Kerstin Lauterbach

Appearances

4/46 4/48 4/53 4/54 4/56 4/61 4/64 4/67 4/71 4/72 4/74 4/75 4/77 4/83 4/84 4/89 4/93 4/101 4/102 4/107 4/108 4/110 4/111 4/117 4/119 4/122 4/123 4/124 4/126 4/128 4/129 4/132 4/133 4/135 4/136

Last Statements

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Auch in diesem Jahr liegt uns wieder ein umfangreicher und sehr hochwertiger Bericht des Petitionsausschusses vor. Dafür gebührt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitionsdienstes gleich am Anfang meiner Rede ein großes Dankeschön,
und das nicht nur von mir, sondern auch von meinen Fraktionskolleginnen und -kollegen. Wann immer wir Fragen hatten, konnten wir uns an Frau Nolting und ihr Kollektiv wenden und erhielten immer eine schnelle, kompetente und zuverlässige Antwort. Auch dies soll in der Öffentlichkeit nicht unerwähnt bleiben.
Ich halte die Arbeit des Petitionsausschusses und des dazugehörigen Teiles der Landtagsverwaltung für eine sehr wichtige Arbeit unseres Parlamentes. Aber ich muss schon zugeben, dass ich es nicht schlecht finden würde, wenn dieser Ausschuss weniger Arbeit hätte. Ich sage das nicht, weil ich weniger arbeiten will, sondern weil ich das als ein Zeichen sehen würde, dass Institutionen, die mit Bürgerinnen und Bürgern arbeiten, von Anfang an ihre Aufgabe korrekter erledigen würden.
Nun zum Bericht an sich. Jede Person hat das Recht, sich einzeln oder in der Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. Dieser Auszug aus der Sächsischen Verfassung ziert die erste Seite dieses Berichtes. Dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Recht sehr intensiv nutzen, haben sie im letzten Jahr erneut bewiesen. Mit über 1 000 Schreiben wandten sie sich an den Ausschuss. Das waren knapp 100 mehr als 2007, also steigende Tendenz. Mehr als die Hälfte der eingegangenen Schreiben waren Petitionen. Somit war für uns reichlich zu tun.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir als Mitglieder des Petitionsausschusses der Kummerkasten des Freistaates sind, und das zu Recht. In den Schreiben kommen die kleinen und großen Sorgen des Alltags noch mehr zutage und führen uns immer wieder vor Augen, was die Bürgerinnen und Bürger wirklich von dem halten, was in den Parlamenten und Verwaltungen auf allen Ebenen geleistet und eben auch nicht geleistet wird.
Wir als Mitglieder des Petitionsausschusses haben uns sehr intensiv mit den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger auseinandergesetzt. Das wird vor allem in der Grafik auf Seite 22 deutlich. Dort sieht man, dass wir für die meisten Petitionen mehr als ein Jahr Bearbeitungszeit
benötigt haben. Die langen Bearbeitungszeiten liegen sicherlich auch an den thematischen Schwerpunkten der letzten Jahre: den Sozial- und Rentenversicherungen, den Hilfen im Alter und dem Thema Rundfunkgebühren. Aber auch beim Thema Hartz IV fühlen sich die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen zunehmend ungerecht behandelt.
Werte Damen und Herren! Frau Simon hat schon einige Zahlen genannt. Etwas ernüchternd fällt schon die Bilanz aus, wenn man sich die gefassten Beschlüsse etwas näher betrachtet. Bei über 400 Petitionen mussten wir feststellen, dass der Petition nicht abgeholfen werden konnte. 160 Petitionen galten als erledigt; wir konnten also helfen. 123 Petitionen wurden an die Staatsregierung überwiesen und ihr somit hoffentlich vor Augen geführt, dass es an der einen oder anderen Stelle im Freistaat gehörig klemmt.
Eine Petition habe ich im Hinterkopf, bei der ich ein sehr ungutes Gefühl habe. Mir wurde die Petition zugeteilt. Der Sächsische Landtag konnte dieser Petition jedoch nicht abhelfen. Viele Monate später kommt ein Schreiben von der Petentin, dass sie ihr Problem gerichtlich geklärt hat und der Prozess gewonnen wurde. Sie verstehen hoffentlich mein ungutes Gefühl: Die Petentin hat den Glauben an eine gerechte Arbeit des Petitionsausschusses verloren.
Was sagt uns das? Ganz einfach: Die zukünftigen Mitglieder des Petitionsausschusses in der neuen Legislaturperiode müssen noch kritischer arbeiten, noch mehr bei den Ministerien nachfragen, noch mehr auf die Bürger zugehen, um damit die Arbeit des Landtages zu stärken und die Zuversicht unserer Bürger nicht zu verspielen.
Noch ein Wort in eigener Sache: Meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU-Fraktion, ich gratuliere Ihnen, dass Sie Herrn Patt im Petitionsausschuss haben, der sich mit Kreativität bezüglich der Arbeit und Beschlussfassung von Petitionen beteiligt. Es ist bemerkenswert, wie es ihm um die Sache und das Anliegen der Bürgerinnen und Bürger geht. Das sollte Maßstab für uns alle hier sein.
Zum Schluss noch ein Dankeschön an die Vorsitzende des Petitionsausschusses für ihre sachliche und kompetente Leitung der Ausschussarbeit im Interesse der sächsischen Bürgerinnen und Bürger.
Ich bedanke mich, Herr Präsident. In Bezugnahme auf § 81 Abs. 4 der Geschäftsordnung beantragen wir, den Beratungsgegenstand des Tagesordnungspunktes 14, Gesetzentwurf zur Förderung der Teilnahme von Kindern an Früherkennungsuntersuchungen, heute von der Tagesordnung abzusetzen und diesen zur Beratung an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zu überweisen. Der federführende Ausschuss hat trotz verfassungsrechtlicher Bedenken des Datenschutzbeauftragten, des Juristischen Dienstes und der Oppositionsparteien beraten. Es wird aber für dringend erforderlich gehalten, zu den Verfas
sungsfragen den zuständigen Fachausschuss noch einmal mit der Befassung des Gesetzentwurfes zu beauftragen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Herr Krauß, wir haben unseren Änderungsantrag nicht zurückgezogen, weil wir uns nicht um U8 oder U9 streiten, sondern weil wir der Meinung sind, dass er dieses Gesetz nicht besser macht. Wir sind nicht der Meinung, dass dieses Gesetz nicht gut ist.
Die Staatsregierung hat in Windeseile einen Gesetzentwurf gestrickt – wir hatten nicht genügend Zeit, die Förderung der Teilnahme von Kindern an Früherkennungsuntersuchungen zu diskutieren – und diesen Gesetzentwurf durch die Ausschüsse gepeitscht.
Herr Krauß, nun bin ich durchaus gewillt, solch eine Gesetzesinitiative zu unterstützen, und ich möchte hier nicht die Rechte und Pflichten der Eltern gegen das Wohl und den Schutz der Kinder aufwiegen. Aber auf diese Art und Weise kann kein guter Gesetzestext entstehen.
Wir hatten zu diesem Gesetzentwurf eine sehr interessante Anhörung. Mehrere Sachverständige haben mit kritischen Vorschlägen und Empfehlungen bereits auf drängende Korrekturen hingewiesen. Einen davon haben Sie angenommen; das ist jedoch nicht ausreichend.
Der Bericht des Datenschutzbeauftragten war sehr aufschlussreich und sollte schon Beachtung finden. Ein Stückwerk an Änderungsanträgen tut das auf keinen Fall.
Der Freistaat Sachsen hat laut Artikel 70 Grundgesetz die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung dieser Früherkennungsuntersuchungen. Wir sollten dies sehr kompetent umsetzen. Ein Schnellschuss ist nicht das, was wir brauchen.
Gemäß Artikel 1 § 1 des Gesetzentwurfes sollen alle Kinder mit Wohnsitz in Sachsen an diesen Untersuchungen teilnehmen. Circa 90 % der Eltern kommen diesen Verpflichtungen im Interesse der gesundheitlichen Versorgung bereits nach. Wir sprechen also von circa 10 % aller Kinder, und das ist auch notwendig.
Der präventive Gesundheitsschutz unserer Kinder ist dringend erforderlich. Deshalb setzen wir uns seit Jahren für ein Präventionsgesetz ein. Das Schutzinteresse der Kinder ist grundsätzlich höher einzustufen als die Interessen der Eltern, ihre Kinder nicht zu einer Früherkennungsuntersuchung vorzustellen. Das erkennt auch der Datenschutzbeauftragte.
Sehr geehrte Abgeordneten! Wie hat sich nun die Arbeit in den Jugendämtern entwickelt? Herr Krauß ist kurz darauf eingegangen. Im Rahmen des sächsischen Handlungskonzeptes für einen präventiven Kinder- und Ju
gendschutz wurden in den Landkreisen Stellen geschaffen. Es arbeiten lokale Netzwerke. Das ist gut. Die Staatsregierung schätzt diese Maßnahmen als erfolgreich ein.
Dieser Gesetzentwurf ist also nur ein Teil eines umfassenden Frühwarnsystems in Sachsen. Genau dieses Teilchen muss im Gesamtsystem funktionieren und darf nicht vorm Verfassungsgericht enden.
Andererseits waren die in der Öffentlichkeit bekannten Fälle von Kindesvernachlässigung den zuständigen Jugendämtern fast immer bekannt. Ob Erinnerung zur Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen in diesen Fällen eine zusätzliche Erkenntnis oder die Vermeidung von Vernachlässigung gebracht hätte, bleibt offen. Wir sollten jedoch jede Chance nutzen, unsere Kinder zu schützen.
Die Abstimmung zu solch einem Gesetzentwurf zum jetzigen Zeitpunkt ist für uns jedoch außerordentlich bedenklich. Die vorgelegten Änderungsanträge reichen einfach nicht aus, um im Interesse unserer Kinder ein gutes Gesetz auf den Weg zu bringen. Wir sehen nicht die Notwendigkeit einer schnellen und überstürzten Gesetzgebung. Gerade zu diesem Thema brauchen wir eine gute Handlungsgrundlage für die Arbeit an der Basis.
Deshalb möchte ich meine Aufforderung von heute Morgen wiederholen: Nehmen Sie den Gesetzentwurf zurück und überweisen Sie ihn noch einmal an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss.
Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Der vorliegende Gesetzentwurf bezieht sich im Wesentlichen auf die Übertragung von Aufgaben auf die Landkreise und kreisfreien Städte. Verwaltungskosten und Personalbedarfe werden nur in groben Zügen umrissen, müssen aber überwiegend durch kostendeckende Gebühren und Auslagen refinanziert werden. Im Gesetzentwurf fehlt uns dazu jegliche Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher in Sachsen.
Den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der konkrete Kosten für konkrete Leistungen festlegt, können wir unterstützen, nicht aber den Gesetzentwurf.
Im Übrigen gebe ich die Rede zu Protokoll.
Das „Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Vorläufigen Tabakgesetzes im Freistaat Sachsen“ bezieht sich im Wesentlichen auf die Übertragung von Aufgaben auf die Landkreise und kreisfreien Städte.
Verwaltungskosten und Personalbedarfe werden nur in groben Zügen umrissen, müssen aber überwiegend durch kostendeckende Gebühren und Auslagen refinanziert werden. Wir überlassen diese Entscheidungen den Landkreisen und kreisfreien Städten.
Hier sehe ich schon noch erheblichen Änderungsbedarf; denn aus dem Gesetzentwurf geht nicht hervor, mit welchen Kosten die Verbraucherinnen und Verbraucher für die Übermittlung von Informationen zu rechnen haben. Hier fehlt einfach jegliche Transparenz. § 6 Abs. 2 verlangt jedoch, dass die kostenpflichtigen Tatbestände durch Landesrecht bestimmt werden. Diese Bestimmung fehlt im Gesetzentwurf.
Sie fehlt auch im Sächsischen Ausführungsgesetz. § 14, Gebühren und Auslagen des Sächsischen Ausführungsgesetzes, ermächtigt das Staatsministerium für Soziales explizit zur Gebührenfestsetzung für verschiedene Dienstleistungen, nicht aber für die Tatbestände nach dem Verbraucherinformationsgesetz. Danach soll für alle nicht genannten Tatbestände der Abschnitt 1 des Verwaltungskostengesetzes des Freistaates Sachsen gelten.
Im Kostenverzeichnis, das nach Sächsischem Verwaltungskostengesetz für alle Amtshandlungen zu führen ist, sind diese wiederum nicht enthalten. Dann gilt, dass Verwaltungsgebühren erhoben werden können, die, bewertet nach vergleichbaren Amtshandlungen, zu bemessen sind. Das heißt, jede Behörde könnte die Verwaltungsgebühren nach eigenem Ermessen festsetzen.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher sollen ausdrücklich Kenntnis davon erlangen, welche Verwaltungsgebühren und Auslagen bei Auskunftsersuchen in Abhängigkeit von der Schwierigkeit entstehen. Die fehlende Transparenz ist einer der Gründe, weshalb die Linksfraktion den vorliegenden Gesetzentwurf ablehnt.
Werte Abgeordneten, die kommunalen Spitzenverbände kritisieren die Kalkulation der ihnen entstehenden Kosten. Die Kostenerstattung ist nicht zu ihrer Zufriedenheit gelöst. Den vorgelegten Kritiken der kommunalen Spitzenverbände können wir folgen. Der Gesetzentwurf bietet keine Basis für den gerechtfertigten Anspruch der Landkreise und kreisfreien Städte für einen auskömmlichen Mehrbelastungsausgleich. Dies ist ein weiterer Grund für die Ablehnung des vorliegenden Gesetzentwurfes der Staatsregierung.
Den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, der konkrete Kosten für konkrete Leistungen sowie Obergrenzen festlegt, können wir unterstützen, nicht aber diesen Gesetzentwurf.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren!
Die FDP und die Ärzteschaft – niedergelassene Fachärzte – –
Passt das gut? Neue Zielgruppe? Aber die Hälfte vergessen, Herr Zastrow.
Ich möchte in meine Ausführungen gern die gute Arbeit der Hausärzte einbeziehen. Ich muss eines klarstellen, um den Titel der Debatte zu präzisieren: Die Qualität der in Sachsen tätigen Ärzte ist hervorragend. Hierin sind die Krankenhausärzte eingeschlossen.
Jetzt kommt das große Aber. Die Quantität der medizinischen Versorgung in den Regionen Sachsens ist einfach nur mangelhaft. Ich werde in meinem Beitrag auf die Versorgungssituation eingehen. In einer zweiten Runde wird Kollege Wehner zum Honorarsystem der niedergelassenen Ärzte sprechen.
Wir wissen alle, dass die ärztliche Versorgung in Sachsen immer größer werdende Lücken aufweist. So gut und fleißig Mediziner hier in Sachsen auch sind – sie arbeiten an ihrer Leistungsgrenze und darüber hinaus.
Die Linksfraktion fordert die Regierung seit 2002 immer wieder zum Handeln auf und hat dieses Thema auf die Tagesordnung zahlreicher Landtagsdebatten gesetzt. Bereits 2002 wäre ein Umdenken dringend erforderlich gewesen, um einem drohenden Ärztemangel entgegenzuwirken; denn eine ausreichende Entwicklung der Ärzteschaft braucht einen Vorlauf von über zehn Jahren.
Wir haben hier in Sachsen kein medizinisches Entwicklungskonzept. Aber es gibt gute Konzepte für eine Ent
wicklung des Gesundheitssektors in Sachsen. Die Gesundheitspolitiker(innen) waren am Dienstag zu einem Vortrag über Carus Consilium Sachsen eingeladen. Eine interessante Sache: ein Netzwerk zur nachhaltigen Sicherung der Patientenversorgung. Das sollte sich das Ministerium einmal anhören. Einige Mitglieder des Sozialausschusses konnten sich bereits in Finnland von der Leistungsfähigkeit solcher Konzepte überzeugen.
Die bereits eingeleiteten Korrekturen der Staatsregierung dagegen sind reiner Aktionismus. Es gibt zahlreiche wirtschaftliche Fördermöglichkeiten, Modellprojekte oder inzwischen über tausend ausländische Ärzte. Einzelne Projekte sind vielleicht lobenswert, aber nicht ausreichend. Sie greifen nicht oder zu spät. Fragen Sie deshalb Ihren Arzt oder Apotheker.
Werte Abgeordnete! Mit dem Gesundheitsstrukturgesetz von 1993 wurde eine Bedarfsplanung in der ambulanten Versorgung eingeführt. Der Widerspruch zwischen Bedarfsplanung und Versorgungsgrad wird bis heute von der Politik nicht gelöst. Alle Planung ist graue Theorie, wenn sie sich nicht an die Lebenswirklichkeit der Menschen anpasst: Überproportional viele ältere Patienten, häufig mit Mehrfacherkrankungen oder chronischen Krankheitsverläufen, ein erhöhter Beratungsbedarf und eine starke psychosoziale Zuwendung zum Patienten lösen einen erhöhten Ärztebedarf aus.
Doch all diese Faktoren spiegeln sich in keiner Statistik wider und werden damit nicht in die Bedarfsplanung einbezogen. Der Ärztemangel ist schon lange kein gefühltes Problem mehr, sondern in vielen Regionen Sachsens ein sehr reales. Aber das Problem lässt sich ja mit der Bedarfsplanung noch sehr schön wegrechnen. Es beeinträchtigt die Lebenssituation von Patientinnen und Patienten massiv und bürdet den Ärztinnen und Ärzten eine hohe Belastung auf. Wir hören immer, dass die Gesamtzahl der in Sachsen tätigen Ärzte steigt; aber die Anzahl der niedergelassenen Ärzte sinkt. Für über 5 000 Ärzte ohne ärztliche Tätigkeit ist Arzt nicht mehr der Traumberuf. Zeitmangel, unzureichende Bezahlung und Arbeitsüberlastung – so sieht für viele der Berufsalltag aus. 11,4 % geben an, sie würden nicht erneut Arzt werden wollen.
Zur gegenwärtigen verständlichen Verärgerung der Ärzte über das derzeitige Honorarsystem spricht in der zweiten Runde mein Kollege Wehner.
Nein!
Ja, jetzt bin ich richtig. Zu dem abweichenden Stimmverhalten erkläre ich, dass wir die letzten zwei Petitionen auf der Liste des abweichenden Stimmverhaltens gern zurückziehen und uns der Beschlussempfehlung anschließen möchten.
Ich sage Ihnen noch die Nummern an: Es sind die Petitionen 04/04232/5 und 04/04295/2.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Wir haben mit der Großen Anfrage der FDP-Fraktion einen ersten Überblick über die Auswirkungen der Gesundheitsreform auf den Freistaat Sachsen erhalten. Es kann nur ein erster Überblick sein, denn die Erfahrungen im Umgang mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz kann in vielen Punkten nicht eingeschätzt werden. Zu viele Fragen werden deshalb beantwortet mit „zurzeit nicht möglich“, „keine belastbaren Aussagen“, „nicht genau bekannt“ oder „grob geschätzt“. Das hilft uns natürlich im Wesentlichen nicht weiter. Viele Fragen sind einfach auch zu früh gestellt. Die Auswirkungen können zurzeit noch gar nicht umfassend aufgezeigt werden. Aber es gibt durchaus Antworten, mit welchen Vor- und Nachteilen in Sachsen in einzelnen Bereichen des Gesundheitssystems zu rechnen ist. Also schauen wir uns einige Teilbereiche etwas genauer an.
Erstens. Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz wird seinem Namen nicht einmal gerecht. Es zentralisiert im Wesentlichen. Es wird festgestellt, dass der Wettbewerb erheblich eingeschränkt wird. Die Gesundheitsversorgung unserer Bevölkerung ist Teil der Daseinsvorsorge des Staates und sollte nicht dem Wettbewerb ausgeliefert werden.
Der Wettbewerb wird hier lediglich auf Kosteneinsparung zum Nachteil der Versicherten reduziert. Die jetzigen Unsicherheiten bei den Krankenkassen werden sicher nicht zu einer Einheitskasse führen, Herr Zastrow. Aber genau das wäre der richtige Weg. DIE LINKE steht für eine Einheitskasse.
Zweitens. Laut Antwort der Staatsregierung kann keine Aussage zur voraussichtlichen Höhe der zur Verfügung stehenden Mittel für die landesunmittelbaren Krankenkassen getroffen werden. Genaue Berechnungen des Morbiditätsrisikostrukturausgleichs sind derzeit nicht möglich. Die Datenbasis beruht zurzeit noch auf dem Jahr 2006. Modellrechnungen in mehreren Varianten machen die unbefriedigende und unsichere Situation für die Krankenkassen nur noch komplizierter. Deshalb sind die Aussagen in der Großen Anfrage nur unter Vorbehalt zu betrachten. Vorgelegte Zahlenspiele können nur eine grobe Schätzung sein. Gleichzeitig erwartet die Koalition von den landesunmittelbaren Krankenkassen eine Prämienzahlung an die Versicherten.
Werte Abgeordnete! Bisher waren die niedrigen Beitragssätze ein spürbarer Standortvorteil. Unsere Krankenkassen in Sachsen haben effektiv und wirtschaftlich gearbeitet. Worin liegt nun in Zukunft unser Standortvorteil? Welche verbesserte medizinische Versorgung können wir in Zukunft erwarten? Die Antworten auf diese Fragen bleibt uns die Staatsregierung schuldig. Sind Prämienzahlungen das Allheilmittel, der Standortvorteil, oder ist es ein wichtiges Element in einem Superwahljahr?
Diese Gesundheitsreform ist eher ein Schritt in Richtung Privatisierung. Wir Linke sind für eine solidarische Bürgerversicherung, in die alle entsprechend ihrem Einkommen einzahlen.
Schon hätten wir einen Schritt in Richtung Einnahmensicherung getan.
Drittens. Nicht nur Prämienzahlungen, sondern auch Zusatzbeiträge einfordern ist ein erheblicher bürokratischer Aufwand, der sich negativ auf die Kassen auswirkt. Besonders betroffen sind davon Kassen mit vielen einkommensschwachen Mitgliedern. Das ist Wettbewerbsverzerrung und keine Wettbewerbsstärkung. Die Auswirkungen auf Sachsen sind doppelt nachteilig, da die Grundlöhne im Vergleich zum Bundesgebiet deutlich niedriger liegen. Insolvenzen von Krankenkassen sind vorprogrammiert. Das bringt Unsicherheit bei Versicherten und Ärzten, trägt aber auch nicht zu einer Einheitskasse bei.
Viertens. Bei der Frage nach positiven und negativen Auswirkungen der Gesundheitsreform auf sächsische Krankenkassen erfahren wir nur Negatives. Wo bleiben die positiven Effekte der Gesundheitsreform für Sachsen? Die kleinen verbleibenden Chancen werden durch strukturelle Schwächen und einen erheblichen Bürokratieaufwand vertan. Auch der gute Vorsatz, alle Versicherten einer Versicherungspflicht zu unterziehen, führt schon jetzt zu Schwierigkeiten. Nicht alle Betroffenen streben einen Versicherungsschutz an, sondern versuchen sich stattdessen dieser Pflicht zu entziehen. Als Problem stehen hier Beitragsrückstände der Pflichtversicherten, wobei wir als Linke durchaus die Notwendigkeit einer Pflichtversicherung für alle sehen. Aber die zu leistenden
Beitragsrückstände sind meist nicht zu begleichen und so von allen Beitragszahlern zu tragen. Allein der bürokratische Aufwand kann hier noch nicht einmal beziffert werden.
Fünftens. Zu den Auswirkungen auf die medizinische Versorgung und deren Qualität in Sachsen schreibt die Staatsregierung: „Aus der Sicht der Sächsischen Staatsregierung ist die medizinische Versorgung im Freistaat Sachsen zufriedenstellend.“ Sehr geehrte Frau Staatsministerin, bisher haben wir immer gehört, dass unser Gesundheitswesen durchaus gut bis sehr gut ist. „Zufriedenstellend“ – das klingt gerade mal nach 4+ und reicht nicht einmal zu einer 3. Ich glaube, wir sind auf dem Weg, auf diesem Weg dorthin.
Der Privatisierungsdruck auf die Krankenhäuser wächst. Die sozial bedingten Unterschiede in der Gesundheitsversorgung werden immer größer, Reiche leben länger als Arme. Die ambulante Versorgung ist in vielen Regionen durch Nachwuchsmangel und lange Warte- und Bestellzeiten geprägt, und auch hiervon war Sachsen besonders betroffen. Ärzte haben bis zu 30 % mehr Patienten zu versorgen und erhielten bisher dafür circa 30 % weniger Honorare als in den alten Bundesländern.
Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen geht davon aus, dass sich die Wartezeiten bei niedergelassenen Ärzten verkürzen. Ich sehe dafür im Gesetz keine Grundlage – noch dazu vor dem Hintergrund der derzeitigen Entwicklung der Honorare. Die Gesamtvergütung der niedergelassenen Ärzte soll sich um 17 % erhöhen – Frau Strempel sagte dies bereits –, das bedeutet für Sachsen 120 Millionen Euro mehr. Laut Aussage der Staatsregierung können konkrete Auswirkungen auf die Vergütung der Haus- und Fachärzte noch nicht getroffen werden. Doch Ärzte und Ärzteverbände scheinen es besser zu wissen. Es werden Stimmen laut, die nachweisen, dass das Geld nicht ankommt. Hautärzte erhalten jetzt ein Viertel weniger als 2008; Leistungen der HNO-Ärzte werden um ein Drittel abgewertet. So wird sich die Situation der Ärzte im ländlichen Raum wohl eher nicht verbessern.
Sechstens. Zum Schluss möchte ich noch auf einen kleinen Aspekt aufmerksam machen, der viele Versicherte beschäftigt: die Auswirkungen auf die Art und Weise der Ausschreibungen medizinischer Hilfsmittel. Die Gewährleistung soll wirtschaftlich, qualitätssicher und wohnortnah erfolgen. Die Krankenkassen haben einen unmittelbaren Einfluss auf die Vergabemodalitäten, denn die Verträge über die Versorgung mit Hilfsmitteln schließen die Kassen mit den Leistungserbringern. Derartige Verträge wurden durch die AOK Plus bereits geschlossen. Von den 18 aufgeführten Verträgen in der Großen Anfrage sind acht nicht wohnortnah, wenn die Vertragspartner ihren Sitz in Mannheim, Remscheid oder Berlin haben. Was daran wohnortnah und wirtschaftlich sein soll, ist für Patienten nur sehr schwer nachvollziehbar.
Zusammenfassend muss ich sagen: Die Antworten der Staatsregierung sind unbefriedigend, die Auswirkungen auf die Partner des Gesundheitssystems und auf die
Patienten deprimierend. Das kann vom Freistaat auch in Zukunft nicht einfach so hingenommen werden. Eine Rücknahme der Gesundheitsreform, die durch Bundestag und Bundesrat bestätigt wurde, ist eine Illusion, die Sie, werte FDP, den Versicherten vorgaukeln. Politisch gesehen stimmen wir schon überein – der Gesundheitsfonds gehört abgeschafft! –, aber wir betrachten das aus einer völlig anderen Richtung.
Sie wollen den freien Wettbewerb. DIE LINKE hat das Angebot der solidarischen Bürgerversicherung, bei der alle entsprechend ihrem Einkommen in eine Kasse einzahlen. Das ist eine wirkliche Alternative.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Herr Krauß, von welchem Schnellschuss haben Sie gesprochen?
Das Nichtraucherschutzgesetz in Sachsen ist in der breiten Öffentlichkeit sehr lang und kontrovers diskutiert worden. Das ist gut so, denn das ist Demokratie. Die Bevölkerung in Sachsen hat das von uns beschlossene Gesetz nicht mitgetragen und sich dagegen gewehrt. Das ist ihr gutes Recht. Das Bundesverfassungsgericht hat
deshalb zu Recht die bisherigen Ländergesetze zum Schutz vor Passivrauchen gekippt, da es die Ungleichbehandlung der Betreiber kleiner Gaststätten feststellte. Auch wenn die Thematik bisweilen hitzig diskutiert wurde, müssen wir nun die Entscheidung der Gerichte umsetzen. Das wird von uns als gesetzgebendem Organ von den Betroffenen schnellstmöglich erwartet.
Wir haben also Rechtssicherheit herzustellen. Darauf hat uns der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen hingewiesen und gleichzeitig auch ein ausnahmsloses Rauchverbot ermöglicht, da er die Gesundheit der Gäste und der Bediensteten als höherwertiges Gut betrachtete. Das fordern durchaus viele Menschen in ihrer Meinungsäußerung an uns Politikerinnen und Politiker. Es wäre richtig, würden wir nur die Gesundheit der Besitzer kleiner Gaststätten betrachten. Ich möchte aber auch auf andere Bereiche verweisen, so wie die Palliativmedizin oder den Maßregelvollzug. Ist dort ein absolutes Rauchverbot vernünftig? Nein, ich denke nicht.
Werte Abgeordnete! Durch den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes des Freistaates Sachsen vom 16. Oktober 2008 wurde festgestellt, dass Teile des Sächsischen Nichtraucherschutzgesetzes gegen die Verfassung verstoßen. Wir als Gesetzgeber sind deshalb verpflichtet, ein verfassungskonformes Nichtraucherschutzgesetz auf den Weg zu bringen. Mehr liegt uns heute auch nicht vor. Mit den nun vorgelegten Änderungen, die sich die Menschen in Sachsen erstritten haben, wird dem Rechnung getragen. Nun kann Rechtssicherheit hergestellt werden. Es ist eigentlich ein Meisterstück an Demokratie, die sich die Sächsinnen und Sachsen erstritten haben.
Deshalb werden wir diesem Gesetzentwurf zustimmen. Herr Krauß, Sie wissen, was ich meine.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Vor uns liegt ein klassischer Schaufensterantrag der Koalition.
Mittels geeigneter Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene soll die Finanzierungssituation im Bereich der künstlichen Befruchtung verbessert werden. Ich frage mich und ich frage Sie, welche Maßnahmen Sie noch vorhaben; denn sowohl im Bundesrat als auch de facto im Landtag sind die entsprechenden Beschlüsse bereits gefasst. Bereits am 4. Juli 2008 beschloss der Bundesrat auf Initiative des Saarlandes, der Sachsen und Thüringen beitraten, die Bundesregierung aufzufordern, die durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz ab 1. Januar 2004 wirksamen Änderungen in der Kostenerstattung bei künstlicher Befruchtung zurückzunehmen und den alten Rechtsstand einer hundertprozentigen Finanzierung wiederherzustellen.
Das ist die eine Seite. Sie ist erledigt. Das ist in Ordnung. Das ist abgearbeitet.
Die andere Seite ist, dass mit der faktischen Absegnung des Landeshaushalts, den wir heute Nacht beschlossen haben, die möglichen Landesmaßnahmen ebenfalls erledigt sind. Der Titel im Plan des Sozialministeriums, aus dem Kosten für die assistierte Reproduktion übernommen werden sollen, ist vorhanden. Die Höhe des Budgets wurde gegenüber dem Regierungsentwurf von 0,5 Millionen Euro auf 1,1 Millionen Euro jährlich geändert. Das ist gut so.
Es ist also offensichtlich: Die Themen, die möglich waren, sind abgearbeitet, die Behandlung des Antrages auf der heutigen Tagesordnung ist also lediglich Makulatur.
Sie hätten allerdings die Chance gehabt, uns aufhorchen zu lassen. Sie hätten zum Beispiel verkünden können, dass sie das gesamte Gesundheitsmodernisierungsgesetz rückgängig machen wollen. Davon ist aber mitnichten die Rede, obwohl das erwähnte Gesetz den Zugang zu gesetzlichen Leistungen für jede Einzelne und jeden Einzelnen verschlechtert. Ihre Mitverantwortung für dieses unsägliche Gesetz aber bekennen Sie nicht.
Uns hätte auch aufhorchen lassen, wenn Sie an dieser Stelle öffentlich Ihren Ausstieg aus einem antiquierten Familienbild verkündet hätten.
Denn Sie wissen genauso gut wie ich, dass eine Kostenerstattung für künstliche Befruchtung derzeit nur für Ehepaare infrage kommt.
Ja.
Der Antrag an sich ist gut, aber er ist doch erledigt.
Uns hätte schon aufhorchen lassen, wenn Sie an dieser Stelle öffentlich Ihren Austritt aus einem antiquierten Familienbild verkündet hätten. Ich wiederhole es noch einmal. Denn Sie wissen genauso gut wie ich, dass eine Kostenerstattung bei künstlicher Befruchtung derzeit nur für Ehepaare infrage kommt,
was an den familienpolitischen Realitäten in Sachsen völlig vorbeigeht.
Die Zahlen zu den Geburten und den dazugehörigen Familien zeigen, dass von den im Jahr 2007 im Freistaat geborenen Kindern lediglich 40 % verheiratete Eltern hatten.
Wo also bleiben Ihre Initiativen zur Kostenerstattung für Kinderwunschbehandlung nicht verheirateteter Frauen?
Ja.
Ich versuche hier nur, den Antrag der Koalition zu qualifizieren.
Vielleicht können wir ja doch etwas mehr für unsere Bürgerinnen erreichen.
Nein, das gefällt mir schon. Aber wo bleiben denn Ihre Initiativen für nicht verheiratete Frauen? Mit solchen Initiativen würde tatsächlich etwas geändert. Davon aber ist keine Rede. Sie nehmen offensichtlich nicht einmal zur Kenntnis, dass in Sachsen die Ehepaarfamilie in Bezug auf Elternschaft immer mehr an Bedeutung verloren hat und weiter verlieren wird.
Wir haben deshalb einen Änderungsantrag eingebracht, der genau auf dieses Thema abstellt. Unterstützen Sie diesen Antrag im Interesse der Qualifizierung Ihres Antrages und im Interesse vieler Paare in Sachsen, die auch ohne Trauschein wunderbare und liebevolle Eltern sein wollen und könnten und die heute jeden Cent zur Seite legen müssen, um sich diesen Kinderwunsch zu erfüllen.
Ja.
Da war ich noch zu jung, tut mir leid.
Zum Schluss noch einige Worte zur finanziellen Seite. Mir sind Zahlen bekannt, Frau Pfeiffer, dass ein Zyklus für eine Kinderwunschbehandlung 3 200 Euro kostet und die Hälfte die Krankenkassen bezahlen. Mit den veranschlagten 1,1 Millionen Euro im Staatshaushalt können
knapp 700 Zyklen unterstützt werden. Insgesamt könnte das geplante Geld dazu beitragen, dass jährlich etwa 200 Kinder mehr geboren werden. – So viel zu Ihrem demografischen Faktor.
Ja, aber 200 werden die Demografie nicht ändern.
Dem Änderungsantrag der GRÜNEN werden wir zustimmen.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Werte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Frau Pfeiffer, wir haben in der Haushaltsdebatte Ihrem Antrag auf Erhöhung dieser Haushaltsstelle zugestimmt. Wir unterstützen schon diese Forderung,
das muss Ihnen bewusst sein. Aber Geld allein reicht nicht aus. Wir erwarten, dass auch Sie einem modernen Familienbild Rechnung tragen
und auch Paaren ohne Trauschein die Möglichkeit einräumen und sie nicht ausschließen, ihren Kinderwunsch, den sie dringend haben, zu ermöglichen.
Das ist unser Anliegen, und dem sollten Sie zustimmen.
Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! „Die Debatte zur Krankenhausfinanzierung geht in Berlin ins Parlament, und in Grimma gehen deshalb die Mitarbeiter der Muldentalklinik auf die Straße“ – so lautete eine Pressemitteilung in dieser Woche.
Das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz stand in dieser Woche mit der 1. Lesung im Bundestag auf der Tagesordnung. Mit diesem Gesetzentwurf möchte die Bundesregierung mehr Geld ins System geben und eine ordnungspolitische Neuerung festlegen. „2,3 Milliarden Euro mehr für die Krankenhäuser“, so behauptet die Bundesregierung in der Öffentlichkeit.
Entschuldigung! Es stimmt, 3,2, so steht es auch da.
Demnach könnte man denken, wir brauchen den Antrag überhaupt nicht mehr. Unserer Forderung im Antrag nach einer dualen Finanzierung der Krankenhäuser in den nun eingebrachten Gesetzentwurf könnte somit von der Bundesebene entsprochen werden.
Das heißt aber nicht, dass das Thema vom Tisch ist, Herr Krauß. Die Linksfraktion bringt deshalb einen Änderungsantrag ein, der die neue gesetzliche Grundlage bereits einschließt, also ganz aktuell ist. Er liegt Ihnen vor und gilt, Frau Präsidentin, gleich als eingebracht.
Die Sicherstellung der Krankenhausversorgung ist eine öffentliche Aufgabe des jeweiligen Landes, der Landkreise und kreisfreien Städte. Die Krankenhausplanung ist Aufgabe des Freistaates Sachsen, das ist bekannt. Der Krankenhausplan basiert auf einer Bedarfsermittlung und begründet sowohl den Anspruch auf Finanzierung gegenüber dem Land – also aus Steuermitteln – und gegenüber den Kassen – aus den Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherungen. Die Gründe für eine weiterhin notwendige duale Finanzierung sind im Antrag aufgeführt,
ich möchte sie Ihnen nicht noch einmal vorlesen. Ich möchte vielmehr auf die neuen gesetzlichen Regelungen eingehen.
Ich wiederhole – jetzt hoffentlich richtig –: 3,2 Milliarden Euro mehr für die Krankenhäuser, sagt die Bundesregierung. Dies sollten wir uns etwas näher betrachten; denn nur 2,01 Milliarden Euro sind die Mehrausgaben für die gesetzlichen Krankenversicherungen. Das wäre eine echte Finanzspritze, wenn es so wäre! Jedoch war die Rücknahme des Sanierungsbeitrages in Höhe von 0,28 Milliarden Euro bereits eine beschlossene Sache; denn nur bis zum Ende der Konvergenzphase der DRGEinführung sollte der Abschlag Bestand haben. Insofern, Herr Krauß, betragen die wirklich neuen Finanzmittel für die Kliniken nur 1,73 und nicht 3,2 Milliarden Euro.
Die geplanten gesetzlichen Regelungen führen zu weiteren finanziellen Veränderungen. Eine Dreiviertelmillion Euro wird als Grundlohnsummenzuwachs zugestanden. Der Wegfall der Anschubfinanzierung für Projekte der integrierten Versorgung ist in Wahrheit ohnehin schon gesetzlich geregelte Sache, die Ende 2008 sowieso ausgelaufen wäre. 1,3 Milliarden Euro sollen 2008 und 2009 für die anteilige Finanzierung der Tariflohnerhöhungen bereitgestellt werden. Das deckt nicht einmal die Hälfte der Tarifsteigerungen. Erforderlich wäre hierbei eine Förderung von 100 %.
Ebenfalls unzureichend ist der Ansatz, neue Stellen in der Pflege zu schaffen. In den letzten zehn Jahren wurden über 100 000 Stellen in Krankenhäusern abgebaut – mit erheblichen Folgen für die Qualität der Pflege. Nun gibt sich die Bundesregierung als Retterin der Krankenhäuser, weil sie 21 000 neue Stellen schaffen will. Dabei kann von Rettung wohl keine Rede sein, eher vielleicht von erster Hilfe im Notfall.
Bei diesen Zahlen, Frau Ministerin, darf die Landesregierung nicht still zusehen. Das ist wichtig für Ihre Arbeit; denn um auch nur den Stand von vor zehn Jahren zu erreichen, wären allein in der Krankenpflege 40 000 neue Stellen notwenig. Allerdings bleibt auch hier eine Deckungslücke von 30 % für Krankenhäuser, denen bereits jetzt das Wasser bis zum Hals steht. Und es ist wichtig, dass die Bürger dies wissen, um zu verstehen, warum Klinikmitarbeiter trotz Steuergeschenken auf die Straße gehen. Die Gesamtfinanzierungslücke der Krankenhäuser beträgt nach Angabe der Deutschen Krankenhausgesellschaft bis Ende 2009 insgesamt 6,7 Milliarden Euro. Wie viel davon entfällt auf Sachsen, Frau Ministerin?
Ordnungspolitisch gibt es einige Änderungen. Ich möchte hier nur auf eines aufmerksam machen: Die einzige Ausnahme vom DRG-System betrifft bisher die stationäre Behandlung in psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäusern. Richtig wurde seinerzeit erkannt, dass sich bei diesen Krankheitsbildern keine Fallpauschalen festlegen lassen. Das bedeutet, dass diese Kliniken wei
terhin nach den krankenhausindividuellen Tagessätzen bezahlt werden. Jetzt allerdings will der Gesetzgeber, dass einheitliche Tagespauschalen für Psychiatrie und Psychosomatik gleiche Bedingungen schaffen.
Bis Ende 2009 sollen Grundstrukturen und Verfahren entwickelt werden und bis September 2012 erste Kalkulationen vorliegen. Dies erscheint aufgrund der Besonderheiten der Psychiatrie als sehr gewagter Plan.
Werte Frau Staatsministerin! Ich weiß, Sachsen war eines der wenigen Länder, die sich für eine duale Finanzierung eingesetzt haben.
Aber wir erwarten, dass Sie sich auch weiterhin in den entsprechenden Gremien für die Erhaltung der dualen Finanzierung aussprechen. Noch viel wichtiger aber ist: Geben Sie im Rahmen der Haushaltsplanung ausreichend Mittel an unsere sächsischen Krankenhäuser!
Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Ich denke, alle Fraktionen haben die Debatte sehr ernst genommen, nur die CDU nicht so wörtlich. Das ist schon schade, denn schließlich geht es hier um die Versorgung unserer Patienten in Sachsen. Wir hoffen weiterhin auf ein gutes Gesetz aus Berlin.
Aber auch wir auf Landesebene sollten den Prozess im Interesse unserer Patienten weiterhin kritisch begleiten, denn auf der Gesundheitsministerkonferenz haben die Gesundheitsminister gleich klargestellt, dass sie keine
Garantie für die ohnehin viel zu geringen Investitionsmittel geben wollen. Das sollte für Sachsen nicht gelten.
Wir müssen aus der Politik das Signal setzen, für die Krankenhäuser umzudenken, denn sonst werden die Krankenhäuser den Finanzdruck nicht unbeschadet überstehen. Deshalb, werte Abgeordnete, sollten Sie unserem Antrag zustimmen oder bei der Haushaltsplanung sehr sensibel reagieren. Wenn nicht, kann ich Ihnen nur wünschen, gesund zu bleiben.
Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Ich möchte das abweichende Stimmverhalten im Vordruck kommentieren. Wir haben uns mit der CDU noch einmal unterhalten. Wir möchten die Petition von Seite 34, die Mehrfachpetition zum Lärmschutz der A 38, gern von der Liste der abweichenden Meinungen streichen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrter Herr Krauß, ich kann mit Ihren Argumenten nicht mitgehen.
Ja, da war keines dabei; Sie haben recht. – Das Verbandsklagerecht im Tierschutz ist eine logische Folge der bisherigen Gesetzgebung. Der Tierschutz ist ein Grundwert. Deshalb war die Einfügung des Tierschutzes mit dem Artikel 20a Grundgesetz eine Notwendigkeit. Dieser Artikel bindet Gesetzgeber, Behörden und Bürger. Aber auch die Vorschriften im Tierschutz bieten die Möglichkeit zur behördlichen Überwachung und Beseitigung von Missständen. Diese werden meist durch Behörden, insbesondere natürlich die Veterinärämter der Landkreise und kreisfreien Städte, umgesetzt. Die Tierschutzverbände sind weiterhin außen vor.
Deshalb ist alles richtig, was bisher an gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen wurde; aber es ist nicht ausreichend, weil den Tierschutzverbänden eine gesetzlich garantierte Mitwirkung nicht ermöglicht wird. Eine gesetzliche Mitwirkungspflicht von anerkannten Tierschutzvereinen ist aber erforderlich, wie zum Beispiel bei
der Sicherung der Vertretung bei Genehmigungsverfahren oder Stellungnahmen. Nach Aussage der Landkreise – so informierte der Sächsische Landkreistag – werden die ortsansässigen Tierschutzvereine schon jetzt nach Möglichkeit durch die Veterinärämter in Entscheidungsfindungen nach Tierschutzrecht eingebunden und über die Ergebnisse behördlicher Anordnungen unterrichtet, soweit das rechtlich zulässig ist.
Genau das ist das Problem: nach Möglichkeit und soweit dies rechtlich zulässig ist. Diese Möglichkeit in ein Recht umzuwandeln und dieses Recht der Mitwirkung von anerkannten Tierschutzvereinen muss mit diesem Gesetzentwurf erst geschaffen werden. Nur so können besagte Vereine auch wirklich umfassend für den Tierschutz eintreten und mitwirken. So wie es den Naturschutzverbänden zusteht und die rechtlichen Grundlagen geschaffen wurden, muss es zweifelsfrei auch den Tierschutzverbänden zustehen. Wir werden also diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Auf der Grundlage des § 28 SGB V, geändert durch das Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. November 2003, wird seit dem 1. Januar 2004 die sogenannte Praxisgebühr erhoben. Diese Praxisgebühr treibt die Teilprivatisierung gesundheitlicher Risiken voran. Das betrifft besonders ärmere Bevölkerungsgruppen. Deren medizinische Grundversorgung ist durch die Praxisgebühr und andere Zuzahlungen gefährdet bzw. schon jetzt zum Teil nicht mehr gewährleistet. Daran ist besonders prekär, dass diese Patientinnen und Patienten in der Regel besonders hohen Gesundheitsrisiken unterliegen.
Dem Antrag zur Abschaffung der Praxisgebühr kommt jetzt nach Festlegung des Gesundheitsfonds eine neue Bedeutung zu. Unsere Bürgerinnen und Bürger und dabei besonders unsere Rentnerinnen und Rentner hier in Sachsen sind durch den Gesundheitsfonds besonders belastet. Da helfen auch Gespräche von Herrn Tillich in Berlin nicht. Der festgelegte Betrag von 15,5 % für den Gesundheitsfonds ist definitiv von jedem zu zahlen. Die Staatsregierung sollte sich in Berlin starkmachen und gerade jetzt für Teilausgleiche wie die Abschaffung der Praxisgebühr sorgen.
Machen wir uns nichts vor: Die Gebühr für die Inanspruchnahme eines an der ambulanten ärztlichen, zahnärztlichen oder psychotherapeutischen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers, kurz gesagt die Praxisgebühr, verursacht vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Fehlsteuerungen im Gesundheitswesen. Zwar werden absolut notwendige Arztbesuche weiter getätigt, die Arztkontakte zur Prävention und bei sogenannten Bagatellerkrankungen in den unteren Einkommensklassen sind jedoch stark zurückgegangen. Dies führt zu einer unzureichenden Früherkennung und Verschleppung von Krankheiten, was wiederum langfristig zu erhöhten Kosten im Gesundheitswesen führen wird. Darüber hinaus ist durch die Praxisgebühr eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes zum Nachteil der Bürgerinnen und Bürger niedrigerer Einkommensklassen gegeben.
Werte Abgeordneten! Das Prinzip der solidarischen Krankenversicherung, wonach junge für alte, gesunde für kranke und reiche für arme Versicherte solidarisch eintreten, wird hier von den Füßen auf den Kopf gestellt.
Die Versichertengemeinschaft hat aber Anspruch auf eine Abdeckung der durch Krankheit entstehenden Kosten. Diese Versicherungspflicht wurde mit gutem Grund eingeführt. Mit der Versicherungsprämie wurde den Menschen ein Stück mehr Sicherheit gegeben. Damit wurden Lebensrisiken wie Krankheit, Pflege, Alter, Arbeitslosigkeit und Unfall durch die Sozialversicherungen abgefangen. Mit diesem Prinzip ist Deutschland über 130 Jahre gut gefahren.
Ja.
Ich meine, dass die Praxisgebühr jetzt die Menschen finanziell belastet, die wenig Einkommen haben.
Sie können Sie stellen.
Das mag sein.
Aber sehen Sie es einmal aus moralischer Sicht.
Ich weiß nicht, ob Sie das können.
Beim Inkrafttreten der Gesundheitsreform 2003 wurde gesagt, dass die Einführung der Praxisgebühr und der Zuzahlungen eine positive Wirkung auf den Arbeitsmarkt hätte. Die Folge ist jedoch eine milliardenschwere Kostenverlagerung von den Arbeitgebern auf die Arbeitnehmer, und zwar durch Leistungsausgrenzung, Änderungen bei der Finanzierung von Zahnersatz und Krankengeld sowie Zuzahlungen wie die Praxisgebühr. Nur so würden neue und wettbewerbsfähige Arbeitsplätze entstehen und
vorhandene gesichert, wurde damals behauptet. Dieses Ziel, liebe Abgeordneten, wurde nicht erreicht, im Gegenteil. Es werden fortgesetzt Opfer von den Menschen verlangt und ihnen Lasten aufgebürdet, ohne dass die versprochenen positiven Wirkungen eintreten. Die Lasten von Zuzahlungen wie der Praxisgebühr tragen ausschließlich die Kranken.
Aufgrund der Zuzahlungen ist die ärztliche Versorgung für die Betroffenen gefährdet bzw. nicht länger gewährleistet. So haben insbesondere Patientinnen mit schlechtem Gesundheitszustand die Anzahl der Arztbesuche am stärksten reduziert. Neben dem Gesundheitszustand hat auch das Einkommen die Reaktion auf die Praxisgebühr beeinflusst. In der untersten Einkommensgruppe ist der Anteil der Menschen, die auf einzelne Arztbesuche verzichten, mitunter verzichten müssen und sich stattdessen ohne ärztliche Hilfe auskurieren, am höchsten und liegt hier bei 37 % im Vergleich zum Durchschnitt von 27 %. Das sind unerwünschte Nebenwirkungen der Gesetzgebung.
Wer Menschen durch Zuzahlungen wie die Praxisgebühr von der medizinischen Versorgung ausgrenzt, nimmt Folgeschäden billigend in Kauf.
Das ist einfach nur zynisch. Die Kosten, die der Gesetzgeber mit dieser Maßnahme einsparen will, werden durch viel zu späte Arztbesuche in die Höhe getrieben. Die Praxisgebühr, die bekanntlich von der CDU/CSU in das Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz gedrückt worden ist, muss endlich gestoppt werden.
Ich fordere Sie auf, sich im Bundesrat starkzumachen: Der § 28 Abs. 4 SGB V – ich habe es bereits gesagt –, in dem die Bestimmungen für die Erhebung der Praxisgebühr festgelegt worden sind, ist zu streichen.
Danke.
Ich wollte zu der Drucksache, die Sie jetzt vorgelesen haben, sprechen, und zwar zum abweichenden Stimmverhalten zu einer Petition. Wir haben in der Drucksache 4/13120 unser abweichendes Stimmverhalten signalisiert. Es ist uns dort eine Petition durchgerutscht. Diese möchten wir gern mündlich einbringen. Es handelt sich um die Petition 04/02090/4, die Zulassungsbeschränkungen für den pädagogischen Vorbereitungsdienst. Wir wollen auf diesem Weg unser abweichendes Stimmverhalten zu dieser Petition noch ergänzen.
Werte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben auch in diesem Jahr wieder einen inhaltsreichen Bericht des Petitionsausschusses vorliegen, einen Bericht, der die öffentliche Würdigung verdient. Den Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen wird in diesem Bericht das Petitionsrecht erläutert. Ich merke in vielen Gesprächen vor Ort, dass das Wort „Petition“ schon noch etwas fremd ist und manchmal der Erläuterung bedarf. Es gibt viele Fragen dazu; wie und wo Petitionen eingereicht werden können, Formfragen oder die Nutzung des Internets stehen in der Diskussion. Was passiert mit meinem Anliegen bis zur Entscheidung? Was heißt diese Entscheidung für mich als Petenten und für die Behörde? All das erfahren die Bürgerinnen und Bürger im Bericht des Petitionsausschusses. Sie können erfahren, wer die Mitglieder des Petitionsausschusses sind, wie sie arbeiten und welche Möglichkeiten der Einflussnahme sie haben.
Wichtige Informationen zum Berichtsjahr erfahren wir im dritten Abschnitt. Viele interessante Aussagen werden hier zusammengefasst, zum Teil unterstützt von Grafiken; inhaltliche oder auch regionale Schwerpunkte werden herausgearbeitet. Aber ich denke, am interessantesten für alle, für Bürgerinnen und Bürger, aber auch für uns als Abgeordnete, sind die zahlreichen Beispielpetitionen, die uns in diesem Bericht vorgelegt werden, sind es doch meist die Themen, die vielfach vor Ort angesprochen werden, die wir in unserer politischen Arbeit berücksichtigen müssen, die Themen, die Menschen in Sachsen beschäftigen.
Jeder, der meint, eine Behörde oder Institution würde ihm Unrecht tun, kann dieses schriftlich beim Petitionsausschuss einreichen. Jedes einzelne Schreiben wird von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitionsausschusses geprüft, als Petition vorbereitet – oder auch nicht – oder die Zuständigkeit geprüft und dem Petitionsausschuss zur Entscheidung vorgelegt. Das bedeutet viel, viel Arbeit und viel, viel Papier. Unser Dank geht an dieser Stelle an das fleißige Team der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Petitionsdienstes.
So ist der Petitionsausschuss der Kummerkasten des Parlaments geworden. Wir als Abgeordnete, die zum Teil nicht im Petitionsausschuss sitzen, begegnen diesen Themen in unserer Arbeit vor Ort, regen vielleicht die eine oder andere Petition an und begleiten diese bis zur endgültigen Entscheidung.
Mich hat ein Problem aus dem vorliegenden Bericht besonders beschäftigt. Ich möchte Ihnen den Sachverhalt kurz darstellen. Es ging in zahlreichen Petitionen um den Eigenanteil an den Schülerbeförderungskosten für behinderte Kinder. Die Petenten baten um Hilfe mit der Zielstellung der Übernahme der infolge der Behinderung ihres
Kindes entstehenden Mehrkosten für die Schülerbeförderung durch einige Landratsämter.
Die Landkreise des Freistaates Sachsen erfüllen in eigener Verantwortung die ihnen zur Erledigung übertragenen Aufgaben auch im Rahmen des Sozialhilferechts. Dabei unterliegen sie der Aufsicht der örtlich zuständigen Regierungspräsidien. Erfüllt ein Landkreis die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht oder missachtet er die ihm gesetzten rechtlichen Schranken, kann die Aufsichtsbehörde einschreiten. Sofern eine vom Sächsischen Landtag beschlossene Petition die für den Landkreis maßgebliche Rechtslage zutreffend wiedergibt, hat sich auch der Landkreis daran zu halten, anderenfalls kann die Rechtsaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen einschreiten. – So weit die rechtliche Darstellung in der Antwort auf die Petition. Das ist eigentlich logisch und unmissverständlich. Die Entscheidung des Landtags war gefallen: Die Landkreise sollten die Kosten für die Schülerbeförderung tragen.
Ein Landkreis war der Auffassung, dass im Beschluss des Landtags die maßgebliche Rechtslage nicht zutreffend wiedergegeben worden sei. Danach lehnte dieser Landkreis im Gegensatz zu den anderen betroffenen Landkreisen die Übernahme des behindertenbedingten Eigenanteils an den Kosten zur Schülerbeförderung ab. Das zuständige Regierungspräsidium drohte die Ersatzvornahme an. Vor dem Hintergrund eines anhängigen Gerichtsverfahrens musste von weiteren Rechtsschritten abgesehen werden. Die Ersatzvornahme wurde nicht ausgeführt und eine offene gerichtliche Entscheidung abgewartet. Das Oberverwaltungsgericht wurde tätig und verpflichtete den Landkreis zur Übernahme der vollen Kosten für die Schülerbeförderung.
Werte Abgeordnete! Der Bericht des Petitionsausschusses informiert also auch zu dem Verhältnis zwischen Parlament und den Gerichten. Der Landtag hat keine Möglichkeit, in schwebende Gerichtsverfahren einzugreifen.
Aber an diesem Abriss sehen Sie und sehen auch die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen, dass sich das Aufbegehren gegen Entscheidungen schon lohnt. Es ist wichtig, dass sich die Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Anliegen an den Petitionsausschuss des Sächsischen Landtages wenden können.
Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Rundfunkgebühren für das Hotelgewerbe in Deutschland nehmen europaweit einen einsamen Spitzenplatz ein. Mit dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurden diese Bedingungen für das Hotelgewerbe noch einmal verschärft. Deshalb lagen dem Petitionsausschuss zahlreiche Petitionen vor.
Die Mitglieder des Petitionsausschusses haben dazu beraten und entschieden, diese Petitionen der Staatsregierung zur Berücksichtigung zu übergeben. Das heißt, die Mitglieder des Petitionsausschusses waren der Meinung, dass die Petitionen begründet waren, und forderten mit ihrer Entscheidung die Staatsregierung auf, im Interesse der Petenten tätig zu werden; deshalb heute unser Entschließungsantrag.
Das Hotelgewerbe soll schon ab der nächsten Gebührenperiode eine spürbare Entlastung erfahren, das heißt, mit dem demnächst zur Beratung anstehenden Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag im Jahre 2009.
Die von den Ländern getroffenen Sonderregelungen für kleine und mittlere Hotels sehen eine pauschale Ermäßigung von 50 % vor. Das gilt jedoch nicht für Hotels mit mehr Betten, und es gilt nicht für unsere Petenten. Hier kann keine Abhilfe geschaffen werden.
Deshalb ersuchen wir die Staatsregierung, unverzüglich in die Verhandlungen zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag einen Lösungsvorschlag im Sinne unserer Petenten einzubringen. Sie muss sich gegenüber den anderen Vertrag schließenden Bundesländern für die Einführung einer generellen 75-prozentigen Ermäßigung für Zweitgeräte in Hotels einsetzen, und zwar unabhängig von der Zimmeranzahl.
Ich bitte um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag im Interesse unserer Petenten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werter Herr Zastrow, ich verstehe Ihre Enthaltung zu unserem Entschließungsantrag im letzten Tagesordnungspunkt nicht.
Jetzt reden wir zum wiederholten Mal zum Sächsischen Nichtraucherschutzgesetz. Uns liegt ein Gesetzentwurf Ihrer Fraktion vor, der eine Ergänzung zum Schutz kleiner Gaststätten vorsieht. Angesichts dessen war Ihr Stimmverhalten zu unserem Entschließungsantrag schon etwas abenteuerlich.
Es ist nicht der richtige Zeitpunkt für die von Ihnen vorgeschlagene Gesetzesänderung. Genau das haben wir in der Ausschussarbeit zu vermitteln versucht. Es gab im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens eine öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf. Knapp hundert Verbände und Institutionen waren zur Stellungnahme aufgefordert. Die erwarteten wirtschaftlichen Auswirkungen des Gesetzes auf Gaststätten wurden seitens des Verbandes DEHOGA umfassend angesprochen. Die nun bestehenden Regelungen sind unter Berücksichtigung auch dieser Stellungnahme beschlossen worden und entsprechen somit dem Willen des Gesetzgebers. Ihm war es wichtig, die Ausnahmen vom Rauchverbot auf ein Minimum zu reduzieren. Ausnahmen wurden in das Gesetz ausschließlich dort aufgenommen, wo es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erforderte. Die Zulassung weiterer Ausnahmen vom Rauchverbot würde zu einer Aushöhlung des Gesetzes führen.
Dagegen haben sich zahlreiche Betreiber kleinerer Gaststätten, Bars und Diskotheken an den Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen gewandt und gegen die Anwendung des Rauchverbotes auf ihre Einrichtungen geklagt, da Folge dieser Gesetzgebung erhebliche Umsatzeinbußen sind und sie räumlich nicht in der Lage sind, Raucherzonen einzurichten.
Der Verfassungsgerichtshof ist dieser Ansicht vorerst gefolgt und hat das Rauchverbot für Einraumgaststätten, in denen nur der Inhaber bedient, bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren außer Kraft gesetzt.
In der vergangenen Woche standen nun die ersten Klagen gegen das Rauchverbot beim Bundesverfassungsgericht auf dem Prüfstand. Das Rauchverbot soll umfassend geklärt werden, um damit nach Möglichkeit Rechtsfrieden im gesamten Bundesgebiet zu schaffen. Im Zentrum der Verhandlung standen Fragen nach der Rechtfertigung der
teilweise strengen Gesetze, nach den Gesundheitsschäden durch das Passivrauchen und nach Umsatzrückgängen. Das Gericht wird sicherlich ein maßvolles Urteil finden. Es wird abwägender und moderater sein. Aber das Gericht wird die neuen, differenzierten Regelungen nicht selbst erlassen. Das werden schon die zuständigen Landtage machen müssen. Das Urteil soll noch vor der Sommerpause verkündet werden. Deshalb bitte ich Sie, liebe Fraktion der FDP, Ihren Gesetzentwurf vorerst zurückzuziehen, damit wir ihn nach der Sommerpause verhandeln können.
Zusammenfassend möchte ich sagen: Die Intention des Gesetzgebers ist nun einmal der Schutz der Nichtraucher. Andere Rechte dagegen abzuwägen ist Sache der Richter. Wir sehen deshalb zurzeit keinen Handlungsbedarf für eine Gesetzesänderung und würden den Abschluss des Verfahrens gern abwarten. An diese Entscheidung sind wir als Landtag gebunden. Dann müssen wir dieses Thema erneut verhandeln.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegte Antrag ist in mehrfacher Hinsicht mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet.
So soll mit Punkt 1 den Mitgliedern des Landtags die Feststellung abverlangt werden, dass die Gesamtbelastung der emittierten Luftschadstoffe der ESF-Stahlwerke die
Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit aller Wahrscheinlichkeit nach überschreitet.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Wir können uns jederzeit über Maßnahmen der Staatsregierung unterhalten, die sicherstellen sollen, dass die Riesaer Einwohner im Einwirkungsbereich des Stahlwerkes keinerlei gesundheitsgefährdenden oder gar gesundheitsschädigenden Emissionen und Immissionen der Anlagen ausgesetzt werden. Aus diesem Grund werden wir dem Punkt 2 auch zustimmen.
Was aber nicht geht, ist die mit Punkt 1 eingeschlagene Herangehensweise, die Mitglieder des Landtags aus dem Bauch heraus zu einer Feststellung über die Wahrscheinlichkeit von Grenzwertüberschreitungen zu bringen. Ohne eine objektive Grundlage zu haben, stehe ich vor der Frage: Schenke ich nun den Erklärungen der FeralpiBetriebsleitung Glauben? Danach liegt der Dioxinausstoß nach Einbau einer neuen Entstaubungsanlage weit unter dem gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert. Oder folge ich den Feststellungen der Riesaer Bürgerinitiative, dass unter Hinzurechnung vieler sogenannter diffuser Emissionsquellen des Stahlwerkes, wie Dachluken oder Gebäudeöffnungen, mit einer Dioxinbelastung gerechnet werden muss, die beim Zehn- bis 50-Fachen einer Müllverbrennungsanlage liegen sollen?
Unstrittig ist die Tatsache, dass seit der Inbetriebnahme der Anlage bis zum Einsatz der Abgasreinigungsanlage die Dioxinemissionsgrenzwerte unzulässig überschritten worden sind und dass dies durch die zuständige sächsische Aufsichtsbehörde geduldet wurde. Angesichts fehlender Messeinrichtungen an den exponierten Stellen der Feralpi-Anlage liegen nach wie vor keine gesicherten Erkenntnisse und keine nachvollziehbaren Daten vor, die eigentlich die Grundlage für eine objektive Beurteilung des Bestehens oder Nichtbestehens von Gesundheitsgefahren darstellen. Das wiederum hat zur Folge, dass wir uns noch immer im Bereich der Wahrscheinlichkeiten und Mutmaßungen bewegen, die keine Grundlage für eine seriöse und vor allem sachkompetente Entscheidung sein können.
Wenig hilfreich ist hierbei der seit April 2007 vorliegende, vom Regierungspräsidium Dresden in Auftrag gegebene Bericht und dessen Feststellung auf Seite 10, dass aufgrund dieser Faktenlage Gesundheitsgefahren für die umliegende Bevölkerung mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können. Das heißt, auf allen Seiten herrschen große Unsicherheiten vor.
Wie ist nun die Belastung aus der laufenden Produktion für die Menschen vor Ort? Wie ist die Belastung aus Altlasten? Haben wir Belastungen – ja oder nein? Auch bei der Frage der Einrichtungen der richtigen Messpunkte treffen verhärtete Fronten aufeinander. In der vom RP in Auftrag gegebenen Stellungnahme heißt es: „Die Messpunkte wurden so festgelegt, dass eine Beurteilung der Gesamtbelastung in den Punkten mit mutmaßlich höchster relevanter Belastung möglich wird.“
Im vorliegenden Antrag wird wiederum vermutet, dass die Messorte unzulässigerweise nicht am Ort der größten Belastung eingerichtet wurden. Durch den TÜV Süd wurden Messpunkte mit Probenahmen für Bodenuntersuchungen festgelegt. Bei einem Erörterungstermin konnte die Bürgerinitiative Einwendungen zu Sachschäden vortragen. Das untersuchte Obst und Gemüse aus Riesaer Gärten sei voller Gift. Untersuchungsergebnisse wurden nicht vorgebracht. Das Landratsamt Riesa-Großenhain fand jedoch keine Befunde einer nachteiligen Beeinflussung.
Summa summarum: Betrachtet man die bereits 2006 durchgeführten Untersuchungen, muss festgestellt werden, dass man auch nach zwei Jahren keinen Schritt weitergekommen ist. Daher führt der Punkt 1 im Antrag in dieselbe Sackgasse. Was der Landtag leisten kann und angesichts der seit Jahren unveränderten Situation in Riesa leisten muss, wird mit den in Punkt 2 umrissenen Maßnahmen konkret bezeichnet. Diese finden daher auch unsere volle Unterstützung. Ich bitte um getrennte Abstimmung dieser zwei Punkte.
Damit die Umsetzung der Forderung auch kontrollierbar bleibt, erwarten wir, dass die Staatsregierung den Landtag rechtzeitig über Ergebnisse unterrichtet. In gleicher Weise erwarten wir, dass der Landtag über die Realisierung der epidemiologischen Untersuchung zur Krebsentwicklung für Riesa und Umgebung einen aussagefähigen Bericht vorlegt.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Schwangerschaftskonfliktgesetz stammt aus dem Jahr 1992. Mit diesem Gesetz wurden die Länder dazu aufgefordert, eigene Ausführungsgesetze zu erarbeiten und damit Landesrecht zu schaffen.
Das ist über 15 Jahre her. Die Staatsregierung hat sich mit diesem Gesetzentwurf nicht nur sehr viel Zeit gelassen,
sondern auch sehr schwer getan. Das zeigte eine hochinteressante Anhörung im Januar dieses Jahres.
Die Sachverständigen benannten zahlreiche Mängel und Kritiken am Gesetzentwurf. Das nahezu einhellige Votum konnte man mit den Worten bezeichnen „inhaltlich und handwerklich unzureichend“. Auch die Koalition hat nach der Anhörung diesen Nachbesserungsbedarf erkannt.
Deshalb kam es auch zu der Verzögerung in der Ausschussarbeit. Es gab zahlreiche Änderungsanträge, auch von meiner Fraktion. Einige noch offene Probleme möchte ich ansprechen.
Zum Ersten: Der § 3 Abs. 7 des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Schwangerschaftskonfliktgesetz sagt bezüglich anerkannter Beratungsstellen: „Die Anerkennung begründet keinen Anspruch auf staatliche Förderung.“ Das widerspricht unserer Auffassung. Der derzeitige Versorgungsgrad an Beratungsfachkräften in Sachsen entspricht den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Es ist also davon auszugehen, dass die Zahl der derzeit anerkannten Beratungsstellen den bundesgesetzlichen Anforderungen entspricht, weshalb eine staatliche Förderung zwingend notwendig ist.