Protocol of the Session on October 17, 2003

Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, sehr verehrte Mitglieder der Landesvertretung, verehrte Besucher auf der Besuchertribüne, ich darf Sie alle sehr herzlich begrüßen zur heutigen 93. Plenarsitzung des Thüringer Landtags am 17. Oktober 2003. Ich möchte jemanden ganz besonders begrüßen, der zwar gestern schon hier saß, aber noch nicht ausdrücklich begrüßt wurde, zumindest nicht von diesem Präsidium aus, nämlich Herrn Staatssekretär Benner, Staatssekretär im Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Sie sind uns ja schon aus der 1. Legislatur auf diesem Platz bekannt, aber auch zwischenzeitlich haben wir verschiedentlich miteinander zu tun gehabt. Ich darf mich auf gute Zusammenarbeit freuen und für Ihr Amt alle guten Wünsche mit auf den Weg geben. Also, herzlich willkommen.

Dann haben neben mir Frau Abgeordnete Künast und Frau Abgeordnete Wackernagel Platz genommen. Frau Abgeordnete Künast wird die Rednerliste führen.

(Beifall bei der SPD)

Es haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Ministerpräsident Althaus, Herr Minister Kaiser, Herr Abgeordneter Böck, Herr Abgeordneter Illing, Herr Abgeordneter von der Krone, Herr Abgeordneter Mohring, Frau Abgeordnete Nitzpon.

Darüber hinaus möchte ich noch einige Hinweise zum heutigen Tag geben. Wir haben gerade Herrn Staatssekretär Benner willkommen geheißen. Willkommen und Abschied liegen aber wie immer dicht beieinander. Wenn alle Bauverantwortlichen Wort halten - ich sage es mal mit der Einschränkung, alle Bauverantwortlichen Wort halten - verabschieden wir uns mit dieser Sitzung, der 93. Plenarsitzung der 3. Legislaturperiode, aus diesem Saal, in dem wir nun 13 Jahre getagt haben. Ich denke, das ist schon eine Zäsur, bei der wir ein wenig innehalten können.

Ich habe einmal so ein bisschen nachgesehen. Die konstituierende Sitzung der 1. Legislaturperiode am 25. Oktober 1990 war ja bekanntlich in Weimar im Deutschen Nationaltheater, aber ab dem 26. Oktober 1990 haben wir hier in diesem Saal getagt. Dieser Saal, der Anfang der 50er-Jahre als Schwurgerichtssaal, Herr Justizminister, errichtet wurde, dann dem Bezirkstag Erfurt diente und seit 13 Jahren uns, dem frei gewählten Thüringer Landtag, in drei Legislaturperioden. Wir haben in diesen 13 Jahren immerhin 314 mal getagt in diesem Saal, haben fünfmal

eine Wahl des Ministerpräsidenten durchgeführt. Es haben drei Landtagspräsidenten bzw. -präsidentinnen, sechs Vizepräsidenten bzw. Vizepräsidentinnen präsidiert. Wir haben 11.220 Drucksachen beraten, darunter 576 Gesetzentwürfe, 1.071 Anträge, wozu noch einmal 1.738 Entschließungs-, Alternativ- und Änderungsanträge kommen. 2.848 Mündliche Anfragen wurden gestellt, nicht alle konnten im Plenum beantwortet werden, aber immerhin 2.605. Ich denke, eine ganz stattliche Bilanz, und mancher hat beim Abschied ja schon ein bisschen Wehmut mitklingen lassen, wie beim Herrn Fraktionsvorsitzenden, aber ich habe auch gerade gestern wieder Klage gehört über Zugluft und Beleuchtungsverhältnisse,

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Weicheier!)

(Heiterkeit im Hause)

und da ist es für eine Präsidentin schon gut, wenn man Besserung versprechen kann. Wir hoffen auf diese Besserung mit dem Einzug in den neuen Plenarsaal. Auch das möchte ich an dieser Stelle sagen, am 12. November 2003, um 14.00 Uhr, also einen Tag vor der regulären Plenarsitzung im neuen Plenarsaal, werden wir dann, so Gott will und die Bauleute Wort halten, die Einweihung des neuen Plenarsaals halten. Ich denke, vor diesem Hintergrund sollten wir nun auch diese 93. Plenarsitzung absolvieren. Aber nicht ohne auch darauf hinzuweisen, dass nicht alle mit uns diesen Umzug tätigen werden. Wir werden nicht alle im neuen Plenarsaal wiedersehen.

So wird uns ein Mann, ich fange mal noch nicht bei den Abgeordneten an, sondern an anderer Stelle, ein Mann der ersten Stunde und treuer Wegbegleiter aller Fraktionen verlassen, der Leiter unseres Wissenschaftlichen Dienstes Dr. Sebastian Dette. Er hat uns von der 1. Legislaturperiode an begleitet und stand mit Rat und Tat zur Seite.

(Beifall im Hause)

Er war - Sie merken es am lang anhaltenden Beifall aller Fraktionen - ein stets loyaler, immer einsatzbereiter, immer um Lösungen bemühter Helfer, und ich gestehe, dass ich selber den Aufstieg vom Ministerialdirigenten zum Bundesrichter gar nicht so ganz wusste, dass das überhaupt so geht, wenn Sie nicht vor wenigen Monaten just in dieses Amt gewählt worden wären. Darüber, denke ich, können wir uns alle freuen, bei aller Wehmut; wir werden Sie vermissen. Ich denke, es zeichnet auch die Leistungsfähigkeit dieses Thüringer Landtags aus, dass aus unseren Reihen, jetzt darf ich Verwaltung und Plenum mal in der Gesamtheit sehen, ein solcher Bundesrichter demnächst seinen Dienst antreten wird. Also noch einmal herzlichen Dank.

(Beifall im Hause)

Und nun, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird uns auch einer unserer Kollegen, nämlich Konrad Scheringer, verlassen. Auch er ist heute den letzten Tag unter uns zu dieser Plenarsitzung, und just, die Fügung wollte es so, feiert er heute seinen 65. Geburtstag.

(Beifall im Hause)

Lieber Herr Scheringer, auch hier der lang anhaltende Beifall aller Fraktionen als Gratulation für Sie durch das hohe Haus, auch von meiner Seite ganz persönlich. Wir wünschen Ihnen weiterhin Gesundheit, Glück und Wohlergehen für viele Jahre, und wir haben, auch das möchte ich sagen, Ihnen viel zu danken in diesem Haus an Profil, an Bodenständigkeit, an Originalität im wahrsten Sinne des Wortes.

(Beifall im Hause)

Danke für Ihren Einsatz in diesem Haus für den Freistaat Thüringen, und aus diesem Anlass der Verabschiedung und zugleich dem 65. Geburtstag will ich, wie Sie es auch erbeten haben, Ihnen gern das Wort zu einem kurzen persönlichen Wort an dieses Haus geben.

(Beifall im Hause)

Frau Präsidentin, meine lieben Berufskollegen und Abgeordneten und Freunde, Genossen und auch

(Heiterkeit und Beifall im Hause)

auf der Zuschauertribüne, ich kann mich nicht so lange aufhalten, ich fange auch ein bisschen an zu schwitzen, weil es mir eigentlich so nicht, so ist mir das gar nicht, aber wenn ich über mich da persönlich daherreden muss, ist es nicht so wie sonst, wenn ich zu meinem Beruf rede.

Ich möchte mich erst mal, obwohl mit mir haben Sie nicht viel Ärger gehabt in der Landtagsverwaltung, ich war immer nicht so viel zu sehen, aber ich möchte mich bei den ganzen Mitarbeitern und allen, die mit mir mal zu tun hatten, ganz recht herzlich bedanken. Ich bin immer irgendwie - gegenüber bei mir in der LPG war das immer ein bisschen anders, und in der Agrargenossenschaft, da ging das gleich zur Sache - bevorzugt und ordentlich behandelt worden. Ich hoffe, die Mitarbeiter hören zu oder auch nicht, also es war für mich von der Seite schon mal ganz angenehm. Am Anfang war es für mich hier ein bisschen ungewohnt, da war es für mich - Herr Schwäblein guckt schon wieder so - ein bisschen schwierig hier, mich an das Klima zu gewöhnen. Dann muss ich aber sagen, so ähnlich wie die Präsidentin das gesagt hat, die Frau Lieberknecht, aus Fachkenntnis und aus Kollegialität hat sich das täglich, wenn ich mal hier war, gebessert. Ganz besonders in meinem Ausschuss muss ich sagen, wo die Fachfragen meist beredet worden sind, war es am An

fang auch - da hatte ich aber Klaus Mehle neben mir erst einmal ein bisschen schwierig, aber durch die ordnende Hand von meinem Egon und ganz besonders vom Minister haben wir meist dort sachlich und fachlich

(Beifall im Hause)

frönen können. Durch unsere Besuche im Land, muss ich sagen, war das für uns alle immer ein Gewinn. Ich habe auch dort, obwohl ich ja einer der Älteren war, dazugelernt. Das habe ich aber auch versucht, gleich wieder bei mir daheim und bei meinen Berufskollegen weiter auszubreiten. Von der Seite, muss ich sagen, war das für mich auch eine ordentliche Sache. Ich will heute nicht hier von irgendwelchen besonderen Querelen sprechen, sondern meinen Berufskollegen und Abgeordneten gebührt im Wesentlichen für das Verständnis für mich auch Anerkennung und Dank. Meine vielen Frauen in meiner Fraktion - Sie wissen ja, lauter hübsche junge "Weiber", sagt man da,

(Heiterkeit im Hause)

natürlich auch Frau Wackernagel und Frau Doktor,

(Heiterkeit im Hause)

die bei uns im Ausschuss waren, die haben mich immer nur mit Blicken oder so auf den richtigen Weg gewiesen.

(Heiterkeit im Hause)

Auch wenn es nicht so ganz einfach mit mir war, möchte ich mich aber auch hier bei Ihnen, bei meiner Fraktion insgesamt bedanken. Hier war es für mich ein Leichtes. Kollege Gerstenberger hat mal gesagt, wenn der nicht bei uns in der Fraktion ist, der ist trotzdem da, der ist immer in Gedanken da. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Mehr kann ich dazu eigentlich nicht sagen.

Eines will ich Ihnen aber hier auch noch sagen, Frau Präsidentin - und dann bin ich gleich fertig -, was mir oder uns allen mehr zu Herzen stehen muss, mir auch, die Frage der Gerechtigkeit. Die Frage der Gerechtigkeit ist für uns alle weit gespannt. In unserem Staat ist das mit der Gerechtigkeit immer schwierig. Wir haben welche unter der Brücke, wir haben welche, die Probleme mit der Steuergerechtigkeit haben, das Geld irgendwohin zu verschieben. Ich sage, unser Staat, unsere reiche Bundesrepublik hat viel Geld, es muss nur richtig verteilt werden. Das wissen Sie, dazu kennen Sie meine Auffassung.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Da bin ich ja der Meinung, wir als Bauern - heute bin ich ja mal als Erster dran, ich hatte mich schon aufgeregt, dass die Landwirtschaft immer weit hinten ist, heute sind wir ganz weit vorn, ja, Herr Ministerpräsident a.D., das ist erst mal sehr gut für uns, denn sonst ist es ja

immer nicht so gewesen. Das sollte sich auch ein bisschen ändern. Die Bedingungen werden härter, wir haben eine Ministerin - gegenüber unserem Minister -, die versteht nichts von solchen Sachen.

(Beifall und Heiterkeit im Hause)

Das ist ganz klar, die kann das auch nicht verstehen, die ist nicht von der Pike auf Bauer. Die anderen waren immer nur Bauern, egal aus welcher Couleur. Die haben immer mal das Verständnis für den großen breiten Bereich der Landwirtschaft. Eines ist natürlich klar, Herr Minister, da stimmen Sie mir bestimmt zu, das Einzige, was im Wesentlichen die ganze Zeit über errettet worden ist, das sind die großen starken landwirtschaftlichen Betriebe. Wir achten jeden, auch den kleinsten Bauern, die müssen viel mehr arbeiten. Aber in Zukunft sind unsere großen starken Betriebe - sehen Sie nach Amerika, sehen Sie nach Frankreich, überall, wo Sie hinkommen, sehen Sie, die Ernährung ist dort relativ gesichert. Dass unsere Lebensmittel so wenig wert sind und wir so im Überfluss leben, damit müssen wir erst mal leben, aber achtet jede Scheibe Brot. Damit möchte ich schließen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall im Hause)

Der Jubilar hat uns noch mal eindrücklich unter Beweis gestellt, wie wir ihn neun Jahre hier erlebt haben. Nochmals alle guten Wünsche mit auf den Weg! So viel ich weiß, soll es da ja in der kommenden Woche auch noch eine gesonderte Verabschiedungsfeier, zu der er selber einlädt, geben.

Dann können wir nach diesen Gratulationen jetzt tatsächlich in die Tagesordnung einsteigen und kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 1

Regierungserklärung des Ministers für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur "Wirtschaft stärken Für mehr Wachstum und Beschäftigung in Thüringen" dazu: Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/3643

Ich darf Sie, Herr Minister, bitten, uns die Regierungserklärung vorzutragen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, "Wirtschaft stärken - Für mehr Wachstum und Beschäftigung in Thüringen": Der wirtschaftliche Erfolg eines Landes ist das Ergebnis des Einsatzes risikoberei

ter Unternehmer und engagierter Mitarbeiter. Die Unternehmen müssen sich durch überzeugende Produkte und innovative Produktionsverfahren im Wettbewerb behaupten. Nur wenn es ihnen gelingt, können Wachstum und Beschäftigung entstehen. Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es, diesen Prozess zu unterstützen. Sie muss die Rahmenbedingungen so gestalten, dass die Unternehmen erfolgreich am Markt bestehen können. "Auf Thüringens Stärken setzen" - dieses Leitmotiv von Ministerpräsident Dieter Althaus gilt ganz besonders für die Thüringer Wirtschaftspolitik. Unsere Stärken liegen vor allem in der zentralen Lage des Freistaats, der Kreativität und Leistungsbereitschaft unserer Bevölkerung...

Moment mal, Herr Minister. Demonstrationen auf der Tribüne sind nicht gestattet hier in diesem Landtag. Ich bitte, diese Plakate sofort einzurollen, sonst müssen unsere Ordnungskräfte tätig werden. Ich bitte vor allen Dingen die PDS-Fraktion, hier einmal tätig zu werden. Sie werden hier mit ausgewiesen.

Ist die Ordnung wieder hergestellt? Die Ordnung auf der Tribüne ist hergestellt. Jetzt haben wir nur das Problem der Verunreinigung im Saal, da Schnipsel und Papiere von der Tribüne heruntergeworfen wurden. Vielleicht kann man diese Papiere, die von der Tribüne runtergestreut wurden, noch aufsammeln. Ich sehe, es hängt mit der PDS-Fraktion zusammen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Das ist keine Aktion meiner Fraktion!)