- Ich bitte Sie, den Geräuschpegel zu senken. Sie sehen, dass wir einen straffen Zeitplan haben, weswegen wir zügig und ordentlich arbeiten sollten. - Vielen Dank.
Hiermit eröffne ich die 73. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der siebenten Wahlperiode und begrüße Sie auf das Herzlichste. Ich hoffe, dass sich die Bankreihen weiter füllen werden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir setzen nunmehr die 34. Sitzungsperiode fort und beginnen die heutige Beratung mit dem sogenannten Prioritätenblock, den Tagesordnungspunkten 6 bis 10.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Jahr 2001 kam es im fränkischen Coburg zu einer Massenepidemie von Masern mit mehr als 1 100 Erkrankten. Ursache war, wie sich bald herausstellte, die Verunsicherung von Eltern durch zwei impfkritische Kinder- und Jugendärzte im Ort, die den Eltern von einer generellen Impfung ihrer Kinder abgeraten hatten. Seinerzeit waren die beiden Mediziner wohl selbst erschrocken über diesen Massenausbruch der Krankheit. Jedenfalls lenkten sie im Frühjahr 2002 ein und verpflichteten sich, künftig entsprechend den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission zu arbeiten.
kann großen Schaden verursachen, weil Eltern sich unsicher darüber werden, was gut für ihre Kinder ist.
Zweitens. Informationsarbeit auf der Grundlage evidenzbasierter medizinischer Erkenntnisse ist unbedingt erforderlich, um Aufklärung unter den Eltern, aber auch unter Erwachsenen insgesamt zu erreichen. Die Behauptungen von Impfgegnern können und müssen widerlegt werden, um Vertrauen in den Impfschutz breit zu verankern. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass die Internetseite des Robert-Koch-Instituts, www.rki.de, ein breit angelegtes Informations- und Argumentationsspektrum gegen die häufigsten Argumente von Impfgegnern, und dies immer unterlegt mit wissenschaftlichen Studien, bietet.
Drittens. Aufklärungskampagnen allein sind nicht ausreichend. Wir brauchen ergänzend dazu eine gesetzlich geregelte Verpflichtung, um einen ausreichenden Impfschutz in der Bevölkerung sicherzustellen.
Meine Damen und Herren! Es ist mir eine große Freude, einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen CDU, LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den Landtag einbringen zu können. Erstens weil es ein gutes Zeichen ist, dass wir in diesem Haus an Sachfragen auch einmal in großer Breite parteiübergreifend, fraktionsübergreifend zusammenarbeiten können. Herzlichen Dank dafür.
Und zweitens, weil es ein wirklich ernstes und wichtiges Thema ist, zu dem sich die vier Fraktionen inhaltlich verständigt und zusammengefunden haben.
Der Begriff Kinderkrankheit ist, wie bei anderen Infektionskrankheiten auch, sehr irreführend. Masern sind eine ernste Bedrohung für Leben und Gesundheit von Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen und - das wissen, glaube ich, immer noch die wenigstens - auch von Erwachsenen. Deshalb sind eine Impfung im Kindesalter und eine Wiederholungsimpfung im Erwachsenenalter unerlässlich.
und war sehr erfreut darüber, feststellen zu können, dass die Wiederholungsimpfung für Masern bei mir im Jahr 1995 erfolgt ist. Meine Kinder sind auch durchgeimpft. Das gibt einem ein gutes Gefühl, mir jedenfalls.
schenzeitlich den Referentenentwurf für ein Gesetz zum Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention vorgelegt. Ich unterstütze diesen Entwurf nachdrücklich. Unser heutiger Antrag ist eine gute Gelegenheit, all denen im Deutschen Bundestag den Rücken zu stärken, die sich für eine Impfpflicht starkmachen.
Der Entwurf sieht vor, dass bei Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen betreut werden oder dort arbeiten, ein Impfschutz oder eine Immunität gegen Masern vorliegen muss. Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne des Infektionsschutzgesetzes sind insbesondere Kinderkrippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorte, Schulen oder sonstige Ausbildungseinrichtungen, Heime, Ferienlager und ähnliche Einrichtungen. Dieselbe Verpflichtung ist für Menschen vorgesehen, die in medizinischen Einrichtungen aller Art tätig sind.
Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf sieht noch eine weitere Neuerung vor, die ich ebenfalls sehr begrüße, nämlich den elektronischen Impfausweis - stößt der Aufruf „Deutschland sucht den Impfpass“ doch immer noch an die Grenzen der persönlichen Ordnungsliebe. Oder, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie sieht es bei Ihnen mit der Suche nach dem Impfpass aus? Da wird die Option „Lade dir deine Impf-App herunter“ für manchen vielleicht einfacher zu realisieren sein.
Und ganz im Ernst: Bei der heutigen Verbreitung von Smartphones wächst mit dem elektronischen Impfausweis die Chance deutlich an, dass man im Ernstfall zum Beispiel seinen aktuellen Tetanusimpfstatus dann prüfen kann, wenn man ihn braucht, wenn man sich im Garten oder im Haushalt eine Verletzung zugefügt hat und sich fragt, ob man eigentlich noch gegen Wundstarrkrampf geimpft ist oder nicht, oder ob die zehn Jahre seit der letzten Impfung schon vorüber sind.
Meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass sich die breite Unterstützung, die unser Antrag hier im Landtag erfährt, auch im Bundestag für das Schutzgesetz abzeichnen wird. In jedem Fall kann die Bundesregierung darauf zählen, dass Sachsen-Anhalt im Bundesrat seine Hand zur Unterstützung reichen wird.
Ich habe eingangs gesagt, dass Aufklärung allein nicht ausreicht und im Zweifelsfall auch eine Verpflichtung hinzukommen muss. Umgekehrt gilt, dass man sich auf einer gesetzlichen Pflicht, wenn sie eingeführt ist, nicht ausruhen darf. Über
zeugte Impfgegner werden sich dadurch nicht von ihren Behauptungen abbringen lassen. Deshalb tut verstärkte Aufklärung dringend not.
Die Berliner Regierungskoalition plant deshalb, in Verbindung mit dem Gesetzentwurf auch die Mittel für die Informationsarbeit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung über den Impfschutz gegen Infektionskrankheiten zu erhöhen. Das ist eine wichtige begleitende Maßnahme. Ich würde es begrüßen, wenn sich im Sinne unseres gemeinsamen Antrages auch die Landesregierung mit eigenen Aufklärungsaktivitäten in Abstimmung mit der Bundeszentrale hieran beteiligt.
Meine Damen und Herren! Die Impfquote bei Kindern in Sachsen-Anhalt ist enorm hoch. Wir sollten alles dafür tun, dass es dabei auch bleibt.
An anderen Stellen in der Bundesrepublik sehen die Zahlen schon ganz anders aus. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. Lassen Sie uns mit unseren guten Zahlen in Sachsen-Anhalt vorangehen. Ich glaube, das ist für die Gesundheit aller Kinder in Deutschland insgesamt ein wichtiger Schritt. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Dr. Pähle. Ich sehe keine Fragen. - Für die Landesregierung spricht jetzt die Ministerin Frau Grimm-Benne. Sie haben das Wort, bitte.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Auch ich werbe für einen umfassenden und vollständigen Impfschutz, damit nicht nur die Masern, sondern auch andere Infektionskrankheiten weiter zurückgedrängt werden. Ich werbe ganz ausdrücklich: Lassen Sie Ihre Kinder impfen, aber kontrollieren Sie vor allem auch Ihren eigenen Impfschutz. Denn Impflücken gibt es insbesondere bei Erwachsenen.
Masern sind eine hochansteckende Infektionskrankheit und eben keine sprichwörtliche Kinderkrankheit, die man auf die leichte Schulter nehmen kann. Sie kann vielmehr tödlich verlaufen.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich unterstütze ganz ausdrücklich das Ziel der Weltgesundheitsorganisation, die Masern zu eliminieren. Ich finde es richtig, dass Bundesgesundheits
minister Spahn einen Referentenentwurf vorgelegt hat, der eine Masernimpfpflicht insbesondere für Kinder vorsieht. Ich freue mich, dass wir heute das Thema Impfpflicht breit debattieren und dass es hier im Hohen Haus einen breiten Konsens für eine bundesweite Impfpflicht gibt.
Die Durchführung von Schutzimpfungen ist heute freiwillig. Viele Menschen lassen sich und ihre Kinder impfen. Es gibt aber auch diejenigen, die meines Erachtens zu sorglos sind. Die Ursachen für Impflücken sind vor allem mangelndes Bewusstsein bezüglich der Gefährlichkeit von Infektionskrankheiten, unzureichendes Wissen über den Nutzen und die Notwendigkeit von Schutzimpfungen. Daher sind gezielte Aufklärungs- und Impfkampagnen sowohl für die allgemeine Bevölkerung als auch für bestimmte Zielgruppen, wie zum Beispiel für Eltern, für Senioren, für Fernreisende und vor allen Dingen auch für medizinisches Personal, notwendig.
Ich bin für eine Impfpflicht, ich sage aber auch, bei der Einführung einer Impfpflicht ist das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gegenüber der Impfpflicht immer abzuwägen. Um einen verfassungsrechtlichen Eingriff zu rechtfertigen,
Impfungen dienen der individuellen, aber auch der bevölkerungsmedizinischen Prävention, indem sie die Weitergabe von Erkrankungen an andere Menschen verhindern. Dabei ist insbesondere der Schutz von Nichtimpffähigen zu beachten. Es gibt eben Menschen, die wegen ihres noch sehr jungen Lebensalters oder wegen einer Schwächung ihres Immunsystems nicht geimpft werden können. Gerade aber für sie, für all diejenigen ist es wichtig, dass möglichst alle Menschen in ihrer Umgebung geimpft sind.