Protocol of the Session on June 2, 2016

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 5. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der siebenten Wahlperiode. Dazu begrüße ich Sie, verehrte Anwesende, auf das Herzlichste.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir setzen nunmehr die 4. Sitzungsperiode fort. Wir beginnen die heutige Beratung mit dem Tagesordnungspunkt 2, der Regierungserklärung. Danach folgen die Tagesordnungspunkte 3, 4, 5 und 6.

Ich erinnere Sie daran, dass sich für heute Staatsminister Herr Robra ab 17:30 Uhr, Ministerin Frau Grimm-Benne ab 15 Uhr und Ministerin Frau Keding bis 17 Uhr entschuldigt haben. - Herr Tullner, Sie auch? Sind Sie heute auch entschuldigt?

(Minister Marco Tullner: Nein, ich bin doch da! - Sebastian Striegel, GRÜNE: Er wollte nur schwatzen!)

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 2 a

Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Herrn Dr. Reiner Haseloff zum Thema: „Verlässlich, gerecht und nachhaltig - Kontinuität und neue Perspektiven für Sachsen-Anhalt“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erteile Ministerpräsident Herrn Dr. Reiner Haseloff das Wort zur Abgabe der Regierungserklärung. Bitte, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der CDU und von der Regie- rungsbank)

Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Sehr geehrten Damen und Herren! Am 13. März 2016 haben die Bürgerinnen und Bürger in SachsenAnhalt einen neuen Landtag gewählt. Erfreulich ist, dass die Wahlbeteiligung seit dem Tiefpunkt im Jahr 2006 erneut gestiegen ist. Das ist gut; denn die Demokratie lebt von der Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und von der Regierungsbank)

Im Ergebnis der Wahl haben wir eine Koalition aus CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gebildet, einen Koalitionsvertrag geschmiedet. Am 25. April 2016 hat mich dieser Landtag zum Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt gewählt. Die Landesregierung ist arbeitsfähig. Und wie es guter Brauch ist, möchte ich Ihnen heute die Grundlinien der Regierungsarbeit der nächsten Jahre erläutern.

Worin liegt nun der Schwerpunkt unseres Koalitionsvertrages und damit der Regierungsarbeit der kommenden fünf Jahre? - Man kann es auf einige Worte verknappen: Kontinuität und neue Perspektiven.

Wir wollen Politik für Sachsen-Anhalt gestalten, die verlässlich, gerecht und nachhaltig ist - Sachsen-Anhalt hat nämlich eine gute Zukunft -, und wir wollen, dass die Menschen in unserem Land an dieser Zukunft mitwirken.

Vor allem aber haben die Sachsen-Anhalterinnen und Sachsen-Anhalter allen Grund, selbstbewusst und stolz auf ihr Land zu schauen.

Das Reformationsjubiläum im Jahr 2017 und das Bauhausjubiläum im Jahr 2019 sind Ereignisse mit internationaler Ausstrahlung. Sie zeigen, welche große Geschichte unser Land hat. Wir wollen die Jubiläen nutzen, um dies in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus noch viel stärker bewusst zu machen. Aus dieser Geschichte wollen wir Kraft für die Gestaltung der Zukunft schöpfen.

Wir haben in den Jahren seit 1990 bewiesen, dass wir uns den Herausforderungen der Gegenwart stellen und sie meistern. Der Umbau unseres Landes war ein beispielloser Kraftakt, und wir können stolz auf das sein, was wir erreicht haben, erreicht aus eigener Kraft, aber auch durch die Unterstützung des Bundes und der Länder sowie der Europäischen Union.

Wenn die Arbeitslosenquote heute im Landesschnitt unter 10 % liegt - das ist derzeit die niedrigste Quote seit dem Jahr 1991 - und damit nur noch halb so hoch wie vor zehn Jahren ist, dann zeigt dies eine gute Entwicklung. Jetzt muss es darum gehen, auch bei den Löhnen Anschluss an die westlichen Bundesländer zu finden. Gute Arbeit muss auch gut entlohnt werden.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und von der Regierungsbank)

Wir haben die Landeshaushalte in den letzten Jahren ohne Neuverschuldung aufstellen können und sind sogar in die Tilgung der Altschulden eingestiegen. Auch das müssen wir fortführen. Wir wissen, dass dies nicht leicht wird. Der Solidarpakt läuft nach dem Jahr 2019 aus. Die BundLänder-Finanzbeziehungen werden neu gestaltet und die finanziellen Auswirkungen der Flüchtlingsunterbringung und -integration sind zu meistern.

Wichtig ist, dass wir die Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive erfolgreich in unsere Gesellschaft integrieren. All dies sind Aufgaben, denen wir uns über Parteigrenzen hinweg im Interesse unseres Landes stellen müssen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir uns in diesem Hohen Haus alle dieser großen Verantwortung bewusst sind und ihr gerecht werden. An der Art und Weise, wie wir mit der Flüchtlingsfrage umgehen, zeigt sich der Reifegrad unserer Gesellschaft.

(Beifall bei den GRÜNEN und von der Re- gierungsbank)

Es zeigt sich, wie weit jeder Einzelne die Grundprinzipien unseres Zusammenlebens verinnerlicht hat: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Toleranz, Hilfsbereitschaft, Respekt. Unser Umgang mit den Flüchtlingen ist sozusagen eine Reifeprüfung für uns alle.

(Zustimmung bei der LINKEN, bei den GRÜ- NEN und von der Regierungsbank)

Mein Anspruch ist, dass die Sachsen-Anhalterinnen und Sachsen-Anhalter, dass wir alle diese Prüfung bestehen.

Was wir nicht zulassen dürfen, ist eine weitere Polarisierung unserer Gesellschaft, ist ein Anwachsen von Hass und Gewalt, sind Ausgrenzung und Abschottung. Nicht akzeptabel sind verbale Entgleisungen gegenüber Menschen anderer Hautfarbe, anderen Glaubens, anderer Identität. Nicht akzeptabel ist, wenn Gewalt ein Mittel der politischen Auseinandersetzung wird.

(Beifall im ganzen Hause)

Nicht akzeptabel sind Attacken auf die körperliche Unversehrtheit, vom Tortenwurf bis hin zu körperlichen Übergriffen, wie sie auch unsere Polizeibeamtinnen und -beamten immer stärker erfahren müssen.

(Beifall im ganzen Hause)

Aber auch verbale Attacken, direkt oder in sozialen Netzen, sind auf das Schärfste zu verurteilen.

(Beifall im ganzen Hause)

Dies dürfen und werden wir deshalb nicht zulassen. Diese Landesregierung steht für ein Sachsen-Anhalt, das weltoffen und tolerant ist. Für ein Sachsen-Anhalt, in dem alle Menschen gut leben können - die, die hier geboren sind, und die, die zu uns kommen als Studenten, Gäste, Fachkräfte und auch als Flüchtlinge.

Der Anspruch dieser Regierung ist, dass sich unsere Heimat Sachsen-Anhalt weiterhin gut entwickelt. Dabei können wir auf das aufbauen, was wir gemeinsam in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht haben.

Ganz gewiss wurden in der Vergangenheit auch Fehler gemacht, und es gab Entwicklungen, die nicht vorhersehbar waren, zum Beispiel die Auswirkungen der Finanzkrise oder die Flut im Sommer 2013.

Man sollte jedoch der Politik zugestehen, dass sie nicht unfehlbar ist und dass sie keine Wunder vollbringen kann. Nicht alles kann und soll der Staat regeln. Aber er kann vernünftige Rahmenbedingungen setzen. Das tun wir mit dem Koalitionsvertrag und der darauf beruhenden Arbeit der Landesregierung.

Für die Umsetzung brauchen wir aber die Mitwirkung der Menschen in unserem Land. Sie sind es, die Sachsen-Anhalt voranbringen, ihr Engagement zählt. Darauf baue ich zum Wohle unserer Heimat.

Jeder Einzelne kann etwas zum Erfolg unseres Landes beitragen. Das können neue Ideen oder das kann einfach eine gute Laune, eine gute Stimmung sein, die wir im Sinne des Selbstbewusstseins auch verbreiten können.

Lassen Sie mich nun einige der wesentlichen Punkte der Regierungsarbeit in dieser Legislaturperiode erläutern.

Wir alle wissen, dass wir mehr Impulse für wirtschaftliche Dynamik benötigen. Eine starke und gesunde Wirtschaft ist die Grundlage für die weitere Entwicklung Sachsen-Anhalts. Ohne sie werden wir viele Wünsche unerfüllt lassen müssen. Denn auch für unser Land gilt: Was man sich leisten will, muss erst einmal erarbeitet werden.

Deshalb benötigen wir mehr unternehmerische Innovationskraft. Deshalb müssen wir unsere Zukunftsinvestitionen verstärken, dies alles unter Beachtung ökologischer Aspekte. Überhaupt werden die Themen Nachhaltigkeit und langfristige Tragfähigkeit immer wichtiger auch im Sinne der Generationenverantwortung.

Ziel war und ist es nicht, Standorte mit Hilfe von Fördergeldern zu entwickeln und dann erleben zu müssen, dass angesiedelte Unternehmen nach Ablauf der Bindungsfristen diese ein paar Jahre später wieder aufgeben.

(Beifall bei der LINKEN, bei den GRÜNEN und von der Regierungsbank)

Deshalb wollen wir noch konsequenter insbesondere kleine und mittlere, mit der Region verhaftete Unternehmen durch den Einsatz passgenauer Förderinstrumente unterstützen. Dazu zählt auch, den Gründergeist zu stärken.

Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch gute Arbeitsbedingungen und eine weitere dynamische Einkommensentwicklung. Angesichts der Entwicklung auf dem Fachkräftemarkt muss dies auch im

Interesse der Unternehmen selbst liegen. Unverzichtbar ist zudem die Forcierung des Ausbaus der Infrastruktur und der Breitbandnetze.

Besondere Bedeutung hat dieser Ausbau für den ländlichen Raum. Ländliche Räume lebenswert zu gestalten, sodass sie Perspektiven auch für junge Menschen bieten, ist unser erklärtes Ziel.

Auch die Land- und Forstwirtschaft ist in diesem Zusammenhang zu nennen; denn sie ist eine tragende Säule auf dem Land. Sie steht zugleich in besonderer Verantwortung, wenn es darum geht, Nachhaltigkeit zu fördern und eine artgerechte Tierhaltung zu betreiben. Erwartungen, die auch immer mehr Verbraucher mit der Landwirtschaft verknüpfen, sind in diesem Zusammenhang ebenfalls wichtig.

Ein Plus für unsere in weiten Teilen ländlich geprägte Heimat sind ihr wertvolles Naturerbe und ihre biologische Vielfalt. Sie gilt es zu bewahren und weiterzuentwickeln.

Weiterentwickeln wollen wir auch das Bildungssystem. Gute Bildung bietet nicht nur die Chance auf Selbstverwirklichung und persönlichen Erfolg; sie ist auch die Grundlage für den Erfolg unserer Gesellschaft insgesamt.