Sehr geehrte Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 21. Sitzung des Landtages von SachsenAnhalt der siebenten Wahlperiode. Dazu möchte ich Sie, verehrte Anwesende, auf das Herzlichste begrüßen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Bitte den Geräuschpegel etwas senken. Auch meine Kollegen aus der CDU-Fraktion: Bitte etwas gedämpfter. - Danke.
Sehr geehrte Damen und Herren! Uns hat die traurige Nachricht erreicht, dass am 4. Februar 2017 das ehemalige Mitglied des Landtages Herr Joachim Auer im Alter von 63 Jahren verstorben ist.
Herr Auer war Mitglied des Landtages der ersten Wahlperiode. Er war somit einer der Abgeordneten, die sich in den Jahren nach der friedlichen Revolution um den Aufbau unseres Landes verdient gemacht haben. Er gehörte verschiedenen Fraktionen unter anderem als Vorsitzender an.
Im Gedenken an den Verstorbenen darf ich Sie bitten, sich zu einer Schweigeminute von den Plätzen zu erheben. - Ich danke Ihnen.
Entschuldigungen von Mitgliedern der Landesregierung: Mit Schreiben vom 22. Februar 2017 bat die Landesregierung für die 11. Sitzungsperiode folgendes Mitglied zu entschuldigen: Staats- und Kulturminister Herr Robra entschuldigt sich heute ab 14 Uhr sowie am Freitag ganztätig wegen der Teilnahme an der Sitzung des ZDF-Fernsehrates in Mainz, in deren Rahmen der ZDF-Verwaltungsrat gewählt wird.
Zur Tagesordnung. Sehr geehrte Damen und Herren! Die Tagesordnung für die 11. Sitzungsperiode des Landtages liegt Ihnen vor. Gibt es Bemerkungen oder Änderungsanträge zur Tagesordnung? - Das sehe ich nicht. Dann können wir so verfahren.
Zum zeitlichen Ablauf der 11. Sitzungsperiode. Die morgige 22. Sitzung des Landtages beginnt wie heute um 9 Uhr.
Das Thema der Aktuellen Debatte und der Antrag in Drs. 7/1039 werden in verbundener Debatte behandelt. Eine gesonderte Einbringung des Antrages ist nicht vorgesehen. Die Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Die Landesregierung hat ebenfalls eine Redezeit von zehn Minuten. Es wurde folgende Reihenfolge vereinbart: DIE LINKE, CDU, AfD, GRÜNE und SPD. Zunächst hat die Antragstellerin, die Fraktion DIE LINKE, das Wort. Es spricht die Abg. Frau Hohmann. Sie haben das Wort, Frau Abgeordnete.
„Das gesetzliche Rentensystem hat sich auch in den neuen Ländern bewährt. Wir führen in dieser Legislaturperiode ein einheitliches Rentensystem in Ost und West ein.“
„Zum Ende des Solidarpaktes, also 30 Jahre nach Herstellung der Einheit Deutschlands, wenn die Lohn- und Gehaltsangleichung weiter fortgeschritten sein wird, erfolgt in einem letzten Schritt die vollständige Angleichung der Rentenwerte.“
Vielleicht erkennen Sie auch diese Aussage; denn diese beiden Aussagen stammen aus den Koalitionsverträgen der Bundesregierung, die erste aus dem Vertrag von 2009 und die zweite aus dem Vertrag von 2013.
Wie sieht es derzeit in den neuen Bundesländern aus? - Es gibt nach wie vor bei den Alterseinkommen sehr große Unterschiede. Während Rentnerehepaare im Osten 2 016 € pro Monat zur Verfügung haben, erhalten Ehepaare in Westdeutschland im Vergleich 500 € mehr. Ein alleinstehender ostdeutscher Mann bekommt im Rentenalter im Durchschnitt 270 € weniger als jemand im Westen. Auch das durchschnittliche Alterseinkommen ostdeutscher Frauen liegt darunter, ob
wohl die meisten Frauen in den ostdeutschen Bundesländern deutlich längere Lebensarbeitszeiten aufweisen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Rentnerinnen und Rentner in den ostdeutschen Bundesländern haben es satt, immer wieder vertröstet zu werden.
Sie haben schon viel zu lange darauf warten müssen, dass ihre Lebensarbeitsleistung rentenrechtlich genauso anerkannt wird wie die im Westen. Deshalb ist es nicht nachvollziehbar, dass die Angleichung der Ostrente an das Westniveau schrittweise bis zum Jahr 2025 erfolgen soll. Das heißt, dass Menschen, die ihr gesamtes Arbeitsleben in der DDR verbracht haben und 1990 in den Ruhestand getreten sind, 100 Jahre alt werden müssen, damit sie die Rentenangleichung noch erleben.
Man könnte auch vermuten, dass die Bundesregierung die Angleichung so weit nach hinten schieben möchte, damit viele Rentnerinnen und Rentner sie nicht mehr erleben. Das, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ist doch eine zynische Politik.
Damit können wir uns als LINKE nicht zufriedengeben. Die verzögerte völlige Angleichung des Rentenwertes sehen wir erneut als Wortbruch an.
Ebenfalls ist es für uns nicht hinnehmbar, dass eine sukzessive Abschaffung der Umrechnung der niedrigeren Einkommen im Osten geplant ist. Sie führt zu einer Benachteiligung der Beschäftigten hier. Sollte dies umgesetzt werden, glauben Sie mir, würde wahrscheinlich keiner mehr in Ostdeutschland arbeiten wollen und hätten wir erneut einen Anstieg an Pendlern oder eine steigende Abwanderung aus Sachsen-Anhalt, weil die Lohnunterschiede zu groß sind.
Ein Vergleich: Ein Maler- und Lackierergeselle verdient im Westen 13,10 € pro Stunde, im Osten 11,30 € pro Stunde. Ein Gebäudereiniger im Westen kommt auf 13,25 € pro Stunde, im Osten nur auf 11,53 € pro Stunde. Bei den Krankenschwestern sind es im Osten monatlich 2 800 €, im Westen 3 200 €. Solange die Beschäftigten in den neuen Bundesländern nach wie vor bis zu 23 % weniger Lohn und Gehalt für dieselbe Tätigkeit bekommen, so lange ist es notwendig, dass wir eine Umrechnung vornehmen, damit die gleiche Leistung in der Rente auch gleich bewertet wird.
Nun werden sicherlich einige von Ihnen meinen, dass es ja auch in den westdeutschen Bundesländern Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in
bestimmten Regionen gibt, die weniger verdienen. Ja, das stimmt. Doch die Statistik zeigt, dass im Vergleich der Bundesländer selbst in dem ostdeutschen Land mit dem höchsten Durchschnittsverdienst - das ist Brandenburg - die Einkommen geringer sind als in dem westdeutschen Land mit dem niedrigsten Durchschnittseinkommen; das ist Schleswig-Holstein. Diese Zahlen, meine Damen und Herren, sprechen für sich.
Wir begrüßen daher auch die Kritik des Ministerpräsidenten an den vom Bundeskabinett verabschiedeten Plänen zur Rentenangleichung Ost und West und unterstützen auch seine Position, die Rentenanpassung nicht bis zum Jahr 2025 zu strecken.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Um die zunehmende Altersarmut der Menschen mit einer Erwerbsminderungsrente zu verhindern, brauchen wir jetzt und nicht erst in acht Jahren deutlichere Leistungsverbesserungen. Die durchschnittliche volle Erwerbsminderungsrente liegt aktuell bei 711 € und damit unterhalb des Grundsicherungsbedarfs bei Erwerbsminderung in Höhe von 766 €. Im kommenden Jahr bekommen erwerbsgeminderte Neurentnerinnen und -rentner, wenn der Gesetzentwurf so verabschiedet wird, gerade einmal 4,50 € mehr. Erst im Jahr 2025 werden 50 € mehr im Monat erreicht. Selbst dann werden die wenigsten davon real profitieren.
Selbst die Bundesministerin Andrea Nahles betonte jüngst - ich zitiere -: „Gleichwohl sind Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner in deutlich höherem Ausmaß als Altersrentnerinnen und -rentner von Grundsicherungsleistungen abhängig.“
Während im Jahr 2014 nach Angaben des Deutschen Rentenversicherung Bund lediglich 2,5 % der Altersrentnerinnen und -rentner auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen waren, betrug der Anteil bei Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentnern nahezu 15 %.
Die Zahlen in Sachsen-Anhalt liegen laut Statistischem Landesamt für Empfängerinnen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bei 12,3 %. Dies, meine Damen und Herren, ist eine Steigerung um 58,5 % gegenüber 2005. An diesen Zahlen sehen Sie, dass die Altersarmut in Sachsen-Anhalt stetig wächst.
Darum müssen bei den Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentnern die Abschläge, die derzeit bei 10,8 % liegen, abgeschafft werden. Niemand, meine Damen und Herren, wird absichtlich krank.
heben. Wenn dies erfolgreich umgesetzt würde, dann betrüge die durchschnittliche Erwerbsminderungsrente rund 836 €; immer noch unter den notwendigen 1 050 € der Armutsgrenze, aber oberhalb der heutigen Schwelle zur Grundsicherung. Davon würden immerhin alle Menschen, die von Erwerbsminderungsrente leben müssen, auf einen Schlag profitieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Alternativantrag der Koalition geht uns nicht weit genug. Ich muss ehrlich sagen, als ich ihn mir gestern Abend angesehen habe, er ist sehr, sehr schwammig.
Aus meiner und unserer Sicht enthält er keine Aussagen zur Beibehaltung der Umrechnung niedriger Löhne im Osten. Und das, obwohl der Ministerpräsident auch in der Presse aufgetreten ist und gesagt hat, dass er das ebenfalls so nicht akzeptieren kann. Deshalb verstehe ich auch nicht, warum dies in Ihrem Änderungsantrag nicht enthalten ist.
Ich nenne noch einmal ein Beispiel: Wenn Sie diese Umrechnung der Löhne im Osten nicht beibehalten wollen, dann heißt das, dass ein Arbeitnehmer mit einem derzeitigen Bruttolohn im Monat von 1 873 € im Osten gegenüber seinem Kollegen im Westen, der einen monatlichen Bruttolohn von 2 175 € erhält - das sind nur zwei Zahlen -, sein Leben lang in seiner Rente 140 € monatlich weniger hat. Meine Damen und Herren! Das kann doch wohl nicht wahr sein und ist mit uns nicht zu machen.