Protocol of the Session on February 2, 2017

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist 9 Uhr. Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

(Unruhe)

Sehr geehrte Damen und Herren!

(Glocke der Präsidentin)

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich hatte Ihnen eben die Gelegenheit gegeben, sich auf Ihre Plätze zu begeben. Wir wollen beginnen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 19. Sitzung des Landtages - -

(Anhaltende Unruhe)

Ich bitte Sie, den Geräuschpegel zu senken. Kolleginnen und Kollegen, setzen Sie sich jetzt bitte hin, damit wir beginnen können.

(Glocke der Präsidentin)

Ich bitte auch Herrn Kolze und Herrn Kollegen Zimmer, die Plätze einzunehmen.

Ich versuche noch einmal, die Sitzung zu eröffnen. Sie wissen, dass das Ziel, die umfangreiche Tagesordnung bis 20 Uhr abzuarbeiten, sehr ambitioniert ist. Deswegen bitte ich um etwas mehr Disziplin, damit wir ordentlich durch den Tag kommen. - Vielen Dank. Nun ist es etwas ruhiger.

Hiermit eröffne ich heute zum dritten Mal die 19. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der siebenten Wahlperiode. Dazu möchte ich Sie, verehrte Anwesende, auf das Herzlichste begrüßen.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.

Entschuldigungen von Mitgliedern der Landesregierung liegen mir heute nicht vor.

Zur Tagesordnung. Sehr geehrte Damen und Herren! Die Tagesordnung für die 10. Sitzungsperiode des Landtages liegt Ihnen vor. Die Fraktionen SPD, CDU sowie AfD haben fristgemäß jeweils ein Thema zur Aktuellen Debatte eingereicht, das unter Punkt 6 a), b) und c) in die Tagesordnung aufgenommen wurde und gemäß Übereinkunft im Ältestenrat am Freitag unter dem ersten Tagesordnungspunkt behandelt wird.

Mir wurde signalisiert, dass die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien in der Drs. 7/907 unter Punkt 25 in die Tagesordnung aufgenommen werden soll, wobei eine Debatte nicht vorgesehen ist. Gibt es hierzu Wortmeldungen? - Das

sehe ich nicht. Somit wird dieser Punkt als letzter Tagesordnungspunkt für die morgige Sitzung eingetaktet.

Zum zeitlichen Ablauf der 10. Sitzungsperiode. Am heutigen Tage um 20 Uhr findet eine parlamentarische Begegnung der Finanzgruppe Ostdeutscher Sparkassenverband statt. Die morgige 20. Sitzung des Landtages beginnt um 9 Uhr.

Wir steigen somit in die Tagesordnung ein und kommen zum

Tagesordnungspunkt 1 a

Regierungserklärung des Ministers für Bildung Herrn Marco Tullner zum Thema: „Gute Unterrichtsversorgung als Kern guter Bildungspolitik“

Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben nunmehr das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich war ob des strengen Blickes etwas irritiert, ob ich schon kommen durfte. Deswegen zögerte ich ein wenig.

Gestatten Sie mir zunächst eine Vorbemerkung. Als ich im letzten Spätherbst den einen oder anderen Zeitungsartikel las, bei denen ich mir Gedanken über bestimmte politische Strategien und Diskurse machte, ist mir ein Gefühl gekommen, dass wir - davon leben wir ja auch - öffentliche Debatten in den Medien öffentlich führen müssen, aber dabei den eigentlichen Ort, den Kern der politischen Debatte, nämlich das Parlament, gelegentlich im Blick haben müssen.

Dabei ist mir die Idee gekommen, hier im Hohen Hause einmal zu erklären, was mich umtreibt und was ich strategisch vorhabe. Deswegen stehe ich heute hier und möchte eine Regierungserklärung abgeben. Eine Regierungserklärung ist - das habe ich gelernt, es ist meine erste Regierungserklärung -, eine Regierungserklärung, weil sie keine Ministererklärung ist. Deswegen ist es eine Erklärung der gesamten Regierung.

(Ulrich Thomas, CDU: Da spricht der Bil- dungsminister!)

Wir haben das hoffentlich so kommuniziert, dass Sie das alle so auch wahrnehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich verstehe Politik als offenen und ehrlichen Dialogprozess mit dem Ziel, die beste Lösung für ein bestehendes Problem zu finden. Dieser Prozess findet häufig in einer leidenschaftlichen Debatte - zumindest hoffe ich das -, in einem medialen Schlagabtausch oder auch in der

einen oder anderen platzierten Provokation statt. Mein Stil ist das nicht.

Politik gehört eben auch und gerade in das Parlament. Das Hohe Haus ist der vornehmste Ort, in dem über Lösungen diskutiert und gern auch gestritten werden kann, ja, auch muss.

Die heutige Regierungserklärung möchte ich ausdrücklich nicht als Eingriff in die laufenden Haushaltsberatungen verstanden wissen, sondern vielmehr als Start eines offenen Dialoges.

Das Ziel allerdings steht fest: die Bildung in Sachsen-Anhalt transparent und vor allem verlässlich zu gestalten. Es gibt viele Gründe, die uns veranlassen, dass wir derzeit so intensiv über notwendige Maßnahmen im Bildungsbereich sprechen. Ein Grund ist der notwendige Konsolidierungskurs der Vorgängerregierung, der nur wenige personelle Spielräume bot.

Einen anderen Grund mag man in Fehleinschätzungen oder Fehlinterpretationen im Bereich der Bildungspolitik in den letzten Jahren sehen. Fakt ist: Ein stoisches „Weiter wie bisher!“ würde der Situation nicht gerecht werden.

Meine Damen und Herren! Die Debatte in der Bildungspolitik wird wie in kaum einem anderen Politikfeld von allen Seiten hoch emotional geführt, in allen Fällen mit dem sehr ehrenwerten Ziel, unseren Kindern durch gute Bildung ebenso gute Zukunftschancen zu ermöglichen und damit die wichtigste Ressource unseres Landes zu sichern.

Häufig gehen diese Diskussionen von ganz konkreten Problemsituationen an ganz konkreten Schulen aus. Wenn man ehrlich ist, dann lässt sich das Problem derzeit meist unter dem Stichwort Unterrichtsausfall beschreiben. Eine Lehrkraft erkrankt und der Unterricht fällt aus. Eine ausgeschriebene Stelle kann nicht besetzt werden und der Unterricht fällt aus. Zu Recht bringt das Eltern und alle anderen der Bildung verbundenen Akteure auf die Palme.

Ein zentrales Ziel ist es deshalb, die Unterrichtsversorgung in Sachsen-Anhalt auf ein solides Fundament zu stellen und dafür zu sorgen, dass der Unterricht überall sowohl quantitativ als auch qualitativ abgedeckt ist.

(Zustimmung von Eva Feußner, CDU)

Meine Damen und Herren! Jede Diskussion über qualitative Verbesserungen der Bildungspolitik bleibt aber Makulatur, wenn Unterricht eben nicht stattfindet. Der Koalitionsvertrag der regierungstragenden Parteien hat als Ziel eine 103-prozentige Unterrichtsversorgung ausgegeben. Dies ist natürlich ein abstrakter Wert.

Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft spricht inzwischen von notwendigen 105 %. In

Niedersachsen wurde im vergangenen Jahr ein Wert von 98 % vermeldet. All diese statistischen Werte führen aber leicht in die Irre, vor allem helfen diese pauschalen Betrachtungen den betroffenen Eltern nicht, und viel wichtiger, sie helfen den Schülern nicht, wenn der Unterricht ausfällt.

Ich sage an dieser Stelle: Natürlich bekenne ich mich zu dem festgeschriebenen Ziel von 103 %, aber - das ist mir mindestens genauso wichtig - ich fokussiere meine Arbeit nicht auf ein statistisches Mittel.

Meine Damen und Herren! Ich will dafür sorgen, dass der Unterrichtsausfall so gering wie möglich gehalten wird und überall in unserem Land quantitativ wie qualitativ hochwertiger Unterricht stattfindet.

Mit dem Beginn des laufenden Schuljahres sind wir mit einer Unterrichtsversorgung von 100,3 % gestartet. Ich habe bereits damals gesagt, dieser Wert kann uns nicht beruhigen, da schon zu diesem Zeitpunkt klar war, dass an einigen Schulen der reguläre Unterricht nicht vollständig abgesichert werden kann.

Mit dem Bericht zur Unterrichtsversorgung von Ende Januar, also vor wenigen Tagen, wurde Ihnen der Stand zur Unterrichtsversorgung zum Stichtag 21. September - das ist ein technischer Wert - in Höhe von 99,5 % übermittelt. Meine Damen und Herren! Es wird Sie nicht überraschen. Ich war mit 100,3 % nicht zufrieden und ich bin es mit 99,5 % schon gar nicht.

(Eva Feußner, CDU: Wir auch nicht!)

Zur Gesamtbetrachtung gehört aber, dass nach dieser Stichtagserhebung weitere 110 Lehrkräfte im Jahr 2016 den Dienst aufnahmen und in der Ausschreibungsrunde vom Dezember 2016 bereits mehr als 150 Zusagen für den Schuldienst vorliegen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich kurz die Ausgangssituation, die sich uns für die kommenden Jahre bietet, skizzieren. Die Landesregierung hat sich bis zum Ende der Legislaturperiode das Ziel gesetzt, insgesamt 14 500 sogenannte Lehrervollzeitäquivalente - dies ist die neue Einheit, die der Finanzminister uns vorgegeben hat - im Schuldienst zu beschäftigen. Dies bedeutet bis zum Jahr 2020 einen Aufwuchs von ca. 500 Vollzeitäquivalenten, ausgehend vom Bestand am Ende des Jahres 2016.

Der aktuell im Landtag diskutierte Doppelhaushalt beschreibt dazu erste Schritte und sieht für das Jahr 2017 die Zielzahl von 14 157 und für das Jahr 2018 von 14 272 Vollzeitäquivalenten vor. Das bedeutet, wir werden nicht nur die altersbedingten und unvorhergesehenen Abgänge kompensieren können, sondern darüber hinaus das Personal insgesamt aufstocken. Das ist eine gute

Nachricht und auch klare Prioritätensetzung der neuen Landesregierung, meine Damen und Herren,

(Zustimmung von Minister André Schröder)

auch wenn damit nicht alle Probleme gelöst sind; denn besonders die absehbar deutlich steigende Zahlen der altersbedingten Abgänge wird die Landesregierung vor neue Herausforderungen stellen.