, der Gemeinde- und Städtebund hätte 2,4 Mrd. 6gleich gefordert. Das ist schlicht und ergreifend falsch. Ihm wurde eine Entlastung von 2,4 Mrd.  !   tableau zugewiesen. In der neuesten Stellungnahme in Vorbereitung der nächsten Hauptausschuss-Sitzung des Deutschen Städtetages wird genau gegen diese Berechnungen opponiert und der Städtetag stellt fest, dass man verfassungsrechtliche Einsprüche gegen diese Regelungen erwägt. Gleichzeitig stellt er fest, dass im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs Regelungen und Vorstellungen auf Landesebene zu treffen sind, um einen entsprechenden Ausgleich für die Mehrbelastungen der Kommunen zu treffen. Auch dazu wäre es wünschenswert gewesen, denn das sind auch Auswirkungen der Beschlüsse vom 21.12.2003 und ich nehme einfach an, dass Sie die Städtetaginformationen genauso kennen wie ich -, dass dazu Position bezogen und gesagt wird, wann denn dort mit entsprechenden Korrekturen und Änderungen zu rechnen ist. Lassen Sie mich deshalb noch einmal zusammenfassen, meine Damen und Herren, was am 21.12.2003 beschlossen wurde und was Thüringen betrifft. Wir haben in Thüringen ab 01.01.2004 kein Instrument der aktiven Arbeitsmarktpolitik mehr. Die Arbeitslosen in Thüringen wie in den anderen Bundesländern werden weiter entrechtet. Es sind
Zumutbarkeitskriterien gefasst worden, die die beschließenden Politiker nicht einmal für sich selbst als zumutbar betrachten würden. Es ist eine Verschärfung im Umverteilungsprozess der Einnahmen von unten nach oben und eine Verschärfung in der Lastenumverteilung von oben nach unten vollzogen worden. Es ist die Arbeitsmarktpolitik auf Landesebene und auf Bundesebene als Spartopf für verfehlte Steuerpolitik eingesetzt worden und es ist eine Statistikkorrektur in der Arbeitsmarktpolitik beschlossen worden, die uns zwar reduzierte Zahlen von registrierten Arbeitslosen im Laufe der nächsten Zeit bringen wird, aber keinen einzigen Arbeitsplatz mehr. Dieses Desaster, meine Damen und Herren, haben SPD und CDU zu verantworten, denn dieses Desaster trägt Ihre Unterschriften ohne eine entsprechende Gegenstrategie. Das ist das eigentlich Blamable und das ist das Peinliche an diesen Beschlüssen, und ich hätte mir gewünscht, dass dazu heute eine Diskussion und eine Erläuterung stattfindet. Aber Sie ergehen sich ja lieber in "wenn", "hätte" und "aber", anstatt der Bevölkerung hier in Thüringen die Wahrheit zu sagen über das, was Sie beschlossen haben. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 13. Oktober 2003 ist das Gesetz zum Staatsvertrag zwischen dem Freistaat Thüringen und dem Land Nordrhein-Westfalen über die Zugehörigkeit der Steuerberater und Steuerberaterinnen des Freistaats Thüringen zum Versorgungswerk der Steuerberater im Land Nordrhein-Westfalen an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen worden. Der Haushalts- und Finanzauschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 56. Sitzung am 28. November 2003 und in seiner 57. Sitzung am 23. Januar 2004 beraten. Die zweifache Beratung machte sich notwendig, weil in Nordrhein-Westfalen noch einige gesetzesrelevante Aktivitäten liefen. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet mehrheitlich, der Gesetzentwurf wird angenommen. Ich danke Ihnen.
Herr Staatssekretär, als objektiver, allerdings aus der Opposition stammender Betrachter hätte ich da eine Nachfrage bzw. zwei. Die Erste: Warum ist es dann der Landesregierung im Rahmen der Nachtragshaushaltsdiskussion nicht gelungen, titelbezogene Listen und Übersichten dem Ausschuss zur Beschlussfassung zur Verfügung zu stellen? Und das Zweite: Wenn die Abrechnung titelbezogen zu Missverständnissen führt, wäre es da nicht sinnvoll, auch die Aufstellung des Haushalts in Zukunft nicht mehr titelbezogen zu machen?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 16. Oktober 2003 ist das Thüringer Gesetz über die Gewährung von Sonderzahlungen (Thüringer Sonderzahlungsgesetz) an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen worden.
Mit dem Besoldungs- und Versorgungsgesetz 2003/2004 vom 10. September 2003 hat der Bundesgesetzgeber in dem Teilbereich der Besoldung und Versorgung den Ländern
eigene Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. So können die Länder anstelle der bisherigen Sonderzuwendungen und des bisherigen Urlaubsgeldes so genannte Sonderzahlungen einführen, die von der Höhe her auch unter den bisherigen Beträgen bleiben können. Wenn die Länder von ihren Gestaltungsmöglichkeiten keinen Gebrauch machen, verbleibt es bei der bisherigen Rechtslage. Durch die neuen Ermächtigungen sollen die Länder flexibler als bisher auf ihre jeweiligen Rahmenbedingungen reagieren können.
Thüringen hat als Reaktion auf die derzeitig schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen ein eigenes Sonderzahlungsgesetz vorgelegt. Mit diesem Gesetz treten monatliche Zahlungen an die Stelle der im Monat Dezember gezahlten monatlichen Sonderzahlungen, deren Höhe nach Besoldungsgruppen gestaffelt ist. Außerdem wird sichergestellt, dass insgesamt ein Monatsbetrag des Familienzuschlags im Jahr als Sonderzahlung gewährt wird. Das bisherige Urlaubsgeld wird bei der Bemessung der Sonderzahlung nicht berücksichtigt und entfällt daher ersatzlos. Im Gesetzentwurf der Landesregierung wird festgestellt, dass durch die Maßnahmen des Gesetzes mehr als ein Drittel der bisherigen Aufwendungen für die jährliche Sonderzuwendung eingespart wird und die Kosten für das Urlaubsgeld gänzlich entfallen.
Der Haushalts- und Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 55. Sitzung am 7. November 2003 und in seiner 56. Sitzung am 28. November 2003 beraten und eine schriftliche Anhörung durchgeführt. Ein Antrag auf mündliche Anhörung wurde mehrheitlich abgelehnt. Von den 14 Anzuhörenden wurden durch den Verband der Thüringer Arbeitsrichterinnen und Arbeitsrichter sowie den Deutschen Juristinnenbund der Landesgruppe Thüringen keine Stellungnahmen abgegeben. Durch den Thüringer Landkreistag und den Kommunalen Arbeitgeberverband Thüringen wurden keine Bedenken zum Gesetzentwurf vorgetragen. Der Gemeinde- und Städtebund äußerte Bedenken bezüglich eines die Zusammenarbeit nicht fördernden Klimas zwischen Beamten und Angestellten durch diese Gesetzesregelung. Der Thüringer Beamtenbund sieht seine Forderung vom Grundsatz als erfüllt an, verweist aber auf die mögliche Gefahr, dass der Landesdienst für qualifizierte Bewerber durch diese Gesetzesregelung unattraktiv werden könne. Die Gewerkschaft ver.di, Landesbezirk Thüringen, lehnt den Gesetzentwurf ab und bemerkt, dass Zuwächse aus den Besoldungsrunden 2003 und 2004 nicht nur neutralisiert, sondern sogar ins Minus verkehrt werden. Der Thüringer Richterbund, Landesverband des Deutschen Richterbundes, lehnt den Gesetzentwurf ab und verweist darauf, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung mit diesem Gesetz aufgegeben würde. Die Neue Richtervereinigung, Landesverband Thüringen, wendet sich nicht grundsätzlich gegen die Regelungen des Gesetzes, verweist aber darauf, dass für die höheren Gehaltsgruppen die Sonderzahlungen gedeckelt werden sollten. Der Verein der Thüringer Verwaltungsrichterinnen und -richter erklärt sich mit dem Gesetzentwurf nicht einverstanden, bezeichnet ihn als nicht motivationsfördernd und erwartet erhebliche
Unzufriedenheit und Minderung der Arbeitsqualität. Der Bund deutscher Finanzrichter, Bezirksgruppe Thüringen, bezeichnet den Gesetzentwurf als nicht sachgerecht und bemerkt, dass vergleichsweise höhere Absenkungen des Weihnachtsgelds gegenüber anderen Bundesländern im Gesetz enthalten sind. Er bezeichnet das Gesetz als "Einkommenskürzungsgesetz" und verlangt seine Befristung. Die Gewerkschaft "Erziehung und Wissenschaft" lehnt den Gesetzentwurf generell ab und kritisiert das Beteiligungsverfahren mit seinen zu kurzen Fristsetzungen zur Stellungnahme. Der Deutsche Gewerkschaftsbund lehnt insbesondere deshalb kategorisch ab, weil mit der geplanten Gesetzesänderung, die Beamtenbesoldung grundsätzlich von den Tarifverträgen der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst abgekoppelt werden soll. Er verweist darauf, dass weder die beabsichtigten Streichungen des Urlaubsgelds noch die Kürzung des Weihnachtsgelds bei den Beamtinnen und Beamten die strukturellen Probleme der Wirtschafts- und Finanzpolitik lösen werden, die für die angespannte Lage des Haushalts ursächlich sind. Die Gewerkschaft der Polizei lehnt den Gesetzentwurf grundsätzlich ab, weil erstmals die Besoldungsdifferenz zwischen Ost und West vergrößert wird, Kürzungen in Thüringen höher als im Durchschnitt der alten Bundesländer sind und das Gesetz Beamte des mittleren Dienstes stärker als Beamte des gehobenen und höheren Dienstes belastet. Sie fordert die Erhöhung des Grundbetrags für die Besoldungsgruppen A 2 bis A 9 und die Überprüfung des Wirkens des Gesetzes bereits im Jahr 2005. Von Seiten der SPD Fraktion wurde ein Antrag zur Änderung der Grundbeträge gemäß § 4 Abs. 1 des Gesetzes gestellt, der im Ausschuss keine ausreichende Mehrheit fand. Von der Landesregierung wurde abschließend darauf hingewiesen, dass man sich für eine Kopplung des Leistungs- mit dem Sozialgedanken im Gesetz entschieden habe.
Mehrheitlich empfiehlt der Haushalts- und Finanzausschuss dem Landtag das Gesetz in ungeänderter Form anzunehmen. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn ein Gefühl zurzeit im ganzen Land herrscht, dann ist das, denke ich, tiefe Verunsicherung.
Kein Mensch weiß mehr so genau, was eigentlich als Nächstes kommt, welche Änderungen an dem sozialen Sicherungssystem vorgenommen werden und wie sie oder er selbst davon betroffen sein wird. Inzwischen halte ich es für nicht unwahrscheinlich, dass dieser kaum auflösbare Wirrwarr von Ankündigungen und Dementis, von Indiskretionen und Halbwahrheiten in Berlin bewusst inszeniert wird. Es ist eine einzige Desinformationskampagne. Kaschieren will man damit, was immer mehr sichtbar wird. Diese Gesetzgebungsmaschine der Bundesregierung entpuppt sich als Reißwolf, der zu großen Teilen das in Generationen erkämpfte Sozial- und Arbeitsrecht vernichtet, ohne dass manche der Betroffenen auch nur ahnen, was ihnen alles zugemutet werden soll und zugemutet werden wird. Und dann stellt sich vor ein paar Tagen der frühere SPD-Spitzenpolitiker Professor Glotz hin und behauptet in einer Thüringer Tageszeitung, die SPD brauche ihr Vorhaben der Öffentlichkeit nur besser zu erklären, dann werde schon alles gut. Wie das aussieht, meine Damen und Herren, wenn Verantwortliche, wie Herr Clement, seines Zeichens Arbeits- und Wirtschaftsminister, und Herr Gerster als Chef der Bundesanstalt für Arbeit das tun, das war am Montag auf einer Veranstaltung in Berlin zu erleben. Mir sind bei dieser Veranstaltung kalte Schauer über den Rücken gelaufen und ich will nicht das wiederholen, was am Dienstag dazu im Arbeitslosenparlament besprochen wurde. Wie weltfremd sind diese Leute eigentlich, meine Damen und Herren, so viel Realitätsverlust kann einem fast schon Leid tun. Fast symptomatisch ist übrigens, dass sich mit Herrn Glotz jemand ein Urteil anmaßt, der sich völlig sicher sein kann, niemals von den Beschlüssen, um die es geht, persönlich betroffen zu sein. Dazu sagt der katholische Sozialethiker Friedhelm Hengsbach am 1. November in einem Interview mit der TAZ, ich darf zitieren: "Es ist ironisch, wenn die Professoren die angebliche Inflexibilität bedauern, dann reflektieren sie eigentlich nur ihre eigene Situation. Professoren, Akademikern, Beamten, Managern wurde bisher tatsächlich wenig zugemutet, deswegen scheinen sie zu denken, dass man auch Arbeitslosen ruhig noch
mehr zumuten kann und muss." Ich möchte das um eine Berufsgruppe ergänzen, meine Damen und Herren, die der Politiker einiger Parteien.
Nein, meine Damen und Herren, es geht längst nicht mehr darum, irgendetwas den Menschen besser zu verkaufen, es geht um die Notwendigkeit grundsätzlicher Änderungen an einem zutiefst falschen, an einem für Thüringen und seine Bürger schädlichen Konzept. Das betrifft sowohl die Mär von der fehlenden Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, auf die Herr Ministerpräsident so gern eingeht, als auch die Mär von der Notwendigkeit der Erhöhung der Verantwortung des Einzelnen, der Umsetzung des Forderns und Förderns gegenüber den Arbeitslosen. All das sei zur Lösung des Beschäftigungsdesasters in der Bundesrepublik Deutschland nötig, wird uns suggeriert.
Kurz zum Fakt 1: Die deutsche Wirtschaft ist im Prozess der zunehmenden Globalisierung durchaus wettbewerbsfähig.
Das wird allein dadurch belegt, meine Damen und Herren, dass sie inzwischen wieder zum Exportweltmeister geworden ist. Andere Länder, die dieses erreicht haben, feiern das mit Erfolgsmeldungen. In Deutschland wird weiter gebärmelt und gejammert von eben dieser Seite, die Exportweltmeister geworden ist. Dabei geht es nicht um die Berechnung von statistischen Größen, meine Damen und Herren, es sind absolute Zahlen. Und wenn man die absoluten Zahlen umrechnet auf die Pro-Kopf-Exportleistung, dann käme heraus, dass in Deutschland dreimal mehr pro Kopf an Waren exportiert wird als in den USA, das heißt, die deutsche Wirtschaft dreimal so leistungsfähig ist wie die amerikanische und die liegt immerhin auf Platz 2 in dieser Statistik. Das heißt, meine Damen und Herren, das Problem liegt im Inneren,
im Binnenmarkt und seiner fehlenden Kaufkraft und der fehlenden Nachfrage. Und eben um dieses Problem, was im Inneren liegt, zu beseitigen, tragen die Hartz-III und Hartz-IV-Gesetze nicht bei,
ganz im Gegenteil.
Herr Ministerpräsident, der ja offensichtlich der Meinung ist, dass diese Themen nicht so die wesentliche Rolle spielen,
es kann auch nicht allein das Ziel des Handelns sein, Verständigung in überschaubarem Zeitraum und greifbare Ergebnisse zu erreichen, so wie wir das heute vor 3 bis 4 Stunden hier im Raum gehört haben. Es muss den Menschen auch helfen, was diskutiert und was vorgeschlagen wird. Es muss situationsverbessernd wirken und das erkenne ich weder in den einen noch in den anderen Vorschlägen.
In unserem Antrag haben wir deshalb bewusst von einem Komplex von Auswirkungen gesprochen, von sozialen, finanziellen und wirtschaftlichen Komponenten. Denn in diesem Spannungsfeld bewegen Sie sich mit der rotgrünen Bundestagsmehrheit und in dem Zusammenhang verabschiedeten Gesetzen. Was sind in diesem Sinne nun die wichtigsten Auswirkungen, Herr Pohl, der Hartz-III und Hartz-IV-Gesetze in ihrer jetzigen Form
und was haben die Menschen in Thüringen zu erwarten. Mit Hartz III kommt die stärkere Pauschalierung von Leistungen, die für viele Menschen zu geringeren Zahlungen, sprich Einnahmen, führen wird, der Wegfall des Unterhaltsgeldes bei Weiterbildung und die Zusammenlegung von ABM und SAM zu einer der ABM ähnlichen Leistung, deren Teilnehmer keinen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld erwerben, die Leistungszeiten werden drastisch reduziert. Dabei steigen gleichzeitig die Kofinanzierungsbedarfe der Träger und die Gesamtzahl der Maßnahmen wird reduziert. Ob das die Träger leisten können, steht nicht zur Diskussion. Gleichzeitig, meine Damen und Herren, wird heute von der Bundesanstalt für Arbeit bekannt, dass 3 Mrd.    beitsmarktpolitik - aus dem Haushalt gestrichen wurden, 3 Mrd.  die also der Arbeitsmarktpolitik insbesondere auch in den neuen Ländern nicht zur Verfügung stehen und das vor dem Problem und dem Hintergrund steigender Langzeitarbeitslosenzahlen in Ost. Es sei nur daran erinnert, in Thüringen hat sich die Langzeitarbeitslosigkeit innerhalb eines Jahres um 15.000 Personen erhöht. Wir haben jetzt einen Stand von nahezu 82.500 Langzeitarbeitslosen, d.h. Personen, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, was auch darauf zurückzuführen ist, dass keine Beschäftigungsmaßnahmen in dem Niveau der Vorjahre bereitgestellt werden und durch diese Reduzierung ganz massiv Beschäftigungsmöglichkeiten für diese Leute fehlen, die sie in die Langzeitarbeitslosigkeit treiben.
Eine weitaus größere Dimension des Sozialbereichs bringt allerdings das Hartz-IV-Gesetz. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe für Erwerbstätige zum Arbeitslosengeld II - in Ostdeutschland sind das 331   natlich - wird für viele schlimme Folgen haben. So, meine Damen und Herren, ist kein menschenwürdiges Leben möglich. Und diesem Satz kann keiner widersprechen,
der es praktisch erleben musste oder erleben muss. Ich, meine Damen und Herren, wäre ganz persönlich dafür, dass es eine Selbsterfahrung für alle die Politiker gibt, die diese Beschlüsse treffen, die müssten mehrere Monate mal versuchen, mit diesem Geld auszukommen, um zu erkennen, welchen Unsinn und welche Konsequenzen sie beschlossen haben. Dazu werden, meine Damen und Herren, die Zumutsbarkeitsregeln drastisch verschärft. Künftig soll jede Arbeit als zumutbar gelten, auch Minijobs, die dann allerdings ortsüblich entlohnt werden sollen. Voraussetzung für die Zahlung des Arbeitslosengeldes II ist die so genannte Bedürftigkeit, d.h., eigenes Vermögen muss zuerst zum Lebensunterhalt eingesetzt werden. Als Sanktionen drohen Leistungskürzungen bis zur Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen, so die gesetzliche Regelung, die zurzeit zur Diskussion steht. Als Hauptziel der Bundesregierung steht - und das ist auch ganz klar und das ist auch durch die heutige Entscheidung sichtbar geworden - die Einsparung im Mittelpunkt, um den maroden Bundeshaushalt zu sanieren. Auf Kosten der Arbeitslosen, das muss an dieser Stelle deutlich hinzugefügt werden, soll diese Sanierung passieren und diese Aufgabe umgesetzt werden. Konkret will man über 4 Mrd.   zusätzlich zu dem heute bekannt Gewordenen einsparen. Es geht der Bundesregierung dabei nicht um zusätzliche Arbeitsplätze, sonst hätten diese Gesetze anders aussehen müssen.
Zu beiden Gesetzen, meine Damen und Herren, liegt zumindest ein Gegenentwurf der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vor - das Existenzgrundlagengesetz, das auf einer Initiative von Hessen basiert. Welche Auswirkungen würde dieses Gesetz bringen? Auch hier ist die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf dem Niveau der Sozialhilfe vorgesehen, wobei die Leistungen für ehemalige Arbeitslosenhilfeempfänger noch niedriger als diese 331 beim Hartz-IV-Gesetz ausfallen sollen. Man plant die Schaffung von kommunalen Arbeitsgelegenheiten ohne Prüfung ihrer Gemeinwohlorientierung und ohne Mehraufwandsentschädigung für die dort beschäftigten Arbeitslosen. Auch der unsägliche Niedriglohnsektor findet sich erneut als vermeintlicher Arbeitsanreiz, so steht es dort. Die Prüfung der Bedürftigkeit fällt noch strenger aus als beim Hartz-IV-Gesetz und Sanktionen sind schon bei einmaliger Pflichtverletzung vorgesehen. Sie reichen bis zur vollständigen Versagung der Leistung bis zu einem Status, der als "eingeschränkte Grundversorgung" bezeichnet wird. Für Arbeitslose werden keine Beiträge zur Krankenversicherung abgeführt werden. Sie sollen dennoch im Krankheitsfall Leistungen der Krankenkassen erhalten. Sie erwerben keine Rentenansprüche. Es geht in beiden Konzepten, meine Damen und Herren, also um deutlich geringere Leistungen an Arbeitslose. Und da Massenarbeitslosigkeit herrscht, werden viele Menschen betroffen sein.
Nur eine Zahl zur Verdeutlichung, Herr Minister, Sie haben das heute auch schon gesagt: In Thüringen haben wir etwa 120.000 Arbeitslosenhilfebezieher, für die dieses wirksam werden würde. In der Konsequenz sinkt nicht nur deren Lebensstandard und der ihrer Familien, sondern auch die
Kaufkraft und davon ist wiederum die regionale Wirtschaft und das Handwerk betroffen. Geringere Nachfrage führt zu Insolvenzen, zur Entlassung von Mitarbeitern und die Abwärtsspirale dreht sich auf ein neues, noch niedrigeres Niveau.
Ich möchte eine Bemerkung von Frank Spieth aufgreifen, dem Vorsitzenden des DGB in Thüringen. Er bezeichnete die geplanten Veränderungen am Mittwoch vor der PDS-Fraktion und im Arbeitslosenparlament als massiven Sozialklau. Die Menschen sollen um die Beiträge betrogen werden, die sie jahrlang in die Sozialversicherung eingezahlt haben, so der DGB. Im Arbeitslosenparlament wurde hinzugefügt, die Entscheidung zwischen den Konzepten der SPD und Grünen sowie denen der CDU wäre die zwischen Pest und Cholera.
Ein Satz übrigens am Rande, liebe Parlamentarier der CDU: Es stünde diesem hohen Haus, wie es sich nennt, gut zu Gesicht, dem Arbeitslosenparlament eine Heimstatt zu geben. Was sehen Sie für eine Gefahr darin, dass alle 100 Tage in diesem Plenarsaal ein Arbeitslosenparlament tagt und die Meinung Betroffener, im täglichen Leben stehender, artikuliert wird?
Warum diese Angst, Herr Wunderlich, vor den Meinungen Betroffener, die sachlich und fundiert mit praxisbezogenem Hintergrund vorgetragen werden?
Ich bitte deshalb namens meiner Fraktion den Landtagsvorstand um wohlwollende Prüfung der Sitzungsmöglichkeit des Arbeitslosenparlaments, die diesem Parlament in den letzten fünf Jahren versagt wurde. Das ist meiner Meinung nach eine mehr als berechtigte Bitte des Parlaments, die hier vorgetragen wird.
Aber zurück zum Thema: Ich hatte gerade von einem Entwurf der Unionsbundestagsfraktion geredet, denn beim Wort "Verunsicherung" wird es auch bei der Thüringer CDU klingeln, das kennt sie sehr genau. Es ist ihr gelungen, seit Wochen mit immer neuen Stellungnahmen dafür zu sorgen, dass eine klare Position nicht zu erkennen ist. Kritik an der Bundesregierung ja - da ist die CDU ja schnell zugange -, aber dass die eigene Bundestagsfraktion sogar eine Verschärfung will, unterschlagen sie dabei der Öffentlichkeit. Und, meine Damen und Herren, der Ministerpräsident Althaus hat ja dafür einige Beispiele geliefert: An einem Tag will er dies, so liest man in der Zeitung, und am nächsten Tag erfährt man, dass er das will, im nächsten Fernsehsender, handelt es sich nicht selten um das genaue Gegenteil des vorher Gesagten.
Ich erinnere an die Steuerproblematik, Herr Kaiser, vielleicht machen Sie sich dort noch mal sachkundig, welche Aussagen in den Medien geisterten.
Während man einen Bundesminister fragen müsste, meine Damen und Herren: Heute schon mit Rücktritt gedroht? Dann wäre bei Herrn Althaus die Frage durchaus angebracht: Heute schon Ihre Meinung geändert und neu justiert? Inzwischen verbindet er die Zustimmung zu einer vorgezogenen Steuerreform mit einer Verschärfung des Sozialabbaus und gänzlich unverantwortlich wird es, wenn er neben seiner Forderung nach weiterer Aushöhlung des Kündigungsschutzes unverhohlen auch die Abschaffung der Tarifautonomie fordert. Die, Herr Ministerpräsident, hat noch immer Verfassungsrang; noch ist diese Verfassung in Kraft und nicht geändert.
Weil wir gerade bei der Verfassung sind und bei Verfassungstreue, möchte ich noch eine kleine Entscheidungshilfe mit auf den Weg geben und dazu zitieren: "Es ist ständige Aufgabe des Freistaats, jedem die Möglichkeit zu schaffen, seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte und dauerhafte Arbeit zu verdienen." So steht es klar und deutlich in Artikel 36 der Landesverfassung.
In einem Kommentar zu dieser Verfassung formuliert ausdrücklich Herr Linck, der ja nun nicht unbedingt als Sympathisant unserer politischen Auffassungen gilt, gemeinsam mit Herrn Jutzi und Herrn Hopfe: Gelegenheitsjobs und geringfügige Betätigungen seien dabei - und nun das Zitat - "nicht das Ziel." Zumindest, meine Damen und Herren, wenn man das zu Ende denkt, steht damit der Vorwurf im Raum, dass die Thüringer CDU sich neben der Verfassung unseres Freistaats bewegt, wenn sie genau diese Gelegenheitsjobs und geringfügigen Beschäftigungen als das Ziel ihrer gegenwärtigen Politik betrachtet.
Meine Damen und Herren, uns in diesem Zusammenhang vorzuwerfen, wir würden uns in den Ängsten der Menschen suhlen, ist eine Unverschämtheit. Wer das zu Ende denkt, der muss sich fragen, ob er nicht der Verantwortliche für die Ängste der Menschen hier ist.
Herr Ministerpräsident, als weiterer Hinweis für Ihre weitere Arbeit: Folgen Sie auch nicht den Vorschlägen eines Herrn Stoiber, der mit der Forderung nach gänzlicher Streichung von ABM und Fortbildung durch das Land zieht. Das wäre absolut nicht im Interesse Thüringens, Herr Minister Reinholz, dort haben Sie mehr als unsere Zustimmung, wobei man auch deutlich sagen muss, dass der massive Abbau von ABM und SAM, der in den letzten Jah
ren hier in Thüringen stattgefunden hat, deutlich zeigt, dass zum einen Beschäftigungsmöglichkeiten in Thüringen in völlig unzureichendem Maß vorhanden sind und dass zum anderen sichtbar wird, dass mit diesen Beschäftigungsmöglichkeiten über ABM und SAM ein Stück weit ein Beitrag geleistet werden kann, um die soziale Situation, insbesondere die soziale Situation von Langzeitarbeitslosen, zu verbessern. Es ist also bei weitem nicht zufrieden stellend, dass wir dieses Niveau so zurückgefahren haben, wie das die Landesregierungspolitik von CDU-Seite in den letzten Jahren betrieben hat. Nichtsdestotrotz sind wir unter den gegenwärtigen Bedingungen unbedingt dafür, dass diese Maßnahmen in Thüringen erhalten werden.
Deshalb lassen Sie mich noch mal zusammenfassen: Die Gesetze der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nur ein riesiges Sparprogramm für den Bundeshaushalt. Es geht vor allem zu Lasten der von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen, ohne dass durch SPD und Grüne klar gemacht werden kann, wie damit neue Arbeitsplätze entstehen. Besonders Ostdeutschland mit einem hohen Anteil an Menschen, die durch ihre Arbeit und Einzahlungen in die Arbeitslosenversicherung Anspruch auf Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe erworben haben, wird von einem erheblichen Kaufkraftverlust betroffen sein. Eine angebliche Orientierung auf bessere Vermittlung greift dabei ins Leere, da viel zu wenig freie Stellen vorhanden sind. Ich darf auch das noch einmal untersetzen. Wir haben in Thüringen zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Situation, dass 22 registrierte Arbeitslose auf einen vorhandenen gemeldeten offenen Arbeitsplatz kommen. Mit mehr und besserer und schnellerer Vermittlung bekomme ich die 21 Leute nicht in Beschäftigung. Es ist ein Irrglaube, dieses Prinzip für die neuen Bundesländer anzuwenden, um zusätzliche und neue Beschäftigung zu realisieren. Auch das Konzept der Unionsfraktion ist untauglich, mit mehr Druck auf Arbeitslose zusätzliche Beschäftigung zu erreichen. Hier stimme ich ausdrücklich Friedhelm Hengsbach zu, der dort zitiert wird mit dem Satz: "Die CDU hat den Schwächeren tatsächlich den Krieg erklärt." Dazu wird von SPD und Grünen sowie von CDU und CSU suggeriert, es gebe keine Alternativen und das ist schlichtweg falsch.
Deshalb fordert die PDS von der Landesregierung, sich im Interesse Thüringens und seiner Menschen im Vermittlungsverfahren für eine Reihe von Veränderungen in den Gesetzen stark zu machen, und zwar Veränderungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Thüringens und nicht im Interesse der Herren Koch und Stoiber, die an dieser Stelle ein völlig anderes Niveau und einen völlig anderen Gegenstand haben. Deshalb, meine Damen und Herren, unser Entschließungsantrag, auf den ich jetzt noch einmal kurz eingehen möchte.
Nötig ist, das geplante Arbeitslosengeld II und das Sozialgeld existenzsichernd auf 60 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens zu erhöhen. Das ist keine fiktive Zahl, meine Damen und Herren, sondern das ist die Armutsdefinitionsgrenze, die im Rahmen der EU, in der wir ja wohl Mitglied sind, als verbindlich festgelegt wurde. Es kann nicht Ziel sein, weit unter der Armutsgrenze die Bürger per Gesetz zufrieden zu stellen. Gleiches fordert übrigens das Thüringer Arbeitslosenparlament mit seiner Resolution vom 12. November. Erhöht werden muss ebenso die pauschale ABM-Entlohnung. Dazu gehört auch und endlich, die Diskussion um eine neue Landesrichtlinie zur ABM-Forderung zu Ende zu bringen, den Trägern klar und deutlich zu sagen, welche Leistungen von Landesseite gewährt werden und damit Planungssicherheit bei diesen für ihre Maßnahmen, die sie nächstes Jahr einreichen wollen, zu gewährleisten. Es kann nicht sein, dass über Monate mit permanent neuen Entwürfen zu dieser Richtlinie Unsicherheit unter den Trägern forciert wird. In den Gesetzen gilt es, die Möglichkeit der langfristigen Förderung gemeinwohlorientierter Projekte im NonProfit-Sektor zu verankern. Auch das ist keine abwegige Forderung, meine Damen und Herren. Im Operationellen Programm des ESF steht genau dieser Satz als Zielgröße und als Entwicklungsrichtung für Arbeitsmarktpolitik mit geschrieben. Arbeit, das wird ja sichtbar, liegt auch aus CDU-Sicht brach und das beweisen ja das Existenzgrundlagengesetz und die hessischen Aktivitäten. Nur die Bezahlung dieser Arbeit, die dort angeboten wird, ist das eigentliche Problem.
Deshalb geht es nicht, dass in einer Art Arbeitsdienst von zwangsverpflichteten Arbeitslosen zum Nulltarif Leistungen eingefordert werden, ohne die entsprechende Bezahlung zu gewährleisten. Ganz dringend, meine Damen und Herren - auch dort stimme ich dem, was Minister Reinholz gesagt hat, zu, aber ich will es noch einmal deutlicher machen -, müssen klare Regelungen für die organisatorische, inhaltliche und finanzielle Beteiligung regionaler Akteure und der Kommunen mit all ihren Kompetenzen an der Betreuung der Langzeitarbeitslosen getroffen werden. Das ist bisher nicht geschehen. Deutlich wird das auch, indem sich der Verwaltungsausschuss des Arbeitsamts Köln und die Verwaltung der Stadt Köln zu den zu erwartenden Regelungen geäußert haben. Dort wird festgestellt, es handelt sich um ein partnerschaftliches Herangehen an die Aufgaben, in denen jeder Partner entsprechende Verantwortlichkeiten, Zuständigkeiten aber auch finanzielle Ausgestaltungsmöglichkeiten haben muss, um seine Aufgaben zu realisieren. Das wird mit den Hartz-Gesetzen nicht gewährleistet. Dazu kommt, dass die Verschärfung der Zumutbarkeitsregeln für Arbeitslose zurückgenommen werden müsste. Sie sind ein Einfallstor zur weiteren Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten und der geplante Aussteuerungsbetrag, den die Bundesagentur für Arbeit für nicht vermittelbare Arbeitslose an den Bund zahlen soll, wäre ein klarer Missbrauch von Ver
sicherungsgeldern, um den Bundeshaushalt zu stützen. Das ist abzulehnen und das ist auch in den Gesetzen zu entfernen, um entsprechende Klagen von verschiedenen Seiten zu begegnen. Schließlich ist die Abschaffung des Sachleistungsprinzips nötig. Solche Zwangsmaßnahmen wie Ernährungsgutscheine und Ähnliches sind einem Sozialstaat unwürdig.
Es gäbe Weiteres, aber diese Punkte halten wir für die Mindestansätze. Stimmen Sie deshalb, meine Damen und Herren, diesem Entschließungsantrag zu, weil er im Interesse der Thüringer Bürgerinnen und Bürger Mindestforderungen artikuliert. Wir werden das namentlich machen, um hinterher auch feststellen zu können, wie Ihre Meinungen dazu waren und um jegliche Diskussionen und Eventualitäten und Entschuldigungen ausschließen zu können. Nach der Diskussion zum Thüringen-Monitor auf theoretischer Ebene wäre das eine praktische, nachvollziehbare und auch mit praktischen Wirkungen verbundene Entscheidung in diesem Haus, um das zu verändern, was sich draußen abspielt. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich will noch einmal ganz kurz auf das Gesagte eingehen. Zunächst eine kleine Korrektur: Der Kommentar zur Thüringer Verfassung ist von Linck, Jutzi und Hopfe. In dem von mir zitierten Teil steht Jutzi als Autor und nicht Linck, so dass das auch im Protokoll richtig erscheint.
Das Zweite: Dr. Müller, die finanzpolitische Sicht ist sicher richtig, aber was Sie hier gerade gesagt haben, heißt übersetzt, die Arbeitslosen können für das Dilemma, was wir im Bundeshaushalt haben, bezahlen, weil das die Einzigen sind, die wir problemlos und mit geringem Widerstand greifen können. Das kann es nicht sein. Es kann nicht sein, dass wir von den Haushaltszahlen ausgehen und sagen, den Arbeitslosen müssen wir aber noch etwas wegnehmen, sonst kommen wir mit unserem Haushalt nicht rund, ohne darüber zu diskutieren, welche Veränderungen in der Einnahmeseite des Haushalts notwendig sind, damit wir die Leistungen, die gesetzlich in einem Sozialstaat vorgeschrieben sind, für die Arbeitslosen erbringen können.
Das wäre doch die richtige Herangehensweise. Was Sie jetzt gesagt haben, zeigt doch ganz deutlich, dass ganz offensichtlich mit den Arbeitslosen bzw. mit den Leistungen für Arbeitslose der Haushalt dieser Bundesrepublik saniert werden kann. Das ist der eigentliche Skandal dieser Politik.
Nun noch einmal zu dem, Frau Vopel, dem Sie nicht zustimmen können. Zum einen zur Intention des Antrags, man muss unsere Anträge immer von Anfang bis Ende lesen und dann muss man noch einen Moment darüber nachdenken, dort steht, in den Beratungen soll von Landesregierungsseite darauf hingewirkt werden. Jetzt haben wir von der SPD-Seite und auch von der CDU-Seite gehört, wir warten einmal ab, was aus den Beratungen herauskommt und dann diskutieren wir das Ergebnis. Ist es denn wirklich so
selbstverständlich, Frau Vopel, haben Sie das gesagt -, dass Sie warten wollen, was die anderen entscheiden, um sich hinterher hinzustellen und zu sagen, so oder so würden wir das interpretieren. Hier geht es um einen Antrag, der Initiativen initiieren soll. Der Ansatzpunkte für Diskussionen initiieren soll. Da komme ich noch einmal zu den Punkten, damit auch wirklich für alle klar ist, was wir einfordern. Die Erhöhung des geplanten Arbeitslosengeldes II und des Sozialgeldes auf Basis der Armutsdefinition der Europäischen Union. Das heißt, es wird nichts weiter eingefordert, als das, was auf europäischer Ebene schon einmal Konsens war. Oder wollen wir denn wirklich in diesem sich Sozialstaat nennenden bundesrepublikanischen Staat unterhalb dieser Grenze in Zukunft Geld an Betroffene ausreichen. Ist das wirklich das Ziel auf diese Art und Weise unterhalb der Armutsgrenze einen Großteil der Bevölkerung, der unverschuldet in diese Situation gekommen ist, auszugrenzen? Ich bitte Sie, das auch zu überdenken und ich bitte Sie auch, das zu überdenken, was dann ein Nein in diese Richtung bedeutet. Die Erhöhung der pauschalen ABM-Förderung - dort waren wir weitestgehend im Konsens, das halte ich für das Mindeste, um eben entsprechende Möglichkeiten zu bringen, aber der dritte Punkt, die Möglichkeit der langfristigen Förderung gemeinwohlorientierter Projekte im NonProfit-Bereich - Frau Vopel, wenn wir nur darauf hoffen und warten, dass über wirtschaftliche Entwicklungen sich die Arbeitslosenzahl abbaut, dann frage ich mich, warum Sie dieses Hoffen und Warten in der sechzehnjährigen Regierungszeit der CDU in der Altbundesrepublik und in dem neuen großen Gebilde nicht dazu benutzt haben, diese Arbeitslosigkeit abzubauen. Dort hatten wir überdimensionales Wachstum, dort hatten wir überdimensionale Entwicklung, aber die Arbeitslosenzahlen sind nicht zurückgegangen.
Sie sind nicht zurückgegangen, Frau Vopel, wenn Sie eine Statistik lesen können. Sie müssen Sie richtig herumhalten, sonst gehen die Kurven tatsächlich nach unten, wenn Sie sie auf den Kopf stellen.
Der vierte Punkt, klare Regelungen für die organisatorisch-inhaltliche und finanzielle Beteiligung regionaler Akteure und der Kommunen an der Betreuung der Langzeitarbeitslosen, auch dort sind wir im Konsens. Ich will es noch einmal sagen: Es kann nicht sein, dass dort regionale Erfahrungen, die mit Jobcentern gemacht wurden - und wer die Szene ein bisschen kennt, weiß, dass es ein Modelljobcenter in Köln gibt -, nicht berücksichtigt werden; deshalb diese Forderung. Das geht auch noch einmal nachdrücklich an die Adresse der SPD, weil diese Erfahrungen tatsächlich und praktisch existieren und aus diesen praktischen Erfahrungen heraus, diese Beschlusslagen sowohl der Bundesanstalt als auch des kommunalen Parlaments bzw. der kommunalen Verwaltung gemacht wurde.
Der fünfte Punkt, die Rücknahme der Verschärfung der Zumutbarkeitsregeln für Arbeitslose.
Der sechste Punkt, der Verzicht auf den geplanten Aussteuerungsbetrag, den die künftige Bundesanstalt für Arbeit für nicht vermittelte Arbeitslose, die sich Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben haben, an den Bund zahlen sollen und die Abschaffung des Sachleistungsprinzips.
Meine Damen und Herren, was haben diese drei Regelungen im Gesetz mit Fördern und Fordern, mit schnellerer Vermittlung in Arbeit, mit Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeit für Arbeitslose zu tun, meine Damen und Herren? Das sind Zwangsmaßnahmen, das sind Maßregelungen, die getroffen werden sollen, die keine neuen Arbeitsplätze bereitstellen,
sondern die Sozialstaatsforderung in Deutschland konterkarieren. Deshalb stehen diese Teile in unserem Entschießungsantrag, Frau Vopel, bitte schön.
Frau Vopel, ich hatte angenommen, Sie hatten einen zweiten Satz gesagt. Diese Aussage gilt für die neuen Bundesländer nicht. Oder wollen Sie allen Ernstes behaupten, dass unter den 200.000 regiestrierten Arbeitslosen, den 120.000 Arbeitslosenhilfegeldempfängern diese Meinung die verbreitete und die bestimmende wäre, mit der Sie argumentieren? Wenn das nicht so ist, Frau Vopel, dann gibt es keinen Grund, dem nicht zuzustimmen. Sie können doch nicht mit dem Einzelfall und der Ausnahme, die es geben mag, an dieser oder jener Stelle argumentieren, wenn Sie eine gesetzliche Regelung einfordern wollen. Das kann doch nicht wahr sein.
Wenn wir einmal drin sind, ja.
Frau Vopel, wir machen ein Gesetz für alle Bundesländer, aber in dem Gesetz darf nicht der Einzelfall zur Bestrafung aller herangezogen werden,
sondern dort muss die reale Situation die Basis für die Entscheidung bilden. Frau Vopel, wo sind wir denn?
Wie wahr. Dieser Landtag sollte sich den Problemen, die draußen stehen, widmen, Herr Kretschmer, und nicht denen, die man sich schönredet oder auf irgendwelche internen Parteiprogramme schreibt. Das ist nicht die Realität, die draußen stattfindet. Danke.
Herr Minister, bei dem geplanten Behördenzentrum - oder wie Sie es genannt haben - in Artern, ist dort vorgesehen, eine neue Bausubstanz zu kreieren oder ist vorgesehen, die doch recht zahlreichen leer stehenden ehemaligen Behördeneinrichtungen zu nutzen?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Kretschmer, wir beide haben auch einen Vorteil; wir kennen uns ziemlich lange und Sie hätten ahnen müssen, wenn Sie solche Dinge in den Raum stellen, wie Sie sie in Ihrer Rede in den Raum gestellt haben, dass ich darauf noch mal reagieren muss. Herr Kretschmer, Sie haben gesagt, es handelt sich bei dieser Regierungserklärung um eine prägnante Beschreibung von Ursache und Wirkung und die Opposition hätte Zahlenspielerei als Analyse verkauft. Ich habe mir mal vier Punkte herausgesucht, an denen ich Ihre These noch mal ein kleines bisschen aufgreifen möchte. Es handelt sich also um eine prägnante Beschreibung von Ursache und Wirkung, wenn der Wirtschaftsminister Reinholz feststellt in seinen Ausführungen, dass wir eigentlich kein Ausbildungs- und Abwanderungsproblem haben, sondern dass wir dort auf gutem Weg sind und die Ausbildungsinitiativen fruchten. Gleichzeitig, Herr Kretschmer, möchte ich auf eines hinweisen: Der viel gelobte Bericht der Enquetekommission schreibt auf Seite 107: "Um
künftig den Fachkräftebedarf der Unternehmen zu sichern, sind auch verstärkte Ausbildungsanstrengungen der Wirtschaft, insbesondere bei der Erstausbildung nötig. Um eine gerechte Verteilung der Lasten zu gewährleisten, die gegenwärtig hauptsächlich von kleinen und mittleren Unternehmen getragen werden, sollte das Modell einer Finanzierung durch die Wirtschaft und den Freistaat erarbeitet werden." Das war ein Minderheitenvotum aus dem Jahre 2001. Wie richtig dieses Minderheitenvotum war, Herr Kretschmer, sagt der Arbeitsmarktbericht des Freistaats Thüringen vom September 2003.
Der sagt nämlich, die Ausbildungsmarktsituation ist erneut schwierig. Er sagt weiter, das Angebot an betrieblichen Ausbildungsstellen in Thüringen hat sich im Vergleich zum Vorjahr weiter verringert. Er sagt nicht, trotz Ausbildungsinitiative des Ministers, sondern er stellt nüchtern fest, weiter verringert. Er stellt weiter fest, der Anteil der so genannten Altnachfrager, die die Schule bereits in den früheren Jahren verlassen hatten, erreichte in diesem Jahr mehr als 41 Prozent. Damit wurde der demographisch bedingte Rückgang der Schulabgänger kompensiert. Und er stellt weiter fest, in eine betriebliche Ausbildung sind aber nur rund 41 Prozent der Bewerber gemündet. Er stellt abschließend fest, offensichtlich ist, dass vor allem leistungsstarke Jugendliche Mobilität zeigen und dorthin gehen, wo attraktive, am Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildungen angeboten werden.
Wie stellten Sie so richtig fest, Herr Kretschmer, die Rede beschreibt prägnant Ursache und Wirkung. Es hätte dazu gehört, dass man dieses Problem sachlich und nüchtern darstellt und nicht die hervorragenden Erfolge der Landesregierung darstellt, wohl wissend, dass wir allein in Thüringen Wegzüge in einer Größenordnung von 110.000 Bürgern haben, das ist fast so viel wie in den anderen neuen Bundesländern zusammen.
Ein zweiter Punkt: Es war für mich schon erstaunlich, in welchem Umfang auf das Problem der Beschäftigungssituation und Arbeitsmarktpolitik in dieser Rede eingegangen wurde, in der Rede des Ministers also dieser Regierungserklärung. Herr Minister Reinholz, ich bedaure sehr, dass es offensichtlich unter den Mitarbeitern Ihres Hauses, die diese Rede geschrieben haben, wenig oder kein Verständnis für dieses Problemfeld gegeben hat, ansonsten wäre wohl das, was an Material dort angeboten wurde, etwas umfangreicher und deutlicher gewesen. Es hätte der Ehrlichkeit halber dazu gehört, und da will ich nur noch mal ein oder zwei Punkte aufzählen, dass die Anzahl der Arbeitsmarktmaßnahmen im Freistaat Thüringen um über ein Drittel im Vergleich zum letzten Jahr zurückgegangen ist - von 35.000 jetzt bestehenden 18.000 weniger als im letzten Jahr - kein Wort dazu. Auch kein Wort, wie
man das kompensieren will, auch kein Wort zum so genannten Existenzgrundlagensicherungsgesetz der CDU. Sie beschweren sich über die Aktivitäten zu Hartz III und IV der SPD, meine Damen und Herren. Wenn Sie ehrlich gewesen wären, hätten Sie sich hierhin stellen müssen und hätten sagen müssen, meine lieben Arbeitslosen, mit dem Existenzgrundlagensicherungsgesetz wollen wir eigentlich gar nicht, dass Hartz IV nicht wirksam wird, sondern wir wollen lediglich dass Hartz IV in verschärfter Form umgesetzt wird. Das ist der wahre Hintergrund Ihres politischen Handelns. Das erklärt auch,
warum Sie nicht bereit waren und nicht ehrlich darstellen wollten, wie die Situation im Freistaat ist. Kein Wort und da wiederhole ich das, was Alfred Müller gesagt hat - zur Regionalisierung und den Regionalbeiräten. Kein Wort darüber, dass diese Beiräte seit Monaten und Tagen beraten und Anträge prüfen, Anträge genehmigen, aber die Anträge nicht ausgezahlt werden können, weil seit Monaten aufgrund fehlender Mittel im Landeshaushalt ein Genehmigungsstopp für diese Anträge besteht. Es türmen sich in der GfAW Stapel von Anträgen, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht genehmigt werden können, aber in der Regierungserklärung steht, wir sind auf gutem Wege, so wie bisher machen wir weiter, es ist keine Veränderung notwendig.
Meine Damen und Herren, das ist der Vorwurf, den wir Ihnen machen, dass Sie die Realitäten nicht zur Kenntnis nehmen und nicht bereit sind, auf diese zu reagieren. Dazu kommt ein dritter Vorwurf, den ich denke, auch exemplarisch machen zu können. Sie pflegen und initiieren regionale Egoismen, um damit zu kaschieren, dass Sie weder finanziell noch politisch entsprechend handlungsfähig sind. Ich will das am Beispiel dieser Applikationszentren machen und der dort erzeugten politischen Handlungszwänge. Was erwarten Sie denn von Bürgermeistern und Landräten, denen man sagt, sowohl bei dir als auch bei dir könnte ein solches Zentrum entstehen. Es wäre verwerflich, wenn die Bürgermeister nicht darum kämpfen würden, dass es in ihrem Zentrum entsteht. Aber es wäre viel einfacher gewesen, meine Damen und Herren, wenn wir in dieser Landesregierung und auch in der Mitte dieses Hauses einmal in die Unterlagen gesehen hätten, die wir besitzen. Ein Landesentwicklungsprogramm legt räumliche Strukturen für die perspektivische Entwicklung fest. Es ordnet ein, wo sich schwerpunktmäßig Entwicklung vollziehen soll. Das steht jedenfalls im Landesplanungsgesetz. Wir haben bloß das Problem, dass wir ein ungeliebtes Pflegekind Landesentwicklungsprogramm in dieser Landesregierung haben, was von einem Ministerium zum nächsten geschoben wird. Nun hat es dummerweise den Innenminister wieder getroffen.
Er konnte nicht Nein sagen, er war halt einmal wieder dran, die anderen konnten nicht mehr, nun muss einer die Suppe auslöffeln, die in den letzten sechs, sieben Jahren damit dort eingebrockt wurde, und wir haben den Salat. Wenn es denn nicht dieses Programm gäbe, Minister Reinholz, hätten Sie überhaupt keine Entscheidungsschwierigkeiten, dann wäre nämlich klar definiert, wo in dieser technologischen Richtung sich Entwicklung vollziehen soll in Thüringen, wer für dieses Applikationszentrum in Frage käme und wir müssten nicht darüber diskutieren, ob wir nun 2005 oder 2006 oder vielleicht noch später dann endlich zu einer Realisierung dieses Weges kommen oder ob zufällig die STIFT in der vierten oder fünften Beratung zu diesem Thema nun endlich einmal in die Lage versetzt wird, eine Entscheidung zu treffen oder nicht.
Der vierte Punkt, an dem ich es festmachen möchte, Herr Kretschmer, auch wir haben wieder einen Vorteil, wir waren beide in der Enquetekommission. In der Enquetekommission ist auch darüber diskutiert worden, ob es nicht Sinn macht revolvierende Fonds zu entwickeln, um auf diese Art und Weise Wirtschaftsfördergelder in die Kasse des Freistaats zurückfließen zu lassen. Die Antwort Ihrerseits, das Thema berühren wir am besten gar nicht, das macht Arbeit. Als Zweites, es ist vorteilhaft, solange wie wir eine SPD-Bundesregierung haben, erst einmal von der Bundesregierung zu fordern, dass wir Geld brauchen, möglichst so, wie bisher und das für die nächsten Jahre. Das, was Sie in der Gemeinschaftsaufgabe an Mittelreduzierung beklagen, wäre doch ehrlichkeitshalber zu sagen, beruht auf einer Entscheidung der 97er-CDU-Regierung oder der 96er sogar, dass über die nächsten Jahre in diesem Maße, das Sie heute beklagen, abgeschmolzen wird in der Gemeinschaftsaufgabe. Sie haben diese Entscheidung getroffen und stellen sich heute hin als ob nichts gewesen wäre und sagen, aber in Zukunft erwarten wir, dass diese Förderung für die neuen Bundesländer so weitergeht wie bisher, anstatt darüber nachzudenken, wo innovative neue, andere Ansätze sind und ob es nicht gehen könnte, über diesen Weg entsprechende wirtschaftliche Entwicklungen zu vollziehen.
Im Übrigen, als wir das in der Enquetekommission diskutiert haben, gab es dafür sowohl vom Handwerk als auch von der Wirtschaft die entsprechende Bereitschaft. Die ist von Landesregierungsseite seit zweieinhalb Jahren nicht wahrgenommen worden und von Ihnen, das unterstelle ich einmal, nicht befördert worden, sondern das ganze Gegenteil ist der Fall. Dann bleibt, meine Damen und Herren, um diese Versäumnisse und Mängel der eigenen Politik zu kaschieren, natürlich nichts weiter als die Feststellung einer prägnanten Beschreibung von Ursache und Wirkung für diese Regierungserklärung, die Thüringen weder hilft, noch schadet, denn sie zeigt nicht, wohin die nächsten Wege und die nächsten Schritte gehen. Ich danke Ihnen.
Herr Staatssekretär, Sie wiesen darauf hin bei Frage 1, dass es bei den 61 Cent bei all denen bleibt, die einen schriftlich langfristigen Kaufvertrag haben, das heißt, die 83 Cent gelten für alle anderen. Die Frage wäre, wie viele andere gibt es denn in Thüringen, die keinen schriftlichen Vertrag haben aber zurzeit Abnehmer von Trinkwasser sind?
Würde das nachreichbar sein?
Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wer bietet das brauchbarste Konzept zur Veränderung der Situation der Arbeitslosen - das scheint der Streitpunkt zu sein, der gern parteipolitisch gefärbt so beantwortet wird, dass jeweils der andere Schuld ist. Das haben wir gerade wieder gesehen. Allerdings helfen tut das den Betroffenen tatsächlich helfen tut das den Betroffenen wenig, weil es sich lediglich um Argumentationsketten handelt, aber nicht um Lösungsansätze zur Beseitigung der Situation. Was wir brauchen, wäre eine Marktanalyse, wenn man denn den Arbeitsmarkt verändern will, und diese Analyse bringt klar und deutlich an den Tag, dass wir massenhaft vorhandene Arbeit haben, aber keine bezahlte Arbeit, kein Geld für die Bezahlung. So jedenfalls wird uns das suggeriert. Und dieses Problem der Nichtbeschäftigung, was in Thüringen nahezu eine halbe Million Menschen betrifft, wird weder vom Bund gelöst mit dem, was Hartz anbietet, noch von Landesseite mit den Schuldzuweisungen gegenüber dem Bund.
Aber diese Aufgabe hat zwei Seiten und zwei Partner und deshalb will ich sowohl auf die Bundesseite als auch auf die Landesseite kurz eingehen: Der Bund benutzt - und das ist zweifelsfrei, das ist auch in regierungsamtlichen Dokumenten nachzulesen - die Arbeitsmarktpolitik als Spartopf für seinen Haushalt. Ziel, so ist in internen Papieren zu lesen, ist es, nahezu 5,9 Mrd. durch Veränderung der Arbeitsmarktpolitik einzusparen, allein 2,5 Mrd. durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Gleichzeitig ist der Bund der Auffassung, dass man von diesem eingesparten Geld gleich wieder 1 Mrd. brauchen würde, um 9.000 bis 16.000 neue Stellen zu schaffen in den Job-Centern, um zusätzliche Beschäftigte zur Verwaltung der Arbeitslosigkeit einzustellen. Ursprünglich hieß das mal anders. Ursprünglich in dem Ansatz zur Arbeitsmarktreform 2000 hieß es: Von den nahezu 95.000 Beschäftigten in der Bundesanstalt für Ar
beit müsse man wegkommen, das wäre ein aufgeblähter Apparat, den umzustrukturieren, müsse etwas unternommen und entsprechende Aktivitäten entfaltet werden. Nach Hartz und anderen Diskussionen über Arbeitsamt 2000 und versprochene Reformen - nun mittlerweile drei Jahre versprochenen Reformen - ist das Ergebnis also der zusätzliche Bedarf von 9.000 bis 16.000 Stellen und ein zusätzlicher Pesonalkostenaufwand von 1 Mrd., nicht um neue Arbeitsplätze zu schaffen, sondern um Arbeitslose zusätzlich zu verwalten. Das ist nicht die Lösung des Problems. Aber ich sagte es bereits, man scheint sich mit der Lösung des Problems auch nicht beschäftigen zu wollen, denn man delegiert dieses Problem auf die Betroffenen, indem man Schuldzuweisungen macht, das Problem individualisiert und die Arbeitslosen für ihre Situation verantwortlich macht. Störend bei diesem Ganzen ist allerdings die Statistik. Deshalb hat man sich auch dort etwas einfallen lassen, so dass in der vorletzten Woche ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums erklärte in Berlin, es ist geplant, ab 2005 - und das darf ich zitieren, Frau Präsidentin: "... auch in Deutschland die Zählung der Internationalen Arbeitsorganisation ILO einzuführen." Danach, meine Damen und Herren, gelten als nicht mehr Arbeit Suchende diejenigen, die mindestens 1 Stunde pro Woche arbeiten. Das heißt, wer ab nächstes Jahr 1 Stunde pro Woche arbeitet, zählt nicht mehr als Arbeitsloser, es besteht sogar die Gefahr, dass man ihn als sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Zukunft in den Statistiken führt. Das ist der Gipfel der Unverschämtheit und das kann so in dieser Form nicht hingenommen werden.
Meine Damen und Herren, wir haben es mit einer ganz spezifischen Situation im Arbeitsmarktbereich Ost zu tun. Allerdings wird diese Spezifik des ostdeutschen Arbeitsmarkts in keinem der Analysepapiere der Bundesregierung wahrgenommen oder ausgeführt. Nach wie vor ist es so, dass mit pauschalen Ansätzen in der Arbeitsmarktpolitik das Problem versucht wird zu lösen und für diese spezifische Ostproblematik nicht ein einziger Ansatz in den Papieren, aber auch in den Reden der politisch Verantwortlichen in Berlin zu finden ist. Kein Wort von einer Innovationszone Ost, die von mehreren Seiten, insbesondere von Seiten der PDS, vorgeschlagen wurde. Kein Wort von einem Innovationsprogramm Ost, das dringend notwendig wäre, um die Infrastrukturproblematiken aufzugreifen bzw. Lösungsansätze dafür zu finden. Das ist die Situation, die wir vorfinden. Allerdings auch kein Wort zu der Abwandungsproblematik und Pendlerströmen aus Ost in das Altbundesgebiet, die das Arbeitskräftepotenzial der neuen Bundesländer nachhaltig schwächen und insbesondere auch das Potenzial in Thüringen nachhaltig schwächen, weil damit massenhaft Verlust von hoch qualifizierten Arbeitskräften verbunden ist, denn wer hier keine Arbeitsbedingungen findet, geht in die alten Bundesländer und steht für diesen Arbeitsmarkt hier nicht mehr zur Verfügung. Der vermeintliche Standortvorteil hoch qualifizierter
Arbeitskräfte hier in Thüringen geht damit sukzessive verloren. Das ist das Ergebnis und die Folge des Handelns des Bundes bei der vermeintlichen Reform des Arbeitsmarkts. Ich wiederhole es noch mal: Keine Marktanalyse, pauschales Handeln, Nichteingehen auf die Spezifiken in einem bestimmten Bereich - das kann, und das sind Binsenweisheiten aus der Schule, nicht funktionieren und das wird nicht funktionieren, ob nun Hartz III und Hartz IV noch zusätzlich kommen und das Problem weiter verschärfen werden oder nicht.
Aber, meine Damen und Herren, das ist nur die eine Seite der Medaille. Ich sagte eingangs, die Schuld wird zwischen Bund und Land hin- und hergeschoben. Ich behaupte, die Landesseite ist an dieser Stelle keinen Deut besser.
Wer die aktuellen Schlagzeilen in den Zeitungen des gestrigen und heutigen Tages Arbeitsmarktpolitik betreffend liest, wird auch feststellen, dass es dort einen gewissen Widerspruch gibt zwischen der Top Thüringen beschriebenen Situation und den tatsächlichen Realitäten im Bereich des Arbeitsmarkts. Denn auch der Freistaat, das Land Thüringen, die CDU-Landesregierung benutzen die Arbeitsmarktpolitik, das hat man sich vom Bund abgeschaut, als Spartopf. Das Land hat seinen eigenen Spielraum im Rahmen des Landesarbeitsmarktprogramms auf nahezu null reduziert. Für alle, die es nicht in Erinnerung haben, dieses Programm hatte einmal, das ist noch nicht so sehr lange her, über 120 Mio. DM, also reichlich 60 Mio.  zur Verfügung, um gestaltend in der Arbeitsmarktpolitik von Landesseite mit Landesmitteln tätig zu werden. Dieses Programm besitzt heute noch 6,3 Mio., aus denen im Wesentlichen Pflichtaufgaben durch gesetzliche Regelungen finanziert werden. Alles andere ist weg und nicht mehr möglich.
Herr Philippus, Sie müssen nicht so erstaunt gucken, Sie wissen selbst, was Sie aus diesem Topf finanzieren. Es sind letzten Endes Pflichtleistungen, weil es dazu vertragliche Regelungen bzw. von Richtlinienseite entsprechende Zusagen des Freistaats gibt.
Gleichzeitig, meine Damen und Herren, werden Grundsätze, die uns diese Landesregierung so gern verkauft, im Rahmen der Haushaltsdurchführung gebrochen. Da wird erzählt, dass Wachstum nötig wäre und dass man Wachstum entsprechend fördern müsse und gleichzeitig wird gegen diesen Grundsatz verstoßen bzw. die Handlungsspielräume des Freistaats nicht ausgeschöpft. Uns liegt der vorläufige kassenmäßige Abschluss des Landeshaushalts 2002 vor, aus dem wird das deutlich sichtbar. Es gibt zwei Extreme vor dem Hintergrund der aktuellen Sparnotwendigkeiten, die uns immer wieder suggeriert werden. Da das eine Extrem heißt, wir haben es mit Mehrausgaben von 13,7 Prozent zu tun, die offensichtlich unbedingt notwendig waren, um das Wachstum zu fördern und auf der anderen Seite in drei Bereichen mit Minderausgaben in der gleichen Größenordnung prozentual. Das ist ja das, was so gern von Landesregierungsseite als Maßstab benutzt wird.
Ich will einmal Klartext reden. In der Staatskanzlei unbedingt wirtschaftsnotwendig und -fördernd - wurden 3,2 Mio. % %   ! $  ) und Städtebau 44,4 Mio.      Hochbau 19,4 Mio.      $  rung 100 Mio.   %   * +#   weniger, nicht zu vergessen das Landwirtschaftsministerium, in dem es noch einmal ungefähr knapp 30 Mio.  sind. Das ist die Diskrepanz und das ist letzten Endes auch der Bruch von Aussagen, den ich der Landespolitik in diesem Zusammenhang vorwerfe und das wohl wissend vor dem Hintergrund, dass sich die registrierten Arbeitslosenzahlen im Freistaat Thüringen nicht verändert haben und das seit Jahren, dass aber gleichzeitig, ich wiederhole die Zahl noch einmal, die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den letzten zehn Jahren in Thüringen um 160.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte abgenommen hat. Gestern hat mein Fraktionskollege Bodo Ramelow das umgerechnet. Das ist ein täglicher Arbeitsplatzverlust von 40 Arbeitsplätzen, der in Thüringen über 10 Jahre an Sonn- und Feiertagen, an Werktagen stattgefunden hat. Letztendlich heißt das also, dass es von Landesseite offensichtlich auch keine andere Sicht auf das Problem gibt als auf Bundesseite. Man hätte nur gern noch einige verschärfende Kriterien und verschärfende Forderungen in diesem Zusammenhang zusätzlich in die Papiere eingebaut, aber das grundsätzliche Problem damit nicht gelöst.
Dazu kommt ein weiterer Punkt, meine Damen und Herren, an den will ich nur ganz kurz erinnern, eine Verweigerungshaltung der Landesregierung bei der Entwicklung von Eigeninitiativen bzw. bei der Bewertung und Diskussion von Eigeninitiativen. Wir haben im Laufe des letzten Jahres uns hier im Haus, noch nicht einmal im Ausschuss, das wurde aus der Mitte des Hauses abgelehnt, darüber verständigen wollen, ob der Abbau von Überstunden einen Beitrag für zusätzliche Beschäftigung leisten kann, ob ein Vergabegesetz Aktivitäten in die richtige Richtung entfalten könnte, wenn es denn in Thüringen aufgelegt wird, ob Modellprojekte in der Arbeitsmarktpolitik ein sinnvoller Weg wären, für den Lösungsansätze gefunden werden müssen oder ob die Einführung von Pauschalen sowohl im Sozial- als auch im Kulturbereich nach dem Modell der Kinder- und Jugendpauschale ein sinnvoller Weg wäre, bis hin zu der Frage, ob eine Infrastrukturpauschale für das Land gestaltbar wäre, um zusätzliche Investitionen ins Land zu bringen und im Land zu initiieren. Nichts davon wurde der Fachdiskussion überantwortet, keine Ausschussdebatte dazu zugelassen. Es wurde hier im Plenum ohne eigene Vorschläge und Vorstellungen abgeschmettert.
Nun als großer innovativer Gedanke wird uns angekündigt, dass eine Arbeitsgruppe eingerichtet wird, in der sich die Spitzenverbände dazu verständigen wollen und müssen, welche Vorschläge und Vorstellungen sie entwickeln, als ob jetzt, nach Einführung der ersten beiden HartzGesetze, die Welt plötzlich ein völlig neues Bild böte, um
aktiv und handelnd zu werden. Nein, Herr Richwien, das ist ein Irrtum. Diese Aktivitäten hätten vor Jahren gemacht werden müssen und Sie zeigen nur, dass Sie offensichtlich völlig hilflos der durch Sie geschaffenen Situation gegenüberstehen.
Ich will allerdings in dem Zusammenhang auch auf einen weiteren Fakt aufmerksam machen, der das letzte Mal in diesem Haus negiert wurde. Frau Vopel, Sie haben das letzte Mal gesagt, man solle ihnen Beispiele nennen, in denen CDU-Abgeordnete Arbeitslose diffamieren. Das hätte im Hause bisher nicht stattgefunden. Ich behaupte, dass es doch stattgefunden hat und dass es nicht dazu beiträgt, die Probleme zu lösen. Ich habe mir die Mühe gemacht bzw. wir haben uns in der Fraktion die Mühe gemacht, einige Aussagen aus Plenarprotokollen einmal zu sammeln und ich erlaube mir, Sie darauf aufmerksam zu machen und die Ihnen einmal vorzutragen. Herr Kretschmer hat die Arbeitsmarktpolitik der Landesregierung am 07.07.2000 unter das demagogische Motto gestellt "Wie schützen wir die Schwachen vor den Faulen?" Also keine Erfolge am Arbeitsmarkt, schuld daran sind die Betroffenen, Fortsetzung der Drückebergerdebatte, die Bundeskanzler Schröder angestoßen hat. Ich weiß nicht, was uns das in der gegenwärtigen Situation hilft. Zu dieser Politik gehört, Arbeitslose nach Erhalt einer geförderten Arbeitsstelle eine Karenzzeit bei Maßnahmen vorzuschreiben. Am 18.11.1990 hat sich der damalige Finanzminister Andreas Trautvetter gegen die seiner Ansicht nach vorhandenen Maßnahmekarrieren von Arbeitslosen gewandt. Dazu gehört schon ein großes Maß an Zynismus, wenn man Langzeitarbeitslosen, die durch geförderte Arbeit wenigstens ihren Lebensunterhalt für eine gewisse Zeit mit eigener Hände Arbeit bestreiten können, eine Karriere vorhält in Anbetracht einer Situation, wo über 210.000 registrierte Arbeitslose im Freistaat existieren und gleichzeitig für diese nur 10.000 offene Stellen zur Vermittlung zur Verfügung stehen. Etwas moderater, aber gleichbedeutend formulierte am 13.04.2000 der damalige Minister Franz Schuster "Es müsse verhindert werden, dass ein Arbeitnehmer durch eine ABM-Stelle einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erhebt und nach einer gewissen Zeit der Arbeitslosigkeit vom Arbeitsamt wiederum in eine andere ABM vermittelt wird."
Frau Vopel, natürlich wollen wir den Drehtüreffekt nicht, aber Sie organisieren ihn doch mit Ihrer Politik. Sie bieten für die Arbeitslosen keine Alternative als diesen Drehtüreffekt an. Sie wissen doch selbst, dass es völliger Unsinn ist, über wirtschaftliche Entwicklung und Wirtschaftswachstum in dieser Bundesrepublik das notwendige Maß von 7.000.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen zu schaffen. Das ist Ihnen doch bekannt.
Herr Kretschmer, wenn Sie den Arbeitslosen
nicht bereit sind zu sagen, dass Sie für sie keine Lösungsansätze haben, wenn Sie sie weiterhin belügen mit Aussagen wie "wir brauchen entsprechende wirtschaftliche Entwicklung und Wirtschaftswachstum, damit es ihnen besser geht", dann müssen Sie sich über die Probleme und Entwicklungen, die sich draußen vor den Türen dieses Saales, in dem gut verdienende Abgeordnete sitzen, abspielen, nicht wundern.
Denn die Entwicklung, die dort passiert, ist eine katastrophale für die Betroffenen. Und wir können es nicht hinnehmen, dass wir uns hier drin über uneffektive Projekte streiten, sondern wir haben neue Lösungsansätze anzubieten. Ich sage es Ihnen noch einmal, wenn Sie eingangs nicht zugehört haben, wir brauchen für die Nichtbeschäftigten zusätzliche Arbeitsplätze, zusätzliche Beschäftigungsfelder, öffentliche Förderung für diese Beschäftigung, weil es ansonsten - jawohl, Geld brauchen wir auch dafür.
Wir haben Ihnen in der Haushaltsdebatte eine ganze Reihe von Vorschlägen dazu gemacht, Herr Kretschmer, und wir können auch gern - wir haben noch zwei Monate Zeit, dann haben wir wieder eine Haushaltsdebatte - darauf zurückkommen, wenn Sie die nächsten Streichorgien im Bereich Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik ansetzen.
Meine Damen und Herren, ich hätte noch weitere Beispiele anzubieten, ich will es dabei belassen. Es bleibt dabei, es ist weder auf Landesseite noch auf Bundesseite das Problem erkannt und ein entsprechender Lösungswille, der den Arbeitslosen, den Betroffenen hilft, erkennbar. Neoliberale Wachstumsthesen, verknüpft mit Beschäftigungserwartungen, werden das Problem, vor dem diese Bundesrepublik steht, nicht lösen. Wir brauchen öffentlich geförderte Beschäftigung, wir brauchen dazu zusätzliche Aktivitäten und neue Denkansätze. Die veralteten Mottenhüte, die uns von Bund und Land angeboten werden, sind dafür unbrauchbar. Ich bin deshalb der Auffassung, dass wir durchaus mit dem neuen Wirtschaftsminister, dem ich viel Kraft und Erfolg für seine Arbeit wünsche, die Diskussion im nächsten Wirtschaftsausschuss noch einmal führen sollten, um dieses Thema zu vertiefen und auch seine Ansichten zu der Problematik zu hören. Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin, Herr Staatssekretär, nur etwas zur Richtigstellung. Wir sollten ja zumindest versuchen ernst zu nehmen, was wir in diesem Land beschließen. Die Mitte des Hauses hat einen dritten Nachtragshaushalt beschlossen und uns erklärt, das wäre die Wahrheit und das Umsetzbare in der Haushaltspolitik des Jahres 2002. Nun habe ich mir erlaubt, Herr Staatssekretär, bezüglich dieses dritten Nachtragshaushalts die Veränderungen im Ergebnis der Umsetzung des dritten Nachtragshaushalts darzustellen. Man kann nicht im Oktober sagen, mit diesem Hauhalt kommen wir über's Jahr und vier Monate später, wenn dann das Ergebnis vorliegt, was wir übrigens immer gesagt haben, dass dieser Haushalt unbrauchbar ist für die Umsetzung der Haushaltsprobleme in diesem Land,
kommen und sagen, die Aussagen sind aber nun nicht mehr ganz richtig.
Meine Damen und Herren, bitte schön, so viel Ehrlichkeit sollten wir uns schon zugestehen.
Durch die Staatsbauämter zu vergebende Planungsaufträge
Im Auftrag der Landesregierung werden die Staatsbauämter bauvorbereitend, baubegleitend und -ausführend wirksam.
Dazu werden in der Regel fachlich geeignete externe Planungs- und Überwachungskapazitäten eingesetzt.
Ich frage die Landesregierung:
1. In welchem Umfang wurden in den Jahren 2000 und 2001 Planungs- sowie Bauleitungs- und Überwachungsaufgaben (getrennt nach den Staatsbauämtern) für Maßnahmen notwendig und welcher Anteil wurde davon durch die Staatsbauämter selbst durchgeführt?
2. In welcher Höhe wurden in den Jahren 2000 und 2001 Planungs- sowie Bauleitungs- und Überwachungsaufgaben (getrennt nach den Staatsbauämtern) an entsprechende, in Thüringen ansässige Büros vergeben?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Verwaltung hat sich perfektioniert und sie hat sich auch eingerichtet und das Verwaltungshandeln wird durch rechtliche Vorschriften und eine immer engere Handhabung des Ermessensspielraums bestimmt. Ergebnis des Ganzen ist, wie es auch im Text der beiden Anträge deutlich wird, dass der Wirtschaftsstandort Thüringen einer dringenden Stärkung durch Deregulierung und Entbürokratisierung bedarf. Nun können wir trefflich streiten, ob eine Entbürokratisierungskommission bei der Staatskanzlei den Status quo minus bei den Regelungen erreicht und damit den Standort Thüringen stärkt, oder ob eine lange überfällige Verwaltungsreform, wie vom Staatssekretär ja auch mehr oder weniger versteckt im Satz angedeutet, den Durchbruch bringen wird.
Meine Damen und Herren, was uns als PDS-Fraktion allerdings an beiden Anträgen stört, ist ihre Anonymität bei den Zielen in den Beschlusspunkten 1 bis 4 des CDUAntrags sowie 1 bis 8 im SPD-Antrag. Wollen wir eine Deregulierung um ihrer selbst willen? Wollen wir Zahlenspiele, etwa so, dass von über 2.000 Verordnungen und Vorschriften mehr als 10 Prozent ab 01.01.2004 nicht mehr gültig sind? Ich meine, wir brauchen auch Deregulierung und Abbau von Verwaltungshemmnissen, um die Situation im Wirtschaftswachstum zu verbessern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, Wirkung gegen Insolvenzentwicklungen zu entfalten und insgesamt ein unternehmerfreundlicheres Klima zu schaffen. Das war ja auch, wenn ich daran erinnern darf, der Ausgangspunkt der Initiative der IHK und ihres Dachverbands. Nicht Aktion schlechthin also, sondern ergebnisorientiertes Handeln.
Uns geht es um eine Verbesserung der Dienstleistungsfunktion des Staates. Dazu ist Verkürzung und Vereinfachung von Genehmigungsverfahren, Antrags-, Bewilligungs- und Zulassungsverfahren notwendig, um Erhöhung der Transparenz staatlicher Verwaltungsakte und um unternehmerfreundlichen Zugang zu Leistungen öffentlicher Einrichtungen zu erreichen. Uns geht es um den Abbau bürokratischer Belastungen für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Handwerker. Nicht der Weg, meine Damen und Herren, Prüfung und Sortierung von Vorschriften und Regelungen, sondern das Ziel, Vereinfachung von Regelungen und Verbesserung in ihrer Handhabung sind für uns das Maß dieser Maßnahmen.
Insofern, meine Damen und Herren, ist es schon sehr bedauerlich, dass die Mehrheit der Abgeordneten sich für so klug hält, dass eine Anhörung zu diesem Komplex mit
der Zielstellung der Schwerpunktsetzung für die Abschaffung der die wirtschaftliche Entwicklung hemmenden Regelungen abgelehnt wurde. Wer sind wir denn eigentlich? Wer von uns ist in seiner täglichen Arbeit im Ringen um seine Existenz im gleichen Maße wie die Unternehmer, Handwerker und Gewerbetreibenden nicht schon mit den überbordeten bürokratischen Regelungen konfrontiert worden? Ich sage Ihnen, die eine derartige Anhörung abgelehnt haben, haben sich in einen Elfenbeinturm zurückgezogen und betreiben Elfenbeinturmpolitik. Sie fühlen sich allwissend und haben die Verbindung zu denen verloren, die täglich mit
der Bürokratie und ihren Regelungen zu ringen haben. Zu diesen bürokratischen Regelungen gehört es auch nach Ihrem Verständnis, dass man immer da sein muss, um zu erfahren und zu wissen was in den Ausschüssen beredet wurde. Sie können davon ausgehen, Herr Kretschmer, dass meine Beziehung zu den Abgeordneten des Wirtschaftsausschusses so gut funktioniert, dass ich zumindest über die Diskussionen die von Ihrer Seite geführt wurden, ausreichend und umfassend in diesem Zusammenhang informiert wurde.
Nein wir haben kein Berichtswesen, wir haben eine vernünftige Umgangsform, weil es uns um die Sache geht und nicht um die Anwesenheitsnachweise. Wenn wir, meine Damen und Herren, den Wirtschaftsstandort Thüringen wirklich stärken wollen, hätten wir das externe Wissen um die Hemmnisse der direkt Betroffenen im Ausschuss in einer Anhörung aufgreifen können.
Herr Kretschmer, Sie werden lästig.
Meine Damen und Herren, es ist doch so, dass nach Ende des ersten Jahrzehnts der Vereinigung der Aufholprozess nicht nur an Dynamik verloren hat, sondern sich der Abstand zwischen Ost und West vergrößert. Es hat sich doch als Irrglaube erwiesen, dass erfolgreiche Standorte die Standorte mit Niedriglohnniveau sind. Und es hat sich bewiesen, dass wachsende wirtschaftliche Entwicklung immer das Ergebnis politisch gestalteter, gesellschaftlich gewollter, innovativer Bündnisse war. Die Gesellschaft, die Bürgerinnen und Bürger, Unternehmer, Handwerker
und Gewerbetreibende wollen Veränderungen. Es ist also an uns, die politischen Voraussetzungen für eine Allianz für Arbeitsplätze, Ansiedlungen und Aufträge zu schmieden. Es ist also an uns, nicht nur Initiativen der Landesregierung zu begrüßen, sondern das Ziel zu formulieren, dass die Deregulierungsmaßnahmen zu erfüllen haben und auf modernes Verwaltungshandeln, das die wirtschaftliche Entwicklung unterstützt, zu orientieren. Dabei geht es darum, Antragsteller wo nur möglich von Genehmigungsund Nachweispflichten zu entlasten, Gründungsdynamik und wirtschaftliche Stabilisierung zu erreichen. Eine verbesserte Koordinierung zwischen Wirtschafts-, Arbeitsmarkt, Technologie, Wissenschafts- und Forschungpolitik zu erreichen, auch bei den Förderprogrammen und den zu schaffenden Rahmenbedingungen. Und es geht um Entlastung der Unternehmen und Selbstständigen, aber auch der Bürgerinnen und Bürger von Gebühren und Beiträgen.
Nur mit solchen Zielen, nicht nur durch bloße Überprüfung der Außerkraftsetzung von Regelungen stärken wir den Standort Thüringen, machen wir Thüringen zu einem Innovationsprojekt Ost. Nicht Deregulierungs- oder Sonderwirtschaftszonen a la Gilo, sondern eine Innovationszone Thüringen ist notwendig und erforderlich.
Meine Damen und Herren, beide hier zur Diskussion stehenden Anträge sowie die Beschlussempfehlung sind der Anfangspunkt notwendiger Maßnahmen, der nun schon zum zweiten Mal gegebene Bericht der Landesregierung nur eine Zwischenetappe. Mit der vom Ausschuss vorgeschlagenen Ergänzung zur Berichterstattung über Ergebnisse der Überprüfung wird uns die Möglichkeit gegeben zu bewerten, wie die von mir genannten inhaltlichen Zielstellungen damit erfüllbar waren bzw. erfüllbar werden zu prüfen, ob zielorientierte Erarbeitung von Deregulierungsvorschlägen erfolgte. Hoffen wir es im Interesse der Arbeit Suchenden und des Freistaats Thüringen. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die SPDFraktion beantragt, die Landesregierung soll den Aufbau von Job-Centern in Thüringen mit einem eigenen Förderprogramm unterstützen. Nun hat die PDS-Fraktion schon häufig Aktivitäten in der Arbeitsmarktpolitik eingefordert und wir sind die Letzten, die sich sinnvollen Vorschlägen in diesem Problemfeld, das wieder von verschiedenen Rednern als das Dringendste bezeichnet wurde, verschließen. Aber die Frage ist: Worum geht es eigentlich in dem Antrag? Job-Center sind ein Element der Forderung des Hartz-Papiers und sie sollen aus Sicht der Bundesregierung bestimmte Bereiche der Arbeits- und Sozialämter zusammenführen. Welche Details dazu aber bisher gesetzlich geregelt sind,
ist nicht bekannt und welche überhaupt öffentlich bekannt sind, das ist auch weitestgehend im Dunkeln. Man wolle flächendeckend Job-Center einrichten, betonte Wirtschafts- und Arbeitsminister Clement bereits im November 2002 im Bundestag in der Debatte um die ersten beiden Hartz-Gesetze. Doch er blieb unkonkret und er ergänzte nur, dass diese Job-Center vor der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, die für Anfang 2004 vorgesehen sei, geschaffen werden sollen und es handele sich bei ihnen um - Zitat: "einheitliche Anlaufstellen". "Einheitliche", meine Damen und Herren, Herr Müller hat ja darauf verwiesen, dass das ein Problem darstellt.
In einem Papier seines Ministeriums zur Umsetzung der Vorschläge der Hartz-Kommission wird nur der Datenaustausch zwischen Arbeits- und Sozialämtern thematisiert und Erleichterung zur Einrichtung von Job-Centern dabei gesehen. Zu weiteren Einzelheiten hält sich Herr Clement allerdings bis heute bedeckt. Meines Wissens ist es auch so, dass zwischen Arbeitsämtern und Sozialämtern eine Übereinkunft existiert und nach dieser auch bereits seit Anfang April so verfahren wird, dass diese gemeinsamen Anlaufpunkte besetzt wurden, die Technik dort aufgestellt wird und erste Erfahrungen in der Kommunikation gesammelt werden. Schon im September 2002, meine Damen und Herren, hatte jedoch Bundeskanzler Gerhard Schröder in einem Brief an Betriebsräte die JobCenter, ich zitiere: "als die weiterentwickelten Arbeitsämter" bezeichnet. In einem aktuellen Faltblatt der SPD mit dem etwas unzusammenhängenden Titel "Agenda 2010 - schneller in neue Beschäftigung - das Arbeitslosengeld" wird von, ich zitiere nochmals: "den Job-Centern der umstrukturierten Bundesanstalt für Arbeit" gesprochen. Das heißt also, in bereits existierenden Job-Centern wie in München-Passing übernimmt, so jedenfalls eine Pressemitteilung der Bundesanstalt für Arbeit, das Arbeitsamt die fachliche Schulung und Qualifizierung der Mitarbeiter. Schon im September 2002 hat Staatssekretär Dr. Achenbach vom Bundesarbeitsministerium unmittelbar bevorstehende Verhandlungen mit kommunalen Spitzenverbänden angekündigt und Arbeitsschritte genannt, darunter die Prüfung räumlicher Voraussetzungen in den Arbeitsämtern und Fragen des Datenaustausches. Der Datenaustausch scheint ja bereits in Gang gekommen zu sein. Zudem kündigte Achenbach schon für den Oktober gemeinsame Fortbildungen für Mitarbeiter von Arbeits- und Sozialämtern an der Fachhochschule der Bundesanstalt für Arbeit in Mannheim an.
Aus dem bisher Gesagten geht für mich klar hervor, dass Rahmenbedingungen für den einheitlichen Aufbau der Job-Center, bei aller Kritik, die man vielleicht inhaltlich an diesem Konstrukt haben kann, und Kriterien für die Qualifizierung der Mitarbeiter zunächst eine Aufgabe der Bundesregierung und der Bundesanstalt für Arbeit sind,
wo diese Center eindeutig angegliedert sind bzw. angeliedert sein werden, jedenfalls nach dem, was wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt wissen. Es gibt dort offenbar bereits Vorstellungen, die aber noch nicht öffentlich gemacht wurden. Um hier für Klarheit zu sorgen, wäre es vielleicht wünschenswerter, dass zunächst von Regierungsseite der entsprechende Gesetzesentwurf mit der Regelung der Verantwortlichkeiten und der Zielstellungen in der Qualifizierung der Mitarbeiter für diese neue Arbeitsaufgabe vorliegt, so dass wir uns anschließend darüber verständigen können, welche Notwendigkeiten hier bestehen.
Ich halte es für richtiger und wichtiger, dass wir die ESFund Arbeitsmarktmittel, die in viel zu knapper Form im Freistaat zur Verfügung stehen, für aktive Arbeitsmarktpolitik, für die Arbeitslosen bzw. Nichtbeschäftigten im Freistaat nutzen als für Qualifizierung von Angestellten von Bundesbehörden. Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir wollten eine solche Arbeitsmarktdebatte auch zum jetzigen Zeitpunkt, weil wir sie für notwendig halten. Ich bin auch der Auffassung, dass es hier nicht um parteipolitisches Kalkül geht und vor allen Dingen, Frau Vopel, hier geht es nicht nach dem Motto: "Wer sich bewegt, verliert." Hier sollte es darum gehen Aktivität dann zu zeigen, wenn es nötig ist.
Wenn es eine Initiative gibt und wenn die von einer anderen Partei kommt und sie Gedankengänge aufgreift, die ganz sinnvoll sind, dann sollten wir aufhören hier parteipolitisches Kleinklein, wie Sie es betrieben haben, zu betreiben, denn das hilft den Leuten auf der Straße nicht, sondern sollten uns dem Problemen zuwenden und sollten gemeinschaftlich nach Lösungen suchen, und das wollen beide Anträge. Insofern sage ich gleich von vornherein, wir stimmen beiden Anträgen - unserem selbstverständlich, aber auch dem der SPD - zu.
Frau Vopel, was wir auch nicht gebrauchen können ist Häme, denn auch die hilft keinem, der draußen steht und in diesem Prozess benachteiligt und mittlerweile auch zunehmend diffamiert wird. Die registrierte Arbeitslosigkeit in Thüringen hat wieder einen traurigen Höhepunkt erreicht, mit über 217.000 registrierten Betroffenen waren im April 14.000 Menschen mehr arbeitslos als noch vor einem Jahr. Schon im Januar hat die Arbeitslosigkeit auch nach Ansicht der Partei, die die Landesregierung trägt, ein erschreckendes Ausmaß erreicht, so jedenfalls der CDUFraktions- und Landesvorsitzende Dieter Althaus in einem Zeitungsinterview, und Ähnliches war heute vom Sozialminister zu hören. Doch die Landes- wie die Bundesregierung haben keine brauchbaren Konzepte, diesen Zustand zu verändern und die Arbeitslosigkeit abzubauen. Beide verantwortlichen Regierungen haben aus meiner Sicht bei dieser Aufgabe bisher komplett versagt.
Obwohl seit langem Ansätze der PDS zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in kleinen und mittleren Unternehmen sowie im Non-Profit-Bereich vorliegen - ich nenne da nur als ein Beispiel, Frau Vopel, für Sie zur Erinnerung, die Sozialpauschale -, werden sie aus ideologischen Gründen, wie heute und von Ihnen zu hören war, blockiert. Das haben wir nicht das erste Mal, sondern schon mehrfach erlebt. Damit möchte ich natürlich nicht sagen, dass es überhaupt keine Konzepte bei den anderen Parteien gibt; natürlich gab und gibt es die. Ich nenne das Job-AqtivGesetz, die Hartz-Gesetze und die Agenda 2010 für die SPD; den Sozialstaat 21, die Offensive 2002 und den "Aufruf für Wachstum" der CDU. Nahezu jeden Tag wird - ich sage es einmal etwas drastischer - eine neue Sau durchs Dorf getrieben, allerdings die Lösung für die Arbeitsmarktprobleme ist davon nicht gekommen und Lösungen sind dort auch nicht brauchbar entstanden.
In der Bundesregierung herrscht in diesem Politikfeld - und das ist für mich eine traurige Erkenntnis - ein nur noch als konfus zu bezeichnender Zustand. Lassen Sie mich das an einem Beispiel zeigen: Zuerst sagt man, ABM müsse reduziert werden und kürzt die Mittel, und das über Jahre, so
dass es zu einem Kahlschlag kommt und in Ostdeutschland völlig kontraproduktiv, wie die PDS von Anfang an kritisiert hat. Noch am 8. April dieses Jahres hat Wirtschaftsminister Clement vor SPD-Bundestagsabgeordneten gegen geförderte Arbeit polemisiert und nun will man plötzlich in einem Sonderprogramm 100.000 neue ABMStellen. Um nicht missverstanden zu werden, die PDS hält geförderte Arbeit für sehr wichtig, aber ein Arbeitsloser kann doch überhaupt nicht mehr sagen, woran er bei dieser sprunghaften Meinungsbildung der Regierung eigentlich tatsächlich ist. Mit verantwortungsvoller Politik hat das nichts, aber auch gar nichts zu tun. Stattdessen wird in Berlin und in Erfurt das Märchen verbreitet, eine gestaltende Arbeitsmarktpolitik sei mit immer weniger Geld zu machen. Das Ergebnis sehen wir. Durch die drastischen Mittelkürzungen auf Bundes- und auf Landesebene bricht die aktive Arbeitsmarktpolitik zusammen. Gerade die jüngsten Vorschläge der Bundes-SPD auf der einen sowie Bundes-CDU/CSU auf der anderen Seite ähneln sich in ihrer Strategie. Die einen im Bund wollen gegenüber den vergangenen Jahren Milliardenbeträge im Bereich der Arbeitsmarktpolitik streichen, obwohl fast eine halbe Million registrierter Arbeitsloser mehr existiert als 2002, und die anderen in Thüringen sind schon einen Schritt weiter und haben zwischen 1999 und dem laufenden Haushaltsjahr 110 Mio. (  (( ' $   0  mittel der Arbeitsmarktpolitik entspricht, gegenüber 1999 im Haushalt gestrichen.
Die PDS hält aber an ihrer Forderung nach Vollbeschäftigung fest und darin unterscheiden wir uns deutlich von dieser CDU-Landesregierung, denn, meine Damen und Herren, man glaubt es nicht: Minister Gnauck stellte im Zusammenhang mit der Diskussion des Verfassungsentwurfs für Europa am Mittwoch dieser Woche im Ausschuss für Bundes- und Europangelegenheiten fest, dass er sich dafür einsetzen werde, das dort formulierte Ziel der Vollbeschäftigung wieder zu entfernen. Seine Zuhörer, meine Damen und Herren, waren auch Schüler. Im Interesse der Perspektive für diese jungen Menschen ist es unbedingt notwendig und zwingend erforderlich nach Meinung der PDS, dass die Beibehaltung dieses Ziels in einer zukünftigen europäischen Verfassung erhalten bleibt. Dafür werden wir uns ganz massiv einsetzen.
Es ist bedauerlich, dass die Landesregierung diese Zielstellung schon längst aus den Augen verliert, aber damit wird die Scheinheiligkeit der Argumentation im Bereich der Arbeitsmarktpolitik neuerlich sichtbar.
In dieser Verantwortung, in der wir uns sehen, hat die PDS im vergangenen Jahr ein beschäftigungspolitisches Programm vorgelegt und zu den Vorschlägen, mehr Beschäftigung zu erreichen, gehört ein ganzes Bündel von Strategien, über die wir auch im Parlament bereits debattiert haben. Allerdings sind aus der Mitte des Hauses diese Vorschläge abgelehnt worden. Ich nenne trotzdem noch einmal
einige Elemente: Arbeitszeitverkürzung und Arbeitszeitumverteilung, Gleichstellung der Frauen, Alternativen in der aktiven Arbeitsmarktpolitik mit der Förderung gemeinwohlorientierter Arbeit und einem ökologischen Strukturwandel. Als Gegenfinanzierung empfehlen wir unter anderem die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, eine an der Wirtschaftskraft orientierte Wertschöpfungsabgabe der Unternehmen und eine Spekulationssteuer, auch bekannt als Tobinsteuer.
Angesichts der dramatischen Situation muss es um kurzfristig umsetzbare Vorschläge gehen. Die PDS fordert deshalb, dass die Landesregierung im Bundesrat mit einer Initiative zur Einführung einer Arbeitsmarktpauschale als Sofortprogramm für die ostdeutschen Bundesländer aktiv wird. Die PDS hat sich schon lange für eine Verstetigung aktiver Arbeitsmarktpolitik durch Pauschalen ausgesprochen. In den Haushaltsberatungen der letzten Jahre und in anderen parlamentarischen Initiativen wurden sie entsprechend beantragt. Nun hat auch die SPD-Fraktion des Landtags im Februar das Konzept einer Arbeitsmarktpauschale vorgelegt, die vor allem aus Bundesmitteln, aber auch verstärkt durch Landesmittel finanziert werden soll. Die SPD will damit unter anderem die weggefallenen Bundesmittel der aktiven Arbeitsmarktpolitik kompensieren. Im März hat dieses Konzept die Zustimmung der Fachsprecher der ostdeutschen SPD-Landtagsfraktionen gefunden. Seit Februar, meine Damen und Herren, ist schon viel Zeit vergangen, ohne dass sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt verbessert hat, im Gegenteil. Parlamentarische Aktivitäten der Thüringer SPD waren bis zu unserem Antrag auch nicht zu verzeichnen, umso erfreulicher ist es, dass das jetzt geschieht. Wir kommen ja dann dazu, auch in der CDU gab es ja offensichtlich Handlungs- und Diskussionsbedarf.
Am Ende, Frau Vopel.
Meine Damen und Herren, was ist denn an den Vorschlägen so verkehrt? Die Landesregierung hat behauptet, ohne Geld geht es nicht. Die SPD-Fraktion hat das behauptet und die PDS-Fraktion sagt das schon seit langer Zeit, dass entsprechende zusätzliche finanzielle Mittel nötig sind. Wenn es jetzt eine Initiative und einen Vorschlag gibt, die genau auf diesen Punkt zielt und eine möglichst breite, freie Ausgestaltung der Mittelverwendung für das Land einfordert, was für einen Grund gibt es, aus der Mitte des Hauses einer solchen Initiative nicht zustimmen zu wollen? Ich verstehe Sie nicht, meine Damen und Herren, die Sie hier in der Mitte sitzen, auf der einen Seite von der Massenarbeitslosigkeit predigen und von der Beseitigung des Problems und auf der anderen Seite ohne jede eigene
Initiative in die Totalverweigerungshaltung gehen und in die Abwartehaltung und so weit gehen, wie Frau Vopel das gesagt hat: "Kümmern Sie sich doch mal in anderen Ländern drum, dass etwas vorwärts geht.". Das kann doch nicht das Ziel von Politik sein. Das Geld sind Sie nicht wert, was Sie für solche Aussagen bekommen, meine Damen und Herren.
Wer hier behauptet wie unser Ministerpräsident, wir haben unsere Möglichkeiten ausgeschöpft, der hätte mit der Umsetzung dieses Antrags wieder einen Spielraum und würde Möglichkeiten gewinnen, um der ihm übertragenen Verantwortung nachzukommen, es sei denn, man will es nicht. Denn durch Wirtschaftswachstum, meine Damen und Herren, kann die strukturelle Massenarbeitslosigkeit nicht gelöst werden. Ich möchte das anhand einer Beispielrechnung noch mal deutlich machen: In Thüringen arbeiten etwa 1 Mio. Erwerbstätige. Zieht man die 130.000 Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung ab, bleiben etwa 870.000 in der gesamten Wirtschaft. Dort sollen 217.000 offiziell registrierte Arbeitslose bzw. weit mehr als 400.000 real existierende nicht Beschäftigte integriert werden. Mit welchem Wirtschaftswachstum, meine Damen und Herren, soll das gehen? Mit 20, 30, 40 Prozent - oder welche utopischen Zahlen wollen Sie dort nach draußen verkaufen? Sie alle wissen, dass diese Annahmen völlig unrealistisch sind. Aber damit das klar ist, dass die neoliberale Forderung nach mehr Wachstum allein zur Lösung dieses Problems absolut untauglich ist, dafür fehlt Ihnen nach wie vor offensichtlich die Einsicht. Ostdeutschland ist durch die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung allerdings erheblich benachteiligt. Bundeswirtschaftsminister Clement hat am 8. April vor der SPDBundestagsfraktion eine lange Rede zur Agenda 2010 gehalten. Speziell Ostdeutschland widmete er ausweislich des Redemanuskripts ganze 5 Sätze mit einer völlig falschen Problemsicht. Wenn er feststellt, dass Arbeitsmarktreformen mit dem Ziel einer schnelleren Eingliederung Arbeitsloser in den so genannten ersten Arbeitsmarkt auf der Tagesordnung sind, dann liegt er schief und outet sich erschreckend ahnungslos bezüglich ostdeutscher Probleme. Wenn in Thüringen, meine Damen und Herren, bei mehr als 217.000 registrierten Arbeitslosen weniger als 12.000 freie Stellen vorhanden sind, ist selbst mit einem Trick und selbst mit Rechentricks und Statistiktricks nur die Vermittlung von 5 Prozent der Betroffenen möglich. Wohin mit den verbleibenden 95 Prozent? Das Ziel dieser Bundesregierung ist falsch gesetzt und um es zu erreichen, geht man Irrwege. Den Menschen in Thüringen und ganz Ostdeutschland nutzt dieses blinde Herumtapsen in der Landschaft allerdings nichts. Auch den Hartz-Gesetzen, meine Damen und Herren, fehlt die wirkliche Ostkomponente. Deshalb, weil für den Osten kein Angebot zur Schaffung von zusätzlicher Beschäftigung existiert, soll diese Landesregierung mit den Arbeitsministern der anderen ostdeutschen Bundesländer ein gemeinsames Vorgehen in der Arbeitsmarktpolitik gegenüber dem Bund abstimmen.