Wulf Gallert
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Last Statements
Herr Ministerpräsident, es ging auch darum, dass die Akzeptanz der Maßnahmen, die eingeleitet
werden und die in ihrer überwiegenden Zahl ganz bestimmt unabänderlich jetzt eingeleitet werden müssen, deswegen sinkt, weil Leute wirklich in Armut und in soziale Notlagen geraten können. Dieses Thema steht heute nicht das erste Mal auf der Tagesordnung. Es gibt einen Antrag meiner Fraktion unter anderem zu einer Gruppe, die davon am meisten betroffen ist, nämlich zu den Soloselbstständigen, die im Grunde genommen jetzt mit den verschiedenen Rahmenbedingungen nicht gerettet werden können.
Dazu habe ich beim letzten Mal eine Frage gestellt. - Nein, nicht ich habe die Frage gestellt. Ich konnte sie nicht stellen, weil ich die Sitzung geleitet habe. Frau von Angern hat die Frage gestellt, warum es denn bei dem Unternehmerlohn, der in Sachsen-Anhalt schon seit März in der Debatte ist, keinen Fortschritt gibt. Dazu haben Sie gesagt, dem stünden EU-beihilferechtliche Vorschriften entgegen. Jetzt habe ich die Antwort aus der Staatskanzlei dazu vorliegen, welche EU-beihilferechtlichen Vorschriften dem entgegenstehen. Die Antwort war klar: Dem steht nichts entgegen. Es gab die Antwort, dass jetzt bestimmte Maßnahmen Unternehmerlohnkomponenten beinhalten.
Ich frage Sie vor dem Hintergrund der Antwort der Staatskanzlei, die ich jetzt vorliegen habe: Welche Gründe gibt es, jetzt noch gegen einen Unternehmerlohn, der möglicherweise auch rückwirkend bzw. in Zukunft gezahlt wird, zu intervenieren? Warum können wir als Land an der Stelle immer noch nicht so eindeutig aktiv werden, wie es eigentlich für eine Akzeptanz dieser Maßnahmen nötig wäre?
Herzlichen Dank. - Als ich diesen Antrag gesehen habe, habe ich ein wenig gestutzt. Wir haben über dieses Thema eine intensive Debatte im Ausschuss geführt. Es gibt eine Reihe von kommunalen Betreibern von Fähren, die wirklich existenzielle Nöte haben, und zwar an zwei Stellen: Erstens. Die Defizite, die bei der entsprechenden Landrevision oder der Modernisierung oder der Reparatur entstehen, müssen sie selbst ausgleichen. Zweitens. Die Betriebskostendefizite, die permanent wegen der Niedrigwasserphasen und einigen anderen Dingen auflaufen, müssen sie selber tragen. Sie haben große Probleme, diese Kosten
zu tragen. Sie sind dazu nicht in der Lage. Wir versuchen, für sie eine Lösung zu finden.
Jetzt kommt die AfD mit einem Antrag und will das Restgeld, was sie bei Herrn Webel gefunden hat,
- Restgeld; egal, was auch immer -
jemandem geben, der keine Fähre mehr betreibt. Man will also einem zukünftigen Betreiber für den Fall Geld geben, dass er diese Fähre, die er eventuell irgendwann einmal wieder betreibt. Das ist eine Fähre, die in Magdeburg in einem Hafen liegt und bei der nach der Aussage der Trägergemeinde Revisionskosten in Höhe von 2 Millionen € anstehen, von der man nicht weiß, wohin man sie umrüsten will, wann man sie umrüsten will und wann man wieder in den Betrieb gehen will. Der zukünftige Betreiber soll im Haushaltsjahr 2020 schon einmal Mittel in Höhe von 120 000 € für etwas bekommen, von dem wir nicht wissen, ob es je wieder existieren wird.
In dem Antrag steht, dass er die Garantien und Antworten bitte vorlegen soll.
Jetzt befinden wir uns tatsächlich im Haushaltsrecht. Ich finde, man könnte mit den 120 000 € eine Menge machen. Man könnte es beispielsweise den Betreibern geben, die zurzeit wirklich finanzielle Lasten für die Revision ihrer Fähren tragen und die wirklich große Defizite bei den Betriebskosten haben. Diese Gelder könnte man zwischen ihnen aufteilen. Das würde der Finanzminister nicht toll finden, aber das wäre eine Lösung. Das könnte man machen.
Aber es ausgerechnet demjenigen zu geben, der dafür gerade keine Kosten hat und kein Konzept, wie es weitergehen soll, das geht nicht. Wir wissen nicht, wie die Perspektive aussieht, weil darüber gerade verhandelt wird. Er soll Geld bekommen, das in diesem Jahr abfließen muss und von dem wir wissen, das es nicht abfließt. Das geht nicht.
Warum stellt die AfD diesen Antrag? - Ein Grund dafür ist, dass die Fähre im Wahlkreis von Herrn Siegmund liegt. Das ist der einzige Grund, der diesen Antrag inhaltlich rechtfertigt.
Deswegen sage ich ausdrücklich: Wer ernsthafte Lösungen für die vielen Fähren im Land SachsenAnhalt und die kommunalen Betreiber will, der muss seriös herangehen. Das ist es nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen kann man diesen Antrag nur ablehnen.
Ein letzter Satz. Man kann solche Anträge natürlich mit vernünftigen Argumenten und mit nicht vernünftigen Argumenten ablehnen.
Herr Webel, der Landesrechnungshof ist in Sachsen-Anhalt kein gesetzgebendes Organ. Wenn der Landesrechnungshof sagt, 10 % müssen die Kommunen bezahlen, dann können wir als Gesetzgeber und sogar Sie als Exekutive sagen, das ist ein netter Einwand vom Landesrechnungshof, aber das machen wir nicht. Wir könnten 100 % bezahlen. Seien Sie so ehrlich und sagen, dass dies Ihre Position ist, und schieben Sie nicht den Landesrechnungshof vor das Loch. Er kann einen netten Hinweis geben, den wir ignorieren oder umsetzen können. Aber tun Sie bitte nicht so, als würde er Ihnen die Entscheidung abnehmen. - Danke.
Herr Siegmund, ich habe mitnichten gesagt, dass Sie nicht in der Lage wären oder dass es völlig illegitim ist, hier über ein Wahlkreisthema zu reden.
Ich habe ausdrücklich nur gesagt, dass die Fähre in Ihrem Wahlkreis liegt, ist der einzige Grund dafür, dass es diesen Antrag gibt. Dann können Sie sagen, das sei für Sie ein legitimes Argument.
Ich glaube, wir haben 14 landesbedeutsame Fähren, davon sind zwölf in Betrieb. Zwölf Fähren haben Betriebskostendefizite, die in diesem Jahr aufgelaufen sind. Vier oder fünf Fähren haben Probleme, den Eigenanteil für die entsprechenden Revisionskosten zu erbringen. Die einzige landesbedeutsame Fährverbindung, die eingestellt worden ist und die weder das eine noch das andere hat, soll jetzt 120 000 € für etwas erhalten, das gar nicht existiert.
Dazu sage ich: Der einzige Grund dafür, dass dies realisiert werden soll, ist, dass diese eingestellte Fährverbindung in Ihrem Wahlkreis liegt.
Ich habe hier drei- oder viermal zum Krankenhaus Havelberg gesprochen, weil es in meinem Wahlkreis liegt. Das können Sie auch. Sie müssen nur beweisen, dass es außerhalb des Wahlkreises für eine Mehrheit der Abgeordneten interessant ist, eine solche Entscheidung zu fällen.
Das ist es in diesem Fall nicht, weil zum Beispiel Herr Lieschke dreimal bessere Chancen hätte, einen Antrag zu stellen, damit Zahna oder wer auch immer im Landkreis für die drei Fähren zuständig ist, die dort über die Elbe laufen, die Betriebskostendefizite ausgeglichen bekommt. Er hat damit tausendmal bessere Chancen als Sie für Parey, wo gerade der Fährbetrieb eingestellt worden ist. Deswegen ist es ein Antrag, den wir ablehnen können, auch wenn er aus Ihrem Wahlkreis kommt. Sie können es sich nicht vorstellen, Herr Siegmund.
Es gibt einen Gesetzentwurf von uns und es gibt einen Entschließungsantrag von uns, in denen grundsätzlich zum Ausdruck kommt, was wir in dem Bereich tun müssen: entweder eine Verantwortung durch den Straßenbaulastträger oder eine Unterstützung von landesbedeutsamen Fähren durch das Land, und zwar bei der Landrevision und bei den Betriebskosten.
Da ich gerade die Chance dazu habe, sage ich es an dieser Stelle noch einmal: Natürlich habe ich in der Anhörung gehört, Herr Scheurell, dass die kommunalen Vertreter gesagt haben, sie wollten keinen Übergang zum Straßenbaulastträger, sondern sie wollten die Trägerschaft behalten. Gleichzeitig wollten sie aber eine Vollfinanzierung, nämlich für die Revisionskosten, für die Reparaturkosten und für die Betriebskosten. Dazu sage ich: Weihnachten ist nur einmal im Jahr und dann ist es vorbei.
Jetzt noch einmal hierzu: Natürlich ist es schlecht, dass diese Fährverbindung eingestellt wird, und natürlich muss dies wieder rückgängig gemacht werden. Wir haben entsprechend argumentiert. Aber man kann dies nicht dadurch erreichen, dass man Restmittel aus dem Jahr 2020 in ein Projekt steckt, das zurzeit nicht existiert.
Wollen wir für den Fall, dass diese Fähre wieder in Betrieb genommen wird, ein Sonderkonto mit Verzinsung anlegen? Dann greifen wir auf ein Sonderkonto zurück, das wir angelegt haben. Das ist doch Quatsch.
Wir müssen im nächsten Jahr mit allen Beteiligten ein System entwickeln, damit diese Fähre wieder läuft, und sie müssen es dann finanzieren. Dies darf aber nicht mit Restmitteln des Jahres 2020
geschehen; denn wir wissen nicht, wie das Projekt aussieht. Das ist der Unterschied.
Natürlich ist mir bekannt, Frau Frederking, dass sich eine Reihe von Landespolitikern und von kommunalen Politikern dafür engagiert hat, dass diese Fährverbindung nicht eingestellt wird, und Konzepte erarbeitet werden, damit diese Fährverbindung wieder geöffnet wird.
An einer Stelle muss ich Ihre Frage allerdings verneinen. In der Anhörung, die wir im Verkehrsausschuss zu den Fährverbindungen gemacht haben, ging es ausdrücklich nicht um die Konzepte, das heißt um die Frage, ob es eine Gierfähre oder eine Motorfähre sein soll und welche Intervalle angedacht sind. Das kann es auch gar nicht, weil es sich um eine kommunale Fähre handelt. Bisher hat niemand gesagt, dass er es anders haben will. Selbst unser Gesetzentwurf hat das nicht vorgesehen. Das Konzept - das ist der Unterschied -, wie es weitergehen soll, muss von Kommunen vor Ort kommen.
Kommunen sage ich deswegen, weil es sich um eine Einheitsgemeinde und zwei angrenzende Landkreise handelt. Diese müssen ein Konzept entwickeln und das kann das Land dann mitfinanzieren. Dieses Konzept kann das Land begleiten.
Aber wir werden, solange die Gemeinden die Träger dieser Fähren sind, nicht die Konzepte entwickeln können. Das ist ganz klar.
Das war auch der Hintergrund unseres Antrages. Aber selbst unser Antrag würde bei der Fähre Grieben - Ferchland nicht ziehen, weil zwei Kreisstraßen miteinander verbunden sind.
Ich kann Sie zumindest an einer Stelle aufrechterhalten; Herr Grube, das können Sie sogar nachlesen. Der Bürgermeister von Barby hat genau das gesagt - das steht auch genauso in seiner Stellungnahme -: Vollausgleich des Betriebskostendefizits, Übernahme der Reparaturkosten, Vollübernahme der Revisionskosten. Das hat der Bürgermeister von Barby gesagt.
Die anderen haben auf meine Frage, ob sie eine möglichst kostendeckende Vollfinanzierung der Fähre haben wollten, sie aber selbst behalten möchten, um sie im eigenen Wirkungskreis zu betreiben, geantwortet, dass sie nicht unbedingt eine Vollfinanzierung wollten, also sie wollten schon, aber diese würden sie wohl nicht bekommen.
Es hat allerdings niemand so richtig gesagt, unter welcher Bedingung man eine solche Fähre wirklich weiter als kommunale Fähre betreiben würde, wenn sich die Finanzierung nicht ändern würde.
Ich erinnere mich nicht an einen Einzigen, der gesagt hat: Das ist super; lasst uns in Ruhe; wir machen das weiter; wir haben genug Geld; wir können die Fähren betreiben. Alle haben sich hierzu positioniert und haben gesagt: Land, du musst hierfür mehr Geld zur Verfügung stellen, damit wir sie selbst behalten können. Für mich stellt sich daher natürlich die Frage: Wie viel Geld mehr soll es denn sein, damit ihr die Fähren behalten könnt?
Herr Grube, auch ich bin lernfähig. Ich bin der Letzte, der sagt, wir nehmen den Kommunen das alles weg. Nur eines geht nicht: Sie bestimmen den Rhythmus, sie bestimmen die Preise, sie bestimmen die Intensität und wir bezahlen das Defizit, so wie der Bürgermeister von Barby es wollte. Das geht nicht.
Ich muss Sie an einer Stelle kurz kritisieren, aber ich habe dann noch eine Frage. Natürlich haben nicht alle Kommunen gesagt, dass der Gesetzentwurf so nicht geht. Erstens wissen Sie, dass auch Landkreise Kommunen sind. Zweitens wohnen Sie in einem, der eine völlig andere Stellungnahme abgegeben hat.
Dann frage ich Sie einmal: Herr Scheurell, was haben Sie dann bestellt?
Aber, Herr Scheurell, ich habe jetzt noch eine völlig andere Frage. Ich gebe zu, Fähren sind ein spezielles Thema von mir. Verkehrspolitiker bin ich sonst nicht. Sie haben eben in Ihrer Rede gesagt, dass die entsprechenden Betreiber alle drei Jahre einen Zuschuss für die Landrevision bekommen. Meines Wissens ist das alle fünf Jahre der Fall. Jetzt frage ich Sie als Fachmann: Was stimmt nun, drei oder fünf Jahre?
Nur noch einmal ganz kurz, Herr Scheurell: Ich weiß, bei Ihnen gleitet es immer ins Satirische ab. Aber: Wenn ein Landrat eine schriftliche Positionierung abgibt, dann macht er das deshalb, weil er den Landkreis nach bestem Wissen und Gewissen vertritt, nicht weil er jemandem hörig ist. Ich finde, es ist ziemlich diffamierend, in welcher Art und Weise Sie ihn hier abgewertet haben. Deshalb habe ich mich jetzt noch einmal zu Wort gemeldet.
Herr Tullner, ich habe mich gemeldet bei Ihrer Bemerkung, dass man wisse, dass die Schulen keine Infektionsherde seien. Das ist eine Aussage, die mich außerordentlich irritiert und die mich auch das Risikobewusstsein Ihrerseits, in Ihrem Zuständigkeitsbereich hinterfragen lässt. Denn wir haben inzwischen durch die Landesregierung, der Sie angehören, Maßnahmen ergriffen, dass zum Beispiel Museen geschlossen
werden, dass Restaurants zugemacht werden und Ähnliches.
Es gibt überhaupt keinen Hinweis darauf, dass es auch nur irgendeine nachweisliche Ansteckung in einem Museum gegeben hätte. Es gibt nur sehr, sehr wenige Hinweise darauf, dass es in Restaurants Ansteckungen gegeben hat. Die Argumentation dabei ist, dass wir bei 75 % aller Infektionen nicht wissen, woher sie kommen, und dass man deshalb solche Einrichtungen schließen muss; denn sie könnten Teil der Infektionsketten sein.
Jetzt sagen Sie trotz dieses Arguments: Aber bei den Schulen wissen wir, dass es dort keine Infektionsherde gibt. Nun wissen wir aber, dass Kinder spätestens ab dem zwölften Lebensjahr die gleichen Infektionsraten wie Erwachsene aufweisen können. Nun sage ich einmal, 30 Jugendliche, 30 Kinder in einem Raum, und zwar stundenlang, ist im Verhältnis zu allen anderen Maßnahmen, über die diskutiert wird, eine staatlich verordnete Coronaparty. Dazu können Sie, Herr Tullner, nicht sagen, das sei kein Infektionsherd, wir wüssten, dass das kein Infektionsherd sei. Klären Sie mich bitte über diesen Widerspruch in der Politik der Landesregierung auf.
Herr Tullner, Ihre Empörung in allen Ehren, aber es sind die Realitäten, die so sind. Ich sage einmal, Sie werfen uns vor, die Politikbereiche auseinanderzudividieren. Nein, Sie haben es doch eben selbst gemacht. Sie haben doch selbst gesagt, für die Schulen gelten aus Ihrer Sicht völlig andere Kriterien und Regelungsinhalte als für andere Bereiche, die ich zum Beispiel aufgezählt habe.
Wir alle wissen natürlich, dass die Infektionsgefahr bei einem normal laufenden Museumsbetrieb viel geringer ist als bei einem normal laufenden Schulbetrieb. Dazu sagen Sie, das ist in Ordnung, Sie halten das für richtig, weil Bildung ein höheres Gut ist als ein Museumsbesuch, und deswegen müssen die Schulen so weitergehen wie bisher - wir wissen, wie beschränkt die Möglichkeiten sind, die Sie alle aufgezählt haben - und die anderen Dinge machen wir eben zu.
Aber, Herr Tullner, ich sage einmal: Das bedeutet, dass Sie sich einer solchen politischen Abwägung sozusagen unterordnen, die übrigens von höherer Ebene überhaupt nicht mehr geteilt wird.
Das stimmt. Jetzt, da Sie es sagen, Frau Präsidentin,
fällt es mir auch wieder ein. - Vor diesem Hintergrund, Herr Tullner, sagen Sie mir bitte einmal: Wo ist denn aus Ihrer Sicht die Grenze, wo Sie sagen, auch an dieser Stelle müssen wir jetzt tatsächlich Gesundheit gegen Bildung abwägen?
Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir schon noch mal wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir es hier mit einem sehr eigenartigen Vorgang zu tun hatten. Also, wir haben den Antrag mit dem Titel „Deutsche Ratspräsidentschaft für den notwendigen Neustart der EU nutzen“ gestellt. Jetzt lese ich mal nur den ersten Punkt dazu vor:
„Die Bereitstellung finanzieller Mittel für die von der Coronapandemie besonders betroffenen Regionen im Rahmen eines europäischen Wiederaufbaufonds mindestens in der von der Kommission vorgeschlagenen Höhe von der 750 Milliarden €.“
Wer sich für Europapolitik überhaupt noch ein bisschen interessiert, weiß, dass zurzeit genau um diese Frage ein heißer Kampf läuft - ein Kampf, der übrigens in der Lage wäre, diese Europäische Union wieder mal an die Grenzen ihres Funktionierens zu bringen. Wir haben einen entsprechenden Vorschlag der Kommission. Wir haben einen Vorschlag des Rates. Und wir haben die Blockade von Polen und Ungarn, weil sie, zumindest deren jeweiligen Ministerpräsidenten, keine rechtsstaatlichen Prinzipien durchsetzen wollen bzw. nicht wollen, dass die Europäische Union darauf achtet, dass diese durchgesetzt werden.
Wir beantragen hier, dass das auch Thema der deutschen Ratspräsidentschaft sein soll. Und dann kommen wir in eine Situation hinein, in der dieser Antrag überwiesen wird. Und wie läuft es im Ausschuss? - Ich begründe den, Frau Frederking sprich zu einem anderen Punkt, und zwar zu Punkt 3, unterstützt ihn ausdrücklich mit dem, was darin steht. Herr Tillschneider findet das natürlich alles völlig absurd und ist dagegen.
Dann kommen wir zur Abstimmung. Und dann wird der Antrag der LINKEN mit den Stimmen der AfD abgelehnt und die ganze Koalition hat zur Europapolitik keine Meinung.
Das, liebe Koalition, ist genau Ihr Werk. Welche Position hat denn die CDU, welche Position hat denn die SPD und welche Position haben denn die GRÜNEN zu der Situation der europapolitischen Debatte, in der wir uns befinden? - Die Stimmenthaltung haben sie als Position. Dadurch haben sie es erreicht, dass die AfD mit ihren Stimmen diese Beschlussempfehlung bestimmt hat.
Keine Position, kein alternativer Vorschlag - das ist die europapolitische Debatte dieser Koalition.
Das ist, liebe Kolleginnen der CDU, der SPD und der GRÜNEN, wirklich ein Offenbarungseid.
Es gab keine politische Debatte. Die Mehrheit der AfD gab es nicht einmal. 2 : 2 Stimmen bestimmen die Beschlussempfehlung. Und was machen Sie? - Schulterzucken. Keine Position, keine Meinung, Stimmenthaltung. Das ist eine Situation, die Sie sich anrechnen müssen und die eigentlich eine europapolitische Bankrotterklärung der Kenia-Koalition ist. - Danke.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Am Anfang muss man möglicherweise mit einigen Mythen vom Beginn dieser Debatte aufräumen. Der erste Mythos ist, es hätte im Ausschuss eine Diskussion dazu gegeben. Nein, das stimmt einfach nicht. Das ist einmal vertagt worden, und einmal ist gesagt worden, darüber ist genug geredet worden, wir lehnen ab. Punkt.
Das ist die Realität, wie mit diesem Antrag umgegangen worden ist.
Punkt 2. Ich würde Bezug nehmend auf die Debatte bisher auf eines Wert legen: Die Kollegen der AfD sind mitnichten verkappte Kommunisten.
Das wird den wirklichen Kommunisten nicht gerecht.
Ich sage mit aller Deutlichkeit: Ich selbst bin keiner, aber ich würde diese Bezeichnung für diese Herren nie und nimmer verwenden.
Punkt 3. Ich will noch einmal ausdrücklich sagen: Die Debatte, die wir hier gehört haben, war ein bisschen Mischmasch. Die einen sagten: Ja, es gibt so einen Verfassungsauftrag, aber wir wollen nicht, dass sich daran etwas ändert. Herr Schu
mann hatte sich in etwa so geäußert. Die anderen Vertreter der Koalition sagten: Na ja, es gibt einen Verfassungsauftrag und daran könnte man auch etwas ändern, aber das ist nicht unser Ding; das sollen die im Bund machen. - Das ist im Wesentlichen die Argumentation, die hier stattgefunden hat.
Nun gab es diese Debatte im Bund. Das war interessant. Was sagen denn die Kollegen im Bund? - Erst einmal die Kollegen von der CDU/ CSU. Hermann Gröhe: In diesem Geiste wollen wir die Ablösung von Staatsleistungen umsetzen. Das bedeutet, die Ablösung muss auf die Erfüllung der vollen staatlichen Pflicht zielen.
Herr Schumann, Ihre Kollegen im Bund sind also anderer Meinung. Sie sagen, das ist ein Verfassungsauftrag, den wir ernst nehmen müssen
und den wir umsetzen müssen. Ein Satz wie der von Ihnen - wir wollen, dass das so bleibt, wie es ist - funktioniert nicht, weil das ein Verstoß gegen die Verfassung ist. Also müssen wir etwas ändern.
Jetzt gibt es die nächste Argumentation im Bund und die wird interessant. Kommen wir zu dem SPD-Vertreter. Was sagt der denn im Bund? Herr Castellucci: Von uns wird es selbstverständlich keine Gesetzgebung gegen die Bundesländer geben, sondern wir müssen bei dem Gesetzgebungsvorhaben die Bundesländer mitnehmen. Was passiert also? - Er lehnt eine Befürwortung des Antrages der LINKEN, der FDP und der GRÜNEN mit der Begründung ab: Das dürfen wir im Bund nicht machen, das sollen die Länder machen.
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist Politikversagen. Punkt.
Sich hier hinzustellen und zu sagen, das müssen die in Berlin machen, und sich in Berlin hinzustellen und zu sagen, das müssen doch die Länder vor Ort machen, funktioniert nicht. Dann soll man bitte ehrlich sein und sagen: Wir wollen einfach alles so lassen, wie es ist,
und schieben die Verantwortung dafür jeweils auf den anderen. Das wäre ehrlich. Aber das kommt in dieser Debatte nicht vor.
Ich sage Ihnen noch einmal, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden Sie mit dieser Debatte nicht in Ruhe lassen. Es gibt einen Verfassungsauftrag und dieser ist zu erfüllen. Das hat nichts mit Kirchenfeindlichkeit zu tun, sondern
mit Rechtstreue, und zwar gegenüber unserer Verfassung. - Danke.
Herr Schumann, ich habe genau das erwartet, was Sie jetzt gesagt haben, nämlich: Der Bund muss sich bewegen, wir können hier nichts machen. Ich lese Ihnen jetzt ein Zitat von Herrn Amthor aus der Bundesdebatte vor: Das heißt, wir müssen auch bedenken, dass die Länder bisher in keiner Weise ihren klaren Willen artikuliert haben. Erst dann, wenn dieser klare Wille artikuliert worden ist, wäre aus dem Bundesstaatsprinzip heraus eine Verpflichtung aus dem Prinzip der Bundestreue zu sehen, dass wir diese Regelung erlassen.
Herr Amthor sagt also genau das Gegenteil von dem, was Sie sagen. Er sagt, wir haben keine Pflicht, auf der Bundesebene etwas zu machen, solange die Länder sich nicht rühren.
Das ist innerhalb Ihrer Partei bipolare Argumentation, je nachdem, ob Sie sich im Landtag oder im Bundestag befinden. Das finde ich unehrlich.
Herr Ministerpräsident, wir sehen, es gibt in der Debatte erhebliche Differenzen zwischen Coronaleugnern und denjenigen, die die Situation sozusagen beherrschen wollen. Aber ich will auch feststellen: Es gibt auch erhebliche politische Differenzen zwischen denjenigen, die die Situation beherrschen wollen. Ich stelle fest, dass sich unsere ideologischen Grundvorstellungen seit dem 16. Oktober 2020, also innerhalb von 14 Tagen, offensichtlich etwas angenährt haben.
Ich will aber auf ein gewaltiges Problem hinweisen. Dieses Problem ist mir bei der Beantwortung der Frage von Frau Frederking sehr deutlich geworden:
Wir können uns als Politik nicht hinstellen und behaupten, Infektionen und Infektionsherde haben ihre Ursache im Versagen Einzelner - wir wissen schon bei 75 % gar nicht mehr, woher die Infektion kommt; denn dann weiß auch der Einzelne nicht mehr, wo er sich angesteckt hat -, gleichzeitig aber sagen, die Verantwortung, die wir als Staat zu tragen haben - das ist in der kalten Jahreszeit natürlich die Frage des Lüftens, also das Lüftungsproblem in geschlossenen Räumen -, erledigen wir damit, dass wir den Leuten sagen: Macht das Fenster auf. Das kann auch im Dezember noch funktionieren, wenn es mit dem Klimawandel so weitergeht, aber wir können
nicht garantieren, dass es keine kalte Jahreszeit mehr gibt. Deswegen sage ich ganz deutlich: Das untergräbt die Akzeptanz.
Wenn wir auf der einen Seite behaupten, schuld ist das Versagen Einzelner, die sich nicht an die Regeln halten, auf der anderen Seite aber sagen, Luftfilteranlagen, zum Beispiel für Schulen, für alle pädagogischen Bereiche und auch für öffentliche Einrichtungen bis hin zu Förderprogrammen für Private - diese gibt es in anderen Ländern -, brauchen wir nicht, um dieses Problem in den Griff zu kriegen, die Leute sollen die Fenster aufmachen, dann bedeutet das den Rückzug des Staates aus seiner Verantwortung. Das können wir nicht akzeptieren, weil das ganz gewaltig die Akzeptanz für diese restriktiven Maßnahmen untergräbt.
Herr Haseloff, ich versuche, eine Logik in das hineinzukriegen, was Sie gesagt haben. Erstens haben Sie gesagt: „Es gibt eine Korelation. Je höher das Bußgeld, umso höher die Infektion.“ Sie haben zweitens gesagt, dass wir in Sachsen-Anhalt überhaupt keine Probleme haben. Deswegen brauchen wir auch kein Bußgeld für Maskenverweigerer. Aber alle anderen sollen bitte knallhart und stringent alles durchziehen, um zu vermeiden, dass es zu weiteren Hotspots kommt. Das bedeutet doch im Endeffekt: Alle Sachsen-Anhalter sind supervernünftig und gesund, aber alle anderen kriegen es nicht in Griff.
Der Beifall, den Sie kriegen, sagt übrigens mehr aus als meine Worte.
Ich will jetzt nur noch eines sagen: In dieser Logik, die Sie soeben vorgebracht haben, haben Sie gerade begründet, warum das Beherbergungsverbot völliger Blödsinn ist. Die Leute können aus den Hotspots hier jeden Tag einreisen. Sie können in Gaststätten gehen. Sie dürfen hier arbeiten. Wenn sie hier arbeiten, dürfen sie hier übrigens auch übernachten.
Da hat gerade das niedersächsische Oberlandesgericht gesagt: Genau das ist der Grund, warum ein Beherbergungsverbot für touristische Zwecke völlig sachfremd ist und deswegen aufgehoben werden muss.
Wie erklären Sie bitte den Leuten, dass jemand, der aus Berlin hier herkommt und arbeitet, natürlich hier im Hotel übernachten darf. Wenn er sich aber hier in Magdeburg den Dom anguckt, dann darf er nicht übernachten, dann ist er ein Infektionsherd. Wenn er allerdings arbeitet, dann stellt er keinen Infektionsherd dar.
Wie wollen Sie das den Leuten in den Hotels, in den Übernachtungsbereichen erklären, die die stringentesten Hygienekonzepte auflegen mussten und das eigentlich viel, viel besser beherrschen als jede Regionalbahn und jede S-Bahn, weil man darin keine Maske aufsetzen muss, wenn man ein Bußgeld nicht zu befürchten braucht? Versuchen Sie mal, das zu erklären.
Die Frage, ob touristische Reisen eine existenzielle Bedeutung haben, sehen die Leute, die eine Pension haben, etwas anders als Sie. Aber darüber brauchen wir jetzt nicht diskutieren.
Ich habe ein anderes Problem; das ist schon seit längerer Zeit deutlich geworden. Es gibt das Argument - das haben Sie heute nicht das erste Mal angeführt -, wir könnten Bußgelder beim Verstoß gegen die Maskenpflicht sowieso nicht durchsetzen, weil wir das Ordnungspersonal dafür nicht hätten. Sie sagen aber im zweiten Satz, aber das bedeute nicht, dass es sanktionsfrei sei.
Wenn die Leute zum Beispiel in Beförderungseinrichtungen, wie Straßenbahn oder Bus, keine Masken aufsetzten, dann könnten sie von der Beförderungsleistung ausgeschlossen werden.
Diese Diskussion führen wir seit ein paar Wochen.
Ich frage mich nur immer: Woher soll denn das Ordnungspersonal kommen, das die Leute aus einer Straßenbahn, aus einem Personenzug oder aus der S-Bahn schmeißt, wenn wir nicht einmal das Personal haben, um einen Bußgeldbescheid zu erstellen? Diese Frage müssen Sie mir einmal beantworten.
Wenn Sie sagen, wir bräuchten das nicht, weil wir nicht sanktionsfrei seien und die Betreffenden von der Beförderung ausschließen könnten, dann folgt das dem Motto „Schraps, du hast den Hut verloren.“ Ich brauche dafür keine eigenen Leute; darum sollen sich die Beförderungsbetriebe kümmern. Das ist eine Art und Weise, wie ich mit dieser Krise nicht umgehen kann, Herr Haseloff.
Frau Dalbert, ich bin zugegebenermaßen massiv irritiert über Ihre Bewertung von LNG. Aus der Perspektive der CO2-Bilanz ist zu sagen, dass zur Herstellung und Wiederverwendung von LNG so viel Energie verwendet wird, dass LNG in etwa die CO2-Bilanz von Kohle hat.
Ich bin völlig irritiert, dass offensichtlich die CO2-Bilanz von LNG in Ihren Überlegungen im Vergleich zwischen Erdgas aus der Röhre und dem, was in Brunsbüttel demnächst ankommen soll, überhaupt keine Rolle spielt. Ich will bloß auf eine Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der GRÜNEN an das Bundesumweltamt verweisen, in der dezidiert nachgewiesen wird, wie schädlich das LNG im Vergleich zu Röhrengas ist.
Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Sie teilen also ausdrücklich die Position Ihres Amtskollegen aus Schleswig-Holstein, der den Neubau von LNG-Terminals in Brunsbüttel unterstützt? Und Sie denken - das müssten Sie mir bitte noch einmal erklären -, dass Sie verhindern können, dass diese LNG-Terminals mit Flüssiggas aus der Schiefergasgewinnung der USA und Kanada gefüllt werden?
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nord Stream 2 hat nun auch die Debatte hier im Landtag von Sachsen-Anhalt erreicht. Ich halte das an sich nicht für ein großes Problem, sage allerdings auch ausdrücklich: Wir haben es hierbei mit einem politischen und einem energiepolitischen Problem zu tun; wir haben es daher mit einem zweidimensionalen Problem zu tun. Zweidimensionale Probleme in der politischen Debatte sind spätestens dann, wenn sie eine gewisse Lautstärke erreichen, ein fast unlösbares Problem, und zwar zumeist für die Politiker.
Wir haben tatsächlich die Situation, dass wir über eine Positionierung zu Nord Stream 2 diskutieren. Ich will ganz klar sagen, DIE LINKE hat hierzu eine gut begründete Position, und diese heißt ganz klar: Die Diskussion um Nord Stream 2 muss beendet werden. Nord Stream 2 ist geopolitisch und energiepolitisch sinnvoll. - Punkt 1.
Punkt 2. Wir werden dem Antrag der AfD-Fraktion trotzdem nicht zustimmen, weil nämlich der Kontext nicht stimmt. Der Kontext für unsere Entscheidung, weshalb wir diese Position einnehmen, ist - das unterscheidet uns voneinander -, dass wir natürlich davon ausgehen, dass auch fossiles Erdgas, und zwar egal, wie es zu uns kommt, nur eine Funktion als Brückentechnologie hin zu einer CO2-neutralen Energieproduktion hat. Das bedeutet, wir müssen raus aus der fossilen Energie. Wir müssen raus aus der Atomenergie. Erdgas hat nur in diesem Kontext eine Funktion, auch das Erdgas aus Russland.
Wer sich über diese grundsätzliche Zielstellung nicht einig ist - die Reden der Kollegen Farle und Raue kennen wir alle zur Genüge -, der braucht auch nicht über eine Gemeinsamkeit an dieser einen Stelle zu diskutieren; denn in der grundlegenden Zielstellung existiert sie nämlich nicht.
Punkt 3. Natürlich - das wissen alle in Europa - wird es durch den Ausstieg aus den CO2-intensiven Energieträgern Steinkohle, Braunkohle und Erdöl und auch durch die Stilllegung der Atomkraftwerke zwischenzeitlich einen erhöhten Erdgasverbrauch geben. Übrigens haben sich die LNG-Exporte aus den USA nach Europa allein im Jahr 2018 verdoppelt.
Nun noch einmal ganz klar: Natürlich ist LNG umweltschädlicher als Röhrengas. Man braucht allein 20 % bis 25 % des Energieaufwands, um dieses Gas zu produzieren und dann wieder zu revitalisieren. Das bedeutet, der CO2-Abdruck des LNG gleicht in etwa dem der Kohle. Man kann nicht ernsthaft für Speicher für fossiles LNG sein und gleichzeitig sagen, wir müssen raus aus der Kohle. Das passiert aber gerade.
Eines muss ich jetzt auch einmal sagen: Die GRÜNEN in Niedersachsen sind radikale Gegner von LNG in Wilhelmshaven. Die GRÜNEN in Schleswig-Holstein sind in der Regierung und finden Brunsbüttel klasse.
Ein letzter Satz dazu: Wer ernsthaft glaubt, mit irgendwelchen Berechnungsmodi verhindern zu können, dass bei den ausgebauten LNG-Kapazitäten, die der Kollege Finanzminister den US
Amerikanern gerade verspricht, dann kein Schiefergas aus den USA ankommt, der ist politisch naiv. - Danke.
Ich könnte, aber ich habe keine Lust mehr.
Bitte.
Hinter dieser Anmerkung von Frau Frederking steckt doch ein rationaler Kern. Das unterscheidet sie von ihrem Vorredner. Es ist doch die Frage, inwiefern wir überhaupt Gasstrukturen für die Energiewende einsetzen können.
Dazu sage ich noch einmal: Natürlich stimmt es, wir können die LNG-Speicher auch für die Speicherung von Green Power einsetzen. Übrigens können Sie das, Frau Frederking, noch viel besser mit dem 511 000 km langen Röhrensystem hier in Deutschland. Dieses Röhrensystem allein ist ein riesiger Energiespeicher, den wir dafür nutzen können. Deswegen sind wir mit dieser Brückentechnologie eigentlich auch dabei, für uns eine technische Struktur zu erhalten, die uns bei dem Wandel hilft.
Aber - deswegen ist es sozusagen ein zweidimensionales Problem - es geht hierbei nicht nur um Energie, es geht auch um Politik. Was meinen Sie denn, warum die Amerikaner diejenigen sind, die Nord Stream 2 wirklich mit jedem Mittel verhindern wollen? Hat die Trump-Administration Angst um die CO2-Bilanz der Energiegewinnung in Europa? - Das ist denen doch so was von egal.
Sie haben ein einziges Ziel: Sie wollen die billige Alternative zu US-amerikanischem Fracking-Gas ausschalten. Und was macht Finanzminister Scholz? - Er geht zu den Amerikanern und verspricht ihnen, den Aufbau von LNG-Speichern mit Bundesmitteln zu finanzieren, damit die Amerikaner ihren Einspruch zu Nord Stream 2 zurücknehmen. Tun sie das, um darin Wasserstoff aus Katar zu speichern? - Nein.
Der politische Deal ist doch ganz eindeutig: Es geht darum, den amerikanischen Zufluss von LNG nach Europa politisch zu subventionieren, um damit Nord Stream 2 langfristig als Alternative zu erhalten. Ich meine, das ist leider Geopolitik. Das ist die Zweidimensionalität des Problems. Wir können an diesen Tatsachen nicht vorbei. Deswegen muss Nord Stream 2 gebaut werden, genauso wie wir eine CO2-neutrale Energieproduktion in Zukunft brauchen. - Danke.
Frau Frederking, ich habe vorhin gesagt, es ist eine doppelte Dimension: Wir haben es mit Energie zu tun, wir haben es aber auch mit Geopolitik zu tun.
Mich hat auch überrascht, dass als politische Alternative zu Russland Katar genannt worden ist. Denn die Beispiele von der Ministerin - -
- Na ja, aber das ist die logische Alternative.
Das ist die logische Alternative: Wenn nicht Russland, dann lieber die Arabischen Emirate. Dann fällt es mir schwer, die Dinge innenpolitisch abzuwägen.
Ich habe eine Frage, Frau Frederking. Wir sitzen ja auch im Europaausschuss. Natürlich halte ich das Argument für legitim, die Situation der Innenpolitik in Russland heranzuziehen, um auch über solche Dinge zu diskutieren.
Frau Frederking, was glauben Sie? Nehmen wir einmal an, wir würden Nord Stream 2 tatsächlich kappen und würden darüber hinaus so schnell wie möglich die Erdgas- und Erdölimporte aus Russland reduzieren, dafür LNG aus der ganzen Welt importieren. Welche innenpolitischen Resultate hätte das wohl Ihrer Meinung nach in Russland? Wie würden sich die Dinge dann dort entwickeln?
Herr Krull, ich möchte mich zunächst bedanken, weil wir in sehr vielen Punkten übereinstimmen. Ich glaube, das ist ein wichtiges Zeichen, auch heute in dieser Debatte.
Ich möchte Ihnen eine Frage stellen. Sie haben eine Reihe von Zitaten und Positionen aufgezählt, die aus Ihrer Sicht antisemitische Inhalte transportieren. Ich möchte diese Reihe ergänzen und Sie nach Folgendem fragen:
Wir kennen die Position Viktor Orbáns zu dieser Frage, der von einer Weltverschwörung spricht, die einen Bevölkerungsaustausch in Europa realisieren will. Als zentralen Organisator dieser Weltverschwörung sieht er George Soros, einen Juden, den er deswegen zusammen mit seiner Universität außer Landes verbannt hat.
Wie schätzen Sie die Position von Viktor Orbán zu dem Komplex Antisemitismus ein?
Herr Meister, das ist unabhängig davon, wie man Formulierungen interpretieren kann und gewollte Missverständnisse aufbaut, auch immer lustig.
Am Ende des Tages ist doch entscheidend: Wie beantworten wir die Frage, die Sie gerade am Ende Ihres Redebeitrages offen gelassen haben, nämlich wer bezahlt wie diese Krise? Die Formulierung „starke Schultern müssen mehr tragen als schwache“ liegt auf einer solchen Abstraktionsebene, dass wir alle bequem darunter hindurch kommen.
Die Frage ist doch: Welches sind die Vorstellungen der GRÜNEN zur zukünftigen Verteilung der Lasten, die jetzt durch Defizite entstehen? Wie stehen Sie zu einer Vermögensabgabe? Wenn Sie dafür sind, auf welche Vermögen soll diese erhoben werden? Wie stehen Sie zu einer weiteren
Flexibilisierung der Schuldenaufnahme? Wie stehen Sie zur Kürzung von öffentlichen Haushalten?
Das sind die entscheidenden Fragen. Vielleicht können Sie mir diese kurz in zwei Minuten konkret beantworten,
und zwar unterhalb der Abstraktionsebene, dass wir doch alle für „gut“ sind. Damit wäre mir sehr geholfen. - Danke.
Herr Szarata, Sie mögen mir meine Wortmeldung verzeihen. Sie hat mit meiner Lebenserfahrung in diesem Parlament zu tun,
und zwar habe ich mich während Ihrer Rede an die Reden eines ehemaligen Kollegen erinnert - nein, er ist immer noch ein Fraktionskollege von Ihnen -, der damals finanzpolitischer Sprecher war. Er ist heute Bildungsminister.
Ihre Rede war in etwa so wie die damalige Rede des finanzpolitischen Sprechers Tullner zum Personalentwicklungskonzept von Bullerjahn. Dieser musste massive Kritik von Herrn Tullner einstecken, dass er beim Personalabbau nicht radikal genug vorgehe und ein sozialdemokratisches Weichei sei.
Das, was Sie hier eben gesagt haben, wird in wenigen Monaten oder Jahren für Sie als Oberbürgermeister von Halberstadt einen Klang bekommen, der sehr schrill sein wird und den Sie gern vergessen würden. Glauben Sie es mir.
Herr Siegmund, ich bin immer wieder verwundert über die Dreistigkeit, mit der Sie über Havelberg reden. Ich sage Ihnen: In Havelberg glaubt Ihnen keiner mehr. Sie haben hier mehrere Reden über Rekommunalisierung gehalten, darüber, dass das Krankenhaus zurückgenommen werden muss, was Voraussetzung dafür ist, dass es nicht geschlossen wird. Im Kreistag erzählen Sie noch zehn Minuten vor der Abstimmung, dass der Kreis es jetzt übernehmen muss, damit es gerettet wird. Dann kommt die Abstimmung - und die AfD enthält sich der Stimme! Wenn Sie mit Ihrer Fraktion, Herr Siegmund, zugestimmt hätten, würde in Havelberg heute noch ein Krankenhaus existieren. Sie sind persönlich für die Situation mitverantwortlich, die Sie hier beklagen! Aus der Perspektive der Havelberger ist es unerträglich, sich das anhören zu müssen!
Ich denke, meine Ausführungen waren kürzer als eine Minute. - Natürlich, ich gebe gern zu, dass vielleicht meine Emotionen ein bisschen übergekocht sind. Aber das hat einfach mit der Sache zu tun. In Havelberg gab es keinen Investitionsstau.
Das Krankenhaus in Havelberg ist hervorragend ausgerüstet. Da gab es überhaupt keine Investitionsprobleme. Das Problem in Havelberg ist, dass die laufenden Kosten wegen dieses kranken DRG-Systems nicht durch die Einnahmen gedeckt sind. Es gab die Möglichkeit, Havelberg zu übernehmen, nämlich durch den Landkreis und mit dem Betreiber Salus, wenn eine Voraussetzung erfüllt gewesen wäre - dann hätten alle mitgemacht -, nämlich wenn der CDU-Finanzminister bzw. seine Vertreter in der Salus gGmbH
gesagt hätten, wir dürfen Defizite übernehmen. Es war der CDU-Finanzminister, der gesagt hat, es dürfen keine Defizite übernommen werden.
Und das hat zu der falschen Position geführt, dass der Landkreis seine gesetzliche Aufgabe nicht wahrnimmt. Der hat den Sicherstellungsauftrag, der muss es übernehmen, whatever it takes übrigens. Dabei ist es völlig egal, welche Defizite dadurch auftreten.
- Herr Schulenburg, es war eine öffentliche Sitzung. Ich habe hinten gesessen. Sie hatten keine Brille auf und haben mich nicht erkannt; alles klar.
Diese Situation haben wir zu verzeichnen. Das Land bezahlt es nicht.
Der Landkreis weigert sich, zu übernehmen - mit Ihrer Stimme. Das ist die Situation, um die es geht.
Es ist in gewisser Weise eine Frage: Herr Krull, mir geht es jetzt um die Position der CDU zu Gardelegen als einem Spezialfall des grundsätzlichen Problems.
Jetzt haben wir eine ganze Menge darüber gehört, welche Gründe unter anderem die Salus gGmbH angeführt hat, in Gardelegen den Bereich Kinderheilkunde schließen zu wollen, mit der Debatte Salzwedel, das könnte man fusionieren und in Gardelegen macht man ein ambulantes Angebot.
Ich habe die CDU vor Ort immer so verstanden, dass sie das absolut für inakzeptabel hält. Und jetzt lese ich einmal vor, was in der „Volksstimme“ über ein Gespräch von Herrn Borgwardt und Herrn Heuer über diese Krankenhausproblematik zu lesen steht.
Da heißt es am 5. August in der „Volksstimme“: Die Fraktion will, dass das von ihr geforderte unabhängige Gutachten als Entscheidungsgrundlage über die Klinikstruktur noch vor der Landtagswahl 2021 vorliegt. Wir brauchen es schleunigst, sagt CDU-Finanzer Guido Heuer. Als hoch verschuldetes Land müsse sich Sachsen-Anhalt zukunftsfähig aufstellen. Zur Wahrheit gehört dabei auch, dass es politisch bittere Einschnitte geben wird. - Vorher begründet, weil man die Strukturen passfähiger, leistungsfähiger, konzentrierter machen müsste.
Jetzt frage ich einmal: Die Anforderung, man kann es nicht alles so belassen, wie es ist, sondern wir müssen die Strukturen eindampfen, damit sie billiger werden, gilt das jetzt aus der Perspektive der CDU auch für diesen Bereich Gardelegen oder gilt das nur für andere Strukturen?
Darf ich nur noch einen Satz sagen, der zur Seriosität dazugehört? - Ich bin ganz bestimmt kein Verteidiger der „Volksstimme“. Was ich vorgelesen habe, waren wortwörtliche Zitate des Herrn Heuer in diesem Kontext. Deswegen glaube ich schon, dass das keine Interpretation war, sondern auch genauso gesagt wurde.
Herr Erben, ganz außergewöhnlich: Es geht mir wirklich nicht darum, zu provozieren oder irgendetwas aufzudecken, sondern darum, etwas zu verstehen. Ich habe nämlich den Eindruck, Sie haben sich so intensiv damit beschäftigt, dass Sie mir das so erklären können, dass ein Abgeordneter, der nicht im Innenausschuss sitzt, es versteht. Dazu gehöre ich. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann haben Sie gesagt, es gibt jetzt einen Spielraum für die kommunale Vertretung für den Fall, dass die Beitragspflicht schon entstanden ist, aber der Beitrag noch nicht bezahlt worden ist.
Dazu die Frage: Habe ich Sie da richtig verstanden, und für welchen Bereich hat die kommunale Vertretung jetzt noch die Entscheidungsbefugnis, ob sie die Beiträge erhebt oder nicht?
Dann eine Frage zu dem Kriterium „Entstehung der Beitragspflicht“, das Sie als den Cut ansetzen: Wodurch wird die Entstehung der Beitragspflicht ausgelöst, dadurch, dass mit der Baumaßnahme begonnen worden ist, dass sie beendet worden ist oder dass die Beiträge schon errechnet worden sind? Das könnten Sie mir noch einmal kurz erklären.
Als Fragesteller frage ich: Herr Krull, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass sich die von Ihnen so deutlich kritisierte Bemerkung der Vertreterin der Volksinitiative, dass das durchschnittliche Einkommen in Sachsen-Anhalt zwischen 20 000 € und 25 000 € beträgt, einfach darauf bezieht, wie hoch das durchschnittliche Nettoeinkommen der Bevölkerung pro Kopf in Sachsen-Anhalt ist, und dass man dieses natürlich nicht mit dem Bruttoverdienst eines sozialversicherungspflichtigen
Vollzeitbeschäftigten gleichsetzen kann? Denn von diesen Kostenerhebungen sind natürlich auch massenhaft Menschen betroffen, die zum Beispiel nur eine Rente erhalten. Man darf sich also nicht nur auf eine Personengruppe konzentrieren, die sozusagen an der Spitze der Einkommenspyramide steht, sondern muss den Durchschnitt betrachten.
Insofern sage ich ganz deutlich: Ich fand Ihre Kritik an jemandem, der sich nicht wehren kann, und die Hinzuziehung eines falschen Zahlenvergleichs nicht gerade fair. - Danke.
Herr Meister, mir geht es jetzt nicht noch einmal um die 15 Millionen €. Diesbezüglich schauen wir alle ein Stück weit in die Glaskugel - das ist auch mir klar -, die Zeit nach der Spitzabrechnung betreffend. Mir geht es noch einmal um das Thema des zeitlichen Korridors bei den Baumaßnahmen, bei denen es nach der Endabnahme in den Jahren 2017, 2018 und 2019 Veränderungen gab und die Beitragsbescheide noch nicht ergangen sind. Diejenigen, die sich damit ein wenig beschäftigt haben, wissen - das hat auch der Kollege Erben gesagt -: Das wird kein Einzelfall sein; denn der Prozess, bevor die Beitragsbescheide herausgegangen sind, hat häufig sehr lange gedauert.
Jetzt haben wir die folgenden Alternativen: Entweder entscheiden die Leute selbst darüber, ob sie das Geld brauchen, oder wir legen die Spitzabrechnung zugrunde, wie wir sie jetzt laufend für die nächsten beiden Jahre heranziehen wollen, und sagen: Okay, Kommunen, ihr bekommt das entsprechend dem Sinn dieses Gesetzes vom Land bezahlt. Dann würden die Leute zumindest wissen, dass sie ab sofort keine Beitragsbescheide mehr bekommen würden.
Ist darüber bei Ihnen einmal diskutiert worden? Ist, als dieser Gesetzesentwurf von der Koalition erarbeitet worden ist, einmal kalkuliert worden, wie teuer eine solche Regelung für das Land wäre? Gibt es Kalkulationen darüber, wie groß das Volumen der Beiträge ist, die infolge kommunaler Entscheidungen jetzt eventuell noch erhoben werden könnten?
Ja, eine kurze Nachfrage.
Ich will bloß darauf verweisen, Herr Meister: Wir sind jetzt bei der Fallgruppe: Die Schlussrechnung war schon da, der Beitragsbescheid ist aber noch nicht ergangen. Ich habe nicht darauf abgehoben, dass man alle, und zwar auch diejenigen, die in den Jahren 2016, 2017, 2018 und 2019 ihre Beiträge bereits entrichtet haben, davon freistellen müsste, sondern ich meine nur diese Fallgruppe. Diese behandelt man doch jetzt auch anders als andere, indem man nämlich den kommunalen Vertretungen freistellt: Wollt ihr den Beitrag erheben oder nicht? Ich meine wirklich nur diese Fallgruppe.
In diesem Zusammenhang will ich zumindest auf Folgendes hinweisen: Wir waren bisher bei 11 Millionen € pro Jahr und es würde auch nicht den gesamten Bereich betreffen. Aber ich nehme Ihre Worte erst einmal zur Kenntnis: Eine Kalkulation bezüglich einer solchen Option gab es noch nicht. Man könnte sie aber vielleicht noch anstellen. - Danke.
Danke. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist in etwa ein Jahr her, da stand ich hier und habe den Antrag meiner Fraktion „Verfassungsauftrag wahrnehmen - Staatskirchenleistungen ablösen“ vorgestellt. Dieser Antrag hat einen historischen Hintergrund, nämlich zu diesem Zeitpunkt den 100. Jahrestag des Verfassungsauftrages, die Staatskirchenleistungen abzulösen.
Heute, gewissermaßen am 101. Jahrestag des Verfassungsauftrages, stehe ich wieder hier, um zu beantragen, die Staatskirchenleistungen abzulösen. Und ich kann Ihnen garantieren, wenn das hier so weitergeht, wird auch am 102. Jahrestag dieses Auftrages jemand hier stehen - ob ich das sein werde, weiß ich nicht - und Sie daran erinnern, dass wir einen Verfassungsauftrag haben, ob ihnen das nun recht ist oder nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir haben uns vor einem Jahr über die damit im Zusammenhang stehenden Fragen ausgetauscht. Es ist nicht so, dass seitdem nichts passiert ist. Es ist sehr wohl etwas passiert, interessanterweise allerdings nicht in Sachsen-Anhalt.
Vielleicht können sich die eine oder andere oder der eine oder andere an die Diskussion von damals noch erinnern. Da war von Kirchenfeindlichkeit die Rede und davon, dass wir Verpflichtungen ins Nichts auflösen wollten. All das war, zumindest was meine Fraktion anbelangt, falsch.
Seit diesem Zeitpunkt gibt es tatsächlich eine gewisse Bewegung. Das will ich zumindest denjenigen hier erzählen, die nicht täglich damit zu tun haben. Es gibt inzwischen einen Gesetzentwurf auf Bundesebene. Dieser Gesetzentwurf auf Bundesebene wird interessanterweise von drei Fraktionen eingebracht: von den GRÜNEN, von der FDP und von der LINKEN.
Alle drei Fraktionen versuchen, einen Rahmen zu bilden, innerhalb dessen man diese Staatskirchenleistungen ablösen kann bzw. einen Vorschlag zu formulieren, wie die Länder damit umgehen. Denn - zumindest das hat sich nicht geändert - dieses Problem muss auf Landesebene ge
löst werden, weil es zum Beispiel in dieser Bundesrepublik Deutschland Länder gibt, die überhaupt keine Staatskirchenleistungen zahlen. Das hat jedes einzelne Land selbst definiert.
Der Staatsvertrag mit der evangelischen und der katholischen Kirche ist zwischen dem damaligen Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt und den Kirchenvertretern geschlossen worden. Es ist eine vertragliche Basis zwischen dem Land und der katholischen bzw. evangelischen Kirche. Das ist etwas, was in unseren Zuständigkeitsbereich fällt. Und ich sage es noch einmal in aller Deutlichkeit: Es ist etwas, das aus unserem Landeshaushalt bezahlt wird. Deswegen ist der permanente Verweis, wir könnten so lange nichts tun, wie der Bund keinen Rahmen dafür setzt, falsch.
Wenn ich mich an die Diskussion von damals erinnere - wir hatten schon einige Debatten -, dann will ich nur einmal sagen, wer sich alles auf die Diskussion im Ausschuss gefreut hat: unter anderem der Herr Minister oder Herr Schumann, der damals schon zum Ausdruck brachte, man müsse sich im Ausschuss über diese Dinge wirklich einmal vernünftig unterhalten.
Auch die Vertreter der beiden anderen Fraktionen der Koalition meinten, man müsse im Ausschuss einmal über diese Dinge reden und darüber, wie man bei der Erfüllung dieses Verfassungsauftrages wirklich vorankomme.
Interessanterweise lief diese Freude leider völlig ins Leere, weil es eine solche Diskussion im Ausschuss nicht gegeben hat; denn die Koalition ist nicht in der Lage, darüber zu diskutieren.
Ich will überhaupt nicht den Vorwurf erheben, den ich natürlich erheben könnte, dass die Koalition in dieser Frage keine Position hat. Man will die Koalition ja nicht überfordern; denn es gibt auch noch ein paar andere Probleme.
Nein, Sie waren nicht einmal bereit, darüber zu diskutieren. Offensichtlich ist man sich seiner eigenen Position so unsicher, dass man im Ausschuss nicht einmal darüber reden möchte.
Um die Last der Befürchtungen ein bisschen von den Vertretern der Koalition zu nehmen, will ich noch einmal sagen: Sowohl damals in dem Kontext dieses Antrages als auch danach sind von mir mehrere Gespräche mit den Vertretern der Kirchen geführt worden.
Natürlich jubeln die nicht darüber, dass jemand darauf aufmerksam macht, dass sie Gelder bekommen, für die es faktisch keine Legitimation mehr gibt. Dass es aber so ist, ist inzwischen in Kirchenkreisen im Grunde genommen schon fast Common Sense oder, wie ein Vertreter mir deutlich sagte: „Herr Gallert, wir wissen, das ist eigent
lich nicht mehr in Ordnung; aber wir sind über jedes Jahr froh, in dem wir die Staatskirchenleistungen noch kriegen.“ - Nun gut.
- Ach, Herr Tullner, ich rufe den Kollegen an und frage, ob er Ihnen sagen will, was er dazu gesagt hat.
Ich will ehrlicherweise auch von einem Gespräch mit einem Vertreter der katholischen Kirche berichten, der sich sehr öffentlich gemeldet hat, und zwar mit Herrn Rether. Er hat diese Initiative sozusagen auf die Ebene einer Kirchenfeindlichkeit der AfD gehoben. Wir haben ein Gespräch geführt, zu dem mir jemand, der ihn gut kennt, im Nachhinein gesagt hat, das sei schon fast so etwas wie eine Entschuldigung gewesen.
Ich nehme zur Kenntnis, dass wir innerhalb der Kirchen, sowohl der evangelischen als auch der katholischen Kirche, sehr wohl eine Aufgeschlossenheit für diese Debatte haben. Es gibt übrigens auch Modelle, die zum Beispiel von Kirchenjustiziaren entwickelt worden sind, die dem Vorschlag, den ich hier damals gemacht habe, sehr nahekommen, nämlich einen entsprechenden Sonderfonds zu bilden.
Ich will auch nur darauf verweisen, dass der entsprechende Antrag, der jetzt von den von mir genannten drei Fraktionen in den Bundestag eingebracht worden ist - noch nicht behandelt, aber eingebracht worden ist -, übrigens schlechtere Konditionen formuliert als die, die ich hier vorgestellt habe.
Ich sage noch einmal ausdrücklich: Haben Sie doch bitte vor dieser Debatte keine Angst. Es gibt tatsächlich - das will ich auch dazu sagen - innerhalb der Kirche Menschen, die sagen: „Wir werden diese Debatte nicht loswerden und je länger wir damit warten, umso schlechter werden die Rahmenbedingungen für uns.“
Deswegen gibt es sehr wohl auch in den Kirchen Menschen, die dieser Idee gegenüber besonders aufgeschlossen gegenüberstehen. Allerdings
brauchen auch sie politische Anstöße.
Vielleicht kriegen wir es ja hin, mit Kirchenvertretern darüber zu diskutieren, wie denn zum Beispiel in der Perspektive die Lastenteilung bei Sakralbauten in Sachsen-Anhalt zu realisieren ist. Für Teile des Kulturerbes, für das wir alle verantwortlich sind, liegt die Baulast jetzt bei Kirchengemeinden, die überhaupt nicht mehr in der Lage sind, diese Baulasten zu tragen. Formal sind sie trotzdem weiterhin dafür zuständig; aber natürlich sind sie auf die öffentliche Hand angewiesen. Wir stricken dann mit irgendwelchen komischen LottoToto-Mitteln oder irgendwelchen Fördermitteln
irgendwelche Programme gerade so hin, dass wir die letzte Dachschindel auf das Dach setzen können. Diese Situation ist weder für die Kirchengemeinden noch für uns noch für die Baudenkmale eine vernünftige Sache.
Mich würde es freuen, wenn wir mit den Kirchen in Sachsen-Anhalt ernsthaft in eine Diskussion eintreten können, wie wir in Zukunft die Lasten vernünftig verteilen können. Dazu haben wir einen Verfassungsauftrag, der uns eigentlich sogar zu dieser Debatte zwingt.
Ich kann dieses permanente Pingpongspiel nicht akzeptieren und nicht verstehen, das nach dem Motto stattfindet: Verfassungsauftrag hin oder her, aber dafür ist der Bund zuständig. Der Bund sagt: „Ihr Länder habt die Verträge doch vereinbart; dann könnt ihr euch auch selber drum kümmern. Warum denn wir?“ - Diese Debatte ist unehrlich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unehrliche Debatten, die hier im Hohen Hause geführt werden, schaden dem Ansehen der Politik. Denn irgendwann merken die Leute, dass man mit diesem Verstecken der eigenen Verantwortung dem Wählerauftrag nicht gerecht wird. Das ist etwas, das wir uns nicht leisten dürfen und nicht leisten müssen, weil die Debatte inzwischen längst fortgeschritten ist und wir uns dort einmischen könnten.
Deswegen noch einmal mein Appell: Machen Sie wenigstens das wahr, was Sie hier vor einem Jahr angekündigt haben. Nähern Sie sich wenigstens einmal der Debatte. Nähern Sie sich wenigstens einmal diesem Thema. Wir haben in Sachsen-Anhalt besonders große Aufgaben vor uns. Verweigern Sie sich wenigstens nicht mehr der Diskussion.
Das Einzige, das wir hier beantragt haben, ist die Forderung, wenigstens ein Gremium zu schaffen, in dem wir mit den Kirchen über dieses Thema und eine Perspektive reden können. Ich habe absolut kein Verständnis mehr dafür, dass Sie sich dieser notwendigen Debatte verweigern. - Danke.
Erstens. Die Verträge, die Anfang der 90er-Jahre mit der katholischen und der evangelischen Kirche geschlossen worden sind,
gründen sich inhaltlich ausdrücklich auf angeblich überkommene Rechtsverhältnisse aus der Zeit von vor 1919.
Die Begründung für den Neuabschluss solcher Staatsverträge war, dass eine solche Zahlung in der DDR nicht geleistet worden ist. In dem Augenblick, in dem die DDR in den Geltungsbereich des Grundgesetzes übertrat, begründete sich sozusagen diese Anforderung auf die Altleistungen neu.
Wenn Sie sich einmal mit den Leuten unterhalten hätten, die das gemacht haben, dann wüssten Sie, dass sie gesagt haben: Damals wurde versucht - übrigens in einer Art und Weise, über die wir lieber den Mantel des Schweigens legen wer
den -, Altansprüche aus der Zeit vor 1919 auf dem Gebiet des Landes Sachsen-Anhalt, die die katholische und die protestantische Kirche gehabt haben sollen, heranzuziehen und daraus eine entsprechende Summe für diese Staatskirchenleistung zu realisieren.
Man ist also im Grunde genommen wieder in eine Situation eingetreten, die sich auf die Zeit vor der Existenz der DDR bezogen hat. Das war der Grund, warum es diese Staatskirchenleistungsverträge überhaupt gegeben hat. Deswegen haben wir eine solche Situation. Wie sie zustande gekommen sind und ob man das überhaupt hätte machen dürfen, ist eine völlig andere Frage.
Übrigens sind auch im Westen alle jetzt geltenden Staatskirchenleistungsverträge nach 1945 verabschiedet worden, also auch nach 1919. Man kann sagen, natürlich waren die möglicherweise alle nicht legitim. Aber dann waren sie drüben im Westen genauso wenig legitim wie im Osten. Und man muss sagen: Es gibt auch westliche Bundesländer, die deswegen nie einen solchen Vertrag abgeschlossen haben - im Gegensatz zum Osten, wo natürlich alle Länder dann solche Verträge abgeschlossen haben, übrigens zu Preisen, die eigenartigerweise weit über denen im Westen liegen. - Das ist die Situation, in der wir uns jetzt befinden. Mit der müssen wir uns auseinandersetzen.
Die Staatsverträge sind geschlossen worden. Ob sie mit vernünftiger juristischer Begründung zustande gekommen sind, darüber können wir gern noch einmal diskutieren. Das ist insofern irrelevant, als darunter jeweils zwei Unterschriften stehen. Diese Unterschriften nehmen uns in die Pflicht. Deswegen finde ich es inzwischen nicht mehr so wahnsinnig interessant, über die Legitimität dieser Dinge nachzudenken. Vielmehr sollten wir über die Legitimität der Frage nachdenken, wie man da herauskommt.
Allerdings will ich auch sagen: Je länger dieser Zustand anhält und je mehr die Preise, die wir dafür als Land bezahlen, in die Höhe schießen, umso stärker wird es eine gesellschaftliche Debatte über die Legitimität dieser Zahlen geben, die in Sachsen-Anhalt so hoch sind wie in keinem anderen Bundesland. Das muss man auch dazusagen. Deswegen glaube ich, dass diejenigen in den kirchlichen Strukturen recht haben, die sagen: Wir brauchen eine Exitstrategie, und je länger wir warten, desto schlechter wird das gesellschaftliche Klima sein. Deswegen will ich da nicht ruhen. - Danke.